Bankrecht

Widerrufsbelehrung und Kaskadenverweis

Aktenzeichen  5 U 6281/19

Datum:
31.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 23002
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1

 

Leitsatz

Der Anwendung der Gesetzlichkeitsfiktion einer dem Muster der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der Fassung vom 20. September 2013 entsprechenden Widerrufsinformation steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. März 2020, (C-66/19,  BeckRS 2020, 4278 – Kreissparkasse Saarlouis) nicht entgegen (Rn. 11). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

40 O 7825/19 2019-10-22 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 22.10.2019, Aktenzeichen 40 O 7825/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 43.381,94 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über den Widerruf des von der beklagten Bank gewährten Autofinanzierungskredits.
Der Kläger nahm zur Finanzierung seines am 01.10.2014 erworbenen Pkw`s am selben Tag bei der Beklagten ein Darlehen über netto 32.381,94 € auf; zusätzlich leistete er eine Anzahlung in Höhe von 11.000 €. Er widerrief den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 26.11.2018.
Der Kläger war vor dem Landgericht der Meinung, sein Widerruf sei nicht verfristet gewesen, weil die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
Er hat beantragt,
I. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem am 01.10.2014 geschlossenen Darlehensvertrag mit der Darlehensnummer …32 ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 26.11.2018 kein Anspruch mehr auf Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
Hilfsweise:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft einen Betrag in Höhe von 24.392,69 € für den Zeitraum vom 01.10.2014 (Vertragsbeginn) bis zum 26.11.2018 (Widerruf) zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen, hilfsweise nach Rückgabe des Kraftfahrzeugs BMW 535d Touring mit der Fahrgestellnummer …84.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 11.12.2018 mit der Annahme des im Antrag zu 2. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerschaft von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.354,30 € freizustellen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 22.10.2019 abgewiesen, weil die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen gewesen sei. Gegen das ihm am 28.10.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.11.2019 Berufung eingelegt, die er am 18.12.2019 begründet hat. Der Senat hat den Kläger mit ihm am 03.03.2020 zugestellten Beschluss vom 27.02.2020 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie aus den dort mitgeteilten Gründen keine Erfolgsaussicht habe, und dem Kläger eine Stellungnahmefrist von 2 Wochen bis zum 17.03.2020 gesetzt. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 26.03.2019 auf das Urteil des EuGH zum Az C-66/19 verwiesen.
Der Kläger hat in der Berufungsinstanz die Hauptsache einseitig teilweise für erledigt erklärt und beantragt,
1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerschaft 43.806,48 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 11.12.2018 mit der Annahme des Kraftfahrzeuges BMW 535d Touring mit der Fahrgestellnummer …84 in Annahmeverzug befindet
3.Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerschaft von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 2.354,30 € freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem Ersturteil, dem bereits zitierten Hinweisbeschluss vom 27.02.2020 und den im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätzen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen, zu dem sich der Kläger nicht mehr im einzelnen erklärt hat. Es trifft zu, dass der EuGH die Belehrung – auch die der Beklagten – hinsichtlich des Kaskadenverweises beanstandet hat (Urt. v. 26.03.2020, C-66/19). Das hilft aber dem Kläger nicht weiter, da die Beklagte das Muster Anlage 7 zu Art. 247 §§ 6 Abs. 2, 12 Abs. 1 EGBGB übernommen hat (BGH, Urt. v. 5.11.2019, XI ZR 650/18 Rn.23) und sich daher auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen kann (BGH, Urt. v. 15.8.12, VIII ZR 378/11, Rdn.9/10, 14-16).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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