Baurecht

4 BN 69/20

Aktenzeichen  4 BN 69/20

Datum:
29.4.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:290421B4BN69.20.0
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 24. September 2020, Az: 7 D 64/18.NE, Urteil

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. September 2020 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Die auf alle Revisionszulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
2
1. Die Beschwerde möchte der Sache nach rechtsgrundsätzlich klären lassen,
ob ein Normenkontrollantrag, der sich in entsprechender Anwendung von § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO gegen den mit einem sachlichen Teilflächennutzungsplan bewirkten Ausschluss nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB richtet, innerhalb der Frist des § 6 Satz 1 UmwRG zu begründen ist.
3
Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Sie kann ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.
4
§ 6 Satz 1 UmwRG gilt nicht für Normenkontrollanträge nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, die sich gegen Bebauungspläne richten. Dies folgt aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und Sinn und Zweck des § 6 UmwRG (BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2020 – 4 CN 9.19 – NVwZ 2021, 331 Rn. 11). § 6 Satz 1 UmwRG gilt gleichfalls nicht für Normenkontrollanträge, die sich gegen die von einem Flächennutzungsplan herbeigeführte Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 4 CN 3.18 – BVerwGE 164, 74 Rn. 29) richten. Auch solche Anträge sind keine Klagen im Sinne der Verwaltungsgerichtsordnung und werden vom Wortlaut des § 6 Satz 1 UmwRG nicht erfasst. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unterscheidet aber zwischen Klagen einerseits und Rechtsbehelfen andererseits. Es besteht auch kein Anlass für die Annahme, § 6 Satz 1 UmwRG habe in das System der Normenkontrolle eingreifen und deren objektiven Prüfungsmaßstab einschränken wollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2020 a.a.O. Rn. 12 ff.).
5
Die weiteren im Zusammenhang mit § 6 Satz 1 UmwRG geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor. Von einer Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
6
2. Die Beschwerde sieht der Sache nach grundsätzlichen Klärungsbedarf,
ob das Abwägungsgebot bei der Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergie verlangt, Lage und Ausdehnung einer Restriktion sowie die Auswirkungen auf die Anzahl möglicher Standorte innerhalb der Konzentrationszone näher zu ermitteln und zu bewerten, wenn innerhalb der Zone eine flächenmäßig deutlich untergeordnete Restriktion verläuft, die sich im Einzelfall auf die Position der Anlagen oder den mit ihrer Errichtung und Betrieb verbundenen Aufwand auswirken können.
7
Die Beschwerdeführerin will die Frage verneinen und die überschlägige Einschätzung ausreichen lassen, dass die Planung der Windenergie trotz der Restriktionen innerhalb der Konzentrationszone substanziell Raum gibt und sich die Windenergie in dieser Zone grundsätzlich durchsetzen wird.
8
Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Sie entzieht sich rechtsgrundsätzlicher Klärung. In die Abwägung ist einzustellen, was nach Lage der Dinge im jeweiligen Einzelfall in sie einzustellen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 12. Dezember 1969 – 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301 und vom 23. November 2016 – 4 CN 2.16 – BVerwGE 156, 336 Rn. 12). Nach diesem Maßstab bestimmen sich die Ermittlungspflichten der Gemeinde nach § 2 Abs. 3 BauGB. Belange, die nicht abwägungsbeachtlich sind, braucht sie nicht zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. April 2008 – 4 CN 1.07 – BVerwGE 131, 100 Rn. 20 f.). Diese Grundsätze gelten auch für eine Planung, welche für die nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Windenergieanlagen einen Ausschluss nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB bewirken soll. Der Ausschluss lässt sich nur rechtfertigen, wenn die planende Gemeinde sicherstellt, dass sich die Anlagen an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen grundsätzlich durchsetzen (BVerwG, Urteile vom 24. Januar 2008 – 4 CN 2.07 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 376 Rn. 11 und vom 18. August 2015 – 4 CN 7.14 – BVerwGE 152, 372 Rn. 8). Die Gemeinde muss daher ermitteln, ob die als Konzentrationszonen dargestellten Flächen für die Windenergie geeignet sind. Ob eine innerhalb dieser Zonen bestehende Beschränkung geringfügig, daher nicht abwägungsbeachtlich und nicht ermittlungsbedürftig ist, hängt vom Einzelfall ab und lässt sich ebenso wenig abstrakt bestimmen wie die Grenze zu einer Verhinderungsplanung (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 4 CN 3.18 – BVerwGE 164, 74 Rn. 24).
9
Hiervon unabhängig wäre die Frage nicht klärungsfähig. Durch den seismisch aktiven tektonischen Sprung im Bereich der Konzentrationszone 2 entfallen in einem Bereich von mehr als 10 ha Baumöglichkeiten für Windenergieanlagen. Diese Beschränkung hat die Vorinstanz tatrichterlich als nicht unerheblich (UA S. 21) gewürdigt und ist damit nicht von einem flächenmäßig deutlich untergeordneten Bereich ausgegangen. Die Vorinstanz hat ferner nicht festgestellt, dass die Störungen im Bereich der Konzentrationszone Nr. 3 nach ihrer Fläche deutlich untergeordnet sind, sondern bereits eine Ermittlung vermisst, wie weit sich diese Störungen ausdehnen (UA S. 25). Die Kritik der Beschwerde erschöpft sich in dem Vorwurf, das Oberverwaltungsgericht habe die Ermittlungspflichten aus § 2 Abs. 3 BauGB überspannt, weil es die Beschränkung als geringfügig habe erkennen müssen. Dieser Vorwurf richtet sich gegen die Rechtsanwendung im Einzelfall und führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.
10
3. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen einer Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.
11
Die Beschwerde entnimmt dem Senatsurteil vom 17. Dezember 2002 – 4 C 15.01 – (BVerwGE 117, 287 ) den zu § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufgestellten Rechtssatz, dass ein Flächennutzungsplan mit der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nur verlangt, dass an dem Standort die Voraussetzungen für eine dem Zweck angemessene Nutzung gegeben sind. Die Fläche muss aber nicht so beschaffen sein, dass sie eine bestmögliche Ausnutzung gewährleistet. Diesem Rechtssatz habe das Oberverwaltungsgericht widersprochen. Denn es habe die Darstellung einer Konzentrationszone in einem Flächennutzungsplan für nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bzw. als schlechthin ungeeignet erachtet, wenn sich innerhalb der Konzentrationszone flächenmäßig weit untergeordnete Bereiche befänden, die für die Positionierung von Windenergieanlagen nicht geeignet seien, vom Rotor aber überstrichen werden dürften.
12
Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zeigt die Beschwerde damit nicht auf. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt u.a. voraus, dass der geltend gemachte Widerspruch zwischen Rechtssätzen besteht, welche die jeweilige Entscheidung tragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es, weil das Oberverwaltungsgericht seine Entscheidung nicht auf einen Verstoß gegen § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gestützt hat (vgl. UA S. 19).
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.


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