Baurecht

Abfallrechtliche Klassifizierung von Aushubmaterial und schwere Qualifizierung von beruflicher Tätigkeit

Aktenzeichen  Z3-3-3194-1-50-12/16

Datum:
6.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 124186
Gerichtsart:
Vergabekammer
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GWB § 124 Abs. 1 Nr. 3, § 134, § 160 Abs. 2, § 169 Abs. 1
VOB/A § 6d EU Abs. 1, § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b S. 2, § 16

 

Leitsatz

1. Eine nachweisliche schwere Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit i. S. d. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB liegt nicht vor, wenn ein Unternehmen bei einem vorhergehenden Auftrag fachlich weitgehend berechtigt die vom Auftraggeber vorgenommene abfallrechtliche Klassifizierung des Aushubmaterials in Zweifel gezogen und u. a. aus diesem Umstand hohe Nachtragsforderungen geltend gemacht hat. (amtlicher Leitsatz) (Rn. 148)
2. Auch wenn nach § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b Satz 2 VOB/A 2016 Nebenangebote auch zugelassen werden dürfen, wenn der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist, kann der Preis in diesen Fällen nur dann einziges Zuschlagskriterium sein, wenn durch entsprechende Mindestanforderungen sichergestellt ist, dass die Haupt- und Nebenangebote qualitativ vergleichbar sind, da der Preis sonst kein für Haupt- und Nebenangebote gleichermaßen anwendbares Kriterium i. S. v. § 127 Abs. 4 Satz 2 GWB ist und eine Ungleichbehandlung eintritt (BGH, Beschluss vom 10.05.2016 – X ZR 66/15). (amtlicher Leitsatz) (Rn. 161)
3. Die Berufung auf eine Eignungsleihe i. S. d. § 6d EU Abs. 1 VOB/A kann sich auch durch die Auslegung des Angebots eines Bieters ergeben. (amtlicher Leitsatz) (Rn. 183 ff.)

Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag vom 02.12.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen.
3. Für das Verfahren wird eine Gebühr in Höhe von …,.. Euro festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.
4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner und die Beigeladene war jeweils notwendig.

Gründe

I. Der Antragsgegner beabsichtigt die Bauleistungen „…/Neubau: Baugrube Verbau“ zu vergeben. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte am 06.08.2016 im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege eines offenen Verfahrens. Eine Aufteilung in Lose erfolgte nicht (EU-Bekanntmachung Ziffer II.1.6).
Nach Ziffer II.2.10) der Bekanntmachung sind Varianten/Alternativangebote zulässig. Gemäß Ziffer 5.2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots waren Nebenangebote für den Bereich „Titel 2 Verbau“ – in Verbindung mit einem Hauptangebot – zugelassen, sofern diese nicht ausschließlich Preisnachlässe mit Bedingungen beinhalten.
Gemäß dem Formblatt 226.H müssen Nebenangebote folgende Mindestanforderungen erfüllen:
„Mindestanforderungen an Verformung siehe Hinweis Nebenangebote im LV Titel 2.2 Spundwandarbeiten unter ZTV Spundwandarbeiten, siehe Statik. Alle Positionen dieses Titels müssen zu den alternativen Spundwandprofilen passen.“
Unter Titel 2.2 des LVs wird unter „Hinweis Nebenangebot“ Folgendes ausgeführt:
„Im nachfolgenden Leistungsverzeichnis werden die Leistungen zur Herstellung einer dichten Baugrubenumschließung gemäß der Genehmigungsplanung des Tragwerksplaner beschrieben (= ein- bzw. mehrfach rückverankerte Stahlspundwände).
Nebenangebote mit optimierten Spundwandlösungen sind jedoch zugelassen und erwünscht. Andere Alternativen sind nicht möglich, da der Verbau rückbaubar sein muss, damit später der Grundwasserstrom wieder gewährleistet ist. Insofern steht es jedem Bieter frei, ergänzend zum Amtsentwurf eigene Vorschläge zur Herstellung der dichten Baugrubenumschließung zu unterbreiten. Diese müssen jedoch qualitativ und funktional dem Amtsvorschlag entsprechen, d. h. der Verbau muss dicht sein, rückbaubar, genehmigungsfähig und vom Platzbedarf nicht wesentlich abweichen.
Sollten sich aufgrund der angebotenen Spundwände die Verpressanker ändern (in Länge und Anzahl), so müssen auch die Verpressanker (Titel 2.3) zum Nebenangebot passen, ebenso wie die Baustelleneinrichtung (Titel 2.1). Die geänderten Massen müssen im Nebenangebot mit angeboten werden.
Mindestanforderung an die Verformung, max. zulässige Verformung je Schnitt:
Schnitt 1-1 und 8-8: 10 mm
Schnitt 2-2 bis 4-4 und 7-7: 20 mm
Schnitt 5-5 und 6-6: 40 mm
Schnitt 9-9 und 10-10: 20 mm
Schnitt 11-11: 30 mm
Schnitt 13-13: 20 mm
Bei Schnitt 8-8 werden durch die Aussteifungskonstruktion die erforderlichen 0 mm erreicht.
Zur Dimensionierung einer Alternative haben wir die Statik dem LV beigelegt.
Um das Nebenangebot prüfen zu können, muss eine entsprechende Vordimensionierung dem Nebenangebot bei Abgabe des Angebots beigelegt werden.“
In dem Vergabevermerk wird unter 1.17 ausgeführt:
„Für den Titel 2 Verbau sind Nebenangebote zugelassen. Um die Verbauarbeiten für die AFU-Bau planen und statistisch berechnen zu können musste von einem produktbezogenen Spundwandsystem ausgegangen werden. Damit der Wettbewerb auch für andere Spundwandsysteme offen gehalten wird sind Nebenangebote zugelassen.“
Der Preis wurde nach Ziffer II.2.5 der Bekanntmachung als einziges Zuschlagskriterium genannt (vgl. auch Ziffer 6 der Aufforderung zur Angebotsabgabe).
Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit wurden zum Angebot nach Ziffer III.1.3 der europaweiten Bekanntmachung zusätzlich folgende Nachweise verlangt:
„- Nachweis der Sachkunde gemäß BGR 128.
– Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrW-/AbfG und § 14 EfbV.“
In Ziffer 3.1 der Aufforderung zur Abgabe des Angebots (Formblatt 211 EU) und in Pos. 03.05 Nr. 2 der Ausschreibungsunterlagen ist geregelt, dass die oben genannten Unterlagen mit dem Angebot vorzulegen sind.
In den zusätzlichen technischen Vorbemerkungen zu Pos. 03.05 Nr. 2 des Leistungsverzeichnisses ist Folgendes ausgeführt:
Der Bieter hat mit Abgabe des Angebotes
– den Nachweis der Sachkunde gemäß BGR 128 und die
– Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrW-/AbfG und § 14 EfbV vorzulegen
Die für die Verwertung vorgesehene Firma muss ebenfalls als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert sein.
Unter Anlagen C) die, soweit erforderlich, ausgefüllt mit dem Angebot einzureichen sind, ist das Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen (Formblatt 235) aufgeführt.
In Ziffer 3.2 der Aufforderung zur Abgabe des Angebots ist geregelt, dass Verpflichtungserklärungen anderer Unternehmen (Formblatt 236) auf gesondertes Verlangen der Vergabestelle vorzulegen sind.
Der Schlusstermin für den Eingang der Angebote wurde auf den 08.09.2016, 08:30 Uhr, festgelegt.
Aufgrund von Bieteranfragen wurde mit Schreiben vom 06.09.2016 der Submissionstermin auf den 29.09.2016 – 14.00 Uhr verschoben. Weiter wurde mitgeteilt, dass die Zuschlagsfrist am 29.11.2016 ende.
Gemäß Nr. 5.1 des Vergabevermerks gaben 4 Bieter Angebote ab, davon wurden 4 Hauptangebote und 7 Nebenangebote abgegeben. Das Nebenangebot der Antragstellerin belegte rechnerisch Platz 1, vor dem Nebenangebot der Beigeladenen. Das Hauptangebot der Antragstellerin lag an Randstelle 3. Nachdem ein Bieter ausgeschlossen wurde, belegte die Beigeladene mit ihrem Hauptangebot den Platz 4.
Am 14.11.2016 erhielt die Antragstellerin ein Absageschreiben (Formblatt 332) vom 11.11.2016 in dem angekreuzt war, dass ihr Nebenangebot von der Wertung ausgeschlossen wurde, da „Nebenangebote nicht zugelassen sind“. Als Erläuterung wurde dann mitgeteilt, dass das Nebenangebot der Antragstellerin vom 28.09.2016 die Titel 2 Verbau und Titel 4 Wasserhaltung umfasse. Zugelassen seien Nebenangebote nur für Titel 2.
Den Ausschluss ihres Nebenangebots hat die Antragstellerin mit E-Mail vom 15.11.2016 gerügt.
Am 16.11.2016 wurde die Antragstellerin durch den Antragsgegner darüber informiert, dass ihrer Rüge nicht abgeholfen wurde.
Im Vorabinformationsschreiben vom 17.11.2016 (Formblatt 334) teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag am 29.11.2016 auf das Angebot des Bieters B. GmbH zu erteilen. Weiter wurde nochmals angekreuzt, dass das Nebenangebot der Antragstellerin ausgeschlossen worden sei, da Nebenangebote im Vergabeverfahren nicht zugelassen seien. Als Erläuterung wurde ausgeführt:
„Das Nebenangebot vom 28.09.2016 umfasst die Titel 2 Verbau und Titel 4 Wasserhaltung. Zugelassen waren Nebenangebote nur für Titel 2.“.
In einem weiteren Informationsschreiben nach § 134 GWB (Formblatt 334) vom gleichen Tag wurde der Antragstellerin unter Ziffer 4 mitgeteilt, dass auf ihr Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vorliege.
Mit E-Mail und Schreiben vom 21.11.2016 rügte die Antragstellerin die beiden Bieterinformationen, da diese widersprüchlich seien und nicht den Anforderungen im Sinne des § 134 GWB entsprächen.
Weiter wurde die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Nebenangebot der Firma B. GmbH als vergaberechtswidrig gerügt, weil diese nicht die Eignungsanforderungen erfülle. Ausweislich ihrer Homepage verfüge dieses Unternehmen nicht über eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für das Verwerten von Abfällen.
Zudem habe die Antragstellerin Zweifel, ob vorliegend die Nebenangebote überhaupt gewertet werden dürfen, da der Preis das einzige Zuschlagskriterium gewesen sei. Auch dies rügte die Antragstellerin vorsorglich.
In einem weiteren Rügeschreiben vom 22.11.2016 rügte die Antragstellerin erneut den Ausschluss ihres Nebenangebots als vergaberechtswidrig. Wähle ein Bieter – so wie vorliegend die Antragstellerin die zugelassene Form der Umlagekalkulation, ergebe sich bei einem Nebenangebot für den Titel 2 zwingend, dass sich die Angebotssumme und auch die prozentualen Umlagen bei den einzelnen Positionen ändern. Als Konsequenz müssten sich zwangsläufig auch die Einheitspreise der anderen Titel – in diesem Fall des Titels 4 Wasserhaltung – ändern. Die Leistungen des Titels 4 hätten sich nicht geändert, sondern lediglich zwangsweise die Preise des Titels 4.
Das Nebenangebot beziehe sich – wie in den Ausschreibungsunterlagen vorgesehen – nur auf Titel 2 Verbau. Die Antragstellerin habe kein Nebenangebot für Titel 4 Wasserhaltung abgegeben.
Im Hinblick auf die übrigen Bieter und insbesondere die B. GmbH – bedeute dies – sofern diese ebenfalls eine Umlagekalkulation vorgenommen haben – dass der seitens des Antragsgegners vertretenen Auffassung dann auch diese Nebenangebote als unzulässig von der Wertung auszuschließen seien.
Daraufhin übersandte der Antragsgegner am 24.11.2016 an die Antragstellerin eine neue Mitteilung nach § 134 GWB und teilte nunmehr mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag am 05.12.2016 auf das Angebot des Bieters B. GmbH zu erteilen.
Gleichzeitig wurde erneut angekreuzt, dass Nebenangebote von der Wertung ausgeschlossen werden, weil Nebenangebote nicht zugelassen seien. Als Begründung teilte der Antragsgegner nochmals mit, dass das Nebenangebot der Antragstellerin von der Wertung ausgeschlossen worden sei, da dieses sowohl Titel 2 Verbau als auch Titel 4 Wasserhaltung umfasse, aber nur Nebenangebote für Titel 2 zugelassen gewesen seien. Weiter wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass das Hauptangebot der Antragstellerin nicht das wirtschaftlichste Angebot sei, da ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vorliege.
Mit einer E-Mail vom 24.11.2016 teilte der Antragsgegner in Ergänzung zur Information nach § 134 GWB vom 24.11.2016 mit, dass der Auftrag die Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH erhalte und die am 17.11.2016 versandten Informationsschreiben nach § 134 GWB hinfällig seien.
Die Rügen vom 21.11.2016 und 22.11.2016 wurden mit einem weiteren Schreiben vom 24.11.2016 vom Antragsgegner abgewiesen.
Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.11.2016 die erneute Bieterinformation gemäß § 134 GWB vom 24.11.2016 als vergaberechtswidrig und intransparent.
Mit Schreiben vom 01.12.2016 wies der Antragsgegner die Rüge der Antragstellerin vom 30.11.2016 ab.
Da der Antragsgegner nicht allen Rügen der Antragstellerin abhalf, beantragte die Antragstellerin am 02.12.2016 durch ihren Bevollmächtigten die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens und stellte folgende Anträge,
1. dem Antragsgegner zu untersagen, in dem Vergabeverfahren „…/Neubau: Baugrube Verbau (Vergabenummer …/Maßnahmennummer …)“ den Zuschlag auf das Angebot der B. GmbH, bzw. das Angebot der Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH zu erteilen;
2. dem Antragsgegner aufzugeben, die Angebotsprüfung und -wertung in dem vorbezeichneten Vergabeverfahren unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut vorzunehmen;
3. dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen;
4. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten seitens der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war;
5. die dem streitgegenständlichen Vergabeverfahren zugrundeliegenden Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners beizuziehen und der Antragstellerin Akteneinsicht gemäß § 165 GWB zu gewähren.
Weiter führte die Antragstellerin aus, dass vorliegend der Gesamtauftragswert von über 300 Mio. € den maßgeblichen Schwellenwert bei weitem überschreite. Der Nachprüfungsantrag sei auch zulässig. Die Antragstellerin mache die Verletzung von Vergabebestimmungen geltend, die auch ihrem Schutz dienten. Zunächst seien die beiden Mitteilungen vom 17.11.2016 bzw. die neue Bieterinformation vergaberechtswidrig. Zudem sei das Nebenangebot der Antragstellerin zu Unrecht ausgeschlossen worden. Auch sei das Angebot der Bietergemeinschaft, bestehend aus der B. GmbH und der S. GmbH, mangels ausreichend dargelegter Eignung zwingend auszuschließen. Überdies sei die Wertung von Nebenangeboten angesichts des Preises als einzigem Zuschlagskriterium vergaberechtswidrig.
Durch die Weiterführung des Verfahrens ohne Prüfung und Neuwertung der Angebote drohe der Antragstellerin auch ein Schaden i. S. v. § 160 Abs. 2 Satz 2 GWB. Die Antragstellerin habe gute Chancen den Auftrag zu erhalten, wenn auf das Angebot der Bietergemeinschaft der Zuschlag nicht erteilt werden dürfe und eine vergaberechtskonforme Neuwertung der Angebote erfolge.
Auch seien die Verstöße rechtzeitig nach § 160 Abs. 3 GWB gerügt worden. Ferner habe die Antragstellerin die Verstöße erst nach Rücksprache mit ihrem Bevollmächtigen am 17.11.2016, also nach Angebotsabgabe, erkannt. Auch die hier relevante Thematik – Zulassung von Nebenangeboten bei dem Preis als einziges Zuschlagskriterium – habe die Antragstellerin nicht bei Durchsicht der Vergabeunterlagen erkennen müssen.
Weiter wurde ausgeführt, dass der Nachprüfungsantrag auch begründet sei.
In der neuen Bieterinformation des Antragsgegners vom 24.11.2016 sei mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag auf das Angebot der B. GmbH zu erteilen. In einer weiteren E-Mail vom 24.11.2016 sei allerdings mitgeteilt worden, dass der Auftrag an die Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH erteilt werden solle. Aufgrund dieser widersprüchlichen Informationen liege ein Verstoß gegen die Transparenzanforderung des § 134 GWB vor. Zur Abhilfe des Verstoßes müsse der Antragsgegner eine erneute vergaberechtskonforme Bieterinformation erteilen. Erst diese setze die Wartefrist des § 134 GWB in Gang.
Überdies sei die Angebotsprüfung und -wertung des Antragsgegners aus verschiedenen Gründen fehlerhaft.
Das Haupt- als auch das Nebenangebot der B. GmbH bzw. der Bietergemeinschaft B. GmbH und S. Bau Projektentwicklung GmbH sei mangels ausreichend nachgewiesener Eignung im Sinne des § 16b EU VOB/A von der weiteren Angebotswertung auszuschließen. Zum Nachweis der Eignung sei ausweislich Ziffer 3.1 der Aufforderung zur Angebotsabgabe i. V. m. Ziffer 3.5 des Leistungsverzeichnisses unter anderem eine Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrW-/AbfG und § 14 EfbV – und zwar sowohl von dem Bieter als auch von etwaigen Nachunternehmen gefordert worden. Ein entsprechendes Efb-Zertifikat habe danach unter anderem eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für das Verwerten von Abfällen zu umfassen. Firma B. GmbH verfüge ausweislich ihrer Homepage nicht über die geforderte Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für das Verwerten von Abfällen. Aufgrund der Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen, nach denen neben etwaigen Nachunternehmen jedenfalls auch der Bieter selbst über eine entsprechende Zertifizierung verfügen müsse, komme es vorliegend auch nicht in Betracht, dass sich die B. GmbH diesen fehlenden Eignungsnachweis von einem anderen Unternehmen unter den Voraussetzungen des § 6d EU VOB/A im Rahmen einer Eignungsleihe zu eigen mache. Unabhängig davon gehe die Antragstellerin davon aus, dass die B. GmbH in ihrem Angebot kein Unternehmen (auch kein Nachunternehmen) angegeben habe, von dem eine Eignungsleihe erfolgt sei oder auch nur erfolgen konnte. Die Eignung könne auch nicht nachträglich unter Rückgriff auf die S. GmbH als Partner einer Bietergemeinschaft belegt werden, denn entscheidend stelle das neue Bieterinformationsschreiben vom 24.11.2016 nach wie vor auf die B. GmbH als potentiellen Zuschlagsempfänger ab. Selbst wenn man auf ein mögliches Angebot der Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH abstellen wolle, führe dies nicht zur Annahme der Eignung. Denn es liege die Vermutung nahe, dass erst im Nachhinein eine Bietergemeinschaft gebildet worden sei, um über die mangelnde Eignung der B. GmbH „hinweg zu kommen“. Eine nachträgliche Veränderung der Bieteridentität zwischen Angebotsabgabe und Zuschlagserteilung verbiete sich aus vergaberechtlichen Gründen. Unabhängig davon werde bezweifelt, dass die S. GmbH überhaupt als Entsorgungsfachbetrieb für das Verwerten von Abfällen zertifiziert sei. Laut telefonischer Nachfrage beim LfU habe diese mitgeteilt, dass diesem Unternehmen kein Zertifikat bekannt sei und angeblich noch ein Verfahren zur Zertifizierung der abfallwirtschaftlichen Tätigkeiten Handeln, Makeln, Sammeln und Befördern laufe, aber noch nicht abgeschlossen sei. Dementsprechend werde bezweifelt, dass das geforderte Efb-Zertifikat vorgelegt worden sei. Dieses Angebot sei deshalb mangels nachgewiesener Eignung zwingend auszuschließen.
Ferner habe der Antragsgegner im Rahmen der Angebotswertung nicht die eingegangenen Nebenangebote werten dürfen, da alleiniges Wertungskriterium der Preis gewesen sei.
Grundsätzlich gelte, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot und damit auf das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis zu erteilen sei. Nur wenn dies nach dem Gegenstand des Auftrags und der Gesamtheit der Vergabeunterlagen erreicht werden könne, dürfe der Preis einziges Zuschlagskriterium sein (BGB, Beschl. v. 10.05.2016, X ZR 66/15, Rdn.10). Konkret halte der BGH eine Bewertung von Haupt- und Nebenangeboten allein nach dem Kriterium Preis nur dann für zulässig, wenn auf diese Weise dennoch das wirtschaftlichste Angebot nach dem besten Preis-Leistungsverhältnis bestimmt werde. Vorliegend verbiete sich nach den Kernaussagen des BGH, sowohl in seiner aktuellen Entscheidung vom 10.05.2016, als auch in seiner früheren Entscheidung vom 07.01.2016, eine Wertung der eingegangenen Nebenangebote allein aufgrund des Preiskriteriums. Vorliegend habe der Antragsgegner nicht ausreichend durch die Gestaltung der Vergabebedingungen sichergestellt, dass im Rahmen des angezeigten Vergleichs von Haupt- und Nebenangeboten wirklich das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalte. Die Mindestanforderungen seien in dem Vergabeblatt 226H rudimentär und nicht geeignet, die inhaltliche und qualitative Gleichwertigkeit der Nebenangebote mit den Hauptangeboten sicherzustellen. Es handle sich um eine komplexe Auftragsvergabe, die bei Zulassung von Nebenangeboten zu inhaltlich unterschiedlichen Angeboten führe. Im Ergebnis sei vorliegend die Zulassung von Nebenangeboten bei gleichzeitiger Vorgabe des Preiskriteriums ohne weitergehende Mindestanforderungen an Nebenangeboten unzulässig. Die seitens des Antragsgegners vorgenommene Angebotswertung der eingegangenen Nebenangebote – insbesondere des Nebenangebots der Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH – seien fehlerhaft.
Doch wenn man der Auffassung sei, dass vorliegend Nebenangebote bei der Wertung berücksichtigt werden dürften, hätte das Nebenangebot der Antragstellerin nicht ausgeschlossen werden dürfen, da sich dieses – wie gefordert – nur auf die Leistungen des Titels 2 bezog. Bei Zweifeln hätte der Antragsgegner zumindest vor dem Angebotsausschluss bei der Antragstellerin nachfragen und ggf. weiter aufklären müssen. Eine derartige Aufklärung habe nicht stattgefunden.
Bei der Kalkulation der Angebote seien auch Allgemeinkosten mit zu berücksichtigen, wie beispielsweise Wagniszuschläge oder aber bestimmte Vorhalte- und Regiekosten. Diese Kosten müssten zwingend auf alle Leistungen, die sie betreffen, verteilt werden, ansonsten läge eine unzulässige Mischkalkulation vor. Da die I.. GmbH die Leistungen der Titel 2 und 4 ausführen soll, seien die betreffenden Allgemeinkosten im Rahmen des Hauptangebots auf die Leistungen für Titel 2 und Titel 4 – in dem Verhältnis der Leistungen zueinander – verteilt worden. Für das Nebenangebot der Antragstellerin bedeute dies, da die Antragstellerin hinsichtlich der Leistungen des Titels 2 veränderte Leistungen angeboten habe, verändere sich hierdurch auch das Verhältnis der Leistungen von Titel 2 und Titel 4 zueinander, so dass dies in der Konsequenz auch Auswirkungen auf die Verteilung der Allgemeinkosten habe. Ansonsten sei eine ordnungsgemäße Kalkulation nicht gewährleistet. Allein diesen kalkulatorischen Konsequenzen sei die Antragstellerin in ihrem Nebenangebot nachgekommen. Veränderte Leistungen des Titels 4 seien dagegen nicht angeboten worden. Insgesamt habe sich damit das Nebenangebot der Antragstellerin ausschließlich auf Titel 2 Verbau, und gerade nicht auf Titel 4 Wasserhaltung bezogen. Das Nebenangebot der Antragstellerin sei deshalb nicht auszuschließen. Die Antragstellerin wies noch darauf hin, dass sich auch bei allen anderen Bietern im Rahmen einer ordnungsgemäßen Angebotskalkulation des Nebenangebotes angesichts der verändert angebotenen Leistungen für Titel 2 eine Veränderung der Allgemeinkosten mit Blick auf Titel 4 und gegebenenfalls weitere Titel ergeben müssten. Dies wiederum würde bedeuten, dass alle anderen Bieter ebenfalls hätten ausgeschlossen werden müssen und so Nebenangebote letztlich nicht realisierbar wären.
Zudem bestünden Zweifel an der vergaberechtskonformen Angebotswertung seitens des Antragsgegners. Während der Antragsgegner mit Bieterinformationen Nr. 1 und 2 vom 17.11.2016 und in der Bieterinformation vom 24.11.2016 mitgeteilt habe, dass der Zuschlag auf die B. GmbH erteilt werde, habe er jedoch in der E-Mail vom 24.11.2016 ausgeführt, dass nunmehr den Auftrag die Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH erhalten solle. Eine solche Veränderung der Bieteridentität zwischen Angebotsabgabe und Zuschlagserteile widerspreche den vergaberechtlichen Wertungsgrundsätzen und lege zudem die Vermutung nahe, dass der Antragsgegner auch im Übrigen – so beispielsweise im Hinblick auf die Eignung – vergabefehlerhaft gehandelt habe.
Die Vergabekammer informierte den Antragsgegner über den Nachprüfungsantrag mit Schreiben vom 02.12.2016. Diese legte die Vergabeunterlagen am 08.12.2016 vor bzw. gewährte Leserechte auf ihre Vergabeplattform.
Mit Schreiben vom 09.12.2016 teilte der Bevollmächtigte des Antragsgegners die Mandatierung mit.
Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 13.12.2016 mit, dass ausweislich einer Bekanntmachung über vergebene Aufträge vom 09.12.2016 in dem verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahren – trotz des eingereichten und dem Antragsgegner am 02.12.2016 zugestellten Nachprüfungsantrags – offensichtlich am 05.12.2016 der Zuschlag auf ein Angebot der B. GmbH erteilt worden sei. Dabei werde der Gesamtwert der Beschaffung mit netto 4.894.974,62 Euro angegeben. Unabhängig davon, dass die Zuschlagserteilung auf das Angebot der B. GmbH aufgrund des gesetzlich bestehenden Zuschlagsverbotes gemäß § 169 Abs. 1 GWB i. V. m. § 134 BGB nichtig sei, habe der Antragsgegner nunmehr doch – entgegen seinen Äußerungen – auf ein Angebot der B. GmbH erteilt und nicht, wie angekündigt, auf das Angebot der Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH. Darüber hinaus sei bemerkenswert, dass das bezuschlagte Angebot einen Preis von 4.894.974,62 Euro netto ausweise. Demgegenüber sei der Preis des Hauptangebots der Antragstellerin 4.674.987,34 Euro brutto und damit deutlich unter dem Preis des angeblich bezuschlagten Angebots. Einziges Zuschlagskriterium sei hier der Preis gewesen, damit liege auf der Hand, dass eigentlich der Antragstellerin der Zuschlag erteilt werden müsste.
Der Antragsgegner teilte durch seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben vom 16.12.2016 zu dem Schreiben der Antragstellerin mit, dass der Antragsgegner versichere, dass auf die ausgeschriebene Vergabe des Staatlichen Bauamts München 1 kein Auftrag an die Bietergemeinschaft B. Spezialbau/S. erteilt worden sei. Die Mitteilung aus dem EU-Amtsblatt könne aus Sicht des Antragsgegners nur damit erklärt werden, dass die Anlage des Auftragsschreibens im Haushaltsvollzugsprogramm der zuständigen Hochbauabteilung dazu geführt habe, dass von einer Mitarbeiterin der Abteilung T eine entsprechende Mitteilung versehentlich an das EU-Amtsblatt weitergegeben worden sei. Eine Auftragserteilung sei nicht erfolgt. Der Antragsgegner werde eine Richtigstellung gegenüber dem EU-Amtsblatt erwirken.
Mit Antragserwiderung vom 22.12.2016 stellte der Antragsgegner folgende Anträge:
1. Der Vergabenachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 02.12.2016 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens, einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen des Antragsgegners, werden der Antragstellerin auferlegt.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner wird für erforderlich erklärt.
Der Antragsgegner wies noch unter anderem darauf hin, dass nach Nr. II. 2.4 bei der Beschreibung der Beschaffung bereits mit aufgenommen worden sei, dass unter anderem Bauschutt in den Klassen größer Z0 bis kleiner Z2.2 zu entsorgen sein solle. Weiter wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin ihr eingereichtes Angebot vom 28.09.2016 mit einem Nebenangebot Nr. 1 verbunden habe, in dem sie nicht allein Änderungen im Zusammenhang mit den Positionen aus dem Titel 02 aufgenommen habe. Vielmehr habe sie zugleich auch Änderungen aus dem Titel 04 einbezogen (LV-Positionen 4.1.10-350 und 4.2.10-50).
Der Antragsgegner führte aus, dass der Nachprüfungsantrag zum Teil unzulässig sei. Da die Antragstellerin bis zum Zeitpunkt der Angebotsvorlage keine Rügen gegen den Inhalt der Bekanntmachung und die Vergabeunterlagen erhoben habe, sei sie schon deshalb präkludiert, soweit sie nun die Wertung von Nebenangeboten bei alleinigem Zuschlagskriterium „Preis“ beanstande.
Zudem habe die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag – soweit er den Ausschluss ihres Nebenangebots betreffe – nach Ablauf der Frist des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 GWB angebracht. Nach Mitteilung über die Zurückweisung der darauf bezogenen ersten Rüge vom 15.11.2016 durch Schreiben der Vergabestelle vom 16.11.2016, seien mehr als 15 Kalendertage vergangen, bis der Nachprüfungsantrag von der Vergabekammer übermittelt worden sei.
Ebenso sei die Antragstellerin damit präkludiert, sich nunmehr darauf zu berufen, die Beschränkung von zugelassenen Nebenangeboten auf den Titel 02, hätte die Antragstellerin bei der Abgabe eines Nebenangebotes unzulässig eingeschränkt, weil eine Umlagekalkulation mit Auswirkungen auf andere Titel damit ausgeschlossen gewesen sei.
Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet. Das Nebenangebot Nr. 1 der Antragstellerin sei zu Recht nicht in die Wertung einbezogen worden, da es nicht die in den Vergabeunterlagen festgelegten Mindestanforderungen erfülle. Entgegen den eindeutigen und nicht gerügten Vorgaben aus den Vergabeunterlagen habe die Antragstellerin ihr Nebenangebot nicht nur auf die Positionen des Titels 2 begrenzt, sondern auch alle Positionen aus dem Titel 4 einbezogen. Die Begründung, dass sich dies aus der notwendigen (und zugelassenen) Umlagekalkulation ergebe, rechtfertige nicht die Zulassung. Die Antragstellerin habe die Ausgestaltung eines Nebenangebots frei kalkulieren können. Die Antragstellerin sei damit nicht dazu gezwungen gewesen, eine Umlagekalkulation, zugrunde zu legen. Sollte die Argumentation der Antragstellerin jedoch richtig sein, hätten auch sämtliche Positionen aus den Titeln 1, 3 und 5 von den Auswirkungen der Preisänderungen aus dem Nebenangebot für den Titel 02 erfasst werden müssen. Hieraus sei jedoch nichts zu entnehmen.
Auch nach dem für die Auslegung von Willenserklärungen maßgeblichen Empfängerhorizont der Vergabestelle stehe fest, dass nur Positionen des Titels 2 geändert werden dürfen. Das Nebenangebot der Antragstellerin sei wegen Verstoßes gegen die Mindestanforderungen daher gem. § 16 EU Nr. 5 VOB/A auszuschließen.
Ferner ergebe sich aus § 8 EU Nr. 3 Satz 6 VOB/A, dass es im Zusammenhang mit der Vorgabe oder Zulassung von Nebenangeboten auch zulässig sei, dass der Preis das einzige Zuschlagskriterium ist. Diese Regelung resultiere aus der Umsetzung von Artikel 45 der Richtlinie 24/2014/EU. Die von der Antragstellerin vorgebrachten allgemeinen Erwägungen unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung betreffen die vergaberechtlichen Bestimmungen, die vor Inkrafttreten der Vergaberechtsreform am 18.04.2016 gegolten hätten. Dies werde auch der Bundesgerichtshof in einer zukünftigen Entscheidung zu berücksichtigen haben.
Zu Unrecht verlange die Antragstellerin auch einen Ausschluss der Bietergemeinschaft B./S. aus dem Wettbewerb wegen mangelnder Eignung. Eine mangelnde Eignung liege nicht vor. Die Vergabeunterlagen hätten nicht mit der für einen Ausschluss notwendigen Unmissverständlichkeit verlangt, dass (Mitglieder) der Bieter selbst Inhaber der verlangten Zertifizierungen nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz bzw. der Verordnung über Entsorgungsfachbetriebe sein müsse. Die Bekanntmachung und die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes sprächen lediglich allgemein davon, dass ein entsprechender Nachweis mit dem Angebot vorzulegen sei. Die darüber hinausgehende Vorgabe aus den ZTV zu Titel 03.05 müsse als Verschärfung gegenüber der Bekanntmachung unbeachtlich bleiben. Wie das Oberlandesgericht München bereits mehrfach entschieden habe, führten fehlende eindeutige Vorgaben einer entsprechenden Forderung dazu, dass ein Ausschluss schon aus diesem Grund nicht gerechtfertigt sei. Im Übrigen beabsichtige die Bietergemeinschaft B./S. die Entsorgung auf Deponien vorzunehmen, die entsprechend zertifiziert seien. Die entsprechenden Nachweise seien auch mit dem Angebot vorgelegt worden. Dies sei auch sinnvoll, da die Bietergemeinschaft die Entsorgung nicht selbst vornehme, sondern sich hierfür einer Deponie mit entsprechender Zertifizierung bediene. Insoweit lägen auch die Voraussetzungen des § 16 d EU VOB/A vor. Es reiche aus, wenn sich ein Bieter auf einen Nachunternehmer berufe, der die für die Erbringung der Leistungen notwendigen rechtlichen Voraussetzungen aufweise. Abgesehen davon sei es bereits zweifelhaft, ob ein Deponiebetreiber, welcher zur Anlieferung von Bauschutt einbezogen werde, tatsächlich überhaupt eine Art Nachunternehmer darstelle. Aus Sicht des Auftraggebers reiche es jedenfalls aus, dass sichergestellt sei, dass kontaminierter Abfall ordnungsgemäß entsorgt werde und den Vorgaben des Kreislaufwirtschaftsrechts entspreche. Dies sei sichergestellt. Weitergehende Anforderungen seien daher auch unzumutbar.
Entgegen der Vermutung der Antragstellerin sei die Bietergemeinschaft B./S. auch nicht nachträglich gebildet worden. Dies sei bereits in verschiedenen Antworten auf Rügen klargestellt worden.
Die Frist bis zur Entscheidung der Vergabekammer wurde gemäß § 167 Abs. 1 S. 2 GWB mit Schreiben vom 23.12.2016 bis 10.02.2016 verlängert.
Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über eine evtl. Beiladung, den Umfang der Akteneinsicht sowie im Falle eines Rücknahmebeschlusses auf den Vorsitzenden und den hauptamtlichen Beisitzer übertragen.
Mit Beschluss vom 02.01.2016 wurde die Bietergemeinschaft bestehend aus der B. GmbH und der S. GmbH, deren Interessen im streitgegenständlichen Vergabeverfahren von der Entscheidung der Vergabekammer in erheblicher Weise berührt sein könnten, beigeladen.
Die Vergabekammer hat mit Schreiben vom 02.01.2016 zur mündlichen Verhandlung am 17.01.2016, um 09.30 Uhr, in den Räumen der Regierung von Oberbayern geladen.
Am 03.01.2016 wurde der Umfang der Akteneinsicht festgelegt. Es wurde der Antragstellerin nur Einsicht in den geschwärzten Vergabevermerk und die Wertungsunterlagen des Antragsgegners soweit er die Antragstellerin betraf, gewährt. Mit Schreiben vom 05.01.2016 wurde der Antragstellerin noch weitere Akteneinsicht gewährt.
Mit Schreiben vom 05.01.2017 nahm die Antragstellerin zu dem Schriftsatz des Antragsgegners Stellung und erwiderte, dass der Nachprüfungsantrag hinsichtlich der Rüge der unzulässigen Wertung von Nebenangeboten beim alleinigen Wertungskriterium Preis entgegen den Äußerungen des Antragsgegners der Fristerfordernis des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB genüge und der Nachprüfungsantrag (02.12.2016) innerhalb von 15 Kalendertagen nach Mitteilung des Auftraggebers über die Nichtabhilfe einer Rüge (24.11.2016) erfolgt sei. Auch hinsichtlich des unzulässigen Ausschlusses ihres Nebenangebots sei die Antragstellerin nicht präkludiert. Im Übrigen habe die Antragstellerin mit ihrer Rüge vom 22.11.2016 den Vorwurf des unzulässigen Ausschlusses ihres Nebenangebotes lediglich weiter konkretisiert. Insgesamt sei der Nachprüfungsantrag zulässig.
Entgegen den Ausführungen des Antragsgegners sei der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin auch begründet. In Bezug auf den unzulässigen Ausschluss des Nebenangebotes der Antragstellerin verkenne der Antragsgegner, dass sich das Nebenangebot der Antragstellerin auch nur auf Titel 2 beziehe und gerade nicht auf Titel 4. Insoweit wurde nochmals auf den Nachprüfungsantrag verwiesen. Da für den Leistungsteil der Titel 2 und 4 ihr Bietergemeinschaftspartner I.. GmbH zuständig sei, müsse sich die dargestellte Kalkulation nicht auf die Einheitspreise der Titel 1, 3 und 5 auswirken, wie der Antragsgegner behaupte. Vielmehr bleibe es dabei, dass lediglich die Leistungen des Titels 2 im Rahmen des Nebenangebotes verändert angeboten worden seien. Die frei wählbare Kalkulationsmethode der Umlagekalkulation führe dazu, dass sich der Allgemeinkostenvorschlag bezogen auf die Leistungen des Titels 2 und des Titels 4 verändere. Bei sorgfältiger Prüfung – insbesondere bei Durchsicht der Formblätter 223 zu den entsprechenden Haupt- und Nebenangeboten – habe der Antragsgegner dies auch erkennen müssen. Dies habe jedoch keine veränderte Leistung für Titel 4 zur Konsequenz. Das Nebenangebot der Antragstellerin sei nicht auszuschließen.
Vorliegend verbiete sich eine Wertung der eingegangenen Nebenangebote allein aufgrund des Preiskriteriums, da die Gestaltung der Vergabeunterlagen nicht ausreichend sicherstelle, dass bei der Beurteilung der eingegangenen Haupt- und Nebenangebote allein nach dem Preiskriterium das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalte. Auch diesbezüglich werde auf den Nachprüfungsantrag verwiesen.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners seien das Haupt- sowie das Nebenangebot der Beigeladenen mangels ausreichend nachgewiesener Eignung im Sinne des § 16d EU VOB/A zwingend von der weiteren Angebotswertung auszuschließen. Konkret sei zum Nachweis der Eignung unter anderem mit Angebotsabgabe eine Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrWG und § 14 EfbV gefordert gewesen (vgl. Ziffer 3.1 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes). Lediglich konkretisierend hierzu enthalte Ziffer 3.5 des Leistungsverzeichnisses den Hinweis, dass nicht nur der Bieter, sondern auch ein etwaiger Nachunternehmer die entsprechende Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb einzureichen habe. Im Gegensatz zur Darstellung des Antragsgegners handle es sich nicht um eine Verschärfung gegenüber den Vorgaben aus der Bekanntmachung bzw. der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes, sondern nur um eine nähere Erläuterung der vorgegebenen Eignungsanforderungen. Im Übrigen habe die Vergabestelle auf eine Bieteranfrage zu den inhaltlichen Anforderungen des EfB-Zertifikats und welche zertifizierten Tätigkeiten als Entsorgungsfachbetrieb vom Bieter nachzuweisen seien, zur Frage der Bieter-Eignung Bezug genommen und nicht darauf hingewiesen, dass der Eignungsnachweis durch den Bieter oder einen entsprechenden Nachunternehmer zu führen sei. Spätestens mit der Bieterinformation vom 20.09.2016 seien die beizubringenden Eignungsnachweise für jeden Bieter eindeutig erkennbar gewesen. Vorliegend hätten somit die Bietergemeinschaft als auch deren benannter Nachunternehmer einen entsprechenden Nachweis beibringen müssen. Der Antragsgegner dürfe von seinen Vorgaben nicht abweichen. Offensichtlich habe die Beigeladene selbst kein entsprechendes Zertifikat vorgelegt (und sich nach dem Vortrag des Antragsgegners wohl auch nicht im Rahmen einer Eignungsleihe auf die benannten Deponien in ihrer Art als Nachunternehmer berufen). Damit habe die Beigeladene nicht die geforderte Eignung im Sinne des § 16b EU VOB/A ausreichend dargelegt und sei zwingend von dem vorliegenden Vergabeverfahren auszuschließen. Auch behalte sich die Antragstellerin vor, in Bezug auf die Beigeladene nach erfolgter Akteneinsicht gegebenenfalls nochmals gesondert Stellung zu nehmen. Durch die Vorgehensweise der Benennung nur des Vertreters der Beigeladenen sei auch der Transparenzgrundsatz erheblich verletzt worden, da die unterlegenen Bieter im Rahmen der Bieterinformation nicht eindeutig den obsiegenden Bieter erkennen konnten. Auf die weiteren Ausführungen wird verwiesen.
Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 10.01.2016 zur gewährten Akteneinsicht Stellung und führte aus, dass die überlassenen Unterlagen die Zweifel an der Eignung der B. GmbH bzw. der Beigeladenen bestätigten. Aus dem Formblatt 3214 zur Eignungsprüfung der Beigeladenen ergebe sich, dass die Vergabestelle sowohl im Hinblick auf die B. GmbH als auch die S. GmbH unter der Rubrik „zusätzliche Eignungsnachweise – mit Angebotsabgabe gefordert“ angegebenen habe, dass diese eindeutig und vollständig vorlägen (es sei „Ja“ angekreuzt). Die einzelnen, in den Vergabeunterlagen geforderten Eignungsnachweise seien allerdings nicht einzeln aufgeführt worden. Aufgrund der eigenen Recherchen werde, wie bereits im Nachprüfungsantrag vorgetragen, ausdrücklich bezweifelt, dass die Beigeladene bzw. die Mitglieder der Beigeladenen auch die entsprechende Bestätigung über die EfB-Zertifizierung im erforderlichen Umfang tatsächlich beibringen konnten. Das Vorliegen der entsprechenden Eignungsnachweise könne aufgrund der Akteneinsicht nicht abschließend bewertet werden. Unabhängig davon ergebe sich des Weiteren aus dem Formblatt 3214, bezogen auf die Beigeladene, dass diese in ihrem Angebot Nachunternehmer benannt habe mit der Konsequenz, dass auch durch diese die entsprechend geforderten Eignungsnachweise beizubringen waren. Welche dies seien, lasse sich aus den Unterlagen der Akteneinsicht nicht entnehmen. Da der Antragsgegner jedoch in seinem Schriftsatz vom 22.12.2016 auf das Vorliegen von EfB-Zertifikaten von den für die Entsorgung vorgesehenen Deponien Bezug genommen habe, sei davon auszugehen, dass diese in der Rubrik 2 des Formblattes 3214 als Nachunternehmer aufgeführt worden seien. Allerdings sei sodann in der weiteren Ziffer 2.2 des Formblattes aufgeführt worden, dass diese dort eingetragenen Nachunternehmer ihre Eignung nur durcheine Präqualifizierung nachgewiesen haben, ohne weitere Einzelnachweise einzureichen. Keiner der dort aufgeführten Nachunternehmer habe unmittelbar eine entsprechende Bestätigung über die EfB-Zertifizierung eingereicht, so dass viel dafür spreche, dass es auch insofern an dem erforderlichen Eignungsnachweis im Sinne des § 16b EU VOB/A mangle.
Im Übrigen lasse sich aus Ziffer 1.2 des Formblattes 3214 entnehmen, dass für die Firma S. GmbH offenkundig Unterlagen zum Nachweis der Eignung nachgefordert wurden. Welche Unterlagen dies waren und ob die nachgeforderten Unterlagen tatsächlich – wie im Formblatt 3214 angegeben – vollständig und fristgerecht nachgereicht worden seien, könne die Antragstellerin nicht bewerten und werde bezweifelt.
Auch sei der Vergabevermerk nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden. Ob Frau N.., bei der es sich um eine Mitarbeiterin des Planungsbüros C. handle und nicht um eine Mitarbeiterin des Antragsgegners, für den Inhalt des Formblattes tatsächlich verantwortlich zeichnet, lasse sich indes nicht feststellen. Ebenso lasse sich nicht prüfen, ob der Antragsgegner die Eintragungen im Formblatt 3214 hinreichend geprüft und sich sodann in der notwendigen Form zu eigen gemacht habe. Denn die Dokumentation (Formblatt 111.1H) auf Seite 13 sei ebenfalls zwar von Herrn H. und Frau S. unterzeichnet worden, aber das Datum der Unterzeichnung fehle. Die Vergabedokumentation sei damit zum Beweis einer ordnungsgemäßen Angebotsprüfung und -wertung von vornherein nicht geeignet.
Weiter ergebe sich aus den überlassenen Unterlagen, dass noch eine andere Bietergemeinschaft zwei Nebenangebote abgegeben habe und beide nicht gewertet worden seien. Näheres sei nicht erkennbar gewesen. Jedenfalls sei offensichtlich, dass ein Bieter die Vorgaben der Vergabeunterlagen für die Gestaltung von Nebenangeboten nicht in dem Sinne verstanden habe, in dem sie der Antragsgegner nun verstanden wissen möchte, möglicherweise gerade im Hinblick auf die zugelassene Möglichkeit der Umlagenkalkulation. Dementsprechend hätten bei der Angebotsabgabe offenbar wenigstens Unklarheiten bezogen auf die Zulassung von Nebenangeboten und insbesondere die hierauf bezogene mögliche Umlagekalkulation bestanden. Diese „unklaren Vorgaben“ könnten nicht zulasten der Antragstellerin zu einem Ausschluss ihres Nebenangebots führen.
Auch lasse sich, nach Durchsicht der im Rahmen der Akteneinsicht überlassenen Unterlagen, nicht klar erkennen, dass tatsächlich die Beigeladene fristgerecht ein Angebot abgegeben habe. Auch wann die handschriftlichen Eintragungen in der Vergabedokumentation gemacht worden seien und von wem, lasse sich nicht abschließend feststellen. Zu prüfen sei außerdem, ob die Beigeladene – sollte sie fristgerecht ein Angebot abgegeben haben – ihre Bindung an das Angebot überhaupt fristgerecht verlängert habe. Auf die näheren Ausführungen in dem Schriftsatz wird verwiesen.
Die Akteneinsicht habe auch ergeben, dass auf das Nebenangebot des Bieters B. GmbH bzw. der Beigeladenen ein Nachlass offensichtlich auf das gesamte Nebenangebot gewährt worden sei. Der Preisnachlass des Nebenangebots wirke sich damit auf alle angebotenen Leistungsteile aus, die nicht von Titel 2 Verbau erfasst seien. Deshalb seien auch das Nebenangebot des Bieters B. GmbH bzw. der Beigeladenen zwingend auszuschließen.
Mit Schreiben vom 12.01.2017 beantragte die Beigeladene,
I.den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen;
II.die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Beigeladenen der Antragstellerin aufzuerlegen und
III.festzustellen, dass es aufgrund der vorliegenden Materie für die Beigeladene erforderlich war, sich anwaltlicher Unterstützung in dem Nachprüfungsverfahren zu bedienen.
Die Beigeladene erklärte, wie bereits der Antragsgegner, dass sie sich bereits bei Abgabe des Angebots als Bietergemeinschaft beworben habe und die Bietergemeinschaft nicht erst nachträglich gebildet worden sei. Der Einwand der Antragstellerin, dass die Vorabinformation im Hinblick auf die Nennung der Beigeladenen nicht ausgereicht habe, sei auch zurückzuweisen. Diesbezüglich wurde auf die Ausführungen des Antragsgegners verwiesen.
Auch sei die Beigeladene als geeignet einzustufen und verweise insoweit auch auf die Ausführungen des Antragsgegners. Sie habe eindeutig mitgeteilt, welche Leistungen sie selbst erbringen und welche sie untervergeben möchte. Die Verpflichtungserklärung und die Nachunternehmererklärung der Beigeladenen seien dem Antragsgegner für eine Entsorgungsstelle vorgelegen. Die Beigeladene vertritt die Ansicht, dass es sich bei den Entsorgungsstellen nicht um Nachunternehmer im eigentlichen Sinn handle, da diese Material in Empfang nähmen, das der Bieter oder ein Nachunternehmer des Bieters anliefere, während ein Nachunternehmer sich dadurch auszeichne, dass dieser Leistungsteile aus der nachgefragten Leistung an Stelle des Bieters übernehme. Vorsorglich habe die Beigeladene sowohl den Nachweis für eine Entsorgungsstelle als Nachunternehmer als auch für die Entsorgungsstelle an sich vorgelegt.
In Bezug auf die Rügen der Antragstellerin, dass Nebenangebote aufgrund der Preiswertung nicht gewertet werden dürfen und dem Ausschluss des Nebenangebots der Antragstellerin, hat sich der Beigeladene im Wesentlichen der Ansicht des Antragsgegners angeschlossen.
Der Antragsgegner teilte mit Schreiben vom 12.01.2017 mit, dass das Angebot der Antragstellerin gem. § 6 e EU Abs. 6 Nr. 3 Nr. 7 VOB/A auszuschließen sei, wegen einer schweren Verfehlung des Mitglieds der Bietergemeinschaft, Firma E. GmbH sowie wegen erheblicher und fortdauernd mangelhafter Erfüllung wesentlicher Anforderungen bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags, welche zu einer mit einer vorzeitigen Beendigung oder Schadenersatz vergleichbaren Rechtsfolge geführt habe.
Der Antragsgegner habe die Firma E. GmbH vom 22.10.2015 mit Bauleistungen für das Bauvorhaben …; Bauvorbereitung/Dekontamination beauftragt. Die für diesen Bauvertrag maßgebliche Leistungsbeschreibung habe unter anderem den Titel 03.04 – Entsorgung und Verwertung, Altlasten – enthalten. Unter Nr. 6 der Vorbemerkung zum Titel 03.04 seien die Festlegungen zum Umgang, zur Einstufung und zur Entsorgung von kontaminierten Materialien enthalten gewesen. Daraus ergebe sich unter anderem, dass die Probennahme zur Deklaration der Haufwerke durch den Antragsgegner bzw. dessen Fachbüro durchgeführt werde und dass die Durchführung der analytischen Untersuchungen durch ein unabhängiges sowie nach § 18 BBodSchG als Untersuchungsstelle zugelassenes Prüflabor erfolge. Auch ergebe sich daraus, dass nach Erhalt der Prüfberichte vom Antragsgegner bzw. dessen Fachbüro die Einstufung /Deklaration in die Schadstoffklassen vorgenommen und die Ergebnisse an den Auftragnehmer übermittelt werden. Die Festlegung des Entsorgungs- bzw. Verwertungsweges habe dann vom Auftragnehmer auf Grundlage dieser Einstufung zu erfolgen. Es sei ausdrücklich festgelegt worden, dass abrechnungsrelevant ausschließlich die vom Antragsgegner bzw. dessen Fachbüro freigegebene Schadstoffklasse sein soll. Der Auftraggeber habe die Firma Grundbaulabor als Fachbüro benannt. Aus dem Formblatt 241 (Abfall), das Bestandteil des Auftrages sei, ergebe sich, dass der Auftragnehmer mit der Aufnahme seiner Tätigkeit Abfallerzeuger und zugleich Besitzer der in der Leistungsbeschreibung aufgeführten Bau- und Abbruchabfälle werden soll und die Pflichten des Auftraggebers zur Verwertung und Beseitigung der Bau- und Abbruchabfälle unter Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sowie des Standes der Technik übernehme. Die Firma E. GmbH sei auf diese zusätzlichen Technischen Vorbemerkungen hingewiesen worden und habe auf Rückfrage angegeben, sämtliche Preise auskömmlich kalkuliert zu haben und keine Unklarheiten zu den Leistungspositionen zu haben. Am 18.01.2016 habe dieses Unternehmen in mehreren Schreiben die Richtigkeit der Einstufungen des Grundbaulabors in Frage gestellt und dem Auftraggeber auch vorsätzlich und wissentlich unrichtiges Verhaltens durch Unterschlagung der Untersuchung ggf. einstufungsrelevanter Parameter vorgehalten, sich aber dafür mit Schreiben vom 19.02.2016 entschuldigt. Am 26.01.2016 habe sie eine Stellungnahme ihres Bevollmächtigten vorgelegt, aus der sich im Wesentlichen ergebe, dass der Antragsgegner weiter als Abfallerzeuger verpflichtet sei und seine Abfallverantwortlichkeit nicht auf den Auftragnehmer übertragen könne. Auch für den Auftraggeber durch das von ihm beauftragte Labor vorgenommenen Klassifizierungen der Schadstoffintensitäten der gebildeten Haufwerke sollten dann für die Firma E. GmbH nicht maßgeblich werden können und der Auftragnehmer sei berechtigt, eigene Einschätzungen über die Schadstoffklassifikation treffen zu können. Zugleich sei die Abrechnungsrelevanz der Einstufung durch das vom Auftraggeber beauftragte Labor in Frage gestellt worden. Der Auftraggeber sei auf dieser Grundlage gezwungen gewesen, am 28.01.2016 einen Baustopp anzuordnen. Danach habe die Firma E. jedoch weiter an ihrer Sichtweise festgehalten, wonach der Auftraggeber Abfallerzeuger nach § 3 Abs. 8 KrWG sein solle, ungeachtet der bestehenden vertraglichen Vereinbarungen (Schreiben der Firma E. am 09.03.2016).
Die vom Antragsgegner eingeschaltete Anwaltskanzlei V. Rechtsanwälte habe gegenüber der Firma E. GmbH zunächst mit Schreiben vom 03.03.2016 klargestellt, dass jedweder Versuch, sich den vertraglichen Verpflichtungen zu entziehen, nicht akzeptiert werde. Am 14.03.2016 sei ergänzend klargestellt worden, dass das Formblatt 241 und die darin getroffenen Vorgaben, wonach der Auftragnehmer Abfallerzeuger und Besitzer der Bau- und Abbruchabfälle werde, als eindeutige Festlegung zu beachten sei. Zudem sei das Unternehmen wegen der unterbliebenen Abtransporte in Verzug gesetzt worden und diesem mitgeteilt worden, dass auch eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund im Raum stehe. Die Firma E. versuche trotz einer Anordnung nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 VOB/B ihre Sichtweise zur Klassifizierung der Haufwerke durchzusetzen und habe diese zum Gegenstand ihrer Abrechnungspraxis gemacht. Sie habe Mehrkosten in Höhe von 2,323 Mio. Euro geltend gemacht.
Weiter äußerte der Antragsgegner, dass gemäß § 6 e EU Abs. 6 VOB/A der öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens von der Teilnahme ausschließen könne.
Voraussetzung dafür sei nach § 6 e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A, dass das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen habe, durch die die Integrität des Unternehmens in Frage gestellt werde. Nach § 6 e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A könne ein solcher Ausschluss auch erfolgen, wenn das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhalft erfüllt habe und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt habe. Beide Voraussetzungen lägen vorliegend vor.
Das Geschäftsgebaren und die Art der Kommunikation der Firma E. GmbH lasse es nicht zu, für den vorliegend ausgeschriebenen öffentlichen Auftrag, bei dem diese federführendes Mitglied der Bietergemeinschaft sei, einen Vertragsvollzug zu erwarten, der dem Inhalt der Ausschreibungsbedingungen entsprechen werde. Vielmehr sei zu befürchten, dass auch das vorliegende Vertragsverhältnis mit den gleichen Problemen behaftet sein werde, wie dies im vormaligen Auftrag über das Bauvorhaben „Strafjustiz: Bauvorbereitung, Dekontamination“ der Fall gewesen sei. Es fehle deshalb an einer für die Eignung dieser Bieterin positiven Prognose, dass ein ordnungsgemäßer Vertragsvollzug erwartet werden könne.
Eine schwere Verfehlung im Sinne von § 6 e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A könne schon dann vorliegen, wenn eine Verhaltensweise gegeben ist, die geeignet sei, die Zuverlässigkeit des Unternehmens als Bieter für die konkret zur Ausschreibung anstehenden Leistung in Frage zu stellen. Dazu reiche es aus, dass es einem Auftraggeber nicht mehr zugemutet werden könne, mit diesem Unternehmen einen Bauvertrag einzugehen und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, um die Bauaufgabe ordnungsgemäß bewältigen zu können.
Da auch das vorliegend ausgeschriebene Leistungsverzeichnis im Titel 03.05 die Entsorgung von Abfällen und Altlasten vorsehe, sei aus Sicht des Antragsgegners die prognostische Erwartung begründet, dass die Arbeitsgemeinschaft der Antragstellerin, bei der die Firma E. GmbH Vertreterin und maßgebliche Ansprechpartnerin sei, sich in gleicher Weise weigern werde, die vertraglichen Regelungen zu akzeptieren. Es sei zu befürchten, erneut eine erhebliche Diskussion über die rechtliche Verbindlichkeit der vertraglichen Bestimmungen führen zu müssen. Auf dieser Grundlage sei ein Vertragsvollzug auf vertrauensvoller und kooperativer Basis mit der Antragstellerin seitens des Antragsgegners erheblich in Frage gestellt. Trotz des bei der Ausübung des Ausschlusses nach § 6 e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A anzuwendenden Ermessens und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sehe sich der Antragsgegner vorliegend unter Berücksichtigung der Verhaltensweisen der Firma E. GmbH im vorlaufenden Vertragsverhältnis dazu veranlasst, den Ausschluss vorzunehmen. Die nachhaltigen, wiederholten Verstöße gegen die vertraglichen Verpflichtungen ließen es nicht zu, vorliegend ein anderes Verhalten der Antragstellerin bzw. der Firma E. GmbH zu erwarten.
Das Verhalten der Firma E. GmbH stelle zugleich einen dauernden erheblichen Verstoß gegen wesentliche Anforderungen des vorangegangen Vertrages dar und führe dazu, dass die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung des Vertrages mit der Firma E. GmbH bereits vorgelegen hätten. Deshalb sei auch ein Ausschluss nach § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A zulässig.
Wie von der Vergabekammer gewünscht, werde derzeit von einer Stellungnahme zum Inhalt der zuletzt vorgelegten Schriftsätzen der Antragstellerin und der Beigeladenen abgesehen, aber darauf aufmerksam gemacht, dass damit keinesfalls der Inhalt der gemachten Ausführungen vom Antragsgegner zugestanden werde. Dies betreffe insbesondere die Ausführungen, wann Schreiben mit Rügen erteilt worden seien, die zurückgewiesen wurden. Dies betreffe auch Gesichtspunkte zur Frage der Zulässigkeit von Nebenangeboten bei reinem Preiswettbewerb.
Weiter wurde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin den geschuldeten Nachweis zur Einhaltung der Mindestanforderungen für das Nebenangebot nach Auffassung des Antragsgegners schon nicht erbracht habe. Es wurde auf den Inhalt des Vergabevorschlages des Büros C. aus dem Schreiben vom 10.11.2016 Bezug genommen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die vorgelegten Ergebnis-Ausdrucke der Berechnung keinen Vergleich der Lastansätze mit dem Amtsentwurf zugelassen hätten. Auch seien keine Verformungen angegeben. Deshalb sei nicht prüfbar, ob das Nebenangebot die Mindestanforderungen einhalte.
Auch wurde noch mitgeteilt, dass die Beigeladene höchstvorsorglich eine Verpflichtungserklärung für die von ihr vorgesehene Entsorgungsstelle vorgelegt habe und diese auch in der mündlichen Verhandlung vorgelegt werden könne.
Die mündliche Verhandlung fand am 17.01.2017 in den Räumen der Regierung von Oberbayern statt. Die Rechts- und Sachlage wurde erörtert. Alle Beteiligte hatten Gelegenheit zum Vortrag.
Unter anderem wurde die Sach- und Rechtslage in Bezug auf den Nachweis der Eignung der Beigeladenen erörtert. Die Beigeladene hatte bereits ihrem Angebot entsprechende Zertifizierungen gem. § 56 KrW-/AbfG von zwei Entsorgungsstellen beigefügt und diese alternativ im LV unter Pos. 03.05.0190 und 03.05.0200 benannt, aber im Formblatt 235 diesbezüglich weder eine Eignungsleihe noch eine Unterauftragnehmerschaft ausgewiesen. Mit Anforderung vom 10.10.2016 hat der Antragsgegner von der Beigeladenen keine Verpflichtungserklärung auf dem Formblatt 236 angefordert. Dies geschah erst im Dezember 2016. Der Antragsgegner hat hierzu der Vergabekammer die im Dezember angeforderte und eingereichte Verpflichtungserklärung einer Entsorgungsstelle der Beigeladenen vom 22.12.2016 überreicht, in der sich diese für den Leistungsbereich 3.5 der Beigeladenen verpflichtet hat, die erforderlichen Kapazitäten für die „Entsorgung und Verwertung, Altlasten“ zur Verfügung zu stellen.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden der Vergabekammer konnte die Antragstellerin nicht mitteilen, welche Mindestanforderungen an die Nebenangebote zusätzlich notwendig wären, um der Gefahr zu begegnen, dass qualitativ im Vergleich zu den Hauptangeboten minderwertige Nebenangebote eingereicht werden, die nicht zusammen mit den Hauptangeboten allein nach dem Preis gewertet werden dürfen.
Die Vergabekammer hat der Antragstellerin noch eine Schriftsatzfrist bis 25.01.2017 zum Vortrag des Antragsgegners aus dem Schreiben vom 12.01.2017 und zum in der mündlichen Verhandlung von der Vergabekammer klargestellten Sachverhalt in Bezug auf die Eignung der Beigeladenen gewährt.
Die Antragstellerin hielt ihre Anträge vom 02.12.2016, der Antragsgegner seine Anträge vom 22.12.2016 und die Beigeladene ihre Anträge vom 12.01.2017 aufrecht. Auf das Protokoll wird verwiesen.
Wie in der mündlichen Verhandlung erbeten, übersandte der Antragsgegner mit E-Mail vom 19.01.2017 noch Unterlagen im Zusammenhang mit der Nachforderung in Bezug auf die Beigeladene. Daraus geht hervor, dass das mit der Vergabe betraute Büro C. GmbH mit E-Mail vom 20.12.2016 die Beigeladene innerhalb von 6 Werktagen zur Vorlage einer Verpflichtungserklärung der R. mbH aufgefordert hatte.
Mit E-Mail vom 21.12.2016 erklärte dieses Büro gegenüber der Beigeladenen dann, dass bei der E-Mail vom 20.12.2016 ein Fehler unterlaufen und die E-Mail deshalb ungültig sei. In dieser E-Mail wurde dann die Beigeladene um Vorlage der Verpflichtungserklärung der R. mbH und der G. – mbH sowie die Aufnahme dieser in die Liste der Nachunternehmer bis zum 27.12.2016 aufgefordert.
Mit E-Mail vom 22.12.2016 übersandte die Beigeladene daraufhin das Formblatt 235 (Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen) in dem ergänzt wurde, dass die G. die Teilleistungen Entsorgung und Verwertung, Altlasten in Position 3.5 übernehme. Zugleich wurde eine Verpflichtungserklärung (Formblatt 236) dieses Unternehmens übersandt. Am 24.12.2016 teilte die Beigeladene daraufhin mit, dass im Rahmen der Angebotslegung die Firmen R. oder G. als Partner angegeben gewesen seien. Zwischenzeitlich habe die Beigeladene sich dazu entschieden, die Leistungen nur mit der Firma G. durchzuführen. Eine Verpflichtungserklärung der Firma R. sei damit obsolet, da beide Bieter als gleichwertig anzusehen seien.
Die Antragstellerin teilte mit Schreiben vom 25.01.2017 mit, dass das Angebot der Antragstellerin nicht gemäß § 6e EU Abs. 6 Nr. 3, Nr. 7 VOB/A ausgeschlossen werden dürfe. Soweit der Antragsgegner behaupte, die Antragstellerin habe sich ihrer vertraglichen Verpflichtungen bei dem Bauvorhaben „… – Bauvorbereitung /Dekontamination“ entziehen wollen, weil sie zum einen der Ansicht entgegengetreten sei, dass die Abfallerzeugereigenschaft auf sie übergegangen sei, und zum anderen Bedenken hinsichtlich des Untersuchungsumfanges und der Einstufung der Abfälle geäußert habe, treffe dies nicht zu.
Kern der Diskussion zwischen Antragstellerin und Antragsgegner sei der Untersuchungsumfang der Parameter DDT und TOC, sowie die Frage, welche Grenzwerte für diese Parameter hinsichtlich der Einstufung der Abfälle in die verschiedenen Schadstoffklassen heranzuziehen sind. Die diesbezüglich geäußerten Bedenken seien durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (“LfU“) weitgehend geteilt worden. Der Antragsgegner habe daraufhin seine Praxis bei der Erstellung der Deklarationsanalytik geändert.
Mit mehreren Schreiben vom 18.01.2016 habe die Antragstellerin hinsichtlich des Parameters TOC beanstandet, dass bei weiteren Haufwerken eine entsprechende Analytik nicht mehr vorgenommen worden ist, nachdem in den ersten zehn Abfall-Haufwerken ein TOC-Wert von > 1,0% festgestellt worden sei. Bei einem TOC-Wert > 1,0% sei eine Entsorgung durch Verfüllung von Gruben, Brüchen und Tagebauen nur noch mit einer Einzelfallzustimmung des jeweils zuständigen Landratsamtes möglich.
Bezogen auf den Parameter DDT seien Art und Umfang der erstellten Analysen bemängelt worden. Da dies für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar gewesen sei, sei in dem Schreiben vom 18.01.2016 zum Teil eine „energische“ Wortwahl verwendet worden. Für die Einstufung von DDT sei grundsätzlich erforderlich, dass alle sechs vorhandenen DDT-Verbindungen (Kongenere) untersucht werden. Das vom Antragsgegner beauftragte Labor habe aber lediglich zwei der sechs DDT-Verbindungen untersucht. Der Antragsgegner sei auch darauf hingewiesen worden, dass den Analysen mit 0,1 mg/kg bzw. 4 mg/kg zu hohe Bestimmungsgrenzen zugrunde lagen und somit die Gefahr bestand, dass relevante Schadstoffbelastungen unterhalb dieser Bestimmungsgrenze bei der Einstufung des Materials unberücksichtigt geblieben seien. Der Antragsgegner habe dann aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen diesbezüglich am 28.01.2016 einen Baustopp angeordnet. Für den Baustopp sei nicht die Antragstellerin verantwortlich, die Durchführung der Abfalldeklaration liege im Verantwortungsbereich des Auftraggebers. Der Antragsgegner habe in der Folge hierzu das LfU eingeschaltet und ein Gespräch geführt. Wie aus dem Protokoll zu entnehmen sei, hielt ein Mitarbeiter des LfU die Untersuchung aller sechs DDx-Verbindungen für notwendig. In Bezug auf die TOC-Thematik seien im Nachgang von dem Antragsgegner entsprechende Fragen gestellt worden, die das LfU mit Schreiben vom 25.05.2016 beantwortet habe. Hinsichtlich der TOC-Thematik bestätige das LfU, dass für die Verwertung von Bodenaushub bei TOC-Gehalten > 1% eine Einzelfallgenehmigung erforderlich sei.
Daraufhin habe der Antragsgegner gefordert, dass Stellungnahmen der Landratsämter darüber vorgelegt werden, ob eine Einzelfallgenehmigung erteilt werde oder nicht. Deshalb seien durch die Antragstellerin die jeweiligen Landratsämter angeschrieben worden, nicht wie der Antragsgegner nunmehr darstelle, um über die verschiedenen Auffassungen hinsichtlich der Abfallerzeugereigenschaft und der Vorgehensweise bei der Abfalldeklaration zu informieren. Dass es sich dabei nicht um eine reine Formalie handle, zeige z. B. die Antwort des Landratsamtes M.., das keine Ausnahmegenehmigungen für eine Verfüllung aufgrund der TOC-Belastungen erteilte.
Auch habe der Antragsgegner laut Protokoll der Baubesprechung vom 02.03.2016 entschieden, die DDT-Analytik ab sofort auf die sechs Kongenere auszuweiten.
Am 07.03.2016 sei die Antragstellerin vom Antragsgegner aufgefordert worden, alleinig die Abfallerzeugereigenschaft bei Bauvorhaben zu übernehmen. Die Antragstellerin habe dies zurückgewiesen und dazu auf § 22 Satz 2 des KrWG verwiesen. Trotz der bereits wiederholten Darlegung der Bedenken gegen die Vorgehensweise der Deklarationsanalytik habe der Antragsgegner geäußert, dass die Antragstellerin dies zu akzeptieren habe und die Abfuhr der Haufwerke angeordnet, die Abfuhr sei dann von der Antragstellerin am 18.03.2016 abgeschlossen worden. Auf die genauen Ausführungen im Schriftsatz vom 25.01.2017 wird verwiesen.
Da die Antragstellerin jedoch mit Übernahme der Abfälle von der Baustelle als Abfallbesitzerin ebenfalls abfallrechtlich zur ordnungsgemäßen Entsorgung verpflichtet war, sei sie gezwungen gewesen, weiterhin wegen Gefahr bußgeldlicher und gegebenenfalls strafrechtlicher Verfolgung auf die unzureichende Deklaration der Abfälle hinzuweisen. Der Antragsgegner habe auch verschwiegen, dass in einem klärenden Gespräch zwischen Antragsgegner und Antragstellerin in mehreren Punkten Einigkeit erzielt werden konnte.
Die im Nachgang übersandten Deklarationsanalysen seien insbesondere in Bezug auf die DDT-Analytik weiterhin unvollständig gewesen. So sei die Antragstellerin gezwungen gewesen, hierzu erneut Behinderungsanzeigen einzureichen. Daraufhin seien durch die AVR Rechtsanwälte unter anderem nunmehr wieder die Forderung zurückgewiesen worden, dass für alle Hanfwerke die sechs DDX-Verbindungen in der Feinfraktion zu untersuchen seien. Auch sei nun wieder die Ansicht vertreten worden, dass der Parameter TOC bei einer Verwertung der Haufwerke in Gruben, Brüchen und Tagebauten nicht einstufungsrelevant sei. Nach erneutem Anschreiben des LfU zur Klärung, seien die Deklarationsanalyen allerdings mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen ergänzt worden. Für die Haufwerke H4, H21 und H39 sei dann insoweit die Einstufungen von jeweils Z 1.2 auf Z.2 angehoben worden. Problematisch sei die Situation bezogen auf das Haufwerk H1, das auf einer Deponie abgelagert wurde. Die Entscheidung darüber, ob das Material aufgrund der Ergebnisse anderweitig entsorgt werden müsse oder ausnahmsweise ein Verbleib in der Deponie möglich ist, stehe noch aus.
Am 21.12.2016 sei die Abnahme der Gesamtleistung durch den Antragsgegner ohne Einschränkungen erfolgt, damit habe die Antragstellerin die geschuldete Leistung vertragsgerecht erbracht.
Die zeitlichen Verzögerungen seien auf die unvollständigen Deklarationsanalyen des Antragsgegners zurückzuführen gewesen. Ein Fehlverhalten der Antragstellerin habe nicht vorgelegen.
Unter Berücksichtigung des vorstehenden Sachverhalts komme ein Ausschluss der Antragstellerin gemäß § 6 e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A wegen nachweislich schwerer Verfehlungen und nach § 6 e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A wegen erheblicher und fortdauernder mangelhafter Erfüllung wesentlicher Anforderungen bei Erfüllung des Auftrags nicht in Betracht. Der Tatbestand der oben genannten Vorschriften sei nicht erfüllt.
In Bezug auf die mangelnde Eignung der Beigeladenen wurde vorgebracht, dass die Beigeladene auch nach weiteren – im Rahmen der ergänzenden Akteneinsicht vom 19.01.2017 der Antragstellerin überlassenen Unterlagen – nicht zu der Annahme der Eignung der Beigeladenen führten, da diese nach wie vor nicht die zum Nachweis der Eignung geforderten Unterlagen, insbesondere eine Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb vorgelegt habe. Die von der Beigeladenen benannte Entsorgungsstelle könne ausweislich ihrer eigenen Homepage nur über ein EfB-Zertifikat für die Tätigkeiten „Handeln und Makeln“ verfügen, aber nicht wie gefordert eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb für das Verwerten von Abfällen. Damit genüge das seitens der Beigeladenen für die bereits im Angebot benannte Entsorgungsstelle nicht den Mindestanforderungen an die Eignungsnachweise.
Unabhängig davon habe das Angebot der Beigeladenen bereits von Anfang an wegen eines nicht behebbaren, formalen Mangels ausgeschlossen werden müssen. Die Beigeladene habe mit ihrem Angebot hinsichtlich der Entsorgungswege sich noch nicht festgegen wollen, welche Entsorgungswege bzw. welcher Unternehmen sie sich insoweit bedienen wolle, da sie alternativ zwei Entsorgungsstellen bei den entsprechenden Positionen benannt habe. Tatsächlich habe sie eine mit dem Angebot ursprünglich benannte Entsorgungsstelle mit E-Mail vom 24.12.2016 wieder gestrichen. Dieses Vorgehen begegne vergaberechtlicher Bedenken sowohl mit Blick auf das Transparenzgebot als auch mit Blick auf das Nachverhandlungsverbot. Ein Bieter müsse sich hinsichtlich seiner angebotenen Leistungen bereits mit dem Angebot festlegen, er könne diese nicht einfach offen halten. Deshalb habe das ursprüngliche Angebot der Beigeladenen, spätestens aber ihr ausweislich der Email vom 24.12. 2016 nachträglich abgeändertes Angebot (nur eine Entsorgungsstelle) ausgeschlossen werden müssen.
Zudem sei die Beigeladene zwingend wegen einer unzulässigen Angebotsabänderung durch die Beigeladene auszuschließen, da die Beigeladene mit ihrem ursprünglichen Angebot im Formblatt 235 nicht die Entsorgungsstelle als Nachunternehmer und auch nicht als Eignungsleiher benannt habe. Erst mit E-Mail vom 22.12.2016 habe das Bietergemeinschaftsmitglied S. Bau und Projektentwicklungs GmbH im Formblatt 235 für den Leistungsbereich 3.5 einen neuen, ursprünglich nicht im Angebot als Nachunternehmer gekennzeichneten Nachunternehmer angegeben. Insofern handle es sich um eine Änderung – konkret eine Erweiterung – des für die ausgeschriebenen Leistungen geplanten Nachunternehmereinsatz und damit um eine unzulässige Änderung des Angebots der Beigeladenen, die gerade nicht von § 16 a EU VOB/A gedeckt sei.
Gemäß Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (Formblatt 211 EU) sei das Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen (Formblatt 235) zwingend mit dem Angebot einzureichen gewesen. Indem die Beigeladene im Formblatt 235 für die LV-Positionen 03.05.0190 und 03.05.0200 keinen Nachunternehmer benannt habe, habe sie sich folglich festgelegt, diese Positionen nicht mit Hilfe eines Nachunternehmers zu erfüllen. Durch die nachträglich erfolgte Änderung des Formblatts 235 habe die Beigeladene ihr Angebot in unzulässiger Weise nachträglich abgeändert. Deshalb hätten die nachträglich eingereichten Unterlagen in Bezug auf die Entsorgungsstelle nicht berücksichtigt werden dürfen.
Rein vorsorglich wies die Antragstellerin noch darauf hin, dass selbst wenn in dem Nachreichen der Unterlagen der Beigeladenen mit E-Mail vom 22.12.2016 keine Abänderung des Angebot der Beigeladenen zu sehen wäre, so seien die vergaberechtlichen Anforderungen des § 16a VOB/A nicht gewahrt worden. Wie sich aus Ziffer 1.2 des Formblattes 3214 – Eignungsprüfung bezogen auf die Beigeladene vom 07.11.2016 entnehmen lasse, seien für die Firma S. GmbH Unterlagen zur Nachweis der Eignung nachgefordert worden. Jedenfalls sei offensichtlich, dass die Beigeladene mit E-Mail vom 22.12.2016 ein zweites Mal Unterlagen zum Beleg ihrer Eignung eingereicht habe. Dieses Vorgehen sei mitnichten von § 16 a VOB/A gedeckt und auch nicht von den Vorgaben der Vergabeunterlagen. Die seitens der Beigeladenen mit E-Mail vom 22.12.2016 eingereichten Unterlagen hätten nicht berücksichtigt werden dürfen, mit der Konsequenz, dass das Angebot der Beigeladenen gemäß § 16 VOB/A auszuschließen gewesen sei.
Die Antragstellerin nahm noch zu der vorläufigen Rechtsauffassung der Vergabekammer dahingehend Stellung, dass das Vorbringen der Antragstellerin zur Rechtswidrigkeit des Ausschlusses ihres Nebenangebots gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 GWB präkludiert sei. Dies sei, wenn man den Gesamtvorgang betrachte, wenigstens zu bezweifeln.
Nachdem der Antragstellerin das Absageschreiben am 14.11.2016 zugegangen war, indem u. a. der Ausschluss des Nebenangebots der Antragstellerin mitgeteilt wurde, habe die Antragstellerin ihren Ausschluss mit Schreiben vom 15.11.2016 gerügt. Daraufhin habe der Antragsgegner der Rüge mit Schreiben vom 16.11.2016 nicht abgeholfen. Wenn man von diesem Schreiben ausgehe, sei der Nachprüfungsantrag tatsächlich präkludiert.
Zu beachten sei allerdings, dass der Antragsgegner am 17.11.2016 erstmals zwei Bieterinformationen nach § 134 GWB versandt habe. Diese Informationen seien widersprüchlich gewesen, da in der ersten Information mitgeteilt worden sei, dass das Angebot der Antragstellerin ausgeschlossen worden sei, da ihr Nebenangebot nicht habe zugelassen werden können. Mit der zweiten Information habe der Antragsgegner nach § 134 GWB stattdessen mitgeteilt, dass das Angebot der Antragstellerin nicht den Zuschlag erhalten könne, da ein wirtschaftlicheres Nebenangebot abgegeben worden sei. Ob ihr Nebenangebot in Abweichung von den vorherigen Aussagen des Antragsgegners doch noch zugelassen worden sei, habe die Antragstellerin aufgrund der widersprüchlichen Informationen nach § 134 GWB nicht entnehmen können. Von einer endgültigen Rügezurückweisung durch den Antragsgegner habe die Antragstellerin deshalb nicht mehr mit der notwendigen Gewissheit ausgehen können. Nach der Rüge der Intransparenz der Informationen nach § 134 GWB, habe der Antragsgegner mit Schreiben vom 24.11.2016 eine erneute Information gemäß § 134 GWB versandt, aus der u. a. hervorgegangen sei, dass das Nebenangebot der Antragstellerin tatsächlich nicht zugelassen worden sei. Ergänzt wurde dieses durch ein weiteres Schreiben des Antragsgegners vom selben Tag, indem u. a. noch einmal zum Ausschluss des Nebenangebots der Antragstellerin Stellung genommen worden sei. Erstmals mit der Bieterinformation vom 24.11.2016 und dem im Nachgang erhaltenen Begleitschreiben samt ausdrücklicher Rügezurückweisung habe die Antragstellerin erkennen können, dass ihr Angebot tatsächlich ausgeschlossen und ihre hiergegen erhobene Rüge abschließend zurückgewiesen werden sollte. Sie habe darauf vertrauen können, dass die ursprünglich durch das Schreiben vom 16.11.2016 in Gang gesetzte Frist des § 160 Abs. 3 Nr. 4 GWB durch die neue Bieterinformation unterbrochen worden sei und erst mit der Bieterinformation vom 24.11.2016 nebst Rügezurückweisung zu laufen begonnen habe. Die Antragstellerin sei dementsprechend in Bezug auf den rechtswidrigen Ausschluss ihres Angebotes nicht gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 S. 1 GWB präkludiert. Auch werde aus der Formulierung unter Ziffer 5 des Begleitschreibens zur Bieterinformation vom 24.11.2016 deutlich, dass erst mit diesem Schreiben die endgültige Entscheidung des Antragsgegners gefallen sei, am Ausschluss des Nebenangebotes der Antragstellerin festzuhalten.
Der Antragsgegner legte am 30.01.2017 noch ein Zertifikat als Versorgungsfachbetrieb gemäß § 56 KrWG für das Sammeln, Befördern, Handeln und Makeln der S. GmbH vor, das am 27.01.2017 ausgestellt wurde.
Die Beteiligten wurden durch den Austausch der jeweiligen Schriftsätze informiert, soweit diese vor der mündlichen Verhandlung eingegangen waren. Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurden, wird ergänzend Bezug genommen.
II. Der Nachprüfungsantrag ist überwiegend zulässig im Ergebnis aber nicht begründet.
Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.
Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs.1, 158 Abs.2 GWB i. V. m. §§ 1 und 2 BayNpV.
Gegenstand der Vergabe ist ein Bauauftrag i. S. d. § 103 Abs.3 GWB. Der Antragsgegner ist Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 1 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgebliche Schwellenwert in Höhe von 5,225 Mio. Euro für den Gesamtauftrag um ein Vielfaches.
Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 – 109 GWB liegt nicht vor.
1. Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags
Der Nachprüfungsantrag ist bis auf die Rügen gegen den Ausschluss des Nebenangebots der Antragstellerin zulässig.
1.1 Antragsbefugnis
Gemäß § 160 Abs.2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn er ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs.6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Da ihr der Zuschlag nicht erteilt wird, droht ihr ein finanzieller Schaden.
1.2 Erfüllung der Rügeobliegenheit
1.2.1 Mit ihrer Rüge vom 21.11.2016 hat die Antragstellerin in Bezug auf die Angriffe gegen die Eignung der Beigeladenen ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB genügt.
Sie ging bei ihrer Rüge zwar – aufgrund der falschen Information nach § 134 GWB vom 17.11.2016 – davon aus, dass nur die Firma B. GmbH zum Zuschlag vorgesehen sei. Dennoch bedurfte es keiner Wiederholung der Rüge, als ihr der Antragsgegner mit E-Mail vom 24.11.2016 mitgeteilt hatte, dass in Wirklichkeit beabsichtigt sei, den Auftrag an die Beigeladene, die Bietergemeinschaft B. GmbH und S. GmbH zu erteilen, da der Antragsgegner die Rüge in Kenntnis des richtigen, zum Zuschlag vorgesehenen Unternehmens bereits in der Sache zurückgewiesen hatte. In diesem Fall ist es ausreichend, dass die Antragstellerin schriftsätzlich im Nachprüfungsverfahren die Rüge in Kenntnis der Identität der Beigeladenen aufrechterhalten und auf die S. GmbH ausgedehnt hat.
1.2.2 Soweit die Antragstellerin im Rügeschreiben vom 21.11.2016 gerügt hat, dass im vorliegenden Fall Nebenangebote nicht gewertet werden dürften, weil einziges Zuschlagskriterium der Preis sei, ist diese Rüge nicht gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB präkludiert.
Zwar war in tatsächlicher Hinsicht bereits aus der Bekanntmachung erkennbar, dass Nebenangebote zugelassen waren und der Preis einziges Zuschlagskriterium war. Zudem ergab sich dies auch aus den Vergabeunterlagen, in denen zudem im Formblatt 226H und unter Titel 2.2 des LV unter „Hinweis Nebenangebot“ die Mindestanforderungen für die Nebenangebote enthalten waren.
Allerdings war die Problematik, dass hierin ein Vergabeverstoß liegen könnte, für die Antragstellerin in rechtlicher Hinsicht nicht erkennbar.
Gem. § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 VOB/A sind Nebenangebote scheinbar auch dann stets zulässig, wenn einziges Zuschlagskriterium der Preis ist. Der später gerügte Vergabeverstoß erschloss sich daher gerade nicht aus der Lektüre des Gesetzestextes. Erst in Zusammenschau mit § 127 Abs. 4 Satz 2 GWB und Art. 45 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU sowie in Kenntnis der jüngeren Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 07.01.2014 – X ZB 15/13 und BGH, Beschluss vom 10.05.2016 – X ZR 66/15) und der entsprechenden Diskussion in Fachkreisen konnte auf eine etwaige Rechtswidrigkeit geschlossen werden. Ein Bieter muss nicht die Literatur oder vergaberechtliche Rechtsprechung zu den Vergabeordnungen und dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen kennen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15. Juli 2008 – 11 Verg 4/08, und Beschluss vom 10.Juni 2008 – 11 Verg 3/08), die Vergabeunterlagen gewissermaßen routinemäßig auf etwaige Rechtsverstöße überprüfen oder sie durch Einholung externen Rechtsrats auf das Vorliegen von Vergabefehlern prüfen lassen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Oktober 2006 – VII-Verg 35/06). Er muss weder Nachforschungen noch Prüfungen anstellen, um sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Kenntnis von einem Rechtsverstoß zu verschaffen (OLG München, Beschluss vom 23. Juni 2009 – Verg 8/09; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Februar 2005 – Verg 74/04).
Die Rüge am 21.11.2016 war damit jedenfalls rechtzeitig, eine frühere positive Kenntnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht i. S. v. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB ist nicht erkennbar.
1.2.3 Unzulässig gem. § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB ist der Nachprüfungsantrag dagegen insoweit, als er sich gegen den Ausschluss des Nebenangebots der Antragstellerin richtet.
Die Frist von 15 Kalendertagen nach Eingang der Mitteilung des Antragsgegners, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, vom 16.11.2016 war zum Zeitpunkt der Einreichung des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer am 02.12.2016 bereits abgelaufen. Die Mitteilung ging bei der Antragstellerin noch am 16.11.2016 per Mail ein, so dass die Frist am 17.11.2016 zu laufen begann und mit Ablauf des 01.12.2016 endete.
Das Nichtabhilfeschreiben ist auch unmissverständlich formuliert, so dass der Wille des Auftraggebers, der Rüge nicht abhelfen zu wollen, eindeutig und explizit zum Ausdruck gekommen ist (Wiese in: Kulartz/Kuß/Portz/Prieß, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 4 Aufl., München 2016, § 160 GWB, Rdn. 195).
Weiterhin hat der Antragsgegner in der Bekanntmachung auch in ausreichendem Umfang auf die 15-Tage-Frist gem. § 160 Abs.3 S.1 Nr.4 GWB hingewiesen. Voraussetzung für die Präklusionswirkung des § 160 Abs.3 S.1 Nr.4 GWB ist, dass ein entsprechender Hinweis des Auftraggebers in der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU erfolgt ist (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 04.03.2010, Az.: 13 Verg 1/10). Da es sich um eine echte Rechtsbehelfsfrist handelt, folgt die Bekanntmachungspflicht aus Anhang V Teil C Nr. 25 der Richtlinie 2014/24/EU. Dieser bietet zwei Alternativen, nämlich genaue Angaben zu den Fristen für Nachprüfungsverfahren oder die Benennung von Name, Anschrift, Telefon- und Faxnummer und E-Mail-Adresse der Stelle, bei der diese Informationen erhältlich sind. Der Antragsgegner hat insoweit in der Bekanntmachung seine eigene Vergabestelle benannt, die das Verfahren durchführt. Dies ist ausreichend.
Aufgrund der klaren Formulierung im Schreiben vom 16.11.2016 kommt es nicht mehr darauf an, dass der Antragsgegner in den Mitteilungen nach § 134 GWB vom 17.11.2016 – auch abgesehen von der Benennung des falschen Bieters, der zum Zuschlag vorgesehen war – durchaus verwirrende Angaben gemacht hatte. Auch aus den verschiedenen Mitteilungen nach § 134 GWB konnte die Antragstellerin zu keiner Zeit schließen, dass der Antragsgegner vom Ausschluss des Nebenangebots abrücken würde.
Über die materielle Rechtmäßigkeit des Ausschlusses des Nebenangebots der Antragstellerin ist daher nicht mehr zu befinden.
1.2.4 Keiner Rüge bedurfte dagegen das Vorgehen gegen den erst mit Schriftsatz vom 12.01.2017 mitgeteilten Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren gem. § 6e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A wegen angeblicher nachweislich schwerer Verfehlungen und nach § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A wegen angeblich erheblicher und fortdauernder mangelhafter Erfüllung wesentlicher Anforderungen bei Erfüllung des Auftrags. Diesen Tatbestand, der erst im laufenden Nachprüfungsverfahren aufgetreten war, musste die Antragstellerin nicht gesondert rügen. Es genügte, diesen zeitnah zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Dies ergibt sich nunmehr eindeutig aus dem Wortlaut des § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB, der nur „vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannte“ Vergabeverstöße umfasst (Wiese in Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht § 160 Rdn. 149).
2. Begründetheit des Nachprüfungsantrags
Der Nachprüfungsantrag ist im Ergebnis allerdings nicht begründet. Zwar erfolgte der Ausschluss der Antragstellerin vom 12.01.2017 zu Unrecht, allerdings durften vorliegend Nebenangebote gewertet werden und die Angebote der Beigeladenen sind im Ergebnis auch nicht wegen mangelnder Erfüllung der Eignungsanforderungen auszuschließen.
2.1 Die Antragstellerin durfte nicht gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 7 GWB (§ 6e EU Abs. 6 Nr. 3 VOB/A und § 6e EU Abs. 6 Nr. 7 VOB/A sind lediglich überflüssige Wiederholungen der maßgeblichen Normen des GWB) wegen der Vorkommnisse bei der Bearbeitung des Auftrags „…; Bauvorbereitung /Dekontamination“ ausgeschlossen werden.
Der Tatbestand des § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB ist offensichtlich nicht einschlägig. Es liegt schon keine erhebliche und fortdauernde mangelhafte Erfüllung eines früheren öffentlichen Auftrags aufgrund der Umstände des Auftrags „…; Bauvorbereitung /Dekontamination“ vor. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Antragsgegner die Bauleistung am 21.12.2016 ohne Einschränkungen abgenommen hat, so dass die Leistung zum Zeitpunkt der Abnahme jedenfalls vertragskonform gewesen sein muss. Zudem kam es weder zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, zu Schadensersatz oder einer vergleichbaren Rechtsfolge.
Aber auch ein Ausschluss gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 GWB wegen einer nachweislichen schweren Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit, durch die die Integrität eines Unternehmens in Frage gestellt wird, kommt nicht in Betracht.
Nach dem Vortrag des Antragsgegners vom 12.01.2017 und der Antragstellerin aus dem nachgelassenen Schriftsatz vom 25.01.2017 wird deutlich, dass es zwar erhebliche Meinungsverschiedenheiten zwischen der E. GmbH (dem vertretungsberechtigten Mitglied der Bietergemeinschaft der Antragstellerin) und dem Antragsgegner über die korrekte abfallrechtliche Einstufung des im Auftrag „…; Bauvorbereitung /Dekontamination“ anfallenden Aushubmaterials gab.
Allerdings stellt das Verhalten der Antragstellerin insoweit keine nachweisliche schwere Verfehlung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit dar, durch die ihre Integrität in Frage gestellt würde.
Bei einer Verfehlung handelt es sich um jedes schuldhafte Verhalten, durch das die Integrität des Unternehmens in Frage steht (Begründung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzt BT-DRS 18/6281 S. 101). Schwer ist eine Verfehlung, wenn sie schuldhaft begangen wurde und erhebliche Auswirkungen hat (OLG München, Beschluss vom 21.05.2010 – Verg 02/10). Angesichts des Verhaltens darf dem öffentlichen Auftraggeber nicht zugemutet werden, mit diesem Unternehmen in vertragliche Beziehungen zu treten (Conrad in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht § 124 Rdn. 46).
Eine schwere Verfehlung kann grundsätzlich auch in der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen bei früheren öffentlichen Aufträgen liegen, die eine solche Intensität und Schwere aufweisen, dass die Integrität des Unternehmens in Frage steht (Begründung des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzt BT-DRS 18/6281 S. 105).
Meinungsverschiedenheiten zwischen Unternehmen und dem öffentlichen Auftraggeber über die ordnungsgemäße Auftragserfüllung stellen regelmäßig keine schwere Verfehlung dar. Dies gilt auch dann, wenn die Meinungsverschiedenheiten Gegenstand eines Rechtsstreits oder selbstständigen Beweisverfahrens sind (Conrad a. a. O. Rdn. 52 mit weiteren Nachweisen).
Vor diesem Hintergrund liegt keine nachweisliche schwere Verfehlung der Antragstellerin im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit vor.
Kern der Auseinandersetzungen zwischen Antragstellerin und Antragsgegner waren der Untersuchungsumfang der Parameter DDT und TOC sowie die Frage, welche Grenzwerte für diese Parameter hinsichtlich der Einstufung der Abfälle in die verschiedenen Schadstoffklassen heranzuziehen sind.
Richtig ist zwar, dass nach den vertraglichen Vorgaben die Einstufung /Deklaration in die Schadstoffklassen durch den Auftraggeber bzw. dessen Fachbüro vorzunehmen und die Ergebnisse an sich für den Auftragnehmer bindend sein sollten. Abrechnungsrelevant sollte ausschließlich die vom Antragsgegner bzw. dessen Fachbüro freigegebene Schadstoffklasse sein. Auf Grundlage dieser Einstufung musste die Festlegung des ordnungsgemäßen Entsorgungs- bzw. Verwertungsweges dann durch den Auftragnehmer erfolgen.
Allerdings hat die Firma E. GmbH, indem sie die fachliche Richtigkeit der Einstufung der Abfälle in die verschiedenen Schadstoffklassen hinterfragte und den Untersuchungsumfang der Parameter DDT und TOC für unzureichend hielt, keine nachweislich schwere Verfehlung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit begangen. Da ihr die Festlegung des ordnungsgemäßen Entsorgungs- bzw. Verwertungsweges oblag, musste sie schon aus abfallrechtlichen Gründen, da sie zumindest Abfallbesitzerin war, eine unrichtige Einstufung des Erdaushubs nicht kommentarlos hinnehmen. Es hätte ansonsten die Gefahr bestanden, dass über das eine Haufwerk hinaus, bei dem dies bereits geschehen war, weitere Haufwerke auf Deponien abgelagert worden wären, die für derartiges Aushubmaterial nicht geeignet und zugelassen sind. Hinzu kommt noch, dass die durch die Firma E. GmbH diesbezüglich geäußerten Bedenken durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) offenbar weitgehend geteilt wurden und der Antragsgegner daraufhin seine Praxis bei der Erstellung der Deklarationsanalytik ändern musste. Ein Versuch der Firma E. GmbH, sich ihren vertraglichen Verpflichtungen zu entziehen, kann in diesem Verhalten jedenfalls nicht gesehen werden. Auch der aufgrund der Auseinandersetzungen zwischenzeitlich erfolgte Baustopp kann insoweit nicht allein der Firma E. GmbH angelastet werden, sondern war Folge der fachlichen Einschätzung des LfU zum Themenkomplex DDT, mit der der Antragsgegner offenbar nicht gerechnet hatte.
Soweit die Bedenken und die sich aus ihnen resultierenden Rechtsfolgen – wie im Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 25.01.2016 – in sachlicher Form vorgetragen wurden, liegt hierin keinesfalls eine nachweislich schwere Verfehlung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit, auch wenn der Antragsgegner möglicherweise die Rechtslage anders bewertet als die Firma E. GmbH.
Aber auch die möglicherweise im Ton unangemessenen Schreiben vom 18.01.2016 und 26.01.2016, die von dem Mitarbeiter Herr D.. der Firma E. GmbH unterzeichnet wurden, rechtfertigen keine Annahme einer schweren Verfehlung. Dies liegt schon daran, dass der handelnde Mitarbeiter insoweit kein tauglicher Täter gem. § 124 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 123 Abs. 3 GWB ist. Danach ist eine schwere Verfehlung eines Mitarbeiters dem Unternehmen dann zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat; dazu gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung. Dies ist bei dem betreffenden Mitarbeiter offensichtlich nicht der Fall, der maßgebliche Geschäftsführer hat sich mit Schreiben vom 19.02.2016 für den Vorwurf des Weglassens von relevanten Untersuchungsparametern entschuldigt.
Auch die Information der Landratsämter durch die Firma E. GmbH in der E-Mail vom 12.02.2016 stellt sich nicht als ggf. für den Antragsgegner rufschädigende Beschwerde dar, sondern hängt mit der Suche der Firma E. GmbH nach einer LVGBT-Verwertungsstelle für Halden mit TOC-Gehalten >=1% zusammen. Die Firma E. GmbH wollte vorab klären, ob Einzelfallgenehmigungen für die Verfüllung in Gruben, Brüchen oder Tagebauen in Aussicht gestellt werden konnten.
Auch die Tatsache, dass die Firma E. stets an ihrer Sichtweise festgehalten hat, wonach der Auftraggeber ungeachtet der bestehenden vertraglichen Vereinbarungen zumindest auch Abfallerzeuger nach § 3 Abs. 8 KrWG sei, führt nicht zur Annahme einer schweren Verfehlung. Nach einer von der Vergabekammer im Verfahren beigezogenen E-Mail des Sachgebiets 55.1 (Rechtsfragen Umwelt) der Regierung von Oberbayern vom 14.03.2016 war diese Sichtweise abfallrechtlich zumindest vertretbar. Das Äußern einer vertretbaren Rechtsauffassung stellt aber keine schwere Verfehlung dar, die die Integrität der Firma E. GmbH in Frage stellt hätte.
Zuletzt stellt auch die Tatsache, dass die Firma E. GmbH bei der durch erhebliche Massenmehrungen und Unklarheiten bei der Einstufung von Aushubmaterial geprägten Baumaßnahme „…; Bauvorbereitung /Dekontamination“ hohe Nachtragsforderungen geltend gemacht hat, keine schwere Verfehlung dar, mögen diese Nachtragsforderungen zwischen den Parteien auch strittig sein und möglicherweise noch zu einem Zivilrechtsstreit führen. Da nach den Gesamtumständen keinesfalls feststeht, dass diese Forderungen offensichtlich unbegründet sind, kann es der Firma E. GmbH nicht als schwere Verfehlung angelastet werden, wenn sie diese geltend macht.
Der Ausschluss der Antragstellerin nach § 124 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 7 GWB kann daher keinen Bestand haben.
2.2 Anders als von der Antragstellerin angenommen, konnten im streitgegenständlichen Vergabeverfahren Nebenangebote gewertet werden, obwohl einziges Zuschlagskriterium der Preis ist. Damit konnte auch das im Vergleich zum Hauptangebot der Antragstellerin preisgünstigere Nebenangebot der Beigeladenen in der Wertung verbleiben.
Allerdings hat die Antragstellerin völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass aus § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A mitnichten zu folgern ist, dass nunmehr Nebenangebote stets auch dann zulässig sind, wenn einziges Zuschlagskriterium der Preis ist. § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A stellt den Versuch des Gesetzgebers dar, im Sinne eines von ihm angenommenen Bedarfs an innovativen Nebenangeboten die Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluss vom 07.01.2014 – X ZB 15/13) zu korrigieren. Die Regelung hat keine Grundlage in den zugrundeliegenden Vergaberichtlinien und steht in einem Spannungsverhältnis zu Art. 45 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2014/24/EU und § 127 Abs. 4 Satz 2 GWB. § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 6 VOB/A ist daher strikt im Lichte des höherrangigen Rechts auszulegen. In seinem umfangreichen obiter dictum im Beschluss vom 10.05.2016 – X ZR 66/15 hat der BGH darauf hingewiesen, dass § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 VOB/A (und entsprechend § 35 Abs. 2 Satz 3 VgV) nicht von der Beachtung des gesetzlichen Grundsatzes, dass der Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt wird und sich das wirtschaftlichste Angebot nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis bestimmt (§ 127 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GWB), entbinden. Nur wenn dies nach dem Gegenstand des Auftrags und der Gesamtheit der Vergabeunterlagen erreicht werden kann, darf der Preis einziges Zuschlagskriterium sein (vgl. auch BT-Drs. 18/6281 S. 111 f zu § 127 Abs. 1 GWB).
Konkret bedeutet dies, dass Nebenangebote nur dann nach dem Preis als einzigem Zuschlagskriterium gewertet werden können, wenn durch eine entsprechende Festlegung von Mindestanforderungen i. S. d. § 8 EU Abs. 2 Nr. 3 b VOB/A sichergestellt ist, dass die Angebote qualitativ soweit vergleichbar sind, dass der Zuschlag auf das Angebot mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis erteilt werden kann. Es ist mit dem vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vereinbar, wenn wesentlich ungleiche Angebote willkürlich gleich, nämlich nach dem einzigen Kriterium des niedrigsten Preises, das keine Qualitätsunterschiede abbilden kann, gewertet würden.
Im vorliegenden Fall genügen jedoch aus Sicht der Vergabekammer Südbayern die durch den Antragsgegner im Formblatt 226H und im Hinweis Nebenangebote im LV Titel 2.2 Spundwandarbeiten festgelegten Mindestanforderungen diesen Anforderungen.
Zunächst hat der Antragsgegner die Nebenangebote auf den „Titel 2 Verbau“ beschränkt. Weiterhin hat er lediglich im Vergleich zum „Amtsvorschlag“ optimierte Spundwandlösungen zugelassen, die qualitativ und funktional dem Amtsvorschlag entsprechen, d. h. dicht, rückbaubar, genehmigungsfähig sein müssen und vom Platzbedarf nicht wesentlich abweichen. Zudem hat der Auftraggeber transparente Mindestanforderungen an die Verformung gestellt und die maximal zulässige Verformung je Schnitt exakt festgelegt.
Durch diese Anforderungen ist aus Sicht der Vergabekammer Südbayern sichergestellt, dass kein Nebenangebot in die Wertung gelangt, das qualitativ so weit hinter den Hauptangeboten zurückbleibt, dass bei einem Zuschlag auf dieses Angebot nicht das Angebot mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis bezuschlagt würde.
Die Antragstellerin als Fachfirma musste in der mündlichen Verhandlung selbst einräumen, dass sie keine Defizite in der Festlegung der Mindestanforderungen erkennen konnte, die es erlauben würden, qualitativ geringwertige Nebenangebote einzureichen.
Es ist aber gerade bei der Frage, ob ausreichende Mindestanforderungen für die Zulassung von Nebenangeboten bei einem reinen Preisentscheid festgesetzt sind, erforderlich, dass die fachkundigen Bieter im Nachprüfungsverfahren substantiiert darauf hinweisen, inwiefern aus ihrer Sicht die Mindestanforderungen nicht ausreichend sind und Spielraum für qualitativ minderwertige Nebenangebote lassen.
Daher bestehen im vorliegenden Fall aufgrund der transparent und detailliert festgelegten Mindestanforderungen keine Bedenken, Nebenangebote zu werten, obwohl einziges Zuschlagskriterium der Preis ist. Das Nebenangebot der Beigeladenen, das preisgünstiger ist als das Hauptangebot der Antragstellerin, durfte daher gewertet werden.
2.3 Die Angebote der Beigeladenen mussten auch nicht wegen Nichterfüllung der Eignungsanforderungen in Bezug auf die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 56 KrWG und § 14 EfbV ausgeschlossen werden.
2.3.1 Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass der Antragsgegner am 30.01.2017 noch eine Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 56 KrWG und § 14 EfbV für das Sammeln, Befördern, Handeln und Makeln der S. GmbH vorgelegt hat, das am 27.01.2017 ausgestellt wurde.
Abgesehen davon, dass dieser nicht nachgelassene Tatsachenvortrag nicht zulasten der Antragstellerin berücksichtigt werden dürfte, ohne ihr rechtliches Gehör einzuräumen und ggf. die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (siehe nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.2015 – Verg 24/15), würde die Berücksichtigung dieses Nachweises der Eignung der Beigeladenen eine unzulässige Änderung ihres Angebots nach Submission darstellen, da sie sich vorher auf die Eignung von Entsorgungsstellen berufen hatte.
Der Sachverhalt der Entscheidung des OLG München vom 17.09.2015 – Verg 3/15 zur finanziellen Leistungsfähigkeit, in der der Senat die Auffassung vertreten hatte, ein Bewerber könne sich auch dann auf seine eigene finanzielle Leistungsfähigkeit berufen, wenn er sich vorher auf die finanzielle Leistungsfähigkeit seiner Konzernmutter und -schwester berufen hatte, ist auf den vorliegenden Sachverhalt zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit nicht übertragbar. Dies folgt schon daraus, dass der öffentliche Auftraggeber nunmehr gem. § 6d EU Abs. 1 Satz VOB/A zu überprüfen hat, ob Unternehmen, auf die sich ein Bieter zum Nachweis seiner Eignung stützt, die entsprechenden Anforderungen an die Eignung gemäß § 6a EU erfüllen und ob Ausschlussgründe gemäß § 6e EU vorliegen. Es kann daher nicht – wie im vorliegenden Fall – offen bleiben, ob sich die Beigeladene auf ihre eigene Eignung oder auf die ihrer Entsorgungsstelle, konkret der G. – mbH (G.) beruft.
2.3.2 Die Beigeladene hat sich aber im Ergebnis in ausreichendem Maße auf die Zertifizierung ihrer Entsorgungsstelle G. gem. § 56 KrWG und § 14 EfbV berufen.
Nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern war mit der Formulierung
Nach VOB/A § 6a Abs. 3 werden zum Angebot zusätzliche Nachweise verlangt:
– Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gem. § 52 KRW-/AbfG und § 14 EfbV.
in der Bekanntmachung in ausreichendem Maße deutlich gemacht, dass eine solche Zertifizierung als Eignungsanforderung für die Bieter gefordert wurde. Die durchaus missverständliche Formulierung in den zusätzlichen technischen Vorbemerkungen zu Pos. 03.05 Nr. 2 des Leistungsverzeichnisses
Die für die Verwertung vorgesehene Firma muss ebenfalls als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert sein.
führt entgegen der Auffassung des Antragsgegners keinesfalls dazu, dass weder der Bieter noch die für die Verwertung vorgesehene Firma gem. § 56 KrWG und § 14 EfbV zertifiziert sein muss.
Es mag sein, dass die Forderung einer zusätzlichen Zertifizierung der für die Verwertung vorgesehenen Firma eine unzulässige Verschärfung der Eignungsanforderungen gegenüber der Bekanntmachung darstellt, die gem. § 122 Abs. 4 Satz 2 GWB die Eignungskriterien enthalten muss. Dass die Bieter selbst gem. § 56 KrWG und § 14 EfbV zertifiziert sein mussten, steht dadurch aber nicht in Zweifel.
Anders als die Antragstellerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 25.01.2017 meint, war allerdings keine Zertifizierung für bestimmte Tätigkeiten gefordert. Zwar kann aus der Antwort 11 auf die Bieterfrage 2 herausgelesen werden, dass der Antragsgegner ein Zertifikat für „Verwerten“ vorgelegt haben wollte, während das vorgelegte Zertifikat der G. nach § 56 KrWG und § 14 EfbV nur „Lagern und Behandeln“ nicht „Verwerten“ von Abfällen umfasst.
Allerdings würde eine Forderung nach einer Zertifizierung für die „Verwerten“ eine unzulässige nachträgliche Verschärfung der Eignungsanforderungen gegenüber der maßgeblichen Bekanntmachung darstellen (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.09.2012 – Az.: VII-Verg 108/11 und vom 15.08.2011 – Az.: VII-Verg 71/11, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 07.05.2014 – Az.: 15 Verg 4/13).
Da jedoch vor dem 27.01.2017 keines der Mitglieder der Bietergemeinschaft der Beigeladenen über eine wie auch immer geartete Zertifizierung nach § 56 KrWG und § 14 EfbV verfügte, konnte die Beigeladene ihre Eignung nur durch die Berufung auf die Eignung anderer Unternehmen belegen.
Das Angebot der Beigeladenen ist dahingehend auszulegen, dass sie sich bereits mit Angebotsabgabe auf die Zertifizierung ihrer Entsorgungsstellen gem. § 56 KrWG und § 14 EfbV als Eignungsleiher berufen hat.
Sie hat zwar weder im Formblatt 235 eingetragen, dass sie sich in Bezug auf die Position 3.5 auf die Kapazitäten anderer Unternehmen berufen will noch eine Verpflichtungserklärung auf dem Formblatt 236 vorgelegt. Allerdings hat sie mit Angebotsabgabe die Zertifizierungen nach § 56 KrWG und § 14 EfbV von zwei Entsorgungsstellen, die sie alternativ im LV unter Position 03.05.0190 und 03.05.0200 benannt hatte, vorgelegt. Dies ließ nach dem objektiven Empfängerhorizont der Vergabestelle die Auslegung zu, die Beigeladene wolle sich auf die Eignung ihrer Entsorgungsstellen berufen. Anders hätte die Vorlage der Zertifizierungen der im LV benannten Entsorgungsstellen keinen Sinn gemacht. Der Antragsgegner hat das Angebot der Beigeladenen offenbar auch so verstanden, denn in der Dokumentation seiner Angebotsprüfung auf den Formblätter 3211 und 3214 ist jeweils vermerkt, dass keine Nachweise fehlen.
Auch die Tatsache, dass die Beigeladene auf dem Formblatt 235 weder in dem Exemplar ohne benannte Nachunternehmer, das sie mit dem Angebot eingereicht hatte, noch in dem von der Vergabestelle mit Schreiben vom 10.10.2016 nachträglich angeforderten Exemplar mit benannten Nachunternehmern eingetragen hat, dass sie sich in Bezug auf die Position 3.5 auf die Kapazitäten anderer Unternehmen berufen will, spricht nicht zwingend gegen eine solche Angebotsauslegung. Das Formblatt 235 enthält zwei Tabellen, von denen die erste unter der für beide geltenden Überschrift „Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen (Unteraufträge/Eignungsleihe)“ mit „Verzeichnis über Art und Umfang der Leistungen, für die sich der Bieter der Kapazitäten anderer Unternehmen bedienen wird“ überschrieben ist. In der Kopfzeile der ersten Tabelle ist zudem ausdrücklich vom „Namen des Nachunternehmen“ die Rede. Die zweite Tabelle ist dagegen ausdrücklich mit „Eignungsleihe im Hinblick auf die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit“ überschrieben.
Ein Bieter wie die Beigeladene, der sich in Bezug auf seine technische und berufliche Leistungsfähigkeit auf eine Eignungsleihe berufen will, musste nicht zwingend erkennen, dass er eine solche in der ersten Spalte des Formblatts 235 eintragen muss. Dies gilt auch für im Umgang mit den Formblättern des VHB Bayern sehr erfahrene Bieter wie die Mitgliedsunternehmen der Beigeladenen, da das Formblatt im Jahr 2016 neu gefasst wurde.
Zudem verbietet sich eine Auslegung, wonach sich die Beigeladene bereits mit ihrem Angebot auf die vorgelegten Zertifizierungen der im LV benannten Entsorgungsstellen berufen hat, nicht grundsätzlich deshalb, weil sie die auf dem Formblatt 235 geforderte Erklärung der Art und des Umfangs der Leistungen, für die sie sich der Fähigkeit anderer Unternehmen bedienen werde, weder mit ihrem Angebot noch auf die nachträgliche Anforderung vom 10.10.2016 hin auf diesem Formblatt abgegeben hatte.
Die Verwendung eines vorgegebenen Formulars ist nicht zwingend erforderlich, wenn an dessen Stelle vorgelegte Erklärungen die geforderten Angaben in gleicher Weise enthalten (OLG Celle, Beschluss vom 24. April 2014 – 13 Verg 2/14), jedenfalls wenn die maßgebliche Erklärung für den Auftraggeber unschwer aufzufinden und in ihrem Erklärungsgehalt für die vorzunehmende Wertung zu erfassen ist (OLG Celle, Beschluss vom 14.12.2015 – 13 Verg 9/15, ähnlich auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2007 – Verg 28/07).
Klar geht aus den mit dem Angebot und im Oktober 2016 vorgelegten Formblättern 235 lediglich hervor, dass die Beigeladene für die Position 3.5 keinen Nachunternehmer benennen wollte, was sich auch mit ihrer Einlassung im Nachprüfungsverfahren deckt, da es sich bei den Entsorgungsstellen nicht um Nachunternehmer im eigentlichen Sinn handelt. Soweit die Beigeladene auf die vergaberechtswidrige Aufforderung des für den Antragsgegner tätigen Büros vom 21.12.2016, die R. mbH und die G. – mbH in die Liste der Nachunternehmer aufzunehmen, die G. in einem weiteren Formblatt 235 als Nachunternehmer zur Position 3.5 benannt hat, stellt dies eine unzulässige Änderung ihres Angebots dar, die bei der Frage der Wertbarkeit des Angebots unberücksichtigt bleiben muss (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2002 – X ZR 185/99; OLG München, Beschluss vom 09.08.2005 – Verg 11/05).
Auch die Tatsache, dass die Beigeladene ihrem Angebot keine Verpflichtungserklärung ihrer Entsorgungsstellen auf dem Formblatt 236 beigefügt hat, spricht nicht zwingend gegen die Auslegung, dass die Beigeladene bereits mit ihrem Angebot ihre Entsorgungsstellen als Eignungsleiher in Bezug auf die Zertifizierung nach § 56 KrWG und § 14 EfbV benannt hat.
Zwar ist bei einer Eignungsleihe regelmäßig erforderlich, dass der Bieter bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe den Namen des Eignungsleihers benennt und eine Verpflichtungserklärung dieses Unternehmens beibringt (VK Lüneburg, Beschluss vom 11.11.2015 – VgK-41/2015). Allerdings ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass nach dem Formblatt 211 EU (Aufforderung zur Angebotsabgabe) die Verpflichtungserklärungen nach Formblatt 236 erst auf gesonderte Anforderung vorzulegen waren. Die Beigeladene durfte daher davon ausgehen, dass sie die Verpflichtungserklärung erst auf eine entsprechende Anforderung vorlegen musste. Diese Anforderung erfolgte – anders als bei der Antragstellerin – nicht mit Schreiben vom 10.10.2016 auf dem Formblatt 216EU, weil dort unter Nr. 2.10 das Formblatt 236 gerade nicht angekreuzt war, sondern erst mit der E-Mail vom 21.12.2016.
Die daraufhin fristgerecht mit E-Mail vom 24.12.2016 abgegebene Verpflichtungserklärung der G. bezieht sich zwar nicht ausdrücklich auf die Zertifizierung nach § 56 KrWG und § 14 EfbV, sondern spricht nur vom OZ/Leistungsbereich 3.5 und von „Entsorgung und Verwertung, Altlasten“, doch ist im Zusammenhang mit der bereits mit dem Angebot eingereichten Zertifizierung nach § 56 KrWG und § 14 EfbV hinreichend klar, dass auch diese der Beigeladenen zur Verfügung stehen sollte.
Auch wenn die Beigeladene die G. in ihrer Mail vom 24.12.2016 nicht mehr wirksam als Unterauftragnehmer benennen konnte (s.o.), führt dies nicht zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen, da kein Fall des § 6d Abs. 1 Satz 3 VOB/A vorliegt, bei dem die Berufung auf die Kapazitäten eines anderen Unternehmens nur möglich ist, wenn dieses die Arbeiten ausführt, für die diese Kapazitäten benötigt werden. Die Zertifizierung nach § 56 KrWG und § 14 EfbV ist nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern nämlich kein Nachweis für die berufliche Befähigung i. S. d. § 6a EU Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe e) oder die berufliche Erfahrung i. S. d. § 6a EU Abs. 1 Nr. 3 Buchstaben a und b), sondern ein Nachweis für Maßnahmen des Unternehmens für die Qualitätssicherung i. S. d. § 6a EU Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe c) oder Umweltmanagementmaßnahmen i. S. d. § 6a EU Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe f). Die Beigeladene konnte sich damit auf die Zertifizierung der G. nach § 56 KrWG und § 14 EfbV berufen, ohne sie zwingend als Unterauftragnehmer benennen zu müssen, was ihr im Dezember 2016 nicht mehr möglich war.
Da die Angebote der Beigeladenen daher in der Wertung verbleiben konnten und im vorliegenden Fall der Zuschlag auf ihr – im Vergleich zum Hauptangebot der Antragstellerin – preisgünstigeres Nebenangebot erfolgen konnte, ist der Nachprüfungsantrag im Ergebnis zurückzuweisen.
3. Kosten des Verfahrens
Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs.3 S.1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies ist vorliegend die Antragstellerin, die mit ihrem Nachprüfungsantrag nicht durchdringen konnte.
Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 182 Abs.2 GWB. Diese Vorschrift bestimmt einen Gebührenrahmen zwischen 2.500 Euro und 50.000 Euro, der aus Gründen der Billigkeit auf ein Zehntel der Gebühr ermäßigt und, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch sind, bis zu einem Betrag vom 100.000 Euro erhöht werden kann.
Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Die Gebühr beträgt im vorliegenden Vergabenachprüfungsverfahren …,.. Euro.
Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft verrechnet.
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners beruht auf § 182 Abs.4 GWB. Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird – trotz der Besetzung des Antragsgegners mit im Vergaberecht erfahrenen Juristen als notwendig i. S. v. § 182 Abs.4 S.1 und 4 GWB i. V. m. Art. 80 Abs.2 S.3, Abs.3 S.2 BayVwVfG angesehen.
Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da im vorliegenden komplexen Fall mit bisher nicht abschließend geklärten Rechtsfragen des neuen Vergaberechts eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB nicht erwartet werden konnte. Zur Durchsetzung seiner Rechte war der Antragsgegner hier auf anwaltliche Vertretung angewiesen. Hierüber hinaus war die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters seitens des Antragsgegners notwendig, um die erforderliche „Waffengleichheit“ gegenüber der anwaltlich vertretenen Antragstellerin herzustellen.
Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen folgt aus § 182 Abs.4 S.2 GWB. Danach sind Aufwendungen des Beigeladenen zulasten des unterliegenden Verfahrensbeteiligten nur erstattungsfähig, wenn die Vergabekammer sie als billig erachtet. Dabei setzt die Erstattungsfähigkeit jedenfalls voraus, dass der Beigeladene sich mit demselben Rechtsschutzziel wie der obsiegende Verfahrensbeteiligte aktiv am Nachprüfungsverfahren beteiligt hat (OLG Brandenburg, Beschl. v. 09.02.2010, Az.: Verg W 10/09). Es bleibt dem Beigeladenen nämlich überlassen, sich aktiv auf Seiten des Antragsstellers oder der Vergabestelle am Nachprüfungsverfahren zu beteiligen oder eine rein passive Rolle einzunehmen. Vor diesem Hintergrund hat die bisherige Rechtsprechung der Vergabesenate den Beigeladenen kostenrechtlich nur dann wie einen Antragsteller oder Antragsgegner behandelt, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung im Verfahren auch nutzt, indem er sich an dem Verfahren beteiligt (BGH, Beschl. v. 26.09.2006, Az.: X ZB 14/06). Dafür muss eine den Beitritt eines Streithelfers vergleichbare Unterstützungshandlung erkennbar sein, an Hand derer festzustellen ist, welches (Rechtsschutz-)Ziel ein Beigeladener in der Sache verfolgt (OLG Celle, Beschl. v. 27.2008, Az.: 13 Verg 2/08). Ist eine solche nicht ersichtlich, handelt es sich bei den entstandenen Aufwendungen des Beigeladenen nicht um solche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (VK Baden-Württemberg, Beschl. v. 11.02.2010, Az.: 1 VK 76/10).
Die Beigeladene hat sich durch schriftsätzlichen und mündlichen Vortrag aktiv am Verfahren beteiligt. Hierdurch hat sie das gegenständliche Verfahren wesentlich gefördert.


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