Baurecht

Anerkennung baulicher Aufwendungen im Rahmen der Erteilung einer einkommenssteuerrechtlichen Grundlagenbescheinigung

Aktenzeichen  AN 17 K 16.01925

Datum:
18.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 22370
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 102 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5
EStG § 7i, § 10f, § 10g, § 11
BayDSchG Art. 25
GKG § 52 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Eine Steuervergünstigung nach § 7i EStG setzt eine vorherige Abstimmung der Baumaßnahmen mit der zuständigen Fachbehörde voraus. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2 “Abstimmen” iSv § 7i Abs. 1 S. 6 EStG bedeutet eine einverständliche, bei Bedarf hinsichtlich Art, Umfang und fachgerechter Ausführung ins Detail gehende Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen; die beabsichtigten Maßnahmen müssen mit den Vorstellungen der zuständigen Behörde in Einklang gebracht werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage, über die trotz Ausbleibens der Klägerin zu 2) aufgrund ordnungsgemäßer Ladung (§ 102 Abs. 2 VwGO) entschieden werden konnte, ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 31. August 2016 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Erteilung einer einkommensteuerrechtlichen Grundlagenbescheinigung für die Kosten des Wärmedämmverbundsystems in Höhe von 25.810,02 EUR (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
1. Gemäß § 7i Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann der Steuerpflichtige bei einem im Inland belegenen Gebäude, das nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal ist, im Jahr der Herstellung und in den folgenden sieben Jahren jeweils bis zu 9 Prozent und in den folgenden vier Jahren jeweils bis zu 7 Prozent der Herstellungskosten für Baumaßnahmen, die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind, absetzen (sog. Erhöhte Absetzungen bei Baudenkmälern). Ergänzend dazu regelt § 7i Abs. 1 Satz 4 EStG, dass bei einem Gebäude oder Gebäudeteil, welches zwar – wie hier – nicht für sich allein die Voraussetzungen für ein Baudenkmal erfüllt, aber Teil einer Gebäudegruppe oder Gesamtanlage ist, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften als Einheit geschützt ist, die erhöhten Absetzungen dann möglich sind, wenn die Baumaßnahmen nach Art und Umfang zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes der Gebäudegruppe oder Gesamtanlage erforderlich sind.
§ 7i Abs. 1 Satz 6 EStG bestimmt darüber hinaus als zusätzliche Voraussetzung, dass die Baumaßnahmen in Abstimmung mit der in Abs. 2 der Vorschrift bezeichneten Stelle durchgeführt worden sind.
Gemäß § 7i Abs. 2 EStG kann der Steuerpflichtige die erhöhten Absetzungen nur in Anspruch nehmen, wenn er das Vorliegen der soeben genannten Voraussetzungen des Abs. 1 durch eine Bescheinigung der nach Landesrecht zuständigen oder von der Landesregierung bestimmten Stelle – hier das Landesamt für Denkmalpflege, vgl. Art. 25 BayDSchG – nachweist (sog. Grundlagenbescheinigung).
2. Die Kläger haben vorliegend keinen Anspruch auf Anerkennung der Kosten für das Wärmedämmverbundsystem, da es insoweit bereits an der nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG erforderlichen vorherigen Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege fehlt.
a) § 7i EStG begünstigt ausschließlich Baumaßnahmen, die – gemessen am Zustand des Baudenkmals vor ihrem Beginn – geboten sind, um den unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten erstrebenswerten Zustand herbeizuführen; vorliegend also mit Blick auf das äußere Erscheinungsbild erforderlich sind. Da diese Entscheidung nicht im Nachhinein getroffen werden kann, müssen die Baumaßnahmen in Abstimmung mit der zuständigen Fachbehörde durchgeführt werden. Einer Auslegung dahingehend, dass die Steuervergünstigung auch ohne vorherige Abstimmung gewährt werden kann, steht der insoweit eindeutige Wortlaut entgegen (BFH, B.v. 8.9.2004 – XB 51/04 – BeckRS 2004, 25007012). Die vorherige Abstimmung dient in erster Linie der Feststellung der Tatsachen die notwendig sind, um die Erforderlichkeit der geplanten Maßnahmen im Einzelnen beurteilen zu können. Dabei spielt insbesondere der ursprüngliche Zustand des Bauwerks, an dem die Maßnahmen vorgenommen werden sollen, eine bedeutende Rolle. Dem Steuerpflichtigen soll schon vor Beginn der Arbeiten klar sein, für welche der Maßnahmen die Erforderlichkeit im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 4 EStG von der für die spätere Ausstellung der Grundlagenbescheinigung zuständigen Fachbehörde bejaht wird (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 20.6.2012 – 1 B 12.78 – juris Rn. 18). Die Abstimmung muss auf konkrete Baumaßnahmen bezogen stattfinden; eine generelle Absprache über künftig auszuführende Reparaturarbeiten erfüllt hingegen nicht den Begriff der Abstimmung (BayVGH, B.v. 3.12.2008 – 15 ZB 08.727 – NVwZ 2009, 1053 f.).
Des Weiteren erfordert die Abstimmung gemäß § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG, dass die Baumaßnahmen im Einvernehmen mit der Grundlagenbescheinigungsbehörde – hier dem Landesamt für Denkmalpflege – durchgeführt werden. „Abstimmen“ bedeutet ausgehend von der Wortbedeutung eine einverständliche, bei Bedarf hinsichtlich Art, Umfang und fachgerechter Ausführung ins Detail gehende Festlegung der durchzuführenden Baumaßnahmen (vgl. BFH, U.v. 24.6.2009 – X R 8.08 – juris). Die beabsichtigten Maßnahmen müssen folglich mit den Vorstellungen der zuständigen Behörde in Einklang gebracht werden; es bedarf eines beiderseitigen Einverständnisses hinsichtlich aller Ausführungsdetails der geplanten Maßnahme zwischen der zuständigen Behörde und dem Steuerpflichtigen/Bauherrn (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 28.6.2018 – 4 B 40.17 – juris). Es ist hingegen gerade nicht ausreichend, dass der Bauherr das Landesamt für Denkmalpflege über Art und Umfang der Baumaßnahmen unterrichtet und dieses so in die Lage versetzt, die Erforderlichkeit im Sinne von § 7i Abs. 1 Satz 1 bzw. Satz 4 EStG zu beurteilen (so noch BayVGH, U.v. 6.4.2017 – 2 B 17.142 – BeckRS 2017, 113699, welches Grundlage des zuvorderst zitierten Beschlusses des BVerwG vom 28.6.2018 war).
Gemessen an diesen Vorgaben sind die gesetzlichen Anforderungen an eine Abstimmung zwischen dem Kläger und dem Landesamt für Denkmalpflege im Hinblick auf das Wärmedämmverbundsystem nicht erfüllt.
In dem Maßnahmekonzept des Klägers zu 1) vom 22. Januar 2015, welches Grundlage der Vorauskunft vom 12. Februar 2015 war, führte der Kläger zu 1) das vorliegend streitgegenständliche Wärmedämmverbundsystem ausdrücklich auf (dort unter dem Punkt „Dämmung der Fassade mit einem WDVS“). Der zuständige Hauptkonservator … nahm schließlich mit Blick auf die steuerliche Begünstigungsfähigkeit eine Prüfung der im Maßnahmekonzept aufgeführten Punkte vor und kam hinsichtlich des Wärmedämmverbundsystems zu dem Ergebnis, dass dieses nicht anerkannt werden könne. Dies geht aus der Behördenakte deutlich hervor, nachdem unter der Überschrift „Steuer“ und neben dem Punkt „Dämmung der Fassade mit einem WDVS“ ein „nein“ geschrieben wurde. Auf Grundlage dieser Prüfung wurde schließlich die vom Kläger beantragte Vorauskunft erteilt, wobei unter Ziffer 1 all diejenigen Baumaßnahmen aufgeführt wurden, die als zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes erforderlich angesehen wurden. Hinsichtlich dieser Maßnahmen wurde in der Vorauskunft zudem ausdrücklich erklärt, dass die damit zusammenhängenden Maßnahmen steuerlich bescheinigt werden können. Weiter wurde in der Vorauskunft unter Ziffer 2 ausgeführt, dass alle anderen Maßnahmen nicht steuerlich bescheinigt werden können, worunter eben auch das Wärmedämmverbundsystem – da nicht unter Ziffer 1 aufgeführt – zählt. Ergänzend wurde nochmals darauf hingewiesen, dass die Abstimmung nur zu den unter Ziffer 1 aufgeführten Maßnahmen hergestellt sei. Ein Einverständnis mit dem Wärmedämmverbundsystem wurde also seitens des Landesamtes für Denkmalpflege ganz offensichtlich nicht erteilt. Es ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, wie der Kläger hier dennoch zu der Annahme kommen kann, dass eine Abstimmung im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG vorgelegen habe. Das Landesamt für Denkmalpflege hat vielmehr mit der Vorauskunft vom 12. Februar 2015 eindeutig klar gemacht, bei welchen Maßnahmen es von der notwendigen Erforderlichkeit ausgeht und bei welchen nicht. Soweit der Kläger insbesondere in der mündlichen Verhandlung mehrmals betont hat, dass sämtliche Maßnahmen abgesprochen waren, ist das Gericht vielmehr der Überzeugung, dass der Kläger hier Fragen der Erteilung der Baugenehmigung mit solchen der steuerlichen Begünstigung miteinander vermengt. Das Landesamt für Denkmalpflege wurde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens beteiligt, da die Baugenehmigung im vorliegenden Fall aufgrund formeller Konzentrationswirkung auch die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis mit umfasste (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO, Art. 6 Abs. 3 BayDSchG). Ein Einverständnis mit den Baumaßnahmen im Rahmen der Baugenehmigung ist allerdings nicht mit demjenigen nach § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG gleichzusetzen, da hier völlig unterschiedliche Gesichtspunkte von Relevanz sind. Eine Baugenehmigung regelt nämlich gerade nicht, dass sämtliche Maßnahmen auch erforderlich im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften sind. Alleine aus der Erteilung der Baugenehmigung konnte der Kläger daher nicht davon ausgehen, dass die ausgeführten Baumaßnahmen auch als mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt gelten würden. Letztlich ist auch zu beachten, dass die Vorauskunft, mit der die Abstimmung zum Wärmedämmverbundsystem abgelehnt wurde, zeitlich nach der Baugenehmigung erteilt wurde.
Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich und wurden insoweit auch nicht geltend gemacht, dass sich der Kläger nach der Erteilung der Vorauskunft nochmals an das Landesamt für Denkmalpflege gewendet hat und versucht hat auch für die übrigen Punkte seines Maßnahmekonzepts eine Abstimmung im Sinne des § 7i Abs. 1 Satz 6 EStG zu erzielen.
Eine vorherige Abstimmung hinsichtlich der durchgeführten Maßnahmen mit dem Landesamt für Denkmalpflege hat folglich nicht stattgefunden.
b) Auf die Frage, ob die Ersetzung einer fehlenden, aber zu Unrecht nicht zustande gekommenen Abstimmung im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend die Grundlagenbescheinigung möglich ist oder aber der Kläger bereits vorab verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz hätte in Anspruch nehmen müssen, nachdem das Landesamt für Denkmalpflege das Einvernehmen zu dem Wärmedämmverbundsystem nicht erteilt hat, braucht vorliegend nicht näher eingegangen zu werden, da es jedenfalls auch an der Erforderlichkeit der Maßnahme für das äußere Erscheinungsbild fehlt (vgl. zu der aufgeworfenen Problematik BayVGH, U.v. 6.4.2017 – 2 B 17.142 – BeckRS 2017, 113699).
Soweit es sich – wie hier – um ein schützenswertes Ensemble (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG) handelt, regelt § 7i Abs. 1 Satz 4 EStG, dass Aufwendungen nur bescheinigt werden können, wenn die baulichen Maßnahmen nach Art und Umfang zur Erhaltung des schützenswerten äußeren Erscheinungsbildes erforderlich sind. Hieraus wird bereits deutlich, dass nicht nach außen hin sichtbare Maßnahmen gerade nicht steuerlich begünstigt werden können (vgl. dazu etwa auch die Bescheinigungsrichtlinien zur Anwendung der §§ 7i, 10f und 11b des Einkommensteuergesetzes aufgrund der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat und für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 22.2.2017). Ein Wärmedämmverbundsystem betrifft, wie es sich schon aus dem Wort selbst und auch aus dem Maßnahmekonzept des Klägers vom 22. Januar 2015 ergibt, die Dämmung von Gebäudeaußenwänden. Dem äußeren Erscheinungsbild ist ein solches Wärmedämmverbundsystem daher nicht zuzuordnen, da nur der darauf angebrachte Anstrich bzw. Putz nach außen hin sichtbar ist. Ausweislich der Excel-Tabelle (Bl. 58 der Behördenakte) wurde der Putz – der das äußere Erscheinungsbild betrifft – im Rahmen der Grundlagenbescheinigung berücksichtigt. Eine darüber hinausgehende Berücksichtigung des Wärmedämmverbundsystems kommt nicht in Betracht.
Seitens des Gerichts sei an dieser Stelle noch auf Folgendes hingewiesen: Der Umstand, dass andernfalls – wie vom Kläger behauptet – aufgrund der Tiefe der Fensterlaibungen eine Anpassung des Putzes erforderlich gewesen wäre, diese Kosten mit denjenigen des WDVS vergleichbar und in vollem Umfang bescheinigungsfähig gewesen wären, kann zu keiner anderen Bewertung führen. Wie der Kläger bereits selbst ausgeführt hat, hätte dies dann nur den nach außen sichtbaren Putz betroffen; eine Bescheinigung wäre daher logische Konsequenz gewesen. Da die Kosten aber nicht tatsächlich angefallen sind, der Kläger sich vielmehr für eine andere Ausführung entschieden hat, können diese auch nicht bescheinigt werden. Eine steuerliche Begünstigung fiktiver bescheinigungsfähiger Kosten widerspricht dem Sinn und Zweck des § 7i EStG. Die Vorschrift ist Ausdruck des gesetzgeberischen Willens, mit dem Mittel der Steuervergünstigung den spezifischen Belastungen Rechnung zu tragen, die das Denkmalschutzrecht mit sich bringt (vgl. dazu auch BayVGH, U.v. 6.4.2017 – 2 B 17.142 – BeckRS 2017, 113699).
Damit ist auch die zweite Voraussetzung für die Erteilung einer Grundlagenbescheinigung nicht erfüllt, vgl. § 7i Abs. 1 Satz 4 EStG.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.


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