Baurecht

Anhörungsrüge, Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen

Aktenzeichen  15 CS 21.3081

Datum:
28.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 1944
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 152a
VwGO § 162 Abs. 3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 6 S 21.1580 2021-09-17 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Auf die Rüge der Beigeladenen vom 8. Dezember 2021 wird das Verfahren 15 CS 21.2546 unter dem Aktenzeichen 15 CS 21.3081 insoweit fortgeführt, als es die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Nr. II Satz 2 des Beschlusses vom 24. November 2021 (15 CS 21.2546) über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen betrifft.
II. Nr. II Satz 2 des Beschlusstenors der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2021 („Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst“) wird aufgehoben. Im Übrigen bleibt die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2021 (15 CS 21.2546) aufrechterhalten.
III. Nr. II Satz 2 des Beschlusstenors der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2021 (15 CS 21.2546) erhält folgende Fassung:
„Die Klägerin hat die der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.“
IV. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Beigeladene rügt die Kostenentscheidung im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2021, soweit die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten für nicht erstattungsfähig erklärt wurden.
Durch Beschluss vom 24. November 2021 (15 CS 21.2546) hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. September 2021 (RN 6 S 21.1580), mit dem ihr Antrag abgelehnt wurde, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juli 2021 zugunsten der Beigeladenen anzuordnen, zurückgewiesen (Nr. I des Tenors). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden der Antragstellerin auferlegt (Nr. II Satz 1 des Tenors). In Nr. II Satz 2 des Tenors wurde ausgesprochen, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 5.000 Euro festgesetzt (Nr. III des Tenors).
Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2021 rügte die Beigeladene die Kostenentscheidung aus dem Beschluss vom 24. November 2021, soweit sie danach ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen habe. Entgegen den Ausführungen in den Beschlussgründen habe die Beigeladene mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2021 einen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde gestellt.
Die Beteiligten wurden mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2021 vom Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass der als Anhörungsrüge auszulegende Schriftsatz der Beigeladenen vom 8. Dezember 2021 begründet ist, weil der Schriftsatz der Beigeladenen vom 20. Oktober 2021 übersehen worden sei. Es sei deshalb beabsichtigt, die Kostenentscheidung entsprechend zu ändern. Stellungnahmen hierzu erfolgten nicht.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Akte im Verfahren 15 CS 21.2546 verwiesen.
II.
Die zulässige Anhörungsrüge ist begründet und der Rüge der Beigeladenen abzuhelfen.
1. Auf die zulässige Anhörungsrüge der Beigeladenen hin war das Beschwerdeverfahren 15 CS 21.2546 fortzuführen, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist (§ 152a Abs. 5 Satz 1 VwGO, § 4 Abs. 2 Nr. 5 VwGO-Statistik).
a) Die Anhörungsrüge der Beigeladenen ist zulässig.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in Nr. II Satz 2 des Beschlusses vom 24. November 2021, wonach die Beigeladene die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, beschwert die Beigeladene. Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel und kein anderer Rechtsbehelf gegeben (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO, § 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO).
Die Anhörungsrüge wurde von der anwaltlich vertretenen Beigeladenen am 8. Dezember 2021, also innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses vom 24. November 2021, schriftlich erhoben (§ 152a Abs. 2 Sätze 1 bis 5 VwGO). Der Bevollmächtigte der Beigeladenen hat die angegriffene Entscheidung bezeichnet und hinreichend dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO).
b) Die Anhörungsrüge der Beigeladenen ist auch begründet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör verletzt, weil er übersehen hat, dass die Beigeladene im Beschwerdeverfahren (15 CS 21.2546) einen Antrag gestellt hat. Dieser Verstoß wirkte sich auf die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in Nr. II Satz 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2021 (15 CS 21.2546) auch in entscheidungserheblicher Weise aus. Denn der Senat hätte die Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren zugunsten der Beigeladenen anders getroffen, wenn er den Sachantrag der Beigeladenen vom 20. Oktober 2021 zur Kenntnis genommen hätte (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO).
2. Da der Verwaltungsgerichtshof somit in entscheidungserheblicher Weise übersehen hat, dass die Beigeladenen im Beschwerdeverfahren 15 CS 21.2546 einen Antrag gestellt hat, ist der Rüge der Beigeladenen abzuhelfen, indem das Beschwerdeverfahren (unter dem neuen Aktenzeichen 15 CS 21.3081) fortgeführt wird, soweit dies aufgrund der Rüge der Beigeladenen geboten ist (§ 152a Abs. Satz 1 VwGO).
Geboten ist die Fortführung des Zulassungsverfahrens nur hinsichtlich der von der Beigeladenen gerügten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Erstattungsfähigkeit ihrer außergerichtlichen Kosten nach § 162 Abs. 3 VwGO in Nr. II Satz 2 des Beschlusstenors vom 24. November 2021 (15 CS 21.2546). Im Übrigen (Nr. I, Nr. II Satz 1 und Nr. III des Beschlusstenors vom 24.11.2021) verbleibt es bei der Entscheidung über die Beschwerde der Antragstellerin (§ 152a Abs. 5 Satz 4 VwGO, § 343 Satz 1 ZPO entsprechend).
Das Beschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens in die Lage zurückversetzt, in der es sich in dem Zeitpunkt befand, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten (§ 152a Abs. 5 Sätze 2 und 3 VwGO, § 150 i.V.m. § 101 Abs. 3 VwGO). Dies war bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 24. November 2021 möglich.
3. Unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Beigeladenen vom 20. Oktober 2021 war die Entscheidung in Nr. II Satz 2 des Beschlusstenors der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2021 im Verfahren 15 CS 21.2546 aufzuheben (§ 152a Abs. 5 Satz 4 VwGO, § 343 Satz 2 ZPO entsprechend) und an deren Stelle die (neue) Entscheidung zu treffen, dass die Antragstellerin die der Beigeladenen im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Beteiligten wurden mit Schreiben des Gerichts vom 29. Dezember 2021 darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, der Anhörungsrüge der Beigeladenen abzuhelfen. Äußerungen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin innerhalb der zur Stellungnahme gesetzten Zwei-Wochen-Frist erfolgten nicht.
Nach der Rechtsprechung des Senats entspricht es in baurechtlichen Nachbarstreitigkeiten der Billigkeit, dem nicht Rechtsmittel führenden, notwendig beigeladenen Bauherrn die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären, wenn er im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt hat und sich damit einem Kostenrisiko (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO) ausgesetzt hat (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 11.1.2022 – 15 CS 21.2913 – juris Rn. 39; B.v. 16.12.2021 – 15 CS 21.2578 – juris Rn. 26). Hiervon ausgehend sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen vorliegend erstattungsfähig, weil sie unter Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 20. Oktober 2021 einen förmlichen Sachantrag im Beschwerdeverfahren gestellt und sich damit einem Kostenrisiko gem. § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
Einer Kostenentscheidung für das Verfahren über die Anhörungsrüge bedarf es nicht.
Hinsichtlich der im Beschluss vom 24. November 2021 (15 CS 21.2546) getroffenen Kostenentscheidung in Nr. II Satz 1 des Tenors hat sich keine Änderung ergeben.
Für die Anhörungsrüge der Beigeladenen werden keine Gerichtskosten erhoben, weil die Festgebühr in Höhe von 66 Euro nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nur berechnet wird, wenn die Anhörungsrüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen wird; das ist hier nicht der Fall. Außergerichtliche Kosten sind im Verfahren der Anhörungsrüge ebenfalls nicht angefallen, weil die Anhörungsrüge gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b RVG zum Rechtszug gehört.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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