Baurecht

Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten (verneint), Gebietserhaltungsanspruch, Gebot der Rücksichtnahme, Gemengelage, Ermessensreduzierung auf Null, Nachbarklage, Zimmerei

Aktenzeichen  M 1 K 19.1764

Datum:
25.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 10512
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 2
BauGB § 35
BauNVO §§ 4, 5
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BayBO Art. 76

 

Leitsatz

1. I. Die Klage wird abgewiesen.
2. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
3. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I. Die Klage hat keinen Erfolg, da sie zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die Ablehnung bauaufsichtlichen Einschreitens durch Bescheid vom 11. April 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; er hat keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Maßgeblicher Zeitpunkt ist bei der Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
1. Entgegen der Auffassung des Beigeladenenbevollmächtigten ist ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht bereits deshalb ausgeschlossen, da der Firma des Beigeladenen zu 2) mittlerweile mit Bescheid vom 3. Dezember 2020 die begehrte Baugenehmigung erteilt wurde. Ein Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten käme auch bei einer genehmigungsabweichenden Nutzung in Betracht. Ferner sind im Rahmen des Verfahrens auf bauaufsichtliches Einschreiten auch solche Normen Prüfungsgegenstand, die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht geprüft wurden, vgl. Art. 55 Abs. 2 BayBO, und die deshalb grundsätzlich zur Begründung bauaufsichtlichen Einschreitens dienen können.
2. Der Kläger hat gleichwohl keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten gegenüber den Beigeladenen.
Ein Anspruch des Nachbarn auf bauaufsichtliches Einschreiten erfordert zum einen, dass er durch die bauliche Anlage in nachbarschützenden Rechten verletzt ist, zum anderen, dass das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde auf Null reduziert ist. Liegt eine Ermessensreduzierung auf Null nicht vor, hat der Kläger lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde sowie über Art und Weise des Einschreitens (BayVGH, B.v. 4.7.2011 – 15 ZB 09.1237 – juris Rn. 11; B.v. 7.9.2018 – 9 ZB 16.1890 – juris Rn. 6). Dabei gelten für die Ermessensausübung der Bauaufsichtsbehörde die allgemeinen Grundsätze (BayVGH, U.v. 4.12.2014 – 15 B 12.1450 – juris Rn. 21).
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Vorhaben verstößt schon nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts (a)). Ferner ist nicht ersichtlich, dass der Betrieb abweichend von der erteilten Genehmigung ausgeübt wird (b)).
a) Das mit Bescheid vom 3. Dezember 2020 genehmigte Vorhaben der Firma des Beigeladenen zu 2) verletzt keine nachbarschützenden Vorschriften gegenüber dem Kläger. Insoweit wird auf das Verfahren M 1 K 20.6867 und die dortigen Ausführungen im Urteil vom 25. Januar 2022 verwiesen. Deshalb besteht gegenüber dem genehmigten Vorhaben kein Anspruch auf Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde.
b) Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Betrieb abweichend von der erteilten Genehmigung so ausgeübt wird, dass sich ein Anspruch auf Einschreiten ergäbe. Dies hat auch der Kläger nicht substantiiert behauptet.
c) Da es somit bereits an der Grundvoraussetzung für einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten oder auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde fehlt, erübrigen sich Ausführungen zur Ermessensbetätigung durch den Beklagten.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entsprach der Billigkeit, dass der Kläger die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt, da diese einen Antrag stellten und sich somit einem Prozessrisiko aussetzten.
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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