Baurecht

Antragsgegner, Entwässerungseinrichtung, Verwaltungsgerichte, Sondervereinbarung, Abwassereinleitung, Verwaltungsakt, Öffentlich-rechtlicher Vertrag, Antragstellers, Aufschiebende Wirkung, Zwangsgeldandrohung, Gemeindegebiet, Vertreter der Gemeinde, Gemeindeeinrichtung, Gemeinderat, Anfechtungsklage gegen, Anschluss- und Benutzungsverhältnis, Kläranlagenausbau, Bescheid, Wasserrechtliche Genehmigung, Wasserrechtliche Erlaubnis

Aktenzeichen  Au 7 S 20.337

Datum:
21.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 1957
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 114
VwVfG Art. 54 ff.
VwZVG Art. 36
GO Art. 21 Abs. 1 Satz 1
GO Art. 24
§ 22 Abs. 1, § 15 Abs. 1, 2 der gemeindlichen Entwässerungssatzung

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage (Az. Au 7 K 20.336) gegen Ziffer 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 wird angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu vier Fünftel, die Antragsgegnerin zu einem Fünftel.
III. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die für sofort vollziehbar erklärten Einleitungsbeschränkungen von Fabrikabwässern in die gemeindliche Kanalisation sowie die Androhung von Zwangsgeld im Falle der Zuwiderhandlung.
1. Die Antragsgegnerin betreibt für ihr Gemeindegebiet eine öffentliche Entwässerungseinrichtung, deren Benutzung sie in ihrer Entwässerungssatzung (EWS), aktuell in der EWS vom 18. Oktober 2016, regelt. Sie ist mit dem Markt … und der Gemeinde … Mitglied des Abwasserzweckverbandes … (nachfolgend: AZV…). Die Verbandsmitglieder leiten das Abwasser ihrer öffentlichen Entwässerungseinrichtungen über den Hauptsammler der Verbandskläranlage zu, in der das eingeleitete Abwasser behandelt und anschließend in die … eingeleitet wird. Die Verbandskläranlage wurde 1981 fertiggestellt und wies damals eine Kapazität von 9.000 Einwohnergleichwerten berechnet nach BSB5 (EGW BSB5) auf.
Am 1. August 1981 wurde die auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin (Fl.-Nr.,,,,, … und … der Gemarkung …) von der Firma … betriebene Fabrik für … (nunmehr: … GmbH & Co KG, nachfolgend: … GmbH & Co KG) über das Grundstück Fl.-Nr. … der Gemarkung … an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen. Ab 2002 wurde die Verbandskläranlage unter Beachtung des Produktionsabwassers der Firma … für eine Ausbaugröße von 18.500 Einwohnerwerten (EW BSB5) nach dem Belebtschlammverfahren mit gemeinsamer aerober Schlammstabilisierung und simultaner Phosphatfällung ausgebaut. Da die Firma … damals die Hauptproduktion in den warmen Sommermonaten hatte (Abfüllung von Fruchtsäften), wurde bei der Erweiterungsplanung der Kläranlage eine erhöhte Sommerspitze mit 25.500 EW BSB5 berücksichtigt. Für die …fabrik … wurde ein Einleitungskontingent von 7.000 EGW BSB5 im Winterbetrieb und 14.000 EGW BSB5 Im Sommerbetrieb eingeplant (Schreiben des Wasserwirtschaftsamtes …WWA vom 24.10.2003, Bl. 173 der Gerichtsakte). Die Grundlagenermittlung und die Bemessung der Kläranlage erfolgten nach dem damals gültigen Regelwerk ATV-A 131 (2000). Am 3. April 2008 erteilte das Landratsamt … die bis 31. Dezember 2022 gültige gehobene wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung des in der Kläranlage behandelten Abwassers in die … („Kläranlagengenehmigung“). Die gehobene wasserrechtliche Erlaubnis wurde hinsichtlich des am Ablauf der Kläranlage einzuhaltenden Wertes des Chemischen Sauerstoffbedarfes (CSB-Wert) in Höhe von 25,0 mg/l (Ziffer 1.3.1.2 des Bescheids vom 3.4.2008) mit Bescheid vom 3. September 2009 geändert (Festsetzung des CSB-Wertes auf 35,0 mg/l); zuletzt wurde der CSB-Wert mit Bescheid des Landratsamtes … vom 19. Dezember 2018 auf 60 mg/l festgesetzt.
In der Verbandssatzung des AZV… vom 3. Dezember 2001 (außer Kraft getreten am 2.12.2020) wurde in § 19 Abs. 4 festgelegt, dass die Antragsgegnerin, ausgehend von der genehmigten Ausbaugröße der Kläranlage von 18.500 EW BSB5, der Kläranlage bei einer Berechnungstemperatur von 12 Grad (Winterbetrieb) eine Schmutzfracht von maximal BSB5 600 kg/d, was 10.000 EGW BSB5 entspricht, zuleiten darf (Markt … maximal 6.600 EGW, Gemeinde … maximal 1.900 EGW). Weiter wurde festgelegt, dass sich diese Kapazitätsanteile im gleichen Verhältnis erhöhen, sollte die Kapazität der Anlage durch die Erhöhung der Abwassertemperatur (Sommerbetrieb) steigen (§ 19 Abs. 5).
In der aktuellen Verbandssatzung des AZV…… vom 13. November 2020 (genehmigt durch das Landratsamt … mit Bescheid vom 12.11.2020, Bekanntmachung im Amtsblatt des Landkreises … vom 01.12.2020) werden die auf die drei Verbandsmitglieder entfallenden Kapazitätsanteile (Mengengerüste auf Basis BSB5) differenzierter geregelt (s. § 5 Abs. 1 Satz 2 Spalte 1 bis 5). Ausgehend von der genehmigten Kapazität der Kläranlage im Winter von 18.500 EW BSB5 wird in Spalte 1 (EW-Winterbetrieb, 12 Grad) das den Verbandsmitgliedern zustehende Mengengerüst auf Basis BSB5 ausgewiesen; danach steht der Antragsgegnerin eine Kapazität von 10.000 EW zu, was nach Spalte 2 54 v.H. entspricht. Im Unterschied zur Verbandssatzung vom 3. Dezember 2001 wird die im Sommerbetrieb um 7.000 EW BSB5 erhöhte Leistungsfähigkeit der Kläranlage (25.500 EW BSB5) allein der Antragsgegnerin zugeteilt, der danach im Sommerbetrieb ein Mengengerüst von 17.000 EW zusteht (siehe § 5 Abs. 1 Satz 2 Spalte 3, Satz 3). § 5 Abs. 1 Satz 4 legt fest, dass die v.H.-Verhältnisse der Verbandsgemeinden nach den Spalten 2 und 5 unverändert bleiben, soweit ein künftiger wasserrechtlicher Erlaubnisbescheid eine neue Berechnungsbasis für die Anlagenkapazität festlegt. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 5 verpflichten sich die Verbandsmitglieder gegenüber dem AZV… und untereinander, ihre Mengengerüste nicht zu überschreiten, wobei die fahrlässige Überschreitung bußgeldbewehrt ist (§ 31).
Der Antragsteller und sein Sohn … sind Miteigentümer der auf dem Gemeindegebiet der Antragsgegnerin gelegenen Grundstücke, auf denen die … GmbH & Co KG (vormals Firma …) eine Fabrik für … betreibt. Die Grundstücke sind an die … Gmbh & Co KG vermietet. Mit Wirkung zum 30. Dezember 2013 hat der Antragsteller (damaliger Alleineigentümer) einen Miteigentumsanteil an den genannten Grundstücken an seinen Sohn übertragen.
Die …fabrik wurde am 1. August 1981 an die öffentliche Entwässerungseinrichtung angeschlossen. Eine Sondervereinbarung über ein besonders Benutzungsverhältnis wurde zum damaligen Zeitpunkt nicht abgeschlossen, obwohl die …fabrik schon damals als abwasserintensive Einleiterin im Sinne des § 4 Abs. 4 EWS 1979 angesehen wurde und mit 1600 EGW bei der 1981 fertiggestellten Kläranlage eingeplant war. Der von der Antragsgegnerin gegenüber der Firma … erlassene Bescheid vom 22. Januar 1986 führte zu einem Rechtsstreit, in dessen Zentrum die mit diesem Bescheid (Ziffer I.2.) u.a. verfügte Einleitungsbeschränkung (maximal 1.600 EGW) stand, die von den Gerichten für rechtens erachtet wurde (siehe VG Augsburg, U.v. 11.5.1988, Az. Au 5 K 86 A.881; BayVGH, B.v. 27.1.2004 – 4 B 99.1646 – juris). Im Laufe dieses Rechtsstreits (während des ruhenden Berufungsverfahrens) und anlässlich der ab 2002 durchgeführten Erweiterung der Gemeinschaftskläranlage schlossen der Antragsteller und die Antragsgegnerin am 30. April 2003 eine (schriftliche) Sondervereinbarung über erweiterte Einleitungskapazitäten unter finanzieller Beteiligung an den Baumaßnahmen ab und erklärten dann den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. Mit dem o.g. Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 27. Januar 2004 (Az. 4 B 99.1646, juris) wurde daraufhin das Verfahren eingestellt und der Klägerin (Firma …) die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
§ 1 der Sondervereinbarung vom 30. April 2003 lautet: „Herr … als Grundstückseigentümer der Flur-Nr. … der Gemarkung … beantragt und erhält im Zuge des Kläranlagenausbaus des Zweckverbands … gemäß den genehmigten Plänen des Ing.-Büros … vom 16.04.2002 eine Einleitungskapazität von 7.000 EGW Winterbetrieb bzw. 14.000 EGW Sommerbetrieb. Er beteiligt sich an dieser Maßnahme mit einer Baukostensumme von € 306.000.-.“ Nach § 5 der Sondervereinbarung gilt bezüglich des Anschluss- und Benutzungsverhältnisses im Übrigen das Ortsrecht der Antragsgegnerin in der jeweils gültigen Fassung.
Nach Inbetriebnahme der (erweiterten) Verbandskläranlage hat sich das Produktionsspektrum der von der Firma … betriebenen …fabrik dergestalt geändert, dass in den Herbst- und Wintermonaten Wintergemüse verarbeitet wird, verschiedene Mischsalate hergestellt werden und eine Anlage zur Fermentation von Sauerkraut errichtet wurde. Dies führte und führt erntebedingt zu einer Verschiebung der Abwasserspitze der Firma … in die kalten Herbst- und Wintermonate und aufgrund zu hoher Zulaufbelastungen zur Überschreitung der im Bescheid vom 3. April 2008 festgelegten Auslegungsfracht der Kläranlage, also zu einem Betrieb der Kläranlage außerhalb der wasserrechtlichen Genehmigung. Die Ablaufgrenzwerte konnten aber eingehalten und die gesetzlichen Mindestanforderungen weit unterschritten werden. Eine Auswertung der Betriebsaufzeichnungen (Betriebstagebücher 2014 bis 2018) ergab für die belastungsstärkste Jahreszeit (Winter) eine maßgebliche Belastung der Kläranlage mit 29.000 EW BSB5. Zudem traten immer wieder kurzzeitig Spitzen auf, die bis über 40.000 EW BSB5 betrugen. Auch waren die pH-Schwankungen des eingeleiteten Abwassers sehr ausgeprägt, und es wurde auch Abwasser eingeleitet, das entgegen § 15 Abs. 2, Ziff. 11 dritter Spiegelstrich der EWS der Antragsgegnerin einen pH-Wert von unter 6,5 aufweist. Die aufgrund solcher Einleitungen an der Kläranlage aufgetretenen Gefahren für deren sicheren Betrieb wurden im Einzelfall durch zwischen dem Kläranlagenpersonal und der Firma … abgestimmte Maßnahmen abgewendet. Dem Antragsteller und/oder seinem Sohn wurde über Jahre hinweg mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin nicht mehr bereit sei, derartige Einleitungen, die das der Antragsgegnerin zustehende Kontingent und die Anlagenkapazität überschreiten, hinzunehmen. Der Antragsteller und/oder sein Sohn wurden mehrfach aufgefordert, die geforderten Messeinrichtungen abnehmen zu lassen und in Betrieb zu nehmen sowie aussagekräftige Entwässerungspläne vorzulegen, die nach den umfangreichen Umbaumaßnahmen im Betrieb der Firma … dringend erforderlich seien. Es wurde darauf hingewiesen, dass durch die dauerhafte Überschreitung der Anlagenkapazität nicht nur die im wasserrechtlichen Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Werte überschritten würden, sondern auch jegliche bauliche Weiterentwicklung in den Mitgliedgemeinden des AZV… ausgeschlossen sei (s. E-Mails im Zeitraum Oktober 2016 bis November 2018, vorgelegt von der Antragsgegnerseite mit Schriftsatz vom 24.4.2020 als Anlagen AG 2 bis 9).
Die Gespräche zwischen den Parteien über die Fortentwicklung der Entwässerungssituation führten zur Vorlage der von der … GmbH & Co KG beauftragten und vom Büro … ausgearbeiteten „Studie zur künftigen Abwasserentsorgung der … GmbH & Co KG unter Beachtung der Kapazität der kommunalen Abwasseranlagen und der Reststoffentsorgung“ vom 12. Juni 2018 (vorgelegt vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 24.2.2020 als ASt 9). In dieser Machbarkeitsstudie wird unter Berücksichtigung des aktuellen Arbeitsblattes DWA-A 131 vom Juni 2016 (insbesondere Umstellung der Bemessung des BSB5 auf den CSB) dargelegt, dass die Verbandskläranlage für die Mischung aus kommunalem Abwasser und Produktionsabwasser mit 28.000 EW CBS als 4-Wochenmittel belastbar sei. Voraussetzung sei dabei u.a die Begrenzung des Mischwasserzuflusses zur Kläranlage auf unter 270 m³/h bzw. 75 l/s. Um die rechnerischen Kapazitäten nutzen zu können, habe die Firma … u.a. eine Vergleichsmäßigung der Einleitung durch ein Misch- und Ausgleichsbecken mit Umstellung der Abwasserneutralisation auf Kalkmilch sowie eine getrennte Ableitung ihrer Produktionsabwässer zur Kläranlage mittels Druckleitung umzusetzen. Zur Veranlassung (Hintergrund) dieser Machbarkeitsstudie (unter Punkt 1.) wird auf die durch die Umstellung des Produktionsspektrums (Verarbeitung von Wintergemüse) bedingte Verschiebung der Abwasserspitze der Firma … in die kalten Herbst- und Wintermonate hingewiesen. Bereits Anfang 2012 seien Voruntersuchungen zur Vorbehandlung des hochbelasteten Abwassers aus der Rote-Bete-Produktion durchgeführt worden. Im April 2012 seien mit dem 1. Bürgermeister der Antragsgegnerin und dem Planungsbüro … verschiedene Maßnahmen der Optimierung und Kapazitätserweiterung der Kläranlage besprochen worden. Im Rahmen der Prüfungen zum Anschluss der Gemeinde … sei festgestellt worden, dass die Kläranlage entsprechend dem Stand der Technik (damals ATV-A 131, 2000) überbelastet und kein weiterer Anschluss möglich sei. In der Folge seien auch Erweiterungen und Neubaugebiete der Verbandsmitglieder mit dem Hinweis der nicht gesicherten Abwasserentsorgung bewertet worden.
Auf der Grundlage dieser Machbarkeitsstudie fand am 25. Juli 2018 eine Gesprächsrunde unter Beteiligung u.a des Antragstellers und seines Sohnes sowie Vertretern der Antragsgegnerin, des AZV… und des Wasserwirtschaftsamtes … statt, um zum einen wirksame Sofortmaßnahmen zur Entlastung der Kläranlage und zum anderen mittelfristige Lösungen hinsichtlich der Realisierung weitergehender technischer Maßnahmen entsprechend der Machbarkeitsstudie des Büros … vom 12. Juni 2018 zu vereinbaren (s. Protokoll der Besprechung vom 25.7.2018, vorgelegt vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 24.2.2020 als ASt 22.).
Mit Schreiben der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 8. März 2019 (Bl. 2 bis 4 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin) wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Erlass eines sofort vollziehbaren Bescheids angehört, der auf der Basis der Vereinbarung vom 30. April 2003 die Einleitungskapazität sowie die Einhaltung der Einleitungsbedingungen gemäß § 15 der EWS der Antragsgegnerin, insbesondere des zulässigen pH-Wertes, regeln werde. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es in der Vergangenheit und auch in diesem Winter zu Überschreitungen der Einleitungskapazität gekommen sei. Beispielsweise habe im Februar 2019 die Einleitungskapazität vom Grundstück des Antragstellers 19.000 EGW betragen. Zwar habe sich der pH-Wert des Abwassers verbessert, entspreche aber nach wie vor nicht den Vorgaben der EWS. Nur durch die Einstellung der Produktion der Firma … im Januar habe ein Schlammabtrieb und erheblicher Schaden für die Anlage und die Umwelt verhindert werden können. Für die Zukunft sei es kein vertretbarer Weg, nur auf Notsituationen zu reagieren, ohne das Problem der im Betrieb des Antragstellers anfallenden Abwassers und der Überschreitung der Einleitungskapazität grundsätzlich zu lösen. Mit der am 28. Februar 2019 vorgelegten Schmutzfrachtberechnung von … werde offenbar versucht, die bestehende Kläranlage auf 28.000 EW CSB nachzuweisen. … gehe bei der Firma … von 17.000 EW CSB aus, was umgerechnet auf BSB5 noch immer mindestens 10.000 EW entspreche. Tatsächlich leite die Firma … weitaus mehr ein und würde auch bei dieser Berechnung die Kläranlage im Wesentlichen für sich allein beanspruchen. Eine Zustimmung insbesondere der Gemeinden … und … werde hierzu sicher nicht erteilt werden.
Im Zuge weiterer Gespräche wurde die von der … GmbH & Co KG beauftragte Studie des Büros … vom 17. Juli 2019 („Vorbehandlung des Produktionsabwassers der … GmbH & Co KG mittels belüftetem Misch- und Ausgleichsbecken – Vorplanung als Grundlage zur weiteren Abstimmung“) vorgelegt. Unter dem 28. August 2019 erfolgte die Ergänzung „Abgestimmter Kläranlagenbetrieb für die Übergangszeit – vorab als erster Entwurf zur weiteren Abstimmung“ (vorgelegt vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 24.2.2020 als ASt 12 und 13).
Am 4. September 2019 fand eine Besprechung statt, an der der Antragsteller und sein Sohn (…), der 1. Bürgermeister der Antragsgegnerin sowie Vertreter der Gemeinden … und, der Betriebsleiter des AZV… sowie Mitarbeiter der Büros … und … teilnahmen. Dabei wurde vereinbart, dass die Unterlagen für den Änderungsantrag Kläranlagenüberrechnung auf der Basis Mischwasserzufluss von 130 l/s am 18. September 2019 bereitgestellt werden. Hinsichtlich eines kurzfristigen Handlungskonzepts wurde vereinbart, dass für eine einmalige Übergangsphase zwischen der Geschäftsführung der Firma … und der Antragsgegnerin eine vertragliche Vereinbarung abgeschlossen werden solle, um einen technisch gesicherten (Bestimmung von Wächterwerten für die Festlegung einer Ampelregelung) und durch die Fachbehörden (Landratsamt, Wasserwirtschaftsamt …) geduldeten Kläranlagenbetrieb zu erreichen (s. Ergebnisprotokoll vom 4.9.2019, Bl. 12 bis 17 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin).
Mit dem Änderungsantrag vom 18. September 2019 (vorgelegt vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 24.2.2020 als ASt 16) beantragte der AZV… beim Landratsamt … die „Anpassung der Kapazität der Kläranlage auf der Grundlage des Arbeitsblattes DWA-A 131, 2016 (Änderung der wasserrechtlichen Erlaubnis vom 3.4.2008, zuletzt geändert mit Bescheid vom 19.12.2018). In diesem Antrag wird dargestellt, dass die Kapazität der Kläranlage bei einem Mischwasserzufluss von 468 m³/h (130 l/s) und unter Beachtung der speziellen Abwassereigenschaften mit einer CSB-Fracht (roh) von 2980 kg/d, entsprechend 24.833 EW CSB, nachgewiesen werde. Eine Entscheidung des Landratsamtes über diesen Änderungsantrag ist nach Aktenlage noch nicht ergangen.
Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der … GmbH & Co KG, der, wie in der Besprechung am 4. September 2019 vereinbart, für eine Übergangsphase Regelungen zur Einleitung des Fabrikabwassers treffen sollte, kam in der Folgezeit nicht zustande. Ein erster Entwurf wurde von der Antragstellerseite am 23. September 2019 vorgelegt (Bl. 36 bis 43 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin). Einen überarbeiteten Entwurf legte die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin am 21. Oktober 2019 vor (Bl. 46 bis 54 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin) und teilte der Antragstellerseite (E-Mail vom 21.10.2019, Bl.44/45 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin) u.a. mit, dass die vorgenommenen Änderungen in vielen Punkten darauf beruhten, dass die Antragsgegnerin mit diesem Vertrag der Firma … nicht neue Rechte einräume, sondern lediglich bereit sei, eine Einleitung, die über die Vereinbarung vom 30. April 2003 hinausgeht, unter bestimmten Umständen zu dulden. Eine Unterzeichnung des Vertrages könne nur und erst dann stattfinden, wenn Landratsamt und Wasserwirtschaftsamt zustimmen. Mit Schreiben vom 7. November 2019 benannte der Bevollmächtigte des Antragstellers mehrere Kernpunkte des Vertragsentwurfs vom 21. Oktober 2019, denen seine Mandantschaft nicht zustimme. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass diese Fokussierung kein Einverständnis mit den weiteren Überarbeitungen und Ergänzungen darstelle.
Am 20. November 2019 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin u.a., dass für den Fall, dass bis 15. Dezember 2019 keine Vertragsunterzeichnung erfolge, die vorbereiteten und im Anhörungsverfahren befindlichen Bescheide auszufertigen und förmlich zuzustellen seien.
Zum zugeleiteten Vertragsentwurf in der von der Antragsgegnerin überarbeiteten Fassung vom 21. Oktober 2019 teilte das Wasserwirtschaftsamt mit Schreiben vom 26. November 2019 im Wesentlichen mit, dass es nicht zuständig sei, in das Binnenverhältnis zwischen der Antragsgegnerin und der Firma, die als Starkverschmutzer ihr Abwasser an die öffentliche Kanalisation abgibt, einzugreifen. Es könne nur beratend, bezogen auf Aspekte, die sich auf die Ablaufqualität der Kläranlage beziehen, tätig werden. Die unter § 1 des Vertragsentwurfs genannten Parameter („abfiltrierbare Stoffe“ und „Sichttiefe“) bzw. die ihnen jeweils zugeordneten Wertschwellen seien aus wasserwirtschaftlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Vertragsentwurf stelle aber allenfalls ein Element eines noch vorzulegenden Notfallkonzeptes für den Fall einer Überlastung der Kläranlage dar. Die im Schreiben des Wasserwirtschaftsamtes vom 27. Juni 2018 zum Bebauungsplan Nr. … geäußerten Bedenken könnten durch den Abschluss einer Vereinbarung wie der gegenständlichen nicht ausgeräumt werden.
Aus zwei Aktenvermerken zu Telefonaten des AZV… mit dem Wasserwirtschaftsamt am 26. November und 28. November 2019 (Bl. 129, 130 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin) geht hervor, dass das Wasserwirtschaftsamt u.a. auf die Geltung des aktuellen Wasserrechtsbescheides, in dem 18.500 EW als Maximum festgelegt seien, sowie auf seine abschlägigen Stellungnahmen zu Baugebieten und dem Gewerbegebiet in Sand verwiesen habe.
Mit Schreiben vom 29. November 2019 teilte die Antragsgegnerseite der Antragstellerseite mit, dass nach telefonischer Auskunft des Wasserwirtschaftsamtes keine Bereitschaft bestehe, den Betrieb der Kläranlage mit einer Belastung von mehr als den wasserrechtlich genehmigten 18.500 EGW ausdrücklich zu dulden. Vor diesem Hintergrund sei der Abschluss eines Vertrages auf der bisherigen Verhandlungsgrundlage nicht möglich.
2. Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 wurde dem Antragsteller untersagt, vom Grundstück Flur-Nr. … der Gemarkung … Abwasser, das mehr als 7.000 Einwohnergleichwerte, gemessen in BSB5 (EGW BSB5), im Winterbetrieb (vom 01.11. – 30. 04 eines Jahres) oder 14.000 EGW BSB5 im Sommerbetrieb (01.05 – 31.10. eines Jahres) aufweist, in das Entwässerungssystem der Gemeinde einzuleiten (Ziffer 1 Satz 1). Dem Antragsteller wurde weiter untersagt, vom Grundstück Flur-Nr. … der Gemarkung … Abwasser, das einen ph-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweist, in das gemeindliche Entwässerungssystem einzuleiten (Ziffer 1 Satz 2). In Ziffer 2 wurde die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 angeordnet. Für den Fall, dass die Verpflichtungen gemäß Ziffer 1 nicht innerhalb von vier Tagen nach Zustellung dieses Bescheids erfüllt werden, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 Euro angedroht (Ziffer 3).
Zur Begründung des Bescheids wurde im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage für die Anordnung sei § 22 EWS. Mit der Sondervereinbarung vom 30. April 2003 sei ein Benutzungsverhältnis für 7.000 EGW im Winterbetrieb und für 14.000 EGW im Sommerbetrieb begründet worden, für welches das Ortsrecht der Antragsgegnerin gelten solle. Tatsächlich werde über die Kapazität und den genehmigten Bestand der Kläranlage hinaus eingeleitet. Dadurch komme es zu einer Gefährdung der Einrichtung sowie zu einer Erschwerung, Behinderung und Kostenmehrbelastung des Betriebs der Entwässerungseinrichtung, § 15 Abs. 1, 2. und 3 Spiegelstrich der EWS. Zudem bestehe die Gefahr von schädlichen Umweltauswirkungen, § 15 Abs. 1, 5. Spiegelstrich der EWS. Der Antragsteller („die Herren …“) verstoße mit der Einleitung gegen das Einleitungsverbot. Zur Einhaltung des Einleitungsverbots sei die Anordnung gemäß § 22 Abs. 1 EWS zulässig und aufgrund der zahlreichen Verstöße in der Vergangenheit begründet.
Die Anordnung sei auch verhältnismäßig. Der Antragsteller habe die Möglichkeit, Vorkehrungen in den Betriebsabläufen zu treffen, um das mit der Sondervereinbarung erhaltene Kontingent tatsächlich einzuhalten. Solche Vorkehrungen könnten auch kurzfristig ergriffen werden. So könne z.B. das Abwasser abgefahren werden, was seit einiger Zeit auch tatsächlich praktiziert werde.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragsgegnerin bei einer Überschreitung der Einleitungsmenge zur Verhinderung von Umweltschäden und zum Schutz der Einrichtung und um einen rechtswidrigen Anlagenbetrieb abwenden zu können, sofort und sicher müsse handeln können. Zwar seien in der Vergangenheit Notfalllösungen in Abstimmung mit den Herren … gefunden worden. Es sei der Antragsgegnerin jedoch nicht zumutbar, auf die Verfügbarkeit der Herren … und deren Kooperation angewiesen zu sein.
Dem Bescheid war als Anlage ein Geheft mit Betriebsaufzeichnungen aus dem Zeitraum Januar 2018 bis Januar 2020 beigefügt, die Überschreitungen der vereinbarten Einleitungskapazität und das jeweilige Nichteinhalten der in der Satzung festgelegten pH-Werte ausweisen.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 18. Februar 2020 zugestellt.
3. Am 25. Februar 2020 ließ der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 13. Februar 2020 erheben, die beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg unter dem Aktenzeichen Au 7 K 20.336 geführt wird.
Ebenfalls am 25. Februar 2020 wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt:
I.
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen Ziffer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 wird wiederhergestellt.
II.
Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers gegen Ziffer 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 wird angeordnet.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung seitens der Antragsgegnerin sei bereits formell rechtswidrig, da das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 3 VwGO nicht dargelegt worden sei. Es sei weder erkennbar, dass die Interessen des Antragstellers bei dieser Entscheidung überhaupt berücksichtigt worden seien, noch werde die besondere Eilbedürftigkeit in der aktuellen Situation dargelegt, obwohl dies, gerade vor dem Hintergrund einer bis jetzt andauernden und jahrelang im Grundsatz unveränderten Situation der Abwassereinleitung durch die gewerbliche Mieterin des Antragstellers zwingend erforderlich gewesen wäre.
Auch die erforderliche Interessenabwägung führe unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage zu dem Ergebnis, dass die Interessen des Antragstellers das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegen.
Der Bescheid vom 13. Februar 2020 sei in Ziffer 1 rechtswidrig.
Selbst wenn mit der Antragsgegnerin die Wirksamkeit der Sondervereinbarung vom 30. April 2003, was aber nicht der Fall sei, unterstellt werde, bestehe für die Anordnung aus Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids bereits keine Rechtsgrundlage. Es sei allgemein anerkannt, dass Rechte und Pflichten aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne von Art. 54 VwVfG, als solcher sei die Sondervereinbarung auch unstreitig einzuordnen, durch beide Vertragsparteien nur klageweise geltend gemacht und nicht mittels Verwaltungsakt oder unmittelbar durch Verwaltungszwang durchgesetzt werden können.
Die Sondervereinbarung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin sei aufgrund eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von Art. 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB i.V.m. § 7 Abs. 1 EWS nichtig und damit von Beginn an unwirksam gewesen. Nach § 7 EWS sei eine Sondervereinbarung nur zulässig, wenn kein Anschluss- und Benutzungszwang bestehe. Entgegen der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid bestehe das Benutzungsrecht des Antragstellers aus § 4 Abs. 1 EWS weiterhin grundsätzlich unbeschränkt und sei nicht aufgrund von § 4 Abs. 3 Nr. 1 EWS ausgeschlossen. Der AZV… bringe in seinem Änderungsantrag vom 18. September 2019 (Anpassung der Kapazität der Kläranlage auf der Grundlage des Arbeitsblattes DWA-A 131, 2016) unmissverständlich zum Ausdruck, dass das im Vergleich zum kommunalen Abwasser biologisch leichter abbaubare Abwasser der … Gmbh & Co KG auch günstige Auswirkungen auf die Kläranlage habe. Auch die Übernahme der Abwassermenge vom Grundstück des Antragstellers sei ohne weiteres möglich, wie die Handhabung der vergangenen Jahre deutlich zeige. Auch liege die kumulativ erforderliche Voraussetzung des § 4 Abs. 3 Nr. 1 EWS, dass ein Einleitungsverbot nur dann bestehe, wenn das Abwasser „besser von demjenigen behandelt wird, bei dem es anfällt“, nicht vor. Diese Bestimmung stelle auf die tatsächliche Behandlung des Wassers durch den Einleitenden und nicht auf eine bloß mögliche Behandlung ab. Die … GmbH & Co KG behandle das in die gemeindliche Kanalisation eingeleitete Abwasser, abgesehen von einer pH-Neutralisation, gar nicht und sei hierzu auch nicht verpflichtet. Der Abschluss der Sondervereinbarung sei daher unzulässig gewesen, da die lediglich an die Gemeinde gerichtete Regelung aus § 7 EWS implizit das Verbot enthalte, einem nach der EWS umfassend benutzungsberechtigten Grundstückseigentümer ergänzende, einschränkende Regelungen mittels gesonderter Vereinbarung aufzuerlegen.
Aufgrund der Unwirksamkeit der Sondervereinbarung bestehe ein umfassendes Benutzungsrecht des Antragstellers nach § 4 Abs. 1 EWS, so dass zwar § 22 Abs. 1 EWS grundsätzlich als taugliche Rechtsgrundlage angesehen werden könne, deren Tatbestandsvoraussetzungen lägen aber nicht vor.
Ein Kapazitätsengpass, der durch Beschränkung des grundsätzlich unbeschränkten Einleitungs- bzw. Nutzungsrechts behoben werden könne, bestehe in der vorliegenden Situation nicht. Denn die im Änderungsantrag des AZV… vom 18. September 2019 dokumentierte Umrechnung der veralteten BSB5-Werte auf die aktuell gültigen CSB-Werte bezogen auf die Schmutzfracht führe zu einer erheblichen (rechnerischen) Kapazitätssteigerung der Kläranlage mit Kapazitätsreserven, so dass keine Kapazitätsengpässe der Anlage (mehr) bestünden.
Die bloße Einleitung von Abwasser über einem bestimmten EGW BSB5-Wert stelle keine Einleitung von „Stoffen“ im Sinne des § 15 Abs. 1 EWS und damit keinen Verstoß gegen die EWS dar, so dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1 EWS nicht vorlägen. Zudem setze die Antragsgegnerin ihre Betreiberpflichten nicht ordnungsgemäß um (fehlende Betriebsanweisung, unzureichender Notfallplan, nicht voll funktionsfähige Lüfter, unzureichende Vorkehrungen hinsichtlich des Einsatzes ergänzender Betriebsmittel betreffend pH-Wert-Einstellung oder Bekämpfung von Fadenbakterien).
Ebenfalls rechtswidrig sei die Anordnung in Ziffer 1 Abs. 2 des Bescheids, da sie eine über die in der EWS eingeräumte Beschränkungsbefugnis hinausgehende Regelung enthalte, die praktisch unmöglich umzusetzen sei.
Nach § 15 Abs. 2 Nr. 11 dritter Spiegelstrich EWS bestehe ein Einleitungsverbot für „Abwasser aus Industrie- und Gewerbebetrieben“, das einen pH-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweise. Die Anordnung in Ziffer 1 Abs. 2 des Bescheids enthalte aber gerade keine Beschränkung auf rein tatsächliches betriebliches Abwasser, welches von der Mieterin des Antragstellers eingeleitet werde und erfasse damit auch Regenwasser bzw. Mischwasser aus Ab- und Regenwasser, wie es vom Grundstück des Antragstellers zulässigerweise in das gemeindliche Entwässerungssystem eingeleitet werde. Normaler Regen habe einen pH-Wert von 5,5 bis 5,7, saurer Regen sogar einen pH-Wert zwischen 4,2 und 4,8. Solches Regen- und Mischwasser sei aus der Einleitungsbeschränkung des § 15 Abs. 2 Nr. 11 dritter Spiegelstrich EWS bewusst ausgenommen worden.
Der Bescheid sei auch deswegen rechtswidrig, weil die Antragsgegnerin das ihr durch § 22 Abs. 1 EWS eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt habe (sog. Ermessensausfall) Ziffer 1 des Bescheids sei auch unverhältnismäßig, insbesondere seien die Anordnungen weder geeignet noch erforderlich.
Wegen fehlender Bestimmtheit der Zwangsgeldandrohung und der zu kurzen Frist von vier Tagen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus Ziffer 1 sei auch der Antrag zu 2, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen Ziffer 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 anzuordnen, begründet.
Die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 24. April 2020,
den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller gehe offenbar davon aus, dass er Abwasser in beliebiger Menge in das Entwässerungssystem einleiten dürfe, solange – auch unter zusätzlichem Aufwand für den Zweckverband – es nicht zu einer Umweltgefährdung und Schaden komme. Bei diesen Überlegungen übersehe er jedoch, dass die Anlage nur entsprechend ihrer Genehmigung betrieben werden dürfe und dass ihm, wie auch der Antragsgegnerin, nur beschränkte Kontingente für die Einleitung von Abwasser zustehen.
Der streitgegenständliche Bescheid sei nicht rechtswidrig.
Mit der Sondervereinbarung vom 30. April 2003 sei ein besonderes Benutzungsverhältnis bezogen auf die dort geregelte Einleitungskapazität begründet worden. Für eine Einleitung, die diese Kapazität überschreite, gelte die Satzung. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid setze die Antragsgegnerin daher nicht Rechte aus dem Vertrag durch, sondern Rechte aus der Satzung.
Die Sondervereinbarung sei nicht nichtig. Hierzu werde auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Augsburg (U.v. 11.5.1988, Az. Au 5 K 86.A.881) und des BayVGH (B.v. 27.1.2004, Az. 4 B 99.1646) verwiesen. Der Abschluss der Sondervereinbarung sei daher auch nicht unzulässig gewesen, vielmehr sei er in § 7 EWS gerade vorgesehen.
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 EWS seien gegeben. Dem Antragsteller stehe kein umfassendes Einleitungsrecht zu. Es sei auch nicht richtig, dass eine Beschränkung eines Einleitungsrechts einer öffentlichen Einrichtung im Sinn von Art. 21 GO nur in Betracht komme, wenn tatsächlich ein Engpass bestehe. Selbst wenn die beantragte Umrechnung, die zu einer (rechnerischen) Kapazitätssteigerung führe, genehmigt werde, könne die Anlage aber mit den Einleitungen des Antragstellers nicht genehmigungskonform betrieben werden. Hintergrund der Ausführungen des Antragstellers, dass sein Abwasser für den Betrieb der Anlage „günstig“ sei, dürfte die Mitteilung sein, dass – die Einhaltung der mit der Sondervereinbarung zugewiesenen Kapazität unterstellt – die Symbiose seines Betriebsabwassers mit dem häuslichen Abwasser für den Betrieb der Anlage günstig sei. Dies bedeute aber nicht, dass die dadurch gewonnene rechnerische Kapazität dem Antragsteller zustehe. Diese stehe vielmehr den Mitgliedsgemeinden des AZV… zu. Fakt sei, dass eine Genehmigung der Umrechnung ohnehin noch nicht erfolgt sei. Soweit der Antragsteller auf die Differenzierung zwischen häuslichem und betrieblichem Abwasser hinweise, werde angemerkt, dass diese Differenzierung in der Sondervereinbarung nicht vorgenommen werde.
Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig. Ein schutzwürdiges Vertrauen, dass der Antragsteller mehr als vertraglich vereinbart einleiten dürfe, bestehe nicht. Dem Antragsteller sei seit 2003 bekannt, welche Einleitungskapazität ihm zustehe und dass die Antragsgegnerin nicht bereit (gewesen) sei, dauerhaft die erhöhten Einleitungsmengen hinzunehmen. Offenbar habe der Antragsteller mit der Abfuhr des Abwassers auch eine Lösung gefunden, die kurzfristig umsetzbar sei. Es sei für die Antragsgegnerin nicht zumutbar, zur Verhinderung einer Umweltgefahr und damit einer Straftat immer auf eine Abstimmung hoffen zu müssen, die stets auch davon geprägt gewesen sei, dass der Antragsteller offenbar der Überzeugung gewesen sei, beliebig auf die Anlage zugreifen zu dürfen und Anspruch auf die beständige Optimierung deren Betriebs zu haben.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 29. Mai 2020.
Auf die Anfrage des Gerichts vom 2. Juni 2020 wurde mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 19. November 2020 ein ergänzendes Aktengeheft vorgelegt, das insbesondere den an den AZV… gerichteten Bescheid des Landratsamtes … vom 19. Dezember 2018 enthält (Festsetzung des Wertes des Chemischen Sauerstoffbedarfes (CSB) auf 60 mg/l).
Mit Schreiben vom 14. Januar 2021 legte die Antragsgegnerin die mit Schreiben des Gerichts vom 30. Dezember 2020 erbetenen Unterlagen vor, u.a. das Schreiben des Wasserwirtschaftsamtes … (WWA) vom 24. Oktober 2003 und dessen Stellungnahme vom 20. April 2018 zum Bauleitplanung Entwurf BPL Nr. 16A.
4. Mit gleichlautendem, für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 13. Februar 2020 wurde auch der Sohn des Antragstellers (…) in Anspruch genommen, der ebenfalls Anfechtungsklage erheben ließ. Das Verfahren wird bei Gericht unter dem Aktenzeichen Au 7 K 20.338 geführt. Der gleichzeitig gestellte Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hatte nur insoweit Erfolg, als mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 21. Januar 2021 (Az. Au 7 S 20.339) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 3 des Bescheids vom 13. Februar 2020 angeordnet wurde; im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
5. Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. November 2020 wurde der Antragsteller aufgefordert, spätestens bis zum 3. Dezember 2020 sicherzustellen, dass nicht mehr als 7.000 EGW (BSB5) von dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … in das gemeindliche Entwässerungssystem eingeleitet werden und damit der Pflicht aus dem Untersagungsbescheid vom 13. Februar 2020 nachzukommen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR angedroht (Ziffer 1). In Ziffer 2 wurde der Antragsteller aufgefordert, spätestens bis zum 3. Dezember 2020 sicherzustellen, dass der pH-Wert des von dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … in das gemeindliche Entwässerungssystem eingeleiteten Abwassers nicht unter 6,5 sinkt oder über 9,5 steigt und damit der Pflicht aus dem Untersagungsbescheid vom 13. Februar 2020 nachzukommen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000,00 EUR angedroht.
Der Antragsteller ließ (auch) gegen diesen Bescheid Anfechtungsklage erheben und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen. Die Verfahren werden bei Gericht unter den Aktenzeichen Au 7 K 20.2534 und Au 7 S 20.2592 geführt.
Mit gleichlautendem, für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 19. November 2020 wurde auch der Sohn des Antragstellers in Anspruch genommen, der ebenfalls Anfechtungsklage erheben und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen ließ. Die Verfahren werden bei Gericht unter den Aktenzeichen Au 7 K 20.2593 und Au 7 S 20.2594 geführt.
6. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und auf die Gerichtsakte in den Verfahren Au 7 K 20.2534/Au 7 S 20.2592 sowie auf die Gerichtsakten in den Verfahren Au 7 S 20.339/Au 7 K 20.338 und Au 7 K 20.2593/Au 7 S 20.2594 (Sohn des Antragstellers) sowie auf die zu den Verfahren beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig. Er hat in der Sache aber nur insoweit Erfolg, soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen Ziffer 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 beantragt wurde (nachfolgend unter 4.). Soweit die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids beantragt wurde, ist der Antrag unbegründet (nachfolgend unter 3.).
1. Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs (siehe S. 3 des Bescheids vom 13.2.2020 unter „2.“) entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Zu Unrecht rügt der Antragsteller, es fehle an einer den Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit. Hierbei lässt er unberücksichtigt, dass diese Vorschrift ein rein formelles Begründungserfordernis statuiert. Die Behörde muss darlegen, warum der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) im konkreten Einzelfall aus Gründen des öffentlichen Wohls oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten nicht hingenommen werden kann; die von ihr insoweit geltend gemachten Belange müssen mit dem Aufschubinteresse des durch den Verwaltungsakt Betroffenen abgewogen werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201 – juris Rn. 22). Dabei sind allerdings an den Inhalt der Begründung keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 § 80 Rn. 55). Die Antragsgegnerin hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragsgegnerin bei einer Überschreitung der Einleitungsmenge zur Verhinderung von Umweltschäden und zum Schutz der Einrichtung und um einen rechtswidrigen Anlagenbetrieb abwenden zu können, sofort und sicher müsse handeln können. Zwar seien in der Vergangenheit Notfalllösungen in Abstimmung mit den Herren … gefunden worden. Es sei der Antragsgegnerin jedoch nicht zumutbar, auf die Verfügbarkeit der Herren … und deren Kooperation angewiesen zu sein. Diese Ausführungen genügen den rechtlichen Vorgaben.
Im gerichtlichen Verfahren erfolgt keine materielle Überprüfung der Begründung der Behörde nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, sondern es wird eine eigenständige Interessenabwägung durchgeführt (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 11 CS 15.2377 – juris Rn. 10; B.v. 24.8.2010 – 11 CS 10.1139 – juris Rn. 29; B.v. 10.3.2008 – 11 CS 07.3453 – juris Rn. 16).
2. Bei der Entscheidung über den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen, hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Im Rahmen dieser Entscheidung ist das Interesse des Antragstellers, vom Grundstück Fl.Nr. … der Gemeinde … zumindest vorläufig weiter Abwasser von mehr als 7.000 EGW im Winterbetrieb und mehr als 14.000 EGW im Sommerbetrieb (Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 13.2.2020) sowie Abwasser, welches einen pH-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweist (Ziffer 1 Satz 2 des Bescheids vom 13.2.2020) in die öffentliche Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin einleiten zu können, gegen das Interesse der Allgemeinheit daran, dass dies unverzüglich unterbunden wird, abzuwägen. Ausschlaggebend im Rahmen dieser Abwägungsentscheidung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet oder wiederhergestellt werden soll, hier also der Anfechtungsklage vom 25. Februar 2020. Lässt sich schon bei summarischer Prüfung eindeutig feststellen, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, so dass die Anfechtungsklage mit Sicherheit Erfolg haben wird (analog § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsakts bestehen. Andererseits ist für eine Interessenabwägung, die zugunsten des Antragstellers ausgeht, im Regelfall kein Raum, wenn keine Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen.
3. So liegt der Fall hier. Die Klage mit dem Ziel, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 13. Februar 2020 in Ziffer 1 aufzuheben, wird mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Ziffer 1 des Bescheids ist rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gegenüber dem Antragsteller werden in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids zwei Anordnungen getroffen. Ziffer 1 Satz 1 untersagt dem Antragsteller, Abwasser in die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin einzuleiten, das im Winterbetrieb mehr als 7.000 Einwohnergleichwerte, gemessen in BSB5 (EGW BSB5) oder im Sommerbetrieb mehr als 14.000 EGW BSB5 aufweist (nachfolgend unter a)). Ziffer 1 Satz 2 untersagt dem Antragsteller, Abwasser einzuleiten, das bestimmte pH-Werte unter- oder überschreitet (nachfolgend unter b)).
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 1 des Bescheids vom 13. Februar 2020 getroffenen Anordnungen ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt dieser Entscheidung maßgeblich. Der für die Prüfung maßgebliche Zeitpunkt richtet sich nach dem im jeweiligen Einzelfall anwendbaren materiellen Recht (BVerwG, U.v. 4.12.2014 – 4 C 33/13 – NVwZ 2015, 986/988). Die beiden Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheids entfalten ihre Regelungswirkung ständig neu, so dass es sich um Dauerverwaltungsakte handelt. Für Dauerverwaltungsakte ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich oder, bei Verfahren ohne mündliche Verhandlung, der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (BVerwG, U.v. 28.1.1988 – 3 C 48/85 – NJW 1988, 2056, juris; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 58).
a) Das in Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 13. Februar 2020 verfügte Verbot, vom Grundstück des Antragstellers (Fl.Nr. … der Gemarkung …) Abwasser in die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin einzuleiten, das im Winterbetrieb mehr als 7.000 EGW und im Sommerbetrieb mehr als 14.000 EGW aufweist, ist rechtmäßig.
Die Regelung findet ihre Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Spiegelstrich 2 und 3 der Entwässerungssatzung der Antragsgegnerin vom 18. Juni 2016 (EWS).
aa) Die zwischen den Beteiligten abgeschlossene Sondervereinbarung vom 30. April 2003 ist zum einen wirksam. Zum anderen hindert sie die Antragsgegnerin aber nicht daran, die Einleitungsbeschränkung für Abwasser von mehr als 7.000 EGW BSB5 im Winterbetrieb und von mehr als 14.000 EGW BSB5 im Sommerbetrieb mit dem Erlass eines Verwaltungsakts im Sinne von Art. 35 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/VwVfG (hier: Bescheid vom 13.2.2020, Ziffer 1 Satz 1) durchzusetzen.
An der Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Sondervereinbarung bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Wie bereits in dem den Beteiligten bekannten Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. Mai 1988 (Az. Au 5 K 86 A.881) und dem Beschluss des BayVGH vom 27. Januar 2004 (Az.: 4 B 99.1646, juris) ausgeführt wurde, ist der Firma … bzw. dem Antragsteller als Grundstückseigentümer durch den am 1. August 1981 erfolgten Anschluss der …fabrik an die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin kein unbeschränkbares Einleitungsrecht vermittelt worden, da das Benutzungsrecht für eine gemeindliche Einrichtung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO nur im Rahmen der Einrichtungskapazität besteht bzw. nach Maßgabe der Einrichtungskapazität beschränkt ist (s. BayVGH, a.a.O., Rn. 13). Aufgrund des zwingenden Sachzusammenhangs zwischen der Ortskanalisation der Antragsgegnerin und der überörtlichen Zentralkläranlage des AZV… gilt die Anspruchsbeschränkung auch im Hinblick auf die Kapazität der Kläranlage. Dementsprechend wurde die mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Januar 1986 (Ziffer I.2.) nachträglich angeordnete Einleitungsbeschränkung auf 1600 EGW für die Abwässer der …fabrik, die als „unbestritten abwasserintensiver Einleiter im Sinne des § 4 Abs. 4 EWS 1979“ eingestuft wurde (s. BayVGH, a.a.O., Rn. 14), im Wesentlichen für rechtens erachtet.
Mit dem Ausbau der Kläranlage des AZV… ab 2002 auf 18.500 EW BSB5 mit einer Sommerspitze von 25.500 EW BSB5 wurde insbesondere auch das Produktionsabwasser der …fabrik … mit einem Abwasseranfall von 7.000 EGW, berechnet nach BSB5, im Winterbetrieb und, aufgrund der (damals) in den Sommermonaten liegende Hauptproduktion, mit 14.000 EGW BSB5 im Sommerbetrieb berücksichtigt (s. Änderungsantrags des AZV… vom 18.9.2019, Punkt 1 „Hintergrund“, Anlage ASt 16 zum Schriftsatz vom 24.2.2020; Schreiben des WWA vom 24.10.2003, Bl. 173 der Gerichtsakte). Das Interesse des Antragstellers am Ausbau der Kläranlage und der damit einhergehenden Möglichkeit, ein höheres Einleitungskontingent für das Fabrikabwasser der …fabrik zu erhalten, führte zum Abschluss der Sondervereinbarung vom 30. April 2003 zwischen den Beteiligten, die einerseits erweiterte Einleitungskapazitäten für die …fabrik bzw. für den Antragsteller als Grundstückseigentümer (§ 1 Satz 1) und andererseits eine finanzielle Beteiligung des Antragstellers an den Ausbaumaßnahmen vorsah (§ 1 Satz 2). § 1 Satz 1 der Sondervereinbarung vom 30. April 2003, wonach der Antragsteller als Grundstückseigentümer „im Zuge des Kläranlagenausbaus gemäß den genehmigten Plänen des Ing.-Büros … vom 16.04.2002 eine Einleitungskapazität von 7.000 EGW Winterbetrieb bzw. 14.000 EGW Sommerbetrieb beantragt und erhält“, gibt damit lediglich die Höhe des Einleitungskontingents wieder, das für die Abwässer der …fabrik beim Kläranlagenausbau, im Gegenzug zur vereinbarten finanziellen Beteiligung, eingeplant und bei der Bemessung der Kapazität der Kläranlage berücksichtigt worden war. Da – wie oben bereits ausgeführt – das Einleitungsrecht in die öffentliche Entwässerungseinrichtung von vorneherein durch deren Kapazität beschränkt ist, begegnet § 1 Satz 1 der Sondervereinbarung, der eine Anpassung und Konkretisierung des (seit August 1981) bestehenden Benutzungsrechts, aber nicht dessen Beschränkung enthält, keinen Bedenken. Die dort vereinbarte Einleitungskapazität von 7.000 EGW Winterbetrieb bzw. 14.000 EGW Sommerbetrieb lag im Rahmen des der Antragsgegnerin zustehenden Kontingentierungsermessens. Denn die vereinbarte Einleitungskapazität war zum einen am Zweck und Umfang der ab 2002 erweiterten Kläranlage des AZV… (eingeplantes Kontingent für das Fabrikabwasser) und zum anderen an dem Abwasserkontingent ausgerichtet, das die Antragsgegnerin gemäß § 19 Abs. 4 und 5 der Verbandssatzung vom 3. Dezember 2001 der Gemeinschaftskläranlage zuführen durfte. Demgegenüber beruhen die Ausführungen der Antragstellerseite zur Nichtigkeit bzw. der Unzulässigkeit des Abschlusses der Sondervereinbarung auf der – unzutreffenden – Annahme, dass der Antragsteller mit dem tatsächlichen Anschluss der …fabrik an die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin das – durch eine Sondervereinbarung nicht einschränkbare – Recht erworben haben soll, unbeschränkt Fabrikabwasser in die Kanalisation der Antragsgegnerin einzuleiten und die volle Kapazität der Gemeinschaftskläranlage auszuschöpfen.
Dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 13. Februar 2020, insbesondere der Untersagungsverfügung in Ziffer 1 Satz 1 dieses Bescheids, steht die Sondervereinbarung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin vom 30. April 2003 nicht entgegen.
Zwar weist die Antragstellerseite zu Recht darauf hin, dass die Sondervereinbarung unstreitig ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist und Ansprüche aus einem solchen, soweit – wie hier – durch Art. 61 VwVfG oder entsprechende Vorschriften nichts anderes bestimmt ist, grundsätzlich nicht durch Verwaltungsakt oder unmittelbar durch Verwaltungszwang durchsetzbar sind; um solche vertraglichen Ansprüche vollstrecken zu können, muss beim Verwaltungsgericht im Wege der Leistungsklage ein (vollstreckbares) Urteil erstritten werden.
Mit dem in Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 13. Februar 2020 verfügten Verbot, Abwasser von mehr als 7.000 EGW im Winterbetrieb und von mehr als 14.000 EGW im Sommerbetrieb in die gemeindliche Entwässerungseinrichtung einzuleiten, setzt die Antragsgegnerin aber nicht einen ihr mit der Sondervereinbarung eingeräumten Anspruch, sondern Satzungsrecht durch. Mit dem am 1. August 1981 erfolgten Anschluss der …fabrik an die gemeindliche Kanalisation ist ein dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin unterfallendes Benutzungsverhältnis entstanden, in dessen Rahmen dem Antragsteller ein von vorneherein beschränktes bzw. beschränkbares Einleitungsrecht mit einer Kapazität von (damals) 1600 EGW (Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.1.1986, Ziffer I.2.) zustand. Mit § 1 der Sondervereinbarung vom 30. April 2003 wurde – wie oben ausgeführt – dem Ausbau der Verbandskläranlage unter finanzieller Beteiligung des Antragstellers Rechnung getragen und das bestehende, den Bestimmungen der jeweiligen EWS der Antragsgegnerin unterliegende Benutzungsrecht des Antragstellers (nur) hinsichtlich der Einleitungskapazität entsprechend angepasst bzw. konkretisiert. § 1 der Sondervereinbarung benennt damit das vom Antragsteller ggf. im Weg der Leistungsklage durchsetzbare Recht, die Entwässerungseinrichtung mit dem vereinbarten Kontingent zu benutzen und begründet für die Antragsgegnerin auf der anderen Seite den ggf. im Weg der Leistungsklage einklagbaren Anspruch auf die vereinbarte Baukostensumme. Da die Sondervereinbarung mit Ausnahme der in § 1 Satz 1 benannten Einleitungskapazität keine Aussagen zum Benutzungsverhältnis enthält – §§ 2 bis 4 der Sondervereinbarung betreffen abgabenrechtliche Angelegenheiten und Kostenfragen hinsichtlich anhängiger Gerichtsverfahren -, wird in § 5 der Sondervereinbarung (deklaratorisch) klargestellt, dass bezüglich des Anschluss- und Benutzungsverhältnisses im Übrigen das Ortsrecht der Antragsgegnerin in der jeweils gültigen Fassung gilt. Die Einleitung von Fabrikabwasser, die über die vereinbarte Einleitungskapazität hinausgeht, betrifft damit das durch die EWS der Antragsgegnerin geregelte Benutzungsverhältnis und unterliegt dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin. Diese ist daher dazu befugt, Verpflichtungen, die dem zum Anschluss an ihre Entwässerungseinrichtung berechtigten Antragsteller nach der EWS obliegen, mittels Verwaltungsakt durchzusetzen.
bb) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 EWS sind erfüllt.
Gemäß § 22 Abs. 1 EWS kann die Antragsgegnerin zur Erfüllung der nach der EWS bestehenden Verpflichtungen Anordnungen für den Einzelfall erlassen. § 15 Abs. 1 EWS benennt alternativ fünf Fallgestaltungen, die jeweils ein Einleitungsverbot rechtfertigen. Dass die Antragsgegnerin mit dieser Norm auch Belange des die Sammelkläranlage betreibenden AZV… verfolgt, begegnet angesichts des bei der Abwasserbeseitigung zwingenden Sachzusammenhangs von Ortskanalisation und überörtlicher Zentralkläranlage keinen Bedenken (so schon BayVGH, B.v. 27.1.2004 – 4 B 99.1646 – juris Rn. 14).
Die Antragsgegnerin hat das in Ziffer 1 Satz 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Einleitungsverbot in tatsächlicher Hinsicht mit dem unstreitigen Sachverhalt begründet, dass die vom Grundstück des Antragstellers erfolgten Abwassereinleitungen in die Gemeindekanalisation in einer Vielzahl von Fällen nicht nur die in der Sondervereinbarung vom 30. April 2003 vereinbarte Einleitungskapazität erheblich überschreiten, sondern auch dazu führen, dass die Gemeinschaftskläranlage aufgrund zu hoher Zulaufbelastungen außerhalb ihrer wasserrechtlichen Genehmigung vom 3. April 2008 betrieben wird. Überschreitungen der dem Antragsteller zustehenden Einleitungskapazitäten bzw. Schmutzwasserfrachten sind für den Zeitraum Januar 2018 bis Januar 2020 in dem 6-seitigen Geheft mit Betriebsaufzeichnungen dokumentiert, das dem Bescheid als Anlage beigefügt wurde (Bl. 149 bis 154 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin). Darin werden 40 Fälle bzw Tage (rot unterlegt) ausgewiesen, an denen eine Überschreitung der dem Antragsteller zustehenden Einleitungskapazität stattfand, davon 19 Fälle bzw. Tage, an denen das vom Grundstück des Antragstellers eingeleitete Abwasser zu einer Überschreitung der genehmigten Ausbaugröße der Kläranlage führte. So weist das Geheft Betriebsaufzeichnungen für den „Zulauf …“ z.B. Spitzenwerte von 33.000 EGW BSB5 (22.032 EGW CSB) am 31.10. / 01.11.2019, 23.500 EGW BSB5 (15.960 EGW CSB) am 25.10.2019 oder 21.550 EGW BSB5 (15.930 EGW CSB) am 22.10.2019 aus. Zudem wird im Bescheid darauf hingewiesen, dass es insbesondere im Winter 2018/2019 zu erheblichen Problemen beim Betrieb der Kläranlage gekommen sei, zwischenzeitlich ein Schlammabtrieb und damit ein Umweltdelikt gedroht habe. Dass der Antragsteller auch weiterhin sein Einleitungskontingent überschreitet, ergibt sich aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. November 2020, der gravierende Überschreitungen des Schmutzfrachtkontingentes im Sommerbetrieb und ein um 13.808 EGW überschrittenes Einleitungskontingent im Winterbetrieb benennt.
Die aufgezeigten regelmäßigen und auch erheblichen Überschreitungen der Schmutzwasserfrachten beanspruchen die Kläranlage und deren Klärkapazität in besonderer Weise; dies gesteht auch die Antragstellerseite zu, wie sich aus der von ihr formulierten Präambel (Ziffer III.) des (letztlich nicht zustande gekommenen) Vertrags ergibt (siehe Vertragsentwurf der Antragstellerseite vom 23. September 2019, Bl. 36 der Verwaltungsakte der Antragsgegnerin). Die überhöhten Abwassereinleitungen vom Grundstück des Antragstellers bedingen insbesondere einen erheblich erschwerten Kläranlagenbetrieb. So konnten „kritische“ Situationen für den Kläranlagenbetrieb (verursacht durch die Abwassereinleitung vom Grundstück des Antragstellers) bisher nur durch ein Zusammenwirken des Kläranlagenpersonals mit den Verantwortlichen der …fabrik (z.B. Anhaltung oder Reduzierung der Produktion) bewältigt werden. Auch zeigen die in den Vertragsentwürfen vom 23. September 2019 (Antragstellerseite) und 21. Oktober 2019 (Antragsgegnerseite) als erforderlich angesehenen Maßnahmen nach einem „Ampel-System“ (§§ 1 bis 5 der Vertragsentwürfe), dass mit den das Einleitungskontingent erheblich überschreitenden Abwassereinleitungen vom Grundstück des Antragstellers ein sicherer und genehmigungskonformer Kläranlagenbetrieb nur durch aufwendige Überwachungs- und Informationspflichten sowie mit an bestimmten Abwasserwerten ausgerichteten Vorkehrungen bzw. Maßnahmen aufrechterhalten werden kann; zur verbindlichen Umsetzung eines solchen Ampel-Systems ist es aber mangels Vertragsabschlusses nicht gekommen.
Die Abwassereinleitungen vom Grundstück des Antragstellers über das Einleitungskontingent von 7.000 EGW BSB5 im Winterbetrieb und 14.000 EGW BSB5 im Sommerbetrieb hinaus erfüllen damit die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einleitungsverbot gemäß § 15 Abs. 1 2. Spiegelstrich EWS (Gefährdung oder Beschädigung der Entwässerungseinrichtung oder angeschlossener Grundstücke) und § 15 Abs. 1 3. Spiegelstrich EWS (Erschwerung, Behinderung oder Beeinträchtigung des Betriebs der Entwässerungseinrichtung). Da ein Einleitungsverbot bereits dann ausgesprochen werden kann, wenn Abwassereinleitungen eine der in § 15 Abs. 1 1. bis 5. Spiegelstrich genannten Varianten erfüllen, kann es dahingestellt bleiben, ob vorliegend auch noch (der im Bescheid genannte) § 15 Abs. 1 5. Spiegelstrich einschlägig ist, wonach Einleitungen verboten sind, die „sich sonst schädlich auf die Umwelt, insbesondere die Gewässer, auswirken“. Denn einerseits ist es nach Aktenlage bisher auch bei hohen Überschreitungen der dem Antragsteller zustehenden Einleitungskapazität nicht zu Schadensereignissen bzw. Umweltdelikten gekommen und die für die Kläranlage in der gehobenen wasserrechtlichen Erlaubnis festgesetzten Ablaufgrenzwerte konnten eingehalten werden. Andererseits wurde nach Aktenlage die Kläranlage durch die Abwassereinleitungen vom Grundstück des Antragstellers teilweise derart in Anspruch genommen, dass Schlammabtrieb und damit Schadensereignisse für den Vorfluter (Umweltdelikt) drohten.
Die Einwendungen des Antragstellers, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 Abs. 1, § 15 Abs. 1 EWS nicht gegeben seien, greifen nicht durch.
Der Antragsteller beruft sich darauf, dass er ein grundsätzlich umfassendes Einleitungsrecht und korrespondierend dazu eine umfassende Einleitungspflicht bezüglich aller auf seinem Grundstück anfallenden Abwässer habe, so dass eine Beschränkung des Einleitungsrechts nur dann in Betracht komme, wenn tatsächlich ein Kapazitätsengpass bestehe und durch die Einleitungsbeschränkung behoben werden könne. Dass ein derartiger Kapazitätsengpass in der vorliegenden Situation nicht bestehe, ergebe sich aus dem Änderungsantrag des AZV… vom 18. September 2019 (Anpassung der Kapazität der Kläranlage auf der Grundlage des Arbeitsblattes DWA-A 131, 2016, Anlage ASt 16). Die dort dokumentierte Umrechnung der veralteten BSB5-Werte auf die aktuell gültigen CSB-Werte bezogen auf die Schmutzfracht führe zu einer erheblichen (rechnerischen) Kapazitätssteigerung der Verbandskläranlage (24.833 EW CSB) mit Kapazitätsreserven (18,4%), so dass keine Kapazitätsengpässe der Anlage (mehr) bestünden. Diese Ausführungen gehen von der unzutreffenden Annahme aus, dass der Antragsteller dazu berechtigt (und auch verpflichtet) sei, das gesamte konkret anfallende Abwasser seiner Mieterin unbeschränkt in die öffentliche Entwässerungseinrichtung einzuleiten. Dass diese Annahme rechtlich nicht haltbar ist, wurde, insbesondere auch unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2004 (Az.: 4 B 99.1646, juris) und das vorgehende Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11. Mai 1988 (Az.: Au 5 K 86 A.881), bereits ausgeführt (siehe hierzu unter 3. a, aa), Rn. 69 bis 72). Abgesehen davon, dass nach Aktenlage über den Änderungsantrag des AZV… vom 18. September 2019 bisher noch nicht entschieden wurde, würde daher auch eine entsprechend diesem Änderungsantrag festgestellte (rechnerische) Kapazitätssteigerung der Verbandskläranlage mit Kapazitätsreserven den Antragsteller nicht dazu berechtigen, die volle Kapazität der Kläranlage auszuschöpfen. Denn zum einen steht dem Antragsteller (als Grundstückseigentümer) eine Einleitungskapazität nur entsprechend dem Kontingent zu, das für die …fabrik bei der Erweiterung der Kläranlage eingeplant und in der Sondervereinbarung festgeschrieben wurde (7.000 EGW BSB5 Winterbetrieb, 14.000 EGW BSB5 Sommerbetrieb). An diesem Kontingent muss sich der Antragsteller festhalten lassen, da die Sondervereinbarung zum einen wirksam und zum anderen auch bisher nicht durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Vertrag ersetzt wurde. Zum anderen wird die Einleitungskapazität für das Grundstück des Antragstellers durch das der Antragsgegnerin an der Verbandskläranlage zustehende Einleitungskontingent begrenzt. Sowohl nach der bisherigen Verbandssatzung vom 3. Dezember 2001 (§ 19 Abs. 4) als auch nach der neuen Verbandssatzung vom 13. November 2020 (§ 5 Abs. 1 Satz 2, Spalte 1 und 2) steht der Antragsgegnerin an der Kläranlage im Winterbetrieb ein Einleitungskontingent von maximal 10.000 EW BSB5 (54 v.H.) zu. Das Winterkontingent des Antragstellers von 7.000 EGW BSB5 entspricht damit (auch derzeit) 70 v.H. des der Antragsgegnerin zustehenden Kontingents an der Kläranlage. Hinsichtlich der mit dem Änderungsantrag des AZV… vom 18. September 2019 bezweckten (rechnerischen) Kapazitätsanpassung wird in § 5 Abs. 1 Satz 4 der (neuen) Verbandssatzung geregelt, dass, soweit ein künftiger wasserrechtlicher Erlaubnisbescheid eine neue Berechnungsbasis für die Anlagenkapazität festlegt, die v.H.-Verhältnisse der Verbandsgemeinden nach den Spalten 2 und 5 unverändert bleiben. D.h., dass die Antragsgegnerin im Winterbetrieb, in dem die vom Grundstück des Antragstellers eingeleitete Abwassermenge am größten ist, die (rechnerisch) erhöhte Kapazität der Kläranlage weiterhin bis maximal 54 v.H. nutzen darf. Im Änderungsantrag des AZV… vom 18. September 2019 wird unter Ziffer 5.2 (S. 15 letzter Absatz) dargelegt: „Die 24.000 EW CSB als 4-Wochenmittel entsprechen ca. 34.000 EW BSB5 als 85%-Wert. Bisher ist die entsprechende Ausbaugröße auf Basis des 85%-Wert der BSB5-Fracht mit 18.500 EW BSB5 festgelegt“. Unterstellt man entsprechend diesen Ausführungen eine Ausbaugröße der Kläranlage von 34.000 EW BSB5, steht der Antragsgegnerin entsprechend ihrem Anteil im Winterbetrieb in Höhe von 54 v.H. ein Kontingent von maximal 18.360 EW BSB5 zu. Der Anteil … am Kontingent der Antragsgegnerin in Höhe von 70 v.H. könnte dann maximal 12.852 EGW BSB5 betragen. Die Einleitung des gesamten Abwassers des Antragstellers würde auch bei der Umstellung von EW BSB5 auf EW CSB immer wieder das gesamte, der Antragsgegnerin an der Kläranlage zustehende Kontingent, insbesondere im Winterbetrieb, ausschöpfen und auch überschreiten, wie aus den Betriebsaufzeichnungen Januar 2018 bis Januar 2020 ersichtlich ist. Da die Antragsgegnerin selbstverständlich auch Kapazitäten für ihre Gemeindeeinwohner und andere dort ansässige Gewerbebetriebe vorzuhalten hat und überdies seit Jahren aufgrund der Überlastung der Kläranlage, insbesondere bedingt durch die Einleitungen vom Grundstück des Antragstellers, an der Ausweisung weiterer Baugebiete gehindert ist (siehe z.B. Schreiben des WWA vom 20.4.2018, Bl. 180 bis 182 der Gerichtsakte), liegt es auch im Rahmen des ihr zustehenden Kontingentierungsermessens, die Einleitungen der Fabrikabwässer vom Grundstück des Antragstellers entsprechend Ziffer 1 Satz 1 des streitgegenständlichen Bescheids zu beschränken, zumal dies der wirksamen und bisher auch nicht geänderten Sondervereinbarung vom 30. April 2003 entspricht.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers können die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 EWS nicht nur dann erfüllt werden, wenn durch die Einleitung eines konkreten/bestimmten „Stoffes“ eine der Fallgestaltungen des § 15 Abs. 1 EWS erfüllt wird. § 15 Abs. 1 1. bis 5. Spiegelstrich EWS bezweckt im Sinne einer Generalklausel u.a. die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Entwässerungseinrichtung (2. und 3. Spiegelstrich), einschließlich des Schutzes der dort beschäftigten Personen (1. Spiegelstrich), die Verwertbarkeit des Klärschlamms (4. Spiegelstrich) sowie den Schutz der Umwelt, insbesondere der Gewässer (5. Spiegelstrich). Absatz 2 dieser Vorschrift benennt demgegenüber beispielhaft („insbesondere“) bestimmte praxisrelevante Stoffe, von denen bekannt ist, dass sie ein oder mehrere der in Absatz 1 genannten Schutzziele in jedem Fall gefährden und spricht für diese Stoffe ein Einleitungsverbot aus. Dass § 15 Abs. 1 EWS gerade auch die Abwassermenge im Blick hat, ergibt sich im Übrigen auch aus dessen Absätzen 4 und 5, die der Gemeinde das Recht einräumen, die Einleitung von „Abwasser besonderer Art und Menge“ in Einleitungsbedingungen zu regeln. Zudem enthält jedes Abwasser „Stoffe“ im Sinne von Schmutzfrachten, die beim Anfall besonders großer Abwassermengen die in § 15 Abs. 1 genannten Schutzziele beeinträchtigen können. Dass auch die Abwassermenge ein Einleitungsverbot nach § 15 Abs. 1 EWS auslösen kann, ergibt sich auch aus dem den Beteiligten bekannten Beschluss des BayVGH vom 27. Januar 2004 (Az.: 4 B 99.1646, juris Rn.14), in dem wie folgt ausgeführt wird: „Selbst wenn aber die Klägerin gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 EWS zur Einleitung ihrer gesamten Abwässer berechtigt gewesen wäre, stünde diese Position unter dem Vorbehalt des § 15 EWS. Spätestens auf dieser Stufe hätte sich die Frage gestellt, ob nicht der Schutz der Funktionsfähigkeit der Gemeinschaftskläranlage eine Einleitungsbeschränkung gerechtfertigt hätte.“
cc) Ziffer 1 des Bescheids vom 13. Februar 2020 ist auch nicht aufgrund von Ermessensfehlern oder gar einem Ermessensausfall rechtswidrig.
§ 22 Abs. 1 EWS räumt der Antragsgegnerin bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ein Ermessen ein; das Wort „kann“ ist nicht lediglich als Kompetenz-„Kann“ zu verstehen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Vorschrift des § 15 Abs. 1 und 2 EWS, die hier zur (tatbestandlichen) Begründung der Untersagungsverfügungen herangezogen wird, ein zwingendes Einleitungsverbot des Grundstückseigentümers statuiert. Denn der Wortlaut des § 22 Abs. 1 EWS ist insoweit eindeutig. Auch wenn gegen eine (zwingende) „Verpflichtung“ der Satzung verstoßen wird, darf aufgrund der Verwendung des Wortes „kann“ eine Anordnung im Einzelfall nur nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens getroffen werden. Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie gemäß Art. 40 VwVfG ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Im Fall der Ermessensentscheidung prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Gemäß § 114 Satz 2 VwGO kann die Verwaltungsbehörde ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Die Antragsgegnerin hat ausweislich der Bescheidsbegründung das ihr zukommende Ermessen erkannt und in noch hinreichender Weise begründet und zwar bezogen sowohl auf die Anordnung in Ziffer 1 Satz 1 als auch auf diejenige in Ziffer 1 Satz 2. Zum einen zeigt die Begründung des Bescheids, dass die Antragsgegnerin sich nach ihrem Anhörungsschreiben vom 8. März 2019 erst dann zum Erlass der Untersagungsanordnung vom 13. Februar 2020 entschlossen hat, nachdem ein Vertrag zur Gewährleistung eines sicheren Kläranlagenbetriebs für eine Übergangszeit zwischen den Parteien nicht zustande gekommen ist. Dabei kann es dahin gestellt bleiben, ob ein Vertragsabschluss aufgrund erheblicher Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien hinsichtlich maßgebender Vertragspunkte nicht erfolgt ist und/oder weil das Wasserwirtschaftsamt zwar Parameter und Wertschwellen der in § 1 des Vertragsentwurfs vom 21. Oktober 2019 aus fachlicher Sicht nicht beanstandet, sich aber außer Stande sieht, eine ausdrückliche Duldungszusage für einen Anlagenbetrieb außerhalb der – bestehenden – wasserrechtlichen Genehmigung abzugeben; denn ein (nur) der Antragsgegnerin anzulastendes „grundloses“ Scheitern eines Vertragsabschlusses ist nicht erkennbar. Zudem enthalten die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Anordnungen in Ziffer 1 des Bescheids gleichzeitig auch Ermessenserwägungen, auch wenn sie als solche nicht ausdrücklich bezeichnet sind. Die dortigen Ausführungen zum Betrieb der Kläranlage außerhalb ihrer Genehmigung, zu drohenden Umweltschäden, zur Beeinträchtigung der Bauleitplanung der Verbandsmitglieder und dass es dem Antragsteller auch kurzfristig möglich sei, Vorkehrungen in den Betriebsabläufen seiner Mieterin, z.B. durch Abfahren des Abwassers, zu erreichen, um eine rechtmäßige und satzungskonforme Abwassereinleitung durchzuführen, lassen erkennen, dass es der Antragsgegnerin bewusst war, dass die Untersagungsverfügungen in Ziffer 1 Satz 1 und 2 des Bescheids in ihrem Ermessen stehen und warum sie von diesem Mittel Gebrauch gemacht hat.
Der Antragsteller moniert hinsichtlich des Auswahlermessens, dass es neben der verfügten Einleitungsobergrenze zahlreiche weitere Optionen gegeben hätte und benennt insofern im Wesentlichen Maßnahmen (u.a. Vorabstimmungen zwischen den Parteien vor einer planmäßigen Abwasserspitze über vorhandene Einleitungs- und Klärkapazitäten), die Gegenstand der – letztlich gescheiterten – Vertragsverhandlungen (siehe Vertragsentwürfe vom 23.9.2019 einerseits und vom 21.10.2019 andererseits) gewesen sind. Dabei übersieht der Antragsteller, dass sein Recht bzw. seine Pflicht, als Indirekteinleiter sein Abwasser der Antragsgegnerin als Betreiberin der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zu überlassen, gleichzeitig mit der Pflicht verbunden ist, dies in einer für die öffentliche Entwässerungseinrichtung verträglichen Art und Weise zu tun. Wie bereits ausgeführt, besteht ein Benutzungsrecht des Antragstellers nur in Höhe der bei der Bemessung der Kläranlagenerweiterung eingeplanten, das Kläranlagenkontingent der Antragsgegnerin berücksichtigenden und in der Sondervereinbarung festgeschrieben Kapazität von 7.000 EGW BSB5 im Winterbetrieb und 14.000 EGW BSB5 im Sommerbetrieb. Die das Benutzungsrecht des Antragstellers erheblich und regelmäßig übersteigenden tatsächlichen Abwassereinleitungen konnten und können dagegen nur mit einem erheblichen Mehraufwand des Kläranlagenbetreibers bewältigt werden (siehe das in den Vertragsentwürfen vorgesehene „Ampel-System“). Auf einen solchen Mehraufwand, um die rechts- bzw. satzungswidrige Abwassereinleitung fortsetzen zu können, hat der Antragsteller aber keinen Anspruch, zumal ihm bereits durch das o.g. Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. Mai 1988 (also seit über 32 Jahren) und durch den o.g. Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. Januar 2004 (also seit über 16 Jahren) bekannt ist, dass er kein Recht auf unbeschränkte Abwassereinleitung bzw. volle Ausschöpfung der Kläranlage hat, und er sich mit dem Abschluss der Sondervereinbarung am 30. April 2003 auch mit dem für die …fabrik eingeplanten Einleitungskontingent einverstanden erklärt hat. Dass die Antragsgegnerin die rechts- bzw. satzungswidrigen Abwassereinleitungen jahrelang faktisch geduldet hat, hat den Widerspruch einer Nutzung der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zum öffentlichen Recht nicht aufgelöst. Die Befugnis zur Untersagung rechts- bzw. satzungswidriger Abwassereinleitungen kann auch nicht verwirkt werden. Dies folgt schon daraus, dass nur Rechte, nicht aber Pflichten – hier die behördliche Pflicht, für rechtmäßige Zustände zu sorgen – verwirkt werden können (vgl. BayVGH, B.v. 28.12.2016 – 15 CS 16.1774 – juris m.w.N.). Zudem hat die Antragsgegnerin immer wieder deutlich gemacht, dass sie nicht bereit ist, satzungswidrige Abwassereinleitungen auf Dauer hinzunehmen, und der Antragsteller konnte angesichts der Verhandlungen mit den Behörden, u.a. der Antragsgegnerin, dem AZV…, dem Landratsamt und dem Wasserwirtschaftsamt (z.B. zuletzt Besprechungen vom 25.7.2018 und 4.9.2019), auch nicht darauf vertrauen, dass er ohne ein zwischen den Beteiligten vertraglich vereinbartes Handlungskonzept auch weiterhin entsprechend der gegenwärtig eingeleiteten Abwassermenge und -qualität einleiten darf.
Die vom Antragsteller benannten Maßnahmen, um einen ordnungsgemäßen Kläranlagenbetrieb sicherstellen zu können, hätten daher zwar im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags vereinbart werden können. Kommt ein solcher Vertrag, wie hier, aber nicht zustande, kann die Antragsgegnerin ohne Verstoß gegen ihr Auswahlermessen die Einleitungsbeschränkungen anordnen, um einen sicheren und der aktuellen wasserrechtlichen Genehmigung entsprechenden Kläranlagenbetrieb auch ohne den durch die Abwassereinleitungen der …fabrik bedingten besonderen Aufwand sicherzustellen sowie um die ihr nach der Verbandssatzung zukommenden Verpflichtungen (Einhaltung ihres Einleitungskontingents) erfüllen zu können.
dd) Die in Ziffer 1 des Bescheids getroffenen Anordnungen sind auch verhältnismäßig.
Wie bereits ausgeführt, ist bzw. muss dem Antragsteller bereits seit sehr vielen Jahren bekannt sein, welche Abwassermenge und -qualität er rechtmäßig der öffentlichen Entwässerungseinrichtung zuführen darf, auch wenn er in diesem Verfahren die rechtlich nicht haltbare Auffassung vortragen lässt, zur unbeschränkten Abwassereinleitung befugt und verpflichtet zu sein. Auch dass er betriebliche Vorkehrungen treffen muss, um die Abwässer der …fabrik der öffentlichen Entwässerungseinrichtung auf Dauer überlassen zu können, ist ihm seit langer Zeit bekannt. Dass er entsprechende Studien bzw. Planungen, wobei die Realisierung der dort aufgezeigten Maßnahmen noch nicht absehbar ist, erst ab 2018 beauftragt bzw. vorgelegt hat (Machbarkeitsstudie von … vom 12.6.2018, Vorplanungen zur Vorbehandlung des Produktionsabwassers der … GmbH & Co KG vom 17.7.2019 mit Ergänzung vom 28.8.2019, Anlagen ASt 9, 12 und 13), obliegt allein seiner Verantwortungssphäre. Das Versäumnis, eine technische wie operative Lösung hinsichtlich des betrieblichen Abwasseranfalls noch nicht umgesetzt zu haben, kann nicht der Allgemeinheit bzw. den Betreibern der öffentlichen Entwässerungseinrichtung aufgebürdet werden. Auch war dem Antragsteller seit dem Anhörungsschreiben vom 8. März 2019 bekannt, dass die Antragsgegnerin die rechts- bzw. satzungswidrigen Abwassereinleitungen „notfalls“ mit dem Mittel eines Untersagungsbescheids durchsetzen wird. Ebenso war dem Antragsteller seit der Besprechung am 4. September 2019 bekannt, dass für eine Übergangsphase nur eine schriftliche Vereinbarung (öffentlich-rechtlicher Vertrag) zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Kläranlagenbetriebs es ihm ermöglichen wird, die gegenwärtigen tatsächlichen Einleitungen beizubehalten. Damit stand dem Antragsteller genügend Zeit zur Verfügung, sich auf entsprechende Einleitungsbeschränkungen einzustellen. Auch wenn Einleitungsbeschränkungen gemäß Ziffer 1 des Bescheids, die die Mieterin des Antragstellers durch verschiedene Maßnahmen umsetzen kann (nur z.B.: zeitweise Reduzierung oder Stopp der Produktion oder Abfuhr von Abwasser), einen erhöhten Betriebsaufwand und nicht unerhebliche Kosten verursachen, sind solche Maßnahmen und finanziellen Aufwendungen dem Antragsteller zumutbar. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich der Antragsteller bzw. die Firma … durch die jahrzehntelangen rechtswidrigen Abwassereinleitungen auch erhebliche finanzielle Aufwendungen für eine erforderliche betriebliche Vorbehandlung des Abwassers (siehe die hierzu von … erstellten Studien bzw. Planungen vom 12.6.2018 und 17.7.2019, Anlagen ASt 9 und 12) erspart hat.
Demgegenüber überwiegen die öffentlichen Interessen bzw. die Interessen der Antragsgegnerin an den verfügten Einleitungsbeschränkungen. Diese liegen darin, das ihr nach der Verbandssatzung zustehende Einleitungskontingent einhalten zu können, (endlich) zu einem rechtmäßigen, der wasserrechtlichen Genehmigung entsprechenden Kläranlagenbetrieb zu kommen, den durch die Abwassereinleitungen … verursachten hohen Aufwand zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Kläranlage zu vermeiden bzw. in „Notfällen“, ohne auf die Verfügbarkeit und Kooperation des Antragstellers bzw. Personals der Firma … angewiesen zu sein, schnell handeln zu können und nicht zuletzt, um in ihrer kommunalen Planungshoheit (Ausweisung von Baugebieten) nicht länger beschränkt zu sein.
b) Das in Ziffer 1 Satz 2 des Bescheids vom 13. Februar 2020 verfügte Verbot, vom Grundstück des Antragstellers Abwasser in das gemeindliche Entwässerungssystem einzuleiten, das einen pH-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweist, ist rechtmäßig.
aa) Die Regelung findet ihre Rechtsgrundlage in § 22 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 Nr. 11 Spiegelstrich 3 EWS.
Nach der letztgenannten Vorschrift besteht ein Einleitungsverbot für Abwasser aus Industrie und Gewerbebetrieben, das einen pH-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweist. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind erfüllt. Aus dem dem Bescheid beigefügten Geheft Betriebsaufzeichnungen ergibt sich, dass das „Abwasser …“ insbesondere mehrfach Unterschreitungen und einmal (am 8.11.2019) eine Überschreitung des satzungsmäßigen ph-Wertes aufwies. Dass vom Grundstück des Antragstellers auch gegenwärtig Abwasser eingeleitet wird, das einen satzungswidrigen pH-Wert aufweist, ergibt sich aus dem Bescheid vom 19. November 2020.
Der Antragsteller erachtet die Anordnung in Ziffer 1 Satz 2 des Bescheids deswegen für rechtswidrig, da sie eine Regelung enthalte, die über die in der EWS eingeräumte Beschränkungsbefugnis hinausgehe und deren Umsetzung praktisch unmöglich sei. Hierzu führte der Antragsteller aus, dass § 15 Abs. 2 Nr. 11 dritter Spiegelstrich EWS ein Einleitungsverbot für „Abwasser aus Industrie- und Gewerbebetrieben“, enthalte, das einen pH-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweise. Die Anordnung in Ziffer 1 Abs. 2 des Bescheids enthalte aber gerade keine Beschränkung auf rein tatsächliches betriebliches Abwasser, welches von der Mieterin des Antragstellers eingeleitet werde, und erfasse damit auch Regenwasser bzw. Mischwasser aus Ab- und Regenwasser, wie es vom Grundstück des Antragstellers zulässigerweise in das gemeindliche Entwässerungssystem eingeleitet werde. Normaler Regen habe einen pH-Wert von 5,5 bis 5,7, saurer Regen sogar einen pH-Wert zwischen 4,2 und 4,8. Solches Regen- und Mischwasser sei aus der Einleitungsbeschränkung des § 15 Abs. 2 Nr. 11 dritter Spiegelstrich EWS bewusst ausgenommen worden.
Es ist zwar zutreffend, dass derzeit das gesamte Abwasser vom Grundstück des Antragstellers, also neben dem Produktionsabwasser auch insbesondere Niederschlagswasser, soweit es nicht bereits versickert, in die Mischwasserkanalisation der Antragsgegnerin eingeleitet wird. Aus der von … erarbeiteten Vorplanung vom 17. Juli 2019, „Vorbehandlung des Produktionsabwassers der … GmbH und Co KG mittels belüftetem Mischund Ausgleichsbecken“ (Anlage ASt 12) ergibt sich jedoch (siehe dort Ziffer 3.1), dass der überwiegende Teil des Firmengeländes … im Trennsystem entwässert wird. Nach diesen Ausführungen sind an den innerhalb des Betriebsgeländes in Nord-Süd-Richtung verlaufenden zentralen (betrieblichen) Kanal für Produktionsabwasser die Entwässerung für Produktionsabwasser der westlich gelegenen Produktionshallen und des östlich gelegenen Gebäudes mit Kesselhaus, Kochhalle und Werkstatt angeschlossen. Die Hofflächen (Nutzung als Produktionsflächen für Sortieren und Waschen) mit Produktions- und Niederschlagswasser zwischen den beiden Gebäuden und die Dachflächen des südlichen Teils der Produktion sind ebenfalls an diesen (betrieblichen) Kanal angeschlossen. Die Dachflächen des Gebäudes Kesselhaus/Werkstatt werden derzeit zur Abtrennung vorbereitet. Laut dieser Vorplanung von, Stand 17. Juli 2019, entwässern von der Gesamtfläche der Firma … (ca. 11,0 ha bzw. 110.000 m²) lediglich Dachflächen von 6.000 m² und Hofflächen von 8.000 m², auf denen auch Produktionsabwasser anfällt, im Mischsystem. Demnach besteht das vom Grundstück des Antragstellers in das Entwässerungssystem der Antragsgegnerin eingeleitete Abwasser ganz überwiegend aus dem Produktionsabwasser der …fabrik und enthält nur zu einem ganz geringen Teil Niederschlagswasser. Gegen das in Ziffer 1 Satz 2 des Bescheids angeordnete Einleitungsverbot für Abwasser, das satzungswidrig einen pH-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweist, bestehen daher keine rechtlichen Bedenken. Im Übrigen obliegt es dem Antragsteller, durch betriebliche Vorkehrungen sicherzustellen, dass das Abwasser seiner Mieterin in einer den Satzungsvorschriften (hier: § 15 Abs. 2 Ziffer 11 3. Spiegelstrich) entsprechenden Art und Weise eingeleitet wird. Die Abwasserbeseitigungspflicht der Antragsgegnerin begründet kein Recht des Antragstellers auf Beseitigung seines satzungswidrigen Abwassers.
bb) Die Anordnung in Ziffer 1 Satz 2 des Bescheids ist auch nicht aufgrund von Ermessensfehlern oder gar einem Ermessensausfall rechtswidrig und verstößt auch nicht gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen unter a), cc) und dd), Rn. 84 bis 91, verwiesen.
4. Soweit sich der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen Nr. 3 des Bescheides vom 13. Februar 2020 richtet, ist er begründet.
Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids, die auf § 22 Abs. 2 EWS i.V.m. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, 31, 36 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) gestützt ist, ist rechtswidrig, da sie nicht hinreichend bestimmt ist.
Nach Art. 36 Abs. 3 Satz 1 VwZVG muss ein bestimmtes Zwangsmittel angedroht werden. Gemäß Art. 36 Abs. 5 VwZVG ist der Betrag des Zwangsgelds in bestimmter Höhe anzudrohen. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids genügt diesen Bestimmtheitsanforderungen nicht.
Nach Ziffer 3 des Bescheids wird ein Zwangsgeld in Höhe von 3.000 EUR zur Zahlung fällig, wenn der Antragsteller die Verpflichtungen gemäß Ziffer 1 nicht innerhalb von vier Tagen nach Zustellung des Bescheids erfüllt. In Ziffer 1 des Bescheids werden jedoch zwei Anordnungen getroffen. Zum einen wird dem Antragsteller eine Abwassereinleitung von mehr als 7.000 EGW BSB5 im Winterbetrieb und von mehr als 14.000 EGW BSB5 im Sommerbetrieb untersagt (Ziffer 1 Satz 1) und zum anderen wird ihm verboten, Abwasser, das einen pH-Wert von unter 6,5 oder über 9,5 aufweist, in die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin einzuleiten (Ziffer 1 Satz 2).
Es ist aus der Zwangsgeldandrohung daher nicht klar, ob das Zwangsgeld in Höhe von 3.000 EUR nur anfällt, wenn gegen beide Anordnungen aus Ziffer 1 verstoßen wird, oder ob ein Zwangsgeld auch bereits dann fällig wird, wenn der Antragsteller nur einer der Verpflichtungen aus Ziffer 1 nicht nachkommt. Falls Letzteres der Fall sein sollte, wäre überdies unbestimmt, wie hoch das Zwangsgeld für den Verstoß gegen (nur) eine Untersagungsverfügung jeweils wäre.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Nach dieser Vorschrift sind die Kosten bei einem teilweisen Obsiegen und teilweisen Unterliegen der Beteiligten entweder gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Ob und in welchem Ausmaß ein Obsiegen bzw. Unterliegen vorliegt, ist nach dem Verhältnis zum Streitgegenstand zu bestimmen (vgl. Schenke/Hug in Kopp/ Schenke, VwGO, 26. Auflage 2020, § 155 Rn. 2). Vorliegend obsiegt der Antragsteller lediglich im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung und unterliegt hinsichtlich der im Bescheid in Ziffer 1 ausgesprochenen beiden Hauptverpflichtungen. Es ist daher verhältnismäßig, dem Antragsteller vier Fünftel und der Antragsgegnerin ein Fünftel der Kosten aufzuerlegen.
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Der in der Hauptsache aus der sich für den Antragsteller ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzende Streitwert beläuft sich auf 30.000,00 EUR (§ 52 Abs. 1 GKG); dabei wurde die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Januar 2004 orientierend berücksichtigt. Der Streitwert von 30.000,00 EUR wird im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß Nr. 1.5 Satz 1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Sonderbeilage BayVBl. Januar 2014) halbiert.


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