Baurecht

Aufhebung der Genehmigung der Nutzungsänderung eines Teils einer Kindertagesstätte in einen Hort wegen unbestimmter Betriebsbeschreibung

Aktenzeichen  M 8 K 16.4726

Datum:
19.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19459
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34
BauNVO § 15 Abs. 1 S. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1
BImSchG § 22 Abs. 1a

 

Leitsatz

1 § 22 Abs. 1 a BImSchG soll nach seinem eindeutigen Wortlaut Geräuscheinwirkungen, die durch Kinder hervorgerufen werden, privilegieren. Hingegen soll gerade nicht der Betrieb einer Kindertagesstätte ohne hinreichend konkretes Betriebskonzept ermöglicht werden, das die besondere Situation vor Ort im konkreten Einzelfall nicht berücksichtigt und nicht geeignet ist, Lärmentwicklungen zu vermeiden, die gerade nicht auf sozialadäquaten Kinderlärm zurückzuführen sind, sondern vielmehr auf eine unzureichende Betriebsorganisation oder laute Spielgeräte.  (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
1 § 22 BImSchG soll keine unzureichende Organisation des Betriebsablaufs ermöglichen, die möglicherweise zu einer Verletzung des aus § 34 Abs. 2 BauGB iVm § 15 Abs. 1 S. 2 BauNVO oder aus dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB zu entnehmenden Rücksichtnahmegebots führt. Es ist gerade Sinn und Zweck des Baugenehmigungsverfahrens, vor Ausführung des Vorhabens Verletzungen von Nachbarrechten verbindlich und verlässlich auszuschließen und deren Behebung nicht ungewissen und unbestimmten Verfahrensweisen in der Zukunft oder einem begleitenden Verwaltungsvollzug zu überlassen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Baugenehmigung vom 22. September 2016, Az. … wird aufgehoben.
II. Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen je zur Hälfte zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet, da die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 22. September 2016 rechtswidrig ist und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Dritte können sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U. v. 13.6.1969 – IV C 234.65 – BayVBl 1969, 390 – juris Rn. 15; BVerwG, U. v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – BayVBl 1977, 639 – juris Rn. 25; BVerwG, U. v. 19.9.1986 – 4 C 8/84 – BayVBl 1987, 151- juris Rn. 9; BVerwG, U. v. 26.9.1991 – 4 C 5/87 – BVerwGE 89, 69 – juris Rn. 18) gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit (auch) auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (vgl. BayVGH, B. v. 26.07.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 21; BayVGH, B. v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20).
2. Die streitgegenständliche Baugenehmigung wurde für das Vorhaben als Sonderbau erteilt (Art. 2 Abs. 4 Nr. 6, 7 a, 12 BayBO), so dass gem. Art. 60 Satz 1 Nr. 1 BayBO insbesondere die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach den §§ 29 bis 38 BauGB zum Prüfungsmaßstab gehört.
3. Vorliegend sind drittschützende Rechte der Klägerin verletzt, da infolge der Unbestimmtheit der Baugenehmigung bzw. der Bauvorlagen der Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und deshalb nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützende Rechte, insbesondere das Rücksichtnahmegebot, verstößt, Art. 60 BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und mit ihm die erkennende Kammer gehen in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Nachbar zwar keinen materiellen Anspruch darauf hat, dass der Bauantragsteller einwandfreie Bauvorlagen einreicht, die Baugenehmigung aber dann aufzuheben ist, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2001 – 26 ZB 01.1775 – juris Rn. 11 m.w.N.; aktuell z.B. VG München, U.v. 26.9.2016 – M 8 K 15.3757 – juris Rn. 45). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 31.10.2016 – 15 B 16.1001 – juris Rn. 4; B. v. 5.7.2017 – 9 CS 17.603 – juris Rn. 13; jeweils m. w. N.; BayVGH, U. v. 28.6.1999 – 1 B 97.3174 – juris Rn. 16; B. v. 5.12.2001 a.a.O. juris Rn. 11 m. w. N.; Lechner in Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 68 Rn. 472 m. w. N.).
Eine Baugenehmigung muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten Nutzung eindeutig erkennen lassen, damit die mit dem Bescheid getroffene Regelung für die Beteiligten des Verfahrens nachvollziehbar und eindeutig ist (vgl. BayVGH, B. v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 30). Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich dabei nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht (vgl. OVG NW, U. v. 6.6.2014 – 2 A 2757/12 – juris Rn. 73; NdsOVG, B. v. 26.1.2012 – 1 ME 226/11 – juris Rn. 22).
4. Unter Berücksichtigung der von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe, stellt sich die der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrunde liegende Betriebsbeschreibung vom 14. Dezember 2015, handschriftlich ergänzt am 21. September 2016 als zu unbestimmt dar, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Klägerin durch den mit der Baugenehmigung vom 22. September 2016 genehmigten Betrieb in ihren Rechten, insbesondere im nachbarschützenden Gebot der Rücksichtnahme verletzt ist.
4.1 Inhaltlich zielt das Gebot der Rücksichtnahme darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, den die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt es eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich – umgekehrt – um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9). Für eine sachgerechte Bewertung des Einzelfalles kommt es wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist, an (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1977 – IV C 22.75 – BVerwGE 52, 122 – juris Rn. 22; U.v. 28.10.1993 – 4 C 5.93 – NVwZ 1994, 686 – juris Rn. 17; U.v. 23.9.1999 – 4 C 6.98 – BVerwGE 109, 314 – juris Rn. 20; U.v. 18.11.2004 – 4 C 1/04 – NVwZ 2005, 328 – juris Rn. 22; U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – BVerwGE 145, 145 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 12.9.2013 – 2 CS 13.1351 – juris Rn. 4).
4.2 Hinsichtlich der Zumutbarkeit von Belästigungen kann grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des BImSchG zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2011 – 14 AS 11.2305 – juris Rn. 29). Ebenso ist für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Lärm als Maßstab die TA Lärm heranzuziehen (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8/11 – BVerwGE 145, 145 – juris Rn. 17).
Gem. § 22 Abs. 1 a BImSchG sind jedoch Geräuscheinwirkungen, die beispielsweise von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen durch Kinder hervorgerufen werden, im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung, so dass bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen die Immissionsgrenz- und -richtwerte daher nicht herangezogen werden dürfen.
§ 22 Abs. 1 a BImSchG soll nach seinem eindeutigen Wortlaut Geräuscheinwirkungen, die durch Kinder hervorgerufen werden, privilegieren. Hingegen soll gerade nicht der Betrieb einer Kindertagesstätte ohne hinreichend konkretes Betriebskonzept ermöglicht werden, das die besondere Situation vor Ort im konkreten Einzelfall nicht berücksichtigt und nicht geeignet ist, Lärmentwicklungen, die gerade nicht auf sozialadäquaten Kinderlärm zurückzuführen sind, sondern vielmehr auf eine unzureichende Betriebsorganisation oder laute Spielgeräte, zu vermeiden. Kinderlärm steht unter einem besonderen Toleranzgebot der Gesellschaft und die Geräusche spielender Kinder als Ausdruck der kindlichen Entwicklung und Entfaltung sind grundsätzlich zumutbar und dagegen gerichtete Abwehransprüche sollen auf seltene Einzelfälle beschränkt bleiben. Speziell für das Bauplanungsrecht geht der Bundesgesetzgeber davon aus, dass sich aufgrund der nunmehrigen Fassung des § 22 BImSchG auch eine Ausstrahlung auf die Anwendung des allgemeinen Rücksichtnahmegebots in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergibt (vgl. VG München, U. v. 20.6.2016 – M 8 K 15. 4999 – juris Rn. 55 m. w. N.).
§ 22 BImSchG soll jedoch keine unzureichende Organisation des Betriebsablaufs ermöglichen, die möglicherweise zu einer Verletzung des aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO oder aus dem Begriff des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB zu entnehmenden Rücksichtnahmegebots führt. Es ist gerade Sinn und Zweck des Baugenehmigungsverfahrens, vor Ausführung des Vorhabens Verletzungen von Nachbarrechten verbindlich und verlässlich auszuschließen und deren Behebung nicht ungewissen und unbestimmten Verfahrensweisen in der Zukunft oder einem begleitenden Verwaltungsvollzug zu überlassen (vgl. BVerwG, B. v. 14.06.2011 – 4 B 3/11 – juris Rn. 6/10).
4.3 Im Rahmen des Rücksichtnahmegebots ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass im streitgegenständlichen Geviert bereits eine erhebliche Lärmvorbelastung besteht. Das klägerische Grundstück befindet sich zwischen zwei bereits bestehenden Kinderbetreuungseinrichtungen und ist somit sowohl aus südlicher Richtung durch die Kinderbetreuungseinrichtung mit 79 Kindern auf dem Vorhabengrundstück wie auch aus nördlicher Richtung durch die Kindereinrichtung mit 59 Kindern auf dem Grundstück mit der Fl.Nr. 386 (* …str. 59) vorbelastet. Rückzugsmöglichkeiten auf dem klägerischen Grundstück vor den Emissionen der insgesamt 164 Kinderbetreuungsplätzen gibt auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse nicht. Hinzu kommt, dass das klägerische Anwesen eine reine Wohnnutzung darstellt.
4.4 Das von der Beklagten zitierte Lärmgutachten (Schalltechnische Verträglichkeitsuntersuchung) des Ingenieurbüros … vom 12. November 2014 ist nicht geeignet, die Bedenken wegen der Einhaltung des Gebotes der Rücksichtnahme von vornherein auszuräumen. Zum einen geht es von einem anderen Betriebskonzept (vom 7. November 2014) aus, als das der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrundeliegende Betriebskonzept vom 14. Dezember 2015, handschriftlich ergänzt am 21. September 2016. Schon allein aus diesem Grund trifft es keine Aussagen zu der zu erwartenden Lärmbeeinträchtigung durch das streitgegenständliche Vorhaben. Zudem geht das Gutachten vom 12. November 2014 auf Seite 7 von genau bestimmten Zahlen von Kindern auf den verschiedenen Freiflächen und einer ebenso begrenzten Nutzungszeit je Kind aus. Seiner Begutachtung legt es zugrunde, dass jedes Kind maximal 2 Stunden in der Gruppe auf einer Spielfläche verbringt und sich daher insgesamt 36 Kinder je zwei Stunden auf der nördlichen Spielfläche, 10 Kinder je zwei Stunden auf der westlichen Spielfläche, 24 Kinder je zwei Stunden auf der süd- und östlichen Spielfläche und 35 Kinder je zwei Stunden auf der Dachterrassenspielfläche aufhalten. Auf diesen Angaben bauen die weiteren Berechnungen über die Lärmimmissionen an bestimmten Nachbargebäuden auf und nicht auf den Angaben in der nunmehr vorgelegten Betriebsbeschreibung, die gerade keine bestimmten Angaben zur Freiflächennutzung enthält. Von einer Begrenzung der Zahl der Kinder auf den einzelnen Nutzungsflächen und einer Begrenzung der Nutzungszeit ist in der streitgegenständlichen Baugenehmigung wie auch in der vorliegenden Betriebsbeschreibung mit keinem Wort die Rede. Damit können die in dem Gutachten erstellten Berechnungen für das streitgegenständliche Vorhaben nicht herangezogen werden und daher kann das Gutachten des Ingenieurbüros … vom 12. November 2014 auch nicht Grundlage der streitgegenständlichen Baugenehmigung sein und ist folglich von der Beklagten und von der Beigeladenen auch nicht zum Bestandteil der vorliegenden Baugenehmigung gemacht worden. Darüber hinaus schlägt das Gutachten selber die Verwendung schallgedämmter Materialien bei Spiel- und Klettergeräten sowie eine regelmäßige Schmierung der Lager vor. Ferner seien die Möglichkeiten einer schalltechnisch optimierten Anordnung von Spielgeräten auszuschöpfen. Zur Nutzung der Dachterrasse wird ausdrücklich angemerkt, dass deren Nutzung als Spielfläche für besonders geräuschintensive Spiele in der gegebenen Form ungeeignet erscheine (vgl. S. 14 des Gutachtens vom 12. November 2014). Welche Spiele hierbei als besonders geräuschintensiv einzuschätzen sind, bleibt dabei offen. Diese Gedanken finden in der streitgegenständlichen Baugenehmigung und in der ihr zugrundeliegenden Betriebsbeschreibung ebenfalls keinen Ausdruck.
4.5 Hinzu kommt die starke Ausnutzung der Räumlichkeiten im Gebäude, die eine regelmäßige Nutzung der Freiflächen nahelegt. Im Erdgeschoss stehen für die Gruppe 3 zwei Räume mit insgesamt 56,5 m2 für 12 Kinder und somit etwa 4,7 m2 je Kind zur Verfügung; für die Gruppe 2 stehen zwei Räume mit insgesamt 60,9 m2 für 12 Kinder und somit etwa 5,1 m2 je Kind und für die Gruppe 1 zwei Räume mit insgesamt 61,3 m2 für 12 Kinder und daher etwa 5,1 m2 je Kind zur Verfügung. Dazu kommen ein Speiseraum mit 32,44 m2 sowie ein Spielflur, der jedoch mit knapp 2 m Breite sehr schmal ist und teilweise von einer Treppe zum Obergeschoss eingenommen wird und zugleich den Eingangsbereich des gesamten Hauses mit umfasst.
Im Obergeschoss hat die die Kindergartengruppe 5 einen Raum mit 42,1 m² für 22 Kinder und folglich etwa 1,91 m² je Kind; die Kindergartengruppe 4 hat einen Raum mit 46,2 m² für 21 Kinder und damit etwa 2,2 m2 je Kind. Dazu stehen den Kindern eine Vorschule mit 17,3 m², eine Forscherwerkstatt mit 18,00 m² und ein Spielflur mit 36,7 m² zur Verfügung, woraus sich eine Gesamtfläche von etwa 160,32 m² ergibt und damit je Kind etwa 3,7 m². Für die Hortgruppe sollen zwei Räume mit insgesamt 78,5 m² für 26 Kinder zur Verfügung stehen, folglich etwa 3,0 m2 je Kind. In diesen jeweils 3 Quadratmetern sind auch Tische und Stühle sowie das sonstige Mobiliar unterzubringen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Hortkinder zumindest teilweise ihre Hausaufgaben dort erledigen sollen. Damit liegt es aufgrund der konkreten Raumverhältnisse nahe, dass die Freiflächen sehr stark in Anspruch genommen werden. Die Angaben in der Betriebsbeschreibung enthalten jedoch kein Konzept wie die Nutzung der Freiflächen innerhalb der Gruppe und auch innerhalb der in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten in Übrigen untergebrachten Gruppen geregelt werden soll.
4.6 Bei alledem ist schließlich zu berücksichtigen, dass die vorhandenen Freiflächen ebenfalls vergleichsweise klein sind, so dass ohne zeitliche, örtliche und zahlenmäßige Begrenzung in der Betriebsbeschreibung zumindest nicht ausgeschlossen ist, dass diese sowohl nach der Nutzungsdauer wie auch der Nutzungsdichte intensiv genutzt werden. Nach dem zur streitgegenständlichen Baugenehmigung eingereichtem Freiflächengestaltungsplan befindet sich im Süden des Anwesens ein freier Bereich von etwa 30 m Länge und einer Breite von etwa 5 m, der allerdings nahezu zur Hälfte von einem Weg eingenommen wird. In der Mitte befindet sich ein ca. 1 m breiter und 10 m langer Sandkasten. Besondere Spielmöglichkeiten außer der Sandkastenbenutzung bestehen hier schon infolge der Form und der Kleinheit der Fläche nicht. Der Bereich im Osten vor dem Gebäude wird im Wesentlichen von vier Parkplätzen, dem Eingangsbereich und den Müllcontainern eingenommen. Im Westen liegt ein etwa 12 m langer und zwischen 4 und 6 m breiter Bereich, der jedoch zum großen Teil mit Platten gepflastert und im Übrigen mit mehreren Bäumen mit etwa 2,5 m Kronenbreite besetzt ist. Auch diese Fläche ist als Spielfläche für Kinder nur begrenzt geeignet, noch dazu wird eine Fläche von über 6 m Länge und 1 m Breite von einer Treppe eingenommen.
Damit verbleibt als eigentliche Freifläche der Bereich nördlich des Gebäudes, der dem klägerischen Anwesen zugewandten Seite, die insbesondere auch aus den Räumlichkeiten für die Hortkinder erreichbar ist. Dieser Bereich ist zwischen 25 m und 30 m lang und unter Berücksichtigung der Randbepflanzung und der Treppen am Haus etwa 6 m breit. Auf diesen etwa 170 m2 wird sich ein erheblicher Teil der außerhäuslichen Aktivitäten der Kinder abspielen müssen. Wie viele Kinder sich gleichzeitig dort aufhalten sollen und wie lange die Freifläche genutzt werden soll, und welche Aktivitäten dort stattfinden sollen, dazu trifft die Betriebsbeschreibung keinerlei Aussage. Wie knapp diese Freifläche sich darstellt, ergibt sich, wenn man diese 170 m2 durch die Anzahl der 105 Kinder dividiert: Es entfallen nur 1,6 m2 auf ein Kind. Selbst wenn man die 36 Krippenkinder in Abzug bringt, verbleiben 69 Kinder mit je 2,4 m2. Auf einer so kleinen Fläche erscheint ein freies Spielen nur möglich, wenn immer nur ein Teil der Kinder die Gartenfläche gleichzeitig benutzt, was zu einer insgesamt längeren Nutzungszeit führt. Insgesamt ist aufgrund der objektiven Gegebenheiten davon auszugehen, dass die Nutzung der Freifläche zumindest in den sommerlichen Monaten deutlich intensiver ausfallen wird als es die Betriebsbeschreibung auf den ersten Blick erwarten lässt.
5. Unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im vorliegenden Fall ist die streitgegenständliche Baugenehmigung bzw. die ihr zugrunde liegende Betriebsbeschreibung aus folgenden Gründen zu unbestimmt:
5.1 Die Baugenehmigung ist insbesondere im Hinblick auf die in nur einem Satz unter Nr. 5 der Betriebsbeschreibung abgehandelte „Freiflächennutzung“ zu unbestimmt. Hier wird die Aussage gemacht, die Hortkinder nutzten diese Fläche nur „sporadisch“. Dieser Begriff, der im Lexikon mit „vereinzelt, hin und wieder“ umschrieben wird, ist derart unbestimmt, dass er im Rechtssinn nicht auszulegen ist. Zunächst ist der Begriff „sporadisch“ größenordnungsmäßig unbestimmt, irgendwelche fassbaren Zahlenwerte bzw. Zeiten lassen sich nicht zuordnen. Darüber hinaus hängen derartige unbestimmte Begriffe auch noch von der subjektiven Einschätzung ab, wobei die persönliche Betroffenheit eine Rolle spielen wird. Durch die Verwendung eines derart unbestimmten Begriffs wird eine genaue Festlegung umgangen. Die fehlenden Angaben über Ausmaß und Dauer der Freiflächennutzung lassen nahezu jede beliebige Freiflächennutzung zu.
Genauso unbestimmt ist die Angabe, es werde eine „intensive“ Nutzung der umliegenden Grünflächen und des Ökologischen Bildungszentrums stattfinden. Der Begriff intensiv kann genau so wenig Gegenstand einer rechtlich eindeutigen Auslegung sein wie der Begriff sporadisch. Die Angabe einer „fußläufigen Entfernung“ lässt ebenfalls ein weites Feld der Interpretation zu. Hinzu kommt, dass der Hinweis auf geplante Ausflüge in Widerspruch zu den unter Nr. 3 und 4 gemachten Zeitangaben steht, wonach die Hortkinder ab 11.30 Uhr eintreffen, dann von 12.30 bis 14 Uhr zu Mittag essen und bereits ab 15 Uhr teilweise nach Hause abgeholt werden. Zeit für die Nutzung von Einrichtungen in der Umgebung oder für Ausflüge bleibt in diesem Zeitplan jedenfalls nicht. Selbst die Nutzung der umliegenden öffentlichen Flächen stellt unter solchen Bedingungen ein Problem dar, denn das nach dem Mittagessen verbleibende Zeitfenster von 13 Uhr bis 15 Uhr reicht für eine sinnvolle Aktivität dieser Art mit Hin- und Rückweg kaum aus. Nur für diejenigen Hortkinder, die erst später abgeholt werden, bliebe ein größerer Zeitraum für solche Aktivitäten, das aber würde eine Trennung der Hortgruppe erfordern, was wiederum wohl einen anderen Personalschlüssel erfordert, den die Betriebsbeschreibung ebenfalls nicht regelt.
5.2 Die Unbestimmtheit der der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 22. September 2016 zugrundeliegenden Betriebsbeschreibung ergibt sich auch aus dem dargestellten Tagesablauf. Die angegebenen Zeiten, die durch die Eingangsbemerkung „für gewöhnlich“ zur Disposition gestellt sind, eröffnen für die Zeit nach dem Mittagessen praktisch beliebige Möglichkeiten. Dazu kommt der Umstand, dass Ortsangaben zu den beabsichtigten Aktivitäten fehlen, so dass beispielsweise unklar ist, wo das Mittagessen eingenommen werden soll und wo das geplante Freispiel stattfinden soll. Der einzige in den Plänen dargestellte Speiseraum im Erdgeschoss mit 32,44 m2 wurde bisher allein durch die bereits genehmigten 79 Kinder genutzt, so dass sich eine Mitbenutzung durch die Hortkinder auch auf die Betriebsabläufe der genehmigten Kindertageseinrichtung auswirken könnte. Auf Grund der beengten Räumlichkeiten ist nach der vorgelegten Betriebsbeschreibung auch nicht ausgeschlossen, dass bei gutem Wetter das Mittagsessen im Garten oder auf der Dachterrasse eingenommen wird.
5.3 Die Unbestimmtheit der Betriebsbeschreibung ergibt sich auch aus der fehlenden Regelung des Personalschlüssels sowie der fehlenden Anzahl der Aufsichtspersonen, insbesondere ob neues Personal zusätzlich zur bereits genehmigten Bestandskindertagesstätte eingestellt wird oder, ob „Bestandspersonal“ zur Betreuung der zusätzlichen Hortkinder eingesetzt werden soll. Die Beaufsichtigung bei der Nutzung der Freiflächen ist ebenfalls nicht geregelt, insbesondere werden keine Angaben dazu gemacht, ob die Hortkinder allein oder zusammen mit anderen Kindern der Tagesstätte die Freifläche benutzen werden bzw. dürfen. Es ist allgemein bekannt, dass es bei einer Kindergruppe, die eine bestimmte Größe überschreitet, zunehmend schwieriger wird, die Lautstärke und damit die Lärmimmissionen an benachbarten Grundstücken zu kontrollieren. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Aussage im Lärmschutzgutachten des Ingenieurbüros … vom 12. November 2014, das von der Beigeladenen in Auftrag gegeben worden ist, verwiesen. Auf Seite 7 (unten) dieses Gutachtens wird ausgeführt: „Im Schreiben des LfU (Bayerischen Landesamtes für Umwelt, Veröffentlichung Beurteilung der Geräusche von Kinderspielplätzen) wird ferner darauf hingewiesen, dass durch das pädagogische Geschick und durch den Ideenreichtum des betreuenden Personals die Schallemissionen reduziert werden können. Messungen haben zum Beispiel ergeben, dass in Montessori-Einrichtungen um ca. 10 dB(A) und in Waldorf-Kindergärten um 13 dB(A) niedrigere Emissionen auftreten als in städtischen Einrichtungen“. Damit wird deutlich, dass dem betreuenden Personal und insbesondere der Anzahl der Betreuungspersonen in jedem Fall eine erhebliche Bedeutung in Bezug auf die Möglichkeit unzumutbarer Lärmbeeinträchtigungen zukommt.
5.4 Ebenso fehlt in der Betriebsbeschreibung eine Regelung zur Nutzung der Dachterrasse. Angesichts der dargestellten beengten Verhältnisse im Gebäudeinneren ist es verständlich, dass wie von Klägerseite dargelegt auch diese Dachterrasse als Aufenthalts- und Spielfläche genutzt wird. In dem eigenen schalltechnischen Gutachten der Beigeladenen vom 12. November 2014 heißt es zur Dachterrasse auf Seite 14: „Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass die Nutzung der Dachterrasse als Spielfläche für besonders geräuschintensive Spiele ungeeignet erscheint, es sei denn die Brüstung wird bis zu einer Höhe von ca. 1 m massiv und somit schalldicht ausgeführt.“ Da weder die Betriebsbeschreibung noch der streitgegenständliche Bescheid irgendeine Aussage zur Nutzung dieser Dachterrasse enthalten, ist die Baugenehmigung auch in dieser Hinsicht zu unbestimmt. Mangels Ansichten und Schnitten in den streitgegenständlichen Bauvorlagen lässt sich auch die Höhe und Ausgestaltung der Dachterrassenumwehrung nicht bestimmen. Aufgrund der fehlenden Ansichten und Schnitte ist insoweit auch der Regelungsumfang der streitgegenständlichen Baugenehmigung unbestimmt. In der Ansicht West im Behördenakt zur Baugenehmigung vom 6. November 2014 sind zwei Dachterrassen dargestellt.
5.5 Schließlich ist ebenfalls unklar, wie die Außentreppen an der Nord- und Westseite – das heißt die der Klägerin zugewandten Seiten – des streitgegenständlichen Gebäudes genutzt werden sollen bzw. dürfen. Bei der nördlichen Außentreppe handelt es sich um eine Treppe, die unmittelbar aus dem Nebenraum der Hortgruppe auf die nördliche Freifläche führt. In der Betriebsbeschreibung und in den vorgelegten Bauvorlagen ist nicht ersichtlich, ob es sich hierbei um eine Fluchttreppe als weiteren Rettungsweg handelt oder um eine Außentreppe, die den täglichen Betrieb des Kinderhorts dient, laufend benutzt wird und beispielsweise auch der Bring- und Abholverkehr der Eltern über diese Treppe abgewickelt wird.
5.6 Die Unbestimmtheit der streitgegenständlichen Betriebsbeschreibung folgt u.a. auch aus der fehlenden Regelung für die Schulferienzeiten. Die Hortgruppe soll 26 Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren umfassen, die Öffnungszeit für diese Gruppe ist mit 11 Uhr bis 19 Uhr angegeben, wozu handschriftlich „Montag bis Freitag“ ergänzt wurde. Die Hortkinder sollen täglich ab 11 Uhr eintreffen. Ohne dass es dazu eine Aussage gibt, ist infolge des Alters davon auszugehen, dass es sich um schulpflichtige Kinder handelt, dass also eine nachschulische Betreuung beabsichtigt ist. Angesichts des Umstandes, dass die Schulferien in Bayern 12 Wochen pro Jahr betragen (je zwei Wochen zu Weihnachten, an Ostern und an Pfingsten, sowie sechs Wochen im Sommer), ist es nicht ohne Bedeutung, ob die Betreuung auch während der Ferienzeiten ganz oder teilweise fortgesetzt werden soll und für diesen Fall auch die Bring- und Abholzeiten zu regeln, die sich im Hinblick auf die Berufstätigkeit der Eltern zumindest in den Schulferien nach vorne verschieben dürfte, so dass die Hortkinder in den Schulferien zusammen mit den Kinderkrippenkindern eintreffen könnten und zumindest in den Schulferien unter Umständen auch von den Eltern gebracht werden. Dies könnte wiederum weitere Auswirkungen auf den Hol- und Bringverkehr während der Schulferienzeiten haben. In der vorliegenden Form der streitgegenständlichen Betriebsbeschreibung ist eine Ferienbetreuung jedenfalls nicht eindeutig ausgeschlossen.
5.7 Die streitgegenständliche Baugenehmigung ist zudem auch im Hinblick auf eine fehlende Regelung für sog. „seltene Ereignisse“ unbestimmt. Wie sich aus dem Immissionskonflikt in der Vergangenheit zeigt, ist es zwischen der Klägerin und der Beigeladenen auch im Hinblick auf Veranstaltungen, die außerhalb des regulären Betriebs liegen (z.B. Elternabend; Elterninformationsveranstaltungen; Übernachtungsparties, Sommerfest, etc.) zu Konflikten gekommen. Diese Veranstaltungen sind bereits gegenwärtig in der Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten angelegt, da ein Hortbetrieb in der Regel solche vom Normalbetrieb abweichenden Veranstaltungen umfasst, wie sich u.a. auch aus den Nachbarkonflikten in der Vergangenheit zeigt, so dass eine fehlende Regelung im Hinblick auf die nunmehr beantragte Nutzungserweiterung eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung darstellt.
Denn soweit die Lärmbeeinträchtigungen aufgrund der Baugenehmigung dem Vorhaben zuzurechnen sind, muss durch die Baugenehmigung selbst sichergestellt werden, dass Verletzungen des nachbarschützenden Rücksichtnahmegebots ausgeschlossen werden (vgl. BayVGH, U.v. 21.10.2010 – 14 B 08.1267 – juris Rn. 37).
Der Bauherr muss die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Diese Forderung hat gerade im vorliegenden Verfahren besondere Bedeutung. Im streitgegenständlichen Fall kommt es bereits vor der geplanten Nutzungserweiterung zu einer Konzentration von Kindertageseinrichtungen in der maßgeblichen näheren Umgebung, die vorliegend durch Wohnnutzung geprägt ist. Aufgrund der besonderen örtlichen Situierung des klägerischen Anwesens zwischen zwei Kinderbetreuungseinrichtung mit erheblicher Belegungsdichte (jeweils 79 und 59 Kindern), die nunmehr um weitere 26 Kinder und damit auf insgesamt 164 Kinder im unmittelbaren Umfeld des rein zu Wohnzwecken genutzten Anwesens der Klagepartei erweitert werden soll, ist ein hinreichend konkretes Nutzungskonzept erforderlich, das klar den Nutzungsumfang festlegt. Zu unbestimmt ist daher eine Baugenehmigung, wenn sie unter Einbeziehung der genehmigten Bauvorlagen das Vorhaben nicht ausreichend beschreibt und sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale bezieht, deren Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen (vgl. OVG NRW, U.v. 16.12.2014 – 7 A 2623/13 – juris Rn. 33).
5.8 Schließlich ist auch noch darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Baugenehmigung der Betrieb der Kindertagesstätte nicht nur geringfügig erweitert wird. Die Baugenehmigung vom 19. September 2012 in Gestalt der Änderungsgenehmigung vom 6. November 2014 genehmigt im Vorhabengebäude vier Krippengruppen für Kinder von 0 bis 3 Jahren und 1,6 Kindergartengruppen für Kinder von 3 bis 6 Jahren. In den streitgegenständlichen Bauvorlagen sind allerdings in den Grundrissen für das Erdgeschoss drei Gruppen für jeweils 12 Krippenkinder und im Obergeschoss zwei Kindergartengruppen für jeweils 22 bzw. 21 Kinder eingetragen. Mit dem streitgegenständlichen Bauantrag vom 14. Dezember 2015, bei der Beklagten am 11. April 2016 eingegangen, wird ausdrücklich eine „Nutzungsänderung 1. OG Teilbereich von Kindergarten in Hort“ beantragt. Unklar bleibt dabei, u.a. auch aufgrund der in den vorgelegten Bauakten fehlenden Grundrisse des Obergeschosses zur Baugenehmigung vom 19. September 2012 und vom 6. November 2014, ob die streitgegenständlichen Räumlichkeiten bisher den bereits 79 Kinderkrippen- und Kindergartenkindern zur Verfügung standen und durch die streitgegenständliche Baugenehmigung das bisherige Raumangebot reduziert wird. Jedenfalls liegt der Baugenehmigung vom 19. September 2012 eine Betriebsbeschreibung zugrunde, die ebenfalls keine Regelungen zur Nutzung der umliegenden Freiflächen auf dem streitgegenständlichen Grundstück enthält. Die der Änderungsgenehmigung vom 6. November 2014 zugrundeliegende Betriebsbeschreibung bzw. der Änderungsantrag hinsichtlich der betrieblichen Änderung wurde zurückgezogen (vgl. Schreiben der Beigeladenen vom 15. September 2014, Behördenakte S. 90). Angesichts der streitgegenständlichen Erweiterung um 26 Kinder und damit um etwa ¼ der bisher genehmigten Betreuungsplätze ist zumindest nicht auszuschließen, dass diese Erweiterung auch Auswirkungen auf die bereits genehmigte Kindertagesstätte bzw. auf die Betriebsabläufe hat. Insoweit stellt sich die Frage, ob eine umfassende neue Betriebsbeschreibung sowohl für die Kinderkrippe und Kindergarten wie auch den Kinderhort erforderlich gewesen wäre, die insbesondere die Nutzung der Freiflächen für alle Kindergruppen regelt und aufeinander abgestimmt koordiniert.
6. Der streitgegenständlichen Baugenehmigung fehlt daher eine ausreichend bestimmte Betriebsbeschreibung im Hinblick auf den auf der Hand liegenden Immissionskonflikt, so dass gegenüber den betroffenen Nachbarn gerade im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse dies vorliegenden Einzelfalls nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme im vorliegenden Fall nicht verletzt ist. Nachbarrechte werden bereits dann verletzt, wenn infolge der Unbestimmtheit einer Baugenehmigung nicht ausgeschlossen werden kann, dass das genehmigte Vorhaben gegen nachbarschützendes Recht verstößt (vgl. BayVGH, U. v. 8.8.2000 – 26 B 96.1956 – juris Rn. 42).
7. Da die streitgegenständliche Baugenehmigung schon im Hinblick auf die notwendige Betriebsbeschreibung unzureichend und das Ausmaß der nachbarlichen Beeinträchtigungen wegen ihrer Unbestimmtheit nicht abschätzen und erkennen lässt und sich daher nach alledem als rechtswidrig darstellt und die Klägerin in ihren Rechten verletzt, kommt es auf die weiteren von der Klägerin gerügten rechtlichen Defizite nicht mehr an.
7.1 Insbesondere kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben, ob die Erweiterung der bestehenden Kindertagesstätte mit 79 Kindern um weitere 26 Hortkinder in der vorzufindenden Lage vor dem Hintergrund der bereits genehmigten und betriebenen Kindergrippe auf dem Nachbargrundstück …str. 59, Fl.Nr. … mit 59 Kindern und unter Berücksichtigung der besonderen Lage des klägerischen Grundstücks (zwischen den zwei großen Kindertageseinrichtungen) überhaupt bauplanungsrechtlich zulässig ist. In der maßgeblichen näheren Umgebung des klägerischen Grundstücks, das ausschließlich rein wohngenutzt wird, befinden sich mit der streitgegenständlichen Erweiterung 105 Kinderbetreuungsplätze auf dem Vorhabengrundstück sowie weitere 59 Kinderbetreuungsplätze auf dem Nachbargrundstück, insgesamt somit 164 Kinderbetreuungsplätze. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Kindertagesstätten auch das ungeschriebene Erfordernis der Gebietsverträglichkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Art der Nutzung wahren (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 28.2.2008 – 4 B 60/07 NVwZ 2008, 786 – juris Rn. 5 f.; VG München, U. v. 7.12.2009 – M 8 K 09.4469 – juris Rn. 55 ff., zu einer viergruppigen Kinderkrippe im faktischen reinen Wohngebiet und U. v. 11.3.2013 – M 8 K 12.794 – juris, Kindertagesstätte mit 98 Kindern im faktischen reinen Wohngebiet). Bei der Prüfung der Gebietsverträglichkeit ist von einem typisierenden Ansatz auszugehen, wobei Ausgangspunkt und Gegenstand dieser Betrachtungsweise das jeweils zur Genehmigung gestellte Vorhaben ist. Maßgeblich ist danach auf die Auswirkungen abzustellen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehen, insbesondere nach seinem räumlichen Umfang und der Größe seines Einzugsbereichs, der Art und Weise der Betriebsvorgänge, dem durch das Vorhaben bedingten An- und Abfahrtsverkehr sowie der zeitlichen Dauer dieser Auswirkungen und ihrer Verteilung auf die Tages- und Nachtzeiten.
Zweifel an der Gebietsverträglichkeit einer Kindertagesstätte in einem Wohngebiet könnten sich bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise dann ergeben, wenn diese wegen ihrer Größe und der damit verbundenen Nutzungsintensität ein atypisches Störpotential aufweist (vgl. VG München, Urteil vom 20. Juni 2016 – M 8 K 15.4999 – juris Rn. 42).
7.2 Auch Fragen des Bauordnungsrechts, insbesondere die Einhaltung der gesetzlichen Abstandsflächen sowie die Rechtmäßigkeit der für die beantragte Schallschutzwand erteilten Abweichung von den gesetzlichen Abstandsflächen gem. Art. 63 BayBO i.V.m. Art. 6 BayBO können im vorliegenden Verfahren dahinstehen.
8. Nach alledem war der Klage stattzugeben. Als Unterlegene tragen die Beklagte und die Beigeladene, die einen eigenen Sachantrag gestellt hat, die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte (§ 154 Abs. 1 VwGO, § 154 Abs. 3 VwGO, § 159 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben