Baurecht

Bauordnungsrechtliche Einordnung von Wohnfässern als genehmigungsfreie Vorhaben/fliegende Bauten

Aktenzeichen  AN 17 K 17.01980

Datum:
28.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2346
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Art. 72 Abs. 1
BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, § 29, § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 2, Abs. 3
VwGO § 84 Abs. 1
BauVorlV § 3 Nr. 1, § 7 Abs. 3 Nr. 10

 

Leitsatz

1. Die Annahme von fliegenden Bauten iSd Art. 72 Abs. 1 S. 1 BayBO setzt u.a. voraus, dass der Bauherr den Willen zur ortsveränderlichen Nutzung dieser Bauten hat.  (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sind Einzelvorhaben, die für sich betrachtet genehmigungsfrei sind, jedoch unselbständige Teile von einem Gesamtvorhaben, das selbst genehmigungspflichtig ist, dann erstreckt sich die Genehmigungspflicht der Einzelvorhaben und das Genehmigungsverfahren auch auf sie. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Gründe

Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung. Der dies versagende Bescheid des Beklagten vom 25. August 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1 VwGO).
Dabei verneint die Kammer nicht schon das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die anhängige Klage, weil er sein Bauvorhaben in abgeänderter Form erneut zum Gegenstand eines Verwaltungsverfahrens bei der Beklagten gemacht hat. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt im Regelfall vor und bedarf nur in besonderen Fällen der Begründung. Wenn die Rechtsordnung ein materielles (Abwehr-)Recht gewährt, spricht sie in aller Regel auch demjenigen, den sie als Inhaber dieses Rechts ansieht, das Interesse an einem gerichtlichen Schutz dieses Rechts zu. Das Bedürfnis für einen Antrag auf gerichtlichen Rechtsschutz fehlt aber dann, wenn die Inanspruchnahme des Gerichts für den Rechtsschutzsuchenden nutzlos erscheint, weil die begehrte gerichtliche Entscheidung offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. BVerwGE 142, 48 Rn. 27 – NVwZ-RR 2012, 444; Sodan in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 42 Rn. 353 m.w.N.). Ob das im vorliegenden Fall allein deswegen anzunehmen ist, weil der Kläger sein Bauvorhaben abgeändert erneut zur Prüfung durch die zuständige Verwaltung gestellt und damit möglicherweise kein Interesse an der Erteilung der Genehmigung auf der Grundlage seines Bauantrags vom 12. Januar 2017 mehr hat, ist indes zweifelhaft. Bei Zweifelsfragen ist das Rechtschutzbedürfnis – zumal wenn ein ablehnender Bescheid im Raume steht – zu bejahen (BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 3 C 25/03 – NVwZ-RR 2004, 855).
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für das von ihm beantragte Bauvorhaben über das Aufstellen von 15 Wohnfässern auf dem Grundstück FlNr. … der Gemarkung … gegenwärtig nicht zu. Es mangelt insoweit bereits an prüffähigen Bauvorlagen. Denn der Kläger hat entgegen Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. §§ 3 Nr. 1, 7 Abs. 3 Nr. 10 BauVorlV keinen Lageplan vorgelegt, aus dem sich die geplante bauliche Anlage unter Angabe ihrer Außenmaße ergibt. Das ist soweit unstreitig.
Mit dem Beklagten nimmt die Kammer an, dass hierauf auch nicht verzichtet werden konnte. Bei dem Bauvorhaben des Klägers handelt es sich weder um fliegende Bauten im Sinne des Art. 72 Abs. 1 BayBO, für die es lediglich der Erteilung einer Ausführungsgenehmigung nach Art. 72 Abs. 2 BayBO bedarf, noch liegt ein verfahrensfreies Vorhaben im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), Nr. 10 Buchst. d) oder Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BayBO vor.
Bei den Wohnfässern, wie der Kläger sie aufstellen möchte, handelt es sich nicht um fliegende Bauten im Sinne des Bauordnungsrechts. Fliegende Bauten sind entsprechend der Legaldefinition des Art. 72 Abs. 1 S. 1 BayBO bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt sind, wiederholt an wechselnden Orten aufgestellt und zerlegt zu werden. Objektiv verlangt der Begriff des fliegenden Baus, dass die jeweilige Anlage überhaupt geeignet ist, an wechselnden Orten wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden. Das hängt entscheidend von der Konstruktion der Anlage ab und setzt voraus, dass eine dauerhafte und feste Verbindung mit einem Grundstück fehlt (Konrad/Kraus in: Simon/Busse, BayBO, 131. EL Oktober 2018, Art. 72 Rn. 10). Schon an dieser objektiven Eignung bestehen angesichts der eingereichten Bauunterlagen Zweifel für die Kammer. Zwar bestätigt der Entwurfsverfasser mit Schreiben vom 12. Januar 2017 gegenüber dem Landratsamt, die Wohnfässer seien nicht fest mit dem Erdreich verbunden, ein Fundament oder dergleichen sei nicht erforderlich (Bl. 15 d. Bauakte). Aus den baubeschreibenden Unterlagen (Bl. 18 ff. d. Bauakte) ist jedoch erkennbar, dass die Wohnfässer auf Trägerelementen ruhen, hinsichtlich derer der Kläger in der Klagebegründung mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 (Bl. 27 d. Gerichtsakte) vortragen lässt, sie seien mit geringer Fundamentierung zu installieren. Eine Installation „analog fliegender Bauten“, wie der Klägervertreter ausführt, kennt das bayerische Bauordnungsrecht nicht. Einer Entscheidung hierüber braucht es auch nicht. Ungeachtet dessen fehlt es dem Kläger nämlich ersichtlich am subjektiven Willen zur ortsveränderlichen Nutzung. Diese subjektive Komponente, bei der es allein auf die Absicht des Bauherrn ankommt, ist Tatbestandsmerkmal für das Eingreifen von Art. 72 BayBO (Konrad/Kraus in: Simon/Busse, BayBO, 131. EL Oktober 2018, Art. 72 Rn. 11). Der Wille zur ortsfesten Nutzung, wie er der Annahme eines fliegenden Baus entgegensteht, bezieht sich dabei nach Auffassung der Kammer auf das Bauvorhabengrundstück als Ganzes. Für die Frage der Einordnung als fliegender Bau ist es folglich erheblich, ob sich der Ortswechsel lediglich auf dem Grundstück des Klägers selbst oder auch über die Grundstücksgrenzen hinaus vollziehen soll. Denn das Bauordnungsrecht ist seiner Systematik und dem Sinn und Zweck der durch die Bayerische Bauordnung erfassten Regelungsgegenstände nach (vorhaben) grundstücksbezogen (vgl. Art. 4 Abs. 1 BayBO). Da aber im vorliegenden Fall die Wohnfässer als bauliche Anlagen das Bauvorhabengrundstück nicht nach einer angemessenen Zeitdauer des Aufstellens verlassen sollen, fehlt es insoweit am subjektiven Willen des Klägers zur ortsveränderlichen Nutzung im Sinne des Art. 72 BayBO. Folglich ist ein fliegender Bau nicht gegeben.
Ebenso wenig stellt sich das Bauvorhaben des Klägers als verfahrensfrei nach Art. 57 Abs. 1 oder Abs. 2 BayBO dar. Die allein in Betracht kommenden Regelungsgegenstände nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a), Nr. 10 Buchst. d) oder Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BayBO greifen für das beantragte Bauvorhaben allesamt nicht ein.
Gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) BayBO sind Gebäude mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 75 m³ verfahrensfrei gestellt, sofern sie sich nicht im bauplanungsrechtlichen Außenbereich befinden. Bei den Wohnfässern handelt es sich um Gebäude im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayBO zylindrischer Bauart. Unter Zugrundelegung der Baubeschreibung der einzelnen Fässer (Bl. 20 d. Bauakte) errechnet sich ein Brutto-Rauminhalt von ca. 17,47 m³ pro Wohnfass. Für die beantragten 15 Fässer ergibt sich ein Brutto-Raumgesamtinhalt von ca. 262 m³. Auf diesen gesamten Rauminhalt der 15 Wohnfässer ist hinsichtlich der Beurteilung, ob ein verfahrensfreies Vorhaben nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) BayBO vorliegt, abzustellen, denn es handelt sich bei jedem Wohnfass nicht um ein selbständiges Einzelvorhaben, das einer privilegierten isolierten Betrachtung nach Art. 57 Abs. 1 BayBO zugänglich wäre. Sind Einzelvorhaben, die für sich betrachtet genehmigungsfrei sind, jedoch unselbständige Teile von Gesamtvorhaben, die selbst genehmigungspflichtig sind, dann erstreckt sich die Genehmigungspflicht und das Genehmigungsverfahren auch auf sie (Lechner/Busse in: Simon/Busse, BayBO, 131. EL Oktober 2018, Art. 57 Rn. 14). Ein selbständiges Einzelvorhaben setzt dabei voraus, dass es nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Ausführung eines Vorhabens steht (Lechner/Busse in: Simon/Busse, BayBO, 131. EL Oktober 2018, Art. 57 Rn. 13). Der Umfang und der Inhalt des Bauvorhabens, auf das abzustellen ist, sind dabei maßgeblich durch den Bauherrn nach seinen Angaben im Bauantrag konkretisiert (BVerwG, U.v. 4.7.1980 – 4 C 99.77 – DÖV 1980, 921). Im vorliegenden Fall geht die Kammer von einem einheitlich zu betrachtenden Bauvorhaben von 15 Wohnfässern aus, denn der Kläger hat nicht das Aufstellen eines jeden einzelnen Fasses beantragt, sondern ein bauliches Gesamtvorhaben von 15 Wohnfässern zur Prüfung gestellt. Er hat hieran auch ein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten einheitlich zu bewertendes Interesse, da er das Bauvorhaben in den Dienst einer touristischen Nutzung bzw. in Ergänzung zu seinem Gastwirtschaftsbetrieb stellen will. Zwar setzt sich das Bauvorhaben aus jeweils verfahrensfreien Einzelbauwerken zusammen. Bei der Bemessung des Brutto-Rauminhaltes im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) BayBO für das klägerische Bauvorhaben ist jedoch eine additive Betrachtung der einzelnen Brutto-Rauminhalte der Wohnfässer geboten, da anderenfalls die Gefahr einer Aushöhlung bzw. einer Umgehung der grundsätzlichen Genehmigungspflicht nach Art. 55 Abs. 1 BayBO besteht (vgl. auch OVG Berlin, B.v. 23.8.1988 – 2 S 7.88 – BRS 48 Nr. 125; VGH Baden-Württemberg, B.v. 11.1.2001, 5 S 2545/00 – juris; VG Ansbach, U.v. 17.9.2013 – AN 3 K 13.00992 – juris; Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Bayerische Bauordnung, 56. EL 2013, Art. 57 Rn. 12). Es bedarf insoweit an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob der Kläger sein Bauvorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB verwirklichen will. Eine Verfahrensfreiheit des klägerischen Bauvorhabens nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) BayBO ist schon nach der ersten Tatbestandsvoraussetzung nicht gegeben.
Eine Verfahrensfreiheit ergibt sich auch nicht aus Art. 57 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. d) BayBO. Nach dieser Vorschrift sind verfahrensfrei gestellt Wohnwagen, Zelte und bauliche Anlagen, die keine Gebäude sind, auf Camping-, Zelt- und Wochenendplätzen. Art. 57 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. d) BayBO privilegiert die auf baurechtlich genehmigten Camping-, Zelt- und Wochenendplätzen üblicherweise errichteten baulichen Anlagen mit Ausnahme von Gebäuden. Das Bauvorhabengrundstück des Klägers ist allerdings kein baurechtlich genehmigter Camping-, Zelt- oder Wochenendplatz. Insoweit scheidet die Vorschrift schon deshalb aus, ohne dass es einer näheren Betrachtung bedarf, ob die beantragten Wohnfässer den in Art. 57 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. d) BayBO aufgezählten Räumen gleichzustellen sind.
Schließlich kann sich der Kläger nicht mit Erfolg auf Art. 57 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BayBO berufen. Nach dieser Vorschrift sind unbeschadet der Regelungen in Absatz 1 auch Wochenendhäuser verfahrensfrei gestellt, die im Geltungsbereich einer städtebaulichen Satzung oder einer Satzung nach Art. 81 BayBO, die Regelungen über die Zulässigkeit, den Standort und die Größe der Anlage enthält, wenn sie den Festsetzungen der Satzung entspricht, errichtet werden. Ob es sich bei den Wohnfässern, die der Kläger errichten möchte, um Wohnhäuser im Sinne dieser Vorschrift handelt, ist nicht entscheidungserheblich. Es fehlt bereits am Ortsrecht im Sinne des Art. 81 BayBO oder an einem Bebauungsplan, der verbindliche Regelungen, wie Art. 57 Abs. 2 BayBO sie voraussetzt, trifft. Das ergibt sich bereits aus dem Sachvortrag des Klägers und der Stellungnahme der Beigeladenen im Verwaltungsverfahren, denn dort wurde dem Bedürfnis nach einer geordneten Bauleitplanung zur Zulässigkeit des klägerischen Bauvorhabens gerade Ausdruck verliehen (vgl. Bl. 2 u. 6 d. Bauakte), während der Kläger davon ausgeht, dass es einer solchen Bauleitplanung bezogen auf sein Bauvorhaben gerade nicht bedarf (Bl. 1 d. Bauakte). Im Ergebnis scheidet auch Art. 57 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BayBO als Grundlage für eine Verfahrensfreiheit des klägerischen Bauvorhabens aus.
Damit war, worauf der Beklagte zu Recht hinwies, zumindest das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchzuführen, in welchem der Kläger zur Vorlage vollständiger Bauunterlagen verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall konnte von einer Darstellung der geplanten baulichen Anlage im Lageplan nach § 7 Abs. 3 BauVorlV auch nicht deshalb abgesehen werden, weil sich diese Darstellung im Einzelfall als nicht zur Beurteilung des Bauvorhabens notwendig erweisen würde. Die Notwendigkeit ergibt sich hier bereits aus dem Umstand, dass die Beteiligten darum streiten, ob das Bauvorhaben im planungsrechtlichen Innen- oder Außenbereich verwirklicht werden soll. Geht man mit der Ansicht des Klägers davon aus, das Bauvorhaben solle im planungsrechtlichen Innenbereich realisiert werden, ergibt sich die Notwendigkeit der Darstellung der Lage der Wohnfässer auf dem Bauvorhabengrundstück schon deshalb, weil dann in die Prüfung einzutreten wäre, ob sich das Bauvorhaben hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung‚ der Bauweise und der Grundstücksfläche, die bebaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ein Vorhaben fügt sich im allgemeinen ein‚ wenn es sich hinsichtlich dieser vier Kriterien innerhalb des Rahmens hält‚ der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Auch ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben kann aber ausnahmsweise zulässig sein‚ wenn es trotz der Überschreitung keine städtebaulichen Spannungen hervorruft (BVerwG, U.v. 15.12.1994 – 4 C 13.93 – NVwZ 1995, 698). Um dies sachgerecht beurteilen zu können, kann auf die Darstellung der Wohnfässer im Lageplan insbesondere deshalb nicht verzichtet werden, weil es sich eben nicht um ein einzelnes Gebäude handelt, sondern um eine Vielzahl an Gebäuden, die mit entsprechenden Abständen auf dem Bauvorhabengrundstück verteilt aufgestellt werden sollen. Verfahrensrelevant dürfte folglich sein, inwieweit die konkrete Aufstellung der Wohnfässer die Grundstücksfläche dominiert. Das lässt sich aus den verbleibenden Bauunterlagen des Klägers dagegen nicht ohne weiteres selbständig feststellen.
Für den Erfolg der Klage unerheblich ist schließlich, dass die Beklagte ausdrücklich davon Abstand genommen hat, dem Kläger für die Vorlage vollständiger Bauvorlagen eine Frist nach Art. 65 Abs. 2 S. 1 BayBO zu setzen und sich im angegriffenen Bescheid auch zur materiellen Rechtslage geäußert hat. Bei einer Verletzung der Verfahrensvorschrift des Art. 65 Abs. 2 S. 1 BayBO durch die untere Bauaufsichtsbehörde kann lediglich die Fiktion der Antragsrücknahme nach Satz 2 dieser Vorschrift nicht zum Tragen kommen. Die Vorschrift des Art. 65 Abs. 2 BayBO erfasst nur formelle, nicht aber materielle Mängel des Bauantrags. Der Beklagte konnte aus seiner Sicht folgerichtig vom Nachforderungsverlangen des Art. 65 Abs. 2 S. 1 BayBO Abstand nehmen, da seine Vorprüfung ergab, der Bauantrag sei auch materiell baurechtswidrig (Shirvani, in: Simon/Busse, BayBO, 131. EL Oktober 2018, Art. 65 Rn. 195). Gleichwohl kann der Beklagte unter Beachtung seiner materiell-rechtlichen Erwägungen im angegriffenen Bescheid gegenwärtig nicht zur begehrten Baugenehmigung verpflichtet werden (BayVGH, U.v. 31.5.2001 – 2 B 97.719 – BeckRS 2001, 14415 Rn. 20; U.v. 2.9.1986 – 26 B 83 A.2240 – NVwZ 1988, 944). Denn der Beklagte stellt hierauf nicht allein ab, sondern legt in Ziffer II. der Gründe des Bescheids dar, dass aufgrund der fehlenden Unterlagen nicht in eine vollständige Sachprüfung des Bauantrags eingetreten worden war. Hieran ist von Rechts wegen nichts zu beanstanden, da der Vollständigkeitsmangel der Bauunterlagen gerade entscheidungserheblich ist (s.o.).
Der Verpflichtungsklage muss im Ergebnis der Erfolgt versagt bleiben. Da der angegriffene Bescheid auch im Übrigen keine rechtserheblichen Mängel, insbesondere auch keine Ermessensfehler hinsichtlich der Gebührenfestsetzung, erkennen lässt, ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, da sie keine Anträge gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, §§ 154 Abs. 3, 162 VwGO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben