Baurecht

Bauvertrag: Stillschweigende Abnahme durch Vornahme des Innenausbaus

Aktenzeichen  54 O 2698/17

Datum:
8.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34446
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 631 Abs. 1, § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, § 640 Abs. 1, Abs. 3, § 641 Abs. 3

 

Leitsatz

Bringt der Besteller eines Ausbauhauses nach Einbringung der Heizkreisverteiler und der Heizleitungen durch den Unternehmer anschließend selbst den Estrich ein und nimmt den Innenausbau vor, so ist darin eine bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme und damit eine stillschweigenden Abnahme des Werks durch den Besteller zu sehen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 25.109,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.03.2017 zu bezahlen.
2. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 25.109,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Beklagten können sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen.
I.
Der Klägerin steht ein Restwerklohnanspruch auf Zahlung von 25.109,00 € zu (§ 631 Abs. 1 BGB), gegen welchen die Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen können.
1. Die Parteien sind über den in Anlage K 1 vorgelegten Werkvertrag vertraglich miteinander verbunden.
Im Zusammenspiel mit der von den Beklagten in Anlage B 7 vorgelegten Bau- und Leistungsbeschreibung ergibt sich, dass die Klägerin ein Ausbauhaus schuldete, samt Betonkeller (Ziff. 4 der Leistungsbeschreibung) und ein Technikpaket, welches offensichtlich aus dem Elektropaket (Ziff. 6.3 der Leistungsbeschreibung) und dem Heizungspaket (Ziff. 6.6 der Leistungsbeschreibung) besteht.
Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass noch ein Betrag von 25.109,00 € aus dem Vertrag als Werklohn offen ist.
2. Die grundlegende Voraussetzung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 641 Abs. 3 BGB, das Vorliegen von Mängeln, ist gegeben. Bereits nach dem Vortrag der Parteien und der durchgeführten Beweisaufnahme bestehen Mängel im Sinne des § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB.
Die von den Beklagten monierten fehlenden Tropfwasseranschlüsse und der Nichtanschluss an einer Hebepumbe bzw. die nicht ausgeführte Leitung einer Hebeanlage über die Rückstauebene sind nach der Einvernahme des Zeugen J. im Zusammenhang mit einer fehlenden Hebepumpe für die Leitungen im Keller zu sehen. Ausweislich der Leistungsbeschreibung für den …Betonkeller schuldete die Klägerin eine solche Hebeanlage jedoch nicht. Gleiches gilt für die Frage der Rückstausicherung. Insofern hat das Haus die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit (vgl. § 633 Abs. 2 S. 1 BGB).
Unstreitig zwischen den Parteien blieb allerdings, dass die Abflussleitungen nicht gegen Schall isoliert sind und die Wasserrohre von der Hauswasserstation zu den Heizungsgeräten nicht entsprechend isoliert wurden. Dies hat auch der Zeuge J. angegeben. Eine solche Wärmeisolierung gemäß der gültigen EnEV war in Ziff. 6.6 der Bau- und Leistungsbeschreibung allerdings geschuldet.
Ebenso liegt ein Mangel darin, dass die Heizkreisverteiler entgegen ihrer Ausführung als Unterputzkreisverteiler (wobei dem Gericht solche für Aufputz gar nicht bekannt sind) nicht in den Wänden montiert wurden. Ob dies nun darauf zurückzuführen ist, dass man seitens der Klägerin den Beklagten die falschen Wandelemente zur Aussparung genannt hat, kann vorliegend dahinstehen.
3. Die Beklagten können das Zurückbehaltungsrecht allerdings nicht geltend machen, da sie das von der Klägerin geschuldete Werk vorbehaltlos abgenommen haben im Sinne des § 640 Abs. 3 BGB (MüKo-BGB, 7. A., § 641, Rn. 32).
Ausweislich Anlage K 10 haben die Beklagten das grundsätzlich fertiggestellte Aufbauhaus am 12.02.2016 in Bezug auf die hier relevanten Mängel (siehe oben) vorbehaltlos abgenommen. Die in Anlage K 10 aufgeführten kleineren Mängel beziehen sich weder auf die Leitungsisolierung noch auf die Unterputzheizkreisverteiler, die hier allein streitgegenständlichen Mängel.
Der bisherige Verlauf des Prozesses hat keine Klarheit erbracht, ob seitens des Zeugen S. und der Firma D. nach dem 12.02.2016 nur die Unterputzheizkreisverteiler installiert wurden oder auch danach erst die sonstigen Heizungsleitungen.
Dies kann jedoch vorliegend dahinstehen. Zwar ist hinsichtlich der Heizung in Anlage K 15 entgegen der Auffassung der Klägerin keine Abnahme zu sehen, da diese lediglich eine Fertigstellungsmeldung darstellt. Gleiches gilt für die Anlage K 17, die mit „Druckprobenprotokoll“ überschrieben ist und auch ansonsten nicht eindeutig daraus hervorgeht, dass die Beklagten tatsächlich das Gewerk als vertragsgemäß gebilligt haben. Hinsichtlich der Isolierung der Leitungen steht dort gar nichts, es wird auch nicht klar, ob diese nun erst Mitte Mai fertig gestellt wurden oder bereits Mitte Februar 2016. Bezüglich der Heizkreisverteiler ist darüber hinaus noch festzuhalten, dass ausweislich der Aussage des Zeugen D. und auch des Zeugen S. man offensichtlich auf der Baustelle die Heizkreisverteiler aufgrund der fehlenden Wandaussparungen notgedrungen an der angebrachten Stelle platzierte. Offensichtlich waren auch die Elektroleitungen für die Temperaturfühler an die (wohl falsche) Stelle hingeführt worden.
Allerdings hat eine stillschweigende Abnahme stattgefunden. Unstreitig (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 11.07.2018, Bl. 70/71 d.A.) haben die Beklagten nach Einbringung der Heizkreisverteiler und wohl auch der Heizleitungen durch den Zeugen S. und die Firma D. den Innenausbau hergestellt, insbesondere den Estrich eingebracht. Es liegt also eine bestimmungsgemäße Benutzung des Werks der Klägerin vor, denn nach Einbringung der Heizungsleitungen muss der Estrich eingebracht werden, damit man dann den Bodenbelag dort aufbringen kann. Ähnlich wie ein Werk vom Besteller in der Weise benutzt werden kann, dass er es einem anderen Unternehmer zur Ausführung von dessen werkvertraglicher Verpflichtung überlässt (MüKo-BGB, § 640, Rn. 19) ist dies bei einem Ausbauhaus ebenso zu sehen, wenn der Bauherr selber mit dem Innenausbau, was ebenso das Gewerk eines anderen Unternehmers sein könnte, fortfährt. Soweit die Beklagten damit argumentieren, es sei ihnen nicht zumutbar gewesen, das Bauvorhaben nicht fortzusetzen (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 27.11.2018, Bl. 87 d.A.), ergibt sich eine solche Unzumutbarkeit nicht schlüssig aus dem Vortrag der Beklagten. Es geht schließlich nicht um die endgültige Klärung und die Lage der Heizkreisverteiler, schließlich hätte es für eine Verhinderung einer stillschweigenden Abnahme ausgereicht, die Positionierung der Heizkreisverteiler und gegebenenfalls die Nichtisolierung der Leitungen, welche auch dem Laien ersichtlich ist, gegenüber der Klägerin schriftlich zu rügen. Dies ist offensichtlich nicht geschehen, vielmehr haben die Beklagten damit zugewartet, bis die abschließende Rechnung der Klägerin kam. Einen Grund hierfür haben sie nicht genannt.
Nachdem sich die Beklagten auf ein Zurückbehaltungsrecht nicht berufen können, bedarf die Höhe dieses Zurückbehaltungsrechts weder einer Aufklärung noch näheren Vortrags der Beklagten.
4. Die hilfsweise Aufrechnung dringt nicht durch, da den Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht zusteht und sie deswegen auch daraus herrührende außergerichtliche Kosten nicht geltend machen können.
II.
Verzug ergibt sich aus § 286 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Klägerin hat den Beklagten unstreitig eine Frist bis zum 03.03.2017 zur Zahlung des offenen Werklohns gesetzt.
III.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO. Der Streitwert folgt der Klageforderung.


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