Baurecht

Bebauungsplan, Baugenehmigung, Bescheid, Beitragspflicht, Ausbau, Gemarkung, Vollziehung, Festsetzungen, Gemeinde, Trennung, Bauprogramm, Beteiligung, Enteignung, Abrechnungsgebiet, ernstliche Zweifel, aufschiebende Wirkung, Anordnung der aufschiebenden Wirkung

Aktenzeichen  RO 11 S 21.712

Datum:
4.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 34081
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 24.02.2021 wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 6.073,24 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Festsetzung eines Erschließungsbeitrags.
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …, … straße … und … der Gemarkung A* … in der Stadt A* … Die … straße beginnt im Westen an der … straße und endet im Osten am …weg. Sie hat eine Gesamtlänge von etwa 232 m. Die … straße liegt in voller Länge im Geltungsbereich des rechtskräftigen Bebauungsplans … Im Bebauungsplan ist unter anderem ausgeführt, dass nach eingehender Prüfung und Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange (Feuerwehr, Tiefbau) die Ausbaubreite der … straße auf 3,50 m mit einer mittigen, platzartigen Aufweitung festgelegt werde, da sie erst ab diesem Mindestquerschnitt ihrer Erschließungsfunktion gerecht werde. Ein gefahrloser Begegnungsfall von Fußgängern bzw. Radfahrern und Pkw sowie die Sicherheit der Anlieger im Brandfall (Breite des Feuerwehrfahrzeuges ohne Rückspiegel 2,50 m) sei aus Sicht der Verwaltung nur ab dieser Ausbaubreite gewährleistet. Im Bestandsverzeichnis für Gemeindestraßen der Stadt A* … ist die … straße (Fl.Nr. … und … der Gemarkung A* …*) als Orts straße eingetragen. Eine Widmungsbeschränkung besteht laut Bestandsverzeichnis und Eintragungsverfügung vom 15.06.1963 nicht.
Die … straße wurde in den 1920er Jahren und in den 1950er Jahren mit einer Bitumendeckschicht versehen. Nach Herstellung der Bitumendeckschicht ergab sich eine befestigte Breite von durchschnittlich 2,60 m ohne Straßenentwässerung und Straßenbeleuchtung. Im östlichen, ab 2016 ausgebauten Teil der … straße, waren zwei Straßenlaternen vorhanden.
Am 08.06.2016 fasste der Bauausschuss der Antragsgegnerin den Beschluss, den Ausbau der … straße in zwei Teilabschnitten und zwei Abrechnungsabschnitten vorzunehmen. Der erste Teilabschnitt lag zwischen …weg und dem westlichen Ende von Fl.Nr. … der Gemarkung A* … In dem Sachstandsbericht zur Beschlussvorlage wird insbesondere ausgeführt, dass eine vollständige Herstellung der … straße wegen fehlenden Grunderwerbs derzeit im Westteil nicht möglich sei.
Dieser Beschluss wurde in den Jahren 2016 und 2017 vollzogen. Die … straße wurde im östlichen Teil beginnend an der Einmündung zum …weg bis etwa zur östlichen Grenze der Grundstücke Fl.Nr. … und … mit einer Ausbaubreite von 3,5 m hergestellt. Im Zuge dieser Baumaßnahme wurde die ursprünglich am westlichen Ende der Ausbaustrecke vorhandene Straßenleuchte ersatzlos entfernt. Im gesamten westlichen Bereich, einschließlich des westlichen Teils der Ausbaustrecke fehlte es seither an einer Straßenbeleuchtung. Die nach dem Bebauungsplan gegenüber des Grundstückes Fl.Nr. … vorgesehene platzartige Aufweitung wurde nicht entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplanes hergestellt. Es wurde auf dem Grundstück Fl.Nr. … nur eine Zufahrt zu den dort geplanten Hinterliegergrundstücken hergestellt. Der westliche Teil der … straße von der östlichen Grenze der Grundstücke Fl.Nr. … und … bis zur Einmündung in die Steingut straße bestand weiterhin unverändert im ursprünglichen Ausbauzustand.
Am 08.11.2017 beschloss der Bauausschuss der Antragsgegnerin, die … straße entsprechend dem Bebauungsplan A* … auf gesamter Länge und in einem Zug auszubauen. Am 21.03.2018 beschloss der Bauausschuss der Antragsgegnerin den noch nicht begonnenen westlichen Teil der … straße erstmalig endgültig herzustellen und für die erforderlichen Grundflächen ein Enteignungsverfahren durchzuführen.
Am 22.06.2020 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin das geänderte Bauprogramm für den Ausbau ausschließlich der östlichen … straße. Dieser Teilabschnitt liegt zwischen …weg und dem westlichem Ende von Fl.Nr. … der Gemarkung A* … Auf den Ausbau des westlichen Teilabschnitts werde verzichtet. Zur Trennung solle eine circa 150 cm hohe Mauer mit beidseitigem Warnbaken eingebaut werden, wobei eine Durchgangsmöglichkeit für Fußgänger verbleiben solle.
Am 26.10.2020 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin das geänderte Bauprogramm für den Ausbau ausschließlich der östlichen … straße. Dieser Teilabschnitt liegt zwischen …weg und etwa 14,50 m westlich des südwestlichen Endes der Ausweichstelle von Fl.Nr. … der Gemarkung A* … Auf den Ausbau des westlichen Teilabschnitts ab den Grundstücken Fl.Nr. … und … werde verzichtet. Die bauliche Trennung erfolge durch einen Pflanztrog mit beidseitigen Warnbaken, wobei eine mindestens 1,5 m breite Durchgangsmöglichkeit für Fußgänger verbleiben solle. In dem Sachstandsbericht zur Beschlussvorlage vom 22.06.2020 und 26.10.2020 wird insbesondere ausgeführt, dass die … straße bis 2016 mit einer befestigten Breite von nur ca. 2,75 m, fehlender öffentlicher Ausweichmöglichkeit und fehlender Straßenentwässerung sowie unzureichender Straßenbeleuchtung nicht erstmalig endgültig hergestellt gewesen sei. Der seit 18.10.2003 rechtskräftige Bebauungsplan A* … setze nördlich der … straße fünf zusätzliche Bauparzellen fest; zusätzlich bestünde südlich eine weitere Baumöglichkeit. Für den Bereich der fünf mittig gelegenen Bauparzellen habe es 2016 eine konkrete Verwertungsabsicht mit entsprechenden Kaufinteressenten gegeben. Zur Verwirklichung dieser Baurechte sei jedoch ein Straßenausbau erforderlich. Um die baldige Erschließung der insgesamt sechs freien Bauparzellen zuzüglich eines Ersatzneubaus zu erreichen, sei wegen fehlenden freiwilligen Grunderwerbs im Westteil mit Beschluss des Bauausschusses vom 08.06.2016 die Aufteilung der Straße in zwei Abschnitte beschlossen und zunächst nur das Bauprogramm für den Ostteil angegangen worden. Im Anschluss daran sei die Straßenherstellung Ost gemäß der Beschlussvorlage durchgeführt worden. Eine rechtzeitige vollständige Herstellung der … straße sei in beitragsrechtlicher Hinsicht bis zum Ablauf der gesetzlichen Ausschlussfrist vom 31.03.2021 jedoch nicht mehr möglich.
Am 21.12.2020 wurden die für die Aufstellung des Pflanztrogs notwendigen Vermessungsarbeiten durchgeführt und der vorgesehene Standort auf der Fahrbahn markiert. Am 07.01.2021 wurde der Pflanztrog aufgestellt.
Auf Antrag eines Anliegers der … straße untersagte das Verwaltungsgericht Regensburg mit Beschluss vom 12.01.2021 (Az. RO 3 E 20.3224) die Aufteilung der … straße in zwei Abschnitte und die Herstellung einer baulichen Abtrennung. Die Antragsgegnerin wurde zur Beseitigung verpflichtet, falls eine Abtrennung bereits aufgestellt wurde. Auf die Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
Am 20.01.2021 entfernte die Antragsgegnerin den Pflanztrog wieder und legte gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 12.01.2021 Az. RO 3 E 20.3224 Beschwerde ein.
Mit Bescheid vom 24.02.2021, dem Antragssteller zugegangen am 26.02.2021, setzte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 24.292,96 € für das Grundstück des Antragstellers fest. Der Erschließungsbeitrag werde für die endgültige Herstellung der Erschließungsanlage … straße Ost, von der Einmündung …weg bis zur örtlich erkennbaren Abgrenzung (Standort Pflanztrog) festgesetzt. Im Bereich des 2018 ausgebauten Teilstücks … straße Ost von der Einmündung …weg bis zur örtlich erkennbaren Abgrenzung (Standort Pflanztrog) sei die sachliche Beitragspflicht mit Verwirklichung des städtischen Bauprogramms (Beschluss Stadtrat vom 26.10.2020) durch die tatsächliche Aufstellung der baulichen Trennung und damit Aufteilung der Straße in zwei Erschließungsanlagen für die Erschließungsanlage entstanden. Im Übrigen wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes vom 01.03.2021 (Az. 11 CE 21.335) wurde die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Der Antragsgegnerin wurde ausdrücklich auch die Aufstellung eines Pflanztrogs untersagt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 24.02.2021 erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 25.03.2021 Klage (Az. RO 11 K 21.574) und stellte mit Schreiben vom 14.04.2021 einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass im vorliegenden Fall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden. Gegenstand des verfahrensgegenständlichen Erschließungsbeitragsbescheides sei die angebliche erstmalig endgültig hergestellte Erschließungsanlage … straße Ost. Eine Erschließungsanlage … straße Ost gebe es aber nicht. Weder sei diese in natura vorhanden, noch sei eine solche Straße im Wege- und Bestandsverzeichnis der Antragsgegnerin eingetragen. Die Antragsgegnerin behaupte, die … straße sei in zwei selbstständige Erschließungsanlagen aufgeteilt worden (* … straße Ost und … straße West) und durch einen Pflanztrog getrennt. Dies sei nicht zutreffend. Der Pflanztrog sei auch nicht im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides aufgestellt gewesen. Tatsächlich vorhanden sei nur die Erschließungsanlage … straße. Diese Straße sei weiterhin durchgehend befahrbar. Eine bauliche Trennung sei nicht vorhanden. Auch eine Engstelle und wechselnder Straßenbelag würden nicht ausreichen, bei natürlicher Betrachtungsweise den Eindruck zu vermitteln, die … straße zerfalle in zwei selbstständige Erschließungsanlagen. Es handele sich insgesamt um eine einheitliche Anlage. Auch ein Pflanztrog sei nicht geeignet, rechtlich eine Aufteilung einer einheitlichen Erschließungsanlage in zwei selbstständige Erschließungsanlagen herbeizuführen. Im Übrigen würden die ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Regensburg und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes zeigen, dass die Bildung von zwei Streckenabschnitten und die Herstellung einer baulichen Trennung rechtswidrig gewesen seien. Die … straße stelle in ihrer gesamten Länge eine einzige Erschließungsanlage dar und gebe damit in ihrer gesamten Länge den nach § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB maßgeblichen Ermittlungsraum und das entsprechende Abrechnungsgebiet vor. Dies sei von der Antragsgegnerin verkannt worden.
Die Antragsgegnerin habe auch keine wirksamen Abrechnungsabschnitte gebildet, wobei auch die Voraussetzungen einer Abschnittsbildung nach § 130 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht vorliegen würden. Der östliche, bisher ausgebaute Teil der … straße habe im Straßensystem der Antragsgegnerin keine selbstständige Bedeutung. Beide Straßenteile wären – jedenfalls für einen Teil des Verkehrs – weiterhin voneinander abhängig. Auch die Antragsgegnerin behaupte keine eigenständige Bedeutung der beiden Teile. Die Abrechnung des östlichen Teils erfolge ausschließlich aus fiskalischen Gründen. Dies sei unzulässig. Im Übrigen werde vollumfänglich auf die Ausführungen des BayVGH in seinem Beschluss vom 01.03.2021 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 17.03.2021 hat der Antragsteller bei der Antragsgegnerin einen Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bzw. des Widerspruchs gestellt, welcher mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 01.04.2021 abgelehnt worden ist.
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung des Wiederspruchs oder der Klage des Antragstellers gegen den Erschließungsbeitragsbescheid der Stadt A* … vom 24.02.2021, Az. 5.5 Lu 6341.03, Bescheid-Nr. 000038/2021 zu dem beitragspflichtigen Grundstück FlStNr. 2397 der Gemarkung A* …, wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der wird abgewiesen.
Zur Begründung werde auf den Akteninhalt und die Ausführungen zur Hauptsache (Az. RO 11 K 21.574) verwiesen. Im Hauptsacheverfahren führt die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass es sich bei der … straße entgegen des Vorbringens des Antragstellers nicht um eine sogenannte historische Straße handele. Die … straße sei zwar schon vor dem 30.06.1961 vorhanden gewesen, habe aber bereits zu dieser Zeit nicht den damals geltenden landesrechtlichen und örtlichen straßenbaurechtlichen Vorschriften entsprochen. Sie habe bereits damals nicht die technischen und satzungsmäßigen Anforderungen an die erstmalige Herstellung einer öffentlichen Erschließungsanlage erfüllt. Die bestehende Fahrbahn sei nur behelfsmäßig gewesen und die befestigte Breite habe nur 2,40 m bis 3,00 m betragen. Die Straßenbeleuchtung sei nur provisorisch gewesen. Daneben habe es keine ordnungsgemäße Straßenentwässerung gegeben. Die … straße sei nicht mehr durch einen Pflanztrog aufgetrennt. Demzufolge werde an dieser Stelle auch nicht weiter darauf eingegangen, ob der Pflanztrog dazu geeignet sei, die … straße in zwei selbstständige Erschließungsanlagen aufzuteilen. Bis zum teilweisen Ausbau im Jahre 2017 habe es sich bei der … straße entsprechend der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise nach Verlauf, Breite und Ausstattung sowie Erschließungsfunktion um eine einzige Erschließungsanlage gehandelt. Durch den Teilausbau werde die … straße nunmehr jedoch durch eine deutliche Engstelle zwischen dem ausgebauten und dem unausgebauten Teil aufgetrennt. Dieser Ausbauzustand nach dem Teilausbau markiere nach dem beschlossenen Ausbauprogramm der Antragsgegnerin insgesamt das Ende des Ausbaus der Erschließungsanlage. Die Antragsgegnerin habe auf den Ausbau des westlichen Teils der … straße endgültig verzichtet. Die eigenständige Abrechnung des östlichen Teils der … straße sei bereits bei dem zunächst noch verfolgten abschnittsweisen Ausbau beschlossen worden. Sowohl der Beschluss, als auch der dauerhafte Verzicht auf den weiteren Ausbau der … straße seien entgegen der Ausführungen des Antragstellers wirksam.
Der ausgebaute Abschnitt stehe auch im Einklang mit dem rechtskräftigen Bebauungsplan A* … Das Ausbauprogramm sei hier möglich gewesen, da der gewählte Ausbau im östlichen Teil der … straße hinter den Festsetzungen des Bebauungsplanes zurücktrete und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden würden. Demgegenüber sei der im westlichen Teil bebauungsplankonforme Ausbau notwendig, um die vorgesehene Nachverdichtung der Hinterliegergrundstücke umsetzen zu können. Die Erschließung sei im bestehenden Ausbauzustand nicht gesichert gewesen. Abgesehen davon, dass die Straße nicht geeignet gewesen sei, den zusätzlich zu erwartenden Zu- und Abfahrtsverkehr aufzunehmen, richte sich die gesicherte Erschließung im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplanes nach dessen Festsetzungen. Die jüngste Baugenehmigung vor den betreffenden Anträgen im östlichen Bereich stamme noch aus der Zeit vor Inkrafttreten des Bebauungsplanes aus dem Jahre 1988. Der Ausbau sei demnach zur Umsetzung des Bebauungsplans angezeigt gewesen. Der weitere Ausbau des westlichen Teils der … straße scheitere im Übrigen daran, dass eine sehr untergeordnete Teilfläche eines Anwesens eines Anliegers nicht an die Antragsgegnerin veräußert worden sei. Hintergrund sei die entstehende Beitragspflicht gewesen. Die Enteignung sei letztlich daran gescheitert, dass die untere Enteignungsbehörde davon ausgegangen sei, dass durch den Beschluss des Stadtrates vom 22.06.2020 keine Ausbauabsicht der Antragsgegnerin mehr gegeben sei und damit ein Enteignungshindernis bestehe.
Die … straße sei im westlichen Teil auf voller Länge bereits angebaut. Ohne die Absperrung ändere sich an der Zufahrt und den Nutzungsmöglichkeiten der betreffenden Grundstücke nichts. Eine Aufteilung der … straße in zwei gegenläufige Sackgassen erfolge gerade nicht mehr. Die mit dem Bebauungsplan angestrebte städtebauliche Entwicklung werde in diesem Bereich damit nicht erheblich beeinträchtigt. Eine Bebauungsplanänderung sei damit insgesamt nicht angezeigt. Die Antragsgegnerin habe demnach auch beschließen können, hinter den Festsetzungen des Bebauungsplans zurückzubleiben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die vorgelegten Behördenakten sowie die beigezogenen Akten aus dem Verfahren Az. RO 3 E 20.3224 verwiesen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat Erfolg, da er zulässig (I.) und begründet (II.) ist.
I. Er ist zulässig, da insbesondere die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO vorliegen, da die Antragsgegnerin den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Schreiben vom 01.04.2021 abgelehnt hat, § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO.
II. Der Antrag ist auch begründet, da der räumliche Umfang der abgerechneten Anlage von der Antragsgegnerin nicht zutreffend bestimmt wurde und damit nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Auch wurden keine wirksamen Abrechnungsabschnitte gebildet.
1. Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen, wenn sie gemäß § 80 Abs. 2 Nrn. 1 – 3 VwGO kraft Gesetzes oder durch behördliche Anordnung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ausgeschlossen ist. Nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt im vorliegenden Fall der von der Antragstellerin erhobenen Klage kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zu, weil mit dem angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin ein Erschließungsbeitrag, also eine öffentliche Abgabe, gefordert wird.
§ 80 Abs. 5 VwGO sagt nichts darüber, unter welchen Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) ist unter Berücksichtigung der für die Aussetzung der Vollziehung durch die Widerspruchsbehörde in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO enthaltenen Bestimmung bei öffentlichen Abgaben die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs dann anzuordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, kann und muss sich das Gericht auf eine summarische Prüfung beschränken. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts sind dann anzunehmen, wenn so erhebliche Bedenken bestehen, dass eine Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsakts mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen.
Vorliegend bestehen ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes in diesem Sinne. Die von dem Antragsteller vorgetragenen Einwände gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides greifen nach summarischer Prüfung durch.
2. Es bestehen bereits erhebliche Bedenken gegen die Bestimmung des räumlichen Umfangs der abgerechneten Anlage.
Als Erschließungsanlage im Sinne des Art. 5a des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.V.m. § 127 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB), für welche die Antragsgegnerin zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands einen Erschließungsbeitrag erhebt, ist im vorliegenden Fall nämlich die … straße in ihrer gesamten Länge von der Abzweigung im Westen an der Steingut straße bis zum Ende ihres ausgebauten Bereichs an der Ostgrenze an der Kreuzung zum …weg zu Grunde zu legen.
Der Antragsteller argumentiert, dass es keine isolierte Erschließungsanlage … straße Ost gebe. Die … straße stelle in ihrer gesamten Länge eine einzige Erschließungsanlage dar und gebe damit in ihrer gesamten Länge den nach § 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB maßgeblichen Ermittlungsraum und das entsprechende Abrechnungsgebiet vor, was die Antragsgegnerin bei Erlass des verfahrensgegenständlichen Bescheides verkannt habe.
Bei einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme ist grundsätzlich auf die einzelne Orts straße als die maßgebliche öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 3 KAG abzustellen. Wo eine solche Orts straße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln (ständige Rechtsprechung des BayVGH, vgl. z. B. BayVGH, B. v. 17.01.2017 Az. 6 ZB 16.234; U. v. 28.01.2010 Az. 6 BV 08.3043; B. v. 24.11.2016 Az. 6 ZB 16.1476 m.w.N.). Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht, also nach Durchführung der Ausbaumaßnahme (BayVGH, B. v. 17.01.2017 a.a.O.; U. v. 01.06.2011 Az. 6 BV 10.2467; B. v. 24.03.2015 Az. 6 CS 15.389; vgl. zum Ganzen auch Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Rdnr. 701).
Ausgehend hiervon handelt es sich nach den mit der Antragsbegründung vorgelegten Lichtbildern sowie den dem Gericht vorliegenden Lageplänen bei der … straße auf ihrer gesamten Länge – beginnend im Westen an der Steingut straße bis zu ihrem Ende im Osten am …weg – nach der gebotenen summarischen Prüfung um eine einheitliche Erschließungsanlage, die nicht in zwei selbstständige Erschließungsanlagen aufgeteilt werden durfte. Dabei bedarf es zunächst keiner Entscheidung, inwieweit ein Pflanztrog überhaupt geeignet ist, eine einheitliche Erschließungsanlage in mehrere Erschließungsanlagen aufzuteilen (vgl. zur Zulässigkeit der Aufstellung eines Pflanztrogs in der … straße BayVGH, B. v. 01.03.2021 Az. 11 CE 21.335; VG Regensburg, B. v. 12.01.2021 Az. RO 3 E 20.3224). Wie auch die Antragsgegnerin vorbringt, wird die Aufstellung eines Pflanztrogs nämlich nicht mehr weiter verfolgt.
Das Gericht geht davon aus, dass es sich bei der … straße nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung sowohl vor Beginn als auch nach Abschluss der baulichen Maßnahmen um eine einheitliche Erschließungsanlage handelt. Dass die … straße vor Beginn der Baumaßnahme eine einheitliche Erschließungsanlage war, wird auch von der Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt. Die … straße fällt aber auch nach Abschluss der Baumaßnahmen bei natürlicher Betrachtungsweise nicht wesentlich durch ihre Änderung in der Ausstattung auf. Der Straßenverlauf stellt sich insoweit trotz des nur teilweisen Ausbaus im Osten als einheitlich dar. So ist beispielsweise weder im ausgebauten östlichen Teil noch im nicht ausgebauten westlichen Teil ein Fuß- oder Radweg errichtet worden, der eine unterschiedliche Betrachtungsweise nahelegen könnte. Weder die von der Antragsgegnerin angesprochene Engstelle noch der geänderte Straßenbelag ändern an dieser natürlichen Betrachtungsweise etwas. Die … straße ist eine beidseitig durchgängig befahrbare Straße, die in ihrer gesamten Länge (ca. 232m) einen überwiegend geraden Straßenverlauf nimmt. Gerade am Ende des ausgebauten Teils (von Osten kommend) beginnt kein augenfällig neues Element der Straße durch die Verengung. Dies gilt auch deshalb, da die Engstelle der Erschließungsanlage nicht ihre Funktion nimmt, die Erreichbarkeit der anliegenden Grundstücke zu gewährleisten. Die (augenscheinlich) nur geringfügige Verengung der Straße von 3,50 m auf etwa 2,60 m vermag nichts an dem Eindruck zu ändern, dass sich die Straße nach Ende des ausgebauten Teils in westlicher Richtung fortsetzt. Eine geringfügige Verschmälerung einer Straße mit einem Regelquerschnitt von über 3,30 m inklusive Entwässerung auf unter 3,00 m inklusive Entwässerung fällt nicht augenfällig ins Gewicht, selbst wenn auf letztgenannter Teilstrecke Fahrzeugen mit einer Breite von über 2 m die Durchfahrt untersagt ist, wenn die Straße in ihrem gesamten Verlauf als sehr schmale Orts straße (ohne Gehweg) mit wenigen Aufweitungen wahrgenommen wird, in der Begegnungsverkehr nur gelegentlich möglich ist (vgl. BayVGH B. v. 24.11.2016 Az. 6 ZB 16.1476). Selbiges muss im streitgegenständlichen Fall gelten, in dem zwar nur der ausgebaute Teil eine Entwässerung enthält, das Straßenbild sich aber trotz fehlender Entwässerung im nichtausgebauten Teil nicht augenscheinlich verändert. Die … straße wird nämlich in ihrem gesamten Verlauf als schmale Orts straße ohne Geh- und Fahrradweg und ohne Aufweitungen wahrgenommen. Ein unbefangener Nutzer der … straße würde sich von Osten kommend, wollte er dem natürlichen Straßenverlauf folgen, in jedem Fall weiter nach Osten in Richtung des nicht ausgebauten Teils wenden, ohne zu denken, es beginne etwas neues.
Auch die veränderte Teerung vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Angesichts des Umstands, dass die … straße nach Ende des ausgebauten Zustandes in westlicher Richtung weiter einen nahezu geraden Verlauf nimmt, vermag auch der unterschiedliche Fahrbahnbelag gerade keine beträchtliche Zäsur zu begründen (vgl. hierzu BayVGH, B. v. 28.01.2003 Az. 6 CS 02.2554). Würde man der Auffassung der Antragsgegnerin folgen, dass die Unterschiede im Belag in diesem Fall eine Zäsur im Rahmen der gebotenen natürlichen Betrachtungsweise begründen, so würde ein Teilstreckenausbau einer Straße, bei dem ein neues, sich vom bisherigen Belag unterscheidendes Pflaster verlegt wird, stets dazu führen, dass am Ende des Teilstreckenausbaus eine neue selbstständige Anlage beginnt. Dies widerspricht aber ersichtlich den oben dargestellten Grundsätzen, wonach sich der für die Anlagenabgrenzung maßgebliche Gesamteindruck nach natürlicher Betrachtungsweise an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten hat. Dass der Straßenbelag der etwa 80,00 m langen Reststrecke einen älteren Belag aufweist, ist in erster Linie auf dessen unterbliebene Erneuerung zurückzuführen, vermittelt aber nicht mit der gebotenen Deutlichkeit, dass einen neue eigenständige Erschließungsanlage beginnt (vgl. auch BayVGH, B. v. 24.11.2016 a.a.O.).
Zwar kann abweichend vom Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise aus Rechtsgründen ein einheitlich erscheinender Straßenzug in zwei jeweils selbständig zu betrachtende Erschließungsanlagen zerfallen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine schon endgültig hergestellte Anbaustraße nachträglich verlängert oder fortgeführt wird. Dann stellt das nachträglich angelegte Teilstück eine selbstständige Erschließungsanlage dar, auch wenn zu diesem späteren Zeitpunkt eine – grundsätzlich gebotene – natürliche Betrachtungsweise einen einheitlichen Straßenverlauf des vorhandenen und des neu hergestellten Straßenteilstücks ergibt. Diese Ausnahme betrifft allerdings nur solche Fälle, in denen eine endgültig hergestellte Anbaustraße nachträglich um eine zuvor nicht angelegte Teilstrecke verlängert wird (BayVGH, B. v. 19.10.2017 Az. 6 B 17.189). War der gesamte Straßenzug hingegen – wie im streitgegenständlichen Fall – bereits angelegt und zur verkehrsmäßigen Erschließung der Anliegergrundstücke benutzbar, aber nur auf einer Teilstrecke fertiggestellt, scheidet eine rechtliche Verselbständigung aus (vgl. BayVGH, U. v. 06.04.2017 Az. 6 B 16.2125). Im Übrigen ist im Rahmen einer natürlichen Betrachtungsweise irrelevant, aus welchen Gründen ein Ausbau des westlichen Teils der … straße nicht vorgenommen werden konnte.
Die Antragsgegnerin durfte demnach die „… straße Ost“ nur dann als Ermittlungsraum für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen zugrunde legen, wenn sie wirksam entsprechende Abschnitte gebildet hätte.
3. Auch die Voraussetzungen einer (grundsätzlich zulässigen) Abschnittsbildung lagen nach der hier gebotenen summarischen Prüfung aber nicht vor.
§ 130 Abs. 2 Satz 1 BauGB ermöglicht es einer Gemeinde, die mit der Beitragserhebung nicht bis zur endgültigen Herstellung einer beitragsfähigen Anbaustraße insgesamt warten will, eine Teilstrecke einer solchen Anlage rechtlich zu verselbstständigen und als Abschnitt schon vor der endgültigen Herstellung der gesamten Anlage abzurechnen. Die Befugnis, eine Teilstrecke einer Erschließungsanlage als Abschnitt für die erschließungsbeitragsrechtliche Abrechnung zu verselbstständigen setzt voraus, dass die Fortführung der Straße über den Abschnitt hinaus beabsichtigt ist. Die Abschnittsbildung führt insoweit zur abrechnungstechnischen Verselbstständigung des betroffenen Straßenstücks. Sie setzt eine gewisse Ausdehnung des Abschnitts voraus. Kommt einem Abschnitt keine selbstständige Bedeutung zu, so ist die Abschnittsbildung unzulässig. Um eine Teilstrecke einer Anbaustraße als Abschnitt abrechnungsmäßig zu verselbstständigen, muss sie demzufolge grundsätzlich eine gewisse eigenständige Bedeutung als Verkehrsanlage haben. Sie muss von ihrem Umfang her – gleichsam stellvertretend – „Straße“ sein können. Die Forderung einer gewissen selbstständigen Bedeutung und die gesetzliche Vorgabe einer Begrenzung nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder rechtlichen Gesichtspunkten sollen eine willkürliche Abschnittsbildung verhindern (vgl. BayVGH, U. v. 13.04.2017 Az. 6 B 14.2720; B. v. 09.07.2013 Az. 6 ZB 12.1781; B. v. 06.05.2008 Az. 6 CS 08.105; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Rn. 710a).
Ausgehend hiervon handelt es sich – nach den dem Gericht vorgelegten Lageplänen und Lichtbildern – bei der gebotenen summarischen Prüfung bei der beschlossenen Teilung der … straße nicht um eine zulässige Abschnittsbildung nach örtlich erkennbaren Merkmalen oder rechtlichen Gesichtspunkten.
a. Der Beschluss des Bauausschusses vom 08.06.2016 über die Sanierung der … straße in zwei Teilabschnitten und zwei Abrechnungsabschnitten ist bereits unwirksam.
Ein Abschnitt darf nach ständiger Rechtsprechung nur dann gebildet werden, wenn – neben anderen rechtlichen Voraussetzungen – der Ausbau nach den planerischen Vorstellungen der Antragsgegnerin, die im Bauprogramm ihren Niederschlag gefunden haben, fortgeführt werden soll, die tatsächliche Ausführung sich aber zunächst auf eine bestimmte Strecke der geplanten Ausführung beschränkt, wenn mit anderen Worten die Erneuerung der Einrichtung nicht in einem Zuge, sondern in Etappen (Teilstrecken) verwirklicht wird (vgl. BayVGH, B. v. 04.07.2018 Az. 6 ZB 17.1580). Hieran bestehen bereits deshalb Zweifel, da der Bauausschuss der Antragsgegnerin bereits mit Beschlüssen vom 08.11.2017 und 21.03.2018 – und damit noch vor Abschluss der Baumaßnahmen im östlichen Teil – wieder den Ausbau der … straße in der gesamten Länge beschloss. Zudem hätte bereits die im Beschluss des Bauausschusses vom 08.06.2016 getroffene Entscheidung zur Bildung von Abrechnungsabschnitten ein konkretes Bauprogramm auch für die Fortführung des Ausbaus an der Reststrecke sowie einen konkreten zeitlichen Horizont vorausgesetzt (vgl. BayVGH, B. v. 06.10.2016 Az. 6 ZB 15.1163). Ein solcher Beschluss muss hinreichend konkret sein, um beitragsrechtliche Bedeutung zu erlangen (vgl. BayVGH, B. v. 04.07.2018 a.a.O.). Daran fehlt es allerdings nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung. Ein konkretes Bauprogramm lag nach den dem Gericht vorgelegten Akten lediglich für den östlichen Teilabschnitt, nicht jedoch für den westlichen Teilabschnitt vor. Auch wurde – was sich auch dem Sachstandsbericht zur Beschlussvorlage vom 26.10.2020 entnehmen lässt – zunächst nur das Bauprogramm für den östlichen Teil angegangen. Dies bestätigt sich auch durch die in den Akten befindliche „Chronologie und Arbeitshilfe … straße“. Hierin ist ausgeführt, dass bereits zum 15.12.2015 feststand, dass eine vollständige Herstellung der … straße derzeit nicht möglich sei und deshalb nur der östliche Teil ausgebaut werden soll. Der westliche Teil wurde zunächst nicht weiter verfolgt. Damit fehlt es auch an einem konkreten zeitlichen Horizont für den endgültigen und vollständigen Ausbau. Auch wurde im weiteren Verlauf und schließlich mit Beschluss vom 26.10.2020 gänzlich vom Ausbau des westlichen Teils der … straße abgesehen. Auch später wurden keine konkreten Pläne initiiert.
b. Selbst wenn der damalige Beschluss zur Abschnittsbildung wirksam gewesen sein sollte, rechtfertigen auch rechtliche Gesichtspunkte hier keine Abschnittsbildung. Die gesamte … straße befindet sich im Bebauungsplan A* … Auch liegt an der Abschnittsgrenze keine Grenze von Umlegungsgebieten oder förmlich festgelegten Sanierungsgebieten.
c. Auch liegt keine zulässige Abschnittsbildung nach örtlich erkennbaren Merkmalen vor. Solche finden sich an der festgelegten Abschnittsgrenze gerade nicht.
Eine Abschnittsbildung ist nur hinsichtlich solcher Straßenteillängen möglich, die durch äußerlich erkennbare Markierungen begrenzt sind (BVerwG, U. v. 22.04.1994 Az. 8 C 77.83; BVerwG, U. v. 15.09.1978 Az. IV C 50.76). Örtlich erkennbare Merkmale sind als solche z.B. Einmündungen, Kreuzungen/Querstraßen, Plätze, Gewässer und Brücken (vgl. BayVGH, U. v. 06.04.2017 Az. 6 B 16.2125). Ferner kommen als örtlich erkennbare Merkmale auch das Ende des bebauten Geländes oder die Baugebietsgrenze in Betracht (BayVGH, U. v. 06.04.2017 a.a.O.; BayVGH, B. v. 15.07.2008 Az. 6 CS 08.950).
Ausgehend hiervon handelt es sich bei dem beschlossenen und vorgenommenen Teilausbau nicht um eine zulässige Abschnittsbildung. So ist gerade der Grund der Abschnittsbildung an diesem Punkt im Straßenverlauf der … straße nicht erkennbar. Hinsichtlich der örtlich erkennbaren Merkmale kann auch auf die obigen Ausführungen zur Frage der einheitlichen Erschließungsanlage Bezug genommen werden. Die Straße nimmt am Ende des ausgebauten Abschnitts einen geraden Verlauf. Eine Einmündung oder Kreuzung ist an dieser Stelle nicht erkennbar. Auch eine platzartige Aufweitung lässt sich nicht erkennen. Vielmehr ist auf der … straße von Osten kommend auf der rechten Seite lediglich eine Baulücke, die keine örtlich erkennbare Zäsur herbeiführt. Damit fehlt es aber an einem eindeutig räumlich erkennbaren Merkmal, das eine Abschnittsbildung erst ermöglicht (vgl. auch BayVGH, U. v. 06.04.2017 Az. 6 B 16.2125). Die bloße Verengung der Fahrbahn an dieser Stelle und die unterschiedliche Asphaltierung resultiert gerade aus dem abschnittsweisen Ausbau selbst und knüpft nicht an – bereits vor dem Ausbau vorhandene – örtlich erkennbaren Gegebenheiten an, die eine Abschnittsbildung gegebenenfalls rechtfertigen könnten. Selbst wenn man jedoch aufgrund des Beschlusses der Stadt A* … vom 26.10.2020 auf die nunmehrigen Verhältnisse nach Abschluss des Ausbaus abstellen würde (vgl. zur Frage des Zeitpunkts bezüglich der örtlichen Gegebenheiten bei „natürlicher Betrachtungsweise“ OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 03.07.2014 Az. OVG 5 B 2.14), führt auch dieser Ausbauzustand nicht zu einer zulässigen Abschnittsbildung nach örtlich erkennbaren Merkmalen. Die nur geringfügige Verengung und der geänderte Asphalt können eine solche Zäsur im streitgegenständlichen Fall nicht herbeiführen. Die Straße mündet an dieser Stelle gerade nicht in eine Kreuzung oder Quer straße, sondern setzt sich in geradem Verlauf weiter fort.
Die getroffene Abschnittsbildung in zwei Abrechnungsabschnitte begegnet daher aus Sicht des Gerichts nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung erheblichen Bedenken. Blickt man vom ausgebauten östlichen Teil auf den nicht ausgebauten westlichen Teil, so ergeben sich keinerlei markante objektive Umstände, die am Punkt der Abschnittsbildung wesentlich auf die Straße einwirken.
d. Zudem fehlt es – jedenfalls dem übrig gebliebenen westlichen Teil der … straße – nach der gebotenen summarischen Prüfung an einer eigenständigen Bedeutung als Verkehrsanlage, womit einer Abschnittsbildung weitere materiell-rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Wie bereits oben festgestellt, muss den gebildeten Abschnitten eine gewisse selbstständige Bedeutung als Verkehrsanlage zukommen, um die Teilstrecken abrechnungsmäßig zu verselbstständigen. Im Zeitpunkt der Abschnittsbildung war auch der Ausbau des westlichen Teilabschnittes zwar ebenfalls noch grundsätzlich vorgesehen. Jedoch erschließt der – durch die Abschnittsbildung – übrig gebliebene westliche etwa 80m lange und weitgehend gerade verlaufende Abschnitt der … straße nur noch drei Grundstücke. Durch die Aufspaltung fehlt dem übrig gebliebenen Teil („… straße West“) die eigenständige Bedeutung, wie sie für eine abrechnungsmäßige Verselbstständigung zur Vermeidung einer willkürlichen Abschnittsbildung erforderlich wäre. Als Orientierungshilfe ist in diesem Zusammenhang auf die 100-m-Regel zurückzugreifen, die zur Abgrenzung zwischen selbstständigen und unselbstständigen Stichstraßen dient (vgl. BayVGH, U. v. 13.04.2017 a.a.O.; B. v. 09.07.2013 Az. 6 ZB 12.1781; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Rn. 710a).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (1/4 des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts).


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