Baurecht

Berufung (teilweise erfolgreich), Verpflichtung zur Neubescheidung, Abgrenzung Tektur – „aliud“, Baugenehmigung, denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht (Ensembleschutz, Nähe zu Einzeldenkmälern), unbeplanter Innenbereich, Einfügen in die nähere Umgebung, denkmalschutzrechtliches Ermessen

Aktenzeichen  15 B 19.2130

Datum:
26.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33524
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34 Abs. 1
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2, § 114 S. 1
BayDSchG Art. 1 Abs. 3, 6
BayBO Art. 6, 55 Abs. 1, 59, 68 Abs. 1 S. 1
BayVwVfG Art. 40

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 6 K 16.1914 2018-04-24 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. April 2018 und Aufhebung der Bescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 wird die Beklagte verpflichtet, über die Bauanträge der Klägerin vom 25. August 2016 sowie vom 3. April 2017 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs zu entscheiden.
Im Übrigen werden die Klage ab- und die Berufung zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils die Hälfte.     
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.     
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat nur teilweise Erfolg.
1. Die Berufung ist unbegründet, soweit die Klage im Hauptantrag sowie im ersten Hilfsantrag abgewiesen wurde. Die Klägerin hat keinen strikten Anspruch gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO darauf, dass die Beklagte ihr eine Baugenehmigung nach den Plänen vom 16. August 2016 (vgl. Hauptantrag) bzw. hilfsweise nach den Plänen vom 4. April 2017 (erster Hilfsantrag) erteilt.
Auch wenn sich die Vorhaben in beiden Varianten in die nähere Umgebung einfügen und damit bauplanungsrechtlich zulässig sind [hierzu unten 2. a) ], hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO auf Erhalt einer Baugenehmigung für beide beantragten Varianten des Bauvorhabens. Aufgrund der Einschlägigkeit denkmalschutzrechtlicher Genehmigungstatbestände gem. Art. 6 BayDSchG, auf die sich gem. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO der Prüfumfang des Baugenehmigungsverfahrens erstreckt, ist der Baugenehmigungsbehörde ein Versagensermessen eröffnet, das vorliegend nicht zugunsten der Klägerin auf null reduziert ist.
Eine gesonderte Erlaubnis nach dem Denkmalschutzgesetz entfällt gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, wenn eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das ist hier der Fall (Art. 55 Abs. 1 BayBO). Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO erstreckt den Prüfumfang im (hier vereinfachten) Baugenehmigungsverfahren auf den mit dem Vorhaben verbundenen denkmalrechtlichen Erlaubnistatbestand (vgl. BayVGH, U.v. 9.3.2016 – 15 B 13.2435 – juris Rn. 39). Damit sind auch die Voraussetzungen einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis Prüfmaßstab im Baugenehmigungsverfahren, wobei für den Fall, dass das Denkmalrecht der Genehmigungsbehörde ein Versagensermessen einräumt, dieses (ordnungsgemäß gem. Art. 40 BayVwVfG) von der Baugenehmigungsbehörde auszuüben ist. Letzteres ist bei Einschlägigkeit des Versagungstatbestands (Art. 6 Abs. 2 BayDSchG) gerichtlich gem. § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar ist.
a) Die streitgegenständlichen Vorhabenvarianten der Klägerin sind zum einen denkmalschutzrechtlich gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BayDSchG erlaubnispflichtig [aa) ], wobei gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG eine behördliche Versagungsmöglichkeit eröffnet ist [unten bb) ].
Das Bauvorhaben liegt in dem gem. Art. 1 Abs. 3 BayDSchG denkmalgeschützten und in der Denkmalliste eingetragenen Ensemble „… L… …“. Angesichts zahlreicher intakter Denkmäler rund um das Baugrundstück und des gerade rund um die I… … H1. Straße und die A… … H1. straße auch nach den Eindrücken der Inaugenscheinnahme insgesamt erhaltenswürdigen Orts- und Straßenbildes steht außer Frage, dass ein Ensembleschutz hier weiterhin materiell greift. Im Übrigen verlieren Ensembles, bei denen einzelne oder viele der dazugehörenden baulichen Anlagen in neuerer Zeit verändert wurde, nicht automatisch ihre Ensembleeigenschaft (zu diesbezüglichen Einzelheiten vgl. z.B. BayVGH, U.v. 2.8.2018 – 2 B 18.742 – BayVBl 2019, 346 = juris Rn. 32 ff.; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 1 Rn. 54 ff.).
aa) Da ein denkmalgeschütztes Ensemble gem. Art. 1 Abs. 3 BayDSchG als solches ein Baudenkmal ist (BayVGH, B.v. 29.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 10; B.v. 8.1.2021 – 9 ZB 19.282 – juris Rn. 9), erfüllt bereits die Errichtung eines neuen Gebäudes innerhalb eines Ensembles – also mithin das streitgegenständliche Bauvorhaben der Klägerin in beiden Ausführungsvarianten in der ensemblegeschützten … der Beklagten – ohne Weiteres den Tatbestand einer Baudenkmalveränderung i.S. von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V. mit Art. 1 Abs. 3 BayDSchG (BayVGH, U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 38). Allerdings ist die denkmalschutzrechtliche Genehmigungspflicht bei einer Ensembleveränderung gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayDSchG tatbestandlich eingeschränkt. Hiernach bedarf es in diesem Fall einer Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann. Das Erscheinungsbild eines Ensembles wird dabei durch das erhaltungswürdige Orts-, Platz- oder Straßenbild geprägt (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG), das nicht nur aus einzelnen Teilen baulicher Anlagen besteht, sondern aus einem Gesamteindruck (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2012 – 15 ZB 11.736 – juris Rn. 4; B.v. 29.2.2016 a.a.O. Rn. 10; B.v. 8.1.2021 a.a.O. Rn. 9).
Das Bauvorhaben der Klägerin (in beiden Varianten) kann sich in diesem Sinn auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken. Dabei kommt es – entgegen der Ansicht der Klägerin – nicht allein auf die Auswirkungen der „Aufstockung“, also durch das von den streitgegenständlichen Bauanträgen zusätzlich umfasste oberste Staffelgeschoss, sondern auf das Gesamtgebäude an. Denn die Klägerin begehrt mit ihren beiden abgelehnten (streitgegenständlichen) Bauanträgen keine bloßen „Tektur-“ oder „Änderungsgenehmigungen“, sondern eine Genehmigung für ein „aliud“, dessen Genehmigungsfähigkeit unabhängig von den Baugenehmigungen vom 15. November 2012 und vom 19. September 2013 gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO im Ganzen neu beurteilt werden muss.
Mit dem in der BayBO nicht enthaltenen Begriff der Tekturgenehmigung wird in der Baupraxis üblicherweise eine Genehmigung für geringfügige oder kleinere, das Gesamtvorhaben in seinen Grundzügen nur unwesentlich berührende Änderungen eines bereits genehmigten Vorhabens bezeichnet, die sich während des Genehmigungsverfahrens oder nach Erteilung der Genehmigung ergeben haben bzw. ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984 – 2 B 82 A.301 – BayVBl 1984, 596/597; B.v. 18.3.1997 – 14 B 96.1625 – BeckRS 1997, 23800; B.v. 14.1.1998 – 14 B 96.357 – juris Rn. 22; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 64 Rn. 18, Art. 68 Rn. 21). Kennzeichnend für eine bloße Tekturgenehmigung ist, dass sich die diesbezügliche Prüfung und Entscheidung auf die Feststellung beschränkt, dass (nur) die zur Änderung vorgesehenen Teile des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar sind; für die übrigen Teile ergibt sich diese Feststellung – die in der Reichweite des jeweiligen Prüfprogramms (vgl. hier Art. 59 BayBO) notwendiger Inhalt einer Baugenehmigung ist – aus der neben der Tekturgenehmigung bestehenbleibenden ursprünglichen Baugenehmigung. Von einem Tekturantrag oder einer Tekturgenehmigung kann aber nur gesprochen werden, wenn die Identität des (genehmigten) Vorhabens gewahrt bleibt (die bauliche Anlage also im Wesentlichen die gleiche bleibt), mithin die vom Bauherrn verfolgte Änderung das Vorhaben nicht zu einem „aliud“ macht. Als für die Identität eines Bauvorhabens wesentliche Merkmale werden in der Rechtsprechung Standort, Grundfläche, Bauvolumen, Zweckbestimmung, Höhe, Dachform oder Erscheinungsbild herausgestellt. Ob eine Veränderung dieser für ein Vorhaben charakteristischen Merkmale die Identität von genehmigten und errichteten Vorhaben aufhebt, hängt vom Umfang der Abweichungen und von der Bewertung ihrer Erheblichkeit im jeweiligen Einzelfall ab. Es kommt dabei entscheidend darauf an, ob durch die Änderung Belange, die bei der ursprünglichen Genehmigung des Vorhabens zu berücksichtigen waren, neuerlich oder andere Belange erstmals so erheblich berührt werden, dass sich die Zulässigkeitsfrage neu stellt (zum Ganzen: B.v. 26.7.1991 – 20 CS 89.1224 – BayVBl. 1992, 88 = juris Rn. 14 ff.; B.v. 14.1.1998 a.a.O.; B.v. 2.8.2007 -1 CS 07.801 – BayVBl 2007, 758 ff. = juris Rn. 33; B.v. 26.3.2008 – 15 ZB 07.3194 – juris Rn. 9; U.v. 11.11.2014 – 15 B 12.2672 – NVwZ-RR 2015, 247 = juris Rn. 27; B.v. 29.8.2016 – 15 ZB 15.2442 – juris Rn. 10; B.v. 9.8.2016 – 9 ZB 14.2684 – juris Rn. 6; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 16; B.v. 4.4.2019 – 1 ZB 17.1173 – juris Rn. 4 f.; B.v. 9.6.2020 – 15 CS 20.901 – juris Rn. 20; B.v. 14.12.2020 – 1 ZB 18.1164 – juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U.v. 14.11.2012 – 2 B 3.11 – juris Rn. 57; OVG NW, B.v. 13.12.2012 – 2 B 1250/12 – NVwZ-RR 2013, 500 = juris Rn. 15; NdsOVG, B.v. 16.6.2014 – 1 ME 70/14 – NVwZ-RR 2014, 802 = juris Rn. 11).
Vorliegend geht es der Klägerin mit ihren abgelehnten Bauanträgen nicht um kleinere Änderungen, die über eine bloße, die Ausgangsbaugenehmigung ergänzende Tektur- oder Nachtragsbaugenehmigung abgedeckt wären. Sie verfolgt vielmehr im vorliegenden Rechtsstreit mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag Baugenehmigungen für ein anderes Vorhaben („aliud“) in zwei verschiedenen Varianten. Die von der Beklagten abgelehnten Vorhaben sollen im Vergleich zum genehmigten (aber bislang nicht umgesetzten) Vorhaben jeweils über ein zusätzliches zurückgesetztes Geschoss verfügen, sollen folglich höher werden. Zudem zeigt der Vergleich zwischen den mit den Bescheiden vom 5. November 2012 und 19. September 2013 genehmigten Bauvorlagen mit den Bauvorlagen zu den beiden abgelehnten Varianten, dass aufgrund der terrassierten Gebäudegestaltung mit der zusätzlichen Ebene 4 das Bauvorhaben in beiden abgelehnten Ausführungsvarianten im oberen Hangbereich nunmehr ganz an die Grenze des oberhalb gelegenen O… …grundstücks heranrücken soll, sodass bei Projektumsetzung auch eine größere Grundfläche vereinnahmt wird. Dass die Betroffenheit dieser Belange dazu führt, dass die streitgegenständlichen, von der Beklagten abgelehnten Vorhaben im Vergleich zu dem Vorhaben, das von den bestandskräftigen Baugenehmigungen gedeckt ist, als „aliud“ anzusehen sind, ergibt sich mithin schon daraus, dass sich gerade durch die Gebäudeerhöhung, das zusätzliche Geschoss und die hinzukommende Grundfläche als wesentliche Parameter des § 34 BauGB für das gesamte Bauvorhaben die bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsfrage hinsichtlich des bauplanungsrechtlichen „Einfügens“ im Ganzen neu stellt; dasselbe gilt auch hinsichtlich der Beurteilung der denkmalrechtlichen Verträglichkeit am Maßstab von Art. 6 BayDSchG. Die hier betroffenen Merkmale einer veränderten Gebäudehöhe, eines zusätzlichen Geschosses, einer größeren Grundfläche und einer damit einhergehenden veränderten Kubatur führen dazu, dass sich das nunmehr von der Klägerin verfolgte Vorhaben in beiden Ausführungsvarianten gegenüber der vorangegangenen Baugenehmigung verselbständigt hat. Für ein „aliud“ spricht zudem das in der Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 16. Juni 2021 (dort Seite 22) vorgebrachte Argument, dass das Gebäude für die nunmehr vorgesehene Aufstockung in statischer Hinsicht anders ausgebildet werden müsse, als wenn es bei der genehmigten Bauausführung geblieben wäre. Diese statischen Abweichungen sind auch im Vergleich zwischen den mit Bescheiden vom 15. November 2012 und 19. September 2013 vormals genehmigten Bauvorlagen / Schnitten (mit Datum 22.8.2012 bzw. 9.8.2013) und den mit den Bescheiden vom 5. Dezember 2016 und 5. Mai 2017 abgelehnten Bauvorlagen / Schnitten (mit Datum 16.8.2016 bzw. 4.4.2017) hinsichtlich einer partiell variierenden Dicke und Gestaltung der Zwischendecken zwischen der Ebene 1 und der Ebene 2 sowie zwischen der Ebene 3 und der Dachterrasse (vormals genehmigte Vorhaben) bzw. der Ebene 4 (streitgegenständliche Varianten) erkennbar. Zudem hat die Klägerin für den Bauantrag vom 25. August 2016 (zu Recht) vollständige Bauvorlagen für das Gesamtgebäude (auch mit den Grundrissen zu den Ebenen 0 – 3) vorgelegt.
Gehen – wie vorliegend – die Änderungen in einem neuen Bauantrag so weit, dass ein anderes Vorhaben als das zunächst beantragte und damit ein „aliud“ zum Gegenstand der Zulässigkeitsprüfung gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO (hier i.V. mit Art. 59 BayBO) gemacht wird, handelt es sich der Sache nach um einen vollständig neuen Bauantrag (Schwarzer/König a.a.O. Art. 68 Rn. 21). Es ist dann eine vollständig neue Baugenehmigung erforderlich. Es ist folglich das G e s a m t v o r h a b e n in seiner geänderten Gestalt im Ganzen auf seine Genehmigungsfähigkeit zu prüfen (BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 22 CS 19.345 – BayVBl 2021, 95 = juris Rn. 37 ff.; B.v. 5.4.2019 – 22 CS 18.2572 u.a. – ZUR 2019, 491 = juris Rn. 49; B.v. 5.4.2019 – 22 CS 19.281 – BImSchG-Rspr. § 16 Nr. 16 = juris Rn. 44 ff.). Aufgrund der Einordnung der mit den Bescheiden vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 abgelehnten Vorhabenalternativen jeweils als „aliud“ im Vergleich zu dem bereits genehmigten Bauvorhaben ist Gegenstand dieser beiden abgelehnten Bauanträge nicht nur isoliert gesehen das oberste Stockwerk, sondern das Gesamtvorhaben eines mehrgeschossigen Wohnbauvorhabens im Hang des Baugrundstücks. Bei der Frage, ob die beiden streitgegenständlichen Vorhabenalternativen genehmigungsfähig sind, ist daher jeweils nicht nur das zusätzliche Obergeschoss nach den beiden Antragsvarianten vom August 2016 und April 2017, sondern das jeweilige Gesamtvorhaben mit allen Ebenen 0 – 4 zu beurteilen.
Für die gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 i.V. mit Art. 1 Abs. 3 BayDSchG tatbestandlich relevante Frage, ob sich das Vorhaben (in beiden Varianten) auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann, kommt es daher entgegen den Ausführungen der Klägerin (und ihrem Gutachter Prof. Dr. H1….) nicht darauf an, welchen Beitrag lediglich die hinzukommende Ebene 4 hierauf hat, sondern vielmehr darauf, ob sich das Gesamtvorhaben (also das Gesamtgebäude mit allen Ebenen 0 – 4) auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirkt. Dies ist zu bejahen: Zum bisherigen Erscheinungsbild des Ensembles gehören auch die bislang unbebaute Hangfläche auf dem Baugrundstück, jenseits dessen westlicher bzw. südwestlicher Grenze ein Abschnitt der hier erhaltenen Stadtmauer von der Höhe der I… … H1. Straße bis zum O… … aufsteigt. Stellt man nicht lediglich auf den Vergleich zwischen dem bestandskräftig genehmigten Vorhaben und den mit den beiden streitgegenständlichen Varianten verfolgten zusätzlichen Obergeschossen, sondern – wie geboten – auf das Gesamtvorhaben ab, ist nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen, dass sich ein mehrstöckiges Gebäude der geplanten Art im bislang unbebauten Hang unterhalb des O… …, unterhalb der Burg T… … sowie in der Nähe weiterer Einzeldenkmäler auf das Erscheinungsbild des Ensembles im Ganzen auswirken kann.
bb) Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG räumt der Behörde – hier der Baugenehmigungsbehörde im Rahmen der Baugenehmigungserteilung – ein Versagungsermessen ein. Nach der genannten Norm kann u.a. im hier vorliegenden Fall des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBO (s.o.) die Erlaubnis versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen (zur Verfassungsmäßigkeit vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – BayVBl 2008, 141 = juris Rn. 48, 51 ff.). Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Voraussetzungen dieser (Ermessens-) Versagungsmöglichkeit, die uneingeschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegen (vgl. BayVGH, U.v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 19; B.v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 4; U.v. 2.8.2018 – 2 B 18.742 – BayVBl 2019, 346 = juris Rn. 39), vorliegend gegeben sind.
Die „gewichtigen Gründe“ sind nicht dahin zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen muss. Sie ergeben sich vielmehr grundsätzlich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht. Es ist daher bereits für den Regelfall davon auszugehen, dass bei Baudenkmälern – und damit auch bei einem denkmalschutzrechtlich geschützten Ensemble (Art. 1 Abs. 3 BayDSchG) – ein Erhaltungsinteresse anzuerkennen ist und damit „gewichtige Gründe“ für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands indiziert sind. Gewichtige Gründe sind allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern oder völlig geringfügigen Beeinträchtigungen zu verneinen (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 a.a.O. Rn. 4; U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 39; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 6 Rn. 45). Im Hinblick auf die Gleichstellung von Ensembles und Einzelbaudenkmälern über Art. 1 Abs. 3 BayDSchG (vgl. BayVGH, B.v. 29.2.2016 – 9 ZB 15.1146 – juris Rn. 10; U.v. 22.4.2016 – 1 B 12.2353 – BayVBl 2016, 778 = juris Rn. 16, 27; B.v. 14.2.2018 – 2 ZB 16.1842 – juris Rn. 11) kann für eine Veränderung des Ensembles durch die Hinzufügung einer neuen baulichen Anlage, die im Ensemble liegen wird, nichts Anderes gelten (BayVGH, U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 39; vgl. auch BayVGH, U.v. 3.1.2008 – 2 BV 07.760 – BayVBl 2008, 477 = juris Rn. 17 f.). Bei einer jeweils gebotenen Einzelfallbetrachtung und -bewertung (BayVGH, B.v. 29.2.2016 a.a.O. Rn. 12) sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes bei einer Ensembleveränderung – hier durch Hinzutreten eines weiteren Gebäudes auf einem bislang unbebauten Grundstück – jedenfalls dann für die Beibehaltung des bisherigen Zustands i.S. von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG, wenn sich das strittige Vorhaben auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen auswirkt (BayVGH, U.v. 2.8.2018 a.a.O. Rn. 40). Auch diesbezüglich kommt es nicht darauf an, ob und inwiefern sich lediglich die zusätzliche Ebene 4 denkmalschutzrechtlich auswirkt, vielmehr ist auch diesbezüglich entscheidend, inwiefern gerade mit Blick auf das geplante Gesamtvorhaben (also auf das Gesamtgebäude mit allen Stockwerken) gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen (s.o.).
Vorliegend spricht schon der Anbau des Vorhabens an die Stadtmauer sowie die unmittelbare Nachbarschaft zu Baudenkmälern (wie z.B. auf der FlNr. ……) dafür, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben (in beiden Varianten) auf die Eigenart des Ensembles in seiner originalen Struktur und mit seinen typischen Merkmalen auswirkt. Ferner ergibt sich aus den Stellungnahmen des BLfD und damit aus fachlicher Sicht, dass ein mehrstöckiges Gebäude im Hang des Baugrundstücks nach dem für die Rechtsanwendung des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG maßgeblichen Urteil eines fachkundigen / sachverständigen Betrachters (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.2018 – 1 ZB 17.813 – juris Rn. 4) nicht unerhebliche beeinträchtigende Wirkungen i.S. von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG auf das Ensemble herbeiführt und dass deshalb gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen, insbesondere hangseits weitgehend unbebauten Zustands des Vorhabenstandorts sprechen. Der Senat sieht insofern die fachbehördlichen Aussagen zur Betroffenheit des Ensembles in den Stellungnahmen des BLfD vom 9. September 2011, 13. August 2018 und vom 9. Juli 2020 insbesondere hinsichtlich der bislang weitgehend unbebauten Hangflächen als Wesensmerkmal der Örtlichkeit (zumal diese im Erörterungstermin vom Vertreter des BLfD nochmals anschaulich erläutert worden sind) sowie zur Betroffenheit der Stadtmauer als aussagekräftig an. Das BLfD ist die zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG berufene Fachbehörde. Auch wenn die Baugenehmigungsbehörden und die Gerichte rechtlich nicht an die fachliche Beurteilung des BLfD gebunden sind, sondern vielmehr deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden haben, kommen den fachlichen Einschätzungen des Landesamts – ähnlich einem fachkundig erstellten Sachverständigengutachten – auch aufgrund der gesetzlichen Wertung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG bei der Rechtsanwendung jedenfalls ein besonderes tatsächliches Gewicht zu (BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741 – BayVBl 2014, 23 = juris Rn. 27; U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – BayVBl 2014, 502 = juris Rn. 33; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 6 Rn. 37, 44). Vorliegend ist der Senat sowohl unter Heranziehung der fachlichen Äußerungen als auch nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die überwiegend unbebaute, bewaldete Hangfläche unterhalb des O… … – auch in Richtung Westen (Richtung I… … H1. Straße) und Richtung Norden (Richtung A… … H1. straße) – zwar aufgrund einiger sich in den Hang erstreckender Gebäude nicht mehr denselben Stellenwert hat wie die freien Hangflächen unmittelbar unterhalb der Burg T… …, dass aber nach wie vor diese „grüne“ Hangfläche die Örtlichkeit und damit auch das Ensemble noch mitprägt. Das Gericht folgt daher hinsichtlich der Betroffenheit der Hangflächen und deshalb auch des Ensembles diesbezüglich der Bewertung der Fachbehörde.
b) Daneben ist auch der denkmalschutzrechtliche Genehmigungstatbestand der Nähebeziehung zu Einzelbaudenkmälern erfüllt (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG), wobei zudem Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG der Behörde (hier der Baugenehmigungsbehörde) ein Versagungsermessen belässt.
aa) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann.
Das streitgegenständliche (s.o.: Gesamt-) Vorhaben weist wechselseitige Sichtbeziehungen zu diversen unmittelbar benachbarten Einzelbaudenkmälern (u.a. Stadtmauer in Richtung Südwesten, O… … auf der Anhöhe in Richtung Süden, Gebäudekomplex mit ehem. M… … Tor in Richtung Nordwesten) sowie auch zur Burg T… … als auf einer Anhöhe thronende und auch vom Baugrundstück aus sichtbare Landmarke auf, wovon sich der Senat auch anlässlich der Inaugenscheinnahme des Baugrundstücks und seiner Umgebung am 22. Juni 2021 überzeugt hat (vgl. Augenscheinprotokoll Seiten 2, 3, 7, 15, 16). Mithin ist das streitgegenständliche Vorhaben – gerade als mehrstöckiger, in die bislang weitgehend freie Hangfläche eingreifender moderner Flachdachbau – in beiden Ausführungsvarianten auch gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG denkmalschutzrechtlich erlaubnispflichtig, weil es in der Nähe von Baudenkmälern errichtet werden soll und es sich auf das Erscheinungsbild dieser Denkmäler auswirken kann.
bb) Im vorliegenden Fall des Erlaubnistatbestands der Nähebeziehung (Art. 6 Abs. 1 Satz 2 BayDSchG) eröffnet Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG auch eine behördliche Versagensmöglichkeit, weil das Vorhaben der Klägerin im Falle seiner Umsetzung in beiden Ausführungsvarianten zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung benachbarter Baudenkmäler führen würde und (deswegen) gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
Die Frage der Beeinträchtigung gem. Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG ist nicht gleichzusetzen mit einer Verunstaltung. Eine Beeinträchtigung liegt nicht nur dann vor, wenn ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird. Vielmehr soll über Art. 6 Abs. 2 Satz 2 BayDSchG gewährleistet werden, dass die jeweilige besondere Wirkung des in der Nähe befindlichen Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeugnis der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Beschauer ausübt, nicht geschmälert wird (BayVGH, U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631 – NVwZ-RR 2013, 545 = juris Rn. 30; B.v. 12.6.2019 – 2 ZB 17.67 – juris Rn. 12). Der Senat hat sich über die Inaugenscheinnahme davon überzeugt, dass sich das mehrstöckige, im bislang unbebauten Hang des Baugrundstücks zu errichtende Gesamtgebäude auf das überlieferte Erscheinungsbild benachbarter Baudenkmäler nicht unerheblich auswirken würde. Das terrassenförmig auf eine Gesamthöhe von über 17 m am Hang aufsteigende Vorhaben der Klägerin würde zu einer Dominanz gegenüber dem Einzeldenkmal auf FlNr. … mit den Resten des ehem. M… … Tors führen. Ebenso bewertet der Senat die Höhenentwicklung und die Gestaltung als auffälliges modernes hohes, verglastes Gebäude mit seinen Auswirkungen auf die Stadtmauer, die in das Vorhaben baulich integriert werden soll, sowie auf die wechselseitigen Sichtbeziehungen in Bezug auf die Landmarke Burg T… … als Beeinträchtigung des Wesens und des überlieferten Erscheinungsbilds von Baudenkmälern und deswegen auch als gewichtige Gründe des Denkmalschutzes, die für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Der Senat nimmt insofern ergänzend Bezug auf die diesbezüglich überzeugenden Ausführungen des BLfD, insbesondere in den Stellungnahmen vom 9. September 2011 und vom 9. Juli 2020. Ob im Fall der Umsetzung der beiden Ausführungsvarianten des Vorhabens auch relevante weitere Nähe- und Sichtbeziehungen zu sonstigen Einzeldenkmälern zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung dieser (anderen) Baudenkmäler führen würde – was zwischen den Beteiligten des Verfahrens insbesondere in Bezug auf das O… … (FlNr. ……) umstritten ist -, kann daher dahingestellt bleiben.
c) Da sich vorliegend sowohl aus Art. 1 Abs. 3 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BayDSchG (Ensembleveränderung) als auch aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 BayDSchG (Nähetatbestand) eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht mit behördlicher (Ermessens-) Versagensmöglichkeit ergibt, über die die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten gem. Art. 6 Abs. 3 BayDSchG i.V. mit Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO im Rahmen der Baugenehmigungserteilung zu entscheiden hat, scheidet ein strikter Anspruch der Klägerin gem. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO darauf, dass die Beklagte ihr die Baugenehmigung entweder nach Maßgabe des Hauptantrags oder nach Maßgabe des ersten Hilfsantrags erteilen m u s s, aus. Ein Ausnahmefall (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2013 – 1 B 12.2596 – BayVBl 2014, 506 = juris Rn. 23) einer Ermessensreduzierung auf null in dem Sinn‚ dass die Erlaubnis trotz Vorliegens gewichtiger Gründe des Denkmalschutzes erteilt werden muss‚ weil die für das Änderungsvorhaben sprechenden Gründe so viel Gewicht hätten‚ dass der Beklagten bei der Ermessensausübung keine andere Wahl bliebe, als dem Antrag zu entsprechen, ist vorliegend nicht ersichtlich. Auch wenn die tragende Ermessenserwägung der Beklagten in den Gründen der beiden streitgegenständlichen Ablehnungsbescheide, wonach gerade die neue Ebene 4 im Vergleich zu den bislang gemäß Bescheiden vom 15. November 2012 und vom 19. September 2013 genehmigten Ausführungsvarianten zu einer erheblichen Verschärfung der Betroffenheit denkmalschutzrechtlicher Belange führen soll, nicht überzeugt [vgl. unten 2. b) ], vermag die Klägerin gerade aufgrund der erteilten Baugenehmigungen vom 15. November 2012 und vom 19. September 2013 keine Ermessensreduzierung zu ihren Gunsten abzuleiten. Denn unabhängig von der Frage, ob die Baugenehmigungen aus den Jahren 2012 und 2013 nach mehr als vier Jahre unterbrochener Bauausführung gem. Art. 69 Abs. 1 BayBO erloschen sind (vgl. BayVGH, U.v. 22.3.1984 – 2 B 82 A.301 – BayVBl 1984, 596 f.; B.v. 26.3.2008 – 15 ZB 07.3194 – juris Rn. 11; B.v. 14.12.2020 – 1 ZB 18.1164 – juris Rn. 6 ff.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 69 Rn. 5 ff. m.w.N.), kann die Errichtung eines Vorhabens nach Maßgabe der vormals erteilten Baugenehmigungen vorliegend nicht unterstellt werden, weil selbst bei fortbestehender Wirksamkeit der vorgenannten Baugenehmigung die Klägerin hierzu nicht verpflichtet ist, zumal sie selbst erstinstanzlich bekundet hat, dass sich ein „Bauvorhaben mit lediglich fünf Wohnungen auf drei Ebenen nicht rechnet“ (Schriftsatz ihrer vormaligen Bevollmächtigten vom 9. März 2017), sie mittlerweile mithin offenbar kein Interesse mehr an der Umsetzung der vormals genehmigten (s.o. „aliud“-) Variante hat.
Das Verwaltungsgericht hat vor diesem Hintergrund die Verpflichtungsklage hinsichtlich des Hauptantrags und des ersten Hilfsantrags im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
2. Die Berufung hat hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags Erfolg. Die Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht ist insofern zu Unrecht erfolgt. Beide streitgegenständlichen Bauvarianten sind bauplanungsrechtlich zulässig [im Folgenden a) ]. Das gem. Art. 6 BayDSchG verbleibende Versagungsermessen hat die Beklagte ermessensfehlerhaft ausgeübt [s.u. b) ]; die Beklagte ist daher zur erneuten Bescheidung der Bauanträge unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu verpflichten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Im Rahmen der Neubescheidung ist von der Beklagten auch das bislang in den Ablehnungsbescheiden nicht thematisierte Bauordnungsrecht zu prüfen, soweit dies gem. Art. 59, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren relevant ist [s.u. c) ].
a) Die streitgegenständlichen Vorhaben nach Maßgabe der Bauvorlagen vom 16. August 2016 (vgl. Hauptantrag) sowie vom 4. April 2017 (erster Hilfsantrag) sind bauplanungsrechtlich zulässig, § 34 Abs. 1 BauGB.
Das Baugrundstück und seine dicht bebaute Umgebung sind nicht vom Geltungsbereich eines Bebauungsplans umfasst und liegen daher im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB). Für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens der Klägerin kommt es (vorbehaltlich einer Sonderbetrachtung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung über § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit §§ 2 ff. BauNVO) gem. § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblich darauf an, ob sich das Bauvorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist, § 34 Abs. 1 BauGB. Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen ein, wenn es sich hinsichtlich dieser vier Kriterien innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird. Auch ein rahmenwahrendes Vorhaben kann aber ausnahmsweise unzulässig sein, wenn es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt. Umgekehrt ist ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ausnahmsweise zulässig, wenn es trotz der Überschreitung keine städtebaulichen Spannungen hervorruft (grundlegend BVerwG, U.v. 26.5.1978 – IV C 9.77 – BVerwGE 55, 369 = juris Rn. 46 f.; vgl. auch BayVGH, U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13). Für die Beurteilung der Eigenart der näheren Umgebung ist alles an Bebauung in den Blick zu nehmen, was tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – BVerwGE 157, 1 = juris Rn. 10, 13; U.v. 6.6.2019 – 4 C 10.18 – NVwZ 2019, 1456 = juris Rn. 13; BayVGH, U.v. 2.8.2017 – 2 B 17.544 – BRS 85 Nr. 79 = juris Rn. 15); außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, oder in ihr aufgrund seiner Singularität als Fremdkörper erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 a.a.O. Rn. 13; U.v. 6.6.2019 a.a.O. Rn. 15; BayVGH, B.v. 7.2.2020 – 15 CS 19.2013 – juris Rn. 38; B.v. 19.10.2020 – 15 ZB 20.280 – juris Rn. 19).
Unter der für die Bestimmung des Rahmens maßgeblichen „näheren Umgebung“ ist diejenige Umgebung zu verstehen, auf die sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. nur BVerwG, U.v. 26.5.1978 a.a.O. Rn. 33; B.v. 13.5.2014 – 4 B 38.13 – NVwZ 2014, 1246 = juris Rn. 7; B.v. 22.9.2016 – 4 B 23.16 – BRS 84 Nr. 74 = juris Rn. 6; B.v. 27.3.2018 – 4 B 60.17 – ZfBR 2018, 479 = juris Rn. 7; B.v. 14.10.2019 – 4 B 27.19 – NVwZ 2020, 322 = juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 2.8.2017 a.a.O. Rn. 15; B.v. 7.2.2020 a.a.O. juris Rn. 30). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (BVerwG, B.v. 14.10.2019 a.a.O. Rn. 8). Dabei ist unter wertender und bewertender Betrachtung der konkreten tatsächlichen Verhältnisse an äußerlich erkennbare, also mit dem Auge wahrnehmbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anzuknüpfen. Die nähere Umgebung ist für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann. Bei der Bestimmung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung eines Grundstücks ist der Umkreis der zu beachtenden vorhandenen Bebauung ebenso wie hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche tendenziell enger zu begrenzen als bei der Ermittlung des Gebietscharakters (BVerwG, B.v. 13.5.2014 a.a.O. Rn. 7; BayVGH, B.v. 19.12.2006 – 1 ZB 05.1371 – juris Rn. 19; U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn. 19 f.; B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 8; ThürOVG, U.v. 26.4.2017 – 1 KO 347/14 – BauR 2018, 485 = juris Rn. 38); entscheidend ist eine Einzelfallbetrachtung nach den konkreten Umständen des Falles. Die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung kann im Übrigen über eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) oder – ggf. ohne eine solche – dort zu ziehen sein, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen und sich durch Aneinandergrenzen von Gebieten unterschiedlicher Siedlungsstruktur eine städtebauliche Zäsur ergibt (BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 7.2.2020 – 15 CS 19.2013 – juris Rn. 30, 36 m.w.N.). Neben der Perspektive des stehenden Menschen – also insbesondere nach dem Ergebnis einer Inaugenscheinnahme – kann es für die Feststellung der maßgeblichen näheren Umgebung auch auf den „Blick von oben“ (Lagepläne, Luftbilder u. ä.) ankommen (zum Ganzen BVerwG, B.v. 13.5.2014 a.a.O. Rn. 12 f.; BayVGH, B.v. 7.2.2020 a.a.O. Rn. 30).
aa) Dass die abgelehnten Vorhaben der Klägerin als Wohnbauvorhaben hinsichtlich der A r t der baulichen Nutzung am Maßstab von § 34 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig sind, steht vorliegend außer Frage und ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.
bb) Nach der Bewertung des Senats fügt sich das Vorhaben in beiden abgelehnten Varianten hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung auch bei der hier gebotenen Beurteilung hinsichtlich des Gesamtgebäudes [vgl. oben 1. a) aa) ] in die nähere Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB ein.
Nach den vorliegenden Lageplänen / Luftbildern sowie nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme am 22. Juni 2021 zählt zur prägenden Umgebung für die Bestimmung des maßgeblichen Rahmens des M a ß e s der baulichen Nutzung jedenfalls die unmittelbar nördlich bzw. nordöstlich anschließende Bebauung auf FlNr. … (A… … H1. straße … = A… … H1. straße Ecke I… … H1. Straße) sowie die Bebauung beidseits der A… … H1. straße (auch in zweiter Reihe) von der FlNr. … (Südseite) bzw. FlNr. … (Nordseite) bis zum Kreuzungsbereich des R… H1. Wegs in Richtung Südwesten, d.h. bis zur Höhe der FlNr. … (Südseite = A… … H1. straße Ecke R… H1. Weg) bzw. der FlNr. … (Nordseite, HausNr. ……), die als eine in sich weitgehend homogene Bebauungsstruktur – in weitgehend geschlossener Bauweise mit überwiegend Wohngebäuden mit kleinerer bis mittelgroßer Grundfläche – umgrenzt wird. Ob weitere Bereiche – wie das auf der Anhöhe stehende O… …, die Bebauung am K… … südlich der Anhöhe sowie die Bebauung auf der westlichen Seite der I… … H1. Straße – noch zur prägenden Umgebung gehört, kann dahingestellt bleiben, weil sich das Vorhaben der Klägerin in beiden Varianten hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung auch ohne die dortige Bebauung allein im Vergleich zur bestehenden Bebauung zum o.g. Bereich an der A… … H1. straße im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB einfügt.
Bedeutsam für das Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung sind solche Maße, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und anhand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre absolute Größe nach Grundfläche, Geschosszahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und sind deshalb – und zwar kumulierend (BVerwG, U.v. 8.12.2016 a.a.O. Rn. 20) – vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung heranzuziehen. Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren der Baunutzungsverordnung zwar nicht ausgeschlossen; sie werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete bis gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – BVerwGE 95, 277 = juris Rn. 7; B.v. 14.3.2013 – 4 B 49.12 – ZfBR 2013, 480 = juris Rn. 5; B.v. 3.4.2014 – 4 B 12.14 – ZfBR 2014, 493 = juris Rn. 3; U.v. 8.12.2016 a.a.O. Rn. 17; BayVGH, U.v. 30.7.2012 – 1 B 12.906 – juris Rn. 19; B.v. 14.2.2018 – 1 CS 17.2496 – juris Rn. 13).
Das Gesamtgebäude weist nach den in den Baugenehmigungsverfahren vorgelegten Berechnungen der Klägerin für die Variante nach den Bauvorlagen von 16. August 2016 (Hauptantrag) eine G r u n d f l ä c h e von 773,52 m² sowie nach den Bauvorlagen vom 4. April 2017 eine solche von 778,50 m² auf. Diese Grundflächenmaße würden nur dann den Rahmen der näheren Umgebung einhalten, wenn das O… … auf FlNr. … (Grundfläche ca. 850 m²) und / oder die ehemalige Justizvollzugsanstalt auf der FlNr. … (I… … H1. Str., Grundfläche ca. 1.300 m²) trotz ihrer eher abgesetzten Lagen und architektonischen Sonderstellung innerhalb der prägenden näheren Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB lägen bzw. nicht als sog. Fremdkörper einzuordnen wären. Diese Fragen können hier offenbleiben. Zwar übersteigt die vorgesehene Grundfläche in beiden Ausführungsvarianten die Grundfläche des prägenden Baukomplexes auf dem Nachbargrundstück FlNr. … (A… … H1. straße ……) mit einer Grundfläche von ca. 560 m². Der Senat bewertet aber die mehr als 200 m² große nördliche Fläche der untersten Ebene 0 des Bauvorhabens der Klägerin, die vor der nördlichen Außenwand der Ebene 1 als ausschließlich überdachter Parkbereich mit Kfz-Stellplätzen hervortritt und deren Flachdach als ebenerdiger Grünbereich und weiter im Süden als Terrassenbereich der Ebene 1 ausgestaltet ist, aufgrund der Situationsgebundenheit des Baugrundstücks als nicht für künftige Bauvorhaben in der näheren Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB als hinsichtlich der zulässigen Grundfläche maßstabgebend und damit prägend. Denn die Ebene 0 bleibt insgesamt hinter der Verlängerung der Stadtmauer von außen verdeckt, die aus Richtung Südwesten zu erreichende Toreinfahrt der Ebene 0 wirkt wie eine Tiefgarageneinfahrt. Von der I… … H1. Straße tritt das geplante Gebäude (in beiden Varianten) hinsichtlich seiner Kubatur im Wesentlichen von außen nur mit den Ebenen 1 bis 4 in Erscheinung. Das vorgelagerte, bepflanzte Flachdach der Ebene 0 hinterlässt von der I… … H1. Straße von Süden kommend in Blickrichtung Nordost den Eindruck eines Gartenbereichs, von dem aus das „eigentliche“ Gebäude mit den Ebenen 1 – 4 erst aufsteigend beginnt. Zieht man diesen – für künftige Bauvorhaben hinsichtlich der Grundfläche nicht prägenden – Bereich mit über 200 m² von der geplanten Gesamtgrundfläche der beiden Varianten (773,52 m² bzw. 778,50 m²) ab, verbleibt eine ausschließlich von den Ebenen 1 bis 4 gebildete „Restgrundfläche“ in einer Größenordnung, die der Größenordnung des Gebäudebestandes auf der unmittelbar benachbarten FlNr. … (A… … H1.str. ……) entspricht. Aufgrund der genannten Umstände und insbesondere aufgrund der mangelnden Vorbildwirkung (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 Rn. 31 m.w.N.) resp. Maßstabsetzung des nördlich vorgelagerten Bereichs der Ebene 0 für künftige Bauvorhaben fügen sich beide streitgegenständliche Ausführungsvarianten hinsichtlich der Grundfläche in die nähere Umgebung i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB ein, weil sie trotz der diesbezüglichen Rahmenüberschreitung ausnahmsweise keine städtebaulichen Spannungen hervorrufen.
Die von der Klägerin in beiden Varianten geplante Bebauung hält sich ferner hinsichtlich der G e s c h o s s z a h l im Rahmen der prägenden Umgebung resp. der in der A… … H1. straße vorhandenen prägenden Gebäude. Für das Einfügen am Maßstab der (Voll-) Geschosszahl kommt es nicht auf die Feinheiten der an landesrechtliche Begriffe anknüpfenden Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung für die Geschossfläche an; entscheidend ist insofern vielmehr die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretende Geschosszahl im Vergleich zwischen dem Bestand in der maßgeblichen Umgebung und dem jeweils streitgegenständlichen Bauvorhaben (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.1994 – 4 C 18.92 – BVerwGE 95, 277 = juris Rn. 9; B.v. 21.6.1996 – 4 B 84.96 – NVwZ-RR 1997, 520 = juris Rn. 3 ff.; B.v. 14.3.2013 – 4 B 49.12 – ZfBR 2013, 480 = juris Rn. 5).
Nach diesen Maßstäben geht der Senat davon aus, dass in beiden streitgegenständlichen Planungsvarianten nach dem optischen Eindruck von einem Gebäude mit maximal vier (Voll-) Geschossen auszugehen ist, weil aus den oben zur Grundfläche angeführten topografischen und ausführungsbezogenen Erwägungen jedenfalls die unterste Parkebene E 0 nach außen wie eine Tiefgaragenebene wirkt und nicht wie ein Vollgeschoss nach außen in Erscheinung tritt. Hierfür spricht auch – ohne dass es auf Berechnungsfeinheiten ankommt (s.o.) – der aus § 20 Abs. 1 BauNVO, Art. 83 Abs. 6 BayBO i.V. mit Art. 2 Abs. 5 Satz 1 BayBO 1998 abzuleitende Rechtsgedanke. Danach sind Vollgeschosse nur Geschosse, die vollständig über der natürlichen oder festgelegten Geländeoberfläche liegen und über mindestens zwei Drittel ihrer Grundfläche eine Höhe von mindestens 2,30 m haben; als Vollgeschosse gelten Kellergeschosse, deren Deckenunterkante im Mittel mindestens 1,20 m höher liegt als die natürliche oder festgelegte Geländeoberfläche. Vorliegend ist die Ebene 0 als unterstes Park- / Kellergeschoss nach der von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen zeichnerischen Darstellungen „Schnitt“ in den jeweiligen Bauvorlagen zu den beiden abgelehnten Ausführungsvarianten sowie nach der ebenfalls von der Beklagten nicht infrage gestellten Berechnung der Klägerin (Bl. 18 des Behördenvorgangs T-2016-21 und Bl. 17 des Behördenvorgangs B-2017-101) weit überwiegend in das natürliche Gelände eingepasst und tritt mit seinen Außenfassaden nur zu einem kleinen Teil „aus dem Hügel“ nach außen hervor (vgl. auch BayVGH, U.v. 27.3.2013 – 14 B 12.193 – juris Rn. 35; U.v. 20.5.2019 – 20 B 18.1431 – BayVBl 2020, 20 = juris Rn. 37). Geht man hiernach von einem nach außen in Erscheinung tretenden Gebäude mit maximal vier Vollgeschossen aus, hält das Vorhaben in beiden abgelehnten Varianten nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme ohne weiteres den Rahmen der prägenden Umgebung ein, weil sich hier auch prägende Gebäude mit mindestens vier Vollgeschossen vorfinden, wie das Gebäude A… … H1. straße … (vgl. Augenscheinprotokoll Seite 11) und A… … H1. straße … (vgl. Augenscheinprotokoll Seite 12). Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Ebenen 1 bis 4 als Vollgeschosse einzuordnen sind, was von Seiten der Klägerin nicht nur hinsichtlich der zurückversetzten Ebene 4 in Abrede gestellt wird (vgl. Seite 6 der mit Schriftsatz der Klägerseite vom 16. Juni 2021 vorgelegten Anlage). Im Übrigen – was offenbleiben kann – wäre aufgrund des entscheidenden Elements der „optischen Geschossigkeit“ selbst bei einer Einordnung des klägerischen Vorhabens als fünfgeschossiges Gebäude ein Einfügen hinsichtlich der Geschossanzahl in Erwägung zu ziehen. Denn die beiden vorgenannten Gebäude A… … H1. straße … und … verfügen nach dem bei der Inaugenscheinnahme des Senats erfassten optischen Eindruck über jeweils großzügige, mit mehreren Fenstern bestückte Dachbereiche mit Dachgauben auf den Traufseiten. Insofern könnte es für die Beurteilung der Massivität des Gebäudes ggf. keine entscheidende Rolle spielen, ob ein zu Aufenthaltszwecken nutzbares Obergeschoss – wie beim Vorhaben – als ein zurückversetztes „Staffelgeschoss“ oder aber – wie bei den Gebäuden A… … H1. straße … und … – als nach außen sichtbarer ausgebauter und befensterter Dachraum und damit als wohnlich nutzbares, flächenmäßig ausgedehntes Dachgeschoss ausgeführt wird (vgl. auch NdsOVG, B.v. 12.2.2019 – 1 ME 151/18 – juris Rn. 11).
Schließlich halten sich beide abgelehnten Ausführungsvarianten hinsichtlich der G e b ä u d e h ö h e im Rahmen der prägenden Umgebung. Das gilt sogar, wenn man diese ab der untersten Ebene 0 bemisst. Hiernach wäre eine (absolute) Gesamthöhe von 17,44 m anzusetzen. Das ergibt sich sowohl aus den Bauvorlagen zur Variante 1 / Hauptantrag [Darstellung gem. Schnitt der Bauvorlage vom 16.8.2016: vom Fußpunkt (E0 = -3,405 m) bis zur Oberkante Fußboden der Ebene 3 (+10,32 m) sind es 13,725 m; von dort aus sind es bis zur Brüstungsoberkante der Dachterrasse oberhalb der Ebene 3 noch 3,715 m (2,50 m + 1,215 m) ] als auch aus den Bauvorlagen zur Variante 2 / 1. Hilfsantrag [Darstellung gem. Schnitt der Bauvorlage vom 4.4.2017: vom Fußpunkt (E0 = -3,405 m) bis zur Brüstungsoberkante (+14,035 m) ]. Die im Bereich der A… … H1. straße situierenden – prägenden – Gebäude A… … H1. straße … = FlNr. … (Firsthöhe 18,30 m, Giebelhöhe 21 m), D… H2.platz … = FlNr. … (Firsthöhe 18,50 m, Giebelhöhe 18,40 m) und A… … H1. straße … = FlNr. …4 (Firsthöhe 17,90 m) weisen nach den von der Beklagten am 15. Juni 2021 mitgeteilten Maßen größere absolute Höhen auf als das Vorhaben der Klägerin. Alle drei Bezugsgebäude weisen einen großzügigen, nutzbaren (und befensterten) Dachbereich auf, der der Struktur des zurückversetzten Obergeschosses des klägerischen Vorhabens (in beiden Varianten) ähnlich ist, sodass es nicht gerechtfertigt erscheint, bei der Einfügungsfrage lediglich auf die niedrigeren Traufhöhen in der Umgebungsbebauung abzustellen. Diese Erwägungen gelten – was offenbleiben kann – erst recht, wenn mit den Erwägungen zur Geschossanzahl der auf die Ebene 0 anfallende Höhenanteil von vornherein nicht zur Gebäudehöhe mitgerechnet wird (dann läge eine anzusetzende Gebäudehöhe von jeweils ca. 14 m vor).
cc) Das Vorhaben der Klägerin fügt sich ferner in beiden Varianten hinsichtlich der ü b e r b a u b a r e n G r u n d s t ü c k s f l ä c h e in die nähere Umgebung ein. Hierbei kann zur näheren Konkretisierung auf die Begriffsbestimmungen in § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (BVerwG, B.v. 16.6.2009 – 4 B 50.08 – ZfBR 2009, 693 = juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 6.2.2006 – 26 ZB 05.1470 – juris Rn. 3; B.v. 19.10.2020 – 15 ZB 20.280 – juris Rn. 8; OVG Berlin-Bbg, U.v. 24.5.2018 – OVG 2 B 3.17 – juris Rn. 21; ThürOVG, U.v. 26.4.2017 – 1 KO 347/14 – BauR 2018, 485 = juris Rn. 41; OVG Schleswig-Holstein, U.v. 19.2.2015 – 1 LB 5/14 – juris Rn. 31). Der Senat vermag keine faktische Baugrenze zu erkennen, die von dem Bauvorhaben der Klägerin überschritten wäre. Die Feststellung einer faktischen Baugrenze, die eine mit Hauptanlagen nicht überbaubare Grundstücksfläche zur Folge hat, bewirkt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums, die mit Blick auf die grundrechtliche Wertung aus Art. 14 Abs. 1 GG auch im Rahmen der gesetzlichen Grundlage des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einer Rechtfertigung bedarf. Für die Annahme einer faktischen Baugrenze, als eine sich durch die tatsächliche Bebauung faktisch herausgebildete Linie, die von Gebäuden und Gebäudeteilen nicht überschritten werden darf (entsprechend § 23 Abs. 3 BauNVO), müssen wegen der einschränkenden Wirkung auf das Grundeigentum hinreichende Anhaltspunkte für eine städtebaulich verfestigte Situation bestehen; die tatsächlich vorhandene Bebauung darf kein bloßes „Zufallsprodukt“ ohne eigenen städtebaulichen Aussagewert sein (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 – 15 ZB 14.1542 – juris Rn. 12; B.v. 19.10.2020 a.a.O. Rn. 8 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, B.v. 22.9.2016 – 4 B 23.16 – BRS 84 Nr. 74 = juris Rn. 7). Bei einer unterschiedlichen Bebauung ohne gemeinsame vordere oder hintere Gebäudeflucht kann von einer faktischen vorderen bzw. rückwärtigen Baugrenze grundsätzlich nicht gesprochen werden (vgl. BayVGH, B.v. 9.9.2013 – 2 ZB 12.1544 – juris Rn. 8; B.v. 3.3.2016 a.a.O. juris Rn. 12). Es muss – ggf. unter Ausblendung von funktionell und räumlich-gegenständlich untergeordneten Nebenanlagen (z.B. Garagen, Einfriedungen) entsprechend § 23 Abs. 5 i.V. mit § 14 Abs. 1 BauNVO wie z.B. Garagen oder Einfriedungen (vgl. BayVGH, B.v. 3.3.2016 a.a.O. Rn. 18; OVG Berlin-Bbg, U.v. 24.5.2018 a.a.O. Rn. 30; ThürOVG, U.v. 26.4.2017 – 1 KO 347/14 – BauR 2018, 485 = juris Rn. 41) – aus der Lage der vorhandenen Umgebungsbebauung eine Regel ableitbar (d.h. erkennbar und formulierbar) sein, wie aus der Flucht der Vorderfassaden eine gemeinsame Baugrenze gebildet wird. Eine solche Regel vermag der Senat insbesondere nach Maßgabe der in den Akten befindlichen Lageplänen und Luftbildern nicht zu erkennen.
dd) Die nähere Umgebung – insbesondere beidseits der A… … H1. straße – weist, wie bei Altbaugebieten häufig, teilweise offene und teilweise geschlossene Bebauung auf, sodass die nähere Umgebung durch beide B a u w e i s e n geprägt ist (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 34 Rn. 26; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: Mai 2021, § 34 Rn. 46). Aus bauplanungsrechtlicher Sicht ist es daher gem. § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, das Gebäude unmittelbar an der Grenze zur FlNr. … zu errichten. Beide Ausführungsvarianten des streitgegenständlichen Vorhabens fügen sich mithin auch hinsichtlich der Bauweise in die nähere Umgebung ein.
ee) Dass das in beiden Varianten rahmenwahrende Vorhaben dennoch unzulässig ist, weil es nicht die gebotene Rücksicht auf die Bebauung in der Nachbarschaft nimmt, ist nicht ersichtlich.
b) Die auf denkmalschutzrechtliche Gründe (Art. 6 BayDSchG) gestützte Versagung der Baugenehmigung leidet an einem Ermessensfehler (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO), ist deshalb rechtswidrig und verletzt die Klägerin in subjektiven Rechten. Wegen des verbleibenden behördlichen Ermessen [vgl. auch oben 1. c) ] ist die Rechtssache nicht spruchreif i.S. von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Beklagte ist daher nach dem zweiten Hilfsantrag gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Neubescheidung unter Beachtung der (folgenden) Rechtsauffassung des Senats verpflichten.
Ist – wie vorliegend sowohl gem. Art. 1 Abs. 3 i.V. mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BayDSchG als auch aus Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 BayDSchG – eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnispflicht mit behördlicher Versagensmöglichkeit eröffnet (s.o. 1.), über die im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens gem. Art. 6 Abs. 3 BayDSchG i.V. mit Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO die Baugenehmigungsbehörde zu entscheiden hat, ist der Genehmigungsbehörde nach dem insoweit einschlägigen Gesetzestext in Art. 6 Abs. 2 BayDSchG („kann“) ein Versagensermessen eröffnet. D.h. der Genehmigungsbehörde ist ein Ermessen eröffnet, ob sie die Baugenehmigung (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 BayDSchG, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO) dennoch erteilt oder aber diese aus denkmalschutzrechtlichen Gründen versagt. Hierbei handelt es sich um ein rechtlich gebundenes Ermessen. Die Behörde muss gem. Art. 40 BayVwVfG ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausüben und die Grenzen des Ermessens einhalten. Korrespondierend hierzu bestimmt § 114 Satz 1 VwGO, dass das angerufene Verwaltungsgericht die Entscheidung zwar nicht auf Zweckmäßigkeit zu überprüfen hat, wohl aber auf sog. Ermessensfehler. Der gerichtliche Prüfungsrahmen ist insoweit eingeschränkt.
Zweck des Erlaubnisvorbehalts in Art. 6 Abs. 2 BayDSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes, einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 BayDSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 BayDSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen. Dabei sind öffentliche Belange (insbesondere das Interesse an einer möglichst unveränderten Denkmalerhaltung) und private (insbesondere Eigentümer-) Belange in die Ermessensentscheidung einzustellen, entsprechend zu gewichten und abzuwägen (zum Ganzen vgl. BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 87; U.v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 21, 26 ff.; B.v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 12). Hinsichtlich der Gewichtung der Eigentümerinteressen ist dabei von der Sicht eines dem Denkmalschutz aufgeschlossenen Eigentümers auszugehen (vgl. BayVGH, U.v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 28 m.w.N.; Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 8. Aufl. 2021, Art. 6 Rn. 44). Der Bauherr – hier die Klägerin – hat im Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG einen Rechtsanspruch darauf, dass bei Versagung der Erlaubnis bzw. (hier) der Baugenehmigung vom Ermessen pflichtgemäß Gebrauch gemacht wird (Eberl/Spennemann/Schindler-Friedrich/Gerstner a.a.O. Art. 6 Rn. 28).
aa) Die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten hat im Rahmen beider Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 grundsätzlich das ihr zustehende Ermessen erkannt. Die Begründungen der beiden Ablehnungsbescheide sind allerdings nicht trennscharf differenzierend hinsichtlich des denkmalschutzrechtlichen Genehmigungstatbestands (Art. 6 Abs. 1 BayDSchG), der tatbestandlichen Versagungsmöglichkeit (Art. 6 Abs. 2 BayDSchG) und der Ermessensausübung. Dennoch liegt aus Sicht des Senats kein Ermessensausfall vor (zu einem solchen Fall bei Anwendung des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG vgl. BayVGH, U.v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 23 f.). Die Beklagte hat grundsätzlich gesehen, dass ihr ein Versagungsermessen zukommt. Denn in den Ablehnungsbescheiden vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 wird ausdrücklich ausgeführt, dass die denkmalrechtliche Erlaubnis (die hier von der Baugenehmigung umfasst wäre) unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 BayDSchG versagt werden „kann“. Die letztlich ausschlaggebende Ermessensausübung findet sich in der Sache in dem in beiden Ablehnungsbescheiden enthaltenen Satz:
„In Kenntnis der zwischenzeitlich erteilten Baugenehmigung wird die Auffassung vertreten, dass jede noch zusätzlich hinzukommende Bebauung eine massive Verschlechterung darstellt und deshalb abzulehnen ist.“
Die „massive Verschlechterung“ bezieht sich dabei anknüpfend an die voranstehenden Erwägungen jeweils unter II. 2. b) der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 auf eine Verschärfung der denkmalschutzrechtlichen Betroffenheiten gerade aufgrund der zusätzlichen Ebene 4. Maßgebliches Ermessenskriterium für die Entscheidung, die denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisse – und deswegen die Baugenehmigungen – abzulehnen, war mithin die Erwägung, dass im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Vorhaben denkmalschutzrechtliche Belange gerade durch das nunmehr verfolgte zusätzliche Geschoss (Ebene 4) verschärft betroffen seien und deshalb das im Vergleich zur erteilten Baugenehmigung veränderte Gebäude in beiden Ausführungsvarianten als nicht mehr hinnehmbar zu bewerten sei. In den Gründen der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 geht die Beklagte davon aus, dass das mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigte Vorhaben in seiner Höhenentwicklung mit einem Geschoss weniger noch eine gewisse Distanz durch Belassen eines Waldstücks im oberen Bereich zur Hangkante des O… …grundstücks aufgewiesen habe, während die streitgegenständlichen Baukörper (in beiden Ausführungsvarianten) aufgrund des zusätzlichen Obergeschosses noch tiefer als bisher in den Hang eingriffen und nunmehr mit ihrer fünften Geschossebene die Stützmauer des O… … berührten. Gerade durch dieses zusätzliche Geschoss würde die städtebaulich bewusst gesetzte erhabene Stellung des O… … aufgehoben, weil durch die gesamte Erstreckung des Gebäudes vom Hangfuß über die gesamte Hanghöhe hinauf die Grenzen zwischen „unten“ und „oben“ verschoben würden. Gerade durch das weitere Geschoss sei der an dieser Stelle stets vorhandene „Respekt-Abstand“ nunmehr überhaupt nicht mehr gegeben. Die Bebauung durch das zusätzliche Geschoss rücke nunmehr unangemessen nah an den freistehenden Solitärbau (O… ……). Ergänzende Ermessenserwägungen in den Gründen der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 finden sich dahingehend, dass zusätzlich geplante Öffnungen in der Stadtmauer darüber hinaus das Wesen einer schützenden Mauer konterkarierten und daher denkmalfachlich abzulehnen seien und dass das aufgestockte Vorhaben das historische Ensemble in beträchtlichem Maße beeinträchtige, da das Maß der baulichen Nutzung überzogen werde.
bb) Die vorgenannten Ermessenserwägungen beinhalten aus Sicht des Senats einen Ermessensfehler im Sinne eines Ermessensfehlgebrauchs und sind daher unter Verstoß gegen Art. 40 BayVwVfG ermessensfehlerhaft und rechtswidrig. In den Gründen der beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 stützt die Beklagte ihre Entscheidung auf sachfremde Erwägungen. Der o.g. Ermessenserwägung liegen unzutreffende, unvollständige und nicht sachgerecht ermittelte Tatsachen zugrunde.
In Auswertung der dem Senat vorliegenden Unterlagen und insbesondere des von der Klägerin vorgelegten Kurzgutachtens von Prof. Dr. H1. H1. vom 2. Juli 2018, deren Aussagekraft durch die Inaugenscheinnahme am 22. Juni 2021 verifiziert werden konnte, hält der Senat das für die Ermessensausübung tragende Argument, dass gerade das zusätzliche weitere Staffelgeschoss in beiden abgelehnten Ausführungsvarianten eine im Vergleich zu dem mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Vorhaben eine relevante und deshalb nicht mehr hinzunehmende verschärfte Betroffenheit des Erscheinungsbilds des Ensembles (Hangbebauung) sowie des Erscheinungsbilds der in der Nähe befindlichen Einzeldenkmäler „O… …“ und „Stadtmauer“ bewirke, nicht für sachgerecht.
Aus dem im Berufungszulassungsverfahren vorgelegten Kurzgutachten vom 2. Juli 2018 ergibt sich, dass allein die Aufstockung um ein weiteres Geschoss im Vergleich zu den genehmigten Ausführungsvarianten allenfalls zu geringfügigen Veränderungen des Erscheinungsbilds der Umgebung führe. Das Kurzgutachten führt aus, die geplante Aufstockung habe aus der faktischen Betrachterperspektive von tatsächlich möglichen und daher allein relevanten Standorten (maßgeblich von der I… … H1. Straße sowie in der Fernsicht von der Burg T… … oder von der ……) nur geringfügige Veränderungen des Erscheinungsbilds zur Folge, die im Verhältnis zu den genehmigten Eingriffen in die städtebauliche Situation kaum ins Gewicht fielen. Von der … in Höhe H… …gasse aus sei in mehr als 400 m Entfernung maximal ein Teil des O… … und der Plateau-Stützmauer, vom Bauprojekt der Klägerin hingegen nichts zu sehen. Als Betrachterstandpunkte in der Fernsicht kämen daher nur einzelne Punkte auf der Burg T… … in Betracht, die etwa 180 – 210 m Luftlinie vom Neubauprojekt entfernt seien und von oben eine schräge Draufsicht auf das klägerische Projekt böten. Es seien von hier aus aber weder die vom BLfD kritisierten großen Fensterflächen noch die durchlaufenden Attiken / Terrassenbrüstungen zu sehen. Erkennen könne man im Fall der Umsetzung sowohl des genehmigten Plans als auch des abgelehnten Plans vom 16. August 2016 die schmalen Terrassen der Geschossdecken sowie die begrünte oberste Ebene, die sich im genehmigten Fall als angeböschte Erdüberdeckung und im Fall der abgelehnten Planung als begrüntes Flachdach darstelle, wobei unter Berücksichtigung der Flächengröße und in Anbetracht der großen Blickdistanz von der Burg T… … aus in beiden Fällen keine gravierende Beeinträchtigung des Stadtbildes resultiere. Die Nahsicht beschränke sich auf ein 40 m langes Wegstück der I… … H1. Straße, wo sich – komme man von Süden – kurz nach dem linkerhand gelegenen Justizgebäude rechterhand ein Sichtfenster öffne, das südlich vom Baumbestand des bewaldeten Hügels unterhalb des O… … und nördlich von dem zur Stadtmauer gehörigen Rundturm und dem anschließenden Denkmalkomplex eines Wohnhauses aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts begrenzt werde. Von Süden kommend werde man zuerst der eben beschriebenen Denkmäler gewahr, um dann – habe man den Baumbestand des Hügels passiert – die steil ansteigende Stadtmauer wahrzunehmen. Hier ergebe sich ein durchaus eindrucksvoller Blick auf die Burg T… … Gehe man weiter nach Norden, werde dieser Blick nach und nach von den genannten Baudenkmälern verdeckt. Gleichzeitig tauchten oberhalb des in der Bauvorbereitung ausgeschachteten Hanges (Baugrundstück) in der Untersicht winzige Ausschnitte des größtenteils von Bäumen verdeckten, jedenfalls von hier aus nicht als „thronend“ wahrnehmbaren O… … auf. Die meisten vom BLfD beanstandeten, die denkmalrelevanten Aspekte beeinträchtigenden Strukturen seien in diesem Sichtfenster wahrnehmbar. Eine Ausnahme stelle hier die schmale begrünte geböschte Überdeckung auf dem Flachdach über der Ebene 3 dar, die aus der gegebenen Untersicht von den Terrassierungen der unteren Ebenen verdeckt worden wäre. Unterziehe man nun die abgelehnte Aufstockungsplanung aus der beschriebenen Nahsicht eine Analyse, zeige sich, dass das beantragte zurückgesetzte weitere Geschoss in der Untersicht in dem oben beschriebenen Vorwärtsschreiten von Süd nach Nord zunächst nur mit einem verschwindend geringen Teil rechts oberhalb des genehmigten, turmartig wirkenden Baukörpers auftauchen würde, im weiteren Fortgang zunächst langsam verschwinde, um sodann gleichzeitig links und größtenteils von den unteren Geschossen verdeckt als relativ schmales Band wieder aufzutauchen. Im Vergleich zu der genehmigten Planung sei die Aufstockung als Beeinträchtigung denkmalpflegerischer Belange nur marginal negativ wirksam.
Nach dem Ergebnis der Inaugenscheinnahme teilt der Senat die Ansicht des Gutachters, dass speziell das geplante oberste, zurückversetzte Staffelgeschoss keine relevante bzw. wirklich spürbare zusätzliche Betroffenheit denkmalschutzrechtlicher Belange in Bezug auf eine zusätzliche Inanspruchnahme des bislang weitgehend frei gebliebenen Hanges im Vergleich zu der mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Variante (ohne das Staffelgeschoss), an der die Beklagte nach Maßgabe ihrer Ermessenserwägungen in den Ablehnungsbescheiden bislang festhält, aufweist. Im Rahmen des Augenscheintermins sind die im Kurzgutachten beschriebenen Perspektiven vom Senat nachvollzogen worden (zu Nahsicht vgl. Augenscheinprotokoll Seiten 2, 3, 6, 7, zur Fernsicht von den Standorten D… H2.platz, Anfang L… …gasse und Burg T… … vgl. Seiten 8, 14, 15, 16). Der Blick „von unten“ – d.h. von der I… … H1. Straße bzw. vom Baugrundstück – auf die Burg T… … wird allein durch die zusätzliche Ebene 4 im Vergleich zu dem mit Baugenehmigung vom 19. September 2013 nicht zusätzlich eingeschränkt. Der Blick auf den gesamten Hang von unten würde maßgeblich schon im Ganzen verdeckt, wenn es zur Umsetzung des mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten Vorhabens gekommen wäre. Eine Perspektive im Sinne der Nordansicht der Bauvorlagen in beiden abgelehnten Varianten, wonach gerade die zusätzliche Ebene 4 weitere unbebaute Bereiche der oberen Hangkante unterhalb des O… … zusätzlich verdeckt, eröffnet sich in der Realität von der I… … H1. Straße, dem Baugrundstück oder einem anderen öffentlich zugänglichen Standort im näheren Umfeld des Baugrundstücks nicht. Auch eine zusätzliche spürbare Beeinträchtigung allein durch die zusätzliche Ebene 4 des auf der Anhöhe zurückversetzten und daher „von unten“ (d.h. von der I… … H1. Straße und dem Baugrundstück) ohnehin nur in kleinen Ausschnitten zu sehenden O… … ist für den Senat ebenfalls nicht ersichtlich. Im Augenscheintermin (vgl. Protokoll Seite 8) konnte auch die Richtigkeit der Ausführungen im Kurzgutachten vom 2. Juli 2018, wonach in der Fernsicht von der … aus nur ein kleiner Teil des O… …, praktisch nichts aber vom Bauprojekt zu sehen ist, verifiziert werden. Es verbleibt eine gewisse Sichtbarkeit gerade des obersten weiteren Geschosses (Ebene 4) mit Bezug zur (nur ausschnittsweise sichtbaren) Hangkante und der Gesamtansicht des O… … nur aus der (Quer-) Fernsicht von der Burg T… … aus (vgl. Augenscheinprotokoll Seiten 14 – 16). Hierbei ist neben der nicht unerheblichen erheblichen Entfernung zu berücksichtigen, dass das Flachdach des obersten Geschosses nach den Bauvorlagen beider abgelehnter Varianten begrünt werden soll. Auch von daher sind die denkmalschutzrechtlichen Auswirkungen gerade des zusätzlichen Geschosses im Vergleich zum (nicht verwirklichten) genehmigten Gebäude ohne das Staffelgeschoss allenfalls marginal, nicht aber von der Erheblichkeit, wie es die Ermessenserwägungen in den Bescheiden vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 suggerieren. Insbesondere ergibt sich aus der Fernsicht („schräge Draufsicht“) von der Burg T… … aus nach der Bewertung des Senats nicht, dass die erhabene Stellung des O… … gerade durch die zusätzliche Ebene 4 aufgehoben wird und dass gerade hierdurch die Grenzen zwischen „unten“ und „oben“ verwischt werden bzw. die repräsentative Wirkung des O… … in besonderem Ausmaß geschmälert wird.
Ebenfalls ermessensfehlerhaft – weil nicht tatsachengerecht – ist die Ermessenserwägung in beiden Ablehnungsbescheiden, dass zusätzlich geplante Öffnungen in der Stadtmauer darüber hinaus das Wesen einer schützenden Mauer konterkarierten. Im Vergleich zu den mit Bescheid vom 19. September 2013 genehmigten (nicht verwirklichten) Bauvorhaben ergeben sich – abgesehen von einem offensichtlich nicht gemeinten weiteren kleinen Fenster – in den Bauvorlagen zu den beiden abgelehnten Varianten keine zusätzlichen Öffnungen. Neben dem Zufahrtstor zur Ebene 0 sind entlang der Stadtmauer und dem nach oben führenden Treppenweg sowohl bei den abgelehnten beiden Varianten als auch bei der vom Genehmigungsbescheid vom 19. September 2013 umfassten Variante insgesamt vier Tor- / Türdurchbrüche vorgesehen, wobei die Standorte der obersten beiden Durchbrüche etwas variieren und der oberste Durchbruch bei der vormals genehmigten Variante mit einer Art Gartentor (zur großen Dachterrasse über der Ebene 3), bei den beiden abgelehnten Varianten hin-gegen als (blickdichte) Türe als Zugang zur weiteren Ebene 4 dargestellt ist.
cc) Aufgrund der aufgezeigten Ermessensfehler ist die Berufung hinsichtlich des zweiten Hilfsantrags begründet. Daher sind die beiden Ablehnungsbescheide vom 5. Dezember 2016 und vom 5. Mai 2017 aufzuheben und ist die Beklagte gem. § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, über die Bauanträge der Klägerin vom 25. August 2016 sowie vom 3. April 2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.
c) Im Rahmen der Neubescheidung ist von der Beklagten nach den Grundsätzen des steckengebliebenen Genehmigungsverfahren auch das bislang in den Ablehnungsbescheiden nicht thematisierte Bauordnungsrecht zu prüfen, soweit dies gem. Art. 59 BayBO zum Prüfprogramm des hier einschlägigen vereinfachten Genehmigungsverfahren zählt. In der Situation eines sog. „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahrens entfällt die Verpflichtung des Gerichts zur Herbeiführung der Spruchreife, wenn ansonsten im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren erschöpfend geprüft werden müssten, was u.a. in Betracht kommt, wenn der Erlass von Nebenbestimmungen (Art. 36 BayVwVfG) und / oder Ausnahmen (§ 31 Abs. 1 BauGB), Befreiungen (§ 31 Abs. 2 BauGB) oder Abweichungszulassungen (Art. 63 BayBO) in Bezug auf bislang nichtgeprüfte Genehmigungsvoraussetzungen denkbar erscheint (zum Ganzen vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 – 4 C 52.87 – NVwZ 1990, 257 = juris Rn. 18; B.v. 25.11.1997 – 4 B 179/97 – NVwZ-RR 1999, 74 = juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 18.9.2015 – 22 B 14.1263 – BayVBl 2016, 265 = juris Rn. 31; OVG Berlin-Bbg, U.v. 30.8.2012 – OVG 11 B 4.11 – juris Rn. 31; OVG SH, U.v. 4.4.2013 – 1 LB 7/12 – NuR 2014, 299 = juris Rn. 84, 86; OVG NW, U.v. 21.4.2020 – 8 A 311/19 – UPR 2020, 305 = juris 128). Diese Grundsätze gelten auch, soweit – wie im vorliegenden Fall – bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte bei der behördlichen Ablehnung eines Genehmigungsgesuchs keine Rolle gespielt haben (vgl. OVG NW, U.v. 3.2.2011 – 2 A 1416/09 – BauR 2011, 1631 – juris 130 ff.; OVG RhPf, U.v. 11.5.2005 – 8 A 10281/05 – BauR 2005, 1606 = juris Rn. 20). Insbesondere wird sich daher die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten, soweit sie die nochmals zu bescheidenen Bauanträge in beiden Varianten nicht schon (ermessensfehlerfrei) in Anwendung von Art. 6 BayDSchG scheitern lässt, ggf. neben der Befassung mit evtl. einschlägigen örtlichen Bauvorschriften (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c i.V. mit Art. 81 Abs. 1 BayBO) prüfen müssen, ob beide streitgegenständlichen Ausführungsvarianten mit dem bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenrecht (Art. 6 BayBO), das gem. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst b BayBO in der seit 1. September 2018 geltenden Fassung wieder zum Prüfprogramm im hier einschlägigen vereinfachten Baugenehmigungsverfahren rechnet, im Einklang steht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die hälftige Beteiligung der Klägerin und der Beklagten an den Verfahrenskosten berücksichtigt ihr wechselseitiges Unterliegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).


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