Baurecht

Beschwerde, Abgrenzung Zivilrechtsweg/Verwaltungsrechtsweg, öffentlich-rechtliche Streitigkeit, Neugestaltung einer Gemeindestraße, Entwässerung der Straße, Anliegergebrauch, Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden

Aktenzeichen  8 C 21.1411

Datum:
24.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 989
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 40, § 146, § 147
GVG § 13
BayStrWG Art. 9, Art. 17

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 6 K 19.2248 2021-04-14 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde des Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Beklagte wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Feststellung der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs durch das Verwaltungsgericht Augsburg.
Der Beklagte ist eine Marktgemeinde, in deren Auftrag die Beigeladenen die Neugestaltung der O. … straße im Bereich des Anwesens der Kläger geplant und durchgeführt haben.
Mit ihrer beim Verwaltungsgericht am 30. Dezember 2019 erhobenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen Ansprüche gegen den Beklagten auf Beseitigung von Schäden geltend, die durch die Neugestaltung der O. … straße entstanden seien. Im Einzelnen haben die Kläger folgende Klageanträge gestellt:
„1. Die Beklagte wird verurteilt, vor dem Anwesen O. … straße …, … K. … einen größeren Wasserablauf zu setzen, hilfsweise einen zweiten Wasserablauf zu setzen, hilfsweise geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um bei Starkregen eine Überschwemmung zu verhindern.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an der Westfassade des Anwesens O. … straße …, … K. … unter der Erdoberfläche eine Sperrschicht anzubringen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die an der Westfassade des Anwesens O. … straße …, … K. … durch Feuchtigkeit entstandenen Schäden auf deren Kosten zu beseitigen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, die Steigung der Hofeinfahrt im Anwesen O. … straße …, … K. … zu begradigen.“
Mit Schreiben vom 7. Februar 2020, 17. April 2020 und 29. Mai 2020 rügte der Beklagte die Zulässigkeit des Rechtswegs und beantragte die Verweisung an das örtlich und sachlich zuständige Amtsgericht Kaufbeuren. Die Kläger machten in der Sache zivilrechtliche Ansprüche aus dem Nachbarrecht geltend.
Mit Beschluss vom 14. April 2021 stellte das Verwaltungsgericht die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs fest. Die Kläger begehrten vom Beklagten eine öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigung, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet sei.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Beklagte gegen diese Feststellung.
II.
Die nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, § 146 Abs. 1, § 147 VwGO zulässige Beschwerde ist unbegründet.
A. Das Verwaltungsgericht Augsburg hat zu Recht den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gem. § 40 Abs. 1 VwGO für zulässig erklärt. Bei den von den Klägern geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Die Voraussetzungen für eine Sonderzuweisung zu den ordentlichen Gerichten nach § 40 Abs. 1 VwGO, Art. 34 Satz 3 GG, § 839 BGB, § 40 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich keine durchgreifenden Einwände, die zu einer Aufhebung oder Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses führen würden.
Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeit nicht durch Bundesgesetz oder auf dem Gebiet des Landesrechts durch Landesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist.
1. Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche sind öffentlich-rechtlicher Natur nicht verfassungsrechtlicher Art.
Ob eine Rechtsstreitigkeit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist, richtet sich, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Maßgeblich ist nach der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt, und nicht, ob der Kläger sich auf eine zivilrechtliche oder auf eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (GmS-OGB, B.v. 10.7.1989 – GmS-OGB 1/88 (BGH) – NJW 1990, 1527 = juris Rn. 8; BGH, U.v. 25.2.1993 – III ZR 9/92 – NJW 1993, 1799 = beckonline; BGH, B.v. 29.4.2008 – VIII ZB 61/07 – NJOZ 2009, 374 = beckonline Rn. 8). Beispielsweise ergibt sich die bürgerlich-rechtliche Natur eines Klageanspruchs nicht schon daraus, dass das prozessuale Begehren auf die zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen der unerlaubten Handlung gestützt wird. Denn auch wenn ein Anspruch mit bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkten begründet wird, kann es sich in Wahrheit um einen Anspruch aus öffentlich-rechtlichen Beziehungen handeln, für den der Zivilrechtsweg verschlossen ist. Deshalb ist entscheidend darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des öffentlichen Rechts geprägt wird. Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (vgl. BGH, U.v. 23.2.1988 – VI ZR 212/87- NJW 1988, 1731 = juris Rn. 8).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe gilt damit für die von den Klägern in der Klageschrift vom 16. Dezember 2019 geltend gemachten Ansprüche folgendes:
a. In Nr. 1 ihres Klageantrages begehren die Kläger eine Veränderung des vor ihrem Grundstück vorhandenen Niederschlagsablaufs (Vergrößerung, Setzung eines zweiten Regenablaufs, sonstige Maßnahmen), weil es bei Starkregen zu großen Wasseransammlungen vor ihrer Grundstückszufahrt komme. Sie könnten dann ihr Grundstück über die O. … straße weder anfahren noch verlassen. Zudem stehe ihr Stadel im Wasser, sodass es zu Feuchtigkeitsschäden komme. Die Kläger machen damit im Kern Ansprüche auf eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung geltend. Es handelt sich hierbei um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
Unabhängig davon, ob die von den Klägern als ursächlich angeführte Neugestaltung der O. … straße öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist und die Straßenentwässerung – wie das Verwaltungsgericht ausführt dazu im Sachzusammenhang steht – ist die im Streit stehende ordnungsgemäße Straßenentwässerung bereits selbst öffentlich-rechtlicher Natur. Denn sie ist Bestandteil der öffentlich-rechtlich zu qualifizierenden Straßenbaulast.
Die Straßenbaulast umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben (Art. 9 Abs. 1 BayStrWG). Der Begriff der Straße umfasst nach Art. 2 Nr. 1 BayStrWG den Straßenkörper, dessen Bestandteil gem. Art. 2 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG Entwässerungsanlagen sind. Die Straßenbaulast umfasst daher auch den Bau und den Unterhalt von Entwässerungsanlagen. Niederschlagswasser ist gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG Abwasser. Für dessen Beseitigung ist gem. Art. 34 Abs. 3 BayWG der Träger der öffentlichen Verkehrsanlagen zuständig. Unter den Begriff der öffentlichen Verkehrsanlagen fallen insbesondere Verkehrswege, wie z.B. Gemeindestraßen (vgl. Schwendner in Sieder/Zeitler, Bay. Wassergesetz, Stand Februar 2019, Art. 22 Rn. 58). Damit ist der Straßenbaulastträger zur Beseitigung von Niederschlagswasser verpflichtet (vgl. BayVGH, U.v. 6.8.2019 – 8 B 17.145 – BeckRS 2019, 34613 Rn. 46).
Der Beklagte ist gem. Art. 47 Abs. 1 BayStrWG Träger der Straßenbaulast für die hier in Rede stehende Gemeindestraße „O. … straße“ und damit für die ordnungsgemäße Errichtung von Entwässerungsanlagen Verpflichteter.
Die Straßenbaulast ist eine öffentlich-rechtliche, gesetzliche Verpflichtung, deren Erfüllung ggf. durch die Straßenaufsicht erzwungen werden kann. (vgl. LT-Drs. 3/2823 S. 24). Das streitige Klagebegehren wird durch Art und Umfang der Straußenbaulast geprägt, wobei es für die Frage des Rechtswegs nicht entscheidend darauf ankommt, dass die Straßenbaulast dem Straßenanlieger grundsätzlich keine subjektive Rechtsposition auf Umgestaltung der Straße verleiht (vgl. BayVGH, U.v. 24.10.2019 – 8 ZB 19.805 – juris Rn. 10). Denn die Frage nach der konkreten Anspruchsgrundlage stellt eine Frage der Begründetheit der Klage dar. Im Zusammenspiel mit der Straßenbaulast kann den Klägern im Übrigen das ebenfalls seiner Natur nach öffentlich-rechtliche Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs (s.u.) zur Seite stehen. Das Verhältnis der Beteiligten zueinander wird des Weiteren durch das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis geprägt, was der Beklagte zutreffend anführt. Allerdings ist dieses vorliegend nicht zivilrechtlich ausgestaltet. Denn auch das hier einschlägige öffentliche Straßen- und Wegerecht kennt den Grundsatz des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses (vgl. BayVGH, U.v. 6.8.2019 – 8 B 17.145 – BeckRS 2019, 34613 Rn. 48; BayVGH, U.v. 28.8.1997 – 8 B 96.2787 – NVwZ 1998, 536 = juris Rn. 18). In dieser Gesamtschau wird das Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und dem Beklagten im Hinblick auf die Entwässerung durch öffentlich-rechtliche Normen geprägt, so dass es öffentlich-rechtlicher Art ist.
Soweit der Beklagte in der Beschwerdeschrift vorträgt, der Klageanspruch hinsichtlich der Ableitung von Niederschlagswasser sei von untergeordneter Natur und werde umfänglich bestritten, ist dies für die Frage des einschlägigen Rechtswegs unerheblich. Es handelt sich vielmehr um eine Frage der Begründetheit.
b. Auch hinsichtlich der Klageanträge Nr. 2 und 3, die auf die Beseitigung von Schäden an dem direkt an den Gehweg grenzenden Gebäudes der Kläger gerichtet sind, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit.
Die Kläger machen geltend, dass durch die vom Beklagten verantwortete Neugestaltung der Straße (Fahrbahn und Gehweg) in den Jahren 2015 und 2016 (Abnahme am 21. Juli 2016, vgl. Gerichtsakte des VG S. 96 Rückseite) das Straßenniveau um 40-50 cm tiefer gelegt worden sei. Dadurch seien die Fundamente ihres an den Gehweg grenzenden Stadels freigelegt worden. Bei Überschwemmungen stehe der Sockel des Stadels teilweise im Wasser. Hierdurch zeigten sich nun Feuchtigkeitsschäden und Risse an dem Stadel, deren Beseitigung die Kläger vom Beklagten begehren.
In Bezug auf Straßenbauarbeiten (Planung, Anordnung und Durchführung) der öffentlich-rechtlichen Körperschaften ist in der Rechtsprechung geklärt, dass diese in den Bereich der schlicht-hoheitlichen Tätigkeiten fallen, insbesondere, wenn die betroffenen Straßen gewidmet sind und die Bauarbeiten von einem Verwaltungsträger verantwortet werden. Eingriffe in das Eigentum durch Straßenbauarbeiten sind daher regelmäßig dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. BVerwG, U.v. 2.11.1973 – IV C 36.72 – NJW 1974, 817 = juris Rn. 12; BGH, U.v. 13.6.1996 – III ZR 40/95 – NJW 1996, 3208 = juris 16; BayVGH, U.v. 6.8.2019 – 8 B 17.145 – juris Rn. 45; VGH BW U.v. 22.3.2016 – 5 S 531/13 – juris Rn. 23; Sprau in Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 823 Rn. 198; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 40 Rn. 430).
Der Beklagte hat in seiner Funktion als Straßenbaulastträger (Art. 47, Art. 9 Abs. 1 BayStrWG – insoweit unbestritten – die als Gemeindestraße nach Art. 6 BayStrWG gewidmete „O. … straße“ in der Jahren 2015 und 2016 neu gestaltet. Nach eigenem Vortrag des Beklagten wurde von ihm die Planung und Durchführung der Maßnahmen nach öffentlicher Ausschreibung in Auftrag gegeben (Bl. 95, 108 der Gerichtsakte des VG). Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beteiligten wurde entsprechend der Planung das Straßenniveau abgesenkt. Die Neugestaltung stellt somit einen Akt schlicht-hoheitlicher Verwaltung dar (vgl. für die unsachgemäße Herstellung einer Straße BVerwG, U.v. 14.4.1989 – 4 C 34.88 – NJW 1989, 2484 = juris Rn. 13; für die Sanierung einer Kreisstraße BayVGH, U.v. 6.8.2019 – 8 B 17.145 – BeckRS 2019, 34613 Rn. 45; Ausbau einer O. … straße VGH BW, U.v. 22.3.2016 – 5 S 531/13 – juris Rn. 23).
Der notwendige Zurechnungszusammenhang zwischen der hoheitlichen Straßenbaumaßnahme und den Feuchtigkeitsschäden bzw. Mauerrissen ist nicht durch die Zwischenschaltung der Beigeladenen unterbrochen worden. Die Beigeladenen haben insoweit als Mittler gehandelt und sind damit in die hoheitliche Aufgabenerfüllung eingebunden gewesen (vgl. BayVGH, U.v. 6.8.2019 – 8 B 17.145 – BeckRS 2019, 34613 Rn. 26; OVG NW, U.v. 30.11.1992 – 23 A 1471/90 – NVwZ 1994, 795 = beckonline; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 40 Rn. 365 ff., 430).
Werden wie im vorliegenden Fall Abwehransprüche zum Schutz absoluter Rechtsgüter (Eigentum, Name, Ehre usw.) gegen schlicht-hoheitliche Maßnahmen geltend gemacht, sind diese selbst öffentlich-rechtlicher Natur. Der Abwehranspruch ist die Kehrseite des Eingriffs und teilt dessen Rechtsnatur (BVerwG, U.v. 2.11.1973 – IV C 36.72 – NJW 1974, 817 = juris 11; OLG München, B.v. 11.3.2004 – 1 W 766/04 – BeckRS 2005, 12305; Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018, § 40 Rn. 80). Damit kommt es anders, als der Beklagte meint, auch nicht auf die konkrete Anspruchsgrundlage z.B. § 1004 BGB oder § 823 BGB an, aus dem die Kläger ihre Ansprüche ableiten wollen (BVerwG, U.v. 2.11.1973 – IV C 36.72 – NJW 1974, 817 = juris Rn. 11). Vielmehr ist nach dem oben Gesagten die wahre Rechtsnatur des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses maßgeblich.
Ebenfalls unerheblich ist, dass die Kläger nicht die Herstellung des status quo ex ante (Rückbau der Straße in den alten Zustand) begehren. Als Minus kann der (Abwehr-) Anspruch auch auf die Schaffung eines gleichwertigen Zustands beschränkt werden, insbesondere wenn die volle Restitution unverhältnismäßige Aufwendungen erforderlich machen würde bzw. die rechtlich geschützte Position nicht so weit reicht (zu Schäden an einer Einfriedungsmauer vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1989 – 4 C 34.88 – NJW 1998, 2484 = juris; VGH BW, U.v. 2.9.1882 – 5 S 418/82 – juris; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 372, 386).
Aus dem Einwand des Beklagten, die Ansprüche bezögen sich nicht auf den Zustand der O. … straße, sondern auf „angeblich nicht umgesetzte Vereinbarungen zur Verbesserung der Bausubstanz des Anwesens der Kläger“ betreffend die Einbringung einer Sperrschicht und Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden, ergibt sich nichts Anderes, da sich nach Aktenlage die Kläger auf keine Vereinbarung berufen. Sollte der Beklagte sich auf die Verhandlungen der Kläger mit der Beigeladenen zu 1 hinsichtlich des Anbringens einer Putzschicht beziehen (Bl. 98, 143 jeweils Rückseite der Gerichtsakte des VG), so mag darin eine vertragliche Vereinbarung zur Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden liegen. Sie hat aber keinen Einfluss auf die Beurteilung der Rechtsqualität des Beseitigungsanspruchs, da sie nur die Art und Weise der Behebung der Folgen beträfe (vgl. BVerwG, U.v. 2.11.1973 – IV C 36.72 – NJW 1974, 817 = juris 11). Ebenso wenig vermag der Beklagte mit dem Einwand, der vom Verwaltungsgericht zitierte Beschluss des Senats vom 12. März 2009 (Az. 8 ZB 08.2094 – juris Rn. 9) sei nicht einschlägig, durchzudringen. Denn der Einwand bezieht sich nicht auf die Frage des zulässigen Rechtswegs, sondern auf die der Begründetheit der Klage. Ob Anspruchsvoraussetzung für das Klagebegehren eine Fehlleistung beim Umbau der O. … straße ist und eine solche zu bejahen wäre, ist – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt – eine Frage der Begründetheit.
c. Schließlich ist auch der Klageantrag Nr. 4 öffentlich-rechtlicher Natur. Damit begehren die Kläger vom Beklagten, die Steigung der Hofeinfahrt in ihrem Anwesen zu begradigen.
Sie tragen dazu vor, dass durch die Tieferlegung der Straße im Rahmen ihrer Neugestaltung der Beklagte ein so starkes Gefälle in die Zufahrt zu ihrem Grundstück eingebaut habe, dass diese im Winter bei Schnee und Eis nicht mehr nutzbar sei.
Im Kern streiten die Beteiligten hierbei um den Umfang des Anliegergebrauchs der Kläger. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass dieses Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Natur ist. Denn es geht bei der monierten Hofeinfahrt, anders als der Beklagte meint, gerade um die Erreichbarkeit des Grundstücks der Kläger von einer Straßenfläche aus. Die Kläger bemängeln das steile Gefälle der auf dem Gehweg liegenden „Rampe“, nicht hingegen die Situation auf ihrem Grundstück. Dieses Rechtsverhältnis wird durch das öffentlich-rechtliche Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs geregelt.
Der Anliegergebrauch ist ein Rechtsinstitut des einfachen Rechts, das in der Rechtsordnung als bestehend vorausgesetzt wird. Es findet als eine Form des gesteigerten Gemeingebrauchs seine Grundlage im Bayerischen Straßen- und Wegerecht einschließlich seiner Bezüge zu verwandten Rechtsgebieten (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2006 – 8 B 05.1356 – juris Rn. 27). Art. 17 BayStrWG, der sich mit dem Anliegergebrauch beschäftigt, regelt indes nur Teilbereiche der Anliegerstellung (BayVGH, U.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – juris Rn. 34). Namentlich legt er fest, welche Rechte Straßenanlieger nicht haben und welche Ansprüche ein Anlieger bei einer Änderung von Zufahrten und Zugängen allenfalls geltend machen kann. Diesbezüglich entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass das Institut des Anliegergebrauchs in seinem Kern die Erreichbarkeit eines innerörtlichen Grundstücks sichert, wobei die Rechtsposition des Straßenanliegers nur soweit reicht, wie eine angemessene Benutzung des Grundeigentums die Benutzung der Straße erfordert und der Anlieger auf das Vorhandensein und die Benutzung der Straße in spezifischer Weise angewiesen ist. Er steht Einschränkungen oder Erschwernissen der Zufahrtsmöglichkeiten nicht entgegen. Die uneingeschränkte Anfahrmöglichkeit innerörtlicher Grundstücke gewährleistet er ebenso wenig wie eine optimale Zufahrt (vgl. etwa BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 8 CE 21.1989 – juris Rn. 49; B.v. 24.11.2014 – 8 CE 14.1882 – BeckRS 2014, 59032 Rn. 9; U.v.15.3.2006 – 8 B 05.1356 – juris Rn. 38; B.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – juris Rn. 7). Insofern gewährt – wenn auch eingeschränkt – der Anliegergebrauch eine einklagbare Rechtsposition (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 8 CE 21.1989 – juris Rn. 49; B.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – juris Rn. 7). Es liegt auf der Hand, dass das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs öffentlich-rechtlicher Natur ist. Damit unterfällt der Klageantrag Nr. 4 allein öffentlich-rechtlichen Regularien, sodass es sich ebenfalls um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.
2. Für diese öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten besteht weder nach § 40 Abs. 1 Satz 1 und 2 noch nach § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Sonderzuweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit.
Nach § 40 Abs. 1 VwGO kann durch Bundesgesetz oder Landesgesetz eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen werden. Eine solche Zuweisung erfolgt in Art. 34 Satz 3 GG für Ansprüche aus Amtshaftung nach § 839 BGB an die ordentliche Gerichtsbarkeit. Gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist auch für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl, aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, der ordentliche Rechtsweg gegeben. Darunter fallen auch Entschädigungsansprüche wegen enteignenden und enteignungsgleichem Eingriffs.
Diesen angeführten Rechtsinstituten ist gemein, dass sie als Rechtsfolge Geldersatz vorsehen. Bei den Rechtsinstituten des enteignenden bzw. enteignungsgleichem Eingriffs handelt es sich nämlich um Entschädigungsansprüche in Geld (vgl. Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 311, 349). Das Institut der Amtshaftung in § 839 BGB gewährt zwar als Rechtsfolge Schadensersatz nach § 249 BGB, der grundsätzlich Naturalrestitution gewährt. Auf Grund des Umstands, dass es sich aber um eine persönliche Haftung des Amtswalters handelt, die durch Art. 34 Satz 3 GG lediglich auf den Staat übergleitet wird, wird der Schadensersatzanspruch auf Geldersatz beschränkt. Denn bei einer Naturalrestitution müsste der persönlich in Anspruch genommene Amtswalter hoheitlich tätig werden, was nicht möglich ist (vgl. Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 111; Sprau in Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, § 839 Rn. 78; Dörr in BeckOGK, Stand: 1.11.2021, § 839, Rn. 518).
Vorliegend scheiden schon auf Grund des klägerischen Begehrens sowohl Ansprüche aus enteignendem/enteignungsgleichem Eingriff als auch aus Amtshaftung nach § 839 BGB aus, da es nicht auf Geldersatz gerichtet ist, sondern auf Vornahme von Handlungen, sodass es bei der Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 Abs. 1 VwGO verbleibt.
B. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es im Hinblick auf Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG nicht.
C. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG liegen nicht vor. Der Beschluss ist damit unanfechtbar (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG).


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