Baurecht

Beseitigungsanordnung für die Umzäunung von Hopfengärten

Aktenzeichen  15 ZB 19.1028

Datum:
13.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9532
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 lit. b, Art. 76 S. 1

 

Leitsatz

1. Tatbestandsmäßige Voraussetzung des Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO ist, dass die Einfriedung bezweckt, vor Schalenwild zu schützen. Fällt dieser Zweck weg, entfällt auch die Verfahrensfreiheit. Andere Zwecke, z.B. der Schutz vor Eintragung von Krankheitserregern (Verticillium-Welke, „Citrus Bark Cracking Viroid“) durch mögliche Anhaftungen an den Tieren sind davon nicht erfasst. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zäune um Hopfengärten sind nur von März bis August eines jeden Jahres nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 18.1604 2019-04-02 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 6.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung, eine Umzäunung seiner Hopfengärten zwischen 1. September und 28./29. Februar eines jeden Jahres zu beseitigen.
Er baut u.a. auf den Grundstücken FlNr. …, … und … Gemarkung N…, Gemeinde S…, Hopfen an. Im März 2015 hat er diese Grundstücke mit einem sockellosen Maschendrahtzaun umgeben und teilte dem Landratsamt K. (im Folgenden: Landratsamt) mit Schreiben vom 14. Juli 2016 mit, er werde den Zaun ganzjährig belassen, da aufgrund des hohen Schwarzwild- und Rehaufkommens ein Hopfenanbau ohne Wildschutzzaun nicht möglich sei. Durch das hohe Wildaufkommen komme es zu enormen Verbiss- und Verfegeschäden durch Rehwild, zu ganzjährigen Wühlschäden durch Schwarzwild und zur Verschleppung von Krankheitserregern. Die Einschleppung von Krankheiten sei für seinen Betrieb existenzgefährdend, insbesondere wenn ein Hopfengarten vom Welkepilz befallen werde. Dazu legte er Schreiben des Hopfenpflanzerverbands Hallertau e.V. sowie verschiedener Vertragspartner vor.
Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten A. (AELF) teilte dem Landratsamt mit Schreiben vom 24. Januar 2017 mit, eine Einzäunung von Hopfengärten sei aus fachlicher Sicht in der Hauptverbisszeit im Frühjahr zur Abwehr von Wildschäden zwingend erforderlich, insbesondere wenn ein hohes Wildaufkommen zu befürchten sei. Bei einer hohen Wildbesatzdichte könne es auch zu erheblichen Verfegeschäden bis in den Sommer hinein kommen, die einen längeren Zeitraum für eine Einzäunung rechtfertigten. Zur Übertragung von Pflanzenkrankheiten durch Wildwechsel lägen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Das Risiko könne zwar nicht ausgeschlossen werden, sei aber im Vergleich zu sonstigen Verbreitungswegen gering. Abschließend betrachtet sei eine ganzjährige Einzäunung von Hopfengärten nicht zwingend erforderlich, wenn eine entsprechende Regulierung des Wildbestands erfolge. Die untere Jagdbehörde im Landratsamt K. teilte mit Schreiben vom 12. April 2017 mit, es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Jagd im Bereich der vom Kläger genutzten Grundstücke nicht ordnungsgemäß ausgeübt werde.
Nach Anhörung verpflichtete das Landratsamt den Kläger mit Bescheid vom 14. Dezember 2017 unter Androhung von Zwangsgeldern, die Umzäunungen auf den oben genannten Flurstücken zwischen 1. September und 28./29. Februar jeden Jahres vollständig zu beseitigen. Die Zäune seien sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Eine Legalisierung durch Erteilung einer Baugenehmigung komme nicht in Betracht. Aus landwirtschaftlich-fachlicher Sicht sei eine Einzäunung der Hopfengärten höchstens in der Hauptverbisszeit im Frühjahr und wegen der Verfegeschäden bis in den Sommer hinein erforderlich. Soweit seien die Zäune verfahrensfrei gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO. Über den Zeitraum März bis August hinaus sei eine Umzäunung nicht erforderlich, wenn eine ordnungsgemäße Bejagung erfolge.
Die gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2017 erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 2. April 2019 abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die streitgegenständlichen Zäune genehmigungspflichtig seien, denn in den Monaten September bis Februar seien die Zäune jedenfalls materiell rechtswidrig. Sie dienten nur in den Monaten März bis einschließlich August dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Zwar erfolge keine bauliche Veränderung, es liege aber unter Wegfall der Privilegierung eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Eine Genehmigung der Nutzungsänderung könne nicht erteilt werden, da die natürliche Eigenart der Landschaft und die Belange des Naturschutzes beeinträchtigt würden. Die Beseitigungsanordnung sei auch nicht unverhältnismäßig, da sonst eine Vorbildwirkung entstehe. Der jährliche Auf- und Abbau erfordere nur einen geringen Aufwand.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, die Zäune seien im März 2015 verfahrensfrei errichtet worden. Eine bauliche Änderung sei nicht erfolgt. Sie seien daher formell rechtmäßig. Die Zäune seien auch materiell nicht baurechtswidrig, denn die Zweckbestimmung gehe nicht im September verloren, sondern bestehe fort. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO lägen jedenfalls nicht vor, denn eine Nutzungsänderung sei davon nicht erfasst. Darüber hinaus käme den Zäunen Bestandsschutz zu, denn auch andere, nur temporär genutzte Bauten, z.B. Viehunterstände und Schutzhütten für Wanderer, müssten im Winter nicht entfernt werden. Die Zäune dienten auch im Winter seinem Betrieb, denn es sei nicht ausgeschlossen, dass durch Wildwechsel die Verticillium-Welke in die Hopfengärten eingetragen werde, da eine ausreichende Regulierung des Wildbestands nicht erfolge. Dies könne zu einem Totalverlust führen, der nicht versicherbar sei. Im Jahr 2017 sei in benachbarten Hopfengärten anderer Landwirte Welkebefall aufgetreten. Er könne seine Flächen auch nicht ständig beobachten. Die Bauaufsichtsbehörde hätte auch zuerst die Stellung eines Bauantrags verlangen müssen.
Das AELF teilte mit Schreiben vom 24. Juli 2019 noch mit, die verwendeten Wildschutzzäune seien weder dafür gedacht noch dafür geeignet, Schwarzwild von den Hopfengärten fernzuhalten. Sie müssten auch immer wieder kontrolliert werden. Ein befristetes Errichten zur Verhinderung der Verbiss- und Fegeschäden in Hopfengärten sei ausreichend. Eine Verschleppung von Schaderregern durch den Wildwechsel könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden, sei aber wohl als eher unwahrscheinlicher Infektionsweg zu betrachten. Mit den übrigen Maßnahmen zur Eindämmung von Schaderregern einschließlich eines befristeten Schutzes durch Einzäunung, könne eine größtmögliche Risikominimierung erreicht werden. Ein Ausschalten aller Risiken könne auch durch ganzjähriges Einzäunen nicht erreicht werden.
Daraufhin machte der Kläger geltend, die Situation habe sich durch das Auftreten des sogenannten „Citrus Bark Cracking Viroid“ (CBCVd) noch verschärft. Bei seinen Flächen seien durch die Zäune auch keine erschwerten Bedingungen bei der Bearbeitung zu befürchten. Aus dem Schreiben des AELF vom 24. Juli 2019 ergebe sich, dass die Einzäunung durchaus hilfreich sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO) nicht.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erheb-liche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
1.1 Zweifel daran, dass die Wildschutzzäune, mit denen die im Außenbereich gelegenen Hopfengärten auf verschiedenen Grundstücken umgeben sind, nur zwischen Februar und August jeden Jahres verfahrensfrei errichtet werden dürfen, konnte der Kläger nicht aufzeigen.
Nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO sind offene, sockellose Einfriedungen im Außenbereich verfahrensfrei zulässig, soweit sie u.a. dem Schutz landwirtschaftlicher Kulturen vor Schalenwild dienen. Tatbestandsmäßige Voraussetzung ist daher, dass die Einfriedung bezweckt, vor Schalenwild zu schützen (vgl. Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2019, Art. 57 Rn. 239). Fällt dieser Zweck weg, entfällt auch die Verfahrensfreiheit (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2017 – 15 ZB 16.1885 – juris Rn. 49). Andere Zwecke, z.B. der Schutz vor Eintragung von Krankheitserregern (Verticillium-Welke, „Citrus Bark Cracking Viroid“) durch mögliche Anhaftungen an den Tieren sind davon nicht erfasst. Dies entspricht auch Sinn und Zweck der Vorschrift, denn üblicherweise verursacht hauptsächlich Schalenwild Verbiss- und Verfegeschäden, die zu erheblichen wirtschaftlichen Einbußen führen können (vgl. für Hopfenanbau: Landesanstalt für Landwirtschaft, Hopfen 2019, S. 68, abrufbar unter www.lfl.bayern.de). Krankheitserreger können demgegenüber theoretisch von allen Wildtieren (z.B. auch Vögeln, Mäusen, Maulwürfen, Fledermäusen oder Feldhasen) über Anhaftungen am Körper, durch den Kot oder durch sonstige Körperflüssigkeiten eingetragen werden. Dass Krankheitskeime in besonderem Maße durch Anhaftungen an Schalenwild verbreitet werden und eine solche Verbreitung durch die streitgegenständlichen Wildschutzzäune überhaupt spürbar eingedämmt werden könnte, wird vom Kläger nicht hinreichend dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO auch Zäune erfassen soll, die vor Krankheitskeimen schützen könnten.
1.2 Der Kläger konnte auch die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Zaun sei jedenfalls im Zeitraum September bis Februar des darauffolgenden Jahres materiell rechtswidrig, nicht erfolgreich in Zweifel ziehen.
Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist ein Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. Ein Vorhaben „dient“ einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht schon dann, wenn es nach den Vorstellungen des Betriebsinhabers für seinen Betrieb förderlich ist. Da aber auch nicht verlangt werden kann, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist, bilden die bloße Förderlichkeit einerseits und die Unentbehrlichkeit andererseits den äußeren Rahmen für das Merkmal des Dienens. Maßgeblich ist innerhalb dieses Rahmens, ob ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.1991 – 4 C 11.89 – NVwZ-RR 1992, 401 = juris Rn. 22 f.; BayVGH, B.v. 12.8.2016 – 15 ZB 15.696 – BayVBl. 2017, 524 = juris Rn. 12). Die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen liegt dabei bei demjenigen, der sich auf die Privilegierung berufen möchte (BVerwG, B.v. 17.11.1998 – 4 B 100.98 – juris; BayVGH, B.v. 30.3.2017 – 9 ZB 15.785 – juris Rn. 13).
Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die vom Verwaltungsgericht getroffene Beurteilung, die Zäune um die Hopfengärten des Klägers seien nur von März bis August eines jeden Jahres nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig, als zutreffend. Der Kläger konnte nicht substantiiert darlegen, dass sie außerhalb dieses Zeitraums seinem Betrieb dienen. Dass er bei der Bewirtschaftung seiner Hopfengärten keine Schwierigkeiten durch die Zäune hat, führt nicht dazu, dass diese seinem Betrieb dienen, denn dafür reicht nicht aus, dass das Vorhaben nicht zu Erschwernissen führt. Auch der Umstand, dass der Abbau Zeit und Geld kostet, führt nicht dazu, dass die Zäune auch im Herbst und Winter seinem landwirtschaftlichen Betrieb dienen, denn nach den unwidersprochenen Angaben des AELF werden die Wildschutzzäune von den meisten Hopfenbauern regelmäßig im Winter entfernt, sodass davon auszugehen ist, dass die Kosten nicht unzumutbar hoch sind und ein umsichtiger Landwirt zur Schonung des Außenbereichs die Zäune entfernt. Dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, dass die Zäune möglicherweise auch Schutz vor der Eintragung von Krankheitserregern bieten können, reicht für eine Privilegierung ebenfalls nicht aus, denn ein verständiger Landwirt wird zur Schonung des Außenbereichs seine Kulturen nur dann einzäunen, wenn dadurch nachweislich ein gewisser Schutz zu erwarten ist. Das ist hier aber nicht der Fall, sondern es erscheint nach der landwirtschaftlich-fachlichen Einschätzung des AELF, die der Kläger nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat, nur nicht ausgeschlossen, dass die Zäune zu diesem Zweck völlig nutzlos sind. Weder aus dem Internet-Ausdruck der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL, Anlage K1) noch aus den Stellungnahmen des AELF vom 24. Januar 2017 und 24. Juli 2019 ergibt sich, dass durch eine Umzäunung der Hopfengärten im Winter ein Befall mit der Welke verhindert oder die Gefahr eines Befalls spürbar verringert werden könnte, denn der Wildwechsel wird als kein besonders wahrscheinlicher Eintragungsweg angesehen. Es werden dort verschiedene vorbeugende sowie phytosanitäre und pflanzenbauliche Maßnahmen empfohlen, die durch eine ganzjährige Einzäunung auch nicht überflüssig werden. Jedenfalls bei einer ordnungsgemäßen Bejagung werden keine Vorteile durch die ganzjährige Einzäunung gesehen. Soweit der Kläger einwendet, im Bereich seiner Hopfengärten, die er eingezäunt habe, finde aber keine ordnungsgemäße Bejagung statt, führt dies zu keiner anderen Einschätzung. Die untere Jagdbehörde im Landratsamt hat mit Schreiben vom 12. April 2017 mitgeteilt, dass die Abschusspläne eingehalten werden und keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Jagd im Bereich der streitgegenständlichen Hopfengärten des Klägers nicht ordnungsgemäß ausgeübt werde. Die Behauptung des Klägers, dies treffe nicht zu, reicht nicht aus, um die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass in den letzten Jahren die Streckenzahlen erfüllt worden und in der großflächigen Betrachtung die Verbissschäden nicht auffällig gewesen seien und damit eine ordnungsgemäße Bejagung anzunehmen sei, zweifelhaft erscheinen zu lassen. Dass dabei auf die Verbissschäden im Wald abgestellt wird, um die Wilddichte zu beurteilen, ist nicht zu beanstanden. Nachdem der Kläger seine Hopfenkulturen in der Vegetationsperiode von März bis August durch Wildschutzzäune schützen kann, ist nicht ersichtlich, welche Rückschlüsse aus Verbissschäden an Hopfenpflanzen gezogen werden könnten. Auch aus dem Urteil des Amtsgerichts Kelheim vom 21. April 2011 (2 C 736/10) ergibt sich nicht, dass die Einzäunungen von Hopfengärten ganzjährig erforderlich wären, um Schadensersatz für Wildschäden zu erhalten. Dass nach der Ernte im Herbst und Winter Verbiss- oder Verfegeschäden zu befürchten sind, ist weder dargelegt noch ersichtlich.
Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob für die vorhandenen Zäune die Privilegierung vollständig entfällt, da eine saisonale Aufspaltung nicht möglich ist (vgl. zur „saisonalen“ Privilegierung für eine Almwirtschaft BVerwG, B.v. 6.9.1999 – 4 B 74.99 – juris Rn. 8 f.), denn das Landratsamt hat die vollständige Beseitigung der Zäune nicht angeordnet.
Es ist auch nicht ernstlich zweifelhaft, dass für die Zäune keine Baugenehmigung nach § 35 Abs. 2 BauGB erteilt werden kann, da sie sowohl den Darstellungen des Flächennutzungsplans widersprechen (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB) als auch die natürliche Eigenart der Landschaft und Belange des Naturschutzes beeinträchtigen (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Die Auffassung des Klägers, es sei nicht nachvollziehbar, was sich hinter diesen „Leerformeln“ verbergen solle, reicht zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht aus.
1.3 Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das Landratsamt könne die Beseitigung der Zäune zum 1. September eines jeden Jahres bis zum Februar des Folgejahrs, gestützt auf Art. 76 BayBO anordnen, konnte der Kläger nicht erschüttern.
Zwar trifft es zu, dass nach dem Wortlaut des Art. 76 Satz 1 BayBO eine teilweise oder vollständige Beseitigung der Anlagen nur dann angeordnet werden kann, wenn sie im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert werden und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Der Begriff „Errichtung“ ist in dabei in umfassendem Sinne auszulegen und ist gleichbedeutend mit der erstmaligen Herstellung oder Aufstellung einer Anlage als Arbeitsvorgang und als fertiges Werk (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 3 Rn. 37). Die „Änderung“ einer Anlage, insbesondere einer baulichen Anlage (Art. 2 Abs. 1, 2 BayBO), ist dabei allgemein jede bauliche Maßnahme, durch die auf den vorhandenen technischen Zustand einer baulichen Anlage eingewirkt wird (Dirnberger a.a.O. Rn. 49). Unstreitig hat der Kläger die Zäune im März 2015 aufgestellt und seitdem baulich nicht verändert.
Geht man davon aus, die Errichtung der Wildschutzzäune sei von Anfang an genehmigungspflichtig gewesen, da die Zäune im Zeitraum September bis Februar nicht dem Schutz landwirtschaftlicher Kulturen vor Schalenwild i.S.d. Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO dienen und man sie deshalb als ein Gesamtvorhaben betrachten muss, das nicht in mehrere Vorhaben mit jahreszeitlich unterschiedlichen Zwecken aufgespalten werden kann (vgl. Lechner/Busse in Simon/Busse, BayBO, Art. 57 Rn. 12 ff.), sind sie formell rechtswidrig errichtet worden und jedenfalls auch teilweise materiell rechtswidrig, sodass die teilweise Anordnung der Beseitigung von September bis Februar von Art. 76 Satz 1 BayBO gedeckt ist.
Nimmt man demgegenüber an, die Zäune seien im März 2015 gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b BayBO verfahrensfrei und nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert errichtet worden, aber ab September jeden Jahres nicht verfahrensfrei aber genehmigungspflichtig und nicht genehmigungsfähig, kann eine Beseitigungsanordnung ebenfalls auf Art. 76 BayBO gestützt werden. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Art. 76 Satz 2 BayBO auch die mit der Nutzungsuntersagung verbundene Räumung deckt, wenn eine Nutzungsuntersagung nur dadurch realisiert werden kann, dass sämtliche in oder auf der Anlage gelagerten Gegenstände entfernt werden, wie z.B. bei der Untersagung der Nutzung eines Außenbereichsgrundstücks zu Lagerzwecken (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 273 m.w.N.). Dem entspricht die Situation hinsichtlich eines Zauns, bei dem die Nutzung mit dem bloßen Vorhandensein der Anlage zusammenfällt. Entfällt die Verfahrensfreiheit und Privilegierung einer solchen Anlage und wird diese deshalb ohne bauliche Änderung materiell und formell rechtswidrig, kann gleichwohl die Beseitigung verfügt werden (vgl. für einen Zaun zum Schutz von Forstkulturen BayVGH, B.v. 13.11.2017 – 15 ZB 16.1885 – juris).
Die streitgegenständlichen Zäune sind auch nicht bestandsgeschützt. Vom Bestandsschutz erfasst ist eine rechtmäßig errichtete Anlage, die später materiell illegal geworden ist (vgl. Decker a.a.O. Rn. 119). Davon kann hier nicht die Rede sein, denn die Zäune waren im Zeitraum September bis Februar des Folgejahrs zu keiner Zeit materiell rechtmäßig. Auch der Vergleich mit Viehunterständen oder Wanderhütten, die ggf. auch nur saisonal genutzt werden, führt zu keiner anderen Einschätzung. Solche Anlagen sind nicht mit einfachen Maschendrahtzäunen vergleichbar, da sie nicht entfernt werden können ohne die Substanz zu zerstören oder jedenfalls zu beschädigen. Die Zäune um die Hopfengärten können nach den Angaben des AELF, denen der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten ist, ohne allzu großen Aufwand im August/September entfernt und im nächsten Jahr wieder aufgestellt werden.
1.4 Das Landratsamt musste auch nicht zuerst die Stellung eines Bauantrags gemäß Art. 76 Satz 3 BayBO verlangen, denn für den Zeitraum September bis Februar des Folgejahrs kann keine Genehmigung erteilt werden (s.o. Nr. 1.2). Die Entscheidung, vom Bauherrn die Stellung eines Bauantrags zu verlangen, ist eine Ermessensentscheidung (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 76 Rn. 323). Offensichtlich ermessensfehlerhaft wäre eine solche Anordnung, wenn die Maßnahmen entweder verfahrensfrei oder genehmigungsbedürftig, aber nicht genehmigungsfähig sind (Decker a.a.O. Rn. 324). So liegt der Fall hier. Der Zaun ist im Zeitraum Februar bis August verfahrensfrei und bedarf keiner Baugenehmigung, im Rest des Jahres ist er nicht genehmigungsfähig. Es wäre daher reine Förmelei, die Stellung eines Bauantrags zu verlangen und die Genehmigung dann auf den Zeitraum März bis August eines jeden Jahres zu beschränken, obwohl der Kläger den Zaun in diesem Zeitraum ohnehin verfahrensfrei und privilegiert errichten darf. Die Meinungsverschiedenheit, ob der Zaun ganzjährig stehen bleiben darf, konnte deshalb auch mit einer auf die Monate September bis Februar beschränkten Beseitigungsanordnung geklärt werden. Dass dem Kläger dadurch die Rechtsschutzmöglichkeiten abgeschnitten wurden, ist nicht ersichtlich.
1.5 Die Beseitigungsanordnung ist auch nicht ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig.
Soweit der Kläger vorträgt, es sei ihm nicht zumutbar, seine Kulturen beständig auf den Befall mit Krankheitserregern zu kontrollieren, kann dies seinem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen. Zum einen darf er in der Zeit des Aufwuchses seiner Pflanzen von Februar bis August die Zäune aufstellen. Was er nach der Ernte im Zeitraum von September bis Februar kontrollieren müsste, ist nicht ersichtlich. Zum anderen ist der Wildwechsel unstreitig kein besonders wahrscheinlicher Eintragungsweg, sondern verunreinigte Maschinen, Windverfrachtungen und ablaufendes Regenwasser sind als Verursachung wesentlich wahrscheinlicher. Der Kläger muss seine Kulturen daher während der Wachstumsperiode ohnehin beobachten, da die Zäune auch nach seiner eigenen Auffassung keinen vollständigen Schutz vor dem Eintrag von Krankheitserregern bieten können. Im Übrigen muss er die Zäune auch regelmäßig daraufhin kontrollieren, ob sie beschädigt sind und deshalb keinen Schutz vor Schalenwild mehr bieten oder ob sich Wild darin verfangen hat.
Die Befürchtung des Klägers, seine Vertragspartner könnten von ihm Schadensersatz verlangen, wenn seine Pflanzen durch die Verticillium-Welke befallen werden, führt zu keiner anderen Einschätzung. Es ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage er Schadensersatz schulden sollte, wenn er die Bauvorschriften beachtet. Eine Pflichtverletzung führt nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zu einem Schadensersatzanspruch, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dass seine Vertragspartner ihm mit solchen Ansprüchen drohen, führt nicht dazu, dass die Zäune deshalb als privilegiert i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB anzusehen wären.
Welchen Zusammenhang das Ausstellen eines Pflanzenpasses bei der Fechservermehrung mit dem Aufstellen der Zäune haben soll, erschließt sich aus der Antragsbegründung nicht. Es ist nicht dargelegt, dass dem Kläger bei einer Fechservermehrung ohne weitere Nachweise Pflanzenpässe ausgestellt werden würden, wenn er seine Hopfengärten ganzjährig einzäunt, sondern es wird stets untersucht, ob die Pflanzen gesund sind und erst dann wird ein solcher Pass ausgestellt. Welchen Nachteil der Kläger bei der Fechservermehrung haben soll, wenn er die Zäune im September entfernt, wird in der Antragsbegründung nicht hinreichend begründet.
Dass durch den Befall in der Nachbarschaft ein erhöhtes Risiko des Eintrags besteht, kann unterstellt werden. Damit ist aber nicht dargelegt, dass die Übertragung durch den Wechsel von Schalenwild hervorgerufen wird, denn nach Ansicht des AELF ist eine Übertragung durch Windverfrachtung, ablaufendes Niederschlagswasser oder verunreinigte Maschinen wesentlich wahrscheinlicher.
Der Senat verkennt nicht, dass die Eintragung von Krankheitserregern in die Hopfengärten des Klägers für ihn eine große Gefahr darstellt, da damit erhebliche wirtschaftliche Schäden verbunden sein können, die nach seinen Angaben nicht versichert werden können und kostspielige Sanierungsmaßnahmen nach sich ziehen. Gleichwohl konnte der Kläger nicht hinreichend belegen, dass die von ihm befürchteten Schäden durch die ganzjährige Einzäunung seiner Hopfengärten in nennenswertem Maß verhindert oder spürbar verringert werden könnten. Die bloß entfernt liegende Möglichkeit, dass die Zäune in den Monaten September bis Februar vielleicht dazu beitragen, eine Infizierung seiner Flächen zu verhindern, reicht nicht dafür aus, um entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts, eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB möglich oder die Anordnung der Beseitigung der Zäune als ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig erscheinen zu lassen.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dazu müsste das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 37; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Solche Schwierigkeiten werden mit der Antragsbegründung nicht substantiiert aufgezeigt und liegen auch nicht vor. Der Kläger formuliert zum einen verschiedene tatsächliche Fragen, deren Aufklärung seiner Ansicht nach im erstinstanzlichen Verfahren verabsäumt worden sei. Das Verwaltungsgericht hat diese Fragestellungen nicht für aufklärungsbedürftig gehalten und der schon erstinstanzlich anwaltlich vertretene Kläger hat auch keine diesbezüglichen Beweisanträge gestellt. Aus welchen Gründen die Streitsache besondere tatsächliche Schwierigkeiten aufweisen soll, weil diese Umstände nicht aufgeklärt worden sind, wird aus der Antragsbegründung auch nicht ersichtlich. Zum anderen formuliert der Kläger verschiedene rechtliche Fragen, ohne darzulegen, weshalb es auf deren Beantwortung im vorliegenden Fall ankommt und worin die besonderen rechtlichen Schwierigkeiten bei deren Beantwortung liegen sollen.
3. Der Zulassungsgrund der grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist ebenfalls nicht dargetan. Der Kläger formuliert zwar verschiedene Fragen, bleibt aber eine Erklärung dafür schuldig, aus welchen Gründen diese Fragen im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, sind; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Fragen besteht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 72; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2019, § 124a Rn. 102 ff.). Mit der bloßen Formulierung von Fragen ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung aber nicht dargelegt gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag, gegen den die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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