Baurecht

Beseitigungsanordnung, Pferdeunterstand im Außenbereich, Gewerbliche Vermietung von Einstellplätzen (60 Stück)

Aktenzeichen  M 9 K 20.707

Datum:
13.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49488
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nrn. 5 und 7
BayBO Art. 76 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid vom 29. Januar 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S.1 VwGO. Der Kläger ist zur Beseitigung des Unterstands verpflichtet, da es sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben handelt, dass dem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen. Ergänzend gilt folgendes:
1. Der hier verfahrensgegenständliche Pferdeunterstand auf einer Teilfläche der FlNr. 1121 ist kein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Unstrittig ist der Kläger Landwirt. Vorliegend handelt es sich aber nicht um eine Pensionspferdehaltung, sondern bereits vom Umfang des Betriebs her um eine gewerbliche Vermietung von über 50 – 60 Stellplätzen an vier Standorten mit Reitplatz und Halle, verbunden mit dem Angebot einiger Dienstleistungen, wie die Pflege der Reitanlage, die Reinigung einiger Räume und Verkauf von Heu und Stroh. Lediglich ca. 10 Pensionspferde werden vollversorgt.
2. Der Vortrag des Klägers, die beim Augenschein in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude untergestellten beiden Pferde seien Pensionspferde, nebenerwerbstypisch und von der Landwirtschaft mitgezogen, führt nicht zu einer landwirtschaftlichen Privilegierung des Unterstands. Zum einen ist hier nach dem Ergebnis des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung die Pensionspferdehaltung von einigen Tieren hier als Teil des Gewerbebetriebs diesem untergeordnet. Zum anderen ist unter Berücksichtigung des vorhandenen Bestands für eine Pensionspferdehaltung von 2 Pferden kein weiterer Stall mit Heulager und Koppel erforderlich. Ungeachtet dessen, ob in den sonstigen Ställen und Unterständen ein Leerstand vorhanden ist, berechtigt die Pensionspferdehaltung von zwei weiteren Pferden nicht dazu, weitere Ställe zu bauen, da der Kläger ausreichend über gewerblich genutzte Einstellplätze verfügt. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass er deutlich mehr Pensionspferde habe als im Verfahren behauptet worden sei, ist dieser Vortrag nicht schlüssig. Auch bei Unterstützung durch eine Hilfskraft ist die zeitintensive Vollversorgung einschließlich Reinigung der Boxen und Pflege der Pferde nur in sehr geringem Umfang möglich, so dass erhebliche Zweifel am Tatsachengehalt der entsprechenden Angaben des Klägers bestehen.
3. Ungeachtet dessen fehlt es vorliegend außerdem an der tatbestandlichen Vo raussetzung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, dass das Vorhaben dem landwirtschaftlichen Betrieb dient. Nach dem Ergebnis des Augenscheins und den fachlichen Stellungnahmen des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ist insbesondere an der ausgelagerten Hofstelle ausreichend Platz, wenn tatsächlich Bedarf für einen weiteren Unterstand oder ein Heu-/Strohlager bestehen sollte. Das Grundstück an der innerörtlichen Hofstelle 1, FlNr. 958, erstreckt sich im Anschluss an den bebauten Bereich noch geschätzt 70 m Richtung Nordwesten und bietet ausreichend Platz; diesbezüglich stellt sich bereits die Frage, warum ein weiterer Standort, Hofstelle 2, erforderlich war. Dort wiederum ist auf den zur Hofstellen gehörenden Flurnummern ebenfalls ausreichend Platz für Erweiterungen. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe an beiden Hofstellen keinen Platz mehr ist danach schlicht falsch.
Ein Vorhaben dient nur dann einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn gemessen an den Maßstäben eines vernünftigen Landwirts, der Standort sinnvoll für den Gesamtbetrieb und nach Möglichkeit in Hofnähe ist. Daran fehlt es, wenn Pferdeställe trotz vorhandenem Platz nicht an der Hofstelle errichtet werden. Wenn – wie hier – der Bau mangels Bedarf, wegen der Entfernung zur Betriebsstätte mit den Ställen, wegen des festgestellten Leerstands und nach den Maßstäben eines vernünftigen Landwirts nicht mehr dem landwirtschaftlichen Betrieb dient, liegt keine Privilegierung vor.
4. Das Vorhaben im Außenbereich beeinträchtigt sowohl durch den massiven Unterstand als auch durch die vom Bescheid nicht miterfassten Pfosten für die Koppel die öffentlichen Belange des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB, Landschaftspflege, Bodenschutz und Naturschutz sowie die natürliche Eigenart der Landschaft, und § 35 Abs. 3 Nr.7 BauGB, Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung.
5. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO liegen nach alledem zweifelsfrei vor. Die Beseitigung der Anlage ist nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgt, da auf andere Weise kein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann.
Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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