Baurecht

Denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Abbruch eines ehemaligen Wasserreservoirs

Aktenzeichen  M 1 K 15.1167

Datum:
5.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Art. 1 DSchG
Art. 6 DSchG

 

Leitsatz

Bei der Ermessensausübung über eine Abbrucherlaubnis ist maßgeblich die Bedeutung des Baudenkmals zu berücksichtigen sowie Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis zu setzen. Je gravierender der Eingriff aus denkmalfachlicher Sicht ist, desto größere Bedeutung kommt danach bei der Abwägung den für einen unveränderten Erhalt sprechenden gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zu, was im Einzelfall auch zur Folge haben kann, dass sich das Versagungsermessen zu einer Versagungspflicht verdichtet. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Der Bescheid vom … März 2015 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat weder einen Anspruch auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch des Wasserreservoirs noch auf Neuverbescheidung, § 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
I.
Der beantragte Abbruch des Wasserreservoirs bedarf einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSchG.
1. Die am … März 1995 erteilte Genehmigung zum Abbruch des Wasserreservoirs galt nur bis zum 1. April 1999, so dass derzeit keine Genehmigung zum Abbruch vorhanden ist. Aus der Versagung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abbruch des Reservoirs mit Bescheid vom … April 1996 gegenüber dem damaligen Eigentümer ergibt sich keine entgegenstehende Bestandskraft betreffend den nunmehr beantragten Abbruch.
2. Bei dem Wasserreservoir handelt es sich um ein Baudenkmal i. S. d. Art. 1 Abs. 2 Satz 1 DSchG. Dies ergibt sich nicht schon aus der Eintragung des Denkmals in die Denkmalliste, die nur nachrichtlich erfolgt. Das Reservoir erfüllt aber die Tatbestandsmerkmale des Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 DSchG. Es handelt sich um eine bauliche Anlage aus vergangener Zeit, die von Menschen geschaffen wurde und deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.
a) Insbesondere liegt die Erhaltung des Wasserreservoirs entgegen dem klägerischen Vortrag wegen seiner geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit. Es ist Teil eines integralen Denkmals, das die obertägigen und untertägigen Reste des ehemaligen Rüstungswerks im Bereich … Hart und damit Bau- und Bodendenkmäler umfasst (vgl. BayVerfGH, E.v. 22.7.2008 – Vf. 11-VII-07 – juris Rn. 45 ff.). Das Reservoir gehört zu den baulichen Anlagen des Rüstungswerks im … Hart und veranschaulicht das Terrorregime des Nationalsozialismus, die „Topographie des Terrors“ und die „Vernichtung durch Arbeit“ in einzigartiger Weise. Dabei dokumentiert es den Versuch der Nationalsozialisten, innerhalb kürzester Zeit durch Zwangsarbeiter rücksichtslos einen Rüstungsgroßbetrieb zu errichten. Das Wasserreservoir steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem ehemaligen Rüstungswerk im … Hart, von dem insbesondere die Ruine einer halbunterirdischen Flugzeugmontagehalle noch erhalten ist, die im Rahmen des Augenscheins am 5. April 2016 besichtigt wurde. Die Entfernung des Reservoirs zu dieser Ruine spricht nicht gegen die Denkmaleigenschaft des Wasserbeckens, sondern verdeutlicht die immensen Ausmaße des Rüstungswerks. Es spricht viel dafür, dass das Reservoir zur Herstellung der Flugzeugmontagehalle diente, die mit einer segmentbogig gewölbten, in Teilen erhaltenen Betonschale überspannt war. Denn aus einem digitalen Luftbild, das vom Vertreter des Landesamts für Denkmalpflege (LfD) näher erläutert wurde, ergibt sich, dass links und rechts des noch vorhandenen Weges westlich des Firmengeländes der Klägerin, der zur ehemaligen Flugzeugmontagehalle führt, zwei Lorentrassen vorhanden waren, wobei die südliche direkt am Wasserreservoir vorbeiführte. Damit liegt es nahe, dass das Wasser aus dem Reservoir zur Errichtung der Bunkeranlage verwendet wurde. Aber auch wenn es sich nicht um einen Bau zur Herstellung der Bunkeranlage, sondern um einen – wie von der Klägerin vorgetragen – „reinen Zweckbau“ im Sinne eines Löschwasserbeckens handelte, steht dieser auch als „Zweckbau“ in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bunkeranlage und verdeutlicht deren Ausmaße. Letzteres gilt gerade auch für die Dimension des Wasserreservoirs selbst, dessen Größe für sich genommen schon anschaulich die riesigen Ausmaße des ehemaligen Rüstungswerks vor Augen führt. Dass westlich der als Ruine vorhandenen Flugzeugträgerhalle in größerer Entfernung zum Wasserreservoir weitere Ruinen vorhanden sind, beseitigt entgegen dem klägerischen Vortrag nicht die Denkmaleigenschaft des Reservoirs, sondern bestätigt umso mehr die Bedeutung zur Veranschaulichung der Dimension des ehemaligen Rüstungswerks. Das Vorhandensein größerer und ggf. auch besser erhaltener Teile des integralen Denkmals ändert nichts an der Eigenschaft des Reservoirs als Baudenkmal, sondern unterstreicht nur dessen Bedeutung.
b) Dass das Reservoir sehr eingewachsen ist und die Spuren der Zeit trägt, ändert ebenfalls nichts daran, dass es sich um ein Denkmal handelt. Denn der Erhaltungszustand des Bauwerks hat grundsätzlich keinen Einfluss auf seine Denkmaleigenschaft (vgl. BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 32 zur Beseitigung eines ehemaligen Gasthofs). Hinzu kommt, dass es sich um ein Denkmal handelt, das als Mahnmal an die vergangene NS-Zeit erinnert und dessen Wiederaufbau – anders als etwa bei einem erhaltenswerten, alten Wohnhaus – gerade keinen Sinn machen würde. Allein durch sein Vorhandensein im jetzigen Zustand ist das Wasserreservoir denkmalwürdig und dient als Mahnung an die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus. Daher ist es gerade auch in seinem derzeitigen, durch die Jahrzehnte gezeichneten und verwitterten Zustand als Denkmal erhaltenswert.
c) Dass das Reservoir nicht öffentlich zugänglich ist, ändert nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Es ist nichts Ungewöhnliches, dass sich Denkmäler auf Privatgrund befinden. Das Reservoir liegt – anders als von der Klägerin vorgetragen – am Rande des Grundstücks FlNr. 946/6 in unmittelbarer Nähe zu einem öffentlich genutzten Weg, so dass es von östlicher und südlicher Seite betrachtet werden kann. Der interessierte Besucher kann sich von dem öffentlich genutzten Weg aus einen guten Überblick über das Reservoir und dessen Zusammenhang zum gesamten Rüstungswerk verschaffen.
d) Die Denkmaleigenschaft ist auch nicht aufgrund des Abrisses mehrerer zur Gesamtanlage gehörender Bunker und des Zwangsarbeiterlagers in den 90er Jahren entfallen. Den Genehmigungen von damals kommt keine Wirkung dahingehend zu, dass, wenn schon der Abbruch der Bunkeranlagen denkmalrechtlich genehmigt wurde, erst Recht der Abbruch des Wasserreservoirs genehmigt werden müsste.
e) Dass das Wasserreservoir nicht zusammen mit der Flugzeugmontagehalle in den geplanten „Gedenkort …“ einbezogen werden soll, ändert ebenfalls nichts an seiner Denkmaleigenschaft. Denn es ist zwischen einem Gedenkort einerseits und der Denkmaleigenschaft eines Bauwerks andererseits zu unterscheiden. Es obliegt der Entscheidung des Beklagten, welchen Bereich er tatsächlich als Gedenkort ausgestalten will. Diese Entscheidung ist von einer Vielzahl an Faktoren, insbesondere auch von der Zugänglichkeit, der tatsächlichen Verfügbarkeit und der Geeignetheit eines Denkmals als Gedenkort, abhängig. Dabei ist es keine Voraussetzung zur Bejahung der Denkmaleigenschaft, dass das Bauwerk als Gedenkort ausgewiesen ist.
II.
Es sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes i. S. d. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG gegen den Abriss des Wasserreservoirs und für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands.
Die „gewichtigen Gründe des Denkmalschutzes“ stellen einen uneingeschränkt gerichtlicher Überprüfung unterliegenden unbestimmten Rechtsbegriff dar (BayVGH, B.v. 31 10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 4 m. w. N.). Fehlen gewichtige Gründe, so ist ein Versagungsermessen nicht eröffnet, d. h. es bestünde ein Anspruch der Klägerin auf die Erteilung der Erlaubnis. Dabei sind die gewichtigen Gründe nicht dahingehend zu verstehen, dass dem Baudenkmal im Vergleich mit der allgemein für die Begründung der Denkmaleigenschaft maßgebenden Bewertung eine gesteigerte Bedeutung zukommen müsste. Vielmehr ergibt sie sich bereits aus der Bedeutung, auf der die Denkmaleigenschaft beruht (BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 70). Für den Regelfall ist daher bei Baudenkmälern davon auszugehen, dass stets ein Erhaltungsinteresse anzuerkennen ist und damit gewichtige Gründe für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes indiziert sind. Gewichtige Gründe liegen allenfalls bei völlig unbedeutenden Baudenkmälern nicht vor (BayVGH, B.v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 4; BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 35).
Nach diesem Maßstab sprechen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes gegen die Beseitigung des Wasserreservoirs. Sie ergeben sich unabhängig davon, wie die Bedeutung des Baudenkmals bei der Abwägung zwischen den für und gegen einen Abbruch sprechenden Gründen zu gewichten ist, aus den oben unter I.2. dargelegten Gründen, die die Denkmaleigenschaft des Reservoirs begründen.
III.
Die Entscheidung des Beklagten, der Klägerin die Abbrucherlaubnis betreffend das Wasserreservoir zu versagen, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Klägerin hat dementsprechend weder einen Anspruch auf Erteilung der Abbruchgenehmigung noch auf Neuverbescheidung.
1. Der klägerische Antrag darf nicht alleine aus den festgestellten gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes abgelehnt werden. Vielmehr verlangt Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG eine Ermessensentscheidung. Nach Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) ist das Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend auszuüben. Zweck des Erlaubnisvorbehaltes in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG ist vor allem, durch eine präventive Kontrolle den Hauptzielen des Gesetzes, einer möglichst unveränderten Erhaltung (Art. 4 DSchG) und einer möglichst zweckentsprechenden Nutzung (Art. 5 DSchG) der Denkmäler gegen Maßnahmen, die diesen Zielen typischerweise zuwiderlaufen, im Rahmen des dem Denkmaleigentümer Zumutbaren Rechnung zu tragen. Die Behörde trifft mithin eine rechtsgestaltende Entscheidung, welche die Belange des Denkmalschutzes auf der einen sowie die widerstreitenden öffentlichen Belange und die betroffenen privaten Belange auf der anderen Seite ausgleichen muss. Hierfür müssen alle vom Vorhaben betroffenen Belange berücksichtigt und miteinander und gegeneinander abgewogen werden (BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 87 m. w. N.; VG München, U.v. 20.4.2015 – M 8 K 14.635 – juris Rn. 42). Die Erlaubnis darf nur versagt werden, wenn die Gründe, die für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen, so viel Gewicht haben, dass sie die für das Vorhaben streitenden öffentlichen und privaten Belange überwiegen (BayVGH, U.v. 11.1.2011 – 15 B 10.212 – juris Rn. 26). Bei der Ermessensausübung ist maßgeblich die Bedeutung des Baudenkmals zu berücksichtigen sowie Art und Intensität des beabsichtigten Eingriffs zu den gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes ins Verhältnis zu setzen. Je gravierender der Eingriff aus denkmalfachlicher Sicht ist, desto größere Bedeutung kommt danach bei der Abwägung den für einen unveränderten Erhalt sprechenden gewichtigen Gründen des Denkmalschutzes zu, was im Einzelfall auch zur Folge haben kann, dass sich das Versagungsermessen zu einer Versagungspflicht verdichtet (VG München, U.v. 20.4.2015 – M 8 K 14.635 – juris Rn. 43).
Ferner ist Art. 6 Abs. 2 Satz 1 DSchG so auszulegen und anzuwenden, dass den aus Art. 14 Grundgesetz (GG) folgenden Anforderungen an ein Inhalt und Schranken des Grundeigentums bestimmendes Gesetz entsprochen wird. Hierfür muss die Prüfung, ob dem Denkmaleigentümer die (unveränderte) Beibehaltung des bisherigen Zustands mit den Erhaltungs- und Nutzungspflichten gemäß Art. 4 und Art. 5 DSchG zuzumuten ist, zumindest dem Grunde nach im Erlaubnisverfahren erfolgen. Im Fall der Unzumutbarkeit muss die Erlaubnis erteilt werden. Bei der Zumutbarkeitsprüfung ist nicht auf die besondere Situation des jeweiligen Eigentümers, sondern auf den „für Denkmalbelange aufgeschlossenen Eigentümer“ abzustellen (BayVGH, U.v. 18.10.2010 – 1 B 06.63 – juris Rn. 38; BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – juris, BVerfGE 100, 226).
2. Der Beklagte hat sein Ermessen, das nach § 114 VwGO nur eingeschränkter gerichtlicher Überprüfung unterliegt, rechtmäßig ausgeübt und unter Berücksichtigung aller vorgebrachten Interessen der Klägerin und der Allgemeinheit von der Erteilung einer Abbrucherlaubnis in ermessensgerechter und damit rechtmäßiger Weise abgesehen. Die Versagung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis ist auch verhältnismäßig.
a) Hierbei ist zu berücksichtigen, dass keine größeren Erhaltungsmaßnahmen von der Klägerin gefordert werden und ihr damit kein größerer finanzieller Aufwand zur Erhaltung des Denkmals abverlangt wird. Die Vertreterin des LfD führte hierzu in der mündlichen Verhandlung vom 5. April 2016 aus, dass keine Sanierung des Reservoirs gefordert werde, dass aber Pflegemaßnahmen wie etwa das Zurückschneiden der wuchernden Vegetation in Betracht kämen. Das Baudenkmal solle in einem Zustand erhalten werden, dass es für den Betrachter erlebbar bleibe. Diese Ausführungen sind nachvollziehbar, da Sanierungsmaßnahmen unter Würdigung des geschichtlichen Hintergrunds nicht sinnvoll erscheinen. Das Wasserreservoir dient zusammen mit der gesamten Anlage als Zeuge des nationalsozialistischen Terrors und damit als Mahnmal für die Allgemeinheit.
b) Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2015 sein Ermessen dahingehend ergänzt, dass sich auch in Anbetracht der fehlenden Nutzbarkeit einer Fläche für die Klägerin von rund 3.500 m² am Abwägungsergebnis nichts ändere. Diese Abwägung ist angesichts der immensen geschichtlichen Bedeutung des Wasserreservoirs nicht zu beanstanden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass selbst bei einer Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Abbrucherlaubnis die Klägerin den Platz, auf dem sich das Wasserreservoir befindet, nicht als Lagerfläche für ihre …fertigteile nutzen könnte. Denn das Grundstück FlNr. 946/6 befindet sich im Außenbereich, wo ein Lagerplatz nicht zulässig ist. Der aktuell gültige Bebauungsplan Nr. 1 „Sondergebiet an der K. Str. 1 für …warenherstellung“ umfasst gerade nicht das streitgegenständliche Grundstück FlNr. 946/6. Die erste Änderung des Bebauungsplans, mit der auch das Grundstück FlNr. 946/6 überplant werden soll, ist (noch) nicht in Kraft getreten. Damit ist die Fläche, auf der sich das Wasserreservoir befindet, für die Klägerin zum Entscheidungszeitpunkt nicht als Lagerplatz für die …fertigteile nutzbar, so dass ihr auch kein Lagerplatz „verloren“ geht; ein Inkrafttreten der Bebauungsplanänderung ist nicht absehbar. Daher ist die Klägerin aufgrund der Ablehnung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis nicht unzumutbar in ihrem Eigentum beeinträchtigt, ohne dass es darauf ankommt, ob sie auf die vom Beklagten vorgeschlagenen Hoch- und Vertikallager verwiesen werden kann.
c) Aber auch unabhängig von der baurechtlichen Zulässigkeit des Lagerplatzes ist die Versagung der Erlaubnis unter dem Gesichtspunkt des Art. 14 GG nicht unverhältnismäßig. Die Gesamtfläche des Grundstücks FlNr. 946/6 beträgt knapp 11.000 m², die gesamte Fläche des Betriebs der Klägerin inklusive des Grundstücks FlNr. 946/6 beträgt etwa 53.000 m². Selbst wenn der Lagerung von …fertigteilen auf dem Grundstück FlNr. 946/6 baurechtlich nichts entgegenstünde, ist die der Klägerin aufgrund des Denkmals nicht als Lagerfläche zur Verfügung stehende Fläche mit etwa 2.900 m² im Verhältnis dazu relativ gering, so dass es nicht unverhältnismäßig erscheint, den Bereich des Denkmals als Lagerfläche auszunehmen. Bei den etwa 2.900 m² ist nicht nur das Wasserreservoir selbst mit seinen etwa 1.700 m², sondern die gesamte Fläche ab dem Reservoir bis hin zur Grundstücksgrenze berücksichtigt. Im Übrigen würde auch dann die Verhältnismäßigkeit gewahrt sein, wenn die nicht als Lager zur Verfügung stehende Fläche – wie von der Klägerin vorgetragen – mindestens 4.000 m² betragen würde. Denn von Art. 14 GG ist nicht stets die wirtschaftlichste Verwendung des Privateigentums geschützt. Auch wenn das Reservoir auf dem Grundstück der Klägerin bestehen bleibt, kann sie – sofern die baurechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen – ihr Grundstück FlNr. 946/6 als Lagerfläche benutzten. Allein der Bereich, auf dem das Denkmal steht, ist hiervon ausgenommen.
d) Berücksichtigt man gegenüber den Interessen der Klägerin die erhebliche geschichtliche Bedeutung des Denkmals, folgt hieraus keine Unverhältnismäßigkeit der Erhaltung des Wasserreservoirs. Es ist Zeitzeuge des Terrorregimes zu NS-Zeiten und dient als mahnende Erinnerung an diese Zeit (vgl. auch oben unter I.2.). Es verdeutlicht das Ausmaß des ehemaligen Rüstungswerks und damit auch der „Topographie des Terrors“. Würde es abgerissen, würde ein wichtiger Teil der erhaltenswerten, da einzigartigen – aus heutiger Sicht erschreckenden – Bunkeranlage fehlen. Fotos zur Dokumentation des Reservoirs können die Substanz der baulichen Anlage nicht ersetzten und sind im Hinblick auf die Erlebbarkeit des Denkmals nicht mit dessen Vorhandensein vergleichbar. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die Ausmaße des Reservoirs selbst, von dem sich das Gericht im Rahmen des Augenscheins am 5. April 2016 überzeugen konnte. Schon das Reservoir für sich genommen ist von eindrucksvollem Ausmaß. Hinzu kommt, dass es Teil eines integralen Denkmals ist (vgl. BayVerfGH, E.v. 22.7.2008 – Vf. 11-VII-07 – juris Rn. 45 ff.). Dass das Reservoir von einer bewachsenen Böschung umgeben und für den Betrachter nur schlecht einsehbar ist, ändert hieran nichts. Viele Denkmäler befinden sich auf Privatgrund. Das Reservoir befindet sich entgegen dem klägerischen Vortrag nicht mitten auf ihrem Grundstück, sondern am Rande des Grundstücks FlNr. 946/6 zu einem öffentlich genutzten Weg, so dass es von östlicher und südlicher Seite jedenfalls betrachtet werden kann. Hinzu kommt, dass der interessierte Besucher gerade durch einen Fußmarsch von der Ruine der Flugzeughalle zum Wasserreservoir die Größenausmaße der ehemaligen Bunkeranlage nachvollziehen kann.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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