Baurecht

Eilverfahren, Sofortvollzug einer Nutzungsuntersagung nach vorangegangener Baueinstellung, Container

Aktenzeichen  M 1 S 21.950

Datum:
20.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 34299
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BayBO Art. 76 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin zu 2) wird wiederhergestellt.
Der Antrag des Antragstellers zu 1) wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 1) und der Antragsgegner zu je 1/2.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten über die Untersagung der Nutzung von zwei Containermodulen auf dem Grundstück der Antragsteller.
Die Antragsteller sind Miteigentümer der FlNr. 247/3 Gem. … … … zu je 1/2. Die Antragstellerin zu 2) ist die Mutter des Antragstellers zu 1).
Am 11. Dezember 2018 beschloss die Gemeinde … … … eine Veränderungssperre zur Sicherung des künftigen Bebauungsplanes Nr. 17 „R… straße – T…weg“, in dessen Geltungsbereich das Grundstück der Antragsteller liegt. Mit Beschluss des Gemeinderats vom 10. November 2020 wurde die Veränderungssperre um ein Jahr verlängert.
Am 18. Mai 2020 stellte der Antragsteller zu 1) einen Antrag auf isolierte Befreiung von den Festsetzungen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans und von der Veränderungssperre zur Errichtung eines Lagerraumes mit zwei aneinander gestellten Containern. Grund für den Antrag war die Errichtung der geplanten Container mit einem Flachdach anstelle des im künftigen Bebauungsplan vorgesehenen Satteldachs.
Mit Schreiben der Gemeinde … … … vom 24. Juni 2020 wurde dem Antragsteller zu 1) mitgeteilt, dass das gemeindliche Einvernehmen für den Antrag vom 18. Mai 2020 versagt worden sei, da die Ausnahme von der Veränderungssperre nicht erteilt werden könne.
Im Zuge einer Baukontrolle am 29. September 2020 stellte die Bauaufsichtsbehörde fest, dass auf dem Grundstück FlNr. 247/3 Gem. … … … zwei Containermodule mit einer Grundfläche von 48 m² (jeweils 3 m x 8 m) und einer Höhe von 2,8 m aufgestellt wurden. Mit Bescheid vom selben Tag wurden die weiteren Bauarbeiten gegenüber den Antragstellern sofort vollziehbar eingestellt und die Beseitigung der Anlagen angeordnet. Wie die Container genutzt wurden, konnte nicht festgestellt werden. Dagegen erhoben die Antragsteller am … Oktober 2020 Klage, die Gegenstand des Verfahrens M 1 K 20.5515 ist und über die noch nicht entschieden ist.
Am 7. Januar 2021 überprüfte der Antragsgegner, vertreten durch das Landratsamt Rosenheim (im Folgenden: Antragsgegner) unter Anwesenheit des Antragstellers zu 1) die Einhaltung der Baueinstellung vom 29. September 2020 und stellte fest, dass die beiden Container mit OSB-Platten dergestalt verkleidet worden waren, dass ein betretbarer Raum entstanden war. In den Wänden befanden sich mehrere Öffnungen; in zwei Öffnungen waren Fenster- und Türelemente eingebaut worden. Die restlichen Öffnungen waren mit Folie abgehängt worden. Zudem waren im Inneren OSB-Platten als Boden verlegt worden.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2021, den Antragstellern zugestellt am 23. Januar 2021, untersagte der Antragsgegner den Antragstellern daraufhin die Nutzung der auf dem Grundstück errichteten beiden Containermodule ab Zustellung des Bescheids (Nr. 1) und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit der Nr. 1 an (Nr. 2). Für den Fall, dass die Nr. 1 des Bescheids nicht befolgt werden sollte, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 EUR angedroht, das bei unerlaubter Nutzung fällig und eingezogen würde (Nr. 3). Die Kosten des Verfahrens wurden den beiden Antragstellern gesamtschuldnerisch auferlegt (Nr. 4).
Bei den beiden errichteten Containermodulen handle es sich um bauliche Anlagen, deren Errichtung genehmigungspflichtig sei. Das Gebäude sei ohne die erforderliche Baugenehmigung und somit im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden. Das Gebäude sei nicht nachträglich genehmigungsfähig. Das Grundstück befinde sich im künftigen Planbereich des Bebauungsplans Nr. 17 „R… straße – T…weg“, der durch eine Veränderungssperre gesichert sei. Der vom Antragsteller eingereichte Antrag auf isolierte Befreiung sei abgelehnt worden, da aufgrund der Größe von über 75 m³ keine Verfahrensfreiheit im Sinne des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1a) BayBO vorliege. Auch habe keine Ausnahme von der Veränderungssperre im Sinne des § 14 Abs. 2 BauGB seitens der Gemeinde erteilt werden können, da die künftige Planung des Bebauungsplans keine Flachdächer vorsehe. Den Antragstellern sei somit bereits vor Errichtung der Container mitgeteilt worden, dass eine Genehmigung nicht in Aussicht gestellte werden könne. Weiterhin habe auch das Einreichen eines Bauantrags keine Aussicht auf Erfolg, weil es der unteren Bauaufsichtsbehörde bei einer wirksamen Veränderungssperre nicht möglich sei, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen.
Von einer vorherigen Anhörung habe gem. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können, da eine sofortige Entscheidung wegen des öffentlichen Interesses notwendig sei.
Die Anordnung der Nutzungsuntersagung formell und rechtswidrig errichteter baulicher Anlagen liege zudem grundsätzlich im Interesse der Allgemeinheit. Es seien im vorliegenden Fall keine Gründe erkennbar, die eine Ausnahme von diesen Grundsätzen rechtfertigen oder gebieten würden. Die Nutzungsuntersagung sei zudem verhältnismäßig. Sie sei geeignet, eine Nutzung der Container zu unterbinden, da sie gegen das Bauplanungsrecht verstoßen würde und nicht genehmigungsfähig sei. Rechtmäßige Zustände hätten auch nicht auf andere Weise hergestellt werden können.
Die Anordnung der Nutzungsuntersagung bedeute auch keine unbillige Härte. Dem Bauherrn sei zuzumuten gewesen, die bauliche Anlage nicht zu nutzen, da bereits eine schriftliche Baueinstellung und eine Beseitigungsanordnung erlassen worden seien. Die privaten Interessen des Bauherrn am Fortbestand der rechtswidrigen Nutzung bzw. die wirtschaftlichen Nachteile im Zusammenhang mit einer Nichtnutzung der Container träten im Rahmen der Ermessensausübung in den Hintergrund.
Die sofortige Vollziehbarkeit der Nr. 1 sei im überwiegenden öffentlichen Interesse angeordnet worden. Die Abwägung der Interessen ergebe, dass die öffentlichen Interessen überwögen. Nur durch die sofortige Nutzungsuntersagung könne verhindert werden, dass rechtswidrige Bauvorhaben auch noch genutzt würden. Es könne nicht hingenommen werden, dass während eines laufenden Rechtsbehelfsverfahrens der Bauherr sein Vorhaben auch noch nutze und dadurch eine Bezugsfallwirkung auslöse.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom … Februar 2021, eingegangen am gleichen Tag, ließen die Antragsteller Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragen gleichzeitig im Wege des Eilrechtsschutzes,
die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gegen Nr. II des Bescheids vom 18.01.2021, Az: … … … wiederherzustellen.
Der Antragsteller zu 1) sei als Schreiner auf die lediglich vorübergehende Nutzung der Container zur Sicherung seiner beruflichen Existenz dringend angewiesen. Die Nutzungsuntersagung führe dazu, dass er seinen Beruf nicht mehr ausüben könne. Der Antragsteller zu 1) habe ursprünglich den Schreinerbetrieb seines Vaters geleitet. Nach dessen Tode hätten der Bruder des Antragstellers zu 1) und der neue Eigentümer des Schreinereibetriebs den Betrieb kurzerhand geschlossen und den Antragsteller zu 1) entlassen. Der Antragsteller zu 1) habe sich in der Not selbständig gemacht, um die bereits angenommenen Aufträge erfüllen zu können. Der Antragsteller zu 1) dürfe seine Arbeiten in einem Schreinereibetrieb eines befreundeten Kollegen ausführen. Dort sei jedoch kein ausreichender Lagerplatz vorhanden, den der Antragsteller zu 1) mitnutzen könne. Der Antragsteller zu 1) habe aus Termindruck und aufgrund der Gefahr, bei Leistungsverzug mehrere Kunden und seine Reputation zu verlieren, die Container angeschafft, um seine Aufträge als Schreiner fertigstellen zu können. Es sei nicht beabsichtigt, die Container längerfristig dort zu nutzen. Die Container würden unverzüglich abgebaut, sobald er geeignete Räumlichkeiten gefunden habe. Der sich in Aufstellung befindliche Bebauungsplan sehe auf dem Grundstück der Antragsteller ein Baufenster vor, das groß genug für die beiden Container sei. Das Aufstellungsverfahren sei bereits weit fortgeschritten, sodass das Inkrafttreten des Bebauungsplans absehbar sei. Damit könne in absehbarer Zeit auf andere Weise als durch eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung für rechtmäßige Zustände gesorgt werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei unverhältnismäßig, da die Schaffung rechtmäßiger Zustände lediglich eine Frage der Zeit sei.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die beanstandete Nutzung sei bereits formell illegal. Das bei Art. 76 Satz 2 BayBO gegebene intendierte Ermessen sei in sachgerechter Art und Weise ausgeübt worden. Den Antragstellern sei bereits vor Errichtung und Nutzung der Container bewusst gewesen, dass dies in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehe. Eine solche Handlung wider besseren Wissens begründe kein schützenswertes Interesse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im zugehörigen Klageverfahren M 1 K 21.949, und auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen. Weiterhin wird auf die Gerichts- und Behördenakte im Verfahren M 1 K 20.5515, dessen Gegenstand die von den Antragstellern angefochtene Baueinstellung und Beseitigungsanordnung ist, Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist zulässig, aber unbegründet (1.). Der Antrag der Antragstellerin zu 2) ist zulässig und begründet (2.).
1. Der Antrag des Antragstellers zu 1) ist zulässig, aber unbegründet.
a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der fristgerecht erhobenen Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft, weil der Antragsgegner in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 18. Januar 2021 die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.
b) Der Antrag ist unbegründet.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist formell rechtmäßig (sogleich unter aa). Die in der Sache vorzunehmende Interessenabwägung des Gerichts ergibt ein Überwiegen des Vollzugsinteresses des Antragsgegners gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers zu 1) (sogleich unter bb).
aa) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids genügt den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
Gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO muss die Behörde das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich begründen. Eine inhaltliche Kontrolle dergestalt, ob die von der Verwaltung angeführten Gründe zutreffend sind, erfolgt an dieser Stelle nicht (BayVGH, B.v. 3.5.2018 – 20 CS 17.1797 – juris Rn. 2). Der Sofortvollzug ist bei einer auf Art. 76 Satz 2 BayBO gestützten Maßnahme regelmäßig schon dann gerechtfertigt, wenn die Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung aller Voraussicht nach vorliegen. Das öffentliche Interesse, dass die Genehmigungspflicht beachtet wird, überwiegt im Allgemeinen das private Interesse, die rechtswidrige Nutzung vorläufig fortsetzen zu dürfen. Die sofortige Vollziehung einer rechtmäßigen Nutzungsuntersagung liegt regelmäßig im besonderen öffentlichen Interesse, weil sie dem „Schwarzbauer“ sowie dem „Schwarznutzer“ ungerechtfertigte Vorteile gegenüber dem erst nach Erteilung einer Genehmigung Nutzenden entzieht und ein Unterlaufen der präventiven Kontrolle der Bauaufsicht verhindert (BayVGH, B.v. 18.9.2017 – 15 CS 17.1675 – juris Rn. 9; B.v. 19.8.2010 – 1 CS 10.1430 – juris Rn. 17).
Der Antragsgegner hat das von ihm angenommene besondere öffentliche Interesse hinreichend begründet. Der Antragsgegner legte hinreichende einzelfallbezogene Erwägungen dar, wonach das besondere öffentliche Interesse dem Interesse des Bauherrn an einer Nutzung der Container überwiegt. Damit sind ausreichend konkrete Angaben für die Begründung des Sofortvollzugs gemacht; einer dahingehenden Anhörung bedurfte es nicht (Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 53 m.w.N.).
bb) Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Nutzungsuntersagung überwiegt das Suspensivinteresse des Antragstellers zu 1).
Das Gericht der Hauptsache kann gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die vorzunehmende, eigene Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt. Maßgeblich dafür sind in erster Linie die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt nach gebotener, aber auch ausreichender summarischer Prüfung als voraussichtlich rechtswidrig, so ist die Vollziehung regelmäßig auszusetzen, da an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erscheint der Verwaltungsakt nach vorläufiger Betrachtung hingegen als voraussichtlich rechtmäßig, so ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen, sofern ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
Ausgehend davon ergibt die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes summarische Prüfung, dass die Klage die des Antragstellers zu 1) voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben wird. Der streitgegenständliche Bescheid ist nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich des Antragstellers zu 1) rechtmäßig und verletzt diesen nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
(1) Rechtsgrundlage für die Untersagung der Nutzung in Nr. 1 des Bescheids ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann eine Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist angesichts des Charakters der Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt grundsätzlich der der mündlichen Verhandlung; da diese im Eilverfahren nicht stattfindet, kommt es hier auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an (BayVGH, B.v. 23.7.2018 – 15 ZB 17.1092 – juris Rn. 18; Decker in Busse/Kraus, BayBO, 141. EL März 2021, Art. 76 Rn. 452 m.w.N.).
(2) Der Bescheid ist formell rechtmäßig ergangen, insbesondere leidet er an keinem Anhörungsmangel.
(a) Gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist einem Beteiligten vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in seine Rechte eingreift, Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Anhörung ist dabei formfrei; wie sie im Einzelnen erfolgen soll, ist gesetzlich nicht vorgeschrieben (Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 44). Die Antragsteller wurden nicht angehört. Dem Antragsteller zu 1) wurde zwar im Rahmen der Baukontrolle vom 7. Januar 2021 Gelegenheit gegeben, zur Sachlage Stellung zu nehmen. Ausweislich des Aktenvermerks der Baukontrolle (Seite 22 der Behördenakte) bat der anwesende Baukontrolleur des Landratsamts jedoch um weitere Veranlassung, sodass eine beabsichtigte Nutzungsuntersagung noch nicht diskutiert wurde.
(b) Die Anhörung war jedoch gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 BayVwVfG entbehrlich. Danach kann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheint. Im Rahmen einer Baueinstellung ist eine vorherige Anhörung gem. Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG regelmäßig verzichtbar, da der Baueinstellung ein erhebliches öffentliches Interesse daran innewohnt, den illegalen Weiterbau und damit möglicherweise einen nicht mehr rückgängig zu machenden Verstoß gegen die Rechtsordnung zu verhindern (BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 1 CS 20.1979 – juris Rn. 8). So liegt es auch im vorliegenden Fall der Nutzungsuntersagung nach vorangegangener, sofort vollziehbarer Baueinstellung. Die Grundsätze zur Anhörung bei Baueinstellungen sind deshalb sinngemäß anzuwenden. Die Nutzungsuntersagung dient ebenfalls der Verhinderung der Perpetuierung rechtswidriger Zustände. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass dem Bauherrn einer formell illegal errichteten Anlage versagt wird, aus baurechtswidrigen Zuständen Früchte zu ziehen. Eine sofortige Entscheidung war unter Berücksichtigung der erheblichen Vorbildwirkung, die schon mit den Bauarbeiten einherging, geboten.
(c) Darüber hinaus war das Unterbleiben der Anhörung selbst bei fehlender Entbehrlichkeit unbeachtlich. Gem. Art. 46 BayVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach Art. 44 BayVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Offensichtlichkeit ist dann gegeben, wenn die fehlende Kausalität zwischen der ausgebliebenen Anhörung und der Behördenentscheidung klar erkennbar ist. Die Annahme der Offensichtlichkeit ist allerdings ausgeschlossen, wenn nach den Umständen des Falls die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen worden wäre (Schemmer in BeckOK VwVfG, 51. Edition 2021, § 46 Rn. 42). Zweck der Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist es insbesondere, dass dem Beteiligten die Möglichkeit gegeben wird, sich zu den der Entscheidung zugrundeliegenden entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern, um auf diese Weise auf das Verfahren und sein Ergebnis Einfluss zu nehmen und eine Überraschungsentscheidung zu vermeiden (Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG, § 28 Rn. 5). Es spricht vorliegend alles dafür, dass der Antragsgegner auch nach einer förmlichen Anhörung der Antragsteller die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung ausgesprochen hätte. Die Antragsteller wurden bereits mit Bescheid vom 29. September 2020 zur sofort vollziehbaren Einstellung der Arbeiten sowie zur Beseitigung der Anlage verpflichtet. Die im Zuge der zweiten Baukontrolle vom 7. Januar 2021 festgestellten weiteren Maßnahmen wie die Verkleidung der Container mit OSB-Platten, dem Einbau von Fenster- und Türelementen in zwei Öffnungen der Container sowie der Verlegung von OSB-Platten als Boden bestätigten lediglich den Verdacht, dass die Nutzung der Anlage mittlerweile aufgenommen worden war. Dies gab der Antragsteller zu 1) ausweislich der Behördenakten (Seite 22 der Behördenakte) im Rahmen des Termins – jedenfalls im Hinblick auf eine Nutzung als Lager – zu. Es musste sich daher aufdrängen, dass eine Nutzung der Anlage trotz Anordnung der Einstellung der Arbeiten und Beseitigung der Anlage weitreichendere Maßnahmen wie etwa die streitgegenständliche Nutzungsuntersagung nach sich ziehen würde. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Antragsteller vor Erlass der Nutzungsuntersagung im Rahmen einer förmlichen Anhörung neue Aspekte vorgebracht hätten, die zu einer anderweitigen Entscheidung des Antragsgegners geführt hätte, sodass ein etwaiger Verfahrensfehler gem. Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich ist.
(3) Der streitgegenständliche Bescheid ist gegenüber dem Antragsteller zu 1) materiell rechtmäßig.
(a) Die Nutzung der Anlage erfolgt im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt grundsätzlich schon bei sogenannter formeller Rechtswidrigkeit vor, wenn also die untersagte Nutzung ein gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtiges Vorhaben betrifft, dem die erforderliche Baugenehmigung fehlt (BayVGH, B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 21; B.v. 27.2.2017 – 15 CS 16.2253 – juris Rn. 33).
Anhand der vorliegenden Fotos und der Feststellungen der Baukontrolle ist hinreichender Grund für die Annahme gegeben, dass die Container auf der FlNr. 247/3 Gem. … … … als Werkstatt für den Schreinereibetrieb des Antragstellers zu 1) genutzt werden. Dies wird von den Antragstellern in der Antragsbegründung bestätigt.
Diese Nutzung ist formell illegal, da die Errichtung von Containern gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtig ist und eine solche Genehmigung nicht vorliegt. Die Nutzung fällt nicht unter den Tatbestand der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) BayBO. Danach sind Gebäude mit einem Brutto-Rauminhalt bis zu 75 m³, außer im Außenbereich, verfahrensfrei. Die Container weisen bei einer Breite von 3 m, Länge von 8 m und Höhe von 2,8 m ein Volumen von jeweils 67,2 m³, insgesamt von 134,4 m³, auf. Unerheblich ist dabei, dass beide Container isoliert betrachtet ein geringeres Volumen als 75 m³ aufweisen und die Errichtung der Container einzeln betrachtet nach der Vorschrift verfahrensfrei wäre. Die Container sind als ein Gebäude im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayBO anzusehen. Beide Container werden für den selben Zweck – die Schreinertätigkeit des Antragstellers zu 1 – genutzt. Eine isolierte Beurteilung beider Container würde eine unnatürliche Aufspaltung einer einheitlichen Anlage darstellen. Schließlich sind die Container ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Fotos (Seite 23 f. der Behördenakte) zu einem einheitlichen Raum verbunden.
(b) Der Antragsteller zu 1) ist zudem Störer. Mangels eigenständiger Regelung in Art. 76 BayBO oder sonstigen Vorschriften der BayBO ist Art. 9 LStVG als allgemeine Bestimmung über die sicherheitsrechtliche Verantwortlichkeit anzuwenden (Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 76 Rn. 152).
Der Antragsteller zu 1) ist als Miteigentümer Zustandsstörer gemäß Art. 9 Abs. 2 LStVG.
Der Antragsteller zu 1) ist zudem Verhaltensstörer gemäß Art. 9 Abs. 1 LStVG, da er die Container errichtete, für seine Schreinertätigkeit nutzt und die Störung im Sinne der illegalen Nutzung somit unmittelbar verursacht.
(c) Der Antragsgegner hat nach summarischer Prüfung sein nach Art. 76 Satz 2 BayBO eingeräumtes Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt. Die Nutzung ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig (sogleich unter (aa)) und der Antragsgegner hat sein Entschließungs- und Auswahlermessen gegenüber dem Antragsteller zu 1) rechtsfehlerfrei ausgeübt (sogleich unter (bb)).
(aa) Die rechtswidrige Nutzung ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Nach dem bereits Erwähnten ist die materielle Genehmigungsfähigkeit der in Mitten stehenden Nutzung zwar grundsätzlich nicht Voraussetzung für eine Nutzungsuntersagung. Ist die Nutzungsänderung jedoch offensichtlich genehmigungsfähig, so scheidet eine Nutzungsuntersagung im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung aus. Nach Sinn und Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ist die Bauaufsichtsbehörde jedoch nicht gehalten, nach den Maßstäben für ein Baugenehmigungsverfahren zu prüfen; es genügt mithin eine Offensichtlichkeitsprüfung. Es ist nicht Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde in einem Verfahren, in dem durch die Ausübung baurechtlicher Eingriffsbefugnisse die ungenehmigte Nutzung unterbunden werden soll, gleichsam insoweit die Prüfung in einem künftigen Genehmigungsverfahren vorwegzunehmen. Die Eingriffsbefugnis nach Art. 76 Satz 2 BayBO soll sicherstellen, dass genehmigungspflichtige Vorhaben nicht ohne die Durchführung des erforderlichen Genehmigungsverfahrens verwirklicht werden und eine baurechtlich nicht zulässige Nutzung unterbunden werden kann. Von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit in diesem Sinne kann dabei z. B. nicht ausgegangen werden, wenn das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen der Gemeinde fehlt, weil für die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens der Bauaufsichtsbehörde durch Art. 67 BayBO ein Ermessensspielraum eröffnet ist (Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 76 Rn. 302 f.).
Einzig maßgeblich für die Beurteilung der offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit ist die aktuelle bauplanungsrechtliche Lage unter Geltung der Veränderungssperre für den künftigen Bebauungsplan Nr. 17 „R… straße – T…weg“ vom 11. Dezember 2018. Diese wurde in der Gemeinderatssitzung vom 10. November 2020 um ein weiteres Jahr verlängert und bildet damit den aktuell relevanten Planungsstand ab.
Unerheblich für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit sind die Festsetzungen des künftigen Bebauungsplans und damit einhergehend eine etwaige Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB. Die Kammer vermag im vorliegenden Eilverfahren nicht abschließend zu klären, ob in der Gemeinderatssitzung vom 16. Juni 2020 auch über eine Befreiung von künftigen Festsetzungen abgestimmt wurde. Die Formulierungen der Niederschrift über die Sitzung (Seite 7 der Behördenakte) legen dies jedenfalls nahe. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da § 31 BauGB bereits dem Wortlaut nach einen wirksamen Bebauungsplan – und damit einen solchen, der als Satzung beschlossen, ausgefertigt und ortsüblich bekanntgemacht wurde, Art. 26 Abs. 2 GO – erfordert. Vor dessen Inkrafttreten kann lediglich – bei Vorliegen einer solchen – eine Ausnahme von der Veränderungssperre gemäß § 14 Abs. 2 BauGB erteilt werden. Dafür spricht nicht zuletzt, dass für die Beurteilung der Befreiung der planerische Wille der Gemeinde maßgeblich ist. Dieser kann jedoch nur anhand etwaiger Planunterlagen wie etwa der Begründung zum Bebauungsplan ermittelt werden.
Gemessen daran ist die Nutzung der Container nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Es fehlt bereits an einer Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens über die Ausnahme von der Veränderungssperre. Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 BauGB kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Die Entscheidung trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde, § 14 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Das Vorhaben ist in diesen Fällen nach den bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans maßgeblichen planungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen zu beurteilen. Maßstab für das Entgegenstehen öffentlicher Belange ist der konkrete Sicherungszweck der Veränderungssperre. Ist zu befürchten, dass durch die Zulassung die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde, ist die Ausnahme zu verweigern, da die Veränderungssperre ansonsten ihre Aufgabe nicht erfüllen könnte (Mitschang in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 14. Aufl. 2019, § 14 Rn. 19). Die Entscheidung der Gemeinde, das Einvernehmen zu verweigern, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die künftige Planung sieht nach der Stellungnahme der Gemeinde über den Befreiungsantrag keine Flachdächer vor. Daher dürften schon überwiegende öffentliche Belange i.S.v. § 14 Abs. 2 BauGB entgegenstehen. Die inmitten stehende Ausnahme ist eine nicht ohne weiteres zu klärende Rechtsfrage. Es spricht vieles dafür, dass die Gemeinde durch den Ausschluss von Flachdächern bestimmte ortsgestalterische Ziele verfolgt. Ob diese Ziele nicht unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würden, kann nicht zuverlässig beurteilt werden. Die Veränderungssperre soll die Umsetzung dieser Ziele insoweit sichern, dass für die noch zu entwickelnden bauleitplanerischen Maßnahmen und Festsetzungen keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden, die möglicherweise sinnvollen Einzellösungen im Wege stehen (BayVGH, B.v. 23.6.2009 – 14 CS 09.494 – juris Rn. 20). Schon angesichts der Gebotenheit einer Einzelfallprüfung ist keinesfalls eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit gegeben.
(bb) Das von dem Antragsgegner ausgeübte Entschließungsermessen, also die Entscheidung, überhaupt bauaufsichtsrechtlich tätig zu werden, ist unter Berücksichtigung des insoweit nach § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkten Prüfungsmaßstabes des Gerichts im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Da das öffentliche Interesse grundsätzlich das Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände im Wege der Nutzungsuntersagung gebietet, macht die Behörde im Regelfall von ihrem Ermessen in einer dem Zweck des Gesetzes entsprechenden Weise Gebrauch, wenn sie bei rechtswidrig errichteten oder genutzten Anlagen die unzulässige Benutzung untersagt, weil nur so die Rechtsordnung wiederhergestellt werden kann (BayVGH, B. v. 7.1.2010 – 15 ZB 19.1642 – juris Rn. 16). Es handelt sich bei der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO um einen Fall intendierten Ermessens, so dass grundsätzlich bereits die Erfüllung des Tatbestands den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt und in der Regel keine besondere Begründung der Abwägungsentscheidung erforderlich ist. Es genügt, wenn die Bauaufsichtsbehörde zum Ausdruck bringt, dass der beanstandete Zustand wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden müsse (Decker in Simon/Busse, BayBO, 137. EL 2020, Art. 76 Rn. 301; BayVGH, B.v. 26.2.2019 – 9 CS 18.2659 – juris Rn. 19; B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris).
Der Antragsgegner hat zu Recht das öffentliche Interesse an der Untersagung der rechtswidrigen Nutzung höher gewichtet als das Interesse des Antragstellers zu 1) an der Nutzung der rechtswidrig errichteten Container für berufliche Zwecke. Die Ausführungen im Bescheid berücksichtigen den Einzelfall angemessen und sind nicht zu beanstanden.
Auch die Entscheidung, den Antragsteller zu 1) als Störer in Anspruch zu nehmen, ist nicht ermessensfehlerhaft, § 114 Satz 1 VwGO. Der Antragsteller zu 1) war als Verhaltens- und Zustandsstörer als naheliegender Adressat der Nutzungsuntersagung heranzuziehen.
(d) Die Anordnung der Nutzungsuntersagung war verhältnismäßig. Die diesbezüglichen Ausführungen des Antragsgegners in dem streitgegenständlichen Bescheid begegnen keinen rechtlichen Bedenken, insbesondere nicht wegen einer möglichen zukünftigen Genehmigungsfähigkeit hinsichtlich des Baufensters. Dies ändert nichts daran, dass das Vorhaben einer Befreiung von der künftigen Festsetzung der Dachform bedarf und keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit angenommen werden kann (s.o.).
2. Der Antrag der Antragstellerin zu 2) ist zulässig und begründet.
a) Der Antrag ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der fristgerecht erhobenen Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthaft, weil der Antragsgegner in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 18. Januar 2021 die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch gegenüber der Antragstellerin zu 2) angeordnet hat.
b) Der Antrag ist begründet. Hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) überwiegt das Suspensivinteresse der Antragstellerin zu 2) das öffentliche Interesse, weil die Klage in der Hauptsache nach summarischer Prüfung aller Voraussicht nach erfolgreich sein wird.
aa) Auch hinsichtlich der Antragstellerin zu 2) bestehen keine Bedenken hinsichtlich der fehlenden Anhörung. Zwar wurde sie ebenfalls nicht angehört und war darüber hinaus im Gegensatz zum Antragsteller zu 1) auch bei der Baukontrolle am 7. Januar 2021 nicht anwesend. Nach den bereits unter 1. b) bb) (2) (a) dargelegten Erwägungen ist dies jedoch unschädlich.
bb) Die Antragstellerin zu 2) ist ferner ebenfalls als Miteigentümerin des Grundstücks zu 1/2 Zustandsstörerin i.S.v. Art. 9 Abs. 2 LStVG.
cc) Der streitgegenständliche Bescheid ist nach summarischer Prüfung jedoch rechtswidrig und verletzt die Antragstellerin zu 2) in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, da der Antragsgegner zu Unrecht neben dem Antragsteller zu 1) auch die Antragstellerin zu 2) als Adressatin der Nutzungsuntersagung heranzog. Diesbezüglich hat der Antragsgegner sein Ermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt, § 114 Satz 1 VwGO.
Sind mehrere Personen für die Errichtung oder Änderung einer (baulichen) Anlage verantwortlich, so hat die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen über deren Inanspruchnahme (Auswahlermessen) zu entscheiden. Das Gleiche gilt, wenn die Anlage im Eigentum mehrerer Personen steht. Bei einer solchen Mehrheit von Störern ist anerkannt, dass diese der Bauaufsichtsbehörde gegenüber gesamtschuldnerisch zur Beseitigung der Störung verpflichtet sind, die von der Anlage ausgeht. Die Bauaufsichtsbehörde ist daher prinzipiell befugt, entweder alle oder einzelne Störer oder nur einen einzelnen Verantwortlichen heranzuziehen. Gesetzliche Richtschnur für die fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens müssen beim Zusammentreffen von Verhaltens- und Zustandsstörer die Umstände des Einzelfalls, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und auch das Gebot der schnellen und effektiven Gefahrenbeseitigung sein (Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Art. 76 Rn. 177 ff.). Aufgrund des auch im Bauordnungsrecht als Teil des besonderen Sicherheitsrechts geltenden Grundsatzes der Effektivität des Handelns der Bauaufsichtsbehörde und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Verhaltensstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beigetragen hat als etwa der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, wird es dabei regelmäßig sachgerecht sein, den Verhaltensstörer vor dem Zustandsstörer in Anspruch zu nehmen (BayVGH, B.v. 28.5.2001 – 1 ZB 01.664 – juris Rn. 5).
Ausgehend von diesen Erwägungen war die Heranziehung der Antragstellerin zu 2) als Adressatin der Nutzungsuntersagung ermessensfehlerhaft. Dem Antragsgegner war ausweislich der Behördenakten bekannt, dass die Antragstellerin zu 2) keine Kenntnis von dem Vorhaben ihres Sohnes hatte, das Vorhaben ablehnte (Seite 2 der Behördenakte) und von ihrem Sohn den Rückbau der Container verlangte, nachdem dieser ihr gegenüber behauptet hatte, dass für die Container eine Genehmigung vorliege (Seite 47 der Behördenakte). Die Antragstellerin zu 2) nutzte die Container zu keinem Zeitpunkt. Auch aus Gründen der Effektivität hinsichtlich der Anordnung des Unterlassens der Nutzung war der Bescheid daher alleine an den Antragsteller zu 1) richten, da nur dieser den rechtswidrigen Zustand verursacht hat. Für ein solches Ergebnis spricht zudem der Wiedergutmachungsgedanke. Wer einen rechtswidrigen Zustand geschaffen hat, soll ihn auch wieder beseitigen. Diese Verantwortlichkeit ist in aller Regel stärker als die des Zustandsstörers, die auf der bloßen Sachherrschaft beruht (Decker in Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, 142. EL Mai 2021, Art. 76 Rn. 179). Es gilt, dass derjenige, der den Nutzen einer Sache trägt, auch die Lasten der Sache tragen soll (BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 – beck). Als alleiniger Nutzer der Sache für seine Schreinertätigkeit ist der Antragsteller zu 1) anzusehen. Schließlich ist es vorzugswürdig, denjenigen, der sowohl Verhaltens- als auch Zustandsstörer ist, vor demjenigen in Anspruch zu nehmen, bei dem nur ein Haftungsgrund vorliegt (OVG Münster, U.v. 9.12.1994 – 10 A 1753/91 – beck).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffern 1.1.3, 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Es erscheint angemessen, den für die Hauptsache anzunehmenden Auffangstreitwert von EUR 5.000,00 je Antragsteller im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.


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