Baurecht

einstweiliger Rechtsschutz einer Standortgemeinde, Gebot der Rücksichtnahme (Lärmschutz), Anspruch auf Erhaltung der Gebietsprägung

Aktenzeichen  AN 3 S 22.00235

Datum:
23.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8610
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 34
BauGB § 36
BauNVO § 15

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten im Wege einstweiligen Rechtsschutzes über die Rechtmäßigkeit einer der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung für die Aufstockung eines Büro- und Wohngebäudes unter Errichtung von insgesamt 29 Doppelparker-Garagen auf dem Grundstück Flurnummer … der Gemarkung … (… … sowie … … … und …) in … Die Beigeladene ist Eigentümerin des eingangs genannten Grundstücks. Das Grundstück befindet sich im Stadtgebiet der Antragstellerin als Standortgemeinde. Ein Bebauungsplan für den Vorhabenstandort existiert nicht. Das Grundstück ist aktuell mit zwei Gebäuden, welche nach den Bauvorlagen als sogenannte „Häuser A und B“ bezeichnet werden, bebaut.
Haus A (… …) ist ein aktuell dreigeschossiges Gebäude, in dessen Erdgeschoss auf einer Geschossfläche von ca. 1.950m² ein Supermarkt mit Kaffeegeschäft sowie ein Mobilfunk- und Internetshop untergebracht sind. Im ersten und zweiten Obergeschoss befinden sich Büroflächen.
Haus B (… … und … …) ist ein derzeit dreigeschossiges Gebäude, in dessen Erdgeschoss kleinere Ladengeschäfte (Apotheke, Bäcker usw.) untergebracht sind. Im ersten und zweiten Obergeschoss befinden sich Büro- und Wohnflächen. Die über 90 Stellplätze für die Häuser befinden sich weitgehend in dem sich aus den Häusern A und B, dem hier nicht relevanten Haus C und einer an der südlichen Grundstücksgrenze errichteten Sichtschutzwand gebildeten „Innenhof“. Die Einfahrt zu den Parkplätzen und dem Innenhof liegt südlich von Haus A an der östlichen Grundstücksgrenze.
Im Süden und Südwesten grenzt das Grundstück an die sogenannte „…-Siedlung“ an. Diese, weitestgehend aus Wohnhäusern bestehende Siedlung, ist als denkmalrechtliches Ensemble geschützt und wurde seit Anfang des 20. Jahrhunderts für die Arbeiter der Firma … errichtet. Westlich grenzt das Grundstück an das Haus C und den dahinterliegenden kleinen Stadtpark beziehungsweise öffentlichen Platz an. Östlich befindet sich ebenfalls eine durchmischte Wohn- und Gewerbenutzung mit Ladenzeilen in den Erdgeschossen, in denen sich unter anderem eine Apotheke, ein Elektronikfach-, ein Schreibwarengeschäft, kleine Bankfilialen und Gastronomie befinden.
Mit Bauantrag vom 5. Juli 2019, letztmalig geändert durch Bauantrag vom 2. Juli 2021 begehrte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Aufstockung des Hauses B sowie die Errichtung von 29 Doppelparker-Garagen auf dem eingangs genannten Grundstück. Geplant ist hierbei das Haus B um zwei weitere Geschosse aufzustocken, die ausschließlich Wohnnutzungen beinhalten. Die für diese Wohnnutzungen notwendigen Stellplätze sollen im Wege von Doppelparker-Garagen im südlichen Teil des Grundstücks – im Wesentlichen entlang der dortigen Sichtschutzmauer – errichtet werden. Die dort bisher vorhandenen Stellplätze, welche aktenkundig von den Kunden des Supermarkts sowie unberechtigterweise von Pendlern der nahegelegenen S-Bahnstation genutzt werden, werden hierdurch ersetzt. Ausweislich der Bauvorlagen sollen die Doppelparker-Garagen jeweils 2,95 m hoch (über Geländekante), 5,10 m breit und 5,60 m tief sein.
Die Antragstellerin versagte ihr Einvernehmen zum ursprünglichen Bauantrag mit Beschluss vom 7. Juli 2020 unter anderem mit der Begründung, dass Doppelparker-Garagen, welche den Stellplatzbedarf des Nahversorgers einschränken, aufgrund der besonderen städtebaulichen Situation eines zentralörtlichen Versorgungsbereichs nicht akzeptiert werden können. Ein vom Supermarktbetreiber und der Beigeladenen akzeptierter Kompromissvorschlag in Form einer Einfahrtsschranke genüge nach Auffassung der Antragstellerin nicht den Erfordernissen des für die Innenstadt wichtigen Nahversorgers. Mit E-Mail vom 22. April 2021 teilte die Bauverwaltung der Antragstellerin mit, dass Doppelparker deswegen nicht als Lösung gesehen werden könnten, weil sie keine Kundenparkplätze darstellten, was das Parkangebot des Supermarktbetreibers unzumutbar reduziere.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2021 wurde die Antragstellerin seitens des Landratsamtes zur geplanten Ersetzung des Einvernehmens angehört. Mit Schreiben vom 24. November 2021 wurde das Einvernehmen – unter Bezugnahme auf einen Beschluss vom 16. November 2021 – nochmals verweigert. Begründet wurde die nochmalige Verweigerung zusätzlich mit der Nähe zur sogenannten …-Siedlung.
Mit Bescheid des Landratsamts vom 15. Dezember 2021 – der Antragstellerin zugegangen am 21. Dezember 2021 – wurde der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung erteilt. Das Einvernehmen der Antragstellerin wurde darin ersetzt. Zur Begründung führt der Bescheid im Wesentlichen an, dass sich das Vorhaben im Innenbereich nach § 34 BauGB befinde. Die geplante Aufstockung füge sich hinsichtlich der von § 34 BauGB genannten Merkmale in die nähere Umgebung ein. Sie füge sich insbesondere hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ein, da sie die bei Gebäuden üblichen Maßstäbe einhalte und sich auch ihre Flächengröße im Rahmen der Flächengröße von in der näheren Umgebung vorhandenen Bauteilen anderer baulicher Anlagen halte. Es liege darüber hinaus auch keine Abweichung von einer örtlichen Bauvorschrift vor. Insbesondere widerspreche der Stellplatznachweis des gegenständlichen Bauvorhabens nicht der Stellplatzsatzung der Antragstellerin. Der bestehende Nahversorgungsmarkt werde hinsichtlich seiner Stellplätze nicht durch das gegenständliche Bauvorhaben eingeschränkt oder beeinträchtigt. Nach Überprüfung der Bestandsgenehmigung stünden dem Markt nur 35 Stellplätze zur Verfügung; im vorgelegten Stellplatznachweis würde ihm jedoch 43 Stellplätze zugewiesen. Die untere Denkmalschutzbehörde habe keine Einwände im Hinblick auf die Nähe zur …-Siedlung vorgebracht.
Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2022 – bei Gericht eingegangen am gleichen Tag – ließ die Antragstellerin Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid vom 15. Dezember 2021 erheben. Über die Klage ist bis zum heutigen Tage noch nicht entschieden.
Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2022 ließ die Antragstellerin Antrag auf einstweiligen Rechtschutz stellen. Zur Begründung führt die Antragstellerin im Wesentlichen an, dass in Bezug auf die Aufstockung des in diesem Verfahren genehmigten Bestandsgebäudes keine Rechtsverletzung gesehen werde. In Rechtsprechung und Literatur werde allerdings bei derartigen Konstellationen bei einer erfolgreichen Klage die Konsequenz der Gesamtaufhebung angenommen. Andernfalls – also im Falle einer Teilaufhebung – würde sich die verbleibende Genehmigung auf einen vom Bauantragsteller nicht gewollten und so auch nicht genehmigungsfähigen Anlagetorso beziehen. Sollte das Gericht jedoch nicht eine Gesamtaufhebung in Betracht ziehen wollen, werde das einstweilige Rechtschutzverfahren nur im Hinblick auf die Errichtung der Doppelparker-Garagen betrieben.
Der Antrag sei begründet, weil die vorzunehmende Interessenabwägung zu Gunsten der Antragstellerin ausfalle. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung der Doppelparker-Garagen beurteile sich nach § 34 BauGB. Die maßgebliche nähere Umgebung werde durch die Bebauung mit den denkmalgeschützten Wohnhäusern der …-Siedlung an zwei Seiten des Baugrundstücks geprägt und zeige sich in diese beiden Richtungen hin homogen. Eine gewisse Prägung der Umgebung liege allerdings auch durch das Einzelhandelsareal (…) vor. Beide Areale könnten jedoch nicht gesondert betrachtet werden, da sich insbesondere die Bebauung mit Doppelparker-Garagen auf die Wohnhäuser auswirke. Es läge ein Verstoß gegen das Gebot des Einfügens vor. Das Vorhaben möge sich zwar im Rahmen des Areals des Gewerbes halten, bei der Ermittlung sei jedoch die gesamte nähere Umgebung einzubeziehen. Dabei werde nicht Harmonie verlangt; bodenrechtliche Spannungen dürften aber nicht erzeugt werden. Die Antragstellerin habe bereits im Verwaltungsverfahren deutlich gemacht, dass die Aufreihung der Doppelparker-Garagen in der langen Front der „geschlossenen“ Bauweise nach dem Erscheinungsbild nicht in das dortige Stadtbild passe. Hierbei sei auf die unmittelbar gegenüberliegende denkmalgeschützte …-Siedlung hingewiesen worden. Deutlich gemacht worden sei auch, dass es beim Ein- und Ausparken aus der Doppelparker-Anlage regelmäßig zu Behinderungen des stark frequentierten Zu- und Abfahrtsverkehrs der Kundenparkplätze des Supermarkts komme. Das Vorhaben der Doppelparker-Garagen halte sich nicht innerhalb des sich aus der näheren Umgebung ergebenden Rahmens. Unabhängig davon, ob die Einordnung nach § 34 Abs. 1 BauGB oder § 34 Abs. 2 BauGB erfolge, von einer Gemengelage oder einem Mischgebiet beziehungsweise einem allgemeinen Wohngebiet auszugehen sei, sei festzuhalten, dass sich in der näheren Umgebung weder einzelne Doppelparker-Garagen noch ein derartiger Komplex von Doppelparker-Garagen befinde. Dabei werde nicht verkannt, dass Garagen grundsätzlich in allen Baugebieten zulässig seien. Bei der hier vorliegenden Betrachtung gehe es ausschließlich um die Frage, ob sich diese Anreihung der Doppelparker-Garagen in der vorgegebenen Anzahl, Massivität und konkreten Lage in die nähere Umgebung einfüge. Dieses Vorhaben beachte nicht die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung. Jedenfalls habe sich die Baugenehmigungsbehörde nicht ausreichend damit beschäftigt. Festzustellen sei, dass eine Prüfung von Voraussetzungen und Fragestellungen des Lärmschutzes betreffend die genehmigte Doppelparker-Anlage seitens der Beklagten im Baugenehmigungsverfahren, soweit dies bisher nachprüfbar sei, nicht stattgefunden habe. Im streitgegenständlichen Bescheid befinde sich hierzu keine Anmerkung. Eine erforderliche Untersuchung der Behörde bezogen auf das konkrete Vorhaben habe nicht stattgefunden. Dies möge seine Ursache in der fehlenden Produktfestlegung und Produktbeschreibung haben. Offensichtlich sei auf eine konkrete Bewertung der Doppelparker-Anlage im Genehmigungsverfahren unter dem Aspekt des Lärmschutzes verzichtet worden. Die örtlich vorliegenden Bauverhältnisse hätten nach dem Gebot der Rücksichtnahme insbesondere in Bezug auf die Wohnsiedlung (reines Wohngebiet) Berücksichtigung finden müssen. Diese Anlage könne sich belästigend und störend auf die Grundstücksnachbarn auswirken. Besonderheiten des Einzelfalls müssten anhand der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Nachbarbebauung berücksichtigt werden. Hiervon könne auch nicht § 12 BauNVO entbinden (unter Verweis auf Rechtsprechung). Bereits aus den Lageplänen ergebe sich auch im Bereich der beiden gegenüberliegenden Doppelparker-Garagenzeilen mit den sich anschließenden neuen Stellplätzen eine außergewöhnlich beengte Ein- und Ausfahrtssituation innerhalb des Grundstücksbereichs und insbesondere im Ausfahrtsbereich zur Straße. Eine Funktionsfähigkeit für den ein- und ausfahrenden Verkehr von der öffentlichen Straße herkommend bei gleichzeitigem Ein- und Ausfahrtsvorgang der Doppelparker sei nicht ohne erhebliche Störung der Nachbarschaft vorstellbar. Solche Vorgänge führten dazu, dass aus Platzgründen die Doppelparker-Anlagen in diesem vorderen Grundstücksteil den gesamten ein- und ausfahrenden Verkehr blockierten und es damit zu erheblichen Verkehrsstörungen kommen werde, die sich auf die Wohnbebauung auswirken würden. Die Fahrzeuge hätten nur ein Minimum an Raum zum Rangieren zur Verfügung. Hinzu komme, dass wegen der fehlenden genauen Produktbeschreibung bisher keine Möglichkeit bestehe, die mechanischen Geräusche der Vorgänge der Öffnung und des Schließens der Tore der Doppelparker-Garagen bewerten zu können, was ebenso für die Geräusche aus den Hebevorgängen gelte. Der enge Raum für Aus- und Einfahrtsmöglichkeiten in die Doppelparker-Garagen sowie die Problematik des Zu- und Abfahrtsverkehrs zur öffentlichen Straße und die damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen der Ein- und Ausparkvorgänge hätten einer nähren Untersuchung und Bewertung bedurft (unter Verweis auf Rechtsprechung). Es liege hier nahe, dass durch die geschilderten Abläufe ein Maß an Lärmimmissionen verursacht werde, welche über das im Regelfall mit einer Stellplatznutzung verbundene Maß hinausgehe. Mit einer Nachbarunverträglichkeit durch die Nutzung der Doppelparker-Anlage sei zu rechnen.
Mit Schriftsatz vom 8. Februar 2022 beantragt die Antragstellerin (sinngemäß),
die aufschiebende Wirkung der eingereichten Klage vom 20. Januar 2022 gegen den Genehmigungsbescheid vom 15. Dezember 2021 anzuordnen.
Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2022 beantragt der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag unbegründet sei. Im Rahmen der Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens sei zu beachten, dass eine Gemeinde ihr Einvernehmen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenen Gründen versagen dürfe. Hierbei sei zu beachten, dass sich das Einvernehmen nicht auf das sonstige öffentliche Recht, insbesondere nicht auf Bauordnungsrecht und weitere Belange beziehe. Auch politische Gründe, beispielsweise der Schutz eines bestehenden Nahversorgungsmarktes, könnten die Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens nicht tragen. Das gemeindliche Einvernehmen sei somit gemäß Art. 67 BayBO zu ersetzen gewesen. Soweit sich die Antragstellerin auf eine angeblich zu befürchtende Lärmbelästigung berufe, werde darauf verwiesen, dass der Fachbereich Immissionsschutz gemäß seiner Stellungnahme vom 17. Februar 2022 keine Einwände gegen das Vorhaben anführe. Von Seiten der Denkmalschutzbehörde seien ebenfalls keine Einwände vorgebracht worden. Ein Verstoß gegen das Gebot des Einfügens gemäß § 34 Abs. 1 BauGB liege nach Ansicht des Antragsgegners nicht vor. Auf entsprechende bauplanungsrechtliche Stellungnahmen vom 6. Mai 2021 und 15. Februar 2022 sowie die Begründung des antragsgegenständlichen Bescheides werde verwiesen. Im Hinblick auf die geltend gemachten Probleme bezüglich der Verkehrsverhältnisse rund um die Doppelparker werde auf die beigefügte Stellungnahme der Bautechnik vom 22. Februar 2022 verwiesen.
Die Beigeladene beteiligte sich nicht im Rahmen dieses Verfahrens und stellte auch keine Anträge.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid ist zulässig, aber unbegründet.
Nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Klage anordnen, soweit der Klage – wie im vorliegenden Fall – aufgrund § 80 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung zukommt. Hierbei trifft das Gericht eine originäre Ermessensentscheidung, welche sich in erster Linie an den Erfolgsaussichten der Hauptsache (BayVGH, B. v. 26.4.2021 – 15 CS 21.1081 – juris Rn. 22) orientiert. Dem Charakter des vorläufigen Rechtsschutzes entspricht es, dass diese Prüfung grundsätzlich nur summarisch erfolgt, da für eine Beweisaufnahme grundsätzlich bei diesen Verfahren kein Raum bleibt. Bei offenen Erfolgsaussichten wird die Ermessensentscheidung anhand einer Interessenabwägung getroffen (BayVGH a.a.O.).
1. Die Anfechtungsklage hat nach summarischer Prüfung wohl keine Aussicht auf Erfolg, da die angegriffene Baugenehmigung rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Einem Kläger kommt im Rahmen einer Drittanfechtungsklage gegen eine an einen Dritten gerichtete Baugenehmigung kein Vollüberprüfungsanspruch zu. Vielmehr kann der Kläger als Nachbar nur solche Rechtsverletzungen ins Feld führen, die auf Normen beruhen, die in qualifizierter und individualisierter Weise gerade auch dem Schutz des Klägers dienen (BayVGH, B. v. 26.5.2020 – 15 ZB 19.2231 – juris Rn. 8).
Im Falle der Klage einer Standortgemeinde ergeben sich im Hinblick auf das Erfordernis des gemeindlichen Einvernehmens nach § 36 BauGB jedoch einige Besonderheiten. Das Erfordernis des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB dient dem Schutz der kommunalen Planungshoheit. Das Einvernehmen darf gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur aus den dort genannten bauplanungsrechtlichen Gründen versagt werden. Wird das Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB durch die Baugenehmigungsbehörde ersetzt, so steht der Standortgemeinde im Rahmen ihrer Klage gegen die Baugenehmigung ein Vollüberprüfungsanspruch im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Ersetzung ihres Einvernehmens zu (BVerwG, U.v. 9.8.2016 – 4 C 5/15 – juris Rn. 14 m.w.N. = NVwZ-RR 2017, 717). Maßgeblich für die Beurteilung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG a.a.O.) Mithin sind die in § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB genannten Gründe auf Anfechtungsklage der Standortgemeinde hin vollständig zu überprüfen.
Wird dagegen eine Baugenehmigung nicht nur entgegen der Versagung des gemeindlichen Einvernehmens, sondern gänzlich ohne Beteiligung der Gemeinde oder Ersetzung des Einvernehmens erteilt, so ist die Baugenehmigung auf die Klage der Standortgemeinde hin schon allein aus diesem Grunde erfolgreich (BVerwG, U.v. 26.3.2015 – 4 C 1/14 – juris Rn. 17 = NVwZ-RR 2015, 685)
Das Gericht kann es in diesem Fall ausdrücklich dahinstehen lassen, ob eine isolierte Anfechtung der Doppelparker-Garagen ohne die Aufstockung des „Hauses B“ möglich ist oder nicht. Der Vortrag der Antragstellerin bezieht sich nur auf die Doppelparker, bleibt aber in der Sache erfolglos.
1.1 Ein Verstoß gegen die hier maßgebliche Vorschrift des § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BauGB ist nicht ersichtlich. Das Vorhaben ist im Innenbereich nach § 34 BauGB wohl bauplanungsrechtlich zulässig, weshalb das Landratsamt das Einvernehmen der Antragstellerin zu Recht ersetzt hat.
1.2 Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Bauvorhaben im Innenbereich zulässig, soweit es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach Bauweise und Grundstücksfläche „einfügt“. Hinsichtlich des Einfügens nach der Art der baulichen Nutzung ist gemäß § 34 Abs. 2 BauGB vorrangig auf die Zulässigkeitswertungen der BauNVO in den jeweiligen Baugebietstypen abzustellen, wenn die Eigenart der näheren Umgebung einem dieser Baugebietstypen entspricht. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung nicht einem dieser Baugebietstypen (sog. Gemengelage), ist darauf abzustellen, ob sich das Bauvorhaben innerhalb des durch die aktuelle Bebauung der Umgebung geformten Rahmens hält. Hält sich das Vorhaben innerhalb dieses Rahmens, so fügt es sich ein, es sei denn es liegt ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme vor (BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7/15 – juris Rn. 17 m.w.N. = BVerwGE 157, 1). Hält es sich nicht innerhalb dieses Rahmens, kann das Vorhaben nur zugelassen werden, wenn hierdurch keine beachtlichen bodenrechtlichen Spannungen ausgelöst oder verstärkt werden (BVerwG a.a.O.).
1.2.1 Soweit die Antragstellerseite die „Bauweise“ der Doppelparker-Garagen bemängelt, geht das Gericht nicht davon aus, dass sie damit rechtlich die Bauweise im Sinne von § 22 BauNVO meinte. Vielmehr ist anzunehmen, dass hiermit der Aspekt der Unzulässigkeit aufgrund Lage, Anzahl und Umfang im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO gemeint ist. Beklagt wird also ein Umschlagen von „Quantität in Qualität“ und nicht wirklich das Maß der baulichen Nutzung oder die Bauweise als solche. Jedenfalls aber wäre bezüglich der Bauweise festzuhalten, dass in der unmittelbaren Umgebung des Baugrundstücks sowohl Beispiele für offene wie für geschlossene Bauweise zu finden sind. So zeigen schon die östlich gegenüberliegenden Anwesen „… … und …“, dass auch in geschlossener Bauweise an die Grundstücksgrenze gebaut wird. Dies gilt auch für die dort zu findenden Garagen. Gleiches findet sich hinsichtlich Garagen etwa auch auf dem Grundstück Fl.Nr. … Ein Errichten der Garagen an der Grenze hielte sich somit innerhalb des gezogenen Rahmens. Ein Verstoß gegen das Maß der baulichen Nutzung ist nicht ersichtlich und auch nicht substantiiert vorgetragen.
1.2.2 Im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung kann es das Gericht hier dahinstehen lassen, ob die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebietstypen der BauNVO entspricht oder eine Gemengelage vorliegt. Nach summarischer Prüfung sprächen jedenfalls für ein Mischgebiet die hohe Anzahl an Büroflächen, die Telekommunikationsshops, der Supermarkt als solcher und das Elektronikfachgeschäft in der näheren Umgebung. Selbst wenn man aber zugunsten der Antragstellerin ein allgemeines Wohngebiet annehmen würde, wären – wie die Antragstellerseite richtig erkennt – Garagen und damit auch die geplanten Doppelparker-Garagen allgemein zulässig (vgl. § 12 Abs. 2 BauNVO). Das Gesetz gibt hier keine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen verschiedenen „Formen“ von Garagen, wie es der Vortrag der Antragstellerseite eventuell andeutet. Im Übrigen wären Garagen selbst dann nach § 12 Abs. 2 BauNVO zulässig, wenn sie – was vorliegend nicht der Fall ist – gewerbliche Prägung hätten, solange sie den verursachten Bedarf im Baugebiet abdecken (vgl. OVG Münster, U.v. 18.5.2000 – 7 A 1155/99 – juris Rn. 7 ff. = NVwZ-RR 2001, 646).
1.2.3 Es liegt voraussichtlich auch kein Verstoß gegen einen Gebietsprägungserhaltungsanspruch vor.
Gemäß dem hier eventuell aufgrund von § 34 Abs. 2 BauNVO anwendbaren § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind Bauvorhaben im Einzelfall unzulässig, wenn Sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen (BVerwG, U.v. 16.9.1993 – 4 C 28/91 – juris Rn. 18 ff. = BVerwGE 94, 151). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO beinhaltet nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, B.v. 13.5.2002 – 4 B 86/01 – juris Rn. 4 = NVwZ 2002, 1384) einen Gebietsprägungserhaltungsanspruch. Für einen Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist jedenfalls im Hinblick auf die genannten Aspekte „Anzahl“ und „Umfang“ ein Umschlagen von „Quantität in Qualität“ notwendig (BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3/94 – juris Rn. 17 = NVwZ 1995, 899). Es müssten somit Anhaltspunkte vorliegen, dass das Bauvorhaben bei typisierender Betrachtung die Art der baulichen Nutzung derart beeinflusst, dass im Ergebnis ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets angenommen werden muss (BayVGH, B.v. 22.6.2021 – 9 ZB 21.466 – juris Rn. 8).
Das Gericht kann nicht erkennen, inwiefern sich die Doppelparker-Garagen aufgrund „Anzahl, Massivität und konkreter Lage“ nicht in die nähere Umgebung einfügen sollen, wie es die Antragstellerin meint. Zunächst ist festzuhalten, dass die Doppelparker-Garagen auf vorhandenen Stellplätzen errichtet werden und sich insofern die vorhandene Nutzung unmittelbar (nur) im Hinblick auf die Zahl der unterstellbaren Fahrzeuge verändert. Dabei muss hier beachtet werden, dass die Doppelparker-Garagen überwiegend der geplanten „aufgestockten“ Wohnnutzung (und daneben der gemischten Wohn-/Büronutzung im 2. Obergeschoss) im Haus B zugeordnet sind. Ohne genaue Kenntnis der bisherigen (rechtlichen) Zuordnung der Stellplätze muss damit aber attestiert werden, dass die bisherige (tatsächliche) Nutzung als „Pendler- oder Kundenparkplätze“ unmöglich wird. Damit fallen auch die jedenfalls gegenüber Kundenparkplätzen vermehrten Fahrzeugbewegungen weg. Damit dürfte sich die Prägung der Umgebung – wenn überhaupt – eher zur Wohnnutzung verschieben. Hierin kann kein gravierender Widerspruch zur Eigenart der Umgebung, die auch durch Wohnen geprägt ist, gesehen werden.
1.2.4 Das Gebot der Rücksichtnahme ist voraussichtlich nicht verletzt.
Das Gebot der Rücksichtnahme ist kein generelles Rechtsprinzip des öffentlichen Baurechts und verkörpert auch keine allgemeine Härteregelung, die über den speziellen Vorschriften des Städtebaurechts oder gar des gesamten öffentlichen Baurechts steht. Es ist vielmehr Bestandteil einzelner gesetzlicher Vorschriften des Baurechts (BVerwG, U.v. 30.9.1983 – 4 C 74.78 – BVerwGE 68, 58, 60) und als solches in den Tatbestandsmerkmalen der §§ 30 bis 35 BauGB und des § 15 Abs. 1 BauNVO enthalten (BVerwG, U.v. 30.9.1983 a.a.O.). Es ist gegenüber anderen (ausdrücklich und von vornherein) nachbarschützenden Vorschriften subsidiär (BVerwG, U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – juris Rn. 10).
Im unbeplanten Innenbereich ergibt sich das Gebot der Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 2 BauGB i.V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (im Falle eines sog. „faktischen Baugebiets“) oder über den Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB (im Falle einer sog. „Gemengelage“) (vgl. BayVGH, B.v. 20.3.2018 – 15 CS 17.2523 – juris Rn. 25).
Nach gefestigter Rechtsprechung hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen (BayVGH, B.v. 30.7.2021 – 1 CS 21.1506 – juris Rn. 10). Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 11).
Soweit – wie vorliegend – ein Rücksichtnahmeverstoß aufgrund von Immissionsbelastungen geltend gemacht wird, wird zur Konturierung der Zumutbarkeitsschwelle des Rücksichtnahmegebots auf die materiell-rechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts, also auf die Schwelle schädlicher Umwelteinwirkungen i.S. von § 3 Abs. 1, § 22 Abs. 1 BImSchG zurückgegriffen (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2019 – 15 ZB 17.2529 – juris Rn. 15 m.w.N.). Bei der Beurteilung einer Lärmbelastung kommt der TA Lärm als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift eine im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zu beachtende Bindungswirkung zu, soweit diese für Geräusche den unbestimmten Rechtsbegriff der schädlichen Umwelteinwirkungen konkretisiert (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2019 – 15 CE 18.2652 – juris Rn. 26 m.w.N.). Für die Einhaltung der aus §§ 3, 22 BImSchG folgenden Verpflichtung, das Vorhaben so zu errichten und zu betreiben, dass von ihm keine das zulässige Maß überschreitenden schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen, hat die Baugenehmigungsbehörde im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu sorgen. Dabei können auch Auflagen in einer Baugenehmigung, die für den Betrieb der genehmigten Anlage die Einhaltung bestimmter Immissionsrichtwerte anordnen, ausreichend sicherstellen, dass die zugelassene Nutzung keine für die Nachbarschaft unzumutbaren und damit gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßenden Lärmimmissionen hervorruft (BayVGH, B.v. 22.1.2020 – 15 ZB 18.2547 – juris Rn. 11).
Schädliche Umwelteinwirkungen durch Lärm sind nach summarischer Prüfung nicht zu erwarten. Soweit die Antragstellerseite bemängelt, dass eine „Untersuchung“ der Problematik Lärm nicht stattgefunden hat, kann sie damit nicht durchdringen. In der Rechtsprechung ist es anerkannt, dass etwa Prognoseberechnungen in Form von Gutachten nur dann im Rahmen einer Bauvorlage verlangt werden können, wenn die Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen ernsthaft in Frage steht (BayVGH, B.v. 3.6.2016 – 15 BV 15.2441 – juris Rn. 20 ff.). Zwingend ist eine solche Anforderung im Umkehrschluss nicht. Die Genehmigungsbehörde kann vielmehr aufgrund einer plausiblen Einschätzung auf eine „tiefergehende“ Untersuchung im Sinne einer Prognoseberechnung verzichten. Eine solche Einschätzung liegt spätestens mit der Stellungnahme vom 17. Februar 2022 vor.
Auch bei Zugrundelegung des für die Antragstellerseite günstigsten Szenarios eines allgemeinen Wohngebiets an den nächstgelegenen Immissionsorten (… … und …) sind die maßgeblichen Immissionsrichtwerte nach summarischer Bewertung eingehalten. Der Fachbereich Immissionsschutz führt dazu aus, dass durch die Errichtung der Doppelparker-Garagen zunächst eine erhöhte Abschirmwirkung gegenüber Schall vor allem nach Süden zur „…-Siedlung“ bewirkt wird. Diese Annahme erscheint gerade unter Beachtung der Tatsache, dass ohnehin nach Süden – zur „…-Siedlung“ hin – schon immer eine abschirmende Mauer existiert, plausibel. Wie durch die Errichtung einer Garagenfront nördlich der Mauer die Schallverhältnisse im Süden verschlechtert werden sollen, erklärt sich dem Gericht nicht.
Im Hinblick auf die östlichen Immissionsorte (… … und …) wurde die Prognoseberechnung im Erstverfahren zur Ansiedlung des Supermarktes aus 2001 als Grundlage herangezogen. Diese ergab einen Beurteilungspegel von 51 dB(A). Dass sich dieses Ergebnis grundsätzlich nicht negativ verändert, erscheint aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Doppelparker im „Einfahrtsbereich“ des Innenhofes errichtet werden und die Hauptlärmquellen die Supermarktparkplätze im Innenhof selbst sind, plausibel und nachvollziehbar. Da die ursprüngliche Prognose aus 2001 die Supermarktparkplätze als Hauptlärmquellen (teilweise) auch auf den jetzt als Doppelparker-Garagen vorgesehen Flächen projektiert hat, erscheint eine Überschreitung des zulässigen Immissionsrichtwertes aus der TA-Lärm von günstigstenfalls 55 dB(A) nicht naheliegend. Die Hauptlärmquellen werden im Vergleich zur Prognose von 2001 vielmehr durch die Doppelparker-Garagen weiter von den relevanten Immissionsorten weg verschoben. Dass sich diese vorläufige Bewertung durch Behinderungen (scheinbar gemeint im Sinne eines „Rückstaus“) durch Einparkvorgänge an den Doppelparker-Garagen derart verschlechtert, dass die Gefahr des Überschreitens der relevanten Grenzwerte droht, drängt sich dem Gericht nicht auf. Hier ist daneben darauf hinzuweisen, dass auch das Landratsamt in seiner Stellungnahme vom 15. Februar 2022 nachvollziehbar bezweifelt, dass solche Rückstaus in erheblichem Maße hervorgerufen werden, da die Einfahrt zweispurig ist und somit ggf. Kunden auch an wartenden „Doppelparker-Pkw“ vorbeifahren könnten, so es längere Wartezeiten überhaupt geben sollte. Im Übrigen ist auch die Annahme, dass nur wenige Fahrzeugbewegungen an den Doppelparkern anzunehmen sind, schlüssig, da diese überwiegend Wohnnutzungen zugeordnet sind. Insofern kann das Gericht auch nicht erkennen, dass signifikante Lärmbeiträge durch den bisher nicht definierten Produkttyp des zu verbauenden Doppelparker-Systems zu erwarten sind.
Soweit die Antragstellerseite auf entsprechende Rechtsprechung (VGH Mannheim, B.v. 11.12.2013 – 3 S 1964/13 – juris Rn. 18) zu sog. „gefangenen Stellplätzen“ hingewiesen hat, liegt hier schon deswegen keine Vergleichbarkeit vor, als „gefangene Stellplätze“ nur über (mindestens) einen anderen Stellplatz, der entweder frei sein oder freigemacht werden muss, angefahren werden können. Die Doppelparker-Systeme setzen im Gegensatz dazu jedoch gerade nicht ein Umsetzen eines bereits geparkten Pkws voraus.
1.3 Eine eventuell – jedenfalls im Genehmigungsverfahren – anklingende Beeinträchtigung des Ortsbildes nach § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB kann summarisch ebenfalls nicht angenommen werden.
Hierzu ist zu erwähnen, dass die Doppelparker-Garagen – wie schon mehrfach angeführt – im Einfahrtsbereich eines „Innenhofes“ realisiert werden sollen, der nach Westen, Norden und in weiten Teilen nach Osten durch Gebäude und nach Süden durch eine ohnehin vorhandene Sichtschutzmauer gebildet wird. Inwiefern das Ortsbild hier beeinträchtigt werden kann, erschließt sich dem Gericht nicht. Die einzige Sichtachse, aus der man die Garagen wohl überhaupt wird sehen können, liegt „im Einfahrtsbereich“ zum Innenhof auf Höhe der Anwesen … …, …, … und … Dies ergibt sich schon aus den aktenkundigen Fotos des Areals. Hierin kann das Gericht keine für das Ortsbild relevante Sichtachse erkennen.
Soweit darüber hinaus auf die Nähe zur „…-Siedlung“ als denkmalgeschütztem Ensemble Bezug genommen wird, bleibt festzuhalten, dass Denkmalschutz und Schutz des Ortsbildes nicht per se deckungsgleich sind (vgl. BayVGH, U.v. 8.5.2008 – 2 B 08.212 – juris Rn. 20 ff. = BayVBl 2009, 248). Vielmehr müsste zunächst geklärt werden, ob das Baudenkmal überhaupt das Ortsbild prägt, was eben nicht nur aufgrund der Denkmaleigenschaft angenommen werden kann. Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich.
Denkmalschutz als solches ist nicht Prüfungsgegenstand von § 34 BauGB und damit für die Antragstellerin auch nicht rügefähig (vgl. E/Z/B BauGB § 34 Rn 70; BeckOK BauGB § 34 Rn 47). Jedenfalls wäre hier zumindest indiziell auch darauf abzustellen, dass das beteiligte Landesamt für Denkmalpflege keine Einwände gegen das Vorhaben erhoben hat.
1.4 Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ergibt sich nicht im Hinblick auf eine in ihrem Vorbringen eventuell anklingende Unbestimmtheit der Baugenehmigung nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.
Eine Baugenehmigung muss nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmt sein, was bedeutet, dass die Beteiligten – gegebenenfalls nach Auslegung – erkennen können müssen, was von ihnen verlangt oder was ihnen zugemutet werden kann (BVerwG, U.v. 20.4.2005 – 4 C 18/03 – juris Rn. 53 = NVwZ 2005, 933). Nachbarn können eine Baugenehmigung unter Verweis auf den Bestimmtheitsgrundsatz nur dann erfolgreich angreifen, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf ein nachbarschützendes Recht bezieht und deswegen eine Verletzung dieses Rechtes nicht ausgeschlossen werden kann (BayVGH, B. v. 26.5.2020 – 15 ZB 19.2231 – juris Rn. 11 m.w.N.). Auch eine Standortgemeinde kann sich auf die Unbestimmtheit der erteilten Baugenehmigung – etwa aufgrund unbestimmter, in Bezug genommener Bauvorlagen – berufen (BayVGH, U.v. 10.12.2007 – 1 BV 04.843 – juris Rn. 26 = BayVBl 2008, 376).
Soweit die Antragstellerseite schriftsätzlich vorträgt, dass aus den Bauvorlagen nicht ersichtlich ist, welches konkrete Modell an Doppelparker-Garagen errichtet werden soll, führt dies nicht zum Erfolg. Eine sich auch auf das Gebot der Rücksichtnahme oder das Maß der baulichen Nutzung auswirkende Unbestimmtheit der Bauvorlagen und damit der Baugenehmigung ist nach summarischer Prüfung hier nicht anzunehmen. Im Hinblick auf die baulichen Maße und damit das Maß der baulichen Nutzung ist dem Bauvorlageplan „…“ deutlich zu entnehmen welche baulichen Dimensionen die einzelnen Garagen haben. Soweit das Hervorrufen von Lärmimmissionen angesprochen ist, kann das Gericht nicht erkennen, dass das Fehlen eines konkreten Produkttyps in der konkreten baulichen Situation zu einer Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme führen könnte. Richtig ist, dass die aktenkundigen Produktdaten („Multibase 2978i“) nicht als Bauvorlage gestempelt wurden. Aufgrund der Ausführungen in der Stellungnahme der Fachkraft für Immissionsschutz vom 17. Februar 2022, des zumindest für die Bestandsituation durch die Prognose von 2001 vorhandenen Beurteilungspegels von 51 dB(A) und der konkreten baulichen Situation ist summarisch nicht anzunehmen, dass es für Frage von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Lärm auf den konkreten Produkttyp überhaupt ankommt.
Nach alledem wird die Anfechtungsklage wohl keinen Erfolg haben.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es auch nicht der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO, ihr einen Kostenerstattungsanspruch zuzusprechen.
Die Entscheidung zum Streitwert fußt auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 9.7.2 des Streitwertkatalogs.


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