Baurecht

Entstehen einer Splittersiedlung

Aktenzeichen  2 B 18.1797

Datum:
13.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 39109
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 5, Nr. 7

 

Leitsatz

Die Entstehung einer Splittersiedlung ist nicht zu befürchten, wenn die Zulassung eines Wohnbauvorhabens keine weiteren Bezugsfälle für die Ausweitung der Bebauung schaffen würde, da sowohl nördlich als auch westlich des Bauvorhabens der Flächennutzungsplan die Darstellung „Gemeinbedarfsfläche Erziehung“ aufweist und die Fläche, auf der das Bauvorhaben errichtet werden soll, die letzte, als „Wohnen“ dargestellte bebaubare Fläche ist. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 8 K 17.1147 2017-10-09 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend der Klage der Klägerin stattgegeben, weil sie einen Anspruch auf Erlass des beantragten Vorbescheids und auf positive Beantwortung der gestellten Fragen hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1, § 125 Abs. 1 VwGO, Art. 71 Abs. 1 Satz 1, 59 Abs. 1 BayBO).
I.
Nach Art. 71 Satz 1 BayBO kann vor Einreichung eines Bauantrags auf schriftlichen Antrag des Bauherrn zu einzelnen in der Baugenehmigung zu entscheidenden Fragen vorweg ein schriftlicher Bescheid (Vorbescheid) erlassen werden. Dabei kann auch wie im vorliegenden Fall die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens abgefragt werden.
II.
Das Baugrundstück liegt im Außenbereich. Dem beantragten Vorhaben stehen weder der Belang des Entstehens einer Splittersiedlung, noch die Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft oder der ungeschriebene öffentliche Belang des Planungsbedürfnisses entgegen.
1. Das nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder einer städtebaulichen Satzung nach § 34 Abs. 4 bis 6, § 35 Abs. 6 BauGB liegende Baugrundstück der Klägerin befindet sich nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 Abs. 1 BauGB) und ist damit dem bauplanungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 BauGB zuzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängt die Beantwortung der Frage, ob ein Grundstück dem Innen- oder Außenbereich angehört, davon ab, wie weit eine aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsanschauung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche selbst diesem Zusammenhang angehört. Die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich lässt sich nicht nach allgemein gültigen, etwa geografisch-mathematischen Maßstäben treffen, sondern nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der gesamten örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der optisch wahrnehmbaren topografischen Situation und der Umgebungsbebauung (vgl. BVerwG, B.v. 4.7.1990 – 4 B 103/90 – BayVBl 1991, 473). Am Ortsrand endet der Bebauungszusammenhang – unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen (vgl. BVerwG, U.v. 12.6.1970 – IV C 77.68 – BVerwGE 35, 256) grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude (vgl. BVerwG, U.v. 12.10.1973 – IV C.3.72 – DVBl 1974, 238; BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 B 14.2817 – juris).
Wie der Senat beim Augenschein feststellen konnte, soll das Bauvorhaben nördlich zweier zweigeschossiger Mehrfamilienhäuser mit ausgebautem Dachgeschoss errichtet werden. Dort findet sich bislang ein Gartenbereich mit Grasbewuchs und Büschen, der durch Büsche von einem angrenzenden Ackergrundstück abgegrenzt wird. Das Baugrundstück ist im Norden und Westen von Ackerflächen umgeben. Auf der Südseite der L …- …-Straße findet sich zwar Bebauung in einer Reihe, eine Hinterlandbebauung ist nicht vorhanden (Niederschrift über den Augenschein vom 13. November 2018 S. 2). Wie sich auch aus den Lageplänen ergibt, würde mit dem Bauvorhaben erstmals ein Bauwerk in zweiter Reihe jenseits der letzten Gebäude entstehen. Mithin soll das Bauvorhaben im Außenbereich errichtet werden.
Der Senat hat keine topografischen Gegebenheiten festgestellt, die dazu führen könnten, dass unbebaute, an das letzte Grundstück des Bebauungszusammenhangs anschließende Flächen noch zum Innenbereich zu zählen sind (vgl. BVerwG, U.v. 18.6.1997 – 4 B 74/97 – NVwZ-RR 1998, 157). Insbesondere führt der vorhandene Garten nicht dazu, dass ein dem Gebäude angemessener Gartenumgriff noch als Teil des Innenbereichs anzusehen ist (so wohl BayVGH, U.v. 30.7.2009 – 1 B 09.610 – juris; Spieß in Jäde/Dirnberger, BauGB, 9. Aufl. 2018, § 34 Rn. 19; König, Baurecht, 5. Aufl. 2015, S. 220 Rn. 455). Denn mit einem angemessenen Gartenumgriff könnte eine ungebremste Besiedelung des Außenbereichs herbeigeführt werden, indem jeweils Baugrundstücke mit einer dahinterliegenden „angemessenen“ Gartenfläche gebildet werden. Die entscheidende Frage ist aber, inwieweit eine solche Fläche einer über eine derartige Hilfsfunktion hinausreichenden Bebauung zugänglich ist (vgl. Spieß in Jäde/Dirnberger, a.a.O. § 34 Rn. 19). Dies ist jedoch, weil der Bebauungszusammenhang grundsätzlich hinter dem letzten Gebäude endet, nicht der Fall (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 2 B 14.2817 – juris).
Das Erstgericht hat in diesem Zusammenhang ausführlich die Frage erörtert, ob die Bebauung an der L …- …-Straße westlich der L …- und M …straße zu der Bebauung nördlich und nordöstlich der L …straße bzw. östlich der M …straße einen Bebauungszusammenhang aufweist sowie ob und wo ein Ortsteilcharakter bejaht werden kann. Jedoch kommt es an dieser Stelle nicht darauf an, wo genau der Ortsteil endet. Denn das Bauvorhaben soll jedenfalls jenseits der letzten Bebauung und damit im Außenbereich errichtet werden. Der Senat weist jedoch bereits hier auf folgendes hin: Ortsteil im Sinn von § 34 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Infolge der mittlerweile von der Beklagten erteilten Baugenehmigungen stellt sich die bauliche Situation vor Ort deutlich verändert gegenüber der des Verfahrens aus dem Jahr 2008 dar. So wurden für die Grundstücke FlNrn. 1975/4, 1975/21, 1975/22, 1967 und 1968 Baugenehmigungen erteilt und darauf Gebäude errichtet. Wie sich beim Augenschein gezeigt hat, haben weder die L …- …-Straße, noch die M …straße, noch die L …straße trennende Wirkung. Bei den ersten beiden Straßen handelt es sich um schmale Anliegerstraßen, die in einer Sackgasse enden. Bei der L …straße handelt es sich zwar um eine etwas breitere Straße (Niederschrift über den Augenschein vom 13. November 2018 S. 2), sie hat aber nicht die Größe und Verkehrsbedeutung, um den Bebauungszusammenhang zwischen ihrer östlichen und westlichen Seite zu unterbrechen. Unabhängig davon sind allein südwestlich der L …straße und westlich der Bahnlinie über 40 Wohnhäuser vorhanden. Dieser Bebauung ist schon Ortsteilcharakter zuzumessen. Denn sie besitzt angesichts der Vielzahl der vorhandenen Bauten ein solches Gewicht, dass der Ortsteilcharakter zu bejahen ist. Eventuelle Strukturunterschiede der Bebauung östlich und westlich der L …straße werden damit nicht relevant. Auch die organische Siedlungsstruktur kann man angesichts der sich nach und nach in diesem Bereich entwickelnden Wohnbebauung nicht verneinen. Denn es handelt sich um eine zusammenhängende Bebauung, die städtebaulichen Mindestanforderungen noch genügt.
2. Das Vorhaben der Klägerin beeinträchtigt als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB keine öffentlichen Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 BauGB.
a) Zwar wird mit dem streitgegenständlichen Vorhaben Außenbereich erstmals zusätzlich in Anspruch genommen. In Betracht kommt im vorliegenden Fall aber allenfalls der Tatbestand des Entstehens einer Splittersiedlung, da – wie oben dargelegt wurde – die Bebauung westlich der L …straße keinen Siedlungssplitter mehr darstellt, sondern Ortsteilcharakter hat. Die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB besteht im vorliegenden Einzelfall nicht. Unter Entstehung ist ein Vorgang zu verstehen, der in Richtung auf eine Zersiedlung des Außenbereichs durch die Schaffung einer Splittersiedlung begründet ist (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand 1. August 2018, § 35 Rn. 106). Die Entstehung einer Splittersiedlung kann bereits durch die erstmalige Zulassung eines Bauvorhabens zu befürchten sein. Es liegt dabei nicht lediglich die Auffüllung eines schon bisher in Anspruch genommenen räumlichen Bereichs vor. Das Neubauvorhaben soll in einem bislang unbebauten Bereich errichtet werden.
Splittersiedlungen sind jedoch nicht schon um ihrer selbst willen zu missbilligen, vielmehr ist eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange erst dann gegeben, wenn das Entstehen, die Erweiterung oder die Verfestigung zu „befürchten“ ist (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1977 – IV C 37.75 – BVerwGE 54, 73). Derart zu befürchten ist das Entstehen einer Splittersiedlung nur dann, wenn das Vorhaben zu einer „unerwünschten Splittersiedlung“ führt, wobei unerwünscht in diesem Sinn eine Splittersiedlung dann ist, wenn mit ihr ein Vorgang der Zersiedelung eingeleitet oder gar schon vollzogen wird (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1977 a.a.O.). Die Erweiterung sowie die Verfestigung einer Splittersiedlung sind dann zu missbilligen im Sinn von „befürchten“ und „unerwünscht“, wenn in ihnen ein Vorgang zur Zersiedelung gesehen werden muss. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dies, zumindest wenn es sich um Wohnbauten handelt, bei der Entstehung, der Erweiterung und auch der Verfestigung regelmäßig der Fall, wobei für das Vorliegen einer Zersiedelung gewissermaßen eine starke Vermutung streitet. Dies gilt vor allem dann, wenn es um Fälle der Entstehung oder Erweiterung einer Splittersiedlung geht (vgl. BVerwG, U.v. 3.6.1977 a.a.O.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein solches Vorhaben eine Vorbildwirkung besitzen und zur Folge haben kann, dass noch weitere Bauten hinzutreten (vgl. BVerwG, B.v. 7.6.2016 – 4 B 47/14 – juris; Söfker, a.a.O., § 35 Nr. 107). Die Entstehung einer Splittersiedlung kann auch durch die Ausuferung eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils anzunehmen sein. Auch durch diese Vorgänge kann eine städtebaulich unerwünschte Zersiedlung des Außenbereichs eintreten. Daher fällt das „Ausufern“ eines Ortsteils auch unter den Begriff einer unerwünschten Entstehung einer Splittersiedlung oder einer sonst siedlungsstrukturell zu missbilligenden Entwicklung (vgl. BVerwG, U.v. 13.2.1976 – 4 C 72.84 – juris; U.v. 25.1.1984 – 4 C 29.81 – juris; B.v. 11.10.1999 – 4 B 77.99 – juris). Zweck dieses öffentlichen Belangs ist es, eine Entwicklung unorganischer Siedlungsstruktur und damit jede Zersiedlung des Außenbereichs zu verhindern. Voraussetzung für die Annahme einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange ist aber, dass die Gefahr einer Zersiedlung konkret zu befürchten ist (vgl. BVerwG, U.v. 8.6.1979 – 4 C 57.77 – juris; B.v. 24.6.2004 – 4 B 23.04 – juris; Dürr in Brügelmann, Baugesetzbuch, Stand: Oktober 2018, § 35 Rn. 98a).
Dies ist hier nicht der Fall. Bei der Frage einer Vorbildwirkung kommt es zwar nicht auf eine abschließende bebauungsrechtliche Prüfung zu befürchtender Folgevorhaben, insbesondere nicht auf die Prüfung einer etwaigen Beeinträchtigung anderer Belange durch ein Folgevorhaben an (vgl. BVerwG, B.v. 2.9.1999 – 4 B 27.99 – juris). Es steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die Zulassung des Bauvorhabens keine weiteren Bezugsfälle für die Ausweitung der Bebauung schaffen würde. Denn die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden können, büßen nicht an Überzeugungskraft ein, wenn das streitgegenständliche Vorhaben genehmigt wird. Sowohl nördlich als auch westlich des Bauvorhabens weist der Flächennutzungsplan die Darstellung „Gemeinbedarfsfläche Erziehung“ auf. Die Fläche, auf der das Bauvorhaben errichtet werden soll, ist die letzte, als „Wohnen“ dargestellte bebaubare Fläche nördlich der L …- …-Straße und westlich der L …straße. Der Senat teilt die Einschätzung des Erstgerichts, dass die Argumentation der Beklagten, eine weitere Zersiedelung nicht verhindern zu können, nicht nachvollziehbar ist. Es liegt ausschließlich in der Hand der Beklagten, ob die Darstellungen des Flächennutzungsplans durch die Zulassung von ihnen widersprechenden Wohnbauvorhaben obsolet werden. Derzeit bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Darstellung des Flächennutzungsplans obsolet geworden sind. Für den Fall, dass tatsächlich die Flächen für den Zweck „Gemeinbedarfsfläche Erziehung“ in Anspruch genommen werden sollten, wäre darauf hinzuweisen, dass einem solchen Vorhaben der Belang des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entgegengehalten werden kann. Denn wie sich im Augenschein bestätigt hat, würde ein solches Bauvorhaben mitten in den Ackerflächen errichtet werden.
Soweit die Beklagte eine Vorbildwirkung des Vorhabens für eine weitere Bebauung auf der Westseite der M …straße nach Süden hin befürchtet, ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte durch die Zulassung des Gebäudes M …straße 10 in jüngerer Zeit ein Vorbild geschaffen hat, das für weitere Bauwünsche nach Süden hin ein weitaus geeigneteres Bezugsobjekt darstellt. Das im vorliegenden Fall inmitten stehende Bauvorhaben ist hiervon deutlich weiter entfernt. Zudem sind die Flächennutzungsplandarstellungen nicht vergleichbar. Nördlich und westlich des Vorhabens weist der Flächennutzungsplan die Darstellung „Gemeinbedarfsfläche Erziehung“ aus. Das Vorhabensgrundstück ist die letzte unbebaute Fläche, die von dieser Darstellung umschlossen wird. Demgegenüber stellt der Flächennutzungsplan im Bereich westlich der M …straße in Fortsetzung nach Süden „Wohnen“ dar. Durch eine neue Zulassung eines Bauvorhabens südlich der M …straße 10 würde eine Splittersiedlung in unkontrollierter Weise im Außenbereich entstehen und die weitere Zersiedelung nach Süden mit seiner Vorbildwirkung fortsetzen. Vergleichbare Vorbildwirkung kommt dem Bauvorhaben im Norden durch die abschließende Abrundung dieses Bereichs westlich der L …straße sowie nördlich der L …- …-Straße nicht zu. Hier bestehen – bereits aufgrund der Darstellungen des Flächennutzungsplans – keine vergleichbaren Entwicklungsmöglichkeiten.
Im Übrigen stellt der Flächennutzungsplan im Bereich des Vorhabensgrundstücks „allgemeines Wohnen“ dar, während südlich der L …- …-Straße lediglich „Wohnen“ dargestellt ist. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen, dass sich daraus auch ein Unterschied hinsichtlich des Planungsbedürfnisses ergibt (Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6.12. 2016 S. 3), weil dieses einer weiteren Bebauung auf der Westseite der M …straße nach Süden hin entgegengehalten werden könnte.
3. Das Vorhaben beeinträchtigt nicht die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Der darin zum Ausdruck kommende funktionale Landschaftsschutz, der angesichts des gesondert geschützten Landschaftsbilds keinen ästhetischen Landschaftsschutz beinhaltet (vgl. Weyreuther, Bauen im Außenbereich, 1979, S. 81), verfolgt den Zweck, den Außenbereich mit seiner naturgegebenen Bodennutzung durch die Land- und Forstwirtschaft und als Erholungsraum zu erhalten. Die Landschaft soll in ihrer natürlichen Funktion und Eigenart bewahrt bleiben. Aus diesem Grund sollen bauliche Anlagen abgewehrt werden, die dem Außenbereich wesensfremd sind. Eine Beeinträchtigung ist jedoch ausgeschlossen, wenn das Baugrundstück sich wegen seiner natürlichen Beschaffenheit weder für die naturgegebene Bodennutzung noch für Erholungszwecke eignet oder seine Schutzwürdigkeit durch bereits erfolgte anderweitige Eingriffe eingebüßt hat (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.1986 – 4 B 120.86 – juris).
Dies ist hier der Fall. Bei der zu bebauenden Fläche handelt es sich um den rückwärtigen nördlichen, den Mehrfamilienhäusern L …- …-Straße 4 und 6 zugeordneten Grundstücksbereich, der derzeit als Garten genutzt wird. In der Mitte des Gartenteils hinter dem Anwesen L …- …-Straße 6 befinden sich zwei Abluftschächte der bereits bestehenden Tiefgarage, die auch für das Bauvorhaben genutzt werden soll (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 13. November 2018 S. 2). Dies ergibt sich auch aus den dem Senat vorliegenden Plänen. Für den mit einer Tiefgarage bebauten Bereich liegt auf der Hand, dass dieser Teil des Grundstücks weder zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken noch als Erholungsraum für die Allgemeinheit dienen kann. Aber auch sonst ist für den Senat nicht ersichtlich, inwieweit der als Garten genutzte Bereich den Zweck haben könnte, mit einer naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit erhalten zu bleiben.
Selbst wenn man entgegen dem oben Dargelegten auch die optisch ästhetische Komponente für eine Zuordnung zu einer naturgegebenen Bodennutzung für die Allgemeinheit einbeziehen wollte, sieht der Senat diese im Hinblick auf den direkten Einschluss der zu bebauenden Fläche von massiver Bebauung im Osten und im Süden wie auch im Südwesten nicht. Der vorhandenen Bebauung mit großen Grundflächen und massiven Kubaturen passt sich das strittige Gebäude zumindest an bzw. bleibt hinter den hier verwirklichten Kubaturen zurück. Weiterhin ist das Vorhaben im Süden und Osten von Bebauung umgeben, liegt im Norden in etwa auf einer Linie mit der massiven Reihenhausanlage L …straße 65 bis 76a, wohingegen im Südwesten die vorhandene Bebauung noch deutlich weiter nach Westen auskragt. Optisch rundet das Vorhaben die Bebauung nördlich und südlich der L …- …-Straße ab und lässt zusammen mit den Gebäuden M …straße 4 und 4a einen einheitlich bebauten, rechteckigen Bereich entstehen. Von daher kann nicht davon gesprochen werden, dass ästhetische Gründe es gebieten würden, das Baugrundstück der naturgegebenen Bodennutzung zuzuordnen.
4. Das Vorhaben hat nicht einen solchen Umfang, dass es eine gemeindliche Planung notwendig voraussetzen würde. Seine Genehmigung tastet nicht erkennbar die gemeindliche Planungshoheit an. Hinsichtlich der Frage des Planungsbedürfnisses nimmt der Senat im Übrigen gemäß § 130b Satz 2 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bezug (UA S. 19) und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Gleiches gilt für die Ausführungen hinsichtlich der Fragen 2 bis 5 des Vorbescheidsantrags (UA S. 19f.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben