Baurecht

Erfolglose Klage auf Erteilung einer nachträgliche Baugenehmigung für die Nutzung eines nicht genehmigten Gebäudes als Hofladen für den Gemüseverkauf u.a.

Aktenzeichen  M 1 K 17.5951

Datum:
9.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 40167
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1, Nr. 5, Nr. 7, Abs. 4 S. 1 Nr. 6, Abs. 4 S. 2, § 201

 

Leitsatz

1 Ein Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung iSd § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet, erfordert eine nachhaltige Bewirtschaftung und muss ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen sein. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zu den Anforderungen an einen “Betrieb” iSv § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB (hier verneint). (Rn. 32 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
3 Zu den Voraussetzungen einer Begünstigung nach § 35 Abs. 4 S. 2 BauGB (hier verneint). (Rn. 55 – 58) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Ablehnung des Bauantrag im Bescheid vom 1. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung gemäß ihrem Antrag vom 16. Juni 2017 für die Nutzung des nicht genehmigten Gebäudes als Hofladen für den Gemüseverkauf mit Lager und Kühlraum und als Reiterstüberl mit Sattelkammer auf der Fläche des ehemaligen Schafstalls mit Futterkammer, sowie Umnutzung des bisherigen Reiterstüberls als Heulager auf dem Grundstück FlNr. 888 Gem. … Maßgeblich für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ist § 35 BauGB, weil es, wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig, im Außenbereich belegen ist.
Das Vorhaben ist weder nach § 35 Abs. 1 BauGB bevorrechtigt (s. u. 1.), noch als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB zulassungsfähig (unter 2.), ebensowenig ist es nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB (unter 3.) oder nach § 35 Abs. 4 Satz 2 (unter 4.) teilprivilegiert.
1. Das Vorhaben ist nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB privilegiert, weil es keinem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient.
a) Die gartenbauliche Erzeugung i. S. v. § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB zählt zur „Landwirtschaft“ gemäß § 201 BauGB. Der Begriff „Landwirtschaft“ wird dadurch gekennzeichnet, dass es sich um unmittelbare Bodenertragsnutzung handelt, wobei der Boden zum Zwecke der Nutzung seines Ertrages planmäßig und eigenverantwortlich bewirtschaftet werden muss (BVerwG, U. v. 19.4.1985 – 4 C 13/82 – juris Rn. 11; B. v. 4.10.2006 – 4 B 64/06 – juris Rn. 6). Die Zulassungsfähigkeit von Vorhaben der gartenbaulichen Erzeugung bzw. des Erwerbsgartenbaus i. S. d. § 146 BBauG im Außenbereich war bis 1998 als Unterfall des landwirtschaftlichen Betriebs von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBauG erfasst. Seit 1998 sind Betriebe der gartenbaulichen Erzeugung in einer (neuen) Nr. 2 des § 35 Abs. 1 BauGB genannt. Insoweit entfiel das einschränkende Erfordernis, dass das Vorhaben nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen darf, um den Besonderheiten der gartenbaulichen Erzeugung gerecht zu werden (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2015 – 15 B 13.2262 Rn. – juris Rn. 17 m.w.N.).
Unverändert blieb hingegen, dass auch im Erwerbsgartenbau Vorhaben im Außenbereich nur zulässig sind, wenn sie einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dienen. Insoweit kann unter Berücksichtigung der besonderen Wirtschaftsweise bei der gartenbaulichen Erzeugung auf die Rechtsprechung zur Privilegierung von Vorhaben, die einem landwirtschaftlich Betrieb dienen, Bezug genommen werden (BayVGH, U.v. 28.4.2015 – 15 B 13.2262 Rn. – juris Rn. 18, Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 131. EL Oktober 2018, § 35 Rn. 50). Hiernach ist ein Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB durch eine spezifisch betriebliche Organisation gekennzeichnet, erfordert eine nachhaltige Bewirtschaftung und muss ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen sein (vgl. BVerwG, U. v. 16.12.2012 – 4 C 7/04 – juris Rn. 10 m.w.N.).
Wie in den Fällen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB wird weiter verlangt, dass das Vorhaben einem Betrieb dient. Das ist der Fall, wenn ein vernünftiger Erwerbsgärtner das Bauvorhaben mit etwa gleicher Ausstattung auch unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs errichten würde, wobei hinzukommen muss, dass das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwG, B. v. 3.12.2012 – 4 B 56/12 – juris Rn. 4 m. w. N.; BayVGH, U.v. 28.4.2015 – 15 B 13.2262 Rn. – juris Rn. 21 m.w.N.).
b) Grundsätzlich kann der Anbau von Gemüse auf zunächst 2.500 m², später auf 10.000 m² erweitert, einen Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung im Nebenerwerb darstellen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Klägerin mit ihrem Ehemann einen neuen Erwerbsgartenbaubetrieb gründen wollte, der nicht der bestehenden Landwirtschaft zuzurechnen ist. Zum einen unterscheidet sich das Bewirtschaftungskonzept der Gartenbauflächen maßgeblich von der bestehenden klassischen Landwirtschaft der Klägerin. Denn die Gartenanbauflächen werden unter Einbeziehung Dritter, die vereinsmäßig miteinander verbunden sind und Mitgliedsbeiträge zahlen, solidarisch bewirtschaftet. Für einen selbständigen Gartenbaubetrieb spricht indiziell außerdem die vom übrigen Betrieb getrennte Einnahmen-Ausgaben-Rechnung der „SoLaWi“. Es bedarf hier keiner Klärung, inwieweit der Erwerbsgartenbau seit Einführung des neuen § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB mit Blick auf § 201 BauGB weiterhin auch unter § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB oder nunmehr ausschließlich unter den neuen Privilegierungstatbestand zu fassen ist (im Sinne der ersten Ansicht: Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 131. EL Oktober 2018, § 35 Rn. 38; zugunsten der generellen Anwendbarkeit von § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB: OVG Hamburg Urt. v. 25.11.1999 – 2 Bf 7/97 – juris Rn. 45-53; OVG Koblenz Beschluss vom 28.10.2002 – 8 A 11 501/02 – juris Rn. 5; OVG Münster Beschluss vom 31.3.2003 – 7 B 28/03 – juris Rn. 7 in „vorläufiger Rechtsauffassung“).
c) Es liegt schon kein „Betrieb“ vor.
Ein privilegierter Betrieb setzt eine spezifisch betriebliche Organisation, eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und ein auf Dauer gedachtes und auf Dauer lebensfähiges Unternehmen voraus (BVerwG, B.v. 25.10.1982 – 4 C 7/04 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 2.8.2005 – 26 ZB 04.2385 – juris Rn. 9). Nur unter den genannten Voraussetzungen ist der Eingriff in den Außenbereich hinzunehmen. Dabei gehört die Absicht der Gewinnerzielung nach § 201 BauGB nicht nur bei Vollerwerbs-, sondern auch bei Nebenerwerbsbetrieben zu den prägenden Elementen und ist ein für die Ernsthaftigkeit des Vorhabens und die Sicherung der Beständigkeit gewichtiges Indiz, das dann besonders sorgfältig zu prüfen ist, wenn es wie hier um eine Nebenerwerbsstelle geht (BVerwG, B.v. 16.12.2004 – 4 C 7/04 – juris Rn. 12 m.w.N.) Denn Bauanträge für Nebenerwerbsstellen sind in erhöhtem Maße dafür anfällig, dass ein Bauherr Landwirtschaft mehr oder weniger vorschiebt, um unter dem Deckmantel der Privilegierung im Außenbereich zu bauen.
Ein landwirtschaftlicher Betrieb setzt im Sinne der Dauerhaftigkeit eine Gewinnerwartung zumindest in einer Höhe voraus, dass das notwendige Eigenkapital für einen Bestand auf Dauer gebildet werden kann (BayVGH, U.v. 20.3.2001 – 20 B 00.2501 – juris Rn. 19-20).
Grundlage für die Klärung der Frage, ob ein „Betrieb“ i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB vorliegt, ist eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, die eine entsprechende Prognose ermöglicht. Dabei ist es Sache des Bauantragstellers, in Fällen, in denen sich die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens nicht bereits aus den gegenwärtigen erkennbaren objektiven Tatsachen ergibt, durch die Darlegung eines entsprechenden Betriebskonzepts die Bedenken gegen die Genehmigung eines privilegierten Vorhabens im Außenbereich auszuräumen (vgl. BVerwG, B. v. 12.04.2011 – 4 B 6/11 – juris Rn. 8; BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 4 C 7/04 – Rn. 14). Dies ist der Klagepartei nach objektiven Maßstäben nicht gelungen.
In der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind vor allem die Investitionskosten in Gestalt der Baukosten, aber auch die Entlohnung für die nicht entlohnte eigene Arbeit und die der mitarbeitenden nicht entlohnten Familienangehörigen einzubeziehen, um die (positive) Entlohnung des eingesetzten Kapitals zu erhalten (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.2015 – 15 B 13.2262 – juris Rn. 25). An einer tragfähigen Wirtschaftlichkeitsberechnung fehlt es hier.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin eine „Einnahme-Ausgabeplanung“ vorgelegt. Zwar weist die Übersicht für die Jahre 2016 bis 2020 einen ständigen und stets steigenden Gewinn aus, nämlich für das Jahr 2016 mit 2.500 m² Anbaufläche einen Überschuss von 5.700 EUR, für 2017 bei 4.000 m² von 8.200 EUR, für 2018 bei 5.000 m² von 9.700 EUR, für 2019 bei 10.000 m² von 22.000 EUR und für 2020 bei ebenfalls 10.000 m² von 23.000 EUR. Diese Berechnung vermag allerdings nicht zu überzeugen, weil einige Kennziffern auf der Ausgabenseite fehlen, die für die Nachvollziehbarkeit der Wirtschaftlichkeit maßgeblich wären. So fehlt der Ansatz für die Entlohnung des Ehemanns der Klägerin, der in der mündlichen Verhandlung angab, er stemme den Gemüseanbau selbst. Außerdem ist nicht nachvollziehbar, wie die beständige Erweiterung der Anbauflächen von 2.500 m² auf dann 10.000 m² praktisch und betriebswirtschaftlich bewerkstelligt werden soll. Denn ihr steht kein Ausgabeposten, etwa in Form des Zukaufs oder der Pacht weiterer Flächen, gegenüber. Insoweit ist die Klagepartei ein Konzept schuldig geblieben. Die flächenmäßige Erweiterung des Gemüseanbaus ist jedoch maßgeblich für die angenommene Gewinnerwartung. Auf diese Punkte weist auch das AELF in seiner Stellungnahme vom 17. Oktober 2017 zu Recht hin.
Des Weiteren fehlt der Ansatz für das hier in Rede stehende Vorhaben, also die ursprünglichen Baukosten, unabhängig von der Tatsache, dass auf Klägerseite unterschiedliche Beträge genannt wurden. Ebensowenig sind die anfallenden Umbaukosten berücksichtigt. Die Wirtschaftlichkeit der baulichen Investition für den Betrieb ist zweifelhaft.
Bereits das AELF verneint die dienende Funktion des Gebäudes auch im Hinblick auf die fehlende Wirtschaftlichkeit des Gebäudes (Stellungnahme vom 17. Oktober 2017). Dabei legt es Baukosten von 250.000 EUR für das Gebäude zugrunde. Dies ist angesichts des Bauantrags vom 16. Juni 2017, in dem dieser Betrag ausdrücklich genannt wurde, nachvollziehbar. Wenn der Prozessbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellt haben möchte, dass „maximal Investitionskosten von 110.000 EUR“ entstanden seien, so ist eine Grundlage für diese Behauptung nicht ersichtlich. Sollte dies darauf abzielen, dass Ausgaben durch Eigenleistung eingespart worden sind (vgl. Stellungnahme AELF vom 17.10.2017 unter Verweis auf Schriftwechsel mit einem Architekten, der darauf hinwies, das von den Baukosten 40-60% durch Eigenleistung eingespart werden könnten), so ist dem AELF zuzustimmen, dass die dafür aufgewendete Arbeitskraft fiktiv angesetzt hätte werden müssen. Auch hierzu sind Darlegungen seitens der Klagepartei nicht erfolgt.
d) Des Weiteren ist die Dauerhaftigkeit des Betriebs auch im Hinblick auf die Nachfolge nicht gesichert. Ein privilegierter Betrieb muss vom Konzept her ein auf Dauer angelegtes Unternehmen sein, weil der zu schonende Außenbereich grundsätzlich nur im Falle einer ernsthaften und in ihrer Beständigkeit langfristig ausgerichteten landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden darf. Nach der Gesamtgestalt des Betriebs muss davon ausgegangen werden, dass der Betrieb nicht nur begrenzte Zeit oder gar nur vorübergehend betrieben werden kann und soll. Dies verlangt, dass nach Lage der Dinge eine Fortsetzung des Betriebs über längere Zeit erwartet werden kann, wenngleich nicht zwingend ist, dass der Betrieb ein Familienbetrieb ist und z.B. durch Erbfolge in der Familie bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 4 C 7/04 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 4.1.2000 – 1 B 97.2298 – juris Rn. 26).
Das Alter der Betriebsinhaber lässt darauf schließen, dass in wenigen Jahren mit dem Eintritt in das Rentenalter zu rechnen ist. Ausweislich einer E-Mail des Ehemanns der Klägerin im Jahr 2016 (Behördenakt BG- …, S. 64) war die Klägerin damals bereits 62 Jahre alt, und entsprechend äußerte er, „die Gastronomie [wird] spätestens in 3-4 Jahren vorbei [sein]“. Damit ist die Frage der Betriebsnachfolge virulent, aber offensichtlich ungelöst. Die Klagepartei bzw. der Ehemann der Klägerin gab in der mündlichen Verhandlung hierzu befragt an, die Nachhaltigkeit des Betriebs könne durch spätere Verpachtung oder Verkauf abgesichert werden; konkrete Interessenten gebe es jedoch (noch) nicht. Später verwies der Ehemann darauf, die jüngere Tochter könne künftig in den Betrieb einsteigen; sie könne mit Pferden umgehen und landwirtschaftliche Maschinen bedienen. Die Tochter sei Tierarzthelferin und habe keine landwirtschaftliche Ausbildung. Damit ist eine Sicherung der Betriebsnachfolge durch sie nicht gewährleistet. Denn es ist nicht gesagt, dass die Tochter auch zur Betriebsübernahme willens und nach ihren derzeitigen und zukünftigen Lebensumständen – soweit sie sich bereits absehen lassen – auch in der Lage ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2004 – 4 C 7/04 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 6.9.2006 – 1 ZB 05.615 – juris Rn. 13).
Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass das Grundstück samt baulichen Anlagen im Februar 2017 im Internet als „… … … …“ zum Verkauf stand. Es kann als wahr unterstellt werden, dass auf dem relevanten Markt eine Nachfrage für die Pacht oder den Kauf des Anwesens besteht. Die alleinige Möglichkeit der wirtschaftlichen Veräußerung genügt aber nicht den Maßstäben, die an die Nachhaltigkeit eines Betriebs in Form einer auf Generationen angelegten Planung gestellt werden. Durch die künftige, ungewisse Veräußerung an noch unbekannte Dritte ist der Fortbestand des privilegierten Betriebs in keiner Weise gesichert, wie nicht zuletzt die Tatsache zeigt, dass das Anwesen der Klägerin als „Mehrfamilienhaus“ inseriert wurde.
e) Außerdem dient das Vorhaben dem Betrieb nicht. Durch das Merkmal des „Dienens“ wird die Privilegierung eingeschränkt. Dabei ist darauf abzustellen, ob ein vernünftiger Landwirt (hier: Erwerbsgärtner) auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – das Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (st. Rspr., BVerwG, U.v. 3.11.1972 – IV C 9.70 – juris, Leitsatz). Ein Bauwerk, das von seinen Dimensionen her nicht auf die betrieblichen Bedürfnisse abgestimmt ist, wird diesen Anforderungen nicht gerecht (BVerwG, B.v. 31.8.1993 – 4 B 150.93 – juris Rn. 3). Es reicht nicht aus, dass das Vorhaben nach den Vorstellungen des Inhabers für seinen Betrieb lediglich förderlich ist; andererseits kann nicht verlangt werden, dass das Vorhaben für den Betrieb schlechthin unentbehrlich ist (BayVGH U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris Rn. 15). Mit dem Tatbestandsmerkmal des „Dienens“ soll sichergestellt werden, dass das Bauvorhaben zu dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht; die eigentliche Zweckbestimmung besteht darin, Missbrauchsversuchen begegnen zu können (BayVGH, U.v. 11.4.2017 – 1 B 16.2509 – juris Rn. 15).
Ein vernünftiger Landwirt/Erwerbsgärtner hätte dieses Gebäude nicht errichtet. Dies gilt sowohl für die Dimensionierung des Gebäudes als auch für seine Ausführung.
Die Klägerin möchte das Gebäude mit einer Brutto-Grundfläche von 175 m² im Rahmen des Gartenbaus nutzen, nämlich als Hofladen für den Gemüseverkauf. Neben dem eigentlichen Gemüseverkauf mit Kasse/Verkaufstheke (65,90 m²) ist eine Fläche für „Gemüseverkostung/Besprechung“ (19,78 m²) vorgesehen sowie Flächen für Lagerung/Aufbereitung/Kühlung des Gemüses (insgesamt 29,88 m²). Neben einem Flur ist auch die Einrichtung von WCs vorgesehen. In flächenmäßig lediglich geringem Maße (20,40 m²) soll es zur bestehenden Pensionspferdehaltung der Klägerin als Reiterstüberl mit Futterkammer genutzt werden; das bisherige Reiterstüberl soll künftig als Heulager genutzt werden.
Von der Fläche her sieht das AELF in seinen Stellungnahmen vom 16. Januar 2017 und 18. Oktober 2017 lediglich 80 m² als dem Gartenbau dienend an; dabei wird zudem ausdrücklich die Frage der Wirtschaftlichkeit ausgeklammert. Als sinnvolle und hofladentypische Einteilung wird eine Aufteilung in 20 m² für einen gefliesten Waschraum zur Aufbereitung des Gemüses, 35 m² als Lagerbereich inkl. Kühlung und 25 m² als eigentlichen Verkaufsraum angesehen (wobei es zwischen den Beteiligten streitig ist, inwieweit diese Flächenverteilung ehemaligen planerischen Vorgaben entspricht). Dieser fachlichen Einschätzung schließt sich das Gericht an. Sie wurde auch von der Klagepartei mit dem Hinweis darauf, dass gemäß dem Grundrissplan jedoch die gesamte Gebäudefläche genutzt werden solle, nicht substantiiert erschüttert. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass allein der Gemüseverkauf mit Kasse/Verkaufstheke eine Fläche von 65,90 m² erfordern soll; zudem warum eine Fläche (knapp 20 m²) für „Gemüseverkostung/Besprechung“ erforderlich sein soll. Sofern hiermit eine faktische Erweiterung der bestehenden Gaststätte (gewerbliche Nutzung) beabsichtigt sein sollte, scheidet eine Privilegierung von vornherein aus. Ein vernünftiger Landwirt/Erwerbsgärtner würde im Übrigen auch nicht derart hohe Baukosten als Investition für den Hof-Verkauf in Kauf nehmen.
Ebenso wenig wird das Vorhaben durch die Zuordnung zum Gartenbaubetrieb äußerlich erkennbar geprägt. Ausweislich der Lichtbilder lassen weder das Bauvolumen noch die bauliche Ausführung optisch einen Hofladen im Innern vermuten. Es ist auch von außen vielmehr der Eindruck naheliegend, dass es sich – gemäß der ursprünglichen Zweckbestimmung – um ein hochwertig ausgeführtes Gastronomiegebäude handelt.
Die Klägerin vermag eine Privilegierung für das ohne Genehmigung als weiteres Gastronomiegebäude errichtete Bauwerk auch nicht nachträglich zu konstruieren. Erst nachdem die Behörde deutlich machte, dass eine Erweiterung der gewerblichen Gastronomiein dem Umfang nicht genehmigt würde und schließlich konkrete bauaufsichtliche Maßnahmen ergriff, sollte dem Gebäude eine Funktion im Rahmen des Gartenbaus zugewiesen werden. Hierauf deutet auch, dass das Gebäude mindestens seit September 2012 besteht, der solidarische Gemüseanbau ausweislich der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung seit mindestens 2014 betrieben wird, die Klägerin aber erst nach Erlass der Beseitigungsanordnung vom 12. April 2017 den aktuellen Bauantrag gestellt hat, der die Nutzung des Gebäudes für den Gartenbau vorsieht.
f) Die Privilegierung eines Teiles des streitigen Gebäudes für die sonstige landwirtschaftliche Betätigung scheitert bereits daran, dass insoweit weder ein Betriebskonzept noch eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorliegt. Es fehlt insbesondere die Gegenüberstellung der anteiligen Baukosten mit den Erträgen aus der Pensionspferdehaltung (nach der Stellungnahme des AELF vom 17. Oktober 2017 liegt der jährliche Gewinn ausgehend von bayerischen Durchschnittswerten eher deutlich unter dem von der Klägerin angegebenen Betrag von 7.000 bis 8.000 EUR).
2. Da das Vorhaben nicht privilegiert ist, handelt es sich um ein „sonstiges Vorhaben“ nach § 35 Abs. 2 BauGB. Dessen Zulassung scheitert, weil öffentliche Belange beeinträchtigt werden. Das Vorhaben widerspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), weil es auf einer Fläche für die Landwirtschaft ausgeführt werden soll. Es beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB); darüber hinaus beeinträchtigt die Ausführung des Vorhabens den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, weil es die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung erwarten lässt.
3. Es liegt keine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB vor, die zu einer Ausblendung der genannten öffentlichen Belange führen würde.
Nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB können die Belange von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 5 und 7 BauGB der Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs nicht entgegengehalten werden, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen – genehmigten – Gebäude und Betrieb angemessen ist. Voraussetzung ist außerdem ein funktionaler und räumlicher Zusammenhang zwischen dem vorhandenen „Betrieb“ und dem neuen Bauvorhaben. Bei der Beurteilung der Angemessenheit im Verhältnis zur vorhandenen Bebauung ist der jeweilige Einzelfall zu betrachten. Eine schematische Beurteilung nach bestimmten einheitlich geltenden Prozentsätzen würde dem nicht gerecht werden; jedoch ist der Umfang der Erweiterung ein wichtiges Indiz für die Beurteilung der Angemessenheit der Erweiterung. Die Grenze der angemessenen Erweiterung wird in Rechtsprechung und Literatur jedoch – mit Variationen je nach den Umständen des Einzelfalls – in dem Bereich einer Flächen- oder Bauvolumenzunahme von etwa 25% bis 50% gezogen (BayVGH, B.v. 12.9.2006 – 1 ZB 05.2076 – juris Rn. 14 m.w.N.). Entscheidend ist jedenfalls das Verhältnis zwischen vorhandenem Betrieb und der Erweiterung; entgegen der Ansicht des Klägervertreters bleibt außer Betracht, wenn Bausubstanz vorhanden war, die zugunsten der Erweiterung beseitigt wurde. Denn knüpfte man an etwaigen Altbestand an, ließe sich jede Schaffung von Ersatzbauten bzw. Umnutzungen rechtfertigen. Dies ist aber mit Sinn und Zweck sowie dem differenzierten System von § 35 Abs. 4 BauGB mit seinem enumerativen, abschließenden Katalog nicht zu vereinbaren.
Da hier die Nutzflächen der baulichen Anlagen vergleichend betrachtet werden, sind Auflagen etwa zur Betriebszeit, wie vom Klägervertreter mit Verweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz postuliert, unbehelflich.
Die Voraussetzungen von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 BauGB liegen nicht vor, weil die Grenzen einer „angemessenen“ Erweiterung deutlich überschritten sind. Der in Bezug zu nehmende Gewerbebetrieb ist der „Hofladen mit Bewirtung“ auf der Grundlage der Tekturgenehmigung vom 4. April 2013. Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 16. Januar 2013 beträgt die gewerbliche Nutzfläche 124 m², hiervon nehmen die maßgeblichen betriebsbezogenen Nutzflächen 49 m² ein, nämlich Verkaufsräume von 25 m² und Gasträume von 24 m² mit 24 Gastplätzen (Behördenakt BG- …, S. 46). Legt man die Zahlen des genehmigten Eingabeplans zugrunde, so betragen Gastraum und Theke zusammen 55,64 m², der „Hofladen“ 11,2 m², gesamt also 66,84 m². Vergleicht man – zugunsten der Klagepartei – diese Zahl mit den betriebsbezogenen Nutzflächen des jetzt streitigen Vorhabens (65,90 m² für Gemüseverkauf/Kasse/Verkaufstheke sowie 19,78 m² für Gemüseverkostung/Besprechung, gesamt also 85,68 m²), so ist offenbar, dass das Vorhaben diese Grenzen deutlich überschreitet. Es läge eine Erweiterung um knapp 130 Prozent vor.
4. Das Vorhaben ist auch nicht nach § 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB teilprivilegiert.
Nach dieser Vorschrift können in begründeten Einzelfällen die Belange nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 5 und 7 BauGB auch der Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, nicht entgegengehalten werden, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB, und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist. Der Verweis auf die entsprechende Anwendung von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b bis g BauGB setzt überdies u.a. voraus, dass durch den Ersatzbau „die äußere Gestalt des Gebäudes im Wesentlichen gewahrt“ bleibt. Auf diese Weise soll sich die Bedeutung, die das ursprüngliche Gebäude in Bezug auf seinen Erhaltungswert und die Kulturlandschaft hatte, in dem neuen Gebäude fortsetzen. Daraus ergeben sich entsprechende Anforderungen an den Neubau. Er muss nach seiner äußeren Gestalt dem ursprünglichen Gebäude entsprechen, und zwar im Wesentlichen. Insofern sind nur geringfügige Abweichungen unschädlich (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 131. EL Oktober 2018, BauGB § 35 Rn. 163 f.).
Zwar ist durch das Vorhaben nicht zwingend mit einer stärkeren Belastung des Außenbereichs zu rechnen. Denn bei dieser Tatbestandsvoraussetzung wird nicht die alte landwirtschaftlich privilegierte Nutzung mit der neuen Nutzung verglichen (was hier zweifelsfrei zur Annahme einer stärken Belastung führen würde), sondern, ob die Neuerrichtung gegenüber einer bloßen Nutzungsänderung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB den Außenbereich stärker belastet. Es ist also zu berücksichtigen, welche Belastungen des Außenbereichs einträten, wenn die Nutzungsänderung nur im Rahmen von § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB ohne Neuerrichtung vorgenommen wird (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 131. EL Oktober 2018, BauGB § 35 Rn. 163d). Hier ist nicht zwingend, dass eine bloße Nutzungsänderung des Schafstalles ohne Neuerrichtung den Außenbereich weniger stark belastet hätte.
Jedoch sind jedenfalls andere Voraussetzungen von Art. 35 Abs. 4 Satz 2 BauGB nicht erfüllt. Seitens der darlegungspflichtigen Klagepartei ist schon nicht das äußere Erscheinungsbild des ursprünglichen Schafstalls dargetan worden. Ebensowenig sind Tatsachen vorgetragen worden, die dafür sprächen, dass der Schafstall von seinem äußeren Erscheinungsbild erhaltenswert gewesen wäre, und zwar auch zur Wahrung der Kulturlandschaft. Anhand der Lichtbilder vom neu errichteten Gebäude ist ferner davon auszugehen, dass der äußeren Gestaltung des ehemaligen Gebäudes nicht entsprochen wurde. Dabei genügt die Wiederverwendung der Bodenplatte und damit eine dem Altbestand vergleichbare Grundfläche nicht. Zwar ist dem Gericht – etwa durch Lichtbilder – kein Vergleich mit dem Altbestand möglich. Nach seiner äußeren Gestaltung lässt das neue Gebäude aber jedenfalls keinen Schafstall vermuten. Somit kann auch davon ausgegangen werden, dass der Neubau dem alten Schafstall nicht entspricht.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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