Baurecht

Erfolglose Nachbarklage gegen eine Bau- und Betriebsgenehmigung für eine Seilbahnerweiterung

Aktenzeichen  Au 6 K 19.1128

Datum:
6.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34159
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 S. 1, § 117 Abs. 5
WEG § 1 Abs. 2, § 13 Abs. 1 HS. 2, § 21 Abs. 2
BImSchG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 Nr. 1, § 4 Abs. 1 S. 1, S. 3, § 22 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2, § 48
GG Art. 2 Abs. 2, Art. 19 Abs. 4
BauGB § 34 Abs. 1, Abs. 2
BayESG Art. 11 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 S. 1, Art. 13 Abs. 5 Nr. 3, Art. 16, Art. 17

 

Leitsatz

1. Die der Gefahrenabwehr dienende Vorschrift des § 22 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BImSchG hat drittschützenden Charakter, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung konkreter schädlicher Umwelteinwirkungen im Einwirkungsbereich der Anlage abzielt.  (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Schattenwurf ist eine Immission i.S.v. § 3 Abs. 2 BImSchG. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die zur Vermeidung von Stressreaktionen durch periodischen Schattenwurf entwickelten Richtwerte für den Schattenwurf von Windenergieanlagen sind nicht auf den Schattenwurf der Kabinen von Seilbahnen anwendbar. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat der Kläger zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die der Beigeladenen erteilte Bau- und Betriebsgenehmigung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Klageantrags bei der Anfechtungsklage ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier also dem Datum der Erteilung der Bau- und Betriebsgenehmigung vom 19. Juni 2019.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO.
1. Der Kläger kann als Wohnungseigentümer Rechte wegen der Beeinträchtigung seines Sondereigentums aus eigenem Recht geltend machen. Er ist insofern klage- und prozessführungsbefugt.
§ 42 Abs. 2 VwGO schließt es aus, Rechte geltend zu machen, über die der Kläger nicht alleine, sondern nur in notwendiger Streitgenossenschaft verfügt (Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 83, 152). Als Wohnungseigentümer i.S.d. § 1 Abs. 2 WEG kann der Kläger Rechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 Halbsatz 2 WEG nur geltend machen, wenn eine konkrete Beeinträchtigung seines Sondereigentums im Raum steht; demgegenüber können Rechte, die im gemeinschaftlichen Eigentum für das gesamte Grundstück wurzeln, nur von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach Maßgabe des § 21 Abs. 2 WEG und nicht von den einzelnen Wohnungseigentümern geltend gemacht werden (BayVGH, B.v. 1.3.2018 – 1 CS 17.2539 – juris Rn. 3; B.v. 27.7.2017 – 1 CS 17.918 – juris Rn. 3). Demnach besteht keine Befugnis zur Geltendmachung von Rechten aus dem ideellen Anteil am gemeinschaftlichen Eigentum (BayVGH, U.v. 12.7.2012 – 2 B 12.1211 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung … besteht eine Eigentümergemeinschaft i.S.d. § 1 Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Der Kläger ist Miteigentümer zu 283,98/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im zweiten Stock. Der Kläger macht eine Verletzung seines Eigentums an seiner Wohneinheit, mithin also seines Sondereigentums geltend. Eine solche Verletzung ist im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte immissionsschutzrechtliche Verpflichtung der Beigeladenen zur Verhinderung von schädlichen Umwelteinwirkungen bzw. zur Beschränkung unvermeidbarer schädlicher Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG durch unzumutbaren Schattenwurf der Kabinen der Seilbahn und im Hinblick auf das aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO folgende Gebot der Rücksichtnahme durch vermehrte Einblickmöglichkeit aus den Kabinen der Seilbahn heraus grundsätzlich möglich. Gründe, weshalb diese Vorschriften ihre Schutzwirkung nur zugunsten des im Miteigentum stehenden Grundstücks und nicht (auch) zugunsten der im Sondereigentum stehenden Wohnungen und deren Nutzung entfalten sollten, sind nicht ersichtlich.
2. Durch die Erhöhung der Schattenfrequenz erscheint eine Verletzung des Klägers in seinem nachbarschützenden Recht aus Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BImSchG möglich. Diese der Gefahrenabwehr dienende Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BImSchG hat drittschützenden Charakter, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung konkreter schädlicher Umwelteinwirkungen im Einwirkungsbereich der Anlage abzielt (BVerwG, U.v. 4.7.1986 – 4 C 31/84 – juris Rn. 27 ff.; U.v. 7.5.1996 – 1 C 10/95 – juris Rn. 33; BGH, U.v. 14.10.1994 – V ZR 76/93 – juris Rn. 25; Heilshorn/Sparwasser in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 22 BImSchG Rn. 92 [Stand: 77. EL August 2015]).
Durch die geltend gemachte erhöhte Einsichtnahmemöglichkeit in die Wohnung und auf die Balkone des Klägers erscheint die Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme aus Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG i.V.m. § 34 Abs. 1 bzw. Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO möglich.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die streitgegenständliche Genehmigung ist in Bezug auf schädliche Umwelteinwirkungen und das Gebot der Rücksichtnahme rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Ein Verstoß gegen immissionsschutzrechtliche Vorschriften nach Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BImSchG liegt, soweit diese nachbarschützend sind, nicht vor. Die durch den Neubau und den Betrieb der …bahn erfolgende Erhöhung der Schattenfrequenz ruft schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstigen Gefahren, erhebliche Nachteile oder Belästigungen bezogen auf den Kläger nicht hervor.
Nach Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG prüft die Kreisverwaltungsbehörde, ob das Vorhaben öffentlichen Interessen widerspricht. Zu diesen öffentlichen Interessen gehört auch das für immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Anlagen gemäß § 22 BImSchG – eine solche ist die …bahn als Seilbahn i.S.d. Art. 11 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayESG und als eine Anlage i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG, da sie nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 BImSchG in der 4. BImSchV als immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig aufgeführt ist – geltende Gebot, nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern und unvermeidbare auf ein Mindestmaß zu beschränken (vgl. zu § 48 Abs. 2 BBergG BVerwG, U.v. 4.7.1986 – 4 C 31/84 – juris Rn. 22). Dabei sind die Anforderungen des § 22 BImSchG bereits bei der fachgesetzlichen Genehmigung zu beachten, wenn für i.S.d. § 4 BImSchG nicht genehmigungsbedürftige Anlagen in anderen Gesetzen Genehmigungs-, Erlaubnis- oder Zulassungsverfahren bestehen, die für die Anforderungen des § 22 BImSchG offen sind. Die Genehmigung ist dann, wenn die Anlage nicht die Anforderungen des § 22 BImSchG erfüllt, zu versagen oder nur mit Einschränkungen, z.B. Auflagen, die den Standard des § 22 BImSchG sichern, zu erteilen (vgl. BVerwG, U.v. 4.7.1986 – 4 C 31/84 – juris Rn. 22).
a) Der Schattenwurf der Kabinen der genehmigten Seilbahn stellt in ihrem Betrieb eine Umwelteinwirkung auf das klägerische Sondereigentum und dort sich aufhaltende Personen dar.
Dieser Schattenwurf ist als Immission i.S.d. § 3 Abs. 2 BImSchG in Form einer ähnlichen Umwelteinwirkung von einem bewegten Objekt (Kabine) auf ein unbewegtes Objekt (Sondereigentum an der Wohnung) dem Grunde nach mit der Licht-Schatten-Wirkung von Windenergieanlagen vergleichbar, da es sich bei der Vorüberfahrt der Kabinen einer Seilbahn nicht um eine statische, sondern um eine dynamische Verschattung, d.h. eine qualitative Veränderung der natürlichen Lichtverhältnisse durch den Rhythmus handelt (zum Schlagschatten und den Lichtreflexionen des Rotors einer Windenergieanlage vgl. Heilshorn/Sparwasser in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 22 BImSchG Rn. 36 [Stand: 77. EL August 2015] m.w.N.; BayVGH, B.v. 5.4.2019 – 22 CS 18.2572, 22 CS 19.23 – juris Rn. 65).
Anders als für den Schlagschatten von Windenergieanlagen fehlen für die Beurteilung des durch den Betrieb einer Seilbahn verursachten Schattenwurfs allgemein anerkannte Maßstäbe und Methoden für die fachliche Beurteilung (siehe aa)). Die Einschätzung der Behörde, dass unter Würdigung der erkennbaren Fakten, insbesondere aufgrund der gutachterlichen Berechnungen und Bewertungen sowie eigener Erhebungen zum Schattenwurf der durch den Neubau der …bahn verursachte Schattenwurf zumutbar sei, ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts aber plausibel und wird der gerichtlichen Entscheidung insoweit zugrunde gelegt (siehe bb)).
Wegen der Garantie des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG haben die Gerichte angefochtene Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig zu überprüfen (BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 295/14 – juris Rn. 19; B.v. 31.5.2011 – 1 BvR 857/07 – juris Rn. 68 m.w.N.). Dies gilt selbst dann, wenn die maßgebliche gesetzliche Regelung außerrechtliche fachliche Beurteilungen erfordert. Existieren keine normativen Konkretisierungen für die fachliche Beurteilung dieser gesetzlichen Tatbestandsmerkmale, müssen sich Behörden und Gerichte zur fachlichen Aufklärung dieser Merkmale unmittelbar der Erkenntnisse der Fachwissenschaft und -praxis bedienen (BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 295/14 – juris Rn. 19). Hierbei zwingt Art. 19 Abs. 4 GG das Gericht jedoch nicht zu weiteren Ermittlungen, wenn die gerichtliche Kontrolle nach weitestmöglicher Aufklärung an die Grenze des Erkenntnisstandes (naturwissenschaftlicher) Wissenschaft und Praxis stößt, sondern erlaubt ihm, seiner Entscheidung insoweit die plausible Einschätzung der Behörde zu der fachlichen Frage zugrunde zu legen (BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 295/14 – juris Rn. 23). Dazu muss es prüfen, ob die verwendeten fachlichen Maßstäbe und Methoden vertretbar sind und ob die Behörde insofern im Ergebnis zu einer plausiblen Einschätzung der fachlichen Tatbestandsmerkmale einer Norm gelangt ist (BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 295/14 – juris Rn. 28; zur behördlichen Einschätzungsprärogative BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – juris Rn. 128; U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris Rn. 65).
Diese höchstrichterlich für artenschutzrechtliche Sachverhalte entwickelten Kriterien sind auf die vorliegende Frage anzuwenden, ab welcher Intensität, bei welcher Art und bei welcher Frequenz des Schattenwurfs dieser eine schädliche Umwelteinwirkung darstellt und ab wann er erheblich belästigend ist.
aa) Für die Beurteilung von Schattenwurf durch den Betrieb einer Seilbahn als schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG fehlt es in den einschlägigen Fachkreisen und der einschlägigen Wissenschaft an allgemein anerkannten Maßstäben und Methoden für die fachliche Beurteilung.
(1) Hinsichtlich der Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigungen durch den Schattenwurf von Seilbahnen existieren keine Grenzwerte – etwa in Form einer auf der Ermächtigungsgrundlage des § 48 BImSchG beruhenden und mit der TA Lärm für von Anlagen hervorgerufene Geräusche als grundsätzlich anwendbare normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift vergleichbaren technischen Anleitung (vgl. st. Rspr. zur Anwendbarkeit der TA Lärm BVerwG, U.v. 29.8.2007 – 4 C 2/07 – juris Rn. 13) – oder Beurteilungsmaßstäbe zur Konkretisierung der Anforderungen aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG und § 22 Abs. 1 BImSchG. Der Normgeber hat – anders als in anderen Bereichen des Immissionsschutzrechts mit den zahlreichen Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften – bisher weder selbst noch durch die Inanspruchnahme fachkundiger Gremien eine entsprechende Maßstabsetzung in Form von Leitlinien oder Grenzwerten für die Rechtsanwendung durch die Exekutive geschaffen (zu dieser Problematik, bezogen auf das Artenschutzrecht BVerwG, U.v. 9.7.2008 – 9 A 14/07 – juris Rn. 64). Es fehlen vorliegend normkonkretisierende Maßstäbe in einem Bereich, in dem es um immissionswissenschaftliche Bewertungen und Einschätzungen hinsichtlich des Schattenwurfs von Kabinen einer Seilbahn geht.
Auch sind dem Verwaltungsgericht keine betreffend den Schattenwurf von Kabinen einer Seilbahn in einschlägigen Fachkreisen und der einschlägigen Wissenschaft allgemein anerkannte Maßstäbe und Methoden für die hier erforderliche fachliche Beurteilung bekannt und solche sind nicht ersichtlich.
(2) Die „Hinweise zur Ermittlung und Beurteilung der optischen Immissionen von Windenergieanlagen (WEA-Schattenwurf-Hinweise)“ der Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) sind auf die Beurteilung des Schattenwurfs einer Seilbahnkabine nicht anwendbar. Dasselbe gilt für Ziffer 7.8 der Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (Windenergie-Erlass – BayWEE) vom 19. Juli 2016 (Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr, für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, für Umwelt und Verbraucherschutz, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Gesundheit und Pflege, Az. IIB5-4112.79-074/14, XI.4-K5106-12c/54 225, 54-L9249-1/21/1, 92b-9211/11, 72a-U3327-2015/3, F1-7711-1/97 und G47-G8174-2016/1, AllMBl. S. 1642).
Diese Hinweise finden Anwendung bei der Beurteilung der optischen Wirkung von Windenergieanlagen auf Menschen und umfassen unter anderem den durch den Windenergieanlagen-Rotor verursachten periodischen Schattenwurf (vgl. Ziffer 1.1 der Hinweise). Nach diesen Hinweisen liegt eine erhebliche Belästigung durch periodischen Schattenwurf dann nicht vor, wenn sowohl die Immissionsrichtwerte für die tägliche als auch die jährliche Beschattungsdauer durch alle auf den maßgeblichen Immissionsort einwirkenden Windenergieanlagen unterschritten werden (Ziffer 3 der Hinweise). Bei der Genehmigung von Windenergieanlagen ist sicherzustellen, dass der Immissionsrichtwert für die astronomisch maximal mögliche Beschattungsdauer von 30 Stunden pro Kalenderjahr (Ziffer 3.1 der Hinweise) und der Immissionsrichtwert für die tägliche Beschattungsdauer von 30 Minuten (Ziffer 3.2 der Hinweise) nicht überschritten werden.
Die WEA-Schattenwurf-Hinweise und die darin enthaltenen Grenzwerte für die Beschattungsdauer für Tag und Jahr sind auf Seilbahnen und den Schattenwurf durch ihre Kabinen entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht entsprechend anwendbar. Der entsprechenden Anwendbarkeit steht die Verschiedenheit des zwar in beiden Fällen dynamischen, aber im Übrigen in Ursache und Wirkung nicht vergleichbaren Schattenwurfs von Windenergieanlagenrotoren und Seilbahnkabinen entgegen. Wie bereits in der Stellungnahme des Immissionsschutzes des Beklagten vom 27. Mai 2019 ausgeführt, auf welche der Beklagte seine fachbehördliche Beurteilung gestützt hat und auf welche das Verwaltungsgericht verweist (§ 117 Abs. 5 VwGO analog), und in der Stellungnahme des Gutachters zur Klagebegründung vom 19. August 2019 (Gerichtsakte, Bl. 167 ff.) noch bestätigt, liegt ein wesentlicher Unterschied erstens in der Geschwindigkeit des Schattenwurfs. Bei einer Fahrgeschwindigkeit der Kabinen der zukünftigen …bahn von 7 m/s wird etwa zweimal pro Minute ein Schattenereignis auftreten, das etwa 0,6 Sekunden jeweils dauert und sich „streichend“ darstellt. Zwischen den Schattenereignissen wird jeweils eine Pause von etwa 30 Sekunden liegen. Die Geschwindigkeit der Flügelspitze einer Windenergieanlage beträgt demgegenüber in der Regel über 56 m/s und der Schlagschatten tritt etwa einmal pro Sekunde auf und ist „blitzartig“, in den Bruchteilen einer Sekunde, wieder vorüber. Zweitens wird der Schattenwurf einer Windenergieanlage als Dauerereignis wahrgenommen, das durch die hohe Frequenz des Schattenwurfs im Bereich des Wahrnehmungshorizonts sowie im Bereich von Hell-Dunkel-Triggern (bei Epilepsie) liegt. Drittens steigt die Erträglichkeit des periodischen Schattenwurfs mit der Länge der Pausen zwischen den einzelnen Schattenereignissen.
Die zur Vermeidung von Stressreaktionen durch periodischen Schattenwurf entwickelten Richtwerte für den Schattenwurf von Windenergieanlagen sind daher nicht auf den Schattenwurf der Kabinen von Seilbahnen anwendbar, da letzterer hinsichtlich seiner Erträglichkeit aufgrund der deutlich geringeren Geschwindigkeit, der deutlich geringeren Schattenfrequenz und auch der unterschiedlichen Wahrnehmung des Schattens als „streichend“ im Gegensatz zu „blitzartig“ sich vom Schattenwurf von Windenergieanlagen maßgeblich unterscheidet. Bei Seilbahnen tritt der sogenannte „Diskoeffekt“ aus Lichtreflexionen und Schattenwurf in schnellem Wechsel gar nicht auf. Darüber hinaus hat auch der Gesetzgeber mit der Entscheidung, Windenergieanlagen nach § 4 BImSchG i.V.m. Nr. 1.6. der 4. BImSchV als von vornherein immissionsschutzrechtlich störende Anlage in den Kreis der genehmigungspflichtigen Anlagen aufzunehmen, Seilbahnen jedoch nicht, einen rechtlich unterschiedlichen Maßstab angelegt, da er Seilbahnen von vorherein immissionsschutzrechtlich als nicht so störend wie Windenergieanlagen und daher nicht nach Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftig eingeordnet hat.
(3) Vorliegend besteht ein Erkenntnisdefizit, weil nicht ohne immissionsschutzfachliche Expertise und Einschätzung beurteilt werden kann, ob der Schattenwurf durch die Kabinen einer Seilbahn gesundheitsschädigend und ab welcher Intensität er unzumutbar ist.
bb) Die Einschätzung des Beklagten, dass unter Würdigung der erkennbaren Fakten, insbesondere aufgrund der gutachterlichen Berechnungen und Bewertungen sowie eigener Erhebungen der durch den Neubau der …bahn verursachte Schattenwurf zumutbar sei, ist aus Sicht des Verwaltungsgerichts nachvollziehbar, vom Kläger nicht substantiiert bestritten und wird daher der gerichtlichen Entscheidung insoweit zugrunde gelegt.
(1) In Ermangelung gesetzlicher und untergesetzlicher Vorgaben sowie von in Fachkreisen und Wissenschaft anerkannten Maßstäben und Methoden hat der Beklagte eine den wissenschaftlichen Maßstäben und vorhandenen Erkenntnissen entsprechende nachvollziehbare Sachverhaltsermittlung vorgenommen. Der Beklagte hat in mehreren Schritten zunächst die Beigeladene zur Aufarbeitung des Sachverhalts verpflichtet, dieses Zwischenergebnis durch seine Fachbehörde prüfen und ergänzen und schließlich durch den Gutachter der Beigeladenen nochmals überarbeiten lassen und dieses Ergebnis des externen Gutachters mit der ausführlichen Beurteilung durch seine Fachbehörde zur Grundlage seiner Genehmigungsentscheidung gemacht (zur Methodik vgl. Stellungnahme des Sachgebiets Immissionsschutz des Landratsamts … vom 27. Mai 2019, S. 15 ff.).
Die vom Gutachter ermittelte maximale Verschattung der Immissionsorte der neuen Bahn bildeten nach Ansicht der Fachbehörde die zukünftig zu erwartenden Verschattungszeiten zuverlässig ab und könnten für die immissionsschutzfachliche Beurteilung zugrunde gelegt werden. Aus Sicht der Immissionsschutzbehörde erscheine die Vorgehensweise des externen Gutachters grundsätzlich vernünftig und plausibel (ebenda, S. 24). Zwar sei eine Überprüfung der Berechnungen und der Berechnungsmethodik aufgrund der computergestützten Modellrechnung sowie der Komplexität der Zusammenhänge nicht möglich. Da der Gutachter jedoch über langjährige Erfahrungen in der Beurteilung von Windenergieanlagen verfüge, sei an den Ergebnissen und der Methodik nicht zu zweifeln. Zudem sei auch eine Modellrechnung für die bestehende Bahn an ausgesuchten Immissionsorten durchgeführt und mit den Vor-Ort-Erhebungen der Behörde verglichen worden. Aufgrund der guten Übereinstimmung von Modell und Wirklichkeit seien das Rechenmodell und die Methodik verlässlich genug.
Die Vorgehensweise des Beklagten bei der Gewinnung, Ermittlung und Auswertung der Daten zur Zumutbarkeit des Schattenwurfs der Kabinen der zukünftigen …bahn ist nachvollziehbar. Für das Verwaltungsgericht ist überzeugend, dass sich der Beklagte maßgeblich auf die Schattenwurfprognose eines externen, von der deutschen Akkreditierungsstelle für die Erstellung von Schattenwurfprognosen für Windenergieanlagen (D-PL-11038-01) akkreditierten, Gutachters gestützt hat, auch wenn der Schattenwurf von Kabinen einer Seilbahn aus den oben genannten Gründen nicht unmittelbar vergleichbar ist mit dem Schattenwurf des Rotors einer Windenergieanlage. Gleichwohl kann mit der methodischen Heranziehung und Anpassung von Erkenntnissen über dynamischen Schattenwurf eine näherungsweise Ermittlung der möglichen Verschattung erreicht werden, da die Übereinstimmung im Vergleich der Modellrechnung für die bestehende Bahn mit den Vor-Ort-Erhebungen der Behörde darauf schließen lässt, dass die Rechenergebnisse für die neue Bahn ebenfalls richtig und verlässlich sind. Der Beklagte hat die Bewertung des externen Gutachters ausgewertet, ergänzend Erwägungen angestellt und ist im Ergebnis zu einer nachvollziehbaren Einschätzung der fachlichen Tatbestandsmerkmale der § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BImSchG gelangt (zu den Voraussetzungen vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 295/14 – juris Rn. 27; BVerwG, U.v. 21.9.2013 – 7 C 40.11 – juris Rn. 19; U.v. 7.4.2016 – 4 C 1.15 – juris Rn. 25).
(2) Der Kläger hat keine substantiierten Einwände gegen die vom Beklagten verwendete Methodik geltend gemacht (zur Prüfung der Einwände vgl. BVerfG, B.v. 23.10.2018 – 1 BvR 2523/13, 1 BvR 295/14 – juris Rn. 28; U.v. 9.7.2008 – 9 A 14.07 – juris Rn. 71 ff.; U.v. 28.4.2016 – 9 A 9.15 – juris Rn. 132 ff.). Vielmehr hat der Kläger seiner Argumentation die vom Beklagten ermittelten Erkenntnisse selbst zugrunde gelegt und die entsprechenden Verschattungszeiten etc. sich zu Eigen gemacht.
b) Es steht für das Verwaltungsgericht fest, dass der durch die Kabinen der zukünftigen …bahn hervorgerufene Schattenwurf keine schädliche Umwelteinwirkung i.S.d. § 3 Abs. 1 BImSchG und für den Kläger nicht unzumutbar ist.
Erstens enthält die streitgegenständliche Bau- und Betriebsgenehmigung hinsichtlich des Schattenwurfs Nebenbestimmungen in Form von Auflagen (siehe V.3.1. zur täglichen Betriebszeit von 07:30 Uhr bis 17:30 Uhr und V.3.2. zur Außerbetriebnahme der Bahn für die jährliche Frühjahrsrevision in der Regel in der Zeit von 1.5. bis 21.5.) zur Minderung der Verschattung in einer der zwei Hauptverschattungsperioden. Die Auflage zur Außerbetriebnahme der …bahn im Mai bewirkt an beiden, die Wohnung des Klägers betreffenden Immissionsorten eine Reduzierung der Beeinträchtigung durch den Schattenwurf für den relevanten Zeitraum. Dadurch wird die theoretisch maximale Verschattung um bis zu vier Wochen gemindert. Zweitens ist der Beurteilung ein Worst-Case-Szenario zugrunde gelegt worden, bei der insbesondere angenommen worden ist, dass an 365 Tagen im Jahr die Sonne scheint und es wurden Wetterphänomene wie Nebel und Dunst sowie die Verschattung der Fenster durch Gebäude und Bewuchs nicht berücksichtigt. Dies gilt insbesondere für den Südbalkon des Klägers, da dieser durch den Schattenwurf seitens des südlich ansteigenden Hangs (Richtung O. Straße) und die daran stehenden Bäume verschattet wird, wie auch der Augenscheinstermin bestätigt hat. Drittens ist dem Kläger in der Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme zuzumuten, sich gegen die restliche dynamische Verschattung durch Vorhänge, oder – falls vorhanden – das Herunterlassen von Rollläden oder Markisen zu schützen (zu Lichtimmissionen und Lichtreflexionen bei Windenergieanlagen VG Augsburg, U.v. 7.12.2016 – Au 4 K 16.1019, 16.1019 – juris Rn. 71). Wenn der Kläger ausführt, dass er wegen der Hanglage des Gebäudes, in dem seine Wohnung sei, erst relativ spät Sonne bekomme, er diese nicht noch durch die Markise abdecken und insbesondere die Sonne genießen und nicht alle 30 Sekunden durch den Schattenwurf einer Seilbahnkabine verdeckt haben möchte (Sitzungsprotokoll vom 6. November 2019, S. 5), legt die Tatsache, dass sich die klägerische Wohnung im Dachgeschoss befindet, es nahe, dass auch der Kläger sich – zumindest zu dem Zweck, seine Wohnung in den Sommermonaten möglichst kühl zu halten – sich oben genannter Mittel bedienen könnte, die neben der Hitze auch den unmittelbaren Schattenwurf abwenden.
2. Das Vorhaben verstößt auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme nach Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG i.V.m. §§ 29 ff. BauGB. Ist ein Bauvorhaben wie hier nach § 34 Abs. 1 bzw. 2 BauGB zu beurteilen, ist das Gebot der Rücksichtnahme in dem in dieser Bestimmung genannten Begriff des Einfügens bzw. in einer unmittelbaren Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthalten und als öffentliches Interesse i.S.d. Art. 13 Abs. 5 Nr. 3 BayESG zu berücksichtigen.
Dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme kommt im Einzelfall nachbarschützende Wirkung insoweit zu, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Inhaltlich zielt es darauf ab, Spannungen und Störungen, die durch unverträgliche Grundstücksnutzungen entstehen können, möglichst zu vermeiden. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, B.v. 6.12.1996 – 4 B 215/96 – juris Rn. 9). Insoweit müssen die Umstände des Einzelfalles eindeutig ergeben, auf wen Rücksicht zu nehmen und inwieweit eine besondere rechtliche Schutzwürdigkeit des Betroffenen anzuerkennen ist (BVerwG, U.v. 5.8.1983 – 4 C 96/79 – BVerwGE 67, 334).
a) Die Beigeladene ist nicht zu weitergehender Rücksichtnahme gegenüber dem Kläger hinsichtlich der oben genannten Verschattung von dessen Wohnung mit Balkonen verpflichtet.
Neben der zumutbaren Selbsthilfe des Klägers durch eigene Abschirmung gegen für ihn lästigen Schattenwurf durch Markisen, Rollläden und Jalousien (vgl. soeben) ist der Kläger umgekehrt selbst zu höherer Rücksichtnahme verpflichtet, da er mit seinem erst im Jahr 1999 baurechtlich überhaupt genehmigten Dachgeschossausbau räumlich und zeitlich an die längst bestehende Seilbahn heranrückte (dazu sogleich). Mithin hat er sich dem vorhandenen Schattenwurf ausgesetzt und muss auch mit einer Erneuerung und Ertüchtigung der Seilbahn rechnen, wie sie für eine bereits Jahrzehnte in der bestehenden Form betriebene Infrastruktureinrichtung typisch ist.
b) Die Beigeladene ist nicht zu weitergehender Rücksichtnahme hinsichtlich der klägerseitig geltend gemachten Einsichtnahmemöglichkeiten auf die Außen- und die Innenwohnbereiche der klägerischen Wohnung verpflichtet.
Erstens ist nicht von einer effektiven Zunahme der Einsichtnahmemöglichkeiten der Fahrgäste der Seilbahn auszugehen, da zwar die Zahl der Fahrgäste verdoppelt, aber ihr Transport durch völlig neu gestaltete Kabinen wesentlich geändert wird. Anders als bisher werden sie nicht mehr stehend mit Halt und Blick nach außen, sondern sitzend mit Blickrichtung nach innen und Rücken zur Außenseite befördert, wobei den Fahrgästen das Stehen in der Kabine verboten ist (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 7). Auch dadurch wird je nach Auslastung der jeweiligen Kabine das Sichtfeld des jeweiligen Fahrgastes eingeschränkt. Zudem ist es durch diese Sitzpositionen nicht gewährleistet, dass alle Passagiere gleichzeitig einen ungehinderten Blick nach außen und vor allem nach unten haben bzw. eine solche Ausblickmöglichkeit durch Wenden des Oberkörpers wahrnehmen. Ein Blick schräg nach unten ist im Sitzen auf einem der mittleren Plätze nur bei maximaler Verdrehung des Kopfes nach hinten möglich (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 7). Lediglich von den Sitzpositionen außen an den Schmalseiten der Kabine ergibt sich ein Blick schräg nach unten und nur bei nicht vollbesetzter Kabine ist ein Ausblick zwischen den gegenüberliegenden Sitzflächen und den Sitzpolstern möglich (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 8). Das Verwaltungsgericht geht davon aus, dass der durchschnittliche Seilbahnpassagier den Blick entweder zu seinen Mitpassagieren oder zum Berg hin und nur in den seltensten Fällen gezielt nach unten in die unter der Seilbahntrasse liegende Wohnbebauung richtet. Die Beigeladene wird zur weiteren Reduzierung der Blickmöglichkeiten nach außen heraus die Schmalseiten der Kabinen bis zu einer Höhe von 86 cm mit Blickschutz versehen (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 7). Dieser Blickschutz geht damit über den im streitgegenständlichen Bescheid beauflagten Sichtschutz von 60 cm hinaus (vgl. Ziffer VII.3.17 des Bescheids vom 19. Juni 2019); auch der Kabinenboden ist blickdicht.
Zweitens bietet sich aus der in Fahrt befindlichen Kabine kein stabiler Beobachtungsblick, sondern allenfalls ein flüchtiger Einblick. Das Verwaltungsgericht hat beim Augenscheinstermin den Eindruck gewonnen, dass bei Fahrt auf die klägerische Wohnung zu und bei einer Überfahrt über die Wohnung kein stabiler Einblick in sensible Bereiche der klägerischen Wohnung möglich ist. Die durch die Fahrt mit der bisherigen …bahn gewonnenen Eindrücke können hinsichtlich der Einsichtnahmemöglichkeit auf die streitgegenständliche neue …bahn übertragen werden, da sich die Trasse der neuen …bahn nur marginal in Höhe der klägerischen Wohnung verschieben wird, so dass keine neuen und anderen Einsichtnahmeperspektiven zu erwarten sind. So waren bei einer Überfahrt mit einer der Kabinen der bisherigen …bahn mit bloßem Auge Gegenstände auf dem Balkon des Klägers erkennbar, als die Kabine östlich des Talseitenmasts schräg über der Wohnung und über dem Westbalkon des Klägers angehalten worden ist (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 8 f.). Bei dem Halt der Kabine über der Wohnung des Klägers waren zudem hinter der Fensterfront des Wohn-/Esszimmers eine Tischseite und eine Sofakante sichtbar, wobei sich im Übrigen die Innenseite der Balkonbrüstung im Fenster gespiegelt hat. Die sich an der Ost- und Südseite der Wohnung befindlichen Schlafzimmerfenster sind sehr klein und weisen ein Fenstergitter auf (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 6), so dass in sie, gerade aus der …bahn heraus, nicht eingesehen werden kann. Hinter dem Wohnzimmerfenster ist es für einen Seilbahnfahrgast kaum möglich, etwas zu erkennen. Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere, dass die Einsichtnahme aus einer fahrenden Kabine einer Seilbahn heraus nicht vergleichbar mit einer Einsichtnahme aus einem Nachbarhaus heraus ist, da hier nicht statisch und mit beliebiger Dauer Einsicht genommen werden kann, sondern ein Fahrgast bei einer Seilbahnfahrt mit zügiger Geschwindigkeit nur einen Blick über eine Vielzahl an Gebäuden schweifen lassen kann, ohne die wirkliche Möglichkeit zu haben, seine Wahrnehmung auf eine konkrete Stelle zu konzentrieren.
Drittens kann der Kläger Einblicken vorbeugen und sich durch einen entsprechenden Sichtschutz vor unerwünschten Blicken v.a. in den Raum, der zugleich sein Wohn-, Ess- sowie Küchenraum ist (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 3), und auf seine beiden Balkone wehren. Die beiden Balkone erweisen sich jedoch einerseits – im Vergleich zu einem hier nicht betroffenen sensiblen Schlafbereich – als nicht besonders schutzwürdig. Andererseits kann sich der Kläger durch entsprechende vorhandene (wie die Markise auf dem Westbalkon, vgl. Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 3 f.) oder zu errichtende Sichtschutzvorkehrungen (insbesondere auf dem Südbalkon, auf welchem bisher keine Verschattungseinrichtung vorhanden ist, vgl. Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 5) vor einer Einsichtnahme schützen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Kabinen der …bahn – je nach Auslastung – in einer Höhe von etwa 26,4 bis 37,9 Metern (gemessen am Boden der Kabinen) über der Wohnung des Klägers und seinen Balkonen verkehren werden (Gerichtsakte, Bl. 115). Es ist daher lediglich eine Einsichtnahme aus weiterer Entfernung möglich.
Viertens besteht wegen der Lage der klägerischen Wohnung unter der Trasse der …bahn in ihrer bisherigen, 1928 genehmigten und 1975 modernisierten Form, westlich neben der mit Zuschauertribüne höher gelegenen Skisprungarena „…“, einem der Austragungsorte der …tournee, sowie nördlich neben der in Hanglage neben der klägerischen Wohnung höher verlaufenden …straße eine erhebliche Vorbelastung: Vom Südbalkon des Klägers aus ist im Westen der Ausblick über den Markt … und einen Mast der bestehenden …bahn sowie deren Seile, mit denen die bisherigen Kabinen bewegt werden, zu sehen und im Osten sind zwei der Tribünen der „…“ zu sehen (zur Tribüne von der Rückseite her, Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 3). Die ganz oben auf der der Skisprungschanze zugewandten (Steh-)Tribüne stehenden Zuschauer können von einer Art Balkon aus Einsicht auf den klägerischen Südbalkon nehmen. Das gleiche gilt für die Zuschauer aus der „Tribünenkurve“, die mit geradem Blick auf den Südbalkon des Klägers schauen können. Von der …straße im Süden besteht unstreitig je nach Vegetation eine Blickbeziehung herab auf den Süd- und den Westbalkon (Augenscheinsprotokoll vom 6. November 2019, S. 5). So besteht bereits heute die Einsichtnahmemöglichkeit aus der bestehenden …bahn heraus, die Einsichtnahmemöglichkeit aus der vom Südbalkon des Klägers einsehbare Tribüne der „…“ und die Einsichtnahmemöglichkeit aus der neben der Wohnung verlaufenden …straße. Die …bahn prägt das Ortsbild von … seit den 1930er Jahren. Der Kläger hat die Wohnung in dem im Jahr 1969 genehmigten Gebäude erst im Jahr 2014 in Kenntnis der schon bestehenden …bahn erworben. Er war sich der schon jetzt bestehenden Einsichtnahmemöglichkeiten bewusst und hat diese hingenommen. Der Kläger hat selbst angegeben, aktuell seinen Südbalkon nicht gegen Sonneneinstrahlung oder Einblick aus den vorhandenen Kabinen wegen des aus seiner Sicht traumhaften Ausblicks aus seinem Wohnzimmer zu schützen (Sitzungsprotokoll vom 6. November 2019, S. 6).
Durch den Neubau der …bahn mit der größeren Anzahl an 10er-Kabinen wird damit keine neue Qualität von Einsichtnahmemöglichkeiten geschaffen und der Kläger wird deshalb nicht in rücksichtsloser Weise beeinträchtigt.
3. Nach alledem verletzt die mit der Klage angefochtene Bau- und Betriebsgenehmigung vom 19. Juni 2019 den Kläger nicht in nachbarschützenden Rechten. Die Klage erweist sich als erfolglos. Die Beigeladene hat sich der Einwendungen der Öffentlichkeit im Genehmigungsverfahren angenommen und durch Zugeständnisse, die entsprechend vom Beklagten beauflagt worden sind, hinreichende Vorkehrungen zur Reduzierung der Beeinträchtigungen der Anwohner und auch des Klägers durch Schattenwurf und Einsichtnahmemöglichkeiten getroffen. Auch hat sie in der mündlichen Verhandlung neben dem Verweis auf den angebrachten Sichtschutz an den Kabinen sowie die Revisionszeiten der …bahn im Mai und November, welche länger als technisch notwendig seien und wegen der Betriebsunterbrechung auch eine Umsatzeinbuße bedeuten würden (siehe oben und Sitzungsprotokoll vom 6. November 2019, S. 4) ausgeführt, dass sie bei der Neukonzeption der Seilbahn nicht die wirtschaftlich wünschenswerte maximale Kapazität ausgeschöpft habe, was ohne öffentliche Förderung so kaum wirtschaftlich wäre. Insbesondere habe sie nicht eine wirtschaftliche Form des Seilbahnbetriebs einer Einseilumlaufbahn gewählt, sondern die jetzt beauflagte und genehmigte Form, die 13 Millionen Euro teurer sei, aber den Abstand zur Wohnbebauung mindestens wie jetzt einhalte (Sitzungsprotokoll vom 6. November 2019, S. 3 f.).
Die Beigeladene hat entsprechend ihrer Pflicht aus § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG schädliche Umwelteinwirkungen durch den Schattenwurf verhindert und entsprechend ihrer Verpflichtung aus dem Gebot der Rücksichtnahme, diese und etwaige Spannungen und Störungen resultierend aus den Einsichtnahmemöglichkeiten soweit wie möglich reduziert. Dagegen hat der Kläger nicht die ihm aus Sicht des Verwaltungsgerichts zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft, Beeinträchtigungen durch den Schattenwurf sowie die Einsichtnahmemöglichkeit zu mindern.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich mithin auch dem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass der Kläger als im Verfahren unterlegen die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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