Baurecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wegen baurechtllicher Beseitigungsanordnung bzgl. Thuja-Hecke und Holztor im Außenbereich

Aktenzeichen  15 ZB 18.2653

Datum:
12.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9527
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 5, § 124a Abs. 5
BayBO Art. 76 S. 1
BauGB § 35 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1, Nr. 5, Nr. 7

 

Leitsatz

1. Bestandsschutz kann nur dann angenommen werden, wenn die Instandsetzungsarbeiten die Identität des ursprünglichen Bauwerks wahren (Rn. 11-13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der ermessensfehlerfreie Erlass einer Beseitigungsanordnung kann ausgeschlossen sein, wenn die Bauaufsichtsbehörde durch vorausgegangenes positives Tun einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Bauherrn geschaffen hat. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 6 K 17.277 2018-10-16 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung, ein Gebäude, eine Thuja-Hecke und ein Holztor vollständig zu beseitigen.
Er ist seit Oktober 2014 Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung …, Gemeinde G…, auf dem sich die streitgegenständlichen Anlagen befinden. Das Grundstück ist durch eine Grundstücksteilung aus einem größeren Grundstück hervorgegangen, auf dem sich früher auf dem nördlichen Grundstücksteil ein Sägewerk befunden hat. Das Grundstück ist im Flächennutzungsplan als landwirtschaftliche Nutzfläche dargestellt und befindet sich im Geltungsbereich der Landschaftsschutzgebietsverordnung „Bayerischer Wald“. Bis zu deren Inkrafttreten am 1. Januar 2001 lag das Grundstück im Bereich der Naturparkverordnung „…“.
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, frühestens im Jahr 1988 errichtete der damalige Grundstückseigentümer das streitgegenständliche Gebäude. Eine Baugenehmigung dafür wurde nicht erteilt. Nach Angaben der Gemeinde wurde dieses Gebäude nach seiner Errichtung als Wohngebäude genutzt. Im Jahr 2014 erwarb der Kläger das Grundstück und begann im Jahr 2015 mit Bauarbeiten. Daraufhin stellte das Landratsamt D. (im Folgenden: Landratsamt) mit Bescheid vom 24. Juli 2015 die Bauarbeiten ein und untersagte die Nutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 forderte das Landratsamt den Kläger auf, das Gebäude und die Einfriedung zu beseitigen, da keine Genehmigung vorliege und auch nicht in Aussicht gestellt werden könne.
Nachdem der Kläger dem nicht nachkam, ordnete das Landratsamt mit Bescheid vom 19. Januar 2017 die Beseitigung des Gebäudes und der Einfriedung, bestehende aus der Thuja-Hecke und dem Einfahrtstor, an. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO seien erfüllt. Das Grundstück liege im Außenbereich und eine Privilegierung sei nicht ersichtlich. Eine Baugenehmigung könne nicht erteilt werden. Das bauaufsichtliche Einschreiten gegenüber Anlagen, die den öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen, liege dabei regelmäßig im öffentlichen Interesse. Es solle eine ungerechtfertigte Zersiedelung der Landschaft unterbunden werden.
Die gegen den Bescheid vom 19. Januar 2017 erhobene Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg mit Urteil vom 16. Oktober 2018 abgewiesen. Das Gebäude und die Einfriedung seien sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Der Errichtung des Gebäudes und des Tors stünden öffentliche Belange entgegen. Sie widersprächen dem Flächennutzungsplan. Zudem liege eine Beeinträchtigung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts vor. Die Errichtung und Änderung des Gebäudes lasse auch die Entstehung, Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten. Die Thuja-Hecke bedürfe einer naturschutzrechtlichen Erlaubnis, die nicht vorliege und nicht erteilt werden könne. Für das Gebäude bestehe kein Bestandsschutz, da es zu keinem Zeitpunkt genehmigt oder genehmigungsfähig gewesen sei. Der Umbau wäre ohnehin nicht vom Bestandsschutz gedeckt, da es sich nicht nur um bloße Instandhaltungsarbeiten gehandelt habe. Die Ermessensentscheidung des Landratsamts sei nicht zu beanstanden.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, das Gebäude sei zum Zeitpunkt seiner Errichtung genehmigungsfähig gewesen, da ihm keine öffentlichen Belange entgegengestanden hätten. Der Flächennutzungsplan sei erst später aufgestellt worden. Es könne auch eine Erlaubnis nach der Landschaftsschutzgebietsverordnung bzw. Naturparkverordnung erteilt werden, da die Schutzzwecke der Verordnungen durch das Vorhaben nicht verletzt würden. Das kleine Wohngebäude mit nur 50 m2 Grundfläche direkt neben einer befahrenen Straße im Anschluss an andere, sehr viel größere Gebäude, beeinträchtige weder Natur und Landschaft noch das Landschaftsbild oder das angrenzende Biotop, das erst im Jahr 2011 erhoben worden sei und dem Vorhaben im Zeitpunkt seiner Errichtung nicht habe entgegengehalten werden können. Das Vorhaben beeinträchtige auch nicht die natürliche Eigenart der Landschaft und deren Erholungswert, denn es bette sich idyllisch in die Umgebung ein. Es lasse auch nicht die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten, denn es bestehe im weiten Umfeld kleinteilige Bebauung. Diese verstreute Gebäudestruktur im umliegenden Gebiet entspreche der herkömmlichen Siedlungsform. Diese frühere Verwaltungspraxis werde nicht berücksichtigt. Das Vorhaben ordne sich auch der vorhandenen Bebauung unter, ohne zusätzliche Spannungen auszulösen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich früher auf dem Grundstück ein Sägewerk befunden habe, das mittlerweile abgerissen worden sei. Zudem bestehe Bestandsschutz, da bloß Instandhaltungsarbeiten erledigt worden seien. Das ursprüngliche Gebäude sei noch vorhanden, es sei nur teilweise „verkleidet“, einige Bauteile ausgetauscht und Schutzvorrichtungen angebracht worden. Das Gebäude sei auch zum Zeitpunkt der Beseitigungsanordnung genehmigungsfähig gewesen. Auch die Hecke und das Tor seien rechtmäßig. Sie bedürften keiner naturschutzrechtlichen Erlaubnis. Jedenfalls habe der Beklagte das Ermessen falsch ausgeübt. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass das Gebäude über 30 Jahre hinweg geduldet worden sei. Zudem sei nicht hinreichend beachtet worden, dass es sich nur um ein kleines, eingeschossiges Gebäude handele, dem weder Nachbarn noch Planungswünsche der Gemeinde entgegenstünden und durch das die öffentliche Sicherheit nicht berührt werde. Das Erstgericht verkenne die Tiefe der Begründungspflicht. Als milderes Mittel wäre die Stellung eines Bauantrags oder ein Rückbau in Betracht gekommen. Zudem habe das Gericht den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt, da keine Ortsbesichtigung durchgeführt worden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 5 VwGO) nicht.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erheb-liche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
Der Kläger konnte die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen des Art. 76 Satz 1 BayBO vorliegen, da die streitgegenständlichen Anlagen formell und materiell rechtswidrig sind und das Landratsamt das Ermessen bei Erlass der Beseitigungsanordnung ordnungsgemäß ausgeübt hat, nicht in Zweifel ziehen.
1.1 Das Verwaltungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger sich nicht auf Bestandsschutz berufen kann. Bestandsschutz kann nur dann angenommen werden, wenn die Instandsetzungsarbeiten die Identität des ursprünglichen Bauwerks wahren (vgl. BVerwG, U.v. 24.10.1980 – IV C 81.77 – BVerwGE 61, 112 = juris Rn. 15 m.w.N.). Aus den in den Akten befindlichen Lichtbildern ist ersichtlich, dass die Dachneigung des ursprünglichen Gebäudes auf der östlichen Seite verändert, das Gebäude unter Einbeziehung eines seitlichen Anbaus erheblich verbreitert und das Dach neu eingedeckt worden ist sowie neue Fenster und Türen eingebaut worden sind. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei solchen Maßnahmen nicht mehr um Instandhaltungsarbeiten handelt, selbst wenn das ursprüngliche Gebäude unter einer Plane noch vorhanden und die überbaute Grundfläche nicht verändert worden ist. Der Kläger, dem insoweit die materielle Beweislast obliegt (vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Dezember 2019, Art. 76 Rn. 130, 447), hat angesichts dieser Feststellungen des Verwaltungsgerichts keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass es sich nur um Reparaturen und die Ersetzung einzelner schadhafter Bauteile gehandelt hat, die als bloße Instandsetzungsmaßnahmen angesehen werden können.
1.2 Der Kläger konnte auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, das Gebäude und das Einfahrtstor seien im heutigen Zeitpunkt nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB genehmigungsfähig, da diese Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widersprechen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) und die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB), nicht erschüttern. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen. Insbesondere ist nicht zweifelhaft, dass nach § 6 Abs. 2 der Verordnung über das „Landschaftsschutzgebiet Bayerischer Wald“ vom 17. Januar 2006 (Landschaftsschutzgebietsverordnung „Bayerischer Wald“ – LSG-VO, RABl 3/2006, erstmals erlassen am 21. November 2000, RABl 17/2000), zuletzt geändert durch Verordnung vom 3. Juni 2014 (RABl 9/2014), keine Erlaubnis für das Vorhaben erteilt werden kann und das Vorhaben daher Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigt (vgl. BayVGH, B.v. 11.6.2012 – 9 ZB 09.271 – juris Rn. 11 m.w.N.; für privilegierte Vorhaben BVerwG, B.v. 2.2.2000 – 4 B 104.99 – ZfBR 2000, 428 = juris Rn. 2). Schutzzweck der Verordnung ist nach deren § 3 Nr. 1 1. Spiegelstrich LSG-VO die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten und dauerhaft zu verbessern, insbesondere erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu verhindern. Nach § 5 Abs. 1 LSG-VO sind alle Handlungen verboten, die den in § 3 genannten besonderen Schutzzwecken zuwiderlaufen. Eine Erlaubnis zur Errichtung genehmigungspflichtiger baulicher Anlagen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 LSG-VO ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LSG-VO nur dann zu erteilen, wenn das Vorhaben keine der in § 5 LSG-VO genannten Wirkungen hervorrufen kann oder diese Wirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Die Errichtung eines Wohngebäudes im Außenbereich stellt eine nachhaltige Beeinträchtigung der Natur und Landschaft i.S.d. §§ 3 Nr. 1 1. Spiegelstrich, 5 Abs. 1 LSG-VO dar, der die Landschaftsschutzgebietsverordnung entgegenwirken soll.
Soweit der Kläger vorträgt, die Darstellungen des Flächennutzungsplans und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der natürlichen Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswerts stünden dem Vorhaben deshalb nicht entgegen, da das Gebäude schon seit 30 Jahren bestehe, kann dem nicht gefolgt werden. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass das Gebäude auch bei seiner Errichtung nicht genehmigungsfähig war, da auch damals nach § 7 Abs. 3 der Verordnung über den „Naturpark Bayerischer Wald“ vom 16. September 1986 (Naturparkverordnung „Bayrischer Wald“ – NatParkV, GVBl S. 328) für die Errichtung eines Wohngebäudes keine Erlaubnis erteilt werden konnte. Aus dem in der Antragsbegründung zitierten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 25.3.1996 – 14 B 94.119 – BayVBl 1997, 369), das die Genehmigungsfähigkeit einer Windkraftanlage im Naturpark „Bayerischer Wald“ verneint hat, ergibt sich nichts anderes. Danach ist nicht die technische Neuartigkeit einer Anlage geeignet, das Landschaftsbild zu beeinträchtigen, sondern maßgebend ist „der Standpunkt des gebildeten, für den Gedanken des Natur- und Landschaftsschutzes aufgeschlossenen Betrachters“. Gemessen an diesen Vorhaben lief die Errichtung des Gebäudes dem Schutzzweck der Naturparkverordnung „Bayerischer Wald“ zuwider. Auch der Umstand, dass das Gebäude relativ klein ist und nahe an der Straße liegt, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Wie auf den Lichtbildern ersichtlich, ist das Gebäude von der Straße gut sichtbar. Es kann also keine Rede davon sein, dass es keinerlei Aufmerksamkeit auf sich zieht und keine Auswirkungen auf das Landschaftsbild hat. Das Gebäude hat auch keinen Zusammenhang mit einem Weiler, denn es liegt, durch einen Gehölzstreifen und eine Wiese getrennt, über 80 m abgesetzt von den nördlich gelegenen Gebäuden auf FlNr. … und ca. 100 m entfernt von der Bebauung auf FlNr. …
Es ist auch nicht zweifelhaft, dass durch das Gebäude gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Spiegelstrich 8 BauGB [1986]) die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung zu befürchten ist. Die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – ZfBR 2012, 570 = juris Rn. 21 f. m.w.N.) nur dann zu „befürchten“, wenn das Vorhaben zur Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer „unerwünschten“ Splittersiedlung führt. Die Verfestigung einer Splittersiedlung ist unter anderem dann unerwünscht, wenn das Vorhaben eine weit reichende oder doch nicht genau übersehbare Vorbildwirkung besitzt und daher seine unabweisbare Konsequenz sein könnte, dass in nicht verlässlich eingrenzbarer Weise noch weitere Bauten hinzutreten werden. Das Merkmal des Befürchtens der Verfestigung einer Splittersiedlung setzt dabei nicht voraus, dass als Folge der Zulassung des insoweit öffentliche Belange beeinträchtigenden Vorhabens ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Zulassung weiterer Vorhaben entsteht. Es genügt, dass die Gründe, die weiteren Vorhaben entgegengehalten werden könnten, an Überzeugungskraft einbüßen würden, wenn das jetzt beantragte Vorhaben nicht aus eben den Gründen – der Verfestigung einer Splittersiedlung – versagt würde, mit der Genehmigung also ein sogenannter Berufungsfall geschaffen würde (BVerwG a.a.O.). Dass hier gerade durch die im weiteren Umfeld vorhandene Bebauung die Gefahr besteht, dass z.B. auf den im Norden angrenzenden Grundstücken weitere Gebäude zugelassen werden müssten, erscheint nicht unwahrscheinlich. Der Auffassung des Klägers, die verstreute Gebäudestrukur im umliegenden Gebiet entspreche der herkömmlichen Siedlungsform in der Gegend, kann nicht gefolgt werden, denn dafür gibt es keine Hinweise. Dass sich das Vorhaben bei seiner Errichtung im Jahr 1988 der vorhandenen Bebauung unterordnete ohne zusätzliche Ansprüche oder Spannungen auszulösen, trifft nicht zu. Mit dem Vorhaben wurde gerade keine vorhandene Lücke in der nördlich gelegenen Splittersiedlung gefüllt, sondern das frühere Sägewerk und das dazugehörige Wohnhaus lagen zwischen 80 und 100 m entfernt. Damit war auch damals zu befürchten, dass die Bebauung sich zwischen dem Sägewerk und dem streitgegenständlichen Gebäude unorganisch weiterentwickelt.
1.3 Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das Landratsamt die Beseitigung der Thuja-Hecke anordnen konnte. Für die Thuja-Hecke kann keine Erlaubnis nach § 6 Abs. 1 Nr. 8 LSG-VO erteilt werden, da die nicht standortheimische Hecke, die offensichtlich die Einsicht in und das Betreten des Grundstücks verhindern soll, den Charakter des Gebiets verändert. Die Hecke befindet sich auch nicht in einem Hausgarten i.S.d. Landschaftsschutzgebietsverordnung „Bayerischer Wald“, da das Wohnhaus nicht genehmigungsfähig ist (s.o. Nr. 1.2). Das Gebiet ist auch nicht als vorbelastet durch das vorhandene Gebäude anzusehen, da dieses auch zum Zeitpunkt seiner Errichtung nicht genehmigungsfähig war.
1.4 Es bestehen auch keine Zweifel, dass das Landratsamt das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat. Zwar kann der ermessensfehlerfreie Erlass einer Beseitigungsanordnung ausgeschlossen sein, wenn die Bauaufsichtsbehörde durch vorausgegangenes positives Tun einen Vertrauenstatbestand zugunsten des Bauherrn geschaffen hat (vgl. Decker in Simon/Busse, Stand Dezember 2019, BayBO, Art. 76). Einen solchen Vertrauenstatbestand hat das Landratsamt aber nicht geschaffen, denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das Gebäude als Wohnhaus bereits über längere Zeit bewusst hingenommen worden ist. Auch der Kläger zeigt mit seiner Antragsbegründung keine solchen Umstände auf.
1.5 Das Landratsamt musste nicht vorrangig die Stellung eines Bauantrags nach Art. 76 Satz 3 BayBO verlangen, da das Gebäude nicht genehmigungsfähig ist und damit nicht auf andere Weise als durch die Beseitigung rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dazu müsste das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 37; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Solche Schwierigkeiten werden mit der Antragsbegründung nicht substantiiert aufgezeigt und liegen auch nicht vor.
3. Dem Verwaltungsgericht ist auch kein Verfahrensfehler unterlaufen, der zur Zulassung der Berufung führen könnte (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO ist nicht hinreichend dargelegt. Es wird mit dem Antrag schon nicht substantiiert vorgetragen, zum Beweis welcher Tatsachen ein Augenschein erforderlich gewesen sein sollte. Darüber hinaus verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich nicht, wenn es – wie hier – von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 10 BN 1.15 – CuR 2016, 134 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 15 ZB 15.2668 – juris Rn. 26). Ein Beweisantrag hinsichtlich der örtlichen Verhältnisse ist aber ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2018 nicht gestellt worden.
4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, Anhang) und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag, gegen den die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.
5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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