Baurecht

Erfolgloser Eilantrag des Nachbarn gegen Mobilfunkanlage im Außenbereich

Aktenzeichen  M 8 SN 17.496

Datum:
27.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 59 S. 1, Art. 68 Abs. 1 S. 1
BauGB BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3, § 212a Abs. 1
BImSchG BImSchG § 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
26. BImSchV § 2 Abs. 1 S. 1
BEMFV BEMFV § 4 Abs. 1
GG GG Art. 2 Abs. 2 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 1, § 80a Abs. 3

 

Leitsatz

1. Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtsschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die staatliche Schutzpflicht verlangt von den Gerichten nicht, ungesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen durch Beweisaufnahmen zur Durchsetzung zu verhelfen oder die Vorsorgeentscheidung des Verordnungsgebers unter Kontrolle zu halten und die Schutzeignung von Grenzwerten jeweils nach dem aktuellen Stand der Forschung zu beurteilen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wir auf 3.750 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, Inhaberin eines Erbbaurechts für das Grundstück …straße 1, FlNr. … Gemarkung …, begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die der Beigeladenen (vgl. Beschluss vom 9.2.2017) von der Antragsgegnerin erteilte Baugenehmigung u.a. für die Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Grundstück …straße 35, FlNr. …
Auf den Antrag der Beigeladenen vom 21. Dezember 2015 erteilte die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Baugenehmigung vom 28. April 2016 für den Austausch eines Flutlichtmastes und Errichtung einer Mobilfunkanlage auf dem Grundstück …straße 35, FlNr. … im vereinfachten Genehmigungsverfahren, insbesondere auch unter Ersetzung der landschaftsschutzrechtlichen Erlaubnis sowie unter Nebenbestimmungen. Zu den von der Antragstellerin bereits im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwendungen führt die Antragsgegnerin in der Begründung der streitbefangenen Baugenehmigung aus, das Vorhaben liege im Außenbereich und beurteile sich nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 Baugesetzbuch (BauGB). Es sei als solches planungsrechtlich zulässig und entspreche den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen seien. Dem Gebot der nachbarlichen Rücksichtnahme im Bezug auf die ausgehenden Strahlungswirkungen sei genüge getan, da die erforderliche Standortbescheinigung nach der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder für das Vorhaben erteilt worden sei.
Die Baugenehmigung wurde der Antragstellerin ausweislich der zu den Verfahrensakten der Antragsgegnerin genommenen Zustellungsurkunde am 3. Mai 2016 zugestellt. Bei den Verfahrensakten der Antragsgegnerin befindet sich zudem auch die Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 30. November 2015.
Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2016, der bei Gericht am selben Tag eingegangen ist, hat die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten Klage gegen die Baugenehmigung vom 28. April 2016 erhoben, die bei Gericht unter M 8 K 16.2507 anhängig und über die noch nicht entschieden ist. Zur Begründung wird unter Vorlage zahlreicher Publikationen im Wesentlichen ausgeführt, dass in Anbetracht der unkalkulierbaren gesundheitlichen Risiken für die Anwohner wie die Antragstellerin, für die Kinder und Erzieher der nahe gelegenen Kindertagesstätte und für die Kinder und Lehrer der nahe gelegenen Schule nur eine Versagung der Genehmigung als Ausdruck der von der öffentlichen Hand sicher zu stellende Vorsorge in Betracht komme.
Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017, der bei Gericht am 8. Februar 2017 eingegangen sucht die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten zudem um einstweiligen Rechtsschutz im Verfahren nach §§ 80a, 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nach und beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 2. Juni 2016 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 28. April 2016 anzuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Beigeladene habe ungeachtet der Klage den Umbau der Flutlichtmasten der Sportanlage vorgenommen und die Anlage auch bereits an das Kabelnetz der Deutschen Telekom angeschlossen. Lediglich die Inbetriebnahme stehe noch aus. Mit dieser müsse jederzeit gerechnet werden. Eine solche würde aber die Gesundheit der Antragstellerin massiv beeinträchtigen. Auf die gesundheitsbedenklichen Auswirkungen der Mobilfunkstrahlungen, wie sie in der Klageschrift vom 2. Juni 2016 dargelegt seien, werde verwiesen. Die Antragsgegnerin sei nicht in der Lage, den Nachweis zu führen, dass diese Auswirkungen nicht zu befürchten seien und der Betrieb der Anlage auf keinen Fall eine Gesundheitsbeeinträchtigung zur Folge haben könne. Daher müssten aus Gründen des staatlich verpflichtenden Vorsorgeprinzips die vorgetragenen, zu befürchtenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ernst genommen werden.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 20. Februar 2017 die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung vertieft sie ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren, insbesondere zur Wahrung des Gebots der Rücksichtnahme mit Blick auf die Einhaltung der Grenzwerte nach der Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV).
Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht schriftsätzlich geäußert und auch keinen eigenen Antrag gestellt.
Mit Beschluss vom 22. Februar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten dieses sowie des Hauptsacheverfahrens M 8 K 16.2507 sowie die vorgelegte Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin (M 8 K 16.2507) nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ist zulässig, bleibt in der Sache aber erfolglos. Ihre Anfechtungsklage wird voraussichtlich keinen Erfolg haben, da die angefochtene Baugenehmigung vom 28. April 2016 bei summarischer Prüfung nachbarschützenden Vorschriften nicht verletzt.
1. Nach § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Erhebt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung Anfechtungsklage, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden Interessen (vgl. z.B. Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches Indiz zu berücksichtigen (Schmidt, a.a.O., § 80 Rn. 73 ff.).
2. Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von Normen beruht, die gerade auch dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH, B.v. 24.3.2009 – 14 CS 08.3017 – juris Rn. 20). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht – auch nicht teilweise – dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke zu dienen bestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass ein Nachbar eine Baugenehmigung zudem nur dann mit Erfolg anfechten kann, wenn die Genehmigung rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit sich aus einer Verletzung von Vorschriften ergibt, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (BayVGH, B.v. 24.3.2009 aaO). Verstößt ein Vorhaben gegen eine drittschützende Vorschrift, die im Baugenehmigungsverfahren nicht zu prüfen war, trifft die Baugenehmigung insoweit keine Regelung und ist der Nachbar darauf zu verweisen, Rechtschutz gegen das Vorhaben über einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Ausführung dieses Vorhabens zu suchen (vgl. BVerwG, B.v. 16.1.1997 – 4 B 244/96 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 14.10.2008 – 2 CS 08.2132 – juris Rn. 3).
3. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, sprechen die überwiegenden Gründe dafür, dass das mit der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugelassene Bauvorhaben nicht gegen drittschützende Rechte der Antragstellerin verstößt, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren (Art. 59 Satz 1 Bayerische Bauordnung – BayBO, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich nicht um einen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO, sodass sich der Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde aus Art. 59 BayBO ergibt.
Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO kommt vorliegend als nachbarschützende Recht allein das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme in Betracht. Nachdem sich das angegriffene Vorhaben im bauplanungsrechtlichen Außenbereich befindet, ist dieses Gebot normativ an § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB festzumachen. Das Vorhaben ruft für die Antragstellerin allerdings keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervor und genügt dem Gebot der Rücksichtnahme. Im Einzelnen:
Auf die Errichtung und den Betrieb von Hochfrequenzanlagen – wie hier – finden die Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) und die Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) Anwendung. In der hier nach § 4 Abs. 1 BEMFV für die streitbefangene Mobilfunkanlage notwendigen Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur vom 30. November 2015 wird bestätigt, dass außerhalb eines standortbezogenen Sicherheitsabstandes (§ 5 Abs. 1 und 2 BEMFV), der in der Hauptstrahlrichtung horizontal 12,36 m und vertikal 3,26 m bei einer Montagehöhe der Anlage von 13,50 m über Grund beträgt, die für den Betrieb der Antennen festgelegten Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 26. BImSchV i.V.m. § 3 BEMFV eingehalten sind. Folglich werden diese Grenzwerte insbesondere auch auf dem ca. 140 m entfernten Hausgrundstück der Antragstellerin nicht überschritten. Damit sind Verstöße sowohl gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme (vgl. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) als auch gegen § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) hier ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v. 14.6.2013 – 15 ZB 13.612 – juris Rn. 9; U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.397 – juris, Rn. 31).
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Grenzwerte nach § 2 der 26. BImSchV wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unbeachtlich wären. Insbesondere fehlen Anhaltspunkte dafür, die in der 26. BImSchV normierten Anforderungen an den Betrieb von Hochfrequenzanlagen verletzten die Pflicht des Staates zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor schädlichen Umwelteinwirkungen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist diese staatliche Schutzpflicht nicht bereits dann verletzt, wenn einzelne Stimmen im fachwissenschaftlichen Schrifttum ein schärferes Vorgehen des Staates, etwa in Form strengerer Grenzwerte oder weitergehender Vorsorgepflichten, verlangen. Gerade weil es um die Bewertung komplexer Wirkungszusammenhänge geht und bei der Erfüllung der Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen sind, hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass hierfür in erster Linie der in § 23 BImSchG ermächtigte Verordnungsgeber in einem Verfahren unter parlamentarischer Beteiligung (§ 48b BImSchG) berufen ist (vgl. zuletzt BVerfG, B.v. 24.1.2007 – 1 BvR 382/05 – juris, Rn. 18). Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebietet es danach nicht, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Deren Verletzung kann vielmehr nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Liegen noch keine verlässlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse über komplexe Gefährdungslagen – wie hier die schädlichen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder – vor, verlangt die staatliche Schutzpflicht auch von den Gerichten nicht, ungesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Hilfe des Prozessrechts durch Beweisaufnahmen zur Durchsetzung zu verhelfen oder die Vorsorgeentscheidung des Verordnungsgebers unter Kontrolle zu halten und die Schutzeignung der Grenzwerte jeweils nach dem aktuellen Stand der Forschung zu beurteilen. Es ist vielmehr Sache des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln nach allen Seiten zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weitergehende Schutzmaßnahmen treffen zu können. Eine Verletzung der Nachbesserungspflicht durch den Verordnungsgeber kann gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich untragbar geworden ist. Dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht und die obergerichtliche Rechtsprechung, namentlich auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, angeschlossen (vgl. BVerwG, GB.v. 21.9.2010 – 7 A 7/10 – juris Rn. 17f.; B.v. 26.9.2013 – 4 VR 1/13 – juris; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 3.7.2014 – OVG 6 S. 26.14 – juris Rn. 7f.; BayVGH, B.v. 14.6.2013 – 15 ZB 13.612 – Rn. 9).
Gemessen hieran hat die Antragstellerin nicht dargetan, dass die Einschätzung des Verordnungsgebers bei der erst am 14. August 2013 erfolgten Novellierung der 26. BImSchV (BGBl. I S. 3266), es könne hinsichtlich der von Hochfrequenzanlagen ausgehenden elektromagnetischen Felder bei den bislang festgelegten Grenzwerten verbleiben, aufgrund neuer Erkenntnisse evident untragbar geworden ist und sich der Betrieb des hier angegriffenen Antennenmastes aufgrund dieser Erkenntnisse für die Nutzung ihres Hausgrundstücks als unzumutbar erweist. Der vorgenannten Novelle zur 26. BImSchV ist eine umfassende Sichtung und Bewertung des aktuellen Forschungsstandes zu den Auswirkungen von Mobilfunk vorausgegangen (vgl. die Begründung der Bundesregierung zur Verordnung zur Änderung der Vorschriften über elektromagnetische Felder und das telekommunikationsrechtliche Nachweisverfahrens vom 8.5.2013 [BT-Drs. 17/13421], den Fünften Bericht der Bundesregierung über die Forschungsergebnisse in Bezug auf die Emissionsminderungsmöglichkeiten der gesamten Mobilfunktechnologie und in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen vom 3.1.2013 [BT-Drs. 17/12027] und die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zu „Mobilfunktechnik und Gesundheitsschutz“ vom 26.8.2013 [BT-Drs. 17/14646]). Unterstützt wurde die Bundesregierung bei der Bewertung des aktuellen Forschungsstandes von staatlichen Beratergremien, namentlich der Strahlenschutzkommission. Diese lässt in ihrer Stellungnahme vom 29./30. September 2011 über „Biologische Auswirkungen des Mobilfunks – Gesamtschau“ auch kritische wissenschaftliche Meinungen nicht unerwähnt, wie zum Beispiel die Bewertung der internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) vom Mai 2011 über „möglicherweise krebserregende“ Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder, auf die auch der Bevollmächtigte der Antragstellerin über die in der Klageschrift in Bezug genommenen Ausführungen von Budzinski (NVwZ 2013, 404) hinweist. Die Strahlenschutzkommission hält diese Bewertung angesichts anderer Untersuchungen indes nicht für so belastbar, dass daraus strengere Vorgaben für das Mobilfunknetz resultierten (vgl. Stellungnahme vom 29./30. September 2011, aaO S. 36 ff.). Gleichwohl erachten sowohl die Strahlenschutzkommission als auch daran anschließend die Bundesregierung weitere Forschungen zur Bewertung der Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder des Mobilfunks für notwendig, etwa zur Risikobewertung der Exposition von Kindern oder zur Langzeitwirkung hochfrequenter Felder (vgl. BT-Drs. 17/12027, S. 3 ff.).
Vor diesem Hintergrund kann eine Verletzung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG durch den Verordnungsgeber nicht angenommen werden.
Da das Vorhaben mithin dem Stand der Technik entspricht und das Hausgrundstück der Antragstellerin zudem auch in erheblicher Distanz zur Grenze der Sicherheitsabstände für hochfrequente Felder belegen ist, sind vorhabenbedingte schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu besorgen. Das Vorhaben genügt folglich dem Gebot der Rücksichtnahme, sodass der Antrag abzulehnen war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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