Baurecht

Erlaubnis zur Rodung eines Waldes mit besonderer Bedeutung für den lokalen Klimaschutz

Aktenzeichen  M 25 K 16.2689

Datum:
1.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21948
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayWaldG Art. 2 Abs. 1, Art. 6, Art. 9

 

Leitsatz

1 Eine Rodung widerspricht einem Waldfunktionsplan, wenn dort für den streitgegenständlichen Wald eine Festsetzung als „Wald mit besonderer Bedeutung für den lokalen Klimaschutz“ besteht. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zum öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Waldes iSv Art. 9 Abs. 5 Nr. 2 BayWaldG, wenn eine Erlaubnis zur Rodung in einer waldarmen Gegend begehrt wird. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
1. Der Bescheid des Beklagten … Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der Rodungserlaubnis, § 113 Abs. 5 VwGO.
Anspruchsgrundlage ist Art. 9 Abs. 3 BayWaldG, wonach die Erlaubnis zur Rodung zu erteilen ist, sofern sich aus Art. 9 Abs. 4 bis 7 BayWaldG nichts anderes ergibt. Rodung ist die Beseitigung von Wald zugunsten einer anderen Bodennutzungsart, Art. 9 Abs. 2 S. 1 BayWaldG. Sie bedarf der Erlaubnis. Wald im Sinne des Waldgesetzes ist jede mit Waldbäumen bestockte oder nach den Vorschriften des Bayerischen Waldgesetzes wieder aufzuforstende Fläche, Art. 2 Abs. 1 BayWaldG.
Das vom Kläger beabsichtigten Vorhaben stellt eine erlaubnispflichtige Rodung i.S.d. Bayerischen Waldgesetzes dar, Art. 9 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayWaldG. Bei dem streitbefangenen Wald handelt es sich um Wald i.S.d. Art. 2 Abs. 1 BayWald, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist und durch den Augenschein bestätigt wurde. Dass der Waldbestand auf dem Grundstück durch Sturmwurf stark dezimiert ist, ist dabei unerheblich, da den Kläger insoweit die sich aus Art. 15 Abs. 1 S. 1 BayWaldG ergebende Wiederaufforstungspflicht trifft (vgl. auch BayVGH U.v.18.9.2002 – 19 B 97.3564 – beckonline, BeckRS 2002, 31907). Der Kläger möchte auf einer Teilfläche des Grundstücks den Wald beseitigten. Die Fläche soll zukünftig als Weidefläche und Streuobstwiese genutzt werden. Eine Nutzungsänderung liegt damit ebenfalls vor.
Der Erlaubnis steht aber der Versagungsgrund des Art. 9 Abs. 5 Nr. 1 und 2 BayWaldG entgegen.
a. Nach Art. 9 Abs. 5 Nr. 1 BayWaldG soll die Erlaubnis versagt werden, wenn die Rodung Waldfunktionsplänen nach Art. 6 BayWaldG widerspricht oder deren Ziele gefährdet.
Nach Art. 6 BayWaldG enthalten Waldfunktionspläne die Darstellung und Bewertung der Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen der Wälder sowie ihre Bedeutung für die biologische Vielfalt. Sie enthalten zudem die zur Erfüllung der Funktionen und zum Erhalt der biologischen Vielfalt erforderlichen Ziele und Maßnahmen sowie Wege zu ihrer Verwirklichung. Vorrangiges Ziel der Walfunktionspläne ist, die Waldflächen mit ihren vielfältigen Waldfunktionen für die Gesellschaft zu erhalten oder zu mehren (vgl. Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckel, Forstrecht in Bayern, Kommentar, Stand: Mai 2018, Erl. zu Art. 6 Rn. 2). Für die vorliegend betroffene Waldfläche gilt der Waldfunktionsplan der Planungsregion Oberland. In diesem besteht für den streitgegenständlichen Wald eine Festsetzung als „Wald mit besonderer Bedeutung für den lokalen Klimaschutz“. Die Rodung der Fläche zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung würde somit offensichtlich dem Waldfunktionsplan widersprechen, Art. 9 Abs. 5 Nr. 1, 1. Alt i.V.m. Art. 6 BayWaldG.
b. Die Rodungserlaubnis soll nach Art. 9 Abs. 5 Nr. 2 BayWaldG weiter versagt werden, wenn die Erhaltung des Waldes aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse liegt und dieses vor den Belangen des Antragstellers Vorrang genießt. Vorliegend liegt die Erhaltung des Waldes auch aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse, Art. 9 Abs. 5 Nr. 2 BayWaldG. Dieses hat zudem Vorrang vor den Belangen des Klägers. Das öffentliche Interesse ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich um eine waldarme Gegend handelt, in der der Erhaltung von Wald besondere Bedeutung zukommt. Der Bewaldungsanteil im Gemeindegebiet … liegt bei 25% und damit deutlich unter dem landkreisweiten Durchschnitt von 35% bzw. bayernweiten Durchschnitt von 37%. Zudem ist das Waldstück Bestandteil des „…“ und befindet sich auf einem die Landschaft prägenden Moränenhügel, der schon immer bewaldet war. Demgegenüber haben die Belange des Klägers zurückzutreten. Der Kläger hat in seinem Antrag angegeben, dass er in der Übergangszeit die Fläche als Weidefläche für seinen landwirtschaftlichen Betrieb benötige. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger seinen landwirtschaftlichen Betrieb im 35 km entfernten Partenkirchen betreibt und nicht anzunehmen ist, dass der Kläger tatsächlich seine Tiere zu seinem Grundstück in … transportiert. Für den Bau des auf dem Grundstück geplanten landwirtschaftlichen Gebäudes hat der Kläger im Übrigen keine Genehmigung erhalten, so dass sich die Pläne des Klägers auch sonst nicht verwirklichen lassen. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Waldes überwiegt somit.
c. Bei der Vorschrift des Art. 9 Abs. 5 BayWaldG handelt es sich schließlich um eine sog. „Soll-Vorschrift“. Danach hat die Behörde im Regelfall die Erlaubnis bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu versagen, wenn nicht ein atypischer Ausnahmefall vorliegt (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage, 2019, § 114 Rn 15 m.w.N.). Besondere Gründe, die hier eine Ausnahme von der Versagung erfordern würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Damit wurde die beantragte Rodung zu Recht versagt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis nach Art. 9 Abs. 3 BayWaldG.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 111 ZPO.


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