Baurecht

Erschließung eines Grundstücks trotz hinterfüllter Mauer

Aktenzeichen  W 3 K 18.949

Datum:
24.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 33756
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayKAG Art. 5a Abs. 7
BauGB § 125 Abs. 2, § 129, § 130 Abs. 2 S. 3, § 131, § 214 Abs. 3 S. 2
BayBO Art. 62
VwGO § 82 Abs. 1 S. 3, § 86 Abs. 1

 

Leitsatz

Eine auf dem an eine Erschließungsanlage angrenzenden Grundstück errichtete sechs Meter hohe hinterfüllte Mauer, die das Anliegergrundstück zur Erschließungsanlage hin zur Gänze verschließt, stellt auch dann ein künstlich geschaffenes Hindernis dar und ist für die Beantwortung der Frage, ob das Grundstück von der Erschließungsanlage erschlossen ist, unbeachtlich, wenn die Mauer vor 64 Jahren von einem Rechtsvorgänger des derzeitigen Grundstückseigentümers errichtet worden ist. Sie hat sich nicht durch Zeitablauf in ein natürliches Hindernis gewandelt. (Rn. 126 – 150)
1. Der Grundsatz der Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 VwGO findet in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten eine Grenze. Diese besteht gerade darin, dass ein Beteiligter die zur Begründung seines Begehrens dienenden Tatsachen und Beweismittel nach § 82 Abs. 1 S. 3 VwGO angeben soll. Solange er seiner Pflicht nicht nachkommt, überprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen, braucht das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Beitragssätze nicht nachzugehen. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die den Bebauungsplan ersetzende Planung einer Erschließungsanlage ist als interner Vorgang zu qualifizieren, der die von § 125 Abs. 2 BauGB vorausgesetzte Abwägungsentscheidung hinsichtlich der Kriterien des § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB zu enthalten hat. Ein etwaiger Mangel im Abwägungsvorgang ist analog § 214 Abs. 3 S. 2 BauGB nur dann erheblich, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung der Gemeinde ohne den Mangel anders ausgefallen wäre. (Rn. 97) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die verkehrliche Erschließung eines Grundstücks erfordert im Grundsatz eine Erreichbarkeit dergestalt, dass an ein Grundstück herangefahren werden kann, soweit nicht das Bebauungsrecht ausnahmsweise weniger, nämlich eine Erreichbarkeit lediglich für Fußgänger (Zugang) genügen lässt oder mehr verlangt, nämlich eine Erreichbarkeit in Form der Möglichkeit, mit Kraftfahrzeugen auf das Grundstück herauffahren zu können. (Rn. 120) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 10. Juli 2018 wird insoweit aufgehoben, als die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks Fl.-Nr. …4/11 und …4/16 der Gemarkung … zu einem höheren Erschließungsbeitrag als 59.233,45 EUR veranlagt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu 7/10 und die Beklagte zu 3/10 zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch die Klägerin im Vorverfahren war notwendig.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 10. Juli 2018, mit welchem die Beklagte von der Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks mit den Fl.Nrn. …4/11 und …4/16 der Gemarkung … einen Beitrag für die erstmalige Erschließung des H* …wegs in Höhe von 83.266,76 EUR erhebt. Die Klägerin begehrt die Aufhebung dieses Bescheides.
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich insoweit als rechtmäßig, als er einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 59.233,45 EUR festsetzt. Insoweit verletzt er die Klägerin nicht in ihren Rechten. Soweit der Bescheid jedoch einen höheren Erschließungsbeitrag als 59.233,45 EUR verlangt, ist er rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit ist der Bescheid aufzuheben; im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Nach Art. 5a des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2018 (GVBl. S.449), § 127 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in der Bekanntmachung vom 3. November 2017 (BGBl. I S. 3634), erheben die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen einen Erschließungsbeitrag. Erschließungsanlagen in diesem Sinne sind u.a. die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen (Art. 5a KAG i.V.m. § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB). Beitragspflichtiger ist nach Art. 5a Abs. 1 KAG i.V.m. § 134 Abs. 1 BauGB derjenige, der im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Beitragsbescheides Eigentümer des Grundstückes ist.
Gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 132 BauGB regeln die Gemeinden durch Satzung die Art und den Umfang der Erschließungsanlagen im Sinne des § 129 BauGB, die Art der Ermittlung und der Verteilung des Aufwandes sowie die Höhe des Einheitssatzes, die Kostenspaltung und die Merkmale der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage.
Mit ihrer Erschließungsbeitragssatzung vom 12. Juni 1990 – EBS -, zuletzt geändert mit Satzung vom 24. September 2012, hat die Beklagte eine Beitragssatzung in diesem Sinne geschaffen. Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung sind nicht ersichtlich; auch in materiell-rechtlicher Hinsicht liegen Fehler, die zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder zur Unwirksamkeit streitrelevanter Satzungsbestimmungen führen würden, weder auf der Hand noch wurden solche von der Klägerseite vorgetragen. Sie bildet eine wirksame Grundlage für die Erhebung von Erschließungsbeiträgen.
Auf der Grundlage dieser Satzung hat die Beklagte von der Klägerin für das Grundstück mit den Fl.Nrn. …4/11 und …4/16 mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht einen Erschließungsbeitrag in Höhe von 59.233,45 EUR für die erstmalige Herstellung der Erschließungsanlage H* H1.weg mit P* H1.weg erhoben. Lediglich soweit der angefochtene Bescheid diesen Betrag übersteigt, erfolgte die Beitragserhebung zu Unrecht.
1. Als Erschließungsanlage im Sinne des Art. 5a KAG i.V.m. § 127 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BauGB, für welche die Beklagte zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands einen Erschließungsbeitrag erhebt, ist im vorliegenden Fall der H* H1.weg von der Abzweigung an der G* H1. Straße bis zum Ende seines ausgebauten Bereichs an der Ostgrenze von Grundstück Fl.Nr. …1/3 einschließlich der S. straße P* H1.weg von dessen Beginn am H* H1.weg bis zum Ende seines ausgebauten Bereichs etwa 6 m südlich der nördlichen Grundstücksgrenze von Grundstück Fl.Nr. …61/1 zugrunde zu legen.
Wie weit eine einzelne A1. straße reicht und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt, bestimmt sich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Straße als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen, Grundstücksgrenzen oder dem zeitlichen Ablauf von Planung und Bauausführung auszurichten, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Straßenausstattung (st. Rspr.; vgl. etwa BayVGH, U.v. 30.6.2011 – 6 B 08.369 – juris Rn. 18; B.v. 23.2.2015 – 6 ZB 13.978 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 25.8.2016 – 6 ZB 16.410 – juris Rn. 5; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 6 Rn. 4).
a) In Anwendung dieses Grundsatzes beginnt der H* H1.weg in seiner Eigenschaft als Erschließungsanlage an der Kreuzung G* H1. Straße – A* H1.straße/H* H1.weg, die einen augenfälligen Einschnitt im Straßennetz darstellt. Der H* H1.weg als Erschließungsanlage endet an der östlichen Grenze des letzten an der Straße gelegenen bebauten Grundstücks Fl.Nr. …1/3, wo zudem auch der ausgebaute Bereich der Straße endet.
b) Nach der natürlichen Betrachtungsweise, also nach dem Gesamteindruck, den die tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln, bildet der P* H1.weg kein unselbständiges Anhängsel und damit auch keinen Bestandteil des H* …wegs, von dem er abzweigt.
Ob eine S. straße als unselbständiger Teil der Straße, von der sie ausgeht, anzusehen ist, oder ob sie eine eigenständige Anlage bildet, ergibt sich aus der Ausdehnung der S. straße, aus der Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke und vor allem aus dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der H2. straße (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 6 Rn. 17).
Im vorliegenden Fall ist der P* H1.weg von seiner Einmündung in den H* H1.weg bis zu seinem Ausbauende etwa 6 m südlich der nördlichen Grenze des Grundstücks Fl.Nr. …61/1 etwa 106 m lang. Wie die Ortseinsicht ergeben hat, ist vom jeweiligen Ende des P* …wegs das jeweils andere Ende nicht erkennbar, dies aufgrund der vorhandenen Kurve und der in der Steigung vorhandenen Kuppe im mittleren Bereich der Straße. Damit ist er unter Zugrundelegung der natürlichen Betrachtungsweise als selbständige Erschließungsanlage einzustufen.
c) Allerdings hat die Beklagte mit Beschluss des Planungs- und Verkehrssenats vom 18. September 2012 den H* H1.weg und den P* H1.weg auf der Grundlage von Art. 5a KAG i.V.m. § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB zu einer Erschließungseinheit zusammengelegt. Dies ist nicht zu beanstanden.
Nach § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB kann für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, der Erschließungsaufwand insgesamt ermittelt werden. Sinn und Zweck des Instituts der Erschließungseinheit besteht in der Nivellierung und Umverteilung der Beitragslast dadurch, dass die Anlieger der regelmäßig kostengünstigeren N. straße am Aufwand der regelmäßig teureren H2. straße beteiligt werden (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 751). Voraussetzung für die Bildung einer Erschließungseinheit ist somit ein besonderer funktioneller Zusammenhang, bei welchem alle Anlieger gemeinsam auf die Nutzung der H2. straße angewiesen sind. Dies ist dann gegeben, wenn ausschließlich die H2. straße der N. straße die Anbindung an das übrige Straßennetz der Gemeinde vermittelt (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 10 Rn. 23 und Rn. 24 m.w.N.).
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall gegeben. Der P* H1.weg ist als (selbständige) S. straße vom H* H1.weg in der oben beschriebenen Art und Weise abhängig.
Als weitere Voraussetzung für die Bildung einer Erschließungseinheit im Sinne des Art. 5a KAG i.V.m. § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB darf diese nicht zu einer Mehrbelastung für die Anlieger der H2. straße führen (BVerwG, U.v. 10.6.2009 – 9 C 2.08 – BVerfGE 134, 139; U.v. 12.5.2016 – 9 C 11.16 – juris Rn. 209). Diesbezüglich ist ein Vergleich der Belastung der Anlieger der H2. straße mit und ohne Einbeziehung der S. straße erforderlich. Dieser Belastungsvergleich soll anhand einer Prognose auf der Grundlage der für die Gemeinde im Zeitpunkt der Zusammenfassungsentscheidung ermittelbaren Daten über die voraussichtliche Höhe des endgültigen umlagefähigen Erschließungsaufwandes sowie der voraussichtlichen Nutzung der erschlossenen Grundstücksflächen erfolgen (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 10 Rn. 25 m.w.N.). Die Gemeinde hat ihre Prognoseentscheidung so lange zu überprüfen, bis die Beitragspflicht für die erste der zusammengefassten Anlagen entsteht (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 751).
Im vorliegenden Fall kann den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht entnommen werden, dass diese im Zeitpunkt der Zusammenfassungsentscheidung ausdrücklich eine entsprechende Prognose gestellt hätte. Allerdings unterliegt die Bildung einer Erschließungseinheit als „innerdienstlicher Akt“ keiner Begründungspflicht (Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 768 m.w.N.; Schmitz, a.a.O., § 10 Rn. 36). Deshalb ist das Gericht darauf angewiesen, aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zu beurteilen, ob im Zeitpunkt der Zusammenfassungsentscheidung eine entsprechende Prognose ergeben hätte, dass die Anlieger der H2.straße durch die Zusammenfassungsentscheidung höher belastet worden wären als bei einer jeweils separaten Abrechnung beider Erschließungsanlagen.
Dies kann so nicht festgestellt werden. Betrachtet man die von der Beklagten vorgelegten Daten für die endgültige Abrechnung (vgl. Bl. 333a bis Bl. 333h der Gerichtsakte), ergibt sich bei einer separaten Abrechnung des H* …wegs ohne den P* H1.weg ein Beitragssatz von 7,7183071 EUR pro qm bzw. BE (525.180,90 EUR beitragsfähige Kosten; 68.043,43 BE). Bei separater Abrechnung des P* …wegs ergibt sich ein Beitragssatz von 7,3996845 EUR pro qm bzw. BE (70.321,20 EUR beitragsfähige Kosten; 9.563,27 BE). Bei gemeinsamer Abrechnung beider Anlagen ergib sich ein Beitragssatz von 7,6733231 EUR pro qm bzw. BE (595.501,29 EUR beitragsfähige Kosten; 77.606,70 BE). Dies macht deutlich, dass die Anlieger des H* …wegs durch die Zusammenfassungsentscheidung nicht höher belastet werden als bei separater Abrechnung des H* …wegs. Weiterhin ist nichts erkennbar, was die Sachlage am 18. September 2012, dem Zeitpunkt der Zusammenfassungsentscheidung, in einem anderen Licht hätte erscheinen lassen können. Deshalb muss die Zusammenfassungsentscheidung vom 18. September 2012, die sich ausdrücklich auf § 130 Abs. 2 Satz 3 BauGB stützt, unabhängig von der damaligen Motivation des Planungs- und Verkehrssenats der Beklagten als wirksam angesehen werden.
Eine Zusammenfassungsentscheidung war auch nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil die Beitragspflicht für zumindest eine der beiden Erschließungsanlagen schon vor dem 18. September 2012 entstanden wäre. Denn eine Zusammenfassungsentscheidung muss in zeitlicher Hinsicht getroffen werden, bevor die sachliche Erschließungsbeitragspflicht entsprechend der gesetzlichen Regel für die einzelne Erschließungsanlage entstanden ist (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 10 Rn. 37). Im vorliegenden Fall war die Beitragspflicht weder für den H* H1.weg noch für den P* H1.weg vor dem 18. September 2012 entstanden.
Gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 2 Satz 1 BauGB entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage. Voraussetzung für die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage ist es unter anderem, dass das diesbezüglich seitens der Gemeinde aufgestellte Bauprogramm vollumfänglich verwirklicht worden ist (Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 19 Rn. 3; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 15 Rn. 6 bis Rn. 11) und die in der Erschließungsbeitragssatzung festgelegten (Art. 5a KAG i.V.m. § 132 Nr. 4 BauGB) Merkmale der endgültigen Herstellung der Erschließungsanlage vorhanden sind. Zudem müssen die erschlossenen Grundstücksflächen und der umlagefähige Aufwand bestimmbar sein. Dies bedeutet, dass alle Unternehmerrechnungen bei der Gemeinde eingegangen sein müssen (Schmitz, a.a.O., § 15 Rn. 9).
Diese Voraussetzungen waren am 18. September 2012 nicht erfüllt. Für den H* H1.weg ging die letzte Unternehmerrechnung am 10. Januar 2014 (Rechnung des Staatlichen Vermessungsamts A. vom 8.1.2014; vgl. Gerichtsakte W 3 K 17.46, Bl. 216) ein. Der P* H1.weg war am 18. September 2012 noch nicht entsprechend dem damals gültigen Bauprogramm endgültig hergestellt, da zu diesem Zeitpunkt noch der weitere Ausbau bis zum sogenannten BVS-Gelände (vormaliges Gelände des Bundesverbandes für Selbstschutz) geplant war. Dies ergibt sich aus der Ausbauerklärung des Tiefbauamts der Beklagten vom 5. Juni 1992 (Behördenakte Bl. E1). Erst mit Beschluss des Planungs- und Verkehrssenats vom 7. November 2017 (Behördenakte Bl. E3) wurde diese Ausbauabsicht aufgegeben.
Damit hat die Beklagte aus den Erschließungsanlagen H* H1.weg und P* H1.weg wirksam eine Erschließungseinheit gebildet, die die abzurechnende Anlage darstellt.
2. Zu Recht hat die Beklagte für die erstmalige Herstellung dieser Erschließungseinheit einen Erschließungsbeitrag erhoben und nicht einen Ausbaubeitrag.
Bei den am H* H1.weg im Jahr 2009 und am P* H1.weg in den Jahren 1990/1991 vorgenommenen Bauarbeiten handelt es sich um eine Ersterschließung im Sinne des Art. 5a KAG i.V.m. §§ 127 ff. BauGB und nicht um Verbesserungs- und Erneuerungsmaßnahmen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG. Dies ergibt sich daraus, dass weder der H* H1.weg noch der P* H1.weg zuvor erstmals im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts hergestellt worden sind.
a) Zunächst ist festzustellen, dass seit dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes/Baugesetzbuches zum 30. Juni 1961 bis zu den nunmehr mit dem streitgegenständlichen Bescheid abgerechneten Baumaßnahmen an beiden Straßen keinerlei Maßnahmen vorgenommen worden sind, die eine Ersterschließung darstellen könnten.
Für den H* H1.weg hat die Beklagte dargelegt und nachgewiesen, dass zwar in den Jahren 1973 und 1979 verschiedene Teilstrecken technisch ausgebaut worden sind, dass jedoch jeweils weiterhin die Absicht bestand, den H* H1.weg zur Gänze auszubauen und dass damit das Bauprogramm noch nicht abgeschlossen war. Dies ergibt sich schon aus der Diktion der vorgelegten Unterlagen, wo jeweils vom Neubau der „Teilstrecke“ des H* …wegs die Rede ist (vgl. z.B. Behördenakte Bl. 73) sowie aus der Aktennotiz des Tiefbauamtes vom 9. Februar 1981, wonach das Reststück des H* …wegs von der G* H1. Straße bis zur Hausnummer 15 noch nicht ausgebaut worden, dies aber noch vorgesehen ist. Zudem ergibt die Ausbauerklärung vom 11. Oktober 2010, dass ab dem 28. Juli 2009 der H* H1.weg als ausgebaut erklärt wird, die Straße mit den durchgeführten Arbeiten endgültig hergestellt ist und keine weiteren „Ausbauerklärungen“ bestehen. All dies macht deutlich, dass die Teil-Baumaßnahmen in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts Teil eines Gesamtausbauplanes waren, der mit dem nunmehrigen Ausbau des letzten Teilstücks im Jahr 2009 seinen Abschluss gefunden hat. Zudem wird deutlich, dass seit dem 30. Juni 1961 bis zum Beginn dieser Baumaßnahmen im Jahr 1973 keine weiteren Maßnahmen am H* H1.weg vorgenommen worden sind, die als Ersterschließung gelten könnten, also die Merkmale einer endgültigen Herstellung im Sinne des § 8 EBS erfüllt hätten. Insbesondere liegt auf der Hand, dass vor Beginn der Bauarbeiten in den Jahren 1973 bis 2009 keine Straßenentwässerung im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 EBS vorhanden war.
Für den P* H1.weg ist festzuhalten, dass zwischen dem 30. Juni 1961 und den in den Jahren 1990/1991 vorgenommenen und nunmehr abgerechneten Bauarbeiten keinerlei Baumaßnahmen durchgeführt worden sind. Auch hier hat die Beklagte ausgeführt, dass vor 1990/1991 keine Straßenentwässerung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 EBS vorhanden war.
Dies macht deutlich, dass unter der Geltung des Bundesbaugesetzes/Baugesetzbuches vor den nunmehr abzurechnenden Baumaßnahmen keinerlei Ersterschließung erfolgt ist.
b) Dies gilt auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes/Baugesetzbuches. Weder der H* H1.weg noch der P* H1.weg können als vorhandene Erschließungsanlage im Sinne des § 5a Abs. 7 KAG als erstmals erschlossen gelten und damit dem Regime des Erschließungsbeitragsrechts entzogen sein. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, dass sie am 30. Juni 1961 bereits als A2.straße fertiggestellt gewesen wären und deswegen nicht noch einmal „erstmals“ hergestellt werden könnten. Dies ist indes nicht der Fall.
Grundlage für die Entscheidung der Frage, ob eine Straße als „vorhandene Erschließungsanlage“ (vom Bayer. Verwaltungsgerichtshof regelmäßig auch „historische Straße“ genannt [Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 1 Rn. 39]) als erstmals endgültig hergestellt gilt und damit aus dem Regime des Erschließungsbeitragsrechts entlassen ist, ist Art. 5a Abs. 7 Satz 1 KAG. Hiernach kann für vorhandene Erschließungsanlagen, für die eine Beitragspflicht aufgrund der bis zum 29. Juni 1961 geltenden Vorschriften nicht entstehen konnte, auch nach diesem Gesetz kein Erschließungsbeitrag erhoben werden.
Demgemäß liegt eine solche vorhandene Erschließungsanlage vor, wenn die zu beurteilende Straße bereits vor Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 als öffentliche Einrichtung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 des Gemeindeabgabengesetzes vom 20. Juli 1938 (GVBl. S. 225) – GAG – zu qualifizieren war, wenn sie vor diesem Zeitpunkt Erschließungsfunktion gehabt hat und wenn sie seinerzeit für diesen Zweck endgültig hergestellt gewesen ist (BayVGH, B.v. 9.8.2016 – 6 CS 16.1032 – juris).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
aa) Hinsichtlich dieser Voraussetzungen mangelt es schon an der Erschießungsfunktion des H* …wegs und P* …wegs. Soweit – wie im vorliegenden Fall – die Straße nicht in einem Baulinienplan zur Erschließung vorgesehen war, erhielt eine Straße im unbeplanten Gebiet eine Erschließungsfunktion erst dann, wenn an ihr eine gehäufte Bebauung einsetzte, wenn also nach heutigen Maßstäben zumindest für eine Straßenseite eine Innenbereichslage im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB anzunehmen war (BayVGH, B.v. 18.12.2006 – 6 ZB 05.672 – BayVBl. 2007, 310). Voraussetzung hierfür ist, dass die jeweiligen Grundstücke in einem Bebauungszusammenhang standen, der einem Ortsteil angehörte, dass also eine tatsächlich vorhandene aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelte (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 1 Rn. 40 m.w.N.). Dies war vor dem 30. Juni 1961 im Bereich des H* …wegs und des P* …wegs nicht der Fall. Aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen (Behördenakte Bl. 79 bis 81) ergibt sich, dass lediglich insgesamt zwölf am H* H1.weg gelegene Grundstücke vor dem 30. Juni 1961 bebaut waren, während dies auf 20 Grundstücke nicht zutraf. Diese zwölf Grundstücke verteilen sich auf fast die gesamte Länge des H* …wegs. Lediglich im Bereich der Einmündung des P* …wegs sind insgesamt fünf nebeneinander gelegene Grundstücke in den Jahren 1951 bis 1959 bebaut worden; dies ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht hinreichend für die Annahme eines Bebauungszusammenhangs im oben genannten Sinn. Es handelt sich, wie die Ortseinsicht ergeben hat, lediglich um kleine Siedlungshäuser, die einseitig am H* H1.weg stehen und nicht dazu in der Lage sind, den Eindruck eines Ortsteils zu vermitteln. Gleiches gilt für den P* H1.weg, an welchem lediglich im nördlichen Bereich zwei und im südlichen Bereich an der Einmündung in den H* H1.weg ein vor dem 30. Juni 1961 bebaute Grundstücke gelegen sind. Es sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass vor dem 30. Juni 1961 eine heute nicht mehr existente Bebauung in einem Ausmaß vorhanden gewesen sein könnte, dass dies zu einer Erschließungsfunktion von H* H1.weg oder P* H1.weg geführt hätte.
bb) Unabhängig von der fehlenden Erschließungsfunktion waren H* H1.weg und P* H1.weg vor dem 30. Juni 1961 auch nicht erstmals endgültig hergestellt.
Zur Beantwortung der Frage, welche Anforderungen das damalige Recht an die erstmalige Herstellung einer Erschließungsstraße stellte, muss zunächst § 62 der Bayerischen Bauordnung vom 17. Februar 1901 (Königlich und Allerhöchste Verordnung, die Bauordnung betreffend, vom 17.2.1901, GVBl. S. 87) in den Blick genommen werden. Hierin sind baupolizeiliche Vorschriften zur Regelung der Straßenherstellung enthalten. Nach dessen Abs. 3 Satz 1 darf die Bewilligung zu Bauführungen in neuen Baulagen von Städten, Märkten und zusammenhängend gebauten Dörfern erst ertheilt werden, wenn vorher die Herstellung des Straßenkörpers für den betreffenden Theil der Straße von einer Q. straße bis zur nächsten Q. straße und für die Verbindung mit einer bereits bestehenden Straße gesichert oder wenigstens Sicherheit dafür geleistet ist, dass diese Herstellung binnen einer zu bestimmenden Frist erfolgt. Damit wurde der Bauwillige dem öffentlich-rechtlichen Zwang unterworfen, zur Vermeidung der Ablehnung seines Baugesuchs sich zur Herstellung der Erschließungsanlage zu verpflichten oder der Gemeinde einen anteiligen Kostenbeitrag zu leisten. Allerdings durften die Gemeinden in diesem Zusammenhang nur das verlangen, was zur Herstellung eines sachgerechten Anschlusses des zu bebauenden Grundstücks an das Straßennetz notwendig war (Schmitz, Vorhandene Erschließungsanlagen im Sinne des § 242 Abs. 1 BauGB aus bayerischer Sicht, BayVBl. 2014, 613 ff., III. 1.). Zum Zweck des gleichmäßigen Vollzugs wurden von den Baubehörden häufig Richtlinien (z.B. Straßenbausatzungen) erlassen, die die zu stellenden Anforderungen im Einzelnen näher regelten. Enthalten derartige Richtlinien konkrete Anforderungen an den Straßenbau, können diese als Maßstab für die Beantwortung der Frage, ob eine Erschließungsanlage erstmals endgültig hergestellt ist, herangezogen werden. Waren Baulinien (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1, § 58 ff. BayBO 1901) festgesetzt, musste die Straße zudem den festgesetzten Baulinien entsprechen, um als endgültig hergestellt zu gelten.
Zusätzlich kann auf die Richtlinie des Staatsministeriums des Inneren für Wohnstraßen vom 6. August 1936, bestätigt durch Bekanntmachung vom 25. Juni 1958 (MABl. S. 625) – IME 1936/1958 zurückgegriffen werden, wonach für städtische und vorstädtische Wohnstraßen 6 m Fahrbahnbreite und zwei je 1,25 m breite Gehwege erforderlich waren, die Fahrbahn auf ihrer ganzen Breite befestigt. Zudem wurde eine Abgrenzung zwischen Fahrbahn und Gehwegen durch Randsteine und eine Straßenentwässerung vorausgesetzt (Schmitz, a.a.O., Ziffer III. 2. c) bb) m.w.N.).
Sind keine Richtlinien wie z.B. eine Straßenbausatzung vorhanden, ist auf die damaligen örtlichen Verkehrsbedürfnisse abzustellen (Schmitz, a.a.O., Ziffer III. 2. c) bb) ).
Dies vorausgesetzt ist festzustellen, dass die Beklagte auf der Grundlage von § 62 der Bauordnung vom 31. Juli 1890 am 6. April 1900 statuarische Bestimmungen für die Übernahme und den Ausbau neuer Straßen und Straßentheile durch die Stadtgemeinde A. erlassen hat (Ortsstatut). Nach § 2 des Ortsstatuts erfolgt unter anderem die Anlage neuer Straßen und Plätze, wenn durch übereinstimmenden Beschluss beider städtischen Collegien das Bedürfnis hierfür anerkannt ist und wenn die Grundbesitzer bzw. Bauunternehmer den zur Straßen- und Trottoiranlage nöthigen Grund und Boden unentgeltlich an die Stadtgemeinde abgetreten oder im Tauschwege zur Verfügung gestellt haben und wenn sie sich verpflichtet haben, die auf Seite der Stadtgemeinde für die Straßen- und Trottoirherstellung erwachsenden Baukosten an die Stadtgemeinde zurückzuerstatten. Weiterhin ist in § 2 Ortsstatut geregelt, dass unter Straßenbaukosten die für die Erd- und Planirungsarbeiten, Kunstbauten aller Art, Chaussierungs- und Pflasterungsarbeiten, Herstellung der Trottoire, Straßenrinnen und Entwässerungsanlagen aufgewendeten Kosten zu verstehen sind. Weiterhin führt das Ortsstatut in seiner Anlage 1 diejenigen Straßen auf, die schon vor dem Inkrafttreten des Ortsstatuts ausgebaut worden sind. Hierin ist weder der H* H1.weg noch der P* H1.weg enthalten.
Auf dieser Grundlage ist festzustellen, dass weder H* H1.weg noch P* H1.weg die Voraussetzungen von § 2 Ortsstatut hinsichtlich der Baumaßnahmen für die Herstellung einer Straße erfüllen, zudem auch nicht diejenigen der IME 1936/1958.
Dies ergibt sich schon daraus, dass weder am H* H1.weg noch am P* H1.weg Straßenrinnen und Entwässerungsanlagen im Sinne des Ortsstatuts bzw. Randsteine und eine Straßenentwässerung im Sinne der IME 1936/1958 vorhanden waren. Dies hat die Beklagte für beide Straßen plausibel dargelegt und hinsichtlich des H* …wegs mit Lichtbildern untermauert, welche den im Jahr 2009 ausgebauten Teil des H* …wegs vor dessen Ausbau zeigen und eindeutig erkennen lassen, dass hier nicht einmal ansatzweise Straßenrinnen und Entwässerungsanlagen vorhanden waren. Im Übrigen hat die Klägerseite dies auch nicht substantiiert in Frage gestellt.
Darüber hinaus ist auf den genannten Lichtbildern eindeutig zu erkennen, dass vor der Ausbaumaßnahme keine Gehwege (Trottoire) vorhanden waren.
Aus alledem ergibt sich, dass es sich beim H* H1.weg und beim P* H1.weg nicht um vorhandene Straßen im Sinne des § 5a Abs. 7 KAG handelt und sie damit vor den nunmehr zur Abrechnung anstehenden Baumaßnahmen noch niemals erstmals endgültig hergestellt worden sind. Damit handelt es sich bei den abzurechnenden Baumaßnahmen um Maßnahmen für die erstmalige Herstellung und nicht um solche der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung oder der Erneuerung und Verbesserung.
3. Die dem streitgegenständlichen Bescheid zugrunde gelegten beitragsfähigen Kosten sind nicht zu beanstanden.
Gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 128 Abs. 1 BauGB umfasst der Erschließungsaufwand nach § 127 BauGB die Kosten unter anderem für den Erwerb und die Freilegung der Flächen für die Erschließungsanlagen und ihre erstmalige Herstellung einschließlich der Einrichtungen für ihre Entwässerung und Beleuchtung. Zudem umfasst er gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 128 Abs. 2 Satz 1 BauGB auch den Wert der von der Gemeinde aus ihrem Vermögen bereit gestellten Flächen im Zeitpunkt der Bereitstellung. Zu den beitragsfähigen Kosten gehören auch die Fremdfinanzierungskosten, die in der Regel mit Hilfe gesicherter Erfahrungssätze zu ermitteln sind (vgl. im Einzelnen die diesbezüglichen Ausführungen bei Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 197 bis Rn. 197b m.w.N.).
In § 2 EBS hat die Beklagte auf dieser Grundlage festgelegt, welcher Erschließungsaufwand beitragsfähig ist. Gemäß § 3 Abs. 1 EBS wird der beitragsfähige Erschließungsaufwand nach den tatsächlichen Kosten ermittelt, dies in der Regel gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 EBS für die einzelne Erschließungsanlage. Hiervon abweichend kann die Beklagte gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 EBS den beitragsfähigen Erschließungsaufwand auch für mehrere Anlagen, die für die Erschließung der Grundstücke eine Einheit bilden, ermitteln. Beitragsfähig ist der Erschließungsaufwand gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 129 Abs. 1 Satz 1 BauGB lediglich für die erforderlichen Erschließungsanlagen sowie für erforderliche, also nicht grob unangemessene Kosten (Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 9 Rn. 5 und Rn. 11). Beitragsfähig sind zudem lediglich diejenigen Kosten, die bis zum Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht entstanden sind (Schmitz, a.a.O., § 9 Rn. 15).
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte die beitragsfähigen Kosten für die Abrechnung des H* …wegs und des P* …wegs ermittelt. Diesbezüglich wird auf Blatt 49 bis Blatt 78 und Blatt 86 bis Blatt 118 der Behördenakte sowie auf Blatt 333a bis Blatt 333h der Gerichtsakte Bezug genommen.
Zwar hat der Bevollmächtigte der Klägerin in dieser Hinsicht folgendes bestritten:
– Sachliche Richtigkeit der Neuberechnung der Beitragsfestsetzung
– Höhe der Straßenbaukosten und der Straßenbeleuchtungskosten im H* H1.weg
– Entstehen des Zinsaufwandes
– Anfall von Fremdfinanzierungszinsen
– Sachliche Richtigkeit der Zinsermittlung für die S. straße
– Sachliche Richtigkeit und Kostenanfall hinsichtlich der Oberflächenentwässerung
– Kanallängen und Höhe des Entwässerungsanteils
– Sachliche Richtigkeit der Berechnung für den P* H1.weg
– Höhe der Straßenbaukosten für den P* H1.weg
– Aufwand für Straßenbeleuchtung und Oberflächenentwässerung P* H1.weg
– Zinsanteil für den P* H1.weg
– Kanallängen im P* H1.weg
Allerdings ist in diesem Zusammenhang – und dies gilt für den gesamten Vortrag der Klägerseite – darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 VwGO zwar verlangt, dass das Gericht alle vernünftiger Weise zu Gebote stehenden Möglichkeiten zur Aufklärung des für seine Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts ausschöpft, die geeignet erscheinen, die erforderliche Überzeugung für dessen Richtigkeit zu gewinnen. Diese Pflicht findet aber in der Mitwirkungspflicht der Beteiligten eine Grenze. Diese besteht nicht nur darin, dass das Gericht die Beteiligten zur Erforschung des Sachverhalts mitheranziehen kann, sondern auch und gerade darin, dass ein Beteiligter die zur Begründung seines Begehrens dienenden Tatsachen und Beweismittel nach § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO angeben soll. Solange er seiner Pflicht nicht nachkommt, überprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen, braucht das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Beitragssätze nicht nachzugehen (vgl. BayVGH, U.v. 17.6.1998 – 23 B 95.4088 – juris). Dass es für die Klägerseite möglicher Weise in einzelnen Bereichen nicht ganz einfach ist, die von der Beklagtenseite ermittelten und angegebenen Zahlenwerte auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, entbindet diese nicht, im Rahmen der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht sich selbst sachkundig zu machen, notfalls mit Hilfe eines von ihr beauftragten Sachverständigen, dessen Kosten erstattungsfähig sein können (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.1992 – NVwZ 1993, 268).
Auf dieser Grundlage ist festzuhalten, dass die von der Beklagtenseite vorgelegten Unterlagen zur Ermittlung der beitragsfähigen Kosten nachvollziehbar sind.
Die Beklagte hat unter Heranziehung der oben genannten in den Behördenakten enthaltenen Unterlagen einen beitragsfähigen Aufwand für den H* H1.weg in Höhe von insgesamt 574.516,00 EUR ermittelt und dem angegriffenen Bescheid zugrunde gelegt. Im Widerspruchsverfahren hat sich ergeben, dass der beitragsfähige Aufwand insgesamt höher anzusetzen und auf 577.467,71 EUR zu beziffern ist. Hierbei geht es hinsichtlich des H* …wegs um eine Reduzierung der Straßenbaukosten und eine Erhöhung der Straßenbeleuchtungskosten. Im Gerichtsverfahren hat die Beklagte zudem eine Verringerung des Zinsanteils und eine Neuberechnung der Kosten für die Oberflächenentwässerung aufgrund des Außerkrafttretens der Ortsdurchfahrtsrichtlinie des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren vom 30. Juni 1980 mit Ablauf zum 31. Dezember 2015 berücksichtigt. Letzteres betrifft auch den P* H1.weg. Dieser war im Übrigen bei Erlass des angegriffenen Bescheides nicht berücksichtigt worden, da die Beklagte irrtümlich von einer Aufhebung der Erschließungseinheit zwischen H* H1.weg und P* H1.weg ausgegangen war. Im Einzelnen wird auf Blatt 333a bis Blatt 333b der Gerichtsakte Bezug genommen, aus denen sich ein umlagefähiger Aufwand von 583.533,43 EUR für den H* H1.weg ergibt. Für den P* H1.weg hat die Beklagte den umlagefähigen Aufwand mit 78.134,67 EUR beziffert.
Demgegenüber hat der Bevollmächtigte der Klägerin keine nachvollziehbaren Tatsachen und Beweismittel angegeben, die sein umfangreiches Bestreiten in irgendeiner Weise substantiieren könnten. Deshalb ist das Gericht nicht gehalten, der Frage nach möglicherweise fehlerhaft ermittelten beitragsfähigen Kosten weiter nachzugehen, da derartige Fehler bei der Überprüfung der seitens der Beklagten vorgelegten Unterlagen nicht ohne weiteres erkennbar sind oder sich gar aufdrängen würden.
Aus alledem ergibt sich, dass als beitragsfähiger Aufwand für den H* H1.weg 583.533,43 EUR und für den P* H1.weg 78.134,67 EUR, gesamt also 661.668,10 EUR zugrunde zu legen sind.
4. Hiervon ist gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 129 Abs. 1 Satz 3 BauGB, § 4 EBS ein Eigenanteil von 10%, also von 66.166,81 EUR abzuziehen, so dass sich ein umlagefähiger Aufwand in Höhe von 595.501,29 EUR ergibt.
5. Im Rahmen der Verteilung des umlagefähigen Aufwands sind sämtliche vom H* H1.weg und P* H1.weg erschlossenen Grundstücke einschließlich des klägerischen Grundstücks zu berücksichtigten.
Die Beklagte hat im Rahmen der Verteilung des umlagefähigen Aufwands im Verwaltungsverfahren ausschließlich die vom H* H1.weg erschlossenen Grundstücke berücksichtigt, dies in der fehlerhaften Annahme, die Erschließungseinheit mit dem P* H1.weg bestehe nicht mehr. Demgegenüber hat die Beklagte im Gerichtsverfahren eine Zusammenstellung der zu berücksichtigenden Grundstücke unter Einbeziehung der vom P* H1.weg erschlossenen Grundstücke vorgelegt.
Nicht zu beanstanden ist zunächst die im Gerichtsverfahren vorgelegte Zusammenstellung, soweit sie sich auf die vom H* H1.weg und vom P* H1.weg erschlossenen beitragspflichtigen Grundstücke mit Ausnahme des klägerischen Grundstücks bezieht. Fehler bei der Zusammenstellung der von den beiden Anlagen erschlossenen Grundstücke sind nicht ersichtlich und von der Klägerseite nicht substantiiert vorgetragen worden. Insbesondere ist das Grundstück Fl.Nr. …4/10, welches mit einer zum Grundstück Fl.Nr. …61/1 gehörigen Garage bebaut ist, nicht zum Kreis der erschlossenen Grundstücke zu zählen, da es nicht direkt an die Erschließungsanlage angrenzt.
Entgegen dem klägerischen Vorbringen ist deren Buchgrundstück mit den Fl.Nrn. …4/11 und …4/16 zu berücksichtigen. Es war im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht (vgl. unter a)) am H* H1.weg gelegen (vgl. unter b)) und vom H* H1.weg erschlossen (vgl. unter c)).
a) Die sachliche Beitragspflicht ist im vorliegenden Fall am 7. November 2017 entstanden.
Gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 2 Satz 1, Halbs. 1 BauGB entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Erstellung der Erschließungsanlage. Dies bedeutet, dass sie technisch endgültig fertiggestellt ist und damit erstmals hergestellt ist. Sämtliche gemäß § 8 EBS vorgegebenen Teileinrichtungen müssen vorhanden sein und auch das konkrete für die Anlage (auch formlos) vorhandene Bauprogramm muss in vollem Umfang erfüllt sein. Solange die Anlage hinter dem Bauprogramm zurückbleibt, ist sie noch nicht endgültig hergestellt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Gemeinde ein weitergehendes Bauprogramm aufgibt (vgl. zu allem Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 15 Rn. 5 und Rn. 6). Eine weitere Voraussetzung für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ist, dass die Beitragshöhe berechnet werden kann. Damit muss die Größe der erschlossenen Grundstücksflächen quadratmetergenau und die Höhe des auf diese Flächen umzulegenden Aufwands centgenau feststehen bzw. bestimmbar sein. Letzteres ist dann möglich, wenn die letzte Unternehmerrechnung bei der Gemeinde eingegangen ist (Schmitz, a.a.O., § 15 Rn. 7 bis Rn. 9). Zudem muss eine gültige Erschließungsbeitragssatzung vorhanden sein, die Anlage muss gewidmet sein und es muss eine Rechtsgrundlage für ihre Herstellung nach Maßgabe des § 125 BauGB existieren.
Diese Voraussetzungen in ihrer Gesamtheit lagen entgegen der Meinung der Klägerin erstmals am 7. November 2017 vor.
aa) Zu diesem Zeitpunkt war das Bauprogramm für die vor der Entstehung der Beitragspflicht zu einer Erschließungseinheit zusammengelegten Anlagen H* H1.weg und P* H1.weg erstmals erfüllt.
Zwischen den Parteien unstreitig ist die Tatsache, dass das Bauprogramm für den H* H1.weg bereits nach Abschluss der Bauarbeiten im Jahr 2009 zur Gänze umgesetzt worden war.
Dies gilt jedoch nicht für den P* H1.weg. Aus der Ausbauerklärung des Tiefbauamts – Abteilung Straßen und Wege – vom 5. Juni 1992 ergibt sich, dass die S. straße am H* H1.weg – gemeint ist hiermit der P* H1.weg – am 27. Juli 1991 als ausgebaut erklärt worden ist. In dieser Unterlage findet sich weiterhin folgende Passage: „Zur endgültigen Herstellung fehlen noch folgende Ausbaumaßnahmen: Reststück bis zum BVS-Gelände (genaue Länge sollte vom Planungsamt festgelegt werden!)“. Dies macht deutlich, dass das Bauprogramm zusätzlich zu den bereits in den Jahren 1990/1991 durchgeführten Maßnahmen die weitere Herstellung der Straße bis zum BVS-Gelände vorsah. Dieses Bauprogramm ist in den Folgejahren nicht erfüllt worden. Am 7. November 2017 hat der Planungs- und Verkehrssenat der Beklagten im Hinblick auf den P* H1.weg folgenden Beschluss gefasst: „Die bisherige Planungsabsicht, die S.straße weiter auszubauen, wird ab sofort aufgegeben. Die S. straße ist in voller Länge ausgebaut und damit endgültig hergestellt. Die Maßnahme ist abgeschlossen.“ Damit hat die Beklagte das weitergehende Bauprogramm für den P* H1.weg aufgegeben und für beide Anlagen war damit das Bauprogramm zur erstmaligen Herstellung der Anlage vollständig erfüllt.
bb) Zudem war mit diesem Tag auch eine Rechtsgrundlage für die erstmalige Herstellung beider Anlagen vorhanden.
Gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 125 Abs. 1 BauGB setzt die Herstellung der Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 einen Bebauungsplan voraus. Ein wirksamer Bebauungsplan, der ein Baurecht für den H* H1.weg oder den P* H1.weg enthalten würde, ist jedoch nicht vorhanden. Allerdings dürfen gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 125 Abs. 2 BauGB diese Anlagen für den Fall, dass ein Bebauungsplan nicht vorliegt, auch dann hergestellt werden, wenn sie den in § 1 Abs. 4 bis 7 bezeichneten Anforderungen entsprechen. Hiermit ist kein förmliches Verfahren vorgesehen. Die den Bebauungsplan ersetzende Planung einer Erschließungsanlage ist vielmehr als interner Vorgang zu qualifizieren, der jedoch die von § 125 Abs. 2 BauGB vorausgesetzte Abwägungsentscheidung hinsichtlich der Kriterien des § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB zu enthalten hat. Dass eine Abwägung stattgefunden hat, kann sich auch aus internen Vermerken der Gemeindeverwaltung ergeben (BVerwG, B.v. 13.9.2018 – 9 B 30/17 – juris LS. 2 und Rn. 4). Diese Abwägungsentscheidung nach § 125 Abs. 2 BauGB kann verwaltungsgerichtlich nur dann beanstandet werden, wenn angenommen werden muss, dass ein Bebauungsplan, setzte er die betreffende Erschließungsanlage fest, wegen Überschreitung der planerischen Gestaltungsfreiheit nichtig wäre (Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 7 Rn. 22 bis Rn. 25 m.w.N.). Allerdings darf die Gemeinde bei der Planung der Erschließungsanlage nicht die Grenzen der Gestaltungsfreiheit überschreiten und hierbei insbesondere bestimmte Belange in unvertretbarer Weise missachten und dadurch zu schlechthin nicht akzeptablen Ergebnissen kommen (BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4/14 – juris Rn. 15 hinsichtlich der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB für einen Bebauungsplan). Ein etwaiger Mangel im Abwägungsvorgang ist analog § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB nur dann erheblich, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Entscheidung der Gemeinde ohne den Mangel anders ausgefallen wäre (BVerwG, U.v. 26.11.2003 – 9 C 2.03 Buchholz 406.11 § 121 BauGB Nr. 38 S. 6 ff.).
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte mit Beschluss des Planungs- und Verkehrssenats vom 7. November 2017 „… im Hinblick auf § 125 Abs. 2 BauGB … festgestellt, dass der Ausbau der S.straße am H* H1.weg (‚P* H1.weg‘) den in § 1 Abs. 4 – 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspricht“ und dieser Entscheidung verschiedene Ausführungen hinsichtlich der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB zugrunde gelegt. Insbesondere enthalten diese Ausführungen eine (knappe) Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB.
Diese Abwägung ist unter Beachtung der planerischen Gestaltungsfreiheit der Beklagten nicht zu beanstanden. Es liegen keine entsprechenden Fehler auf der Hand. Auch die Einwendungen der Klägerin können eine Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung nicht belegen. Diesbezüglich hat der Klägerbevollmächtigte ausschließlich auf die Frage der Funktionsfähigkeit der Erschließungsanlage P* H1.weg in ihrem nördlichen Bereich abgehoben und vorgetragen, es hätte ein Ausbau realisiert werden müssen, der den in § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB bezeichneten Anforderungen entspreche. Bei der Möglichkeit von Begegnungsverkehr, wie im P* H1.weg vor dem Anwesen Hausnummer 13 gegeben, sei eine Mindestausbaubreite bei verminderter Geschwindigkeit von 4,35 m notwendig; tatsächlich betrage sie lediglich 4 m und verjünge sich sogar noch. Diese Engstelle führe zu unzulässigen Gefahren für den Verkehr. Zum Beweis dieser von ihm behaupteten Tatsache hat der Klägerbevollmächtigte einen Beweisantrag mit dem Inhalt gestellt, ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen.
Aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen (vgl. Behördenakte Bl. E2) ergibt sich, dass der P* H1.weg im Wesentlichen eine Ausbaubreite von 4,5 m aufweist, dies ohne separate Gehwege. Lediglich im nördlichen Bereich verengt sich der Querschnitt. Diesbezüglich hat die Beklagte im Gerichtsverfahren präzisiert, dass der P* H1. (nördliche Grundstücksgrenzen) eine Breite von 4,47 m bis 4,00 m aufweist. Beginnend ab dem Grundstück Fl.Nr. …61/1 liegt die Fahrbahnbreite bei 3,45 m, nach weiteren 9 m bei 3,0 m. Die letzten 4 m der S. straße als Erschließungsanlage sind 3,00 m bis 2,87 m breit. Dies entspricht auch den Wahrnehmungen des Gerichts im Rahmen der Ortseinsicht.
Zu dieser Situation hat die Beklagte in ihrer Abwägungsentscheidung vom 7. November 2017 dahingehend Stellung genommen, bei dem Ausbau der S. straße seien insbesondere die in § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB genannten Belange des Verkehrs berücksichtigt, da die Erschließungsanlage nach Länge, Breite und Verlauf geeignet sei, den zu erwartenden Straßenverkehr aufzunehmen und zu bewältigen. Im Rahmen der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB hat die Beklagte ausgeführt, die in die Abwägung eingestellten Belange seien ihrer jeweiligen Bedeutung entsprechend gewichtet und abgewogen worden. Durch die Herstellung der S. straße würden acht Baugrundstücke an das vorhandene städtische Straßennetz angeschlossen, sie erhielten damit eine rechtlich gesicherte ordnungsgemäße Erschließung. Die Erschließungsanlage sei mit ca. 4 m Breite gebietsadäquat dimensioniert.
Diese Abwägung ist unter Beachtung der oben genannten Grundsätze nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer gestalterischen Planungsfreiheit die Belange des Verkehrs nicht in unvertretbarer Weise missachtet. Das Gericht ist auf der Grundlage eigener – auch im Rahmen der Rechtsprechung zum Erschließungsbeitragsrecht und Ausbaubeitragsrecht erworbener – Sachkunde und vorhandener Ortskenntnis dazu befähigt, diese Beurteilung ohne Zuhilfenahme eines Sachverständigen vorzunehmen.
Ob die Hinnahme der beschriebenen Engstelle die Belange des Verkehrs in unvertretbarer Weise missachtet, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab, unter anderem von der Breite und Länge der Straße, von der Anzahl der von ihr erschlossenen Grundstücke, vom Vorhandensein von Garagenflächen, Gehwegüberfahrten und sonstigen Flächen, die für Wendemanöver oder für das Passieren von Gegenverkehr in Anspruch genommen werden können, dazu auch vom Charakter des jeweiligen Baugebiets sowie dem von diesem Charakter bestimmten regelmäßigen Kraftwagenverkehr in diesem Gebiet (zu vergleichbaren Kriterien für die Frage nach dem Verzicht auf einen Wendehammer am Ende einer Sackgasse: BVerwG, U.v. 27.4.1990 – 8 C 77/88 – juris LS. 2 Rn. 15; BayVGH, U.v. 2.12.1998 – 6 B 94.1715 – juris Rn. 46 bis Rn. 48; B.v. 30.10.2013 – 6 ZB 11.245 – juris Rn. 10).
Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein ruhiges Wohngebiet, in welchem der P* H1.weg insgesamt acht Wohneinheiten (fünf freistehende Einfamilienhäuser, drei Einheiten einer Reihenhausanlage) erschließt, dazu zwei weitere Wohnanwesen, die zusätzlich durch den H* H1.weg erschlossen sind. Der P* H1.weg wird im Wesentlichen ausschließlich von den Anliegern benutzt. Nach dem Ende des P* …wegs als Erschließungsanlage führt ein bituminös befestigter Weg weiter nach Norden in den Wald hinein und schwenkt sodann nach Nordwesten. Über diesen erreicht man das zum Grundstück Fl.Nr. …61/1 gehörende Garagengrundstück Fl.Nr. …4/10 sowie die tatsächliche Zufahrt zum vom P* H1.weg erschlossenen Grundstück Fl.Nr. …8/11. Zwischen der Zufahrt zum Garagengrundstück Fl.Nr. …4/10 und zum Grundstück Fl.Nr. …8/11 außerhalb des P* …wegs als Erschließungsanlage beschreibt die Straße eine ausgeweitete Kurve, die das Wenden eines Kraftfahrzeuges zulässt. Etwa 155 m nach dem Ende des P* …wegs als Erschließungsanlage endet der ihn fortführende bituminös befestigte Weg als Sackgasse, ohne dass hier noch Wohnanwesen oder gewerblich genutzte Anwesen gelegen wären.
Die von der Klägerseite kritisierte Engstelle am nördlichen Ende des P* …wegs als Erschließungsanlage im Bereich von dessen Übergang in den bituminös befestigten Weg überschreitet nicht den planerischen Gestaltungsspielraum der Beklagten.
Für diese Beurteilung können die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswegen, Ausgabe 2006 (im Folgenden: RASt06) herangezogen werden. Nach dessen Ziffer 6.1.1.2 ist die zweistreifige Fahrbahn einer Erschließungsanlage zwischen 4,5 m und 6,5 m breit. Sondervorgaben für den Fall häufigeren Begegnungsverkehrs von Lastwagen werden hier nicht gemacht. Als Sonderregelung für schmale Zweirichtungsfahrbahnen wird in der Regel eine Fahrbahnbreite von 3,5 m bis 4,75 m für gering belastete Erschließungsstraßen angegeben (Ziffer 6.1.1.10 RASt06). Beträgt die Belastung weniger als 30 Lastkraftwagen pro Stunde bei einer Abschnittslänge von 50 m bis 100 m, ist eine Fahrbahnbreite von 4,75 m angemessen, bei beengten Verhältnissen bis 4,50 m. Ist die Straße mit weniger als 70 Kraftfahrzeugen pro Stunde und geringem Lastwagenverkehr belastet und ist der enge Abschnitt etwa 50 m lang, genügt eine Fahrbahnbreite von 3,5 m, in Ausnahmefällen von 3 m. Allerdings ist zu beachten, dass bei der Frage, ob eine Erschließungsanlage trotz einer Engstelle ihre Erschließungsfunktion erfüllen kann, die gesamte Erschließungsanlage und nicht allein die Engstelle betrachtet werden muss. Wenn aufgrund der beengten Verhältnisse nicht alle Kriterien der als Orientierungshilfe dienenden RASt06 eingehalten werden können, führt dies nicht zur Funktionslosigkeit und damit zur Beitragsschädlichkeit (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 75). Hinsichtlich der Problematik des Verzichts auf separate Gehwege bei beengten Verhältnissen lassen die RASt06 gemäß Ziffer 6.1.1.1 neben dem Trennungsprinzip auch das Mischungsprinzip zu, das Kraftfahrzeugverkehr und Fußgängerverkehr auf der selben Verkehrsfläche vorsieht.
Dies macht deutlich, dass die Erschließungsanlage P* H1.weg als besonders gering und lediglich mit wohngebietstypischem Anliegerverkehr ohne signifikante Belastung durch Lastkraftwegen befahrene Straße mit einer Straßenbreite von 4,00 m bis 4,50 m funktionsfähig ist. Dies gilt auch für die ca. 13 m lange Engstelle am nördlichen Ende. Sie weist eine Breite auf, die sowohl von Personenkraftwagen als auch von Ver- und Entsorgungsfahrzeugen wie z.B. von der Müllabfuhr befahren werden kann. Sie ermöglicht das Heranfahren an die erschlossenen Grundstücke sowie das Aussteigen und das Betreten der Grundstücke. Die Engstelle ist von Süden kommend gut einsehbar, so dass es möglich ist, bei Gegenverkehr rechtzeitig in dem Bereich anzuhalten, in welchem Begegnungsverkehr technisch möglich ist. Vom nördlichen Ende der Erschließungsanlage kommend haben die motorisierten Fahrzeuge die Möglichkeit, an den südlich der Engstelle wartenden Fahrzeugen vorbeizufahren. Dies gilt sogar für Fahrzeuge, die vom bituminös befestigten Weg nördlich der Erschließungsanlage P* H1.weg kommend Richtung Süden fahren; zudem können diese Fahrzeuge auch an der Aufweitung bei der Kurve dieses Weges nach Nordosten warten. In diesem Zusammenhang wäre es zudem unschädlich, wenn ein Fahrzeug gelegentlich eine kurze Strecke rückwärtsfahren müsste, um Begegnungsverkehr zu ermöglichen (BayVGH, U.v. 2.12.1998 – 6 B 94.1715 – juris Rn. 49), dies auch deswegen, weil ein Ausfahren rückwärts auf eine andere Straße mit den entsprechenden Gefahren hier nicht erforderlich wäre.
Diese Erwägungen machen deutlich, dass der P* H1.weg als Erschließungsanlage auf seiner ganzen Länge funktionsfähig ist und damit die Abwägungsentscheidung der Beklagten gemäß Art. 5a KAG, § 125 Abs. 2, § 1 Abs. 4 bis 7 BauGB diesbezüglich nicht fehlerhaft.
Gleiches gilt auch hinsichtlich der Tatsache, dass der P* H1.weg an seinem Ende als Erschließungsanlage keine Wendeplatte aufweist.
Errichtet eine Gemeinde eine S. straße unter Verzicht auf die gleichzeitige Anlegung einer Wendeplatte, kann möglicherweise dann die Herstellung einer derartigen Straße als rechtswidrig zu qualifizieren sein, wenn der regelmäßige Kraftwagenverkehr des betreffenden Gebietes insbesondere in Folge der Enge der Straße und des Verzichts auf die Herstellung einer Wendeanlage nach Einfahrt in die S.straße wahrhaft keine Wendemöglichkeit hat. Dies würde dazu führen, dass der Verkehrsteilnehmer für die Ausfahrt aus der S.straße zum Rückwärtsfahren mit den damit verbundenen vielfältigen Gefahren gezwungen wäre (vgl. hierzu Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 7 Rn. 33; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 75).
So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der P* H1.weg ist gerade keine S.straße in diesem Sinne. Es besteht nicht nur im Bereich der Einmündung in den H* H1.weg die Möglichkeit, die Erschließungsanlage P* H1.weg zu verlassen, sondern auch an deren nördlichem Ende in den bituminös befestigten Weg, dessen Aufweitung im Bereich der Kurve nach Nordwesten zudem eine Wendemöglichkeit bietet. Darüber hinaus bestehen Wendemöglichkeiten an verschiedenen Grundstückseinfahrten, hier insbesondere auch nahe der beschriebenen Engstelle im Bereich von Grundstück Fl.Nr. …8/18 (vgl. BayVGH, U.v. 2.12.1998 – 6 B 94.1715 – juris Rn. 47 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 13.3.2013 – W 2 K 11.32 – n.v., bestätigt durch BayVGH, B.v. 23.2.2015 – 6 ZB 13.978 – juris).
Damit ist die Rechtsgrundlage für den Ausbau des P* …wegs nicht zu beanstanden.
Gleiches gilt für die Rechtsgrundlage für den Ausbau des H* …wegs, die der Planungs- und Verkehrssenat der Beklagten gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 125 Abs. 2 BauGB mit Beschluss vom 18. September 2012 geschaffen hat. Die Abwägungsentscheidung weist keine auf der Hand liegenden Fehler auf; die Klägerseite hat im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht auch keine solchen benannt.
cc) Die weiteren Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht, also insbesondere die Berechenbarkeit der Beitragshöhe und die Widmung, lagen am 7. November 2017 vor. Damit ist die Beitragspflicht an diesem Tag entstanden.
b) Am 7. November 2017 war das klägerische Buchgrundstück mit den Fl.Nrn. …4/11 und …4/16 direkt am H* H1.weg gelegen.
In diesem Zusammenhang spielt der Verkauf und die daraufhin erfolgte Abtrennung des parallel zur Grenze zwischen dem klägerischen Grundstück und dem H* H3.weg verlaufenden etwa 32 m langen und ca. 0,5 m breiten Grundstücksstreifens Fl.Nr. …4/21 schon deshalb keine Rolle, weil der Verkauf erst mit notariellem Vertrag vom 9. November 2017 und damit nach dem Entstehen der Beitragspflicht durchgeführt worden ist. Darüber hinaus spricht zwar alles dafür, dass es sich bei diesem Vorgang, wäre er vor dem Entstehen der Beitragspflicht abgeschlossen gewesen, um ein Musterbeispiel für den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG i.V.m. § 42 AO handeln würde; indes kommt es aus den oben genannten Gründen hierauf nicht mehr an und muss deshalb nicht abschließend entschieden werden.
c) Am 7. November 2017 war das klägerische Grundstück zudem vom H* H1.weg erschlossen.
Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr Grundstück sei durch eine 6 m hohe Stützmauer vom H* H1.weg abgetrennt, aus diesem Grunde nicht vom H* H1.weg aus erreichbar und damit nicht von dieser Anlage erschlossen.
Die dem Gericht vorliegenden Pläne sowie die Ortseinsicht haben ergeben, dass die Mauer auf der gesamten Länge der gemeinsamen Grenze des klägerischen Grundstücks mit dem H* H1.weg vorhanden ist und dass tatsächlich zwar ein Heranfahren an das klägerische Grundstück, nicht jedoch dessen Betreten oder gar Befahren vom H* H1.weg aus möglich ist.
Dies spielt indes keine Rolle und darf bei der Beurteilung der Frage, ob das klägerische Grundstück im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB vom H* H1.weg erschlossen ist, nicht berücksichtigt werden.
aa) Ein Grundstück wird durch eine A1.straße erschlossen, wenn ihm durch diese Straße eine Bebaubarkeit oder eine erschließungsbeitragsrechtlich gleichstehende Nutzbarkeit vermittelt wird; und es ist erschlossen nur, soweit diese Voraussetzung vorliegt (BVerwG, U.v. 4.10.1990 – 8 C 1.89 – KASt 1991, 31, 32). Die verkehrliche Erschließung eines Grundstücks erfordert im Grundsatz eine Erreichbarkeit dergestalt, dass an ein Grundstück herangefahren werden kann, soweit nicht das Bebauungsrecht ausnahmsweise weniger, nämlich eine Erreichbarkeit lediglich für Fußgänger (Zugang) genügen lässt oder mehr verlangt, nämlich eine Erreichbarkeit in Form der Möglichkeit, mit Kraftfahrzeugen auf das Grundstück herauffahren zu können (Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 17 Rn. 73 ff.; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 53 ff.). Herangefahren werden kann an ein Anliegergrundstück mit Kraftwagen regelmäßig dann, wenn auf der Fahrbahn einer öffentlichen Straße bis zur Höhe des Grundstücks mit Personen- und Versorgungsfahrzeugen gefahren, dort gehalten und von da ab gegebenenfalls über einen Gehweg oder einen Radweg das Grundstück ohne Weiteres betreten werden kann (BVerwG, U.v. 1.3.1991 – 8 C 59.89 – BVerwGE 88, 70; BayVGH, U.v. 14.11.2013 – 6 B 12.704 – juris Rn. 25).
Die Frage des Erschlossenseins eines Grundstücks hängt dabei in erster Linie davon ab, welche Anforderungen an die Form der Erreichbarkeit zu stellen sind. Dies wird wesentlich vom Bebauungsrecht bestimmt. Hierbei ist auf den festgesetzten oder faktischen Gebietscharakter abzustellen. In Wohngebieten genügt das Heranfahrenkönnen, unter Umständen bereits die bloße Zugänglichkeit. Grundstücke in Gewerbegebieten und Industriegebieten sind demgegenüber in der Regel nur erschlossen, wenn die A1.straße auch die Möglichkeit bietet, mit Lastkraftwagen auf das Grundstück heraufzufahren (BVerwG, B.v. 9.1.2013 – 9 B 33.12 – juris Rn. 5 m.w.N.). Hierbei kommt es nicht auf die Bedürfnisse des tatsächlich ausgeübten Gewerbes an, es ist hinreichend, dass die Voraussetzungen für irgendeine gewerbliche Ausnutzung des Grundstücks gegeben sind (BVerwG, U.v. 27.9.2006 – 9 C 4.05 – BVerwGE 126, 378). In Mischgebieten, die gemäß § 6 Abs. 1 BauNVO dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dienen, genügt in der Regel das Heranfahrenkönnen. Dies ergibt sich daraus, dass für die Frage, ob das Grundstück erschlossen ist, nicht auf diejenige rechtlich zulässige Nutzungsart abzustellen ist, die die höchsten Anforderungen an das Erschlossensein stellt; der Erschließungsvorteil der Erschließungsanlage besteht vielmehr darin, dass das Grundstück überhaupt bebaubar wird und ihm damit irgendeine der rechtlich zulässigen baulichen Nutzungen mit Blick auf diese Erschließungsanlage genehmigt werden muss (BayVGH, U.v. 6.6.2019 – 6 B 19.246 – juris Rn. 19; B.v. 9.2.2010 – 6 ZB 08.393 – juris Rn. 5; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 56 m.w.N.).
Im vorliegenden Fall gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das klägerische Grundstück in einem Mischgebiet gelegen ist, bei welchem es regelmäßig lediglich darauf ankommt, ob mit Kraftfahrzeugen an das Grundstück herangefahren und es sodann betreten werden kann. Zwar ist für das Gebiet, in welchem das klägerische Grundstück gelegen ist, kein Bebauungsplan vorhanden; allerdings stellt es sich der Kammer auf der Grundlage von § 34 Abs. 1, Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO nach der Eigenart der näheren Umgebung als ein Mischgebiet dar. Für diese Beurteilung stellt das Gericht auf die nähere Umgebung im Sinne des Gebiets ab, das durch die G* H1.Straße im Westen, den H* H1.weg im Süden, den P* H1.weg im Osten und die Grenze der im Zusammenhang stehenden Bebauung (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) im Norden eingegrenzt ist.
Die Stellungnahme der Beklagten, die sich durch die Ortseinsicht der Kammer bestätigt hat, ergibt zu diesem Gebiet folgendes:
Auf den Grundstücken mit den Fl.Nrn. …4/14, …4/19 (30 Wohneinheiten), …4/13 (14 Wohneinheiten), …4 (14 Wohneinheiten und 11 Wohneinheiten), …61/2, …62, …62/1, …61, …63 und …61/1 (je eine Wohneinheit) findet eine Wohnnutzung statt. Grundstück Fl.Nr. …4/12 ist mit einem Verwaltungsgebäude mit zwei Betriebswohnungen genutzt, Grundstück Fl.Nr. …4/17 mit einem Verwaltungsgebäude mit fünf Wohneinheiten. Das klägerische Grundstück Fl.Nrn. …4/11 und …4/16 ist gewerblich genutzt. Dies macht deutlich, dass es sich nicht um ein Gewerbegebiet im Sinne von § 8 Abs. 1 BauNVO handelt, welches vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben dient; gleiches gilt für ein Industriegebiet gemäß § 9 BauNVO, welches ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben dient. Demgegenüber stellt sich dieses Gebiet als Mischgebiet im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO dar, welches dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören, dient, wobei – ohne dass es hierauf ankäme – festzuhalten ist, dass der auf dem klägerischen Grundstück vorhandenen Gewerbebetrieb nach den Angaben der Klägerseite das Wohnen mehr als nicht wesentlich stören dürfte.
Damit ist festzuhalten, dass vom H* H1.weg an das klägerische Grundstück lediglich herangefahren werden können muss.
bb) Zwar ist auf dem klägerischen Grundstück die oben beschriebene Mauer vorhanden, die ohne technische Veränderungen ein Betreten des klägerischen Grundstücks nicht zulässt; diese Mauer ist im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts jedoch unbeachtlich.
Bei der Beurteilung einer Sachlage, bei der der Zugang (bzw. gegebenenfalls die Zufahrt) von der Erschließungsanlage auf das Anliegergrundstück aufgrund eines auf dem Anliegergrundstück tatsächlich vorhandenen Hindernisses (anders stellt sich die Sach- und Rechtslage bei einem auf dem Straßengrundstück gelegenen Hindernis dar, vgl. Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 17 Rn. 90) tatsächlich nicht ohne weiteres möglich ist, muss zunächst unterschieden werden, ob es sich um ein natürliches oder um ein künstlich geschaffenes Hindernis handelt.
Natürliche Gegebenheiten wie etwa eine Felswand, ein Gewässer, eine steile Böschung oder ein sonstiger eklatanter Höhenunterschied schließen eine Erschlossensein im Sinne des § 131 Abs. 1 BauGB aus, wenn sie die Bebaubarkeit oder die gewerbliche Nutzung von der abzurechnenden Erschließungsanlage her hindern. Dies gilt allerdings nur dann, wenn dieses Hindernis durch den Grundstückseigentümer nicht mit zumutbaren finanziellen Mitteln ausgeräumt werden kann; denn es soll nicht eine Situation eintreten, bei der der Grundstückseigentümer wegen des auf seinem Grundstück befindlichen natürlichen Hindernisses beitragsfrei bleibt und dieses Hindernis hernach beseitigt und auf diese Weise zu Lasten aller anderen Beitragspflichtigen die Erschließungsanlage beitragsfrei nutzt (vgl. zur gesamten Problematik: Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 829; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 17 Rn. 87 und Rn. 88; Schmitz, Erschließungsbeiträge, 2018, § 13 Rn. 61 jeweils m.w.N.).
Handelt es sich bei der den Zugang von der Erschließungsanlage zum Anliegergrundstück hindernden Gegebenheit um ein vom Grundstückseigentümer selbst geschaffenes tatsächliches Hindernis wie z.B. um eine Mauer, eine Pflanze, ein Gebäude, eine Aufschüttung oder eine Abgrabung, bleibt dies von vornherein unbeachtlich. Gleiches gilt auch, wenn es sich um ein selbst geschaffenes rechtliches Hindernis handelt (vgl. OVG Münster, B.v. 12.6.2007 – 15 A 1287/07 – juris Rn. 10 und Rn. 11). Denn es darf nicht im Belieben eines Grundstückseigentümers stehen, sein Grundstück durch ein derartiges selbst geschaffenes Hindernis zu verschließen und sich damit zu Lasten aller anderen beitragspflichtigen Anlieger der Beitragspflicht zu entziehen (BVerwG, U.v. 15.1.1988 – 8 C 111.86 – BVerwGE 79, 1, 7; BayVGH, B.v. 30.3.2006 – 6 ZB 04.976 – juris Rn. 5; B.v. 12.8.2019 – 6 ZB 19.778 – juris Rn. 8; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 829; Driehaus/Raden, a.a.O., § 17 Rn. 82). Anders als bei natürlichen Hindernissen spielt es in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, ob die Ausräumung des künstlichen Hindernisses im Verhältnis zum hieraus fließenden wirtschaftlichen Nutzen finanziell unwirtschaftlich ist (BayVGH, U.v. 8.3.2010 – 6 B 09.1957 – juris Rn. 20).
Weiterhin spielt es in diesem Zusammenhang auch keine Rolle, mit welcher Motivation das künstliche Hindernis geschaffen worden ist. Auch wenn bei seiner Errichtung beitragsrechtliche Fragen nicht einmal ansatzweise im Blick waren bzw. seien konnten, darf von den oben dargestellten Grundsätzen nicht abgewichen werden, da es um die Verwirklichung einer objektiven Beitragsgerechtigkeit geht. Aus diesem Grunde spielt es auch keine Rolle, ob das künstliche Hindernis vom derzeitigen Grundstückseigentümer oder von einem seiner Rechtsvorgänger geschaffen worden ist. Denn auch in einem solchen Fall geht es allein darum, im Rahmen der Beitragsgerechtigkeit alle Eigentümer bzw. Erbbauberechtigten von Grundstücken, die durch öffentlich-rechtliches Handeln, also durch die diesbezügliche Entscheidung und Bautätigkeit der Gemeinde mit dem Ergebnis einer erstmaligen Herstellung der Erschließungsanlage einen Erschließungsvorteil haben, an dem durch die Ersterschließung entstandenen Kosten zu beteiligen. Deshalb darf ein „gegenläufiges“ privates Handeln – wann auch immer dies erfolgt sein mag – die durch öffentlich-rechtliches Handeln entstandene Beitragspflicht nicht konterkarieren (vgl. für den Fall eines vom Rechtsvorgänger des derzeitigen Grundstückseigentümers errichteten 95 Jahre alten Wohnhauses als künstliches Hindernis: BayVGH, U.v. 8.3.2010 – 6 B 09.1957 – juris Rn. 20).
Auf dieser Grundlage ist zunächst festzustellen, dass sich die Mauer auf dem klägerischen Grundstück (Fl.Nr. …4/11) befindet und nicht auf öffentlichem Grund. Dies ergibt sich sowohl aus den im Bayernatlas zugänglichen Karten als auch aus den von der Beklagten vorgelegten Plänen. Der Klägerbevollmächtigte hat im Gerichtsverfahren zudem nichts Gegenteiliges behauptet.
Weiterhin ist festzustellen, dass sich die Mauer mit einer Höhe von etwa 6 m über die gesamte Grenze zwischen dem klägerischen Grundstück und der Erschließungsanlage erstreckt. Die Ortseinsicht hat ergeben, dass ein Zugang vom H* H1.weg auf das klägerische Grundstück tatsächlich nicht möglich ist.
Streitig zwischen den Parteien ist die Frage, ob es sich bei der Mauer um ein natürliches Hindernis handelt (so der Klägerbevollmächtigte) oder um ein selbst geschaffenes künstliches Hindernis (so die Beklagte). Aufgrund der vielfältigen, von der Beklagten im Gerichtsverfahren vorgelegten Materialien und aufgrund der Ortseinsicht gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, dass die Mauer ein von einem Rechtsvorgänger der Klägerin errichtetes künstliches Hindernis darstellt.
Die Denkmalschutzbehörde der Beklagten hat mit Schreiben vom 15. Oktober 2018 dargelegt, dass die Mauer in der ersten amtlichen Vermessung von 1845 noch nicht verzeichnet sei, sie also erst im Zuge der Neuregulierung und des Straßenausbaus H* H1.weg errichtet worden sei.
Die Uraufnahmen des Geländes, welche in den Jahren 1808 bis 1864 entstanden sind, zeigen (vgl. Bl. 253 der Gerichtsakte und Bl. E7 der Behördenakte) bereits einen Weg, der der G* H1.Straße entspricht sowie einen Weg, dessen Verlauf demjenigen des heutigen H* …wegs ähnlich ist. Zudem ist der vom Norden kommende Glattbach und seine Einmündung in die Aschaff erkennbar. Die Uraufnahme zeigt im fraglichen Bereich keine Bebauung, jedoch (wohl) landwirtschaftlich genutzte Grundstücke. Zudem ist westlich des Glattbaches ein vom H* H1.weg nach Norden abzweigender Weg erkennbar, der sich etwa in dem Bereich befindet, in welchem derzeit an der östlichen Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks die Stützmauer verläuft. Die Beklagte hat über diese Uraufnahme die heutigen Grundstücksgrenzen gelegt (Behördenakte Bl. E7); hieraus wird deutlich, dass der H* H1.weg vormals im Bereich des derzeitigen klägerischen Grundstückes einige Meter weiter nördlich verlief als derzeit und damit in dem Bereich, in welchem sich nunmehr die Mauer des klägerischen Grundstücks befindet.
Weiterhin hat die Beklagte eine Stellungnahme ihrer Denkmalschutzbehörde vom 29. Oktober 2019 (Behördenakte Bl. E8 bis E 11) vorgelegt. Diese enthält Positionsblätter im Maßstab 1:25.000 aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, welche das fragliche Gebiet zeigen. Hier ist ebenfalls die Trasse der derzeitigen G* H1.Straße und der vormalige Verlauf des H* …wegs erkennbar, zudem die Aschaff und der Glattbach mit der Haselmühle und der Schnepfenmühle. Im Bereich des nunmehrigen klägerischen Grundstücks stellt das Positionsblatt einen nach Süden zur Aschaffaue hin abschüssigen Bereich dar. Demgegenüber sind auf diesem Positionsblatt keine Einfriedungs- oder Stützmauern zu erkennen.
Ein Plan der Stadt Aschaffenburg, gezeichnet von A. Haas im Maßstab 1:10.000, veröffentlicht im Werk Schober, Aschaffenburg, Aschaffenburg 1886, zeigt ebenfalls die G* H1.Straße und die vormalige Trasse des H* …wegs mit der schon beschriebenen Abzweigung eines Weges nach Norden parallel zum Glattbach, welcher zur Haselmühle führt. Auf diesem Plan ist unmittelbar östlich der G* H1.Straße und unmittelbar nördlich der vormaligen Trasse des H* …wegs ein Gebäude eingezeichnet, welches sich allerdings – zumindest aber nicht zur Gänze – auch auf das nunmehrige klägerische Grundstück Fl.Nrn. …4/16 und …4/11 erstreckt. Hierbei handelt es sich um die etwa im Jahr 1870 errichtete Actien Bierbrauerei Aschaffenburg. Aus den dem Gericht diesbezüglich vorliegenden Unterlagen (vgl. Behördenakte Bl. 189 bis Bl. 194) ergibt sich, dass sich das Gelände, auf welchem der Brauereibetrieb gelegen war, von der G* H1.Straße aus etwa 210 bairische Fuß nach Osten erstreckte. Dies entspricht etwa 61 m (1 bairischer Fuß entspricht etwa 0,29 m). Dies zeigt, dass das Brauereigrundstück lediglich einen etwa 11 m breiten Streifen am westlichen Rand des insgesamt etwa 60 m breiten klägerischen Grundstücks in Anspruch nahm. Die genannten Pläne der Brauerei bezeichnen den Bereich östlich des Brauereigeländes mit „Acker des Herrn B* …“. Auch dies macht deutlich, dass das klägerische Grundstück auch nach dem Bau der Brauerei im Wesentlichen und insbesondere in seinem östlichen Grundstücksteil, auf welchen es hier wesentlich ankommt, unbebaut war.
Aus einem Plan im Maßstab 1:500 aus dem Jahr 1901 (Behördenakte Bl. E42) ergibt sich, dass das im östlichen Bereich des Brauereigeländes gelegene Maschinenhaus mittels eines auf dem derzeitigen klägerischen Grundstück gelegenen Entwässerungskanals über den H* H1.weg hinweg in die Aschaff entwässert worden ist.
Aus drei Einmessungshandrissblättern aus dem Jahr 1919/1920 (Behördenakte Bl. E45 bis E47) ergibt sich, dass das Brauereigrundstück auf seiner östlichen Seite von einer Mauer abgeschlossen war, die das Brauereigelände von der sich östlich anschließenden unbebauten Fläche abgrenzte; letztere ist bezeichnet mit „B* … L* …“. Die von Norden nach Süden verlaufende das Brauereigelände östlich abschließende Mauer trifft westlich des Beginns der heutigen gemeinsamen Grenze zwischen dem klägerischen Grundstück und dem H* H1.weg auf den H* H1.weg.
Dieselbe Situation ergibt sich aus dem Auszug aus der Katasterneuvermessung aus dem Jahr 1920 (Behördenakte Bl. E48), welche im Bereich östlich des Brauereigeländes (also im Wesentlichen im Bereich des derzeitigen klägerischen Grundstücks) keinerlei Bebauung und auch keine Mauern erkennen lässt, während die das Brauereigelände umgebende Mauer gut erkennbar ist.
Weiterhin hat die Beklagte Bauunterlagen aus den Jahren 1954 bis 1956 vorgelegt, die die Errichtung einer Mauer im Bereich des klägerischen Grundstücks zum Ziel hatten (Behördenakte Bl. E12 bis E 41). Aus dem diesbezüglichen Lageplan ergibt sich, dass die neu geplante Mauer genau denjenigen Verlauf nehmen sollte, wie sie sich heute in der Natur darstellt. Sie ist in den entsprechenden Plänen als Stützmauer dargestellt; die beiliegende statische Berechnung vom 29. August 1956 benennt eine Vormauerung in Bruchsteinen und eine Hinterfüllung mit gerölligem Schüttgut mit abgerundeten Kanten. Eine Querschnittzeichnung, die die östliche Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstücks bzw. den parallel zum Glattbach verlaufenden Teil der neu zu errichteten Mauer zeigt, stellt auch das vor der Errichtung der Mauer vorhandene natürliche Gelände dar. Dieses befindet sich an der südöstlichen Ecke des klägerischen Grundstücks, also zum H* H1.weg hin, auf dem Niveau des Fußes der Mauer und steigt nach Norden hin sanft an (Behördenakte Bl. E24).
Aus allen diesen Plänen ergibt sich, dass das klägerische Grundstück in dem Bereich, in welchem es nunmehr an den H* H1.weg angrenzt, bis zum Jahr 1954 nicht bebaut war und ein hängiges Gelände bildete, dass in seinem südlichen Bereich auf dem Niveau des H* …wegs lag.
Die Ortseinsicht der Kammer hat die Erkenntnisse, die sich aus diesen Plänen ergeben, bestätigt. Im Bereich der G* H1.Straße war ein hängiges Gelände wahrnehmbar, welches von der Kreuzung G* H1.Straße/H* H1.weg ausgehend sanft nach Norden ansteigt. Die gleiche Situation war östlich des klägerischen Grundstücks im Bereich des Glattbaches vorzufinden, wo die Grundstücke Fl.Nrn. …63/2 und …61/2 ohne Niveauunterschied an den H* H1.weg angrenzen und das Gelände ebenfalls nach Norden ansteigt. Dazwischen sind entlang des H* …wegs ausgehend von der G* H1.Straße von Westen nach Osten die Grundstücke Fl.Nr. …4/12 und …4/17 (zudem Fl.Nr. …3/16) gelegen, welche ebenfalls ohne Höhenunterschied vom H* H1.weg zugänglich sind. Erst im Bereich des östlichen Teils von Grundstück Fl.Nr. …4/17 beginnt die beschriebene Mauer, die sich nach Osten bis zur südöstlichen Grundstücksecke des klägerischen Grundstücks erstreckt und hier nach Norden abknickt. Auch diese Wahrnehmungen machen deutlich, dass es sich vormals um ein insgesamt hängiges Gelände handelte, das ohne Höhenunterschied vom H* H1.weg aus zugänglich war.
Auf dieser Grundlage hat sich die Kammer davon überzeugt, dass es sich bei der auf dem klägerischen Grundstück am H* H1.weg gelegenen Mauer nicht etwa – wie von der Klägerseite behauptet – um eine Stützmauer handelt, die ein natürliches Hindernis etwa in der Art einer Felswand abfängt und umfängt, sondern dass es sich um ein selbst geschaffenes künstliches Hindernis in einem Bereich handelt, in welchem zuvor ein Zugang vom Gelände des heutigen H* …wegs auf das Gelände des heutigen klägerischen Grundstücks ohne jegliches Hindernis und insbesondere ohne Höhenunterschiede möglich gewesen ist.
Die Klägerin hat sich im Gerichtsverfahren darauf berufen, dass dieses aus ihrer Sicht allenfalls möglicherweise als künstlich geschaffen zu bewertende Hindernis durch Zeitablauf zu einem natürlichen Hindernis „mutiert“ sei. Allerdings kann sich die Klägerin diesbezüglich nicht auf die von ihr vorgelegte Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 10.8.1977, BayVBl. 1978, 408) berufen, da es sich hierbei um eine spezifisch baurechtliche Rechtsprechung handelt, die nicht auf das Erschließungsbeitragsrecht übertragbar ist.
Im Übrigen ist die Behauptung des Klägerbevollmächtigten (vgl. Schreiben vom 3.1.2020, Gerichtsakte Bl. 352), historische Aufschüttungen bis in die Jungsteinzeit zurück müssten nicht nivelliert werden, ebenso richtig wie für den vorliegenden Fall unbehelflich. Es bedarf keiner tiefergehenden Darlegungen, dass das Jahr 1954 n. Chr., in welchem die Mauer geplant und anschließend errichtet worden ist, nicht zur Jungsteinzeit zählt; darüber hinaus geht es vorliegend nicht um einen Zwang zur Nivellierung einer Aufschüttung, sondern um die Frage, ob die Mauer ein Erschlossen sein des klägerischen Grundstücks durch den H* H1.weg im Sinne des § 131 BauGB hindert.
Ob und gegebenenfalls wann sich unter dem Blickwinkel des Erschließungsbeitragsrechts eine vormals von Menschenhand geschaffene und damit künstliche Veränderung der Erdoberfläche durch Zeitablauf in eine natürliche Erdoberfläche und das vormalige künstliche Hindernis in ein natürliches Hindernis wandelt, muss nicht entschieden werden; dies deshalb, weil im vorliegenden Fall der Zustand vor der Veränderung der Erdoberfläche, die Veränderung selbst und der Zustand danach klar erkennbar und nachweisbar sind und keine Unklarheiten über die vorherige Situation und den Umfang und die Qualität der menschengemachten Bauaktivitäten bestehen. Dies mag bei Geländeveränderungen bis in die Jungsteinzeit zurück anders sein, trifft jedoch nicht den vorliegenden Fall.
Aus alledem ergibt sich, dass es sich bei der genannten Mauer nicht um ein natürliches, sondern um ein künstliches, von einem Rechtsvorgänger der Klägerin geschaffenes Hindernis handelt, so dass das klägerische Grundstück bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands berücksichtigt werden muss, dies unabhängig von der Frage, ob die Beseitigung des Zugangshindernisses durch den Bau einer Rampe, einer Treppe oder einer ähnlichen Vorrichtung im Bereich der Mauer wirtschaftlich vernünftig und damit der Klägerin zuzumuten ist; hierauf kommt es nicht an, so dass auch den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich gestellten Beweisanträgen hinsichtlich der technischen Möglichkeit der Erschließung mittels einer Rampe, hinsichtlich der diesbezüglichen Kosten und hinsichtlich einer möglichen Werterhöhung des klägerischen Grundstücks durch eine solche Zufahrtsmöglichkeit nicht weiter nachzugehen war. Darüber hinaus ist – ohne dass es hierauf ankäme – darauf hinzuweisen, dass auf der Grundlage der Erkenntnis, dass das klägerische Grundstück in einem Mischgebiet gelegen ist, es lediglich darum gegangen wäre, die Kosten für einen fußläufigen Zugang beispielsweise über eine Treppe, welche in die Mauer integriert werden müsste, zu ermitteln.
Weiterhin kommt es auch nicht auf den Vortrag der Klägerseite an, es hätte – bewertet man die Mauer als künstlich geschaffenes Hindernis – allenfalls das im Zeitpunkt der Herstellung der Mauer selbständige Grundstück Fl.Nr. …4/11 herangezogen werden dürfen. Denn es ist hinsichtlich der Frage, welche Grundstücksflächen bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands zu berücksichtigen sind, nicht auf den Zeitpunkt der Herstellung des künstlichen Hindernisses im Jahr 1954 abzustellen, sondern auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht am 7. November 2017. Zu diesem Zeitpunkt ist das klägerische Grundstück hinsichtlich der Berücksichtigungsfrage in seiner Gesamtheit ohne Rücksicht auf das selbst geschaffene künstliche Hindernis der Mauer zu betrachten.
Damit hat die Beklagte das klägerische Grundstück dem Grunde nach zu Recht in den Kreis der bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands zu berücksichtigenden Grundstücksflächen aufgenommen.
6. Der umlagefähige Aufwand ist unter Berücksichtigung der oben genannten Grundstücke und der von der Beklagten angewandten Verteilungsregelung auf insgesamt 77.606,70 BE (qm) zu verteilen.
Die Beklagte hat auf der Grundlage von Art. 5a KAG i.V.m. § 131 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB i.V.m. der Verteilungsregelung der Erschließungsbeitragssatzung mit Ausnahme des klägerischen Grundstücks alle sonstigen berücksichtigungsfähigen vom H* H1.weg erschlossenen Grundstücke bei der Verteilung des umlagefähigen Erschließungsaufwandes vorteilsgerecht herangezogen; diesbezüglich liegen weder Fehler auf der Hand noch sind solche vom Klägerbevollmächtigten vorgetragen worden.
Allerdings hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren die vom P* H1.weg erschlossenen Grundstücke außer Acht gelassen (vgl. oben) und dem angegriffenen Bescheid 71.903,13 BE (qm) zugrunde gelegt. Im Gerichtsverfahren hat sie eine Zusammenstellung vorgelegt, welche auch die vom P* H1.weg erschlossenen Grundstücke berücksichtigt und die nicht zu beanstanden ist.
In diesem Zusammenhang vertritt die Beklagte die Meinung, das klägerische Grundstück sei mit 11.579,10 BE (qm) zu berücksichtigen.
Allerdings ist dies nicht vorteilsgerecht, da die Beklagte zu Unrecht einen Artzuschlag für das klägerische Grundstück angesetzt hat. Demgegenüber zu Recht hat die Beklagte keine Ermäßigung für eine Mehrfacherschließung des klägerischen Grundstücks gewährt.
Grundlage der Verteilungsregelung ist das in Art. 5a KAG i.V.m. § 131 Abs. 2 und Abs. 3 BauGB vorgegebene Differenzierungsgebot, wonach der Erschließungsaufwand gemäß dem Vorteilsprinzip angemessen zu verteilen ist. Dies bedeutet, dass Grundstücke eines Abrechnungsgebietes, die größere Erschließungsvorteile haben als andere Grundstücke desselben Abrechnungsgebiets, bei der Verteilung des Erschließungsaufwandes stärker belastet werden sollen als die anderen, die nur geringere Vorteile haben. Der maßgebliche Erschließungsvorteil ist der Sache nach daran zu messen, was die Erschließung für die bauliche oder gewerbliche Nutzung des betroffenen Grundstücks hergibt (BVerwG, U.v. 23.1.1998 – 8 C 12/96 – juris Rn. 15).
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte mit § 6 EBS eine Verteilungsregelung vorgesehen, die diesen Grundsätzen gerecht wird.
Zu Recht und von der Klägerin nicht beanstandet hat die Beklagte zunächst auf der Grundlage von § 6 Abs. 3 Ziffer 2 EBS eine Grundstücksfläche von 5.938 qm und gemäß § 6 Abs. 2 Ziffer 2 EBS für ein weiteres Vollgeschoss einen Zuschlag von 0,3 der Grundstücksfläche herangezogen. Unproblematisch hat die Beklage zudem nicht von der in § 6 Abs. 3 Nr. 2 EBS festgelegten Tiefenbegrenzungsregelung Gebrauch gemacht, da das klägerische Grundstück bis zur nördlichen Grundstücksgrenze gewerblich genutzt wird.
Zu Unrecht hat die Beklagte jedoch einen Artzuschlag angesetzt. Nach § 6 Abs. 10 Satz 1 EBS sind für die Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten sowie für die Grundstücke, die überwiegend gewerblich genutzt werden, die in Abs. 2 genannten Nutzungsfaktoren um je 50 v.H. zu erhöhen, wenn in einem Abrechnungsgebiet außer überwiegend gewerblich genutzten Grundstücken oder Grundstücken, die nach den Festsetzungen eines Bebauungsplans in einem Kern-, Gewerbe- oder Industriegebiet liegen, auch andere Grundstücke erschlossen werden. Hiermit sieht die Erschließungsbeitragssatzung in ihrem Verteilungsmaßstab die erforderliche Unterscheidung zwischen gewerblicher/industrieller Nutzung und anderer Nutzung vor (BVerwG, U.v. 23.1.1998 – 8 C 12/96 – juris Rn. 15 m.w.N.); sie gestattet es über die Erhebung eines Artzuschlages für alle Grundstücke in beplanten Gewerbe- und Industriegebieten hinaus, auch überwiegend gewerblich genutzte Grundstücke in qualifiziert beplanten Wohngebieten und vergleichbaren Gebieten mit einem grundstücksbezogenen Artzuschlag zu belegen, der sich an der tatsächlichen Nutzung orientiert (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitrags in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 920a m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch für mehrfach erschlossene Grundstücke und dabei für jede der mehreren Anbaustraßen.
Da dieser grundstücksbezogene Artzuschlag auf die tatsächliche gewerbliche Nutzung im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht abstellt, kann es bei der Anwendung eines Artzuschlags nicht unberücksichtigt bleiben, wenn bei einem doppelt erschlossenen Grundstück der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr nicht über die abzurechnende Erschließungsanlage, sondern ausschließlich über eine andere A1.straße erfolgt. Denn in diesen Fällen ist der Anknüpfungspunkt für den Artzuschlag, der durch die gewerbliche Nutzung vermehrte Vorteil des Grundstückseigentümers, gerade nicht gegeben. Allerdings ist im Interesse der Praktikabilität des Verwaltungsverfahrens vorauszusetzen, dass die ausschließliche Abwicklung des gewerblichen Verkehrs über die andere Erschließungsanlage durch die äußere Gestaltung des Grundstücks im maßgeblichen Zeitpunkt für die Gemeinde eindeutig erkennbar ist (BVerwG, U.v. 23.1.1998 – 8 C 12/96 – juris LS. 1 und Rn. 16 und Rn. 18).
Auf dieser Grundlage kann für das in einem Mischgebiet gelegene (vgl. hierzu die obigen Ausführungen) Grundstück der Klägerin kein grundstücksbezogener Artzuschlag angesetzt werden. Denn der durch die gewerbliche Nutzung verursachte Ziel- und Quellverkehr wird nicht über den H* H1.weg, sondern ausschließlich über die G* H1.Straße abgewickelt, dies aufgrund der beschriebenen Mauer, die im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht am 7. November 2017 ein Herauffahren vom H* H1.weg auf das klägerische Grundstück rein faktisch nicht zuließ (vgl. hierzu die obigen Ausführungen). Weil damit die gewerbliche Nutzung des klägerischen Grundstücks nicht zu einer intensiveren Inanspruchnahme des H* …wegs führen kann, ist die Erhebung eines grundstücksbezogenen Artzuschlags unzulässig (vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 6.6.2019 – 6 B 19.246 – juris Rn. 35).
Demgegenüber hat die Beklagte zu Recht keine Vergünstigung für eine Mehrfacherschließung gewährt. Nach § 6 Abs. 11 Satz 1 EBS ist für Grundstücke, die von mehr als einer Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Satz 1 BauGB erschlossen werden, die Grundstücksfläche bei Abrechnung jeder Erschließungsanlage nur mit zwei Dritteln anzusetzen. Dies gilt gemäß § 6 Abs. 11 Satz 2 Ziffer 2 EBS unter anderem nicht für Grundstücke in Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten sowie für Grundstücke, die überwiegend gewerblich genutzt werden. Nach dieser Regelung darf für das gewerblich genutzte in einem Mischgebiet gelegene klägerische Grundstück keine Vergünstigung wegen Mehrfacherschließung gewährt werden. Dass das klägerische Grundstück nicht mit einem Artzuschlag wegen gewerblicher Nutzung belastet wird, steht dem nicht entgegen. Denn die Beklagte hat sich in ihrer Erschließungsbeitragssatzung dafür entschieden, den Abschlag für Mehrfacherschließung (die sog. Eckgrundstücksermäßigung) lediglich für Wohngrundstücke zu gewähren. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden (BayVGH, U.v. 14.11.2013 – 6 B 12.704 – juris Rn. 38 m.w.N.; U.v. 6.6.2019 – 6 B 19.246 – juris Rn. 357; Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand: April 2020, Rn. 931).
Im Ergebnis fließt das klägerische Grundstück somit nicht mit 11.579,10 BE, sondern lediglich mit 7.719,40 BE (5 938 qm Grundstücksfläche x Nutzungsfaktor 1,3) in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücksflächen ein, die sich damit auf insgesamt 77.606,70 BE (qm) summieren und auf welche der umlagefähige Aufwand in Höhe von 595.501,29 EUR (vgl. oben) umgelegt werden muss. Hieraus errechnet sich ein Beitragssatz von 7,6733231 EUR pro qm (595.501,29 EUR geteilt durch 77.606,70 BE). Dies führt für das klägerische Grundstück zu einem Erschließungsbeitrag in Höhe von 59.233,45 EUR (7.719,40 BE x 7,6733231 EUR pro BE).
7. Die sachliche Beitragspflicht ist, wie oben ausgeführt, gemäß Art. 5a KAG i.V.m. § 133 Abs. 2 BauGB am 7. November 2017 entstanden. Die Klägerin ist gemäß Art. 5 KAG i.V.m. § 135 Abs. 1 BauGB als Eigentümerin des Grundstücks mit den Fl.Nrn. …4/11 und …4/16 persönlich beitragspflichtig.
8. Damit hat die Beklagte gegenüber der Klägerin zu Lasten von deren Grundstück zu Recht einen Beitrag für die erstmalige Herstellung des H* …wegs und des P* …wegs in Höhe von 59.233,45 EUR festgesetzt; insoweit erweist sich der angegriffene Bescheid als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Soweit der angegriffene Bescheid darüber hinausgeht und anstelle eines Beitrages von 59.233,45 EUR einen solchen in Höhe von 83.266,76 EUR festsetzt, erweist er sich als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war er aufzuheben; im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folg aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und entspricht dem Verhältnis des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens. Die vorläufige Vollstreckung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Entgegen der Anregung des Klägerbevollmächtigen war die Berufung nicht zuzulassen, da nicht erkennbar ist, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), sondern es sich vielmehr um eine Einzelfallentscheidung handelt und weil das Urteil nicht von einer Entscheidung eines der in § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht.


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