Baurecht

Festlegung der Eignungskriterien in Bekanntmachung

Aktenzeichen  RMF-SG21-3194-3-1

Datum:
15.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11086
Gerichtsart:
Vergabekammer
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EU VOB/A § 15, § 16a, § 16b
BaNpV § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2 S. 2
GWB § 160, § 167 Abs. 1 S. 1, § 182 Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

1. Der Auftraggeber muss die Eignungskriterien und die geforderten Nachweise den potentiellen Bietern im Voraus bekannt geben. Bekannt geben heißt, die einzelnen Eignungskriterien und die Mittel zu deren Nachweis ausdrücklich zu bezeichnen. (Rn. 50 – 51)
2. Das Mitteilungsmedium ist in der Regel die Auftragsbekanntmachung. Es genügt nicht, in der Bekanntmachung auf ein später in den Vergabeunterlagen zu findendes Formblatt hinzuweisen. (Rn. 51)
3. Ausreichend ist es hierbei, wenn sich in einem online zugänglichen Bekanntmachungstext ein Link befindet, über den man ohne weiteres das Formblatt mit den geforderten Eignungskriterien und Nachweisen öffnen und ausdrucken kann. Nicht ausreichend ist es, wenn in der Bekanntmachung auf die Vergabeunterlagen verwiesen wird, die unmittelbar online zugänglich sind. (Rn. 52)
4. Sind Eignungskriterien nicht entsprechend in der Bekanntmachung festlegt worden, scheidet ein Ausschluss eines Angebots aufgrund fehlender Nachweise über die Referenzen aus, weil die Referenzen nicht wirksam gefordert worden sind. (Rn. 58)

Verfahrensgang

Z3-3-3194-1-38-10/13 2013-12-05 Bes VKSUEDBAYERN Vergabekammer München

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.
Der Vergabestelle wird aufgegeben, die Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.
2. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin trägt die Vergabestelle.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.
4. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.
5. Die Gebühr für dieses Verfahren beträgt …,- €.
Die Vergabestelle ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

Gründe

Die Antragstellerin hat vorliegend mit Angebotsabgabe das Formblatt 235 und das Formblatt 221 eingereicht. In dem Formblatt 235 hat die Antragstellerin u.a. folgende Angaben zur Nachunternehmerleistung gemacht:
OZ/Leistungsbereich Beschreibung der Teilleistung
… …
1.9.207 – 208 Betoneinbau/ Glätten
1.9.211 – 212
Im Leistungsverzeichnis handelt es sich hierbei um folgende Positionen:
1.9. Betonarbeiten Gasbehälter 1 + 2 Sauberkeitsschichten
1.9.207

Ort Beton der Sauberkeitsschichten,
Untergrund waagrecht,
obere Betonfläche waagrecht,
aus unbewehrtem Beton

1.9.208 …
Frischbetonoberfläche der Sauberkeitsschicht,
maschinell Glätten,

Bodenplatten

1.9.211

Ort Beton der Bodenplatte,
obere Betonfläche geneigt,

1.9.212 … Frischbetonoberfläche
der Bodenplatte
als flächenfertiger Nutzboden
maschinell Glätten
bb) Aus den Angaben in Formblatt 235 ist ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht die gesamte Position durch einen Nachunternehmer erfüllen möchte, sondern nur den Betoneinbau und die Glättung. Die Art und der Umfang der Nachunternehmerleistung ist eindeutig bestimmt.
Entgegen dem schriftsätzlichen Vortrag der Antragstellerin handelt es sich hier gerade nicht um die reine Lohnleistung. In der mündlichen Verhandlung trägt die Antragstellerin vor, dass es sich um den gesamten Betoneinbau und die Glättung handelt, die von einem Nachunternehmer erbracht werden. Lediglich der Beton und die Schalung werden seitens der Antragstellerin geliefert. Die Werkleistung selbst werde vollumfänglich von einem Nachunternehmer erbracht.
Im Gegensatz zum bloßen Zulieferer schuldet der Nachunternehmer selbst einen werkvertraglichen Erfolg. Er schuldet mehr als die Dienstleistung (Schneevogl Heiermann/Zeiss/Summa, jurisPK-Vergaberecht, 5. Aufl. 2016, § 36 VgV Rn. 3). Dies ist vorliegend bei den Positionen 1.9.207 – 208, 1.9.211 – 212 bei dem Betoneinbau und der Glättung erfüllt.
In dem Formularblatt 235 hat die Antragstellerin die Nachunternehmerleistung eindeutig bestimmt.
cc) Die vergleichende Berechnung der Vergabestelle, mit der sie die Widersprüchlichkeit der Angaben zu den Nachunternehmern im Angebot der Antragstellerin begründet, rechtfertigt keinen Ausschluss des Angebots.
Ein Preisvergleich anhand der Angaben in den Formblättern „Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen“ (235) und „Preisermittlung“ (221 bzw. 222) ist untauglich, weil er auf unterschiedliche Sachverhalte bezogen ist und damit im Ergebnis nicht vergleichbare Angaben zum Gegenstand hat (OLG Dresden, Beschluss vom 8.5.2013 – Verg 1/13). Das Formblatt zur Preisermittlung klärt die dem Bieter entstandenen Kosten und dessen Aufwand (auch die ihm berechneten Preise der Nachunternehmer), nicht jedoch die der Vergabestelle angebotenen Preise für die Nachunternehmerleistungen. So ist auch in der Fußnote festgelegt:
Auf Verlangen sind für diese Leistungen die Angaben zu Kalkulation der Nachunternehmer dem Auftraggeber vorzulegen.
Auch dies macht deutlich, dass es bei Ziffer 3.5 des Formblattes 221 um den Aufwand des Bieters, also um die ihm berechneten Preise der Nachunternehmer und nicht um seine der Vergabestelle angebotenen Preise für Nachunternehmerleistungen, geht.
Das Formblatt 235 klärt davon unabhängig die Leistungen oder Teilleistungen, die von dritten Unternehmen ausgeführt werden. Ein Preisvergleich der Formblätter ist vorliegend nicht sachgerecht. Ein Ausschluss des Angebots der Antragstellerin kann aus diesem Grunde daher nicht erfolgen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 182 GWB.
a) Die VSt trägt die Kosten des Verfahrens, weil sie mit ihren Anträgen unterlegen ist (§ 182 Abs. 3 Satz 1 GWB).
b) Die Kostenerstattungspflicht gegenüber der ASt ergibt sich aus § 182 Abs. 4 Satz 1 GWB.
c) Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die ASt notwendig (§ 182 Abs. 4 Satz 4 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspr.).
Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der ASt nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen.
d) Die BGl trägt ihre Aufwendungen selbst. Sie hat keinen Antrag gestellt und ist daher kein Kostenrisiko eingegangen. Im Umkehrschluss bekommt sie daher auch keine Aufwendungen erstattet.
e) Die Gebühr war nach § 182 Abs. 2 und 3 GWB festzusetzen. Im Hinblick auf die Bruttoangebotssumme der ASt und unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich entsprechend der Tabelle des Bundeskartellamtes eine Gebühr in Höhe von …,- €.
Der geleistete Kostenvorschuss von 2.500,- € wird nach Bestandskraft des Beschlusses an die ASt zurückerstattet.
Die VSt ist gem. § 182 Abs. 1 GWB i.V.m. § 8 Abs. 1 Nr. 3 VwKostG in der am 14.08.2013 geltenden Fassung von der Zahlung der Gebühr befreit.


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