Baurecht

Flughafen Berlin Brandenburg: Keine Ausweitung des Nachtflugverbots; Nachbesserung beim Schallschutz

Aktenzeichen  4 A 4001/10

Datum:
13.10.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 2 Abs 2 FluLärmG
§ 2 Abs 3 FluLärmG
Art 2 Abs 2 S 1 GG
Anh 2 Nr 3.1.12 IntZLuftAbk
§ 8 Abs 1 LuftVG
§ 8 Abs 4 LuftVG
§ 10 Abs 4 S 1 LuftVG
§ 29b Abs 1 S 2 LuftVG
§ 32 Abs 4 Nr 8 LuftVG
§ 32 Abs 4c LuftVG
§ 26 Abs 2 LuftVO
§ 27a Abs 2 S 1 LuftVO
§ 9 Abs 1 UIG
§ 42 Abs 2 VwGO
§ 99 Abs 1 VwGO
§ 100 Abs 1 VwGO
§ 21 Abs 1 VwVfG
Spruchkörper:
4. Senat

Leitsatz

1. Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Nachtflugbedarfs ist die Darlegung einer Nachfrage nach Nachtflugverkehr. Die Bedienung der Nachfrage muss zudem von den Planungszielen, die die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens gerechtfertigt haben, umfasst sein.
2. Die Darlegung einer Nachfrage allein genügt für die Zulassung von Nachtflugbetrieb nicht. Die Verkehrsinteressen sind nur dann geeignet, sich im Wege der Abwägung gegen die Lärmschutzinteressen der Anwohner durchzusetzen, wenn es ausgehend von den Gegebenheiten des Luftverkehrsmarktes betriebliche oder strukturelle Gründe dafür gibt, den Verkehr gerade in den Nachtrandstunden abzuwickeln.
3. Die Verkehrsfunktion des Flughafens und seine Stellung im Luftverkehrsnetz bestimmen die Erwartungen, die berechtigterweise an das Verkehrsangebot zu stellen sind, insbesondere an die Zahl und die Diversität der Destinationen, die Frequenz der Verbindungen und die Erreichbarkeit des Flughafens in den frühen Morgen- und späten Abendstunden. Diese Erwartungen sind entscheidend dafür, ob das Verkehrsangebot ohne die in Rede stehenden Nachtflugverbindungen noch als “befriedigend” (Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 – BVerwGE 125, 116 Rn. 288) angesehen werden kann.
4. Inwieweit die Ausgangsdaten und die Verarbeitungsschritte einer Verkehrsprognose dokumentiert werden müssen, um deren Verwertbarkeit überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die sich nicht allgemeingültig beantworten lässt.
5. Eine umfassende Prüfung der Verlagerungsmöglichkeiten von Flügen innerhalb der Nacht und von der Nacht in den Tag kann eine Planfeststellungsbehörde nicht vornehmen. Sie kann den Fluggesellschaften lediglich einen Rahmen für ihre Umlaufplanungen setzen.
6. Die Planfeststellungsbehörde muss nicht alle realistischerweise in Betracht kommenden Flugrouten auf die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen untersuchen; sie kann sich auf die Betrachtung bestimmter Flugrouten beschränken. Die Flugrouten gehören zu den prognostischen Annahmen, die der Lärmermittlung zugrunde zu legen sind.
7. Die Flugroutenprognose muss die Modalitäten des Flugbetriebs soweit abbilden, wie dies für die jeweilige im Planfeststellungsverfahren zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Für die Regelung des Flugbetriebs muss sie nicht so genau sein wie für die Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete.
8. Der Flugbetrieb wird geregelt für einen Flughafen an einem bestimmten Standort mit einer bestimmten Siedlungsstruktur in seiner Umgebung. Die Regelung soll grundsätzlich auch dann Bestand haben können, wenn andere An- und Abflugverfahren festgelegt werden als im Planfeststellungsverfahren angenommen.
9. Die Prognose der An- und Abflugverfahren muss in aller Regel mit dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) oder der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) abgestimmt sein.
10. Hat die Planfeststellungsbehörde die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle fehlerfrei bestimmt, genügt es für die Abwägung grundsätzlich, die Lärmschutzbelange ausgehend von dieser Schwelle zu gewichten: Sie sind umso gewichtiger, je näher die Lärmbelastungen an die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle heranreichen, ihr Gewicht ist umso geringer, je weiter sie hinter dieser Schwelle zurückbleiben.
11. § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gilt für die gesamte Nacht, also auch für die Nachtrandstunden. Auch die erste Nachtstunde von 22:00 bis 23:00 Uhr ist schutzwürdig; sie darf nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebs angesehen werden.
12. Bei der Prüfung, ob die Regelung des Flugbetriebs dem besonderen Gewicht der Nachtruhe hinreichend Rechnung trägt, dürfen die Nachtrandstunden nicht isoliert betrachtet werden. Entscheidend ist, ob das Lärmschutzkonzept bei einer Betrachtung der Gesamtnacht ausreichend Rücksicht auf die Nachtruhe der Bevölkerung nimmt.

Verfahrensgang

nachgehend BVerfG, 2. Juli 2018, Az: 1 BvR 612/12, Nichtannahmebeschluss

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen den vom Beklagten erlassenen Planergänzungsbeschluss “Lärmschutzkonzept BBI” zum Vorhaben “Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld” vom 20. Oktober 2009. Sie sind überwiegend Eigentümer von zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken in der Umgebung des Flughafens Berlin-Schönefeld; teilweise sind sie auch Erbbauberechtigte.
2
Der angegriffene Planergänzungsbeschluss (PEB) ergänzt den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (PFB). Durch den Planfeststellungsbeschluss wurde die Grundlage für den Ausbau des Flughafens zum alleinigen internationalen Verkehrsflughafen für die Region Berlin-Brandenburg geschaffen. A II 5.1.1 PFB regelte den Flugbetrieb während der Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr). In dieser Zeit sollten grundsätzlich nur lärmarme Flugzeuge starten und landen dürfen (5.1.1 Nr. 1). Ausbildungs- und Übungsflüge waren grundsätzlich nicht zulässig (5.1.1 Nr. 4). Abgesehen hiervon sollten Starts und Landungen während der gesamten Nacht zulässig sein.
3
Auf ausgewählte Musterklagen von Anwohnern und Gemeinden hat der Senat den Beklagten durch Urteile vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1001.04, 1073.04, 1075.04 und 1078.04 (BVerwG 4 A 1075.04 veröffentlicht in BVerwGE 125, 116) – verpflichtet, u.a. über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebs in Teil A II 5.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 in der Fassung vom 21. Februar 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Soweit der Planfeststellungsbeschluss den ausgesprochenen Verpflichtungen entgegenstand, hat er ihn aufgehoben. Im Übrigen hat er die Musterklagen abgewiesen.
4
Um der Verpflichtung aus den Urteilen vom 16. März 2006 nachzukommen, hat der Beklagte den Planergänzungsbeschluss vom 20. Oktober 2009 erlassen. Durch diesen Beschluss hat A II 5.1.1 PFB folgende Fassung erhalten:
5.1.1 Flugbetriebliche Regelungen
Ab Inbetriebnahme der planfestgestellten neuen Südbahn unterliegt der Flugbetrieb folgenden Regelungen:
1) In der Zeit zwischen 23:30 und 5:30 Uhr Ortszeit dürfen keine Luftfahrzeuge starten oder landen.
2) In der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr Ortszeit dürfen strahlgetriebene Flugzeuge mit einer maximal zulässigen Abflugmasse von mehr als 20 000 kg auf dem Flughafen nur starten oder landen, wenn sie nachweisen, dass ihre gemessenen Lärmzertifizierungswerte in der Summe mindestens 10 EPNdB unter der Summe der für sie geltenden Grenzwerte gemäß Band 1, Teil II, Kapitel 3 des Anhangs 16 zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO-Abkommen) liegen. …
3) Von den unter Nr. 1) und 2) genannten Regelungen sind ausgenommen:
a) Landungen von Luftfahrzeugen, wenn die Benutzung des Flughafens als Not- oder Ausweichflughafen aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen erfolgt,
b) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die sich im Einsatz für den Katastrophenschutz oder für die medizinische Hilfeleistung befinden oder die für Vermessungsflüge von Flugsicherungsunternehmen bzw. in deren Auftrag eingesetzt werden,
c) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die bei Staatsbesuchen und für Regierungsflüge sowie Militär- und Polizeiflüge eingesetzt werden.
4) Von den unter Nr. 1) genannten Regelungen sind ausgenommen:
a) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen im Luftpostverkehr werktags in den fünf Nächten von Montag auf Dienstag bis Freitag auf Samstag,
b) verspätete Starts von Luftfahrzeugen im Interkontinental-Verkehr zu Zielen außerhalb Europas sowie außerhalb der nichteuropäischen Mittelmeer-Anrainerstaaten, deren planmäßige Abflugzeit vor 23:30 Uhr Ortszeit liegt, bis 24:00 Uhr Ortszeit,
c) verspätete Landungen von Luftfahrzeugen, deren planmäßige Ankunftszeit vor 23:30 Uhr Ortszeit liegt, bis 24:00 Uhr Ortszeit und verfrühte Landungen von Luftfahrzeugen, deren planmäßige Ankunft nach 5:30 Uhr Ortszeit liegt, ab 5:00 Uhr Ortszeit,
d) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen bei deren Bereitstellung und instandhaltungsbedingter Überführung als Leerflüge bis 24:00 Uhr Ortszeit und ab 5:00 Uhr Ortszeit.
5) In der Zeit zwischen 22:00 und 23:00 Uhr Ortszeit sind auch verspätete Landungen von Flugzeugen mit Lärmzulassung nach Band 1, Teil II, Kapitel 3 des Anhangs 16 zum ICAO-Abkommen im gewerblichen Verkehr gestattet, wenn deren planmäßige Ankunftszeit vor 22:00 Uhr Ortszeit liegt.
6) An- und Abflüge im Rahmen von Ausbildungs- und Übungsflügen sind in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr Ortszeit sowie an Sonn- und Feiertagen nicht zulässig. Nach vorheriger Zustimmung der örtlichen Luftaufsicht können Ausbildungs- und Übungsflüge an Werktagen bis 23:00 Uhr Ortszeit durchgeführt werden, wenn sie nach luftverkehrsrechtlichen Vorschriften über den Erwerb, die Verlängerung oder Erneuerung einer Erlaubnis oder Berechtigung als Führer eines Luftfahrzeugs zur Nachtzeit erforderlich sind und die Flüge nicht vor 22:00 Uhr Ortszeit beendet werden können. Als Feiertag im oben genannten Sinne gilt jeder Feiertag, der in den Gesetzen über die Sonn- und Feiertage der Länder Berlin oder Brandenburg genannt ist.
7) (Triebwerksprobeläufe)
8) … (Schubumkehr)
9) Zum Schutz der Nachtruhe sind Starts und Landungen bei Flügen nach Instrumentenflugregeln mit Ausnahme der in A II 5.1.1 Nr. 3) genannten Flüge und der im Abschnitt A II 5.1.1 Nr. 4) a) genannten Luftpostflüge wie folgt geregelt:
a) Starts und Landungen sind zwischen 23:00 und 24:00 Uhr sowie 5:00 und 6:00 Uhr bis zu einer jährlichen Nachtverkehrszahl von 12 852 für die Sommer- und Winterflugplanperiode zulässig.
b) Die Nachtverkehrszahl ist die Summe der Starts und Landungen über alle Zeitscheiben, pro Zeitscheibe jeweils multipliziert mit einem Nachtflugfaktor. Die maßgeblichen Nachtflugfaktoren und Zeitscheiben sind wie folgt definiert: Nachtflugfaktor 1 für 23:00 bis 23:30 Uhr Ortszeit, Nachtflugfaktor 2 für 23:30 bis 24:00 Uhr Ortszeit, Nachtflugfaktor 2 für 5:00 bis 5:30 Uhr Ortszeit und Nachtflugfaktor 1 für 5:30 bis 6:00 Uhr Ortszeit.
c) Für jede Flugplanperiode ist die geplante Nachtverkehrszahl im Voraus zu ermitteln. Die geplante Nachtverkehrszahl darf in der Sommerflugplanperiode maximal 71 % (9 125) der zugelassenen jährlichen Nachtverkehrszahl betragen, in der Winterflugplanperiode 29 % (3 727). Drei Jahre nach Inbetriebnahme der planfestgestellten Südbahn ergibt sich für die kommenden Jahre die Aufteilung der jährlich zugelassenen maximalen Nachtverkehrszahl (12 852) auf die Sommer- und Winterflugplanperiode jeweils aus den Durchschnittswerten der Aufteilung der tatsächlichen Nachtverkehrszahlen auf die Sommer- und Winterflugplanperiode der sechs zurückliegenden Flugplanperioden.
d) Zur Berücksichtigung von Verspätungen und Verfrühungen sowie ungeplanter Flüge muss die geplante Nachtverkehrszahl erstmalig vor Beginn der Flugplanperiode, in der die planfestgestellte Südbahn in Betrieb geht, mindestens um 36 % unter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl der Flugplanperiode liegen (Minderungsbetrag). Drei Jahre nach Inbetriebnahme der planfestgestellten Südbahn ergibt sich für die kommenden Flugplanperioden der Minderungsbetrag jeweils als Durchschnittswert der tatsächlichen Nachtverkehrszahlen aller Verspätungen und Verfrühungen sowie ungeplanter Flüge in den letzten drei Jahren.
e) Sofern nach Ablauf der jeweiligen Flugplanperiode festgestellt wird, dass die maximal zulässige Nachtverkehrszahl aufgrund der tatsächlich durchgeführten Starts und Landungen überschritten wurde, muss in der kommenden Flugplanperiode die geplante Nachtverkehrszahl um den Minderungsbetrag und zusätzlich um den Überschreitungsbetrag unter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl liegen.
f) Die geplante Nachtverkehrszahl und die tatsächliche Nachtverkehrszahl der letzten Flugplanperiode einschließlich einer Flugbewegungsstatistik für die maßgeblichen Zeitscheiben sind der Genehmigungsbehörde unverzüglich zu übermitteln, die geplante Nachtverkehrszahl erstmalig vor Beginn der Flugplanperiode, in der die planfestgestellte Südbahn in Betrieb geht. Der Aufbau und Inhalt der Flugbewegungsstatistik sind mit der Genehmigungsbehörde abzustimmen.
10) … (Verteilung der Flüge auf die Start- und Landebahnen)
11) Die Genehmigungsbehörde kann in begründeten Einzelfällen Abweichungen von den vorgenannten flugbetrieblichen Regelungen zulassen.
5
Die Kläger, die bereits gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 geklagt hatten, haben – mit Ausnahme der Kläger zu 8 und 9 – im Anhörungsverfahren rechtzeitig Einwendungen erhoben. Am 16. Februar 2010 haben sie die vorliegenden Klagen erhoben. Sie halten den Planergänzungsbeschluss aus mehreren Gründen für rechtswidrig:
6
In formeller Hinsicht sei zu beanstanden, dass sich die DB Netz AG und die DB Station und Service AG, die gemeinsam mit der Beigeladenen am 17. Februar 2000 einen einheitlichen Planfeststellungsantrag gestellt hätten, am Planergänzungsverfahren nicht beteiligt hätten. Zudem hätten die zahlreichen Gutachten, die erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens vorgelegt worden seien, eine ergänzende Anhörung erforderlich gemacht. Der für den Erlass des Planergänzungsbeschlusses zuständige Beamte sei befangen gewesen.
7
Den Nachtflugbedarf stütze der Beklagte im Kern auf das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten der A. GmbH (im Folgenden: A.) vom 9. Mai 2007 und den in seinem eigenen Auftrag erstellten Abschlussbericht der I. GmbH (im Folgenden: I.) vom Juni 2009. Beide Gutachten litten an Fehlern, die ihre Verwertbarkeit ausschlössen. Die von I. vorgenommene Hochrechnung sei keine den fachlichen Standards genügende Prognosetechnik für eine Verkehrsprognose; das Rechenmodell sei eine “Black Box”.
8
Plausible Gründe für den Nachtflugbetrieb seien im Planergänzungsbeschluss nicht dargelegt. Selbst wenn man derartige Gründe bejahe, seien sie nicht – jedenfalls nicht für die Zeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr – geeignet, die gegenläufigen Lärmschutzbelange der Anwohner zu überwinden. Es gehe ausschließlich um die kommerziellen Belange der Beigeladenen und der Fluggesellschaften. Für die luftverkehrliche “Erschließung” der Region sei – wie der Flughafen Tegel bestätige – ein Flugbetrieb zwischen 23:00 und 6:00 Uhr nicht erforderlich. Das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten zu den regionalwirtschaftlichen Effekten überzeichne die Auswirkungen von Betriebsbeschränkungen während der Nacht.
9
Die der Ermittlung der Lärmbetroffenheiten zugrunde gelegten parallelen Abflugstrecken seien aus Gründen der Flugsicherheit nicht vertretbar. Die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Abflügen erfordere um mindestens 15Grad divergierende Abflugkurse. Der Planergänzungsbeschluss gehe – wie bereits der Planfeststellungsbeschluss – von im Wesentlichen unzutreffenden Betroffenheiten aus; insbesondere bleibe die Betroffenheit zehntausender zusätzlicher Anwohner außer Betracht.
10
Die Abwägung weise ein erhebliches Ungleichgewicht zu Lasten der Belange der Lärmbetroffenen auf. Die Kontingentierungsregel sei nicht geeignet, dieses Defizit auszugleichen. Der Beklagte habe die Gewichtungsvorgaben des Grundsatzes G 9 des Landesentwicklungsplans Flughafenstandortentwicklung vom 30. Mai 2006 (LEP FS) und des § 19 Abs. 11 Satz 1 des Gemeinsamen Landesentwicklungsprogramms der Länder Berlin und Brandenburg vom 1. November 2003 (LEPro) nicht berücksichtigt bzw. sie nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Gewichtung der Lärmschutzbelange im Planergänzungsbeschluss sei auch nicht konsistent mit der Gewichtung, die bei der Standortauswahl vorgenommen worden sei. Die Gesundheitsgefährdungen durch nächtlichen Fluglärm habe der Beklagte zu gering gewichtet. Neuere Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung habe er nicht berücksichtigt, sondern sei einem fehlerhaften Gutachten von Herrn Prof. Dr. Sch. gefolgt.
11
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verpflichten, über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebes in Teil A II Ziff. 5.1.1 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 6 und Abs. 9 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
hilfsweise
den Beklagten zu verpflichten,
über weitergehende Einschränkungen des Nachtflugbetriebes in der Zeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr Ortszeit in Teil A II Ziff. 5.1.1 Abs. 1, Abs. 4, Abs. 6 und Abs. 9 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
und hinsichtlich des Haupt- und Hilfsantrags den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, soweit er diesen Verpflichtungen entgegensteht.
12
Soweit die Klagen ursprünglich auch auf weitergehenden passiven Schallschutz gerichtet waren, haben sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
13
Der Beklagte verteidigt den Planergänzungsbeschluss und beantragt,
die Klagen abzuweisen, soweit sie noch aufrechterhalten sind.
14
Im Übrigen hat auch er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
15
Die Beigeladene beantragt,
die Klagen abzuweisen.
16
Für den Fall, dass es hierauf ankommt, stimmt sie den Erledigungserklärungen zu.


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