Baurecht

Folgenbeseitigungsanspruch wegen Überschwemmungsgefahr

Aktenzeichen  W 4 K 18.634

Datum:
28.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34029
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 906

 

Leitsatz

Ein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch besteht nicht, wenn die zu beseitigende Gefahr keine dem hoheitlichen Handeln zurechenbare Folge darstellt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Das Gericht konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten übereinstimmend hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das Gericht ist aufgrund der eingereichten Fotos und der Ortsbesichtigung überzeugt davon, dass sich bei anhaltenden starken Regenfällen oder bei Platzregen in der Einfahrt zum Grundstück der Klägerin zwar eine Wasserlache bilden kann, dennoch besteht der von der Klägerin geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch nicht, da dessen Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Die zulässige Klage ist deshalb unbegründet.
Ein öffentlich-rechtlicher Folgenbeseitigungsanspruch besteht nicht, da die Überschwemmungsgefahr keine dem hoheitlichen Handeln der Beklagten zurechenbare Folge darstellt. Der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch ist ein eingeschränkter Abwehranspruch auf Schutzmaßnahmen bei wesentlicher Beeinträchtigung durch hoheitliche Tätigkeit (vgl. Palandt, Bassenge, 78. Aufl., § 906 BGB, Rn. 44 ff.). Er kommt dann in Betracht, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff ein subjektives Recht des Betroffenen verletzt und dadurch ein noch andauernder, rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.8.1993 – juris). Der Folgenbeseitigungsanspruch zielt auf Wiederherstellung des Zustandes, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand; er dient nicht dem allgemeinen Ausgleich von Schäden, die durch rechtswidriges Verwaltungshandeln, etwa in Form pflichtwidrigen Unterlassens -, verursacht worden sind (BVerwG, a.a.O.).
Als hoheitlicher Eingriff käme vorliegend allenfalls die Ertüchtigung des Schotterwegs mit Pflastersteinen in Betracht. Wie allerdings die Ortsbesichtigung des Gerichts ergeben hat, steigt das Gelände von der Pflaster straße Richtung Feldscheune an. Diese selbst liegt dann auf einem höheren Niveau. Ein direkter Abfluss vom Weg auf das Grundstück der Klägerin Richtung Feldscheune hin ist daher ausgeschlossen. Aufgrund dieses Gefälles kann entgegen der Auffassung des Klägervertreters auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich das Oberflächenwasser der benachbarten Grundstücke auf dem Weg sammeln kann und dann auf das Grundstück der Klägerin fließt. Der Umstand, dass das Grundstück der Klägerin zur Scheune hin ansteigt, spricht vielmehr für das Gegenteil. Die sich bei anhaltenden starken Regenfällen oder bei Platzregen auf dem Grundstück der Klägerin bildende Wasserlache fließt vielmehr vom Grundstück der Klägerin weg in Richtung Pflasterweg bzw. in Richtung des Grundstücks mit der Fl.Nr. … der Gemeinde W1.
Doch selbst für den Fall, dass sich, wie vom Klägervertreter behauptet, seit dem Abschluss der Baumaßnahme das Wasser auf dem Weg sammeln würde und dann zum Grundstück des Klägers hin ablaufen würde, käme vorliegend ein Folgenbeseitigungsanspruch nicht in Betracht, da es an einer wesentlichen Beeinträchtigung der Klägerin fehlt, die nicht durch eine ortsübliche Benutzung gedeckt ist. Maßstab für die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung ist das Empfinden eines verständigen, das Allgemeininteresse berücksichtigenden Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks in seiner durch Natur, Gestaltung und Zweckbestimmung geprägten konkreten Beschaffenheit und nicht das subjektive Empfinden des Gestörten (vgl. BGH, U.v. 30.10.1998, Az. 15 ZR 64/98 – juris). Im vorliegenden Fall ist der Tatrichter bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, auf eine Würdigung aller die Störungen charakterisierenden Umstände angewiesen. Letztlich kommt es auf das Gesamterscheinungsbild an, das dann tatrichterlich wertend zu beurteilen ist (BGH, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ist es der Klägerin zur Überzeugung des Gerichts sehr wohl zuzumuten, dass bei anhaltenden starken Regenfällen oder bei Platzregen in der Einfahrt zu dem Grundstück der Klägerin eine Wasserlache auftritt, die sich allenfalls, wenn man die von der Klägerin vorgelegten Bilder berücksichtigt, etwa 2 bis 2,5 m auf das Grundstück der Klägerin erstreckt und alsbald wieder versickert. Jedenfalls wird das zumutbare Maß der Beeinträchtigung des Grundstücks der Klägerin durch das wild abfließende Regenwasser nicht überschritten. Einer eventuellen Rutschgefahr bei Winterfrost kann durch Abstreuen leicht begegnet werden. Im Übrigen hat die Klägerin selbst nicht vorgetragen, dass die Benutzung der Zufahrt zu der Scheune infolge der Baumaßnahmen erheblich erschwert wird. Dies ergibt sich auch nicht aus den Fotos oder nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung.
Nach alldem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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