Baurecht

Gemeinde, Beitragspflicht, Bescheid, Bebauung, Erstattung, Ausbau, Bebauungszusammenhang, Vergabeverfahren, Bauprogramm, Anbau, Technik, Niederschlagswasser, Anlage, Zeitpunkt, Stand der Technik, Kosten des Verfahrens, sachliche Beitragspflicht

Aktenzeichen  Au 2 K 20.946

Datum:
22.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51188
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung des Beklagten, eine Erstattungsleistung in Höhe von 139.967,00 EUR für entgangene Straßenausbaubeiträge wegen der an der Anlage „A Straße Nord“ durchgeführten Ausbaumaßnahmen festzusetzen. Der Ablehnungsbescheid der Regierung von … vom 5. Mai 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach Art. 19 Abs. 9 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Februar 2021 (GVBl, S. 40), erstattet der Freistaat Bayern den Gemeinden auf Antrag diejenigen Beträge, die ihnen unmittelbar dadurch entgehen, dass sie infolge der Änderungen des Kommunalabgabengesetzes zum 1. Januar 2018 Beiträge für Straßenausbaubeitragsmaßnahmen nicht mehr erheben können. Dabei handelt es sich dem Grunde und der Höhe nach um einen Rechtsanspruch der betroffenen Gemeinden (so auch Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand August 2020, Rn. 2207). Die Erstattung kann gemäß Art. 19 Abs. 9 Satz 2 KAG frühestens ab dem 1. Januar 2019 und nach Abschluss des Jahres beantragt werden, in dem die sachlichen Beitragspflichten nach dem Kommunalabgabengesetz in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung und der gemeindlichen Beitragssatzung entstanden wären. Der Erstattungsanspruch setzt weiter voraus, dass die Gemeinde spätestens bis zum 11. April 2018 eine Satzung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 oder Art. 5b Abs. 1 KAG in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung erlassen hatte (Art. 19 Abs. 9 Satz 3 Nr. 1 KAG), für die demnach beitragsfähige Maßnahme in einem der Rechtsaufsichtsbehörde nach Art. 65 Abs. 2 GO spätestens am 11. April 2018 vorgelegten Haushaltsplan Ausgaben im Vermögenshaushalt, Auszahlungen aus Investitionstätigkeit oder Verpflichtungsermächtigungen veranschlagt hatte (Art. 19 Abs. 9 Satz 3 Nr. 2 KAG), spätestens bis zum 11. April 2018 das Vergabeverfahren für die erste Bauleistung eingeleitet oder mit eigenem Personal mit der technischen Herstellung begonnen hatte (Art. 19 Abs. 9 Satz 3 Nr. 3 KAG) und den Antrag auf Erstattung spätestens am 30. April 2028 gestellt hat (Art. 19 Abs. 9 Satz 3 Nr. 4 KAG), es sei denn, die sachlichen Beitragspflichten sind bzw. wären am 11. April 2018 deshalb nicht entstanden, weil die Gemeinde als Straßenbaubehörde eine hierfür erforderliche straßenrechtliche Widmung nicht innerhalb eines Jahres nach ordnungsgemäßer Herstellung der Straße vorgenommen hat (Art. 19 Abs. 9 Satz 4 KAG). In der Höhe ist der Erstattungsanspruch nach Maßgabe von Art. 19 Abs. 9 Satz 5 KAG auf den Betrag beschränkt, der sich bei Ausführung der Maßnahme gemäß dem am 11. April 2018 bestehenden Bauprogramm ergeben hätte (s. hierzu allgemein Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 2204 ff. m.w.N.). Die Einzelheiten in Bezug auf Antragstellung, Aufteilung der für die Erstattungsleistungen zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, Auszahlung und Fälligkeit der Erstattungsleistungen nach Maßgabe der im Staatshaushalt bereitgestellten Mittel sowie die Zuständigkeit sind – fußend auf der in Art. 19 Abs. 9 Satz 9 KAG enthaltenen Verordnungsermächtigung – in der am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Straßenausbaubeitrags-Erstattungsverordnung (SABErstV) vom 15. Oktober 2018 (GVBl S. 787) geregelt (s. hierzu Bayerle, KommP BY 2018, 418; Rottenwallner, KStZ 2019, 21/43 ff.).
Die Anwendung der in Art. 19 Abs. 9 KAG normierten Erstattungsregelungen setzt aber grundsätzlich voraus, dass es sich bei den durchgeführten Baumaßnahmen um solche gehandelt hat, die nach Straßenausbaubeitragsrecht abrechenbar gewesen wären. Das ist nicht der Fall, wenn bloße Instandsetzungs- oder Unterhaltungsmaßnahmen vorgenommen wurden oder die Straße noch dem Regime des Erschließungsbeitragsrechts unterfällt, weil sie weder als sog. historische Straße (Art. 5a Abs. Abs. 7 Satz 1 KAG) angesehen werden kann, noch zu irgendeinem Zeitpunkt nach dem 30. Juni 1961 bereits erstmalig endgültig hergestellt war.
Die im vorliegenden Fall zu beurteilende Erschließungsanlage „A Straße Nord“ stellt keine sog. historische Straße (Art. 5a Abs. 7 KAG) dar, da sie bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesbaugesetzes am 30. Juni 1961 aufgrund ihrer weit überwiegenden Lage im Außenbereich nicht die Funktion einer Anbaustraße erfüllt und ihr Ausbaustand selbst geringen Anforderungen nicht entsprochen hat. Ausweislich des Luftbildes aus dem Jahr 1960 (Bl. 13 u. Bl. 81 des Behördenakts – BA) befand sich an der Anlage nur im südlichen, nunmehr der Anlage „A Straße Süd“ zuzurechnenden Bereich eine gehäufte Bebauung. Im Übrigen diente die Straße im Wesentlichen als Zuwegung zur gemeindlichen Kläranlage, einer außenbereichstypischen baulichen Anlage. Eine Straßenbeleuchtung ist auf dem Luftbild nicht erkennbar. Ob die Straße jemals einen frostsicheren Unterbau besessen hat, erscheint fraglich, da dies in den Feststellungen der Baugrunduntersuchung der … vom 15. Mai 2015 für den Bereich der Bohrung B-1, die zumindest einen gewissen Bezug zur Anlage „A Straße Nord“ aufweist, verneint wurde (Bl. 22 u. Bl. 48 BA).
Die Anlage „A Straße Nord“ war aber auch in dem Zeitraum nach dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes unter der Geltung der jeweiligen gemeindlichen Erschließungsbeitragssatzungen beginnend mit der am 29. Juni 1961 in Kraft getretenen Satzung über die Erhebung des Erschließungsbeitrags im Markt … vom 23. Juni 1961 (EBS 1961) bis zur Durchführung der streitgegenständlichen, am 25. Oktober 2016 technisch abgeschlossenen Baumaßnahmen zu keinem Zeitpunkt endgültig erstmalig hergestellt, da sie jedenfalls nie mit einer ordnungsgemäßen Straßenentwässerungseinrichtung ausgestattet gewesen war.
Die in den gemeindlichen Erschließungsbeitragssatzungen bestimmten Herstellungsmerkmale in Zusammenschau mit dem für die flächenmäßigen Teileinrichtungen erforderlichen (formlosen) Bauprogramm sind zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Wird eine nach dem Willen der Gemeinde endgültig hergestellte und ihre Aufgabe in vollem Umfang erfüllende im Außenbereich verlaufende Straße wegen des Inkrafttretens eines sie erfassenden Bebauungsplans oder infolge der Entwicklung des Gebiets zum Innenbereich zu einer Anbaustraße, ist ihr Zustand unter dem Blickwinkel des Vorliegens einer erschließungsbeitragsrechtlichen erstmaligen endgültigen Herstellung erneut zu beurteilen. Denn eine als Außenbereichs straße endgültig hergestellte Verkehrsanlage kann als beitragsfähige Erschließungsanlage durchaus eine unfertige Anbaustraße sein. Für diese erneute Beurteilung ist abzustellen auf die Anforderungen, von deren Erfüllung die endgültige Herstellung einer beitragsfähigen Anbaustraße in dem Zeitpunkt abhängig ist, in dem die betreffende Verkehrsanlage zur beitragsfähigen Erschließungsanlage wird (Matloch/Wiens, Das Erschließungsbeitragsrecht in Theorie und Praxis, Stand August 2020, Rn. 210 m.w.N.), wobei im Rahmen dieser Beurteilung sämtliche Teilanlagen einzeln zu betrachten sind (Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 11 Rn. 46 ff.). Bei der Prüfung, ob ein Ausbau einer beitragsfähigen Erschließungsanlage den Endpunkt, nämlich die erstmalige endgültige Herstellung im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB erreicht hat, kommt es im Übrigen nicht auf die jeweiligen subjektiven Vorstellungen der Gemeinde oder der Beitragspflichtigen an. Vielmehr ist dies objektiv nach dem maßgeblichen Ortsrecht zu beurteilen (BVerwG, U.v. 2.12.1977 – 4 C 55.75 – BauR 1978, 133).
Die Erschließungsbeitragssatzungen des Klägers – beginnend mit der oben bereits genannten Satzung über die Erhebung eines Erschließungsbeitrags im Markt … vom 23. Juni 1961 – sahen seit dem jeweiligen Inkrafttreten im Rahmen des Regelungsauftrags des damaligen § 132 Nr. 4 BBauG für Anbaustraßen u.a. eine „Straßenentwässerung und Beleuchtung“ vor. § 5 EBS 1961 regelte in Abs. 1 in Bezug auf zum Anbau bestimmte Straßen lediglich, dass eine endgültige Herstellung vorliegt, wenn sie folgende Merkmale aufweisen: „1. eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer-, Beton- oder ähnliche Decke in neuzeitlicher Bauweise“, „2. Straßenentwässerung sowie eine etwa vorgesehene Beleuchtung“ und „3. Anschluß an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße“. In Abs. 4 ist ergänzend bestimmt, dass die Gemeine die endgültige Herstellung der einzelnen Erschließungsanlage feststellt. Welchen konkreten technischen Anforderungen diese Teileinrichtungen genügen müssen, um als endgültig hergestellt zu gelten, ist in der Satzung nicht näher umschrieben. Eine solche Festlegung in der Erschließungsbeitragssatzung ist im Übrigen auch nicht erforderlich (vgl. Driehaus/Raden, a.a.O., § 11 Rn. 55 ff.).
Die Regelung von Herstellungsmerkmalen soll es den Beitragspflichtigen ermöglichen, sich durch einen Vergleich der satzungsmäßig festgelegten Kriterien für die Fertigstellung mit dem tatsächlichen Zustand, in dem sich die gebaute Anlage befindet, einen Eindruck darüber zu verschaffen, ob die Anlage endgültig hergestellt ist oder nicht. Mit dieser auf die Laiensphäre abstellenden Zielrichtung wäre es von vornherein nicht zu vereinbaren, die Merkmale „Beleuchtung“ oder „Straßenentwässerung“ in dem Sinn zu verstehen, dass es um Ausbaustandards unter Beachtung bestimmter technischer Regelwerke ginge. Entscheidend kann nur sein, dass überhaupt funktionsfähige, der Straßenlänge und den örtlichen Verhältnissen angepasste Beleuchtungs- und Entwässerungseinrichtungen vorhanden sind (vgl. BayVGH, B.v. 4.5.2017 – 6 ZB 17.546 – juris; B.v. 29.6.2016 – 6 ZB 15.2786 – BeckRS 2016, 53241; B.v. 12.6.2014 – 6 CS 14.1977 – juris Rn. 11; B.v. 27.1.2012 – 6 ZB 09.1573 – juris Rn. 7; B.v. 6.3.2006 – 6 ZB 03.2961 – juris Rn. 9; Matloch/Wiens, a.a.O., Rn. 412a).
Die jetzige Erschließungsanlage „A Straße Nord“ war in der Zeit nach dem 30. Juni 1961 unter Geltung des bundes- bzw. landesrechtlichen Erschließungsbeitragsrechts nicht erstmalig endgültig hergestellt, da dort bis zur Durchführung der streitgegenständlichen, im Oktober 2016 bautechnisch abgeschlossenen Straßenbaumaßnahmen jedenfalls keine ordnungsgemäße, die rechtlichen Vorgaben der in den jeweils geltenden Erschließungsbeitragssatzungen enthaltenen Merkmalsregelungen für die endgültige Herstellung von Erschließungsanlagen erfüllende Straßenentwässerungseinrichtung vorhanden war.
Auf der Grundlage der vorhandenen Fotos und Planunterlagen ist zur Überzeugung des Gerichts erkennbar, dass in dem fraglichen Zeitraum eine technisch hergestellte Straßenentwässerungseinrichtung (etwa mit Straßeneinläufen und Sinkkästen) allenfalls partiell existent war. Es war keine durchgehende beidseitige konstruktive Abgrenzung der Straße zu den anliegenden Grundstücksflächen mittels Randsteinen oder Entwässerungsrinnen vorhanden mit der Folge, dass eine gezielte Oberflächenwasserableitung im Straßenbereich nicht erfolgen konnte. Das bloße Abfließen des Regenwassers in die anliegenden Bankett- bzw. Seitenstreifen aufgrund einer Deckenwölbung der Straße genügt aber auch unter Berücksichtigung der damaligen geringeren Anforderungen zur Erfüllung der satzungsmäßigen Merkmale der erstmaligen Herstellung einer Erschließungsanlage nicht (BayVGH, B.v. 15.11.2018 – 6 ZB 18.1516 – juris Rn. 7; B.v. 12.6.2014 – 6 CS 14.1077 – BeckRS 2014, 52922; B.v. 6.3.2006 – 6 ZB 03.2961 – BeckRS 2009, 37088). Erforderlich waren auch bereits in den 1960er Jahren Entwässerungsleiteinrichtungen, wie Randsteine oder Gerinne (BayVGH, U.v. 5.11.2007 – 6 B 05.2551 – juris; Matloch/Wiens a.a.O.). Die hier bis zum jetzigen Ausbauzustand vorhandene Art der Entwässerung durch das gefällebedingte Abfließen des Oberflächenwassers auf die seitlichen Straßenbankettbereiche bzw. in benachbarte (Privat-)Grundstücke erfüllte die Anforderungen an eine innerorts gelegene Ortsstraße einer Stadt in der Größe des Klägers jedenfalls nicht (s. hierzu auch BVerwG, U.v. 11.7.2007 – 9 C 5.06 – juris Rn. 40; BayVGH, B.v. 6.3.2006 – 6 ZB 03.2961 – BeckRS 2009, 37088).
Vorliegend kann auch kein Sonderfall angenommen werden, in dem wegen der topographischen Gegebenheiten nur entsprechend angepasste, d.h. in Bezug auf den Herstellungsumfang herabgesetzte Anforderungen an die technische Ausführung der Straßenentwässerungseinrichtung (durch die Einrichtung von zwei verschiedenen Entwässerungssystemen) zu stellen waren. Zwar ist die räumliche Situation in der A Straße Nord dadurch geprägt, dass deren Nordseite unmittelbar an die B, einen im entsprechenden behördlichen Verzeichnis aufgeführten Wildbach im Sinn von Art. 3 Abs. 1 Satz 3 BayWG, angrenzt und es sich aus der seinerzeitigen Sicht der Gemeinde deswegen angeboten haben dürfte, das Richtung Norden abfließende Oberflächenwasser der Straße direkt in den Randbereich des Gewässergrundstücks abfließen und versickern zu lassen, zumal lediglich auf der Südseite der Straße bei der Planung der Straßenentwässerung zu berücksichtigende Bebauung bzw. Anbaumöglichkeiten vorhanden waren. Diese räumliche Situation unmittelbar an der B rechtfertigt aber nach Auffassung des Gerichts nicht den Verzicht auf die Herstellung jeglicher Straßenentwässerungseinrichtungen auf der Nordseite der A Straße Nord, da das Abfließenlassen eines Teils des Oberflächenwassers in den Randstreifen des Gewässergrundstücks bzw. in den Uferbereich der B keine ordnungsgemäße Straßenentwässerung darstellt unabhängig davon, ob dies Anfang der 1960er Jahre bereits einer – nach den Angaben der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht vorhandenen – wasserrechtlichen Erlaubnis bedurft hat. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass – wie von Klägerseite ausgeführt – nach Maßgabe der RAS-Ew 1987 bzw. des vorher zur Anwendung gekommenen Merkblatts für die Entwässerung von Straßen aus dem Jahr 1971 in Einzelfällen eine ordnungsgemäße Straßenentwässerung über den Straßenseitenraum ohne Durchführung weiterer baulicher Maßnahmen vorliegen kann (so etwa NdsOVG, U.v. 9.8.2015 – 9 LC 29/15 – juris Rn. 28 ff.; VG Lüneburg, U.v. 18.2.2021 – 3 A 696/17 – juris Rn. 30), setzt dies zumindest voraus, dass diese Art der Straßenentwässerung gezielt geplant und das Ablaufen des Regenwassers in den Seitenstreifen durch eine entsprechende Wölbung bzw. Querneigung der Straße bautechnisch gewährleistet wird (VG Lüneburg a.a.O). Dies ist aber weder durch die Vorlage von die A Straße betreffenden Planungsunterlagen belegt, noch wird dies aus den vorliegenden Fotos zum Straßenzustand vor der Durchführung der Ausbauarbeiten (Bl. 49 BA) ausreichend erkennbar. Im Übrigen hat auch die Straßenentwässerungseinrichtung auf der Südseite der A Straße Nord zu keinem Zeitpunkt die zu stellenden Anforderungen erfüllt. Sie bestand nach den entsprechenden Angaben auf dem Übersichtsluftbild (Bl. 62 der Gerichtsakte) aus vier Einlaufgullys und drei zu diesen Abläufen ausgerichteten Abflussrinnen, wobei die unmittelbar vor dem Anwesen A Straße 6 vorhandenen Ablauf- und Zuleitungseinrichtungen (Fotos Bl. 63 u. Bl. 64 der Gerichtsakte) ohnehin nicht auf dem Straßengrundstück gelegen waren, sondern vor dem dort errichteten Gebäude und damit auf Privatgrund hergestellt worden sind. Zudem waren die offenbar zum Schutz der Gebäude auf den Anwesen A Straße 4 bzw. A Straße 5 (Fotos Bl. 65 bis 68 der Gerichtsakte) sowie des Parkplatzes zwischen den Wohngebäuden A Straße 2b und A Straße 3a (Foto Bl. 69 der Gerichtsakte) vor abfließendem Oberflächenwasser von der Straße errichteten Entwässerungseinrichtungen nur geeignet, einen kleinen Teil der Anlage „A Straße Nord“ zu entwässern. Der weitaus größere Teil der Anlage war aber nicht mit Entwässerungseinrichtungen ausgestattet, d.h. das dort von der Straße in Richtung Süden abfließende Wasser wurde nicht gezielt abgeleitet, sondern versickerte in den anliegenden Seitenstreifen der öffentlichen Straße bzw. der Privatgrundstücke (vgl. z.B. Foto Bl. 65 der Gerichtsakte, Fotos Bl. 49 BA). Damit war bis zum Zeitpunkt der 2015/2016 durchgeführten Ausbaumaßnahmen an der A Straße jedenfalls keine ordnungsgemäße den zu stellenden Anforderungen entsprechende Straßenentwässerungseinrichtung vorhanden. Damit kam es auf die Klärung der weiteren Frage, ob die A Straße den notwendigen frostsicheren Unterbau und eine ausreichende Straßenbeleuchtung aufgewiesen hat, nicht mehr entscheidungserheblich an.
Soweit von Klägerseite als Indiz für das Vorliegen einer straßenausbaubeitragsfähigen Maßnahme auf den Bescheid vom 8. November 1962 über die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag für das im Jahr 1961 bebaute Grundstück Fl.Nr. Y (Bl. 86 BA) verwiesen wird, vermag dies nicht zu überzeugen, da dies impliziert, dass die Gemeinde zu diesem Zeitpunkt nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ausgegangen ist. Entsprechendes ergibt sich auch unmittelbar aus dem Schreiben des Klägers vom 10. Oktober 1962 an das Sozial-Wirtschafts-Werk des Landkreises, in dem im Zusammenhang mit der Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag ausgeführt wird, dass „die Straßenbaumaßnahme im derzeitigen Zustand keinesfalls als abgeschlossen angesehen werden kann“ (Bl. 87 BA). Dass die Gemeinde in der Folgezeit aufgrund des Erfüllens der satzungsrechtlichen Voraussetzungen für die erstmalige endgültige Herstellung vom Entstehen der sachlichen Beitragspflicht und der Abrechenbarkeit der Anlage „A Straße“ (Nord) ausgegangen ist, erscheint zweifelhaft, da dem Kläger offenbar weder Abrechnungsunterlagen vorliegen, noch jemals endgültige Erschließungsbeitragsbescheide ergangen sind. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die Gemeinde die seinerzeit noch gemäß § 5 Abs. 4 EBS 1961 für die erstmalige endgültige Herstellung erforderliche Feststellungsentscheidung getroffen hat. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem vorgelegten Beschluss des Marktgemeinderats vom 17. September 1964 (Bl. 89 BA), mit dem den Eigentümern des Grundstücks Fl.Nr. X (Anwesen A Straße 1) „der vom Markt … festgesetzte Erschließungsbeitrag in Höhe von 3.378 .- DM“ gestundet worden war, da nicht ersichtlich ist, ob der genannte Erschließungsbeitrag für die Anlage „A Straße Nord“ oder die jetzt als Erschließungsanlage „A Straße Süd“ bezeichnete Straße „festgesetzt“ worden war. Dafür, dass der Erschließungsbeitrag für letztere festgesetzt worden sein dürfte spricht der Umstand, dass das Anwesen A Straße 1 nach den örtlichen Verhältnissen, wie sie sich auf dem zum Akt gegebenen Luftbild (Bl. 68 der Gerichtsakte) darstellen, seine Zufahrt nicht von der Anlage „A Straße Nord“ hat, sondern von der Richtung Süden abzweigenden, als „A Straße Süd“ betitelten Straße.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1, § 124 VwGO).


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