Baurecht

immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Kompostieranlage für Grünschnitt und Friedhofsabfälle, Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. auf eine im Jahr 2013 erhobene Klage (verneint), mangelnde UVP-Pflicht des Vorhabens nach Unionsrecht und nationalem Recht, intertemporales Prozessrecht, Vertrauensschutz, Zuständigkeit einer kreisfreien Stadt für die Erteilung der Genehmigung bei einer zukünftig von ihr zu betreibenden Anlage, Bekanntmachung des Vorhabens, Auslegung der Unterlagen, Bekanntmachung des Genehmigungsbescheids, Ausbreitungsrechnung, Staubimmissionen, Geruchsimmissionen, GIRL, Immissionen durch Bioaerosole, Sickerwasserspeicherbecken

Aktenzeichen  22 B 17.855

Datum:
25.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 44440
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 4, § 10
BImSchG a.F. § 10 Abs. 3 S. 5
BImSchV Nr. 8 des Anhangs 1 zur 4.
UVPG Nr. 8 der Anlage 1 zum
RL 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten
RL 75/442/EWG über Abfälle
RL 91/156/EWG zur Änderung der RL 75/442/EWG über Abfälle
RL 2008/98/EG über Abfälle
9. BImSchV
UmwRG § 4, § 8

 

Leitsatz

1. Auf eine Nachbarklage gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung findet nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG in der geltenden Fassung Anwendung, auch wenn die Klage vor der Änderung der Norm durch Gesetz vom 29. Mai 2017 (BGBl I S. 1298) erhoben wurde und der Kläger nach der früheren Fassung der Norm mit seinen Einwendungen im Verwaltungsprozess präkludiert war. Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem auch dann nicht entgegen, wenn die Genehmigung eine Anlage betrifft, die nach Unionsrecht nicht der UVP-Pflicht unterliegt.
2. Eine Kompostieranlage zur Kompostierung von Grünschnitt und Friedhofsabfällen ist weder nach Unionsrecht noch nach nationalem Recht UVPpflichtig.

Verfahrensgang

M 1 K 13.5659 2014-10-14 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger sind zwar mit ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren nicht präkludiert (1.). Sie können aber die Aufhebung der streitgegenständlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht wegen formeller Mängel verlangen (2.). Die Genehmigung verletzt auch in materieller Hinsicht keine Rechte der Kläger (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; 3.).
1. Nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG, der für das Berufungsverfahren anwendbar ist, sind die Kläger mit ihrem Vorbringen gegen die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht präkludiert.
Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG in der geltenden Fassung des Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl I S. 1298) sind mit Ablauf der Einwendungsfrist für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Die Norm enthält durch den mit dem Gesetz vom 29. Mai 2017 eingefügten Zusatz „für das Genehmigungsverfahren“ anders als die bis zum 28. Mai 2017 geltende Fassung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG (im Folgenden: BImSchG a.F.) nur noch eine formelle, auf das Verwaltungsverfahren bezogene Präklusion, aber keine materielle Präklusion mehr, die sich auf das Gerichtsverfahren auswirken würde (vgl. hierzu BT-Drs. 18/9526, S. 49, 47).
Im vorliegenden Berufungsverfahren ist § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG in der aktuell geltenden Fassung anzuwenden, obwohl das Auslegungsverfahren nach § 10 BImSchG, der Bescheiderlass und das erstinstanzliche Verfahren zeitlich vor der gesetzlichen Änderung lagen.
1.1 Die Notwendigkeit, § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. unangewendet zu lassen, ergibt sich nicht bereits aus Unionsrecht.
1.1.1 Noch unter Geltung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. hatte der EuGH entschieden, dass die frühere Regelung des § 2 Abs. 3 UmwRG sowie § 73 Abs. 4 VwVfG gegen Art. 11 der RL 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden: UVP-RL 2011) sowie gegen Art. 25 der RL 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen verstießen, indem sie die Klagebefugnis und den Umfang der gerichtlichen Prüfung auf Einwendungen beschränkten, die bereits innerhalb der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren eingebracht wurden, das zur Annahme der Entscheidung geführt hat (EuGH, U.v. 15.10.2015 – Rs. C-137.14 – juris). Die genannten unionsrechtlichen Vorschriften enthalten die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht zu gewährleisten, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen der Richtlinien gelten. § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. war nicht Gegenstand der Entscheidung, doch herrscht in Rechtsprechung und Literatur soweit ersichtlich Einigkeit, dass die Grundsätze der Entscheidung auch für diese Präklusionsnorm gelten (vgl. etwa OVG NW, B.v. 31.3.2016 – 8 B 1341.15 – juris Rn. 32 ff.; VG Mainz, U.v. 11.5.2016 – 3 K 137.15.MZ – juris Rn. 21; Keller/Rövekamp, NVwZ 2015, 1672 f.; Zeissler/Schmitz, UPR 2016, 1/4 ff.). In der Folge wurde die materielle Präklusion nach § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. durch das Gesetz vom 29. Mai 2017 auf das Verwaltungsverfahren beschränkt (s.o. 1.).
1.1.2 Der vom Europäischen Gerichtshof angenommene Verstoß gegen Art. 11 der UVP-RL 2011 bezieht sich allerdings nur auf Vorhaben, die vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie umfasst sind. Dies trifft auf das streitgegenständliche Vorhaben nicht zu.
1.1.2.1 Gemäß Art. 4 Abs. 1 der UVP-RL 2011 werden Projekte des Anhangs I vorbehaltlich des Art. 2 Abs. 4 einer Prüfung gemäß den Art. 5 bis 10 unterzogen; nach Art. 4 Abs. 2 der UVP-RL 2011 bestimmen bei Projekten des Anhangs II die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Art. 2 Abs. 4, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Art. 5 bis 10 unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand einer Einzelfalluntersuchung oder der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien. Anhang I Nr. 9 der UVP-RL 2011 nennt als Projekte nach Art. 4 Abs. 1 der RL Abfallbeseitigungsanlagen zur Verbrennung, chemischen Behandlung gemäß der Definition in Anhang I Nr. D9 der RL 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle (im Folgenden: Abfallrahmen-RL 2008) oder Deponierung gefährlicher Abfälle wie in Art. 3 Nr. 2 der genannten Richtlinie definiert; Anhang I Nr. 10 der UVP-RL 2011 nennt Abfallbeseitigungsanlagen zur Verbrennung oder chemischen Behandlung gemäß der Definition in Anhang I Nr. D9 der Abfallrahmen-RL 2008 ungefährlicher Abfälle mit einer Kapazität von mehr als 100 t pro Tag. Anhang II Nr. 11 Buchst. b der UVP-RL 2011 umfasst Abfallbeseitigungsanlagen (nicht durch Anhang I erfasste Projekte).
Die genannte Regelung entspricht im Wesentlichen derjenigen in der Vorläuferrichtlinie der UVP-RL 2011, nämlich der RL 97/11/EG des Rates vom 3. März 1997 zur Änderung der RL 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden: UVP-Änderungs-RL 1997). Auch diese Richtlinie verwies in Art. 4 auf Anhang I und II, wobei in Anhang I Nr. 9 und 10 auf Abfallbeseitigungsanlagen gemäß der Definition in Anhang II A Nr. D9 der RL 75/442/EWG, zuletzt geändert durch die Entscheidung 94/3/EG der Kommission, verwiesen wurde; Anhang II Nr. 11 Buchst. b umfasste wie später auch Abfallbeseitigungsanlagen (nicht durch Anhang I erfasste Projekte).
1.1.2.2 Die streitgegenständliche Anlage fällt nicht unter die Anhänge I oder II der UVP-RL 2011, weil sie keine Abfallbeseitigungsanlage in diesem Sinne, sondern eine Abfallverwertungsanlage ist.
Das europäische Abfallrecht differenzierte zwar ursprünglich in der Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (75/442/EWG, im Folgenden: Abfallrahmen-RL 1975) nicht zwischen der Beseitigung und der Verwertung von Abfällen. Vielmehr definierte Art. 1 Buchst. b dieser Richtlinie die Beseitigung von Abfällen u.a. als die erforderlichen Umwandlungsvorgänge zu ihrer Wiederverwendung, Rückgewinnung oder Verwertung. Mit der Richtlinie des Rates vom 18. März 1991 zur Änderung der RL 75/442/EWG über Abfälle (91/156/EWG, im Folgenden: Abfallrechts-Änderungs-RL1991) änderte sich jedoch dieses Verständnis. Aus den Erwägungsgründen ergibt sich bereits eine unterschiedliche Bedeutung von Beseitigung und Verwertung. Zudem differenziert die Richtlinie nunmehr bei den Begriffsbestimmungen in Art. 1 Buchst. e und f zwischen der Beseitigung und der Verwertung von Abfällen und schafft damit ein Exklusivitätsverhältnis zwischen den beiden Verfahren der Abfallbehandlung. Die Beseitigung umfasst nach Art. 1 Buchst. e alle in Anhang II A aufgeführten Verfahren, die Verwertung nach Art. 1 Buchst. f alle in Anhang II B aufgeführten Verfahren. Die Verwertung zielt dabei auf die Wiederverwendung der Abfälle zu anderen Zwecken (vgl. Petersen in Jarass/Petersen, KrWG, 2014, Einführung I Rn. 9), während die Beseitigung bei auf Dauer unverwertbaren Rest-Abfällen zur Anwendung kommt (vgl. Petersen in Jarass/Petersen, KrWG, 2014, Einführung I Rn. 10). Zu den Verwertungsverfahren gehört nach Anhang II B Nr. R2 Abfallrechts-Änderungs-RL 1991 die Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden, sowie nach Anhang II B Nr. R10 Abfallrechts-Änderungs-RL 1991 die Aufbringung auf den Boden zum Nutzen der Landwirtschaft oder der Ökologie, einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren, mit Ausnahme der nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b Ziffer iii der RL ausgeschlossenen Abfälle.
Die spätere Abfallrahmen-RL 2008 führt das genannte Exklusivitätsverhältnis noch deutlicher fort. Nach Art. 3 Nr. 14 dieser Richtlinie umfasst die Behandlung von Abfällen Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung. Die Verwertung ist nach Art. 3 Nr. 15 der Abfallrahmenrichtlinie 2008 jedes Verfahren, als dessen Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft einem sinnvollen Zweck zugeführt werden (…). Anhang II enthält eine nicht erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren. Dazu gehört nach Nr. R3 das Recycling/die Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden (einschließlich der Kompostierung und sonstiger biologischer Umwandlungsverfahren). Demgegenüber ist die Beseitigung nach Art. 3 Nr. 19 der Abfallrahmen-RL 2008 jedes Verfahren, das keine Verwertung ist, auch wenn das Verfahren zur Nebenfolge hat, dass Stoffe oder Energie zurückgewonnen werden. Anhang I enthält eine nicht erschöpfende Liste von Beseitigungsverfahren.
Die Anhänge I und II der UVP-RL 2011 erfassen ebenso wie die entsprechenden Anhänge der Vorgängerrichtlinie, der UVP-Änderungs-RL 1997, lediglich Abfallbeseitigungsanlagen. Anhang I Nr. 9 und Nr. 10 der UVP-RL 2011 stellen mit dem Verweis auf die Abfallrahmenrichtlinie 2008 – bzw. die entsprechenden Anhänge der UVP-Änderungs-RL 1997 mit dem Verweis auf die Abfallrahmen-RL 1975 einschließlich ihrer Änderungen – den ausdrücklichen Bezug zum europäischen Abfallrecht her, das jedenfalls seit der Abfallrechts-Änderungs-RL 1991 auf der Differenzierung zwischen Beseitigung und Verwertung basiert.
Bei der streitgegenständlichen Kompostieranlage handelt es sich um eine Anlage zur Verwertung von Abfällen: Wie bereits ausgeführt, gehören zu den Verwertungsverfahren nach der Abfallrahmen-RL 2008 die Rückgewinnung organischer Stoffe, die nicht als Lösemittel verwendet werden, einschließlich der Kompostierung. Gleiches galt nach der Abfallrechts-Änderungs-RL 1991. Die kompostierten Abfälle werden einer Wiederverwendung zugänglich gemacht. Die Anlage dient demgegenüber nicht der Beseitigung von Abfällen. Sie fällt daher nicht unter die Vorhaben, die nach Anhang I oder II der UVP-RL 2011 von der UVP-Pflicht umfasst sind. Daher findet auch die Vorschrift des Art. 11 der UVP-RL 2011 über den Zugang zu Gericht im streitgegenständlichen Verfahren keine Anwendung und gebietet nicht, § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. unangewendet zu lassen.
1.2 Ungeachtet dessen ist nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts vorliegend § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG anzuwenden, obwohl die Änderung der Vorschrift erst am 2. Juni 2017 in Kraft getreten ist.
1.2.1 Nach den Grundsätzen des intertemporalen Prozessrechts erfasst eine Änderung des Verfahrensrechts anhängige Rechtsstreitigkeiten, es sei denn, die Rechtsanwendung ist mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes nicht vereinbar (BVerfG, B.v. 7.7.1992 – 2 BvR 1631/90 u.a. – BVerfGE 87, 48/64 = juris Rn. 43 m.w.N.; BVerfG (Kammer), B.v. 17.3.2005 – 1 BvR 308/05 – juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 21.1.2016 – 4 A 5.14 – juris Rn. 46; BayVGH, B.v. 20.4.2021 – 22 A 21.40004 – juris Rn. 14; B.v. 30.10.2019 – 8 ZB 18.1444 – juris Rn. 22). Wirkt der Gesetzgeber auf eine bislang gegebene verfahrensrechtliche Lage ein, in der sich der Bürger befindet, so tritt die Beschränkung eines Rechtsmittels bzw. der Verlust einer Verfahrensposition nur ein, wenn das die Änderung verfügende Gesetz selbst hinreichend deutlich diesen Verlust ausspricht (BVerfG, B.v. 7.7.1992 – 2 BvR 1631/90 – BVerfGE 87, 48/65 = juris Rn. 46; BVerfG (Kammer), B.v. 17.3.2005 – 1 BvR 308/05 – juris Rn. 15; BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 CN 3.19 – juris Rn. 14). Der Gesetzgeber soll sich selbst Klarheit darüber verschaffen, ob und aus welchen Gründen er die mit der Beseitigung einer solchen Verfahrensposition verbundenen Folgen in Kauf nehmen will (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.1998 – 4 CN 12.97 – juris Rn. 11, 13; VGH BW, U.v. 18.10.2017 – 3 S 642.16 – juris Rn. 25).
Vorliegend hat der Gesetzgeber mit der Änderung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. auf die verfahrensrechtliche Lage eingewirkt, in der sich ein Anlagenbetreiber befindet, der mit der Klage eines Nachbarn gegen die Anlagengenehmigung konfrontiert ist. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Vorhaben in den Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie fällt oder nicht, weil der Wegfall der materiellen Präklusion nicht auf solche Vorhaben beschränkt, sondern allgemein angeordnet wurde. Der Gesetzgeber hat in dem Gesetz vom 29. Mai 2017 keine Übergangsregelung getroffen. Danach kommt ab ihrem Inkrafttreten die neue Regelung zur Anwendung, es sei denn, dies wäre mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht vereinbar.
1.2.2 Der Grundsatz des Vertrauensschutzes steht der Anwendung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG nicht entgegen.
1.2.2.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 25. Juni 2020 – 4 CN 3.19 – juris zu der ebenfalls mit dem Gesetz vom 29. Mai 2017 vorgenommenen Aufhebung des § 47 Abs. 2a VwGO ausgeführt, dass diese Norm einer Gemeinde als Antragsgegnerin eines Normenkontrollantrags zwar eine schutzwürdige Verfahrensstellung habe vermitteln können, auch wenn die Antragsgegnerin eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft sei. Auch beigeladenen natürlichen oder juristischen Personen habe § 47 Abs. 2a VwGO eine schutzwürdige Verfahrensstellung verschafft (BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 CN 3.19 – juris Rn. 13). Der Gesetzgeber habe diese verfahrensrechtliche Stellung jedoch mit einer noch hinreichend deutlichen gesetzlichen Regelung entzogen, indem er § 47 Abs. 2a VwGO ohne Übergangsregelung aufgehoben habe. Soweit § 47 Abs. 2a VwGO nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. Oktober 2015 – Rs. C-137.14 – im Anwendungsbereich der UVP-RL unionsrechtswidrig gewesen sei, habe die Norm keine schutzwürdige Verfahrensposition begründen können (BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 CN 3.19 – juris Rn. 14). Nichts Anderes gelte für Vorhaben wie Bebauungspläne, die nicht in den Anwendungsbereich der UVP-RL fielen. Über das aus seiner Sicht unionsrechtlich Gebotene hinaus habe der Gesetzgeber § 47 Abs. 2a VwGO im Ganzen aufgehoben, weil ein teilweises Fortwirken der Vorschrift nicht praxisgerecht wäre (BT-Drs. 18/9526 S. 51). Die fehlende Unterscheidung zwischen Vorhaben, die in den Anwendungsbereich der UVP-RL fielen, und solchen, bei denen dies nicht der Fall sei, sei materiell-rechtlich unbedenklich, weil die schutzwürdige Verfahrensstellung der Gemeinde und der Beigeladenen im Verfahren der Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan nur geringes Gewicht habe, weil § 47 Abs. 2a VwGO die Inzidentkontrolle des Bebauungsplans im gerichtlichen Verfahren unberührt lasse (BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 CN 3.19 – juris Rn. 15).
1.2.2.2 Die vorliegende Konstellation der Drittanfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist mit der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen zwar nicht in jeder Hinsicht vergleichbar, doch tragen im Ergebnis die dortigen Erwägungen auch hier.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen handelte es sich wie bei § 47 Abs. 2a VwGO a.F. auch bei § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F., der die materielle Präklusion enthielt, um eine prozessrechtliche Vorschrift. Auch unterscheiden sich die Konstellationen nicht dadurch, dass § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. anders als § 47 Abs. 2a VwGO a.F. – wie die Beklagte und die Beigeladene meinen – nicht „im Ganzen“ aufgehoben worden sei. Die Aufhebung im Ganzen, auf die die Gesetzesbegründung rekurriert (vgl. zu § 47 Abs. 2a VwGO BT-Drs. 18/9526, S. 51), meint hier die Aufhebung nicht nur für Verfahren, die in den Anwendungsbereich der UVP-RL fallen, sondern auch für sonstige Gegenstände. Insoweit unterscheidet sich die Aufhebung des § 47 Abs. 2a VwGO a.F. nicht von der Änderung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F., denn auch diese Vorschrift sieht nach der Änderung keine materielle Präklusion mehr vor und differenziert nicht nach der UVP-Pflichtigkeit der Verfahren.
Zwar genoss die Beigeladene als Inhaberin einer Genehmigung nach Ablauf der Einwendungsfrist Vertrauensschutz dahingehend, nicht mehr mit – auch nicht im Klagewege geltend gemachten – Einwendungen gegen das Vorhaben rechnen zu müssen, die von § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. erfasst waren. Wie bei § 47 Abs. 2a VwGO hat der Gesetzgeber aber auch § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. ohne Übergangsregelung geändert und damit den Willen zum Ausdruck gebracht, der Beigeladenen die erworbene Verfahrensposition zu entziehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Aufhebung des § 47 Abs. 2a VwGO ohne Übergangsregelung eine noch hinreichend deutliche gesetzliche Regelung zur Entziehung der verfahrensrechtlichen Stellung der Antragsgegnerin und der Beigeladenen darstellt (BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 CN 3.19 – juris Rn. 14). Es ist nicht ersichtlich, dass für die Änderung des § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. Anderes gelten sollte. In Bezug auf Einwendungen gegen das Verfahren beim Zustandekommen der Genehmigung, die vom UmwRG in seiner seit dem 2. Juni 2017 geltenden Fassung erfasst sind, ergibt sich dieser Wille auch aus der in § 8 UmwRG getroffenen Übergangsregelung. Der Gesetzgeber hat mit dieser Übergangsregelung deutlich gemacht, dass er auch bei Vorhaben außerhalb des Anwendungsbereichs der UVP-RL 2011 (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG), die vor dem 2. Juni 2017 genehmigt worden waren, die Genehmigung aber bis dahin noch keine Bestandskraft erlangt hatte, den Genehmigungsinhabern eventuellen Vertrauensschutz im Hinblick auf seit dem 2. Juni 2017 vom UmwRG erfasste Einwendungen gegen das Verfahren des Zustandekommens der Genehmigung entziehen wollte.
Das streitgegenständliche Verfahren wird vom UmwRG erfasst, weil die streitgegenständliche Genehmigung jedenfalls unter § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG fällt, denn es handelt sich um einen Verwaltungsakt, durch den andere als in den Nrn. 1 bis 2b genannte Vorhaben unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts zugelassen werden. Nachdem die Genehmigung am 2. Juni 2017 noch keine Bestandskraft erlangt hatte, ist das UmwRG auf das vorliegende Verfahren anwendbar.
Angesichts dieser deutlichen gesetzgeberischen Entscheidung fehlt es an hinreichenden Argumenten dafür, dass vorliegend noch § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. zur Anwendung kommen müsste. Der Vertrauensschutz der Beigeladenen entfiel hier zwar nicht deshalb, weil das Vorhaben vom Anwendungsbereich der UVP-RL 2011 erfasst und deshalb die Präklusion von vornherein unionsrechtswidrig gewesen wäre (s.o. 1.1). Auch trifft es zu, dass der Vertrauensschutz hier nicht dadurch gemindert wird, dass es eine nicht an Präklusionsvorschriften gebundene zusätzliche Kontrollmöglichkeit wie die Inzidentkontrolle neben der Normenkontrolle gäbe. Jedoch konnten in dem noch anhängigen Verfahren auch Umstände gerügt werden, die der Präklusion von vornherein nicht zugänglich sind, nämlich solche, die erst nach Ablauf der Präklusionsfrist entstanden sind (z.B. bezüglich der Bekanntmachung des Bescheids), und solche, die Rechtsvorschriften betreffen, die von Amts wegen zu prüfen sind (vgl. zum Umfang der Präklusion nach § 73 VwVfG Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 73 Rn. 96, 98), sowie Umstände, die nach dem UmwRG gerügt werden können. Einen vollständigen Schutz vor einer Aufhebung der Genehmigung bei Ausbleiben von Einwendungen innerhalb der Einwendungsfrist konnte § 10 Abs. 3 Satz 5 BImSchG a.F. der Beigeladenen damit ohnehin nicht bieten. Soweit die Beigeladene und die Beklagte vortragen, dass anders als beim Erlass einer Rechtsnorm nach § 47 VwGO die Beigeladene bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 BImSchG einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung habe, gilt dies eben nur bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 BImSchG und schützt nicht davor, dass deren Vorliegen auf die Nachbarklage hin im gerichtlichen Verfahren vollständig überprüft wird, soweit es sich um drittschützende Normen handelt.
2. Die Genehmigung leidet nicht an formellen Mängeln, aufgrund derer die Kläger ihre Aufhebung verlangen könnten. Weder fehlte es der Beklagten an der Zuständigkeit für den Erlass des Bescheids (2.1) noch können die Kläger nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG wegen Verfahrensfehlern die Aufhebung der Genehmigung verlangen (2.2). Anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 66 BayBO (2.3). Schließlich weist die öffentliche Bekanntmachung der Genehmigung keine Fehler auf, die der Klage zum Erfolg verhelfen würden (2.4).
2.1 Die Beklagte war entgegen der Auffassung der Kläger für die Erteilung der Genehmigung sachlich zuständig (2.2.1); die Mitarbeiter des die Genehmigung erteilenden Referats der Beklagten waren auch nicht nach Art. 20 BayVwVfG von der Mitwirkung ausgeschlossen oder nach Art. 21 BayVwVfG dazu verpflichtet, sich der Mitwirkung zu enthalten (2.2.2).
2.1.1 Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die Erteilung der Genehmigung folgt aus § 10 Abs. 5 Satz 1 BImSchG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Buchst. c BayImSchG in der Fassung vom 8. Oktober 1974 (GVBl S. 499), vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. April 2013 (GVBl S. 174; im Folgenden: BayImSchG a.F.) i.V.m. Art. 9 Abs. 1 Satz 1 GO. Nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. c BayImSchG a.F. ist die Kreisverwaltungsbehörde zuständige Genehmigungsbehörde für alle Anlagen, die in Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b BayImSchG a.F. nicht genannt sind. Nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 GO erfüllt eine kreisfreie Gemeinde wie die Beklagte im übertragenen Wirkungskreis als Kreisverwaltungsbehörde alle Aufgaben, die sonst vom Landratsamt als der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrzunehmen sind. Die Erfüllung von Aufgaben als Kreisverwaltungsbehörde bedeutet jedoch nicht, dass die Beklagte verpflichtet wäre, diese Aufgabe einer bestimmten Organisationseinheit zuzuweisen; die Entscheidung darüber trifft sie vielmehr in eigener Verantwortung, während die gesetzlichen Regelungen lediglich die Zuständigkeit der Beklagten als solcher begründen. Insbesondere ist der Begriff der Kreisverwaltungsbehörde in Art. 1 Abs. 1 Buchst. c BayImSchG a.F. und Art. 9 Abs. 1 Satz 1 GO nicht mit dem des Kreisverwaltungsreferats der Beklagten gleichzusetzen; bei Letzterem handelt es sich um eine von der Beklagten im Rahmen ihrer Organisationshoheit gewählte Bezeichnung, die keine rechtliche Relevanz für die Beachtung von Zuständigkeitsregeln hat.
Die Zuständigkeit der Beklagten entfällt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz des fairen Verfahrens abzuleitenden Neutralitätsgebots.
Die Beklagte hat vorliegend die Genehmigung der Beigeladenen, der B. … … GmbH, erteilt, die eine von der Beklagten getrennte juristische Person des Privatrechts ist. Der Bescheid ist zwar etwas missverständlich formuliert, soweit es auf S. 1 heißt: „D*. … … GmbH bzw. die Landeshauptstadt München, Baureferat – Gartenbau darf folgende Anlage errichten und betreiben (…)“. Im Adressfeld des Bescheides ist jedoch nur die Beigeladene aufgeführt; nur ihr wurde der Bescheid zugestellt (vgl. BA I Bl. 511). Der Zusatz „bzw. die Landeshauptstadt München, Baureferat – Gartenbau“ kann vor diesem Hintergrund nur dahin verstanden werden, dass auf die mit der Antragstellung verbundene Absicht Bezug genommen wird, der Beklagten (Baureferat – Gartenbau) künftig den Betrieb der Anlage zu übertragen; die Genehmigung wurde aber dennoch nur der Beigeladenen erteilt. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zu Doppelzuständigkeiten von Behörden wäre die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die Erteilung der Genehmigung auch dann nicht entfallen, wenn das Baureferat – Gartenbau der Beklagten selbst den Genehmigungsantrag gestellt hätte. Dies gilt deshalb erst recht für die vorliegende Konstellation, in der die Genehmigung von der Beigeladenen beantragt und ihr erteilt wurde.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Planfeststellungsrecht und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum KrWG schließen das Rechtsstaatsprinzip und der Grundsatz des fairen Verfahrens eine Identität zwischen Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde oder Aufsichtsbehörde – im Sinne einer Identität des Rechtsträgers – nicht aus. Eine organisatorische Trennung beider Funktionen kann zwar wesentlich dazu beitragen, die Gefahr und den äußeren Anschein zu vermeiden, dass der Behörde die notwendige Distanz gegenüber dem Vorhabenträger fehlt. Rechtsstaatliche Gründe mögen dies sogar nahelegen, gebieten es indes nicht als zwingendes Recht. Denn eine Behörde mit Doppelzuständigkeit hat als Teil der öffentlichen Verwaltung in beiden übertragenen Funktionen dem Gemeinwohl zu dienen, ist an Recht und Gesetz gebunden und untersteht exekutiver Aufsicht. Angesichts dessen ist eine neutrale Aufgabenwahrnehmung durch sie jedenfalls dann in einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Weise gesichert, wenn behördenintern für eine organisatorische und personelle Trennung beider Aufgabenbereiche gesorgt ist (BVerwG, U.v. 16.6.2016 – 9 A 4.15 – juris Rn. 36; U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – juris Rn. 24; BayVGH, U.v. 11.5.2017 – 20 B 15.285 – juris Rn. 23, 26 ff.). Eine ausreichende personelle und organisatorische Trennung ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zum KrWG dann gewährleistet, wenn für die Aufgabenbereiche der unteren Abfallbehörde und des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers jeweils unterschiedliche zeichnungsberechtigte Amtswalter zuständig sind, bei denen kraft organisationsrechtlicher Aufgabenzuweisung die Letztentscheidungsbefugnis und die persönliche Verantwortlichkeit für die Rechtmäßigkeit des Handelns liegt, und den beiden Aufgabenbereichen nicht derselbe unmittelbare Vorgesetzte übergeordnet ist, der maßgeblichen Einfluss auf die Aufgabenverteilung der ihm nachgeordneten Bereiche hat, über sie die rechtliche Aufsicht wahrnimmt und im Konfliktfall von seinem Weisungsrecht Gebrauch machen kann (BayVGH, U.v. 11.5.2017 – 20 B 15.285 – juris Rn. 40).
Die vorstehenden Überlegungen lassen sich auf den vorliegenden Fall übertragen. Bei hinreichender organisatorischer und personeller Trennung der betroffenen Aufgabenbereiche bestehen aus Sicht des Senats keine Bedenken gegen die hier vorgenommene Erteilung der Genehmigung durch die Beklagte – RGU – an die Beigeladene auch vor dem Hintergrund der beabsichtigten und zwischenzeitlich vorgenommenen Übertragung des Betriebs der Anlage auf die Beklagte – Baureferat, Gartenbau. Der von der Beklagten vorgelegte Geschäftsverteilungsplan (Stand: 1.10.2013, VGH-Akte IV Bl. 166) zeigt, dass es sich bei dem Baureferat und dem RGU um zwei voneinander getrennte und auf derselben Hierarchieebene stehende Referate der Beklagten handelte, die jeweils von unterschiedlichen Personen (berufsmäßigen Stadträten) geleitet wurden. Nach den Angaben der Beklagten hatten die jeweiligen Referatsleitungen kein Weisungsrecht gegenüber Dienstkräften eines nicht von ihnen geführten Referats; hierfür ist auch nach dem Organisationsplan nichts ersichtlich. Dafür, dass der dem RGU zugehörige Unterzeichner des angegriffenen Genehmigungsbescheids gleichzeitig auf Seiten des Baureferats mit dem Betrieb der Anlage betraut wäre, ist ebenfalls nichts ersichtlich.
2.1.2 Die Mitarbeiter des RGU der Beklagten waren schließlich nicht nach Art. 20, 21 BayVwVfG an der Mitwirkung bei der Erteilung der Genehmigung gehindert.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gibt es keine institutionelle Befangenheit von Behörden; es ist nicht zu beanstanden, dass eine Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auch in eigenen Angelegenheiten entscheidet, weil der Schutz der subjektiven Rechte eines betroffenen Bürgers durch die von der Rechtsordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe sichergestellt ist (BVerwG, B.v. 31.3.2006 – 8 B 2.06 – juris Rn. 5 m.w.N.; U.v. 16.6.2016 – 9 A 4.15 – juris Rn. 29).
Auch für einen Ausschluss oder die Besorgnis der Befangenheit einzelner Mitarbeiter des RGU, insbesondere dessen Leiters, ist nichts ersichtlich. Aus dem Vortrag der Kläger, wonach die Beklagte sich bereits vor Erteilung der Genehmigung durch vertragliche Verpflichtungen festgelegt habe, die alte Kompostieranlage abzusiedeln und eine neue Anlage an dem jetzigen Standort zu errichten, ergibt sich dafür nichts. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beklagte als zukünftige Betreiberin der städtischen Kompostieranlage entsprechende Planungen einschließlich der Verfügung über Grundstücke vornehmen musste. Auch wenn der Leiter des RGU als berufsmäßiger Stadtrat an entsprechenden Entscheidungen beteiligt gewesen sein sollte, entband dies weder ihn noch das von ihm geleitete Referat von der Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Durchführung des Genehmigungsverfahrens nach dem BImSchG. Ein Anlass für die Beiziehung weiterer Unterlagen, wie von den Klägern gewünscht, bestand daher nicht.
2.1.3 Schließlich begründet es weder einen Zuständigkeitsmangel noch wird die Genehmigung in sonstiger Weise dadurch rechtswidrig, dass die streitgegenständliche Anlage durch die Beigeladene errichtet werden, jedoch zukünftig durch die Beklagte betrieben werden sollte. Dies ergibt sich schon aus § 2 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV, wonach Träger eines Vorhabens und damit Antragsteller im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 2 der 9. BImSchV Rn. 3) auch sein kann, wer nicht beabsichtigt, die Anlage zu errichten oder zu betreiben. An der Norm wird deutlich, dass es sich bei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen um rein objektbezogene Erlaubnisse handelt (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 4 BImSchG Rn. 52; s. auch § 10 BImSchG Rn. 33; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 6 Rn. 4). Daher bestehen keine Bedenken gegen die hier gewählte Vorgehensweise, bei der die im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren als Antragstellerin auftretende und die Anlage im eigenen Namen errichtende Person in der Absicht handelt, sie nach Fertigstellung einem Dritten zum Betrieb zu überlassen.
2.2 Die Kläger können nicht gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Aufhebung der angefochtenen Genehmigung verlangen. Dahinstehen kann, ob und inwieweit die Kläger die von ihnen gerügten Verfahrensverstöße auch unabhängig vom UmwRG als subjektive Rechtsverletzungen geltend machen könnten (vgl. hierzu Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 10 BImSchG Rn. 285a).
2.2.1 § 4 UmwRG ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 UmwRG in seiner aktuell geltenden Fassung auf das vorliegende Verfahren anwendbar (s.o. 1.2.2.2).
2.2.2 Die Kläger können nicht mit Erfolg unter Berufung auf § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UmwRG geltend machen, dass eine nach den Bestimmungen des UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung weder durchgeführt noch nachgeholt worden sei. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung war hier nicht erforderlich, weil die streitgegenständliche Anlage nicht zu den nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UVPG in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallenden Vorhaben nach der Anlage 1 zum UVPG in der angesichts des Zeitpunkts des Bescheiderlasses maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen vom 8. April 2013 (BGBl I S. 734), in Kraft getreten am 2. Mai 2013 (im Folgenden: UVPG 2013), gehört.
Es kann offenbleiben, inwieweit die Ausführungen der Kläger in ihrem Schriftsatz vom 25. Oktober 2021 noch zu berücksichtigen sind, weil diese jedenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich der UVP-Pflicht der Anlage führen (s. dazu im Einzelnen nachfolgend). Sie sind nach Schluss der mündlichen Verhandlung (§ 104 Abs. 3 Satz 1 VwGO) bei Gericht eingegangen (vgl. zur Berücksichtigungsfähigkeit Dolderer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 104 Rn. 47; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 104 Rn. 13). Die Berücksichtigung ist jedenfalls nicht deshalb geboten, weil den Beteiligten eine Schriftsatzfrist gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO eingeräumt worden wäre oder ausnahmsweise Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO bestünde, weil der Schriftsatz neues Vorbringen enthielte, auf das das Gericht seine Entscheidung stützen wollte (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.2016 – 10 BN 4.15 – juris Rn. 11; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 104 Rn. 13; Dolderer in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 104 Rn. 59).
Bei der streitgegenständlichen Anlage handelt es sich nicht um eine Anlage zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen nach Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG 2013, die mit der aktuell geltenden Fassung der Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG übereinstimmt. Die Anlage fällt auch nicht unter eine der übrigen Nummern der Anlage 1 zum UVPG 2013.
2.2.2.1 Die streitgegenständliche Kompostieranlage unterliegt als ortsfeste Abfallentsorgungsanlage der Genehmigungspflicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und dem Anhang 1 der 4. BImSchV. Anwendbar ist mit Blick auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses § 4 BImSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 (BGBl I S. 1274, ber. 2021 S. 123), in Kraft seit dem 2. Mai 2013 (im Folgenden: BImSchG 2013), sowie die 4. BImSchV in der Fassung der Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen, zur Änderung der Verordnung über Immissionsschutz- und Störfallbeauftragte und zum Erlass einer Bekanntgabeverordnung vom 2. Mai 2013 (BGBl I S. 973), in Kraft getreten am 2. Mai 2013 (im Folgenden: 4. BImSchV 2013).
Die Anlage ist eine Anlage zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen mit einer Durchsatzkapazität an Einsatzstoffen von 10 t bis weniger als 75 t je Tag nach Nr. 8.5.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013; die Norm entspricht der aktuell geltenden Fassung der Nr. 8.5.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV. Die Anlage fällt nicht unter Nr. 8.6 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013, weil es sich bei Nr. 8.5 insoweit um eine Spezialregelung handelt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von Nr. 8.6 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013, der auf Anlagen zur biologischen Behandlung, soweit nicht durch Nr. 8.5 oder 8.7 erfasst, Bezug nimmt (vgl. zum Spezialitätsverhältnis auch die Begründung zu dem Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27.7.2001, BGBl I S. 1950 – im Folgenden: UVP-Änderungsgesetz 2001 – mit dem die 4. BImSchV weitgehend geändert wurde und die Nrn. 8.5 und 8.6 des Anhangs 1 im Wesentlichen die Fassung von 2013 einschließlich des Spezialitätsverhältnisses erhielten, BT-Drs. 14/4599 S. 138).
2.2.2.2 Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG 2013 erfasst nur Anlagen zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen im Sinne der Nr. 8.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013, nicht aber Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen nach Nr. 8.5 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013.
2.2.2.2.1 Unter der Behandlung von Abfällen – der Begriff entspricht dem in § 4 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BImSchG 2013 verwendeten – wird jede qualitative oder quantitative Veränderung der Abfälle wie Zerkleinern, Verdichten, Entwässern, Kompostieren oder Verbrennen verstanden (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 4 Rn. 8a; Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 4 Rn. 37). Der Begriff der Behandlung von Abfällen ist insoweit nicht identisch mit demjenigen nach Art. 3 Nr. 14 der Abfallrahmenrichtlinie 2008. Danach bezeichnet die Behandlung von Abfällen Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung. Dieser Begriff wurde in das deutsche Abfallrecht nicht übernommen; mit dem Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts vom 24. Februar 2012 (BGBl I S. 212), das der Umsetzung der Abfallrahmenrichtlinie 2008 in nationales Recht dient, wurde vielmehr an dem schon bisher im KrW-/AbfG verwendeten Begriff der Entsorgung festgehalten (vgl. § 3 Abs. 22 KrWG und die Gesetzesbegründung dazu auf BT-Drs. 17/6052, S. 74), wonach unter die Entsorgung – wie nach Art. 3 Nr. 14 Abfallrahmenrichtlinie 2008 – Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung vor der Verwertung oder Beseitigung, fallen. Der Begriff der Behandlung von Abfällen in Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG 2013 sowie in Nr. 8.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013 ist damit nicht spezifisch als Oberbegriff für Verwertungs- und Beseitigungsverfahren, sondern in einem allgemeineren Sinne zu verstehen. Dem Wortlaut der Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG 2013 kann nicht ohne Weiteres entnommen werden, ob Kompostieranlagen als Abfallverwertungsanlagen von der Vorschrift umfasst sind. Zudem wird darauf hingewiesen, dass auch der Begriff der biologischen Behandlung von Abfällen unionsrechtlich nicht legaldefiniert ist, insbesondere nicht in Anhang I Nr. D8 der Abfallrahmenrichtlinie 2008. Die biologische Behandlung von Abfällen wird dort lediglich – im Übrigen als Unterfall der dort genannten Beseitigungsverfahren – aufgeführt.
2.2.2.2.2 Auch wenn es sich bei den in Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG – nach der Fassung von 1990 oder einer späteren – genannten nicht gefährlichen Abfällen um solche handelt, auf die die Vorschriften des KrW-/AbfG Anwendung finden, sagt dies nichts über die UVP-Pflichtigkeit der streitgegenständlichen Kompostieranlage aus. So war dieser Zusatz in der hier anwendbaren Fassung des UVPG 2013 schon nicht mehr enthalten; er wurde mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über Industrieemissionen vom 8. April 2013 (BGBl I S. 734) gestrichen (vgl. hierzu die Gesetzesbegründung auf BT-Drs. 17/10486, S. 49). Die Streichung erfolgte zwar lediglich aus redaktionellen Gründen. Maßgeblich ist insoweit aber, dass die Anwendbarkeit der Vorschriften des KrW-/AbfG sich auch nach der früheren Fassung der Anlage 1 zum UVPG nicht auf die betreffenden Anlagen oder Abfallbehandlungsverfahren, sondern auf die Abfälle bezog. Dass die behandelten Abfälle dem Abfallbegriff des früheren KrW-/AbfG bzw. des heutigen KrWG unterfallen, steht nicht in Streit, führt aber für die vorliegende Frage nicht weiter.
2.2.2.2.3 Mit dem UVP-Änderungsgesetz 2001 hat der Gesetzgeber abweichend von der vorherigen Systematik die UVP-Pflichtigkeit der in der Anlage 1 zum UVPG aufgeführten Vorhaben nicht mehr an das formelle Kriterium eines Zulassungsverfahrens, sondern an sachliche Merkmale (Art, Größe und Leistung, Standort) eines Vorhabens geknüpft. Die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für Anlagen nach den Nrn. 1 – 10 der Anlage 1 zum UVPG ist seitdem unselbständiger Teil des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens (Trägerverfahren für die UVP). Dies wird nach der Gesetzesbegründung für diese Anlagen durch die gleichlautende Bezeichnung der Anlagenart in dem Anhang 1 zu der mit dem gleichen Gesetz geänderten 4. BImSchV sichergestellt (vgl. BT-Drs. 14/4599, S. 106).
Vergleicht man vor dem Hintergrund der Gesetzesbegründung die Anlagenbezeichnungen unter Nr. 8 des Anhangs 1 der 4. BImSchV und Nr. 8 der Anlage 1 zum UVPG jeweils in der Fassung des UVP-Änderungsgesetzes 2001 miteinander, so fällt auf, dass die Bezeichnungen in der Anlage 1 zum UVPG denjenigen aus dem Anhang 1 zur 4. BImSchV entsprechen, allerdings bestimmte, in dem Anhang 1 zur 4. BImSchV enthaltene Anlagen in der Anlage 1 zum UVPG nicht erwähnt sind. So entspricht etwa Nr. 8.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV der Nr. 8.1 der Anlage 1 zum UVPG; Gleiches gilt für die jeweiligen Nrn. 8.2. Die Nrn. 8.3 bis 8.5 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV finden in der Anlage 1 zum UVPG keine Entsprechung. Demgegenüber findet sich eine gleichlautende Regelung bezüglich der Anlagen zur biologischen Behandlung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen nach Nr. 8.6 Buchst. a des Anhangs 1 zur 4. BImSchV in Nr. 8.3 der Anlage 1 zum UVPG. Gleiches gilt für Anlagen zur biologischen Behandlung von nicht besonders überwachungsbedürftigen Abfällen nach Nr. 8.6 Buchst. b des Anhangs 1 zu 4. BImSchV und Nr. 8.4 der Anlage 1 zum UVPG. Diese Parallelitäten – d.h. jeweils gleichlautende Anlagenbezeichnungen – finden sich in dem Anhang 1 zur 4. BImSchV 2013 und der Anlage 1 zum UVPG 2013 entsprechend wieder. Danach entspricht Nr. 8.6.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013 (Anlagen zur biologischen Behandlung von gefährlichen Abfällen) Nr. 8.3 der Anlage 1 zum UVPG 2013; Nr. 8.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013 (Anlagen zur biologischen Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen) entspricht Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG 2013, und Nr. 8.6.3 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013 (Anlagen zur biologischen Behandlung von Gülle) entspricht Nr. 8.4.2 der Anlage 1 zum UVPG 2013.
Nachdem Nr. 8.5 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013 (Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen) in Anlage 1 zum UVPG 2013 keine Entsprechung findet, ist nach der seit dem UVP-Änderungsgesetz 2001 bestehenden Systematik gleichlautender Bezeichnungen der Anlagenarten im Anhang 1 zur 4. BImSchV und der Anlage 1 zum UVPG davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die genannten Anlagen nicht in den Anwendungsbereich des UVPG aufnehmen wollte.
2.2.2.2.4 Dafür spricht auch, dass nach der Begründung zu der Änderung von Nr. 8.5 des Anhangs 1 der 4. BImSchV durch das UVP-Änderungsgesetz 2001 diese auch der Umsetzung des Genehmigungsvorbehalts nach Art. 10 der (damaligen) Abfallrahmenrichtlinie für die Maßnahme R3 (Verwertung/Rückgewinnung organischer Stoffe einschließlich Kompostierung) des Anhangs II B (Verwertungsverfahren) dieser Richtlinie dient. Nicht erwähnt ist in der Begründung demgegenüber eine Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 1997, die mit dem UVP-Änderungsgesetz 2001 ebenfalls erfolgte und in der Begründung zu den unter Nr. 8 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV sowie Nr. 8 der Anlage 1 zum UVPG genannten Anlagen auch mehrfach erwähnt wird, so zu den jeweiligen Nrn. 8.1 und 8.2 sowie zu Nr. 8.6 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV und den dementsprechenden Nrn. 8.3 und 8.4 der Anlage 1 zum UVPG.
Der Gesetzgeber war schließlich auch unionsrechtlich nicht verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen in den Anwendungsbereich des UVPG aufzunehmen. Denn wie oben dargelegt, handelt es sich bei diesen Anlagen um Anlagen zur Verwertung von Abfällen im Sinne des Anhangs II B der Abfallrechts-Änderungs-RL 1991 und des Anhangs II der Abfallrahmenrichtlinie 2008, die von den Anhängen I und II der UVP-Änderungsrichtlinie 1997 sowie der UVP-RL 2011 nicht erfasst sind.
Nichts Anderes ergibt sich aus Art. 4 Abs. 2 der UVP-RL 2011 (s. hierzu oben 1.1.2) und ebenso wenig aus Art. 13 der Abfallrahmenrichtlinie 2008. Nach der letztgenannten Vorschrift treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt und insbesondere ohne Gefährdung von Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen, ohne Verursachung von Geräusch- und Geruchsbelästigungen, und ohne Beeinträchtigung der Landschaft oder von Orten von besonderem Interesse. Die Regelung enthält damit materielle Anforderungen an die Abfallbewirtschaftung, ohne Aussagen zur UVP-Pflicht zu treffen.
Insoweit besteht auch kein Anlass für eine Vorlage an den EuGH gemäß Art. 267 AEUV. Gemäß Art. 267 Abs. 1 AEUV entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Union, also auch über die Auslegung von Richtlinien. Gemäß Art. 267 Abs. 2 AEUV kann ein Gericht die Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen, wenn sie ihm gestellt wird und es eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält (vgl. zum Kriterium der Erforderlichkeit etwa Ehricke in Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 267 AEUV Rn. 37). An letzterem fehlt es hier. Denn aus Art. 4 Abs. 2 UVP-RL 2011 oder aus Art. 13 Abfallrahmen-RL 2008 kann keine UVP-Pflicht für die streitgegenständliche Anlage folgen, weil es sich nach Auffassung des Senats bei der Kompostieranlage um eine Abfallverwertungsanlage im Sinne des europäischen Abfallrechts handelt, die von den Anhängen der UVP-RL 2011 nicht erfasst ist.
2.2.2.2.5 Den vorstehenden Überlegungen steht nicht entgegen, dass die Nr. 8 der Anlage 1 zum UVPG 2013 die Überschrift „Verwertung und Beseitigung von Abfällen und sonstigen Stoffen“ trägt und etwa die Nr. 8.1 der Anlage 1 zum UVPG 2013 mit der Bezeichnung „Anlagen zur Beseitigung oder Verwertung fester, flüssiger oder in Behältern gefasster gasförmige Abfälle, Deponiegas oder anderer gasförmiger Stoffe (…)“ auch Abfallverwertungsanlagen einschließen dürfte. Ob der Gesetzgeber bestimmte Abfallverwertungsanlagen in die Anlagen nach Nr. 8 der Anlage 1 zum UVPG einbezogen hat und dadurch angesichts der oben stehenden Überlegungen zu den UVP-RL über seine unionsrechtliche Umsetzungspflicht hinausgegangen ist, mag hier dahinstehen. Die Gründe dafür könnten gerade auch in dem beabsichtigten Gleichlauf mit den Bezeichnungen nach Anhang 1 der 4. BImSchV gelegen haben. Jedenfalls kann daraus nicht geschlossen werden, dass Nr. 8.4.1 der Anlage 1 zum UVPG 2013 (Anlagen zur biologischen Behandlung nicht gefährlicher Abfälle) auch Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen im Sinne der Nr. 8.5 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV 2013 umfasst.
2.2.2.2.6 Die vorgenannten Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2006 – 7 C 4.06, soweit sich dieses mit der Forderung nach einer schadlosen Verwertung von Abfällen beschäftigt (juris Rn. 23). Die dortigen Ausführungen beziehen sich auf die Frage, wann ein Verwertungsverfahren nach dem KrW-/AbfG beendet ist. Zur UVP-Pflicht von Anlagen zur Abfallbeseitigung und -verwertung äußert sich das Gericht in diesem Zusammenhang nicht.
2.2.2.2.7 Soweit die Kläger meinen, eine UVP-Pflicht ergebe sich auch daraus, dass auf der Anlage auch gefährliche Abfälle verwertet sowie Abfälle von 50 t und mehr gelagert würden, handelte es sich um Vorgänge, die von der Genehmigung nicht umfasst und damit für die Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht relevant wären.
2.2.3 Die Kläger können weiterhin nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG geltend machen, dass das nach § 10 BImSchG 2013 durchgeführte Verfahren zur Beteiligung der Öffentlichkeit in Bezug auf die Bekanntmachung und Auslegung der Antragsunterlagen fehlerhaft gewesen sei. Ein Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG liegt insoweit nicht vor.
2.2.3.1 Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG 2013 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Mai 1992, vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Mai 2013 (BGBl I S. 973, ber. 3756, im Folgenden: 9. BImSchV 2013), hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen, wenn die Unterlagen des Antragstellers vollständig sind. Die Beklagte ist dementsprechend vorgegangen, indem sie das Vorhaben in ihrem Amtsblatt vom 20. März 2012, S. 75, das in Papierform erschien, bekannt gemacht hat (s. BA II Bl. 13). Entgegen der Auffassung der Kläger bedarf das Amtsblatt über das Erscheinen hinaus keiner gesonderten „Bekanntmachung“ an allgemein bestimmten Stellen, etwa Schaukästen der Bezirksausschüsse (vgl. insoweit auch BayVGH, B.v. 28.5.2014 – 22 CS 14.883 – juris Rn. 7); ebenso wenig findet hier Art. 26 Abs. 2 GO Anwendung, der sich auf die Bekanntmachung von Satzungen der Gemeinden, mithin auf einen anderen Gegenstand bezieht. Die Bekanntmachung des Vorhabens im Amtsblatt war im Übrigen mit dessen Erscheinen in Papierform vollzogen. Dass die Onlineausgaben des Amtsblattes der Beklagten erst zehn Tage nach Erscheinen der Papierausgabe auf der Internetseite der Beklagten abrufbar sind, spielt insoweit keine Rolle, da es sich lediglich um einen zusätzlichen, gesetzlich nicht vorgegebenen Service handelt.
Die Zurverfügungstellung des Amtsblattes im Internet ist im Übrigen zu unterscheiden von der nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG 2013 i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 der 9. BImSchV 2013 vorgesehenen Veröffentlichung des Vorhabens im Internet. Diese erfolgte nach den von der Beklagten vorgelegten Akten vom 20. März 2012 bis zum 2. Mai 2012 auf der Internetseite der Beklagten unter der Rubrik „Amtliche Bekanntmachungen“ (BA II Bl. 4, 6-8). Durch die zeitgleich mit Erscheinen des Amtsblattes am 20. März 2012 vorgenommene Veröffentlichung im Internet war sichergestellt, dass betroffene Bürger auf beiden Wegen von dem Vorhaben Kenntnis erlangen konnten. Die Einwände der Kläger bezüglich der Auffindbarkeit der Veröffentlichung auf der Internetseite der Beklagten greifen nicht durch. Die Veröffentlichung muss in einer Weise erfolgen, die es den Betroffenen unschwer ermöglicht, die Bekanntmachung aufzufinden (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 CS 14.471 – juris Rn. 19; Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 10 Rn. 73). Daran bestehen hier keine Zweifel, weil mit der Eingabe „München“ und „Bekanntmachungen“ oder „amtliche Bekanntmachungen“ in eine der gängigen Internet-Suchmaschinen Links erschienen, über die man unmittelbar auf die Veröffentlichung der Beklagten auf ihrer Internetseite gelangte (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 CS 14.471 – juris Rn. 20 f.). Zudem hatte auch ein Internetnutzer, der sich unmittelbar auf der Homepage der Beklagten über deren amtliche Bekanntmachungen unterrichten wollte, die Möglichkeit, diese Veröffentlichungen rasch und sicher über ein Suchfeld auf der Startseite des Internetauftritts aufzufinden (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 CS 14.471 – juris Rn. 22).
Soweit die Kläger meinen, es habe für sie kein Anlass bestanden, auf der Internetseite der Beklagten nach Publikationen zu suchen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass eine Privatperson im eigenen Interesse gehalten ist, das Internet (alternativ zur Lektüre des Veröffentlichungsblatts) auf einschlägige Verlautbarungen staatlicher oder kommunaler Verwaltungsträger hin zu verfolgen. Die Ungewissheit darüber, zu welchen Zeitpunkten derartige Verlautbarungen erfolgen, ist insoweit hinzunehmen. Auch bei Bekanntmachungen gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 2 GO ist der Bürger mit der Notwendigkeit konfrontiert, sich rechtzeitig entsprechend zu informieren, um innerhalb offener Frist von ggf. veranlassten Rechtsbehelfen Gebrauch machen zu können.
2.2.3.2 Entgegen der Auffassung der Kläger erfüllte die Bekanntmachung die Anforderungen an ihren Inhalt, die sich aus § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 der 9. BImSchV 2013 ergeben. Die Bekanntmachung des Vorhabens war so genau und verständlich formuliert, dass potentiell Betroffene erkennen konnten, ob und inwieweit sie durch das Vorhaben betroffen sein können (vgl. zu dieser Anforderung Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 10 BImSchG Rn. 77).
Dies gilt insbesondere für die Angaben zum Standort des Vorhabens (vgl. § 3 Satz 1 Nr. 3 der 9. BImSchV 2013). Die von den Klägern kritisierte Angabe „Gemarkung P.“ entspricht den Tatsachen. Den räumlichen Bezug dieses Standortes zu ihrem Wohnort O. mussten die Kläger selbst erkennen. Auch die fehlende Angabe einer Hausnummer in der F. straße ist nicht zu beanstanden. Sie ist darin begründet, dass sich der Standort der Anlage auf unbebauten Grundstücken befindet. In diesen Fällen stellt der Rückgriff auf die katasteramtliche Bezeichnung des Grundstücks, auf dem das Vorhaben errichtet werden soll, durch Angabe der Gemarkung und der Flurstücknummer eine sachgerechte Methode dar, um die Lage des Vorhabens möglichst präzise zu bestimmen (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2014 – 22 CS 14.471 – juris Rn. 27; Czajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand Juli 2021, § 3 9. BImSchV Rn. 14). Soweit die Kläger meinen, eine Anfrage beim Katasteramt zur genauen Lokalisierung des Vorhabens sei ihnen nicht zumutbar, geht dies ins Leere. Die Angabe des Standortes F. straße reichte aus, um den Klägern zu verdeutlichen, dass ihr Wohnhaus von der Anlage betroffen sein könnte. Nähere Informationen zum Standort hätten sie ohne Weiteres durch Einsichtnahme in die Unterlagen erhalten können, selbst wenn es ihnen nicht vorab – etwa durch eine Recherche mittels im Internet verfügbaren Kartenmaterials – möglich gewesen wäre, den genauen Standort zu ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bekanntmachung eines Vorhabens dem Bürger von vornherein nur den Anstoß vermitteln kann, den ausgelegten Plan darauf zu prüfen, ob eigene Rechte oder Belange durch das Vorhaben betroffen sind und er sich deshalb im weiteren Verfahren beteiligen will (Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 73 Rn. 49 zum Planfeststellungsverfahren). Die Bekanntmachung selbst muss noch nicht Aufschluss darüber geben, ob eigene Belange tatsächlich betroffen sind.
Der weiter in der Bekanntmachung enthaltene Hinweis auf das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, wonach eine UVP nicht erforderlich sei, da keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu besorgen seien, ist nicht Bestandteil der Bekanntmachung nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG 2013. Diese Angabe wäre hier nicht erforderlich gewesen, da das Vorhaben nicht vom Anwendungsbereich des UVPG erfasst ist und daher auch die durchgeführte Vorprüfung entbehrlich war (s.o. 2.2.2). Jedenfalls wird die Bekanntmachung des Vorhabens hierdurch nicht fehlerhaft. Sie dient dazu, den Anstoß zu geben, die eigene Betroffenheit zu prüfen. Die eigene Betroffenheit von Dritten ergibt sich dabei in erster Linie aus dem Standort und der Art und dem Umfang der Anlage (§ 3 Satz 1 Nrn. 3 und 4 der 9. BImSchV 2013); inwieweit Dritte von Auswirkungen der Anlage betroffen sein können, müssen sie selbst durch Einsicht in die Planunterlagen prüfen. Die Obliegenheit dazu entfällt nicht durch die Mitteilung des Ergebnisses der UVP-Vorprüfung.
2.2.3.3 Die Auffassung der Kläger, die Anstoßwirkung der Auslegung der Antragsunterlagen sei verfehlt worden, weil diese unvollständig und teilweise falsch seien, trifft nicht zu. Die Vollständigkeit der Unterlagen richtet sich nach § 10 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 1 BImSchG 2013, §§ 4 ff., 7 der 9. BImSchV 2013. Danach müssen die Genehmigungsunterlagen die für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG 2013 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen enthalten. Es ist nicht ersichtlich, dass dies nicht der Fall gewesen wäre; insbesondere lagen den Antragsunterlagen mit dem lufthygienischen Gutachten und dem Schallgutachten gutachterliche Aussagen zu den durch den Anlagenbetrieb zu erwartenden Immissionen an bestimmten Immissionsorten bei. Die Kläger erheben insoweit der Sache nach materielle Einwendungen gegen die Gutachten.
Mangels Anwendbarkeit des UVPG geht die Berufung der Kläger auf § 6 UVPG 2013 ins Leere.
2.2.3.4 Es kann offenbleiben, ob sich die Kläger im Rahmen von § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 UmwRG darauf berufen können, die Antragsunterlagen selbst seien zu Unrecht nicht im Internet zugänglich gemacht worden. Jedenfalls liegt ein Verfahrensverstoß, der sich aus einer fehlerhaften Anwendung von § 27a Abs. 1 Satz 3 VwVfG oder Art. 27 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG ergeben könnte, nicht vor (für die generelle Unbeachtlichkeit von Verletzungen des § 27a VwVfG vgl. Ziekow, VwVfG, 4. Aufl. 2020, § 27a Rn. 7; Prell in BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand 1.10.2020, § 27a Rn. 26; Schiller in Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, 6. Aufl. 2021, § 27a Rn. 19; a.A. Schneider in Schoch/Schneider, VwVfG, Stand Juli 2020, § 27a Rn. 20; Engel/Pfau in Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, 2. Aufl. 2019, § 27a Rn. 16). Dabei kann wiederum offenbleiben, ob die Vorschriften im Rahmen des förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 BImSchG 2013 und § 8 der 9. BImSchV 2013 anwendbar sind (vom VG verneint) und ob bejahendenfalls im vorliegenden immissionsschutzrechtlichen Verfahren unter Berücksichtigung von § 1 Abs. 3 VwVfG die bundes- oder die landesrechtliche Bestimmung zur Anwendung käme. Jedenfalls scheidet die Anwendbarkeit beider Bestimmungen aus zeitlichen Gründen aus. Art. 27a BayVwVfG wurde erst mit Gesetz vom 22. Mai 2015 in das BayVwVfG eingefügt (GVBl S. 154) und trat am 1. Juni 2015 in Kraft. Infolge des Inkrafttretens nach Bescheiderlass kann die Norm für das Verfahren keine Bedeutung haben. § 27a VwVfG trat am 7. Juni 2013 und damit vor Bescheiderlass, aber nach Durchführung des Auslegungsverfahrens in Kraft (eingefügt mit Gesetz vom 31.5.2013, BGBl I S. 1388). Da das Gesetz zur Einführung des § 27a VwVfG keine Regelung enthält, wonach bereits abgeschlossene Verfahrensschritte wie hier das Auslegungsverfahren von der Neuregelung erfasst wären, entfaltet auch diese keine Wirkung für das vorliegende Genehmigungsverfahren.
2.2.4 Dem Vorbringen der Kläger, die Beigeladene habe die Nachbarbeteiligung nach Art. 66 Abs. 1 und 4 BayBO (wohl in der Fassung vom 11.12.2012, GVBl S. 633, in Kraft getreten am 1.1.2013, im Folgenden: BayBO 2013) unterlassen, indem sie in ihrem Baugenehmigungsantrag nur vier Nachbarn genannt habe, von denen Unterschriften eingeholt werden sollten, ist zu entgegnen, dass die Nachbarbeteiligung hier im förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG 2013 durchgeführt worden ist. Die Bekanntmachung des Vorhabens nach dieser Vorschrift dient der Unterrichtung der Allgemeinheit und der Nachbarschaft über das geplante Vorhaben und damit auch der Gewährleistung der Teilhaberechte am Verfahren (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 10 BImSchG Rn. 70). Insbesondere eine öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens nach Art. 66 Abs. 4 BayBO 2013 war neben dem förmlichen Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG nicht erforderlich. Die Vorlage der Unterlagen an die Nachbarn nach Art. 66 Abs. 1 BayBO 2013 dürfte allenfalls in Bezug auf spezifisch baurechtliche Anforderungen wie das Abstandsflächenrecht, die vom Verfahren nach dem BImSchG nicht unmittelbar erfasst sind, von Belang gewesen sein, und damit die Kläger nicht betroffen haben. Dies kann aber dahinstehen, weil ein Verstoß gegen Art. 66 Abs. 1 BayBO 2013 jedenfalls nicht die Fehlerhaftigkeit der Genehmigung begründen würde, denn die Norm ist nicht in dem Sinne nachbarschützend, dass die Nichtbeteiligung von Nachbarn schon für sich allein die Baugenehmigung rechtswidrig macht (vgl. BayVGH, B.v. 12.7.2010 – 14 CS 10.327 – juris Rn. 27; B.v. 16.10.2018 – 9 CS 18.1468 – juris Rn. 33; Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, Stand Juli 2021, Art. 66 Rn. 208).
2.3 Entgegen der Auffassung der Kläger war eine erneute Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens nach der Tektur nicht erforderlich.
Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV 2013 darf die Genehmigungsbehörde bei einer Änderung des Vorhabens während des Genehmigungsverfahrens von einer zusätzlichen Bekanntmachung und Auslegung absehen, wenn in den nach § 10 Abs. 1 der 9. BImSchV 2013 auszulegenden Unterlagen keine Umstände darzulegen wären, die nachteilige Auswirkungen für Dritte besorgen lassen. Dies war hier der Fall.
2.3.1 Die Kläger meinen, erstmals mit der Tektur sei die Befeuchtung der Mieten mit Wasser aus dem Sickerwasserspeicherbecken vorgesehen worden, und dies lasse nachteilige Auswirkungen für sie besorgen. Die Befeuchtung der Mieten mit Wasser aus dem Sickerwasserspeicherbecken war jedoch von Beginn an geplant und konnte daher eine Verpflichtung zu einer erneuten Bekanntmachung und Auslegung nicht begründen.
Maßgeblich für die Frage, was Gegenstand der ursprünglichen Planung war, ist aus Sicht des Senats in erster Linie die Darstellung des Vorhabens in den mit Schreiben vom 22. Dezember 2011 eingereichten Antragsunterlagen. Daraus ergibt sich, dass die Bewässerung der Mieten mit Sickerwasser von Beginn an geplant war, nämlich das anfallende Niederschlags- und Sickerwasser in einem Sickerwasserspeicherbecken gesammelt und soweit erforderlich zur Mietenbewässerung verwendet werden sollte (s. S. 5 der Verfahrens- und Betriebsbeschreibung, Anlage 3 der Antragsunterlagen, BA IV). Darauf hat die Beigeladene auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof verwiesen. Dass den gleichzeitig eingereichten Planzeichnungen zur Befeuchtung der Mieten mit Sickerwasser keine Aussage zu entnehmen ist, spielt angesichts der klaren Aussage in der Verfahrensbeschreibung keine Rolle. Die Ausführungen in der Tekturliste vom 12. Oktober 2012 (BA IV Bl. 10, Änderung Nr. 2 und Nr. 5) werfen zwar Fragen auf, soweit es dort heißt, durch die Tektur solle das Beckenvolumen um ca. 75 m³ vergrößert werden, um in Zeiten mit geringen Niederschlägen für die Befeuchtung der Rotten anstelle von Trinkwasser Sickerwasser verwenden zu können. Die Aussagen beziehen sich jedoch nach den Angaben der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nur auf das zusätzliche Wasservolumen von 75 m3, das sich durch die mit der Tektur verbundene Vergrößerung des Sickerwasserspeicherbeckens ergibt. Aufschlussreich hierzu ist letztlich auch ein Vermerk über eine Besprechung der Beigeladenen und der Beklagten vom 12. Oktober 2012, wonach Hintergrund der Tektur gewesen sei, dass die technische Planung für die nach der Vorhabenbeschreibung vorgesehene Bewässerung der Mieten mit Sickerwasser gefehlt habe (BA I Bl. 163). Die Aussagen des Gutachters in dem Schreiben vom 14. August 2012 (BA I Bl. 149), das sich mit eventuellen zusätzlichen Emissionen durch die Tektur beschäftigt und wonach mit der Tektur das Sickerwasser gespeichert werden können solle und bisher das Becken habe trockenfallen sollen, sind insoweit letztlich nicht maßgeblich, da der Gegenstand des Genehmigungsantrags durch diesen selbst und nicht durch die Aussagen des Gutachters dazu bestimmt wird. Im Übrigen hat die Beigeladene vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt, die Aussage, wonach das Becken bislang habe trockenfallen sollen, habe auf einer Missinterpretation des Gutachters beruht. Die Beigeladene hat weiter schriftsätzlich und mündlich vor dem Verwaltungsgericht ausgeführt, möglichen Emissionen des Sickerwasserspeicherbeckens habe durch den Auflagenvorschlag Nr. 3.9 (entspricht der Auflage Nr. 3.2.12 im Bescheid) begegnet werden sollen.
2.3.2 Soweit die Kläger meinen, mit der Tektur sei eine Versprühung/Vernebelung von Sickerwasser über den Mieten vorgesehen worden, trifft dies nicht zu. Zwar enthalten die ursprünglichen Planunterlagen (Anlagenbeschreibung und Planzeichnung) keine Aussagen zur Art und Weise der Bewässerung der Mieten mit Wasser aus dem Sickerwasserspeicherbecken. Mit der Tektur wird jedoch klar formuliert, dass zur Befeuchtung der Mieten mit Wasser aus dem Sickerwasserbecken eine separate Entnahmepumpe sowie je eine Anschlussstelle für den Feuerwehrschlauch am nördlichen und südlichen Rand der Anlage ergänzt werden sollten, damit bei Bedarf Wasser aus dem Sickerwasserbecken entnommen und mittels Schlauch („C-Schlauch“) auf den Rotten verteilt werden könne. Das Wasser werde nicht versprüht, sondern im Schwall über die Rotten vergossen, die anschließend wieder mit einem Schutzvlies abgedeckt würden (s. Tekturliste Änderung Nr. 5, BA IV Bl. 11). Die Beigeladene hat in ihrem im Verfahren M 1 K 13.5659 an das Verwaltungsgericht gerichteten Schriftsatz vom 2. Oktober 2014 (S. 5) diese Aussagen bestätigt. Der Schlauch werde über die Pumpe aus dem Sickerwasserspeicherbecken und ein Rohrsystem mit Sickerwasser beschickt, wenn es geruchsmäßig hierzu geeignet sei. Für den Fall, dass kein geeignetes Sickerwasser vorhanden sei (Auflage 3.2.12 des Genehmigungsbescheids), werde der Schlauch aus einem Wasserwagen mit Trinkwasser gespeist.
Die in diesem Zusammenhang geäußerte Annahme der Kläger, die von der Beigeladenen dargelegte Methode der Schlauchbewässerung sei technisch gar nicht möglich und könne zudem nicht gewährleisten, dass das Wasser innerhalb der Mieten gleichmäßig verteilt werde, zieht die Aussagen der Beigeladenen nicht substantiiert in Zweifel. Soweit die Kläger darauf verweisen, dass nach Nr. 4.5.3.1 Buchst. i) des Genehmigungsbescheids die Kompostmieten beregnet werden sollten, handelt es sich um eine Auflage zur Führung des Betriebstagebuchs, in dem die jährlich anfallende Sickerwassermenge, der Füllstand des Sickerwasserbeckens bzw. Entleerung und Verbleib sowie die Behandlung des Sickerwassers (z.B. Beregnung der Kompostmieten, Einleitung in den Kanal) dokumentiert werden sollen. Die Auflage bezieht sich mithin nicht auf das Verfahren zur Bewässerung der Mieten und hat – zumal angesichts der Offenheit des Begriffs „Beregnung“, der nicht ohne weiteres mit „Versprühung“ gleichzusetzen sein dürfte – insoweit nur sehr beschränkte Aussagekraft. Das Verfahren zur Bewässerung der Mieten mit Sickerwasser ist vielmehr der Tekturliste zu entnehmen, die Bestandteil des Genehmigungsbescheids ist (s. S. 3 f. des Genehmigungsbescheids). Die Ausführungen in der Tekturliste ergänzen die technische Umsetzung der bereits von Beginn an geplanten Bewässerung der Mieten mit Sickerwasser. Aus der VDI-RL 3475, wonach gesammeltes Prozess- und Niederschlagswasser zur Bewässerung auf den Mieten rückverregnet werden solle, können aber keine Rückschlüsse darauf gezogen werden, was die Beigeladene mit ihrem Genehmigungsantrag sowie mit dem Tekturantrag beantragt hat und ob die Tektur die Verpflichtung zur erneuten Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens auslöst. Soweit die Kläger weiter unter Berufung auf die VDI-RL 3475 vortragen, für 8000 t Rottematerial würden 2 Mio. l Abwasser zur Bewässerung benötigt und deshalb solle das anfallende Abwasser in einem unterirdischen geheimen Tank mit einem Speichervermögen von mehr als 500.000 l gesammelt und dann großflächig mittels einer Ultraschallvernebelung, jedenfalls mithilfe eines Bedüsungssystems, an der Oberfläche versprüht werden, entbehrt dies angesichts der Antragsunterlagen jeder Grundlage.
2.3.3 Die drei Öffnungen des Beckens waren in der mit Schreiben vom 11. Dezember 2012 eingereichten Planzeichnung nicht eingezeichnet. Die Öffnungen lassen sich erst in der Planzeichnung nach der Tektur erkennen. Dagegen, dass es sich – wie die Kläger meinen – nach der ursprünglichen Planung um einen flüssigkeitsdichten geschlossenen Behälter mit allenfalls einer Asphaltmulde bzw. einem Gulli als Zufluss gehandelt habe, spricht jedoch, dass das Sickerwasserspeicherbecken seine Funktion, abfließendes Prozesswasser aus den Mieten aufzunehmen, nur erfüllen kann, wenn es hinreichend große Öffnungen aufweist. Insoweit hat der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung auf die Ausführungen in der Tekturliste verwiesen, wonach die drei Einläufe in das Becken durch die Tektur mit Rückhaltekörben für abgeschwemmtes Häckselgut ausgestattet würden (Änderung Nr. 4, BA IV Bl. 11), woraus sich ergebe, dass die Einläufe selbst von Beginn an geplant gewesen seien. Die Vertreter der Beklagten haben zudem ausgeführt, dass es für die Entwässerung einer Fläche in der Größe der Rottefläche mehrerer Einlässe in das Becken bedürfe. Vor diesem Hintergrund muss die durch die Tektur geänderte Planzeichnung im Sinne einer Konkretisierung verstanden werden. Jedenfalls kann aus dem Vorstehenden nicht geschlossen werden, dass mit der Tektur eine so weitreichende Änderung verbunden gewesen wäre, dass dadurch im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 der 9. BImSchV 2013 nachteilige Auswirkungen für die Kläger zu besorgen gewesen wären.
Im Übrigen trifft es zu, dass die Planung mit der Tektur um Rückhaltekörbe für abgeschwemmtes Häckselgut an den drei Beckeneinläufen, je ein Be- und Entlüftungsrohr für den Pumpenschacht sowie ein Schlammfang an der Beckensohle ergänzt wurde. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger ist jedoch nicht erkennbar, dass dadurch nachteilige Auswirkungen für Dritte, insbesondere in Form von Gasimmissionen, zu besorgen seien. Die Beigeladene hat ausgeführt, die Lüftungsrohre seien nicht durch einen Lüfter aktiv belüftet, d.h. es steige in geringstem Umfang Luft auf. Diese sei zudem aufgrund des Absetzvorgangs im Becken nicht stärker mit Gerüchen oder Bioaerosolen belastet als die drei Öffnungen des Beckens, in die das Sickerwasser fließe. Bezüglich des Schlammfangs und der Rückhaltekörbe für Häckselgut ist zu berücksichtigen, dass diese lediglich ins Wasser eingetragene Bestandteile auffangen, die auch ohne die Änderung der Planung in das Wasser gelangt wären. Nach Angaben der Beigeladenen entstehen pro Jahr nur wenige Kubikmeter Schlamm, der pumpfähig sei. Beim Abpumpen könnten weder durch Staub noch durch Tröpfchen in relevantem Umfang Bioaerosole freigesetzt werden; der Schlamm werde separat entsorgt. Auch bezüglich des aufgefangenen Häckselgutes ist nicht ersichtlich, dass hierdurch relevante zusätzliche Emissionen sowie Immissionen auf dem Grundstück der Kläger entstehen, die eine erneute Bekanntmachung des Vorhabens veranlasst hätten.
2.3.4 Auch aufgrund der Änderung der Höhe der Halle und der Verlängerung des Lichtbandes am Dachfirst war eine erneute Bekanntmachung und Auslegung des Vorhabens nicht erforderlich.
Mit der Tektur wurde die Höhe der Halle um 1,5 m reduziert. Der Gutachter der Beigeladenen hat hierzu ausgeführt, dass aufgrund der Reduzierung der Austrittshöhe im unmittelbaren Nahbereich der Halle auf dem Betriebsgrundstück und einem nicht beurteilungsrelevanten nördlich gelegenen Flurstück höhere als die im Ausgangsantrag prognostizierten Immissionswerte auftreten könnten. Im Bereich der 200-400 m von der Halle entfernt gelegenen Immissionsorte sei dies aber nicht der Fall, auch wegen der Seltenheit der Emissionsereignisse (s. Schreiben der M. GmbH vom 14.8.2012, BA I Bl. 149 f., sowie Schriftsatz der Beigeladenen an das Verwaltungsgericht vom 2.10.2014 im Verfahren M 1 K 13.5659, S. 18 f.). Soweit die Kläger meinen, dass ihr Grundstück infolge der Absenkung der Hallenhöhe von stärkeren Emissionen bzw. Immissionen betroffen sei, sind sie den Ausführungen der Beigeladenen nicht substantiiert entgegengetreten. Die Berufung der Kläger auf Nr. 4.6.2.5 TA Luft, wonach bei Quellhöhen unter 20 m ein Gebiet von mindestens 1 km Radius zu betrachten sei, ist unbehelflich, weil sich insoweit durch die Tektur keine Änderung ergeben hat und die zitierte Vorschrift lediglich Emissionen erfasst, die aus Schornsteinen austreten, was hier nicht der Fall ist.
Darüber hinaus wurde mit der Tektur das Lichtband am Dachfirst der Halle aus gestalterischen Gründen verlängert. Insoweit ergibt sich aus der Verfahrens- und Betriebsbeschreibung, dass die Halle während des Häckselns zum Zweck der natürlichen Belüftung auf einer Fläche von ca. 30 m² in der West- oder Südfassade (Bereich Tore) und von je ca. 7-8 m² im Bereich der Nordfassade und des Daches geöffnet sein muss. Davon ausgehend war bereits nach der ursprünglichen Planung die Möglichkeit vorgesehen, die Halle im Bereich der Nordfassade und des Daches im Umfang von je 7 – 8 m² zu öffnen. Zwar enthält die ursprüngliche Planzeichnung keine Angaben zu Lüftungsöffnungen in den Lichtbändern; diese sind erst im tektierten Plan erwähnt, allerdings ohne Größenangabe. Dafür, dass die Lüftungsöffnungen mit der Tektur vergrößert worden seien, gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere kann das Lichtband nach den Angaben der Beigeladenen im Schriftsatz vom 2. Oktober 2014 im Verfahren M 1 K 13.5659 (S. 5, 18) entgegen der Annahme der Kläger auch nach der Tektur nicht auf seiner gesamten Länge geöffnet werden. Daher sind auch nachteilige Auswirkungen auf dem Grundstück der Kläger insoweit nicht zu besorgen (vgl. zur Berücksichtigung der Hallenöffnungen bei der Ermittlung der Emissionen der Anlage unten 3.2.2.2 und 3.3.2).
2.4 Fehler der Bekanntmachung des Genehmigungsbescheids, die deren Wirksamkeit beeinträchtigen würden, liegen nicht vor.
Die Bekanntmachung des Bescheids richtet sich nach § 10 Abs. 7 und Abs. 8 BImSchG 2013 i.V.m. § 21a Satz 2 der 9. BImSchV 2013. Der Bescheid war hier jedenfalls nach § 10 Abs. 7 Satz 2 BImSchG 2013 und nach § 21a Satz 1 der 9. BImSchV 2013 mit Blick auf die Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung öffentlich bekanntzumachen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des § 10 Abs. 8 BImSchG 2013 und wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrungin entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG 2013, d.h. im Amtsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen (§ 10 Abs. 8 Satz 2 BImSchG 2013). Eine Ausfertigung des gesamten Bescheides ist vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen (§ 10 Abs. 8 Satz 3 BImSchG 2013), weitere Hinweispflichten ergeben sich aus § 10 Abs. 8 Sätze 4 und 5 BImSchG 2013.
Die Beklagte veröffentlichte in ihrem Amtsblatt vom 30. Oktober 2013 eine Bekanntmachung, die den verfügenden Teil des Bescheids, die Rechtsbehelfsbelehrungsowie einen Hinweis auf Auflagen und die weiteren Hinweise nach § 10 Abs. 8 Sätze 4 und 5 BImSchG 2013 enthielt (vgl. BA II Bl. 29). Das Amtsblatt wurde nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung entgegen dem Vortrag der Kläger in Papierform veröffentlicht. Die Bekanntmachung wurde zusätzlich am 30. Oktober 2013 auf der Internetseite der Beklagten unter der Rubrik „amtliche Bekanntmachungen“ (vgl. BA II Bl. 28, 25) veröffentlicht. Die zusätzlich zur Papierform bereitgestellte Onlineausgabe des Amtsblattes, die nach dem klägerischen Vortrag erst zehn Tage nach der Veröffentlichung der Papierausgabe zur Verfügung stand, ist für die Ordnungsmäßigkeit der Bekanntmachung des Bescheides ohne Bedeutung; mit dem Erscheinen der Papierausgabe des Amtsblattes und der Veröffentlichung auf der Internetseite der Beklagten war die öffentliche Bekanntmachung des Bescheids ordnungsgemäß bewirkt.
Nachdem die Kläger am 13. Dezember 2013 und damit am letzten Tag der in der Bekanntmachung angegebenen Rechtsmittelfrist Klage erhoben haben, wären eventuelle Fehler der Bekanntmachung für sie zudem ohne Bedeutung, weil solche nur den Lauf der Rechtsmittelfristen hindern würden (vgl. Jarass, BImSchG, 13. Aufl. 2020, § 10 Rn. 135; Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2021, § 10 BImSchG Rn. 258 zur Zustellung des Bescheids).
3. Der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid für das nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BImSchG 2013 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1, Nr. 8.5.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV 2013 immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Vorhaben verletzt keine Rechte der Kläger (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er stellt sicher, dass bei dem klägerischen Wohnanwesen keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile und erheblichen Belästigungen hervorgerufen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013). Die von den Klägern als verletzt gerügten Regelungen zum Mindestabstand nach Nr. 5.4.8.5 TA Luft dienen nicht zur Konkretisierung der Pflicht zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013, sondern sind als Vorsorgeregelungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG 2013 nicht drittschützend (3.1). Weder durch Staubimmissionen (3.2) noch durch Geruchsimmissionen (3.3) noch durch Keimimmissionen (3.4) werden auf dem Grundstück der Kläger durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen. Dies gilt auch für eventuelle Immissionen, die von der Befeuchtung der Mieten mit Sickerwasser aus dem Sickerwasserspeicherbecken ausgehen könnten (3.5). Auf dem Grundstück der Kläger werden schädliche Umwelteinwirkungen auch nicht durch von der Anlage ausgehenden Lärm hervorgerufen (3.6). Bei der Prüfung der vorgenannten Gesichtspunkte bestehen keine Bedenken gegen die Verwertung der Inhalte der von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten, der ergänzenden Stellungnahmen des Gutachters in Verwaltungs- und verwaltungsgerichtlichen Verfahren sowie der Aussagen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Einholung eines „Obergutachtens“ bedurfte es daher nicht (3.7). Auch die weiteren Rügen der Kläger führen nicht zum Erfolg ihrer Klage (3.8).
3.1 Das Vorbringen der Kläger, der nach Nr. 5.4.8.5 TA Luft vorgesehene Mindestabstand zur Wohnbebauung sei nicht eingehalten und die Anlage hätte nach Nr. 5.4.8.5 TA Luft als geschlossene Anlage ausgeführt werden müssen, verhilft der Klage nicht zum Erfolg, weil diese Vorschriften keinen Drittschutz vermitteln. Im Übrigen hält das Vorhaben die sich aus den genannten Bestimmungen ergebenden Anforderungen auch ein.
Gemäß Nr. 5.4.8.5 Abs. 1 Satz 1 TA Luft in der Fassung vom 24. Juli 2002 (GMBl S. 511, nachfolgend: TA Luft 2002) sollen Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen nach Nr. 8.5 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV, wenn sie eine Durchsatzleistung von mindestens 3000 t pro Jahr haben, als geschlossene Anlagen einen Mindestabstand von 300 m (Buchst. a), als offene Anlagen einen Mindestabstand von 500 m (Buchst. b) zur nächsten vorhandenen Wohnbebauung nicht unterschreiten. Der Mindestabstand kann nach Satz 2 jedoch unterschritten werden, wenn die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen gemindert werden oder das geruchsbeladene Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung behandelt wird. Nach Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 Buchst. c Satz 3 TA Luft 2002 sind Anlagen bei einer Durchsatzleistung von 10.000 t je Jahr oder mehr geschlossen auszuführen.
3.1.1 Die Kläger können sich jedoch im Rahmen ihrer Drittanfechtungsklage auf Nr. 5.4.8.5 TA Luft 2002 nicht berufen, da es sich dabei nicht um eine nachbarschützende Vorschrift handelt, die ihnen eigene Rechte verleihen würde. Die Regelungen des 5. Abschnitts der TA Luft 2002 enthalten grundsätzlich Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG 2013, konkretisieren aber nicht die Schutzpflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2014 – 7 B 3.14 – juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 8.2.2012 – 8 B 1322.11 – juris Rn. 14; BayVGH, U.v. 26.7.2016 – 2 B 15.2392 – juris Rn. 42; Hansmann, NVwZ 2003, 266/269). Die Vorsorgepflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG 2013 hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Obergerichte grundsätzlich keine drittschützende Wirkung, weil diese Regelung nicht der Begünstigung eines individualisierbaren Personenkreises, sondern dem Interesse der Allgemeinheit daran dient, potentiell schädlichen Umwelteinwirkungen generell und auch dort vorzubeugen, wo sie keinem bestimmten Emittenten zuzuordnen sind (BVerwG, U.v. 11.12.2003 – 7 C 19.02 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 2.3.2020 – 22 ZB 18.893 – juris Rn. 28; U.v. 26.7.2016 – 2 B 15.2392 – juris Rn. 42). Nur ausnahmsweise – beim Fehlen entsprechender Immissionsgrenzwerte – sind in der Rechtsprechung Emissionsgrenzwerte aus dem 5. Abschnitt der TA Luft 2002, die der Minimierung gesundheitlicher Risiken dienen, als drittschützend angesehen worden (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2014 – 22 CS 14.739 – juris Rn. 38; VGH BW, U.v. 12.3.2015 – 10 S 1169.13 – juris Rn. 67). Für die Regelungen des 5. Abschnitts der TA Luft 2002 über Mindestabstände zwischen bestimmten Anlagen und der Wohnbebauung ist von der Rechtsprechung eine drittschützende Wirkung unter Verweis auf das Vorsorgegebot ausdrücklich verneint worden, so auch in Bezug auf Nr. 5.4.8.5 TA Luft 2002 (vgl. BVerwG, B.v. 22.5.2014 – 7 B 3.14 – juris Rn. 9; zum Mindestabstand nach Nr. 5.4.7.1 TA Luft 2002 OVG NW, B.v. 8.2.2012 – 8 B 1322.11 – juris Rn. 14; zum Mindestabstand nach Nr. 5.4.8.6 TA Luft 2002 BayVGH, U.v. 26.7.2016 – 2 B 15.2392 – juris Rn. 42). Nach dieser Rechtsprechung ist die Einhaltung der Mindestabstände nach der TA Luft 2002 zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 auftreten. Dies bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG 2013 nicht erfüllt, wenn die Mindestabstände nicht eingehalten werden (OVG NW, B.v. 8.2.2012 – 8 B 1392.11 – juris Rn. 14). Ein Anspruch der Kläger auf die Einhaltung eines bestimmten Mindestabstandes besteht mithin nicht.
3.1.2 Ungeachtet dessen sind die Anforderungen, die sich aus Nr. 5.4.8.5 TA Luft 2002 für die streitgegenständliche Kompostieranlage ergeben, hier eingehalten. Die streitgegenständliche Anlage, die eine Durchsatzleistung von mehr als 3000 t je Jahr hat, ist zwar keine (vollständig) geschlossene Anlage nach Nr. 5.4.8.5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a TA Luft 2002. Die Unterschreitung des Mindestabstandes für offene Anlagen nach Nr. 5.4.8.5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b TA Luft 2002 von 500 m war hier aber zulässig, weil die Emissionen an Geruchsstoffen durch primärseitige Maßnahmen i.S.d. Satzes 2 gemindert werden, nämlich im Wesentlichen durch die Abdeckung der Mieten mit einem Vlies und der Durchführung emissionsintensiver Arbeiten wie Häckseln und Sieben in einer teilgeschlossenen Halle. In dem lufthygienischen Gutachten ist die Verminderung der Geruchsemissionen durch die emissionsmindernden Maßnahmen im Einzelnen dargelegt (S. 49 ff., insbes. Abbildung 16 und 17). Auf eine Behandlung von geruchsbeladenem Abgas in einer Abgasreinigungseinrichtung kommt es nicht an, da diese Maßnahme nach Nr. 5.4.8.5 Abs. 1 Satz 2 TA Luft 2002 nur alternativ zu der Minderung von Geruchsemissionen durch primärseitige Maßnahmen heranzuziehen ist. Der Abstand des klägerischen Grundstücks von den besonders emissionsrelevanten Teilen der Anlage, hier den in der Mitte der Anlage befindlichen Mieten, beträgt im Übrigen ca. 300 m, wovon auch die Beklagte ausgeht; der Abstand zu der im Osten des Anlagengeländes befindlichen Halle ist noch größer. Die Kläger haben nicht näher erläutert, wie sich ihre Annahme eines Abstandes von 160 m zur nächsten Wohnbebauung begründet. Für die Ausführung der Anlage als geschlossene Anlage nach Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 Buchst. c Satz 3 TA Luft 2002 bestand kein Anlass, weil die Durchsatzleistung der Anlage unter 10.000 t je Jahr liegt. Dies ergibt sich aus dem Genehmigungsbescheid, der die Anlagenkapazität auf einen Jahresdurchsatz von 8000 t pro Jahr an Grünabfällen und 1000 t pro Jahr an Zuschlagstoffen für die Substratherstellung begrenzt. Soweit die Kläger meinen, die Berechnung des Gewichts des in der Anlage verarbeiteten Materials auf S. 22 des lufthygienischen Gutachtens sei falsch, ändert dies nichts an der nach dem Genehmigungsbescheid zugelassenen Anlagenkapazität. Eine von den Klägern behauptete Überschreitung dieser Kapazität wäre für die Rechtmäßigkeit des Bescheids nicht relevant, sondern eine Frage des Vollzugs der Genehmigung. Ungeachtet dessen haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Erfassung der Menge des angelieferten Materials anhand des Volumens erfolge. Das Material werde zunächst gehäckselt und weise dann einen sehr homogenen Charakter auf; im Anschluss daran werde es vermessen. Das Gewicht könne aufgrund der Homogenität des Materials anhand der Vermessung zuverlässig berechnet werden.
3.2 Die Anlage verursacht auf dem Grundstück der Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 durch Staubimmissionen. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staubimmissionen ist im 4. Abschnitt der TA Luft 2002 geregelt.
3.2.1 Nach Nr. 4.2.1 TA Luft 2002 ist der Schutz vor Gefahren für die menschliche Gesundheit durch Schwebestaub sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 TA Luft 2002 ermittelte Gesamtbelastung den in Tabelle 1 bezeichneten Immissionswert an keinem Beurteilungspunkt überschreitet. Der Immissionswert beträgt nach der Tabelle 1 40 µg/m³ im Jahr, 50 µg/m³ in 24 Stunden mit einer zulässigen Überschreitung von 35 µg/m³. Nach Nr. 4.3.1 der TA Luft 2002 ist der Schutz vor erheblichen Belästigungen oder erheblichen Nachteilen durch Staubniederschlag sichergestellt, wenn die nach Nr. 4.7 TA Luft 2002 ermittelte Gesamtbelastung den in Tabelle 2 bezeichneten Immissionswert an keinem Beurteilungspunkt überschreitet. Der Immissionswert für Staubniederschlag (nicht gefährdender Staub) beträgt hiernach 0,35 g/(m² x d) gemittelt über ein Jahr.
Nach Nr. 4.1 Abs. 4 Satz 1 Buchst. c TA Luft 2002 soll bei Schadstoffen, für die Immissionswerte in den Nrn. 4.2 bis 4.5 TA Luft 2002 festgelegt sind, die Bestimmung von Immissionskenngrößen wegen einer irrelevanten Zusatzbelastung (s. u.a. Nrn. 4.2.2 und 4.3.2 TA Luft 2002) entfallen. Zu diesen Schadstoffen gehören Schwebstaub (Immissionswert nach Nr. 4.2.1 TA Luft 2002) und Staubniederschlag (Immissionswert nach Nr. 4.3.1 TA Luft 2002). Bei einer irrelevanten Zusatzbelastung im vorgenannten Sinne kann nach Nr. 4.1 Abs. 4 Satz 2 TA Luft 2002 davon ausgegangen werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen durch die Anlage nicht hervorgerufen werden können, es sei denn, es liegen hinreichende Anhaltspunkte für eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft 2002 vor. Nach Nr. 4.2.2 Satz 1 Buchst. a i.V.m. Nr. 4.2.1 TA Luft 2002 ist eine Zusatzbelastung durch Schwebstaub irrelevant, wenn die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an einem Beurteilungspunkt 3 v.H. des Immissions-Jahreswertes nicht überschreitet. Nach Nr. 4.3.2 Buchst. a i.V.m. Nr. 4.3.1 TA Luft 2002 ist eine Zusatzbelastung durch Staubniederschlag irrelevant, wenn die Kenngröße für die Zusatzbelastung durch die Emissionen der Anlage an einem Beurteilungspunkt einen Wert von 10,5 mg/(m2 x d) – gerechnet als Mittelwert für das Jahr – nicht überschreitet.
Das Gutachten legt auf S. 47 in Tab. 13 und 14 dar, dass an dem dem klägerischen Grundstück am nächsten liegenden BP 1 die vorgenannte Irrelevanzschwelle sowohl für Schwebstaub als auch für Staubniederschlag nicht überschritten wird. Danach liegt die Immissions-Jahreszusatzbelastung durch Schwebstaub am BP 1 bei 0,08 µg/m3 und damit bei 0,2% des Immissionswertes von 40 µg/m3. Die Immissions-Jahreszusatzbelastung durch Staubniederschlag liegt am BP 1 bei 0,18 mg/(m2 x d). Aufgrund dessen war nach Nr. 4.1 Abs. 4 TA Luft 2002 die Bestimmung weiterer Immissionskenngrößen, insbesondere der Immissions-Stunden-Zusatzbelastung und Immissions-Tages-Zusatzbelastung, entbehrlich. Es konnte vielmehr davon ausgegangen werden, dass schädliche Umwelteinwirkungen insoweit durch die Anlage nicht hervorgerufen werden können. Darüber hinaus ergibt sich aus der Ermittlung der Immissions-Jahreszusatzbelastung in Bezug auf Schwebstaub, dass der nach Nr. 4.2.1 Tabelle 1 TA Luft 2002 vorgesehene Immissionswert von 40 µg/m3 gemittelt über ein Jahr bei weitem nicht erreicht wird; Gleiches gilt für den über ein Jahr gemittelten Immissionswert für Staubniederschlag von 0,35 g/(m2 x d) nach Nr. 4.3.1 Tabelle 2 TA Luft 2002.
3.2.2 Es ist entgegen dem Vortrag der Kläger nicht ersichtlich, dass die vorgenannten Ergebnisse der Immissionsprognose deshalb fehlerhaft wären, weil bestimmte Emissionsquellen der Anlage nicht oder nicht korrekt erfasst worden wären (3.2.2.1 bis 3.2.2.4); auch die verwendeten meteorologischen Daten sind nicht zu beanstanden (3.2.2.5).
3.2.2.1 Das lufthygienische Gutachten berücksichtigt nicht nur die von ruhenden Mieten ausgehenden Staubemissionen, sondern auch die bei Bewegung der Rottemasse entstehenden. Dies ergibt sich aus Kapitel 6.1 „Staubemissionen“ des lufthygienischen Gutachtens, das auf S. 28 in der Tab. 6 eine Abschätzung der Staubemissionen durch Umschlagvorgänge enthält. Zu den dort erfassten Umschlagvorgängen gehören u.a. die Aufgabe von Rottegut auf die Rotte, die Aufnahme von Rottegut mit einem Umsetzer sowie der Materielabwurf vom Umsetzer auf die Rotte. Damit haben sich die Kläger nicht substantiiert auseinandergesetzt. Soweit sie auf die Abbildungen 15 – 21 des Gutachtens verweisen, sind dort jeweils die Immissionen mit und ohne emissionsmindernde Maßnahmen dargestellt, nicht aber die bei der Ausbreitungsrechnung berücksichtigten Emissionsquellen.
3.2.2.2 Es trifft weiter nicht zu, dass die Halle für Häckseln und Sieben bei der Ermittlung der Emissionen als geschlossene Halle betrachtet worden wäre.
Das lufthygienische Gutachten geht auf S. 31 mit Blick auf Staubemissionen von der teilgeschlossenen Ausführungsvariante der Halle aus. Die teilgeschlossene Ausführungsvariante ergibt sich bereits aus der den Antragsunterlagen beigefügten Verfahrens- und Betriebsbeschreibung (S. 3), wonach die Halle zum Zweck der natürlichen Belüftung während des Häckselns auf einer Fläche von ca. 30 m² in der West- oder Südfassade (Bereich Tore) und von je ca. 7 – 8 m² im Bereich der Nordfassade und des Daches geöffnet bleiben muss. Die Berücksichtigung der Staubemissionen unter Zugrundelegung bestimmter Emissionsfaktoren folgt aus Tabelle 9 auf S. 32 des Gutachtens.
3.2.2.3 Auch wurde die Fertigkompostlagerfläche bei der Ermittlung der Staubemissionen berücksichtigt. Dies folgt aus den Ausführungen zu den Emissionen durch Lagervorgänge im Freien auf S. 31 des Gutachtens. Die Emissionen wurden auch anhand der tatsächlichen Grundfläche des Fertigkompostlagers berechnet, die nach der Verfahrens- und Betriebsbeschreibung (BA IV Anlage 3 S. 2) 2.646 m² beträgt; dem entspricht die Darstellung auf S. 21 des lufthygienischen Gutachtens. Soweit auf S. 31 des Gutachtens von einer Gesamtoberfläche von 660 m² für das Kompostlager die Rede ist, hat der Gutachter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof erklärt, es handele sich hierbei um einen Übertragungsfehler; bei der Berechnung der Emissionen sei von der genehmigten Grundfläche ausgegangen worden. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten.
Zudem kommt das lufthygienische Gutachten auf S. 31 zu dem Ergebnis, dass Staubabwehungen von der Fertigkompostlagerfläche und von dem Substratmateriallager insbesondere aufgrund der geringen Häufigkeiten von höheren Windgeschwindigkeiten zu Emissionsanteilen von < 0,01 kg/h führen. Diese Emissionen seien gegenüber den Umschlagemissionen von untergeordneter Bedeutung und würden nicht weiter berücksichtigt. Dies beanstanden die Kläger; sie legen jedoch nicht dar, aus welchen Gründen diese Vorgehensweise nicht sachgerecht wäre. Dafür liegen auch keine Anhaltspunkte vor.
3.2.2.4 In der mündlichen Verhandlung führte die Klägerin weiterhin aus, es seien von dem lufthygienischen Gutachten bei den Emissionsquellen zu Unrecht nur Punktquellen, aber keine Volumenquellen berücksichtigt worden. Der Gutachter der Beigeladenen hat hierzu erklärt, die Lage der Emissionsquellen ergebe sich aus Kapitel 6.4 des Gutachtens und der Abbildung 8. Dort seien neben Punktquellen auch Volumenquellen und Linienquellen (Fahrwege) zugrunde gelegt worden, was sich aus der verschiedenfarbigen Kennzeichnung ergebe; dies sei entsprechend in die Ausbreitungsrechnung eingegangen. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
3.2.2.5 Die dem lufthygienischen Gutachten zugrunde gelegten meteorologischen Daten erfüllen die sich aus den maßgeblichen Vorschriften ergebenden Anforderungen.
Nach Nr. 8.1 des Anhangs 3 zur TA Luft 2002 sollen die bei der Ausbreitungsrechnung verwendeten meteorologischen Daten für den Standort der Anlage charakteristisch sein. Liegen keine Messungen am Standort der Anlage vor, sind Daten einer geeigneten Station des Deutschen Wetterdienstes oder einer anderen entsprechend ausgerüsteten Station zu verwenden. Die Übertragbarkeit der Daten auf den Standort der Anlage ist zu prüfen. Diesbezüglich existiert seit März 2017 die VDI-RL 3783 Blatt 20 „Umweltmeteorologie – Übertragbarkeitsprüfung meteorologischer Daten zur Anwendung im Rahmen der TA Luft“, auf deren Anforderungen die Kläger sich berufen. Ungeachtet der Frage der Verbindlichkeit dieser Richtlinie konnte diese aufgrund ihres Erscheinungsdatums bei der Erstellung des Gutachtens nicht berücksichtigt werden und ist daher für die der Ausbreitungsrechnung zugrundezulegenden meteorologischen Daten nicht maßgeblich. Der Gutachter der Beigeladenen hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof erläutert, die bei der Ausbreitungsrechnung im lufthygienischen Gutachten verwendeten Daten der Wetterstation Taufkirchen aus dem Jahr 1999 seien charakteristisch für den Standort der Anlage, weil die Windrose im Bayerischen Windatlas im Wesentlichen den Daten aus der Messstation in Taufkirchen entspreche. Dem sind die Kläger nicht entgegengetreten. Soweit sie meinen, entgegen der Aussagen des Gutachtens brächten Ostwinde erhebliche Immissionen von der Anlage zu ihrem Grundstück, steht dies im Widerspruch zu Abbildung 3 des Gutachtens (S. 19) zur Windrichtungshäufigkeitsverteilung der DWD-Station Taufkirchen bei M. für das Jahr 1999, aus der sich – bei angenommener Übertragbarkeit auf den Anlagenstandort – ergibt, dass der Wind ganz überwiegend aus südwestlichen bis westlichen Richtungen (im Gutachten als Hauptmaximum bezeichnet) und nur zu geringen Anteilen aus östlichen Richtungen (im Gutachten als Sekundärmaximum bezeichnet) kommt. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
3.2.3 Auf die von den Klägern weiter thematisierte Einhaltung von Grenzwerten für Staubimmissionen an Arbeitsplätzen kommt es hier nicht an; maßgeblich für den Schutz von Nachbarn vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Staub, die von Anlagen wie der streitgegenständlichen ausgehen, ist insoweit vielmehr die TA Luft 2002.
Entgegen dem Vorbringen der Kläger musste das lufthygienische Gutachten keine Angaben zu Gesamtstaub und Feinstaubanteilen enthalten. Zwar beziehen sich die Immissionswerte für Schwebstaub und Staubniederschlag in den Nrn. 4.2.1 und 4.3.1 TA Luft 2002 jeweils auf die Gesamtbelastung, die aus der Summe aus Vorbelastung und Zusatzbelastung zu ermitteln ist. Da vorliegend die Zusatzbelastung die Irrelevanzschwelle aber nicht überschreitet (s.o. 3.2.1), war die Ermittlung der Vorbelastung und der Gesamtbelastung entbehrlich (Nr. 4.1 Abs. 4 Satz 1 Buchst. c TA Luft 2002). Woraus sich eine Verpflichtung zur Angabe von Feinstaubanteilen ergeben soll, erläutern die Kläger nicht. Soweit sie sich auf Nr. 5.2 TA Luft 2002 beziehen sollten, handelt es sich angesichts der Zugehörigkeit zum 5. Abschnitt der TA Luft 2002 und damit zu Vorsorgeregelungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG 2013 nicht um eine drittschützende Vorschrift (s.o. 3.1.1).
3.3 Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 für das Grundstück der Kläger sind auch nicht durch Geruchsimmissionen zu befürchten.
Zu den schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG 2013 rechnen auch Geruchsbelästigungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. etwa BVerwG, B.v. 4.12.2018 – 4 B 3.18 – juris Rn. 6; U.v. 21.12.2011 – 4 C 12.10 – BVerwGE 141, 293 – juris Rn. 22). Ist die Schwelle der Erheblichkeit wie hier nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift (vgl. Nr. 1 Abs. 3 TA Luft 2002) bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen darf auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) als Orientierungshilfe zurückgegriffen werden (BVerwG, B.v. 4.12.2018 – 4 B 3.18 – a.a.O.; U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 – juris Rn. 12); dies gilt unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt ist (BVerwG, U.v. 21.12.2011 – 4 C 12.10 – BVerwGE 141, 293 – juris Rn. 22). Die GIRL (hier in der Fassung vom 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008) stellt hingegen keine Rechtsquelle dar. Sie ist ein technisches Regelwerk, dessen Werte auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Experten beruhen und das insoweit die Bedeutung eines antizipierten generellen Sachverständigengutachtens hat (vgl. BVerwG, B.v. 5.8.2015 – 4 BN 28.15 – juris Rn. 5 m.w.N.). Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine grundsätzlich hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 23.2.2021 – 15 CS 21.403 – juris Rn. 87; B.v. 26.11.2020 – 9 N 17.2367 – juris Rn. 34). Maßgeblich bleibt dennoch stets die umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (BVerwG, B.v. 4.12.2018 – 4 B 3.18 – juris Rn. 6; U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 27.3.2014 – 22 ZB 13.692 – juris Rn. 9).
3.3.1 Nach Nr. 3.1 der GIRL ist eine Geruchsimmission in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung die in Tabelle 1 angegebenen Immissionswerte überschreitet. Nach der Tabelle 1 gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert von 0,10 (dies entspricht 10% der Jahresgeruchsstunden). Im vorliegenden Genehmigungsverfahren hatte die Genehmigungsbehörde die Vorgabe gemacht, für das im Westen der streitgegenständlichen Anlage befindliche Wohngebiet West, in dem sich der IO 1 befindet, zugunsten der Wohnbevölkerung einen reduzierten Immissionswert von 0,04 (= 4% der Jahresgeruchsstunden) anzuwenden (s. das lufthygienische Gutachten, S. 9).
Das lufthygienische Gutachten hat für den dem Grundstück der Kläger am nächsten gelegenen IO 1 ohne die primärseitigen Geruchsminderungsmaßnahmen an der Anlage (Abdeckung Mieten, Häckseln und Sieben in der teilgeschlossenen Halle) eine Zusatzbelastung von 5,1% ermittelt, mit den geplanten Geruchsminderungsmaßnahmen eine Zusatzbelastung von 3,7% (S. 49). Aus den Abbildungen 16 und 17 des Gutachtens (S. 50 f.) ergibt sich, dass am Grundstück der Kläger mit den geplanten Geruchsminderungsmaßnahmen eine Zusatzbelastung von maximal 4% auftritt, ohne Geruchsminderungsmaßnahmen eine Zusatzbelastung von 5 – 6%.
3.3.2 Die Kläger haben nicht dargelegt und es ist nicht ersichtlich, dass die Geruchsemissionsquellen bei der Ausbreitungsrechnung nicht zutreffend berücksichtigt worden wären. Wie bei den Staubemissionen und -immissionen (s.o. 3.2.2.1) wurden auch beim Geruch Emissionen erfasst, die von der Bewegung der Mieten ausgehen (vgl. das lufthygienische Gutachten, Kapitel 6.2 „Geruchsemissionen“, S. 32 f., woraus sich ergibt, dass das Aufsetzen und Umsetzen der Rotte als Emissionsquelle einbezogen wurde). Zudem wurden als Geruchsemissionsquellen neben den bereits genannten Umschlagvorgängen (Gutachten S. 32) auch Transportvorgänge (Gutachten S. 33), Lagervorgänge (Gutachten S. 33) sowie die Materialaufbereitung in der teilgeschlossenen Halle (Gutachten S. 34) berücksichtigt. Bezüglich der teilgeschlossenen Ausführung der Halle wird auf 3.2.2.2 verwiesen. Auch das Fertigkompostlager wurde bei der Ermittlung der Geruchsemissionen einbezogen (s. Gutachten S. 33, „Lagervorgänge im Freien“). Bezüglich der Größe des Fertigkompostlagers wird auf 3.2.2.3 verwiesen. Auch ist nicht ersichtlich, dass der Ausbreitungsrechnung in Bezug auf Geruchsimmissionen unzutreffende meteorologische Daten zugrunde lägen (s.o. 3.2.2.5).
3.3.3 Die nach dem Gutachten ermittelte Zusatzbelastung an Geruchsimmissionen auf dem Grundstück der Kläger von maximal 4% entspricht nach Angaben des Gutachters der Beigeladenen der Gesamtbelastung, da es an relevanten Vorbelastungen fehle (Schreiben der M. GmbH vom 20.3.2014, S. 8, vorgelegt von der Beigeladenen als Anlage zum Schriftsatz vom 24.4.2014 im Verfahren M 1 K 13.5659). Gegen diese Einschätzung ist nichts zu erinnern. Soweit die Kläger insoweit auf die Autobahn A8 verweisen, ist zu berücksichtigen, dass die GIRL nach deren Nr. 3.1 nur für Gerüche gilt, die aus Anlagen herrühren und gegenüber Gerüchen aus dem Kfz-Verkehr abgrenzbar sind. Bezüglich des Anlagenbegriffs kann auf die Legaldefinition in § 3 Abs. 5 BImSchG zurückgegriffen werden. Nach § 3 Abs. 5 Nr. 3 BImSchG 2013 sind öffentliche Verkehrswege ausdrücklich von den Anlagen ausgenommen und fallen daher nicht in den Anwendungsbereich der GIRL. Der Kraftfahrzeugverkehr, der von einem öffentlichen Verkehrsweg ausgeht, kann daher keine im Sinne der GIRL relevante Vorbelastung begründen. Die Kläger haben auch unabhängig davon nicht weiter dargelegt, dass von der von ihrem Grundstück etwa 150 m entfernt liegenden Autobahn A8 für dieses eine relevante Geruchsvorbelastung ausginge.
Geht man vor diesem Hintergrund davon aus, dass die in dem Gutachten ermittelte Zusatzbelastung an Geruchsimmissionen mangels Bestehens einer Vorbelastung der Gesamtbelastung entspricht, so ist der Immissionswert nach der GIRL von 10% der Jahresgeruchsstunden am Grundstück der Kläger unter Berücksichtigung der Emissionsminderungsmaßnahmen an der Anlage ohne weiteres eingehalten. Selbst der von der Genehmigungsbehörde gewünschte Wert von 4%, dem keine drittschützende Wirkung zukommen kann, ist eingehalten. Soweit die Kläger einen Fehler des Gutachtens darin zu erkennen meinen, dass in Tabelle 15 auf S. 49 des Gutachtens für das Wohngebiet West (BP 1) ein vorgeschlagener Immissionswert von 10% der Jahresstunden angegeben ist, entspricht dies zum einen der GIRL und ändert zum anderen nichts daran, dass die tatsächliche Zusatzbelastung durch die Anlage auch auf ihrem Grundstück nicht über 4% liegt.
3.3.4 Soweit sich die Kläger auf fehlende Angaben zur Geruchsstoffkonzentration berufen, nehmen sie wohl Bezug auf Nr. 5.4.8.5 Abs. 4 TA Luft 2002, wonach bei Anlagen mit einer Durchsatzleistung von 10.000 t je Jahr oder mehr die Emissionen an geruchsintensiven Stoffen im Abgas die Geruchsstoffkonzentration 500 GE/m3 nicht überschreiten dürfen. Sie machen insoweit wiederum ohne Erfolg die Verletzung einer nicht drittschützenden Vorschrift geltend. Im Übrigen ist die Regelung schon deshalb nicht einschlägig, weil die Anlage nur eine Durchsatzleistung von 8000 t je Jahr hat.
3.3.5 Der Einwand der Kläger, die Geruchsstoffströme seien mit Blick auf die Jahreszeiten, in denen hauptsächlich kompostiert werde, falsch berechnet, ist nicht stichhaltig. Nach dem lufthygienischen Gutachten (Kap. 6.2.5, S. 34) ist bei der Geruchsimmissionsprognose durch Ansatz bestimmter Faktoren berücksichtigt worden, dass der Großteil des Materials von Oktober bis März verarbeitet wird. Dies entspricht den Antragsunterlagen, wonach 70% der Jahresmenge der zu verarbeitenden Abfälle in den Monaten Oktober bis März anfällt (Anlagenbeschreibung S. 3, BA IV Bl. 45). Soweit die Kläger meinen, dies werde beim Betrieb der Anlage so nicht umgesetzt, wäre dies keine Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides, sondern des Vollzuges. Dass tatsächlich auf ihrem Grundstück höhere Geruchsimmissionen auftreten, als im Gutachten unter Berücksichtigung der Hauptkompostierzeiten errechnet wurde, haben die Kläger im Übrigen nicht dargelegt.
3.4 Es lässt sich weiterhin nicht feststellen, dass durch andere luftgetragene Schadstoffe biologischer Herkunft (Bioaerosole bzw. Keime) schädliche Umwelteinwirkungen auf dem Grundstück der Kläger zu befürchten sind.
3.4.1 Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die immissionsschutzrechtliche Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 als Instrument der Gefahrenabwehr nur eingreift, wenn die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts besteht. Sie dient der Abwehr erkannter Gefahren und der Vorbeugung gegenüber künftigen Schäden, die durch solche Gefahren hervorgerufen werden können. Daran fehlt es bei Ungewissheit über einen Schadenseintritt. Potentiell schädliche Umwelteinwirkungen, ein nur möglicher Zusammenhang zwischen Emissionen und Schadenseintritt oder ein generelles Besorgnispotential können Anlass für Vorsorgemaßnahmen sein, sofern diese nach Art und Umfang verhältnismäßig sind. Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG 2013 erfasst mithin mögliche Schäden, die sich deshalb nicht ausschließen lassen, weil nach dem derzeitigen Wissensstand bestimmte Ursachenzusammenhänge weder bejaht noch verneint werden können (BVerwG, U.v. 11.12.2003 – 7 C 19.02 – juris Rn. 12; OVG LSA, U.v. 6.7.2016 – 2 L 84.14 – juris Rn. 266).
Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der Oberverwaltungsgerichte geht einhellig davon aus, dass der derzeitige Kenntnisstand von Umwelthygiene und Umweltmedizin keine hinreichend sicheren Aussagen über die Gefährlichkeit von Immissionen durch Bioaerosole für Menschen zulässt. Ausbreitung und kausale Verursachungszusammenhänge sind insoweit nicht hinreichend bekannt. Deshalb kann auch keine Wirkschwelle angegeben werden, oberhalb derer mit Gesundheitsschäden bei Menschen zu rechnen ist; die von Bioaerosolen ausgehende potentielle Gefährdung überschreitet nicht den Grad eines generellen Besorgnispotentials (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.2014 – 7 B 27.14 – juris Rn. 16; U.v. 23.7.2015 – 7 C 10.13 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 27.3.2014 – 22 ZB 13.692 – juris Rn. 21; B.v. 2.3.2020 – 22 ZB 18.893 – juris Rn. 39; OVG LSA, U.v. 6.7.2016 – 2 L 84.14 – juris Rn. 267, OVG NW, B.v. 31.3.2016 – 8 B 1341.15 – juris Rn. 95). Dem entspricht es, dass die TA Luft 2002 im Hinblick auf Bioaerosole Immissions- oder Emissionswerte, auf deren Einhaltung die Kläger einen Anspruch haben könnten, nicht vorsieht; auch enthält sie in Bezug auf Bioaerosole kein Emissionsminderungsgebot. Die TA Luft 2002 sieht mit Blick auf Anlagen zur Erzeugung von Kompost aus organischen Abfällen lediglich in Nr. 5.4.8.5 Abs. 5 vor, dass die Möglichkeiten, die Emissionen an Keimen und Endotoxinen durch dem Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zu vermindern, zu prüfen sind. Vor diesem Hintergrund ist die Vermeidung oder Senkung von Bioaerosol-Konzentrationen nicht den drittschützenden Betreiberpflichten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013, sondern den Vorsorgeanforderungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG 2013 zuzuordnen (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.2014 – 7 B 27.14 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 27.3.2014 – 22 ZB 13.692 – juris Rn. 21; B.v. 2.3.2020 – 22 ZB 18.893 – juris Rn. 39; OVG LSA, U.v. 6.7.2016 – 2 L 84.14 – juris Rn. 267, OVG NW, B.v. 31.3.2016 – 8 B 1341.15 – juris Rn. 95). Auf deren Einhaltung hat der Nachbar grundsätzlich keinen Anspruch (s.o. 3.1.1).
3.4.2 Angesichts fehlender Immissions- und Emissionswerte in der TA Luft 2002 käme allenfalls eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft 2002 in Bezug auf Bioaerosole in Betracht, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestünden, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen auf dem Grundstück der Kläger hervorgerufen werden könnten (vgl. OVG NW, B.v. 31.3.2016 – 8 B 1341.15 – juris Rn. 93 ff.; BVerwG, B.v. 20.11.2014 – 7 B 27.14 – juris Rn. 16). An solchen Anhaltspunkten fehlt es hier aber nicht nur angesichts nicht ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Gesundheitsgefährdung von Bioaerosolen (s.o. 3.4.1), sondern auch unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalles.
3.4.2.1 Das von der Beigeladenen eingeholte lufthygienische Gutachten der M. GmbH hat sich ausführlich mit von der Anlage ausgehenden möglichen Keimemissionen und -immissionen beschäftigt. In dem Gutachten wird erläutert, dass unter den Begriff der zu prüfenden Bioaerosole (Keime) sowohl Pilze (Sporen, Pilzfragmente, Mykotoxine) als auch Bakterien (inklusive Endotoxine), Viren und Pollen gefasst werden. Das Gutachten beschreibt im Kapitel 2.4 die Vorgehensweise zur Beurteilung von Bioaerosolen. Dazu wurden orientierende Keimemissions- und -immissionsmessungen an der bestehenden Kompostieranlage an der H. straße in Anlehnung an die VDI-RL 4251 Blatt 1 durchgeführt. Die gemessenen Daten wurden anhand von Literaturdaten validiert und daraus Emissionsansätze für die geplante Anlage abgeleitet. Auf dieser Basis wurde eine Immissionsprognose für die geplante Anlage erstellt und die prognostizierte Zusatzbelastung durch Keimimmissionen an den Beurteilungspunkten im Jahresmittelwert, Tagesmittelwert und Stundenmittelwert ermittelt (S. 53, Tab. 16 und 17). Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis (S. 53), dass die Zusatzbelastung durch Keime im Jahresmittel mit 5 – 25 KBE/m3 weit unterhalb des natürlichen Schwankungsbereichs des Hintergrundniveaus liege. Diese Einschätzung gelte auch für die Tagesmittelwerte und den Stundenmittelwert mit 24 Überschreitungen. Lediglich der maximale Stundenmittelwert bewege sich in einem Bereich, der als technischer Richtwert für Beschäftigte vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe vorgeschlagen werde. Bei Kompostwerkern, die entsprechenden Konzentrationen regelmäßig ausgesetzt seien, sei aber keine signifikante Erhöhung von auf diese Keimexposition zurückzuführenden Krankheiten beobachtet worden. Für den BP 1 hat das Gutachten einen maximalen Stundenmittelwert von 10.550 KBE/m3 prognostiziert (S. 53, Tabelle 16). Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieser Wert als maximaler Wert nur einmal im Jahr zu erwarten ist.
Die Vorgehensweise sowie die Bewertung der Ergebnisse des Gutachtens sind auch unter Berücksichtigung des Leitfadens zur Ermittlung und Bewertung von Bioaerosol-Immissionen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft für den Immissionsschutz vom 31. Januar 2014 nicht zu beanstanden. Dieser Leitfaden kann zwar aufgrund seines Erscheinungsdatums keine unmittelbare Bedeutung für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides haben. Seine Vorgaben wären hier aber eingehalten. Der Leitfaden dient dazu, eine einheitliche Methodik für die Prüfung von Bioaerosolminderungsmaßnahmen nach Nr. 5.4.8.5 TA Luft 2002 und für die Prüfung, ob in Bezug auf Bioaerosolimmissionen eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft 2002 erforderlich ist, zu entwickeln. Nach dem Leitfaden ist im Rahmen der Prüfung, ob eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft 2002 erforderlich ist, in einem 3. Schritt die prognostizierte Belastung mit Orientierungswerten zu vergleichen, die sich aus Tabelle 1 (S. 7) ergeben. Diese sieht für bestimmte Pilze im Abfallbereich Orientierungswerte im Jahresmittel zwischen 150 und 900 KBE/m3 vor. Sind die Orientierungswerte nicht eingehalten, erfolgt eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft 2002. Vorliegend sind die genannten Orientierungswerte – unabhängig von der konkreten Pilzart – mit dem Jahresmittelwert von 10 KBE/m3 am BP 1 ohne weiteres eingehalten, so dass keinerlei Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Sonderfallprüfung und damit für das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen bestehen.
3.4.2.2 Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich nicht, dass entgegen den Feststellungen im lufthygienischen Gutachten in Bezug auf Bioaerosole eine Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft 2002, ob schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können, durchzuführen gewesen wäre.
Nach Kapitel 6.3 des Gutachtens „Keimemissionen“ wurde entgegen der Annahme der Kläger bei der Ermittlung der Emissionsquellen die Anlage nicht nur im Ruhezustand berücksichtigt (s. die Angaben auf S. 37 zum Umsetzen des Materials und zum Aufsetzen der Mieten); auch wurden die Emissionen der Halle für Häckseln und Sieben erfasst. So wird auf S. 37 des lufthygienischen Gutachtens in Bezug auf Keimemissionen ausgeführt, dass das Sieben und Häckseln in der Halle zu einer 50%igen Minderung der Emissionen führe, was bei einer vollständig geschlossenen Halle nicht plausibel wäre. Zudem wird ebenfalls auf S. 37 das Häckseln von gemischtem Material als emissionsrelevanter Vorgang aufgeführt; dabei ist angegeben, dass jeweils 12.500.000 KBE/h an Keimemissionen in Bezug auf Tor und Lichtband entstehen. Schließlich wurde auch das Kompostfertiglager erfasst (s. die Angaben zum Kompostfertiglager auf S. 37 f. des Gutachtens).
Für die Auffassung der Kläger, es müsse auf ihrem Grundstück durchgehend ein Wert von 5 – 25 KBE/m3 eingehalten werden, gibt es sowohl nach den Ausführungen des Gutachtens als auch unter Berücksichtigung des LAI-Leitfadens keine Grundlage. Soweit sie sich auf einen Wert von 44.980 KBE/m3 am BP 6 beziehen, wurde dieser Wert nicht für die Anlage in der geplanten Ausgestaltung prognostiziert, sondern für eine offene Anlage ohne emissionsmindernde Maßnahmen (S. 53, Tabelle 17), die weder beantragt noch genehmigt wurde. Darüber hinaus können sich die Kläger auf Immissionswerte am BP 6 nicht berufen, der anders als ihr Grundstück im Nordosten der Anlage liegt. Soweit die Kläger auf die Aussage auf S. 9 des LAI-Leitfadens (zur Sonderfallprüfung nach Nr. 4.8 TA Luft 2002) Bezug nehmen, wonach eine Überschreitung des Orientierungswertes für einen Bioaerosol-Leitparameter um den Faktor 2 bis 3, jedoch maximal ein Wert von 10³ KBE/m3 als sehr kritisch zu bewerten sei, ist dies für den vorliegenden Fall ohne Relevanz, weil sich diese Aussage auf das Ergebnis einer durchgeführten Sonderfallprüfung bezieht und – wie oben ausgeführt – es sich bei den Orientierungswerten um Jahresmittelwerte handelt, die hier bei weitem unterschritten werden. Angesichts dessen ist auch nicht erkennbar, dass der technische Kontrollwert nach den technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe 214 von 50.000 KBE/m3 als Summenwert für mesophile Schimmelpilze hier nicht vergleichend herangezogen werden dürfte, ganz abgesehen davon, dass am BP 1 nur bis zu 10.550 KBE/m3 erreicht werden.
Soweit die Kläger schließlich die an der vorherigen Kompostieranlage an der H. straße durchgeführten Vergleichsmessungen aus verschiedenen Gründen bemängeln, begründet dies keine Anhaltspunkte dafür, dass durch die Anlage schädliche Umwelteinwirkungen am Grundstück der Kläger hervorgerufen werden können. Die Kläger haben angesichts dessen, dass für die Ermittlung von Keimemissionen und -immissionen keinerlei normative Vorgaben existieren, keinen Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten fachlichen Methodik. Dass die Ergebnisse der Messungen von vornherein nicht plausibel seien, haben sie nicht dargelegt.
3.5 Weiterhin sind schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 auf dem Grundstück der Kläger auch nicht durch die Befeuchtung der Mieten mit Sickerwasser aus dem Sickerwasserspeicherbecken zu befürchten.
3.5.1 Erhebliche Geruchsbelästigungen sind durch die Auflage Nr. 3.2.12 des angefochtenen Bescheides ausgeschlossen, wonach das beim Kompostiervorgang anfallende Prozess- und/oder Sickerwasser nur dann zum Befeuchten des Kompostes verwendet werden darf, wenn Geruchsbelästigungen vermieden werden und der Hygienisierungsablauf nicht beeinträchtigt wird. Die Auflage entspricht im Übrigen der Nr. 5.4.8.5 Abs. 2 Buchst. d TA Luft 2002.
3.5.2 Soweit die Kläger Keimimmissionen durch die Befeuchtung der Mieten mit Sickerwasser auf ihrem Grundstück befürchten, ist zunächst auf die Ausführungen unter 3.4.1 zu verweisen, wonach die drittschützende Betreiberpflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 eine Pflicht zur Vermeidung oder Senkung von Bioaerosol-Konzentrationen nicht umfasst.
Auch ungeachtet dessen bestehen aber keine Anhaltspunkte für die Entstehung schädlicher Umwelteinwirkungen, die allenfalls nach Nr. 4.8 TA Luft 2002 relevant sein könnten.
So haben die Beklagte und die Beigeladene mehrfach vorgetragen, dass das Wasser mit einem Schlauch schwallartig über den Rotten verteilt wird und es nicht zu einer Vernebelung des Wassers in kleinen Tröpfchen kommt. Dem sind die Kläger mit ihren Behauptungen zur technischen Unmöglichkeit des Verfahrens nicht substantiiert entgegengetreten.
Weiter ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten und der Beigeladenen sowie aus dem Lageplan, dass in das Sickerwasserbecken das gesamte anfallende Niederschlagswasser der befestigten Fläche einläuft, mit Ausnahme des Bereichs an der östlichen Grundstücksgrenze mit Ein- und Ausfahrt zur Halle. Darüber hinaus entsteht beim Rotteprozess Prozesswasser, das ebenfalls in das Sickerwasserbecken fließt. Die Beklagte hat weiter vorgetragen, auf der Anlage würden keine Desinfektionsmittel und Chemikalien eingesetzt, keine Reinigungsarbeiten mit wassergefährdenden Flüssigkeiten vorgenommen. Tiere oder Tierkadaver könnten nicht in das Becken gelangen. Die Flächen und Fahrwege auf der Anlage würden mit Trinkwasser gereinigt.
Soweit die Kläger meinen, die zu verarbeitenden Grünabfälle seien verunreinigt und in das Sickerwasser könnten daher Schadstoffe gelangen, sieht der Bescheid in Auflage Nr. 4.1.3 vor, dass in den angelieferten Abfällen enthaltene Störstoffe, die bei der Kompostierung zu einer Schadstoffanreicherung führen können (z.B. Eisen- und Nichteisenmetalle, Kunststoff, kontaminierte Holzabfälle etc.), vor der weiteren Verarbeitung auszusortieren und ordnungsgemäß zu entsorgen sind. Hierzu sind geeignete mechanische Trenneinrichtungen (z.B. Siebanlage) oder eine manuelle Sortierung vorzusehen. Warum dem Anliegen der Kläger damit nicht Rechnung getragen sein sollte, haben sie nicht dargelegt.
Die Beigeladene hat ergänzend ausgeführt, die Behauptung der Kläger, dass sich durch die Sickerwasserverwendung das Keimspektrum der Kompostierung, vor allem der potentiellen „Krankheitserreger“, verändere, sei fachlich unbegründet. Zum einen sei das aerob bzw. fakultativ aerob geprägte Keimspektrum einer Kompostierung sehr stabil, zum anderen sei das Sickerwasserspektrum überwiegend identisch mit dem Kompostspektrum, da das Sickerwasser aus dem Kompost (+Input)-Material resultiere. Selbst bei Eintrag „betriebsfremder Keime“ sei sowohl über das etablierte Kompostspektrum als auch über die Hygienisierung sichergestellt, dass kein relevant „geändertes Keimspektrum“ auftrete.
Vor diesem Hintergrund ist zunächst nicht ersichtlich, dass es sich bei dem in dem Becken gespeicherten Sickerwasser um hochbelastetes Wasser handeln sollte. Darüber hinaus fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass eventuell in dem Wasser enthaltene Schadstoffe infolge des Bewässerungsvorgangs auf das Grundstück der Kläger gelangen könnten. Die Beigeladene hat hierzu überzeugend ausgeführt, dass der für die Anwohner potentiell relevante Übertragungsweg für die von den Klägern genannten Schadstoffe wie Legionellen, Leptospiren, Tetanus, Salmonellen, Enteroviren/Bakterien, Bakterien, Viren, Schimmelpilzen etc. die mögliche inhalative Aufnahme sei. Mangels direkten Kontaktes mit dem Sickerwasser könnten daher die meisten Erreger nicht übertragen werden. Relevant bei inhalativen Expositionen seien vor allem Schimmelpilze, die ohnehin im Kompost vorkämen und im Gutachten beurteilt worden seien. Eine zusätzliche relevante Exposition durch das Sickerwasser sei aus fachlicher Sicht auszuschließen. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
Soweit die Kläger schließlich eine Grundwassergefährdung durch das Sickerwasserspeicherbecken befürchten sowie die Einstufung des Wassers in eine bestimmte Wassergefährdungsklasse für erforderlich halten, handelt es sich um Aspekte, auf die sie sich im Rahmen ihrer Drittanfechtungsklage nicht berufen können.
3.6 Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG 2013 auf dem Grundstück der Kläger sind auch nicht durch von der Anlage ausgehenden Lärm zu befürchten.
Entgegen dem Einwand der Kläger wurden impulshaltige Geräusche in dem Schallgutachten berücksichtigt. Der Gutachter der Beigeladenen hat ausgeführt, dass in den Emissionsansätzen ein Zuschlag für Impulshaltigkeit enthalten sei, respektive die Impulshaltigkeit der Geräusche im Sinne von Kapitel 2.9 der TA Lärm. Die Berechnung der Beurteilungspegel sei somit nicht auf alleiniger Basis des Dauerschallpegels (Mittelungspegels) der jeweiligen Maschinen erfolgt. In Kapitel 6.3 sei die Einhaltung des Maximalpegelkriteriums der TA Lärm für besonders geräuschintensive Einzelereignisse belegt.
Tonhaltige Geräusche, deren Nichtberücksichtigung die Kläger weiter bemängeln, dürfen an den Immissionsorten nach Auflage 3.1.9 des Bescheids gar nicht auftreten.
Auf die Einwände der Kläger gegen die vom TÜV Süd im Jahr 2015 durchgeführte Kontrollmessung wird hier nicht näher eingegangen, weil sie nicht die Rechtmäßigkeit des Bescheids, sondern allenfalls den Vollzug betreffen.
3.7 Es bestehen entgegen der Auffassung der Kläger keine Bedenken gegen die Verwertung der Inhalte der von der Beigeladenen im Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten sowie der Äußerungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof.
§ 20 VwVfG bzw. Art. 20 BayVwVfG, auf den die Kläger in ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 25. Oktober 2021 (vgl. zu dessen Berücksichtigungsfähigkeit oben 2.2.2) Bezug nehmen, ist hier nicht einschlägig. Die Norm bezieht sich auf Personen, die in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde nicht tätig werden dürfen. Der Gutachter der Beigeladenen ist jedoch nicht für die Genehmigungsbehörde (RGU der Beklagten), sondern für die Beigeladene tätig geworden, soweit diese als Antragstellerin im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet war.
Der Anregung der Kläger zur Bestellung eines gerichtlichen Obergutachters ist nicht zu folgen. Eine über das vorliegende Gutachten und die Erläuterungen des Gutachters dazu hinausgehende Sachaufklärungspflicht des Gerichts nach § 86 Abs. 1 VwGO besteht nicht. Diese bezieht sich nur auf den nach der Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblichen Sachverhalt (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86 Rn. 27); weitere Aufklärungsmaßnahmen sind in der Regel nur dann veranlasst, wenn sie sich nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen (vgl. BVerwG, U.v. 25.2.1993 – 2 C 14.91 – juris Rn. 30; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86 Rn. 33). Die Einholung eines Obergutachtens drängte sich hier nicht auf, weil das vorliegende Gutachten einschließlich der Erläuterungen durch den Gutachter aus Sicht des Gerichts nicht als ungenügend i.S.v. § 98 VwGO i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO zu erachten ist. Es weist keine erkennbaren Mängel auf, ist insbesondere nicht unvollständig, widersprüchlich oder sonst nicht überzeugend (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 27.3.2013 – 10 B 34.12 – juris Rn. 4; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 86 Rn. 80). Anderes haben die Kläger weder in der mündlichen Verhandlung (s. hierzu auch die Niederschrift) noch in ihrem Schriftsatz vom 25. Oktober 2021 dargelegt. Unter Bezugnahme auf den Schriftsatz wird hinsichtlich der Berücksichtigung des Fertigkompostlagers bei den Emissionsquellen auf 3.2.2.3 und 3.3.2 verwiesen (s. auch Niederschrift der mündlichen Verhandlung S. 4 f.). Auf die Durchführung bestimmter standortbezogener Messungen für Hintergrundkonzentrationen von Bioaerosolen haben die Kläger mangels Drittschutzes keinen Anspruch (s. 3.4.1). Dass das Wasser aus dem Sickerwasserspeicherbecken von Beginn an für die Befeuchtung der Mieten vorgesehen war, wurde unter 2.3.1 ausgeführt (vgl. im Übrigen auch S. 24 des Gutachtens). Es trifft nicht zu, dass der Gutachter in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof angegeben habe, das Fertigkompostlager und das Substratmateriallager seien als Emissionsquellen nicht in die Ausbreitungsrechnung bezüglich der Staubimmissionen eingegangen; das Gegenteil ist der Fall (s. Niederschrift S. 5). Zur Berücksichtigung der Emissionen der Halle für Häckseln und Sieben wird auf 3.2.2.2 und 3.3.2 verwiesen; die Aussagen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung stehen dem nicht entgegen. Zum Mindestabstand zur Wohnbebauung vgl. die Ausführungen unter 3.1, zu den Keimbelastungen s. 3.4.
3.8 Die Einwände der Kläger dahingehend, die Auflagen des Bescheides würden nicht eingehalten, betreffen ebenfalls nicht die Rechtmäßigkeit der Genehmigung und werden hier daher nicht näher behandelt. Soweit die Kläger schließlich auf eine aus ihrer Sicht irreführende Sitzungsvorlage bezüglich der Kompostieranlage für den Stadtrat verweisen, sie Behauptungen hinsichtlich einer Umrüstung der Anlage zu einer Produktions- und Lagerstätte für Biomasse, zum Einbau einer Abwasserrecyclinganlage mit Speicherfunktion und zur Genehmigung einer Produktions- und Lagerstätte für Holzhackschnitzel aufstellen und die Errichtung der Kompostieranlage im regionalen Grünzug 10 für unzulässig halten, ist dies für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht relevant bzw. ist dies ein Aspekt, den sie im Rahmen ihrer Drittanfechtungsklage nicht geltend machen können.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO zurückzuweisen. Da sich die Beigeladene mit der Stellung von Anträgen einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Hs. 1 VwGO), entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.


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