Baurecht

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen

Aktenzeichen  22 BV 18.842

Datum:
30.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 242
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 31, § 35 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 1
BayBO Art. 82 Abs. 1, Abs. 2
BayKG Art. 6, 8 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Bei der Bemessung des Mindestabstands nach Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO (sog. 10 H-Regelung) von der Mitte des Mastfußes einer Windenergieanlage zum nächstgelegene Wohngebäude, das in einem Gebiet mit Bebauungsplan nicht nur ausnahmsweise zulässigerweise errichtet werden kann, ist gegebenenfalls auf eine für das betreffende Baugrundstück festgesetzte Baugrenze abzustellen. Das gilt auch dann, wenn auf diesem Grundstück bereits ein Wohngebäude zulässigerweise errichtet wurde, durch welches die Baugrenze nicht ausgeschöpft wird. (Rn. 28)

Verfahrensgang

RO 7 K 17.1208 2018-03-08 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 8. März 2018 wird in Nummer I. abgeändert.
II. Der Bescheid des Landratsamtes Tirschenreuth vom 20. Juni 2017 wird in Nr. 3 insoweit aufgehoben, als eine Gebühr von über 6.376,25 Euro festgesetzt wurde.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Gründe:
Gemäß § 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO konnte der Verwaltungsgerichtshof mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 8. März 2018 ist weit überwiegend als unbegründet zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf erneute Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Klägerin vom 10. August 2016 verneint, weil einer Genehmigungserteilung die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit der streitgegenständlichen Anlagen entgegensteht (dazu 1.). Die Errichtung und der Betrieb dieser Anlagen sind keine privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, weil die sogenannte 10 H-Regelung eingreift (dazu 1. a). Die folglich nichtprivilegierten Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB sind bauplanungsrechtlich unzulässig, weil sie jedenfalls die natürliche Eigenart der der Landschaft und ihren Erholungswert gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtigen (dazu 1. b). Dagegen hat das Verwaltungsgericht die Klage unzutreffend auch im Hilfsantrag insgesamt abgewiesen, da die in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids festgesetzte Gebühr ihrer Höhe nach teilweise rechtlich zu beanstanden ist (dazu 2.).
1. Die Klägerin kann nicht beanspruchen, dass der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über ihren Genehmigungsantrag entscheidet (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO), da die Ablehnung dieses Antrags rechtmäßig ist. Die beantragte immissionssschutzrechtliche Genehmigung ist zu Recht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG versagt worden, weil die Errichtung und der Betrieb der beantragten Windenergieanlagen nach § 35 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
a) Bei den beantragten Windenergieanlagen handelt es sich um sonstige Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB, weil der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB wegen Unterschreitung des Mindestabstands nach Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO nicht anwendbar ist.
Der Mindestabstand nach Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO bemisst sich vorliegend von der Mitte des jeweiligen Mastfußes bis zur Baugrenze auf dem nächstgelegenen Grundstück Fl.Nr. …; dieses liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, in dem für diesen Bereich ein allgemeines Wohngebiet festsetzt ist. Der derart ermittelte Abstand entspricht vorliegend unstreitig nicht dem 10-fachen der Höhe der streitgegenständlichen Windenergieanlagen.
Gemäß Art. 82 Abs. 1 BayBO in der Fassung vom 17. November 2014 findet der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB u.a. auf Vorhaben, die der Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung, wenn diese Vorhaben einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB), innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) – sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind – und im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB einhalten. Nach Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO bemisst sich der Abstand von der Mitte des Mastfußes bis zum nächstgelegenen Wohngebäude, das im jeweiligen Gebiet im Sinne des Art. 82 Abs. 1 BayBO zulässigerweise errichtet wurde bzw. errichtet werden kann. Mit dieser Regelung wurde von der Öffnungsklausel in § 249 Abs. 3 BauGB Gebrauch gemacht. Danach konnten die Länder durch bis zum 31. Dezember 2015 zu verkündende Landesgesetze bestimmen, dass § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB u.a. auf Vorhaben, die der Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung findet, wenn sie einen bestimmten Abstand zu den im Landesgesetz bezeichneten zulässigen baulichen Nutzungen einhalten (§ 249 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Einzelheiten u.a. zur Abstandsfestlegung sind in diesen Landesgesetzen zu bestimmen (§ 249 Abs. 3 Satz 2 BauGB).
Aus dem Wortlaut des Art. 82 Abs. 1 BayBO ergibt sich nicht zweifelsfrei, ob sich der Mindestabstand nur auf zulässigerweise errichtete oder auch auf solche Wohngebäude bezieht, die im jeweiligen Gebiet im Sinne der Vorschrift zulässigerweise errichtet werden können. Aus Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO ergibt sich allerdings eindeutig, dass es auf das nächstgelegene Wohngebäude ankommt, welches einer der beiden vorgenannten Kategorien angehört. Die in diesem Zusammenhang verwandte Konjunktion („bzw.“) lässt nicht erkennen, dass ggf. vorrangig auf das nächstgelegene Wohngebäude abzustellen wäre, das bereits zulässigerweise errichtet wurde.
Die Gesetzesmaterialien stützen dieses Normverständnis. Nach der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 17/2137 S. 7 f.) sollten vom „Schutzbereich erfasst werden Gebiete, die regelmäßig im Kontext einer geordneten städtebaulichen Entwicklung stehen. […] Mit dem Begriff ‚Wohngebäude‘ im Sinn des Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO wird grundsätzlich an die Begriffsgebung der Baunutzungsverordnung angeknüpft. Bereits aus § 249 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergibt sich, dass es sich nur um zulässige bauliche Nutzungen handeln kann. Erforderlich ist daher, dass die Gebäude zulässigerweise zu Wohnzwecken errichtet wurden bzw. werden können. […] Für unbebaute Flächen wird im Zusammenhang mit Bebauungsplänen als Bezugspunkt die Grenzen der überbaubaren Grundstücksflächen empfohlen, im Innenbereich gem. § 34 BauGB der Rand der Fläche, die an den Außenbereich grenzt.“ Demzufolge soll die sogenannte 10 H-Regelung einen Schutz für Gebiete im Sinne des Art. 82 Abs. 1 BayBO vor heranrückenden Anlagen im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleisten. Diese Zielsetzung würde nur unvollständig erreicht, wenn die Regelung ggf. vorrangig in Bezug auf vorhandene Wohnbebauung anzuwenden wäre. Ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bzw. einer Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windenergieanlage auf dem nächstgelegenen Grundstück im betreffenden Gebiet bereits ein Wohngebäude zulässigerweise errichtet worden, so wäre der Mindestabstand nur zu diesem Wohngebäude einzuhalten; eine Wohnbebauung, die im betreffenden Gebiet anstelle oder in Erweiterung dieses Wohngebäudes auf demselben Grundstück zulässigerweise errichtet werden könnte, wäre dagegen nach der Rechtsauffassung der Klägerin nicht geschützt.
Vor dem Hintergrund des angestrebten Gebietsschutzes wäre es nicht nachvollziehbar, weshalb es im Geltungsbereich eines Bebauungsplans von Bedeutung sein sollte, inwieweit vom jeweiligen Baurecht auf dem zum Anlagenstandort nächstgelegenen Grundstück bereits Gebrauch gemacht wurde. Ein Vorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB nicht widerspricht und dessen Erschließung gesichert ist, ist bauplanungsrechtlich zulässig; darauf, ob auf dem Grundstück bereits schon ein zulässigerweise errichtetes Gebäude vorhanden ist, kommt es dabei nicht an.
In dieser Auslegung entspricht Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO auch der Öffnungsklausel des § 249 Abs. 3 BauGB. Die landesrechtliche Abstandsregel kann sich auch auf noch nicht verwirklichte bauliche Nutzungen beziehen, wenn auf deren Zulassung ein Rechtsanspruch besteht; insofern kommt auch eine gebietsbezogene Ausgestaltung in Betracht (vgl. BayVerfGH, E.v. 9.5.2016 – Vf. 14-VII-14 – juris Rn. 122 und 131).
Bei der Berechnung des Mindestabstands kann ggf. auf die in einem Bebauungsplan festgesetzte Baugrenze auf demjenigen Grundstück abgestellt werden, das zur geplanten Windenergieanlage nächstgelegen ist. Entspricht ein zukünftiges Wohngebäude dieser Festsetzung, kann es zulässigerweise im Sinne von Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO errichtet werden. Allerdings kann auch ein Wohngebäude im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, welches die Baugrenze überschreitet, für die Berechnung des Mindestabstands maßgeblich sein, wenn es zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung betreffend die Windenergieanlage zulässigerweise errichtet wurde oder zulässigerweise errichtet werden kann. Ein Wohngebäude kann in diesem Sinne auch unter Überschreitung einer Baugrenze zulässigerweise errichtet werden, wenn für die Errichtung eine wirksame Baugenehmigung erteilt wurde (vgl. entsprechend für den Begriff eines zulässigerweise errichteten Betriebs im Sinne von § 34 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 a) BauGB Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2018, § 34 Rn. 88a), z.B. unter Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung.
Demnach kann im Falle einer Wohnbebauung im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oftmals auf ein nächstgelegenes Wohngebäude abzustellen sein, das zulässigerweise errichtet werden kann. Demgegenüber wird es gerade bei einer Wohnbebauung im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) oftmals auf das nächstgelegene zulässigerweise errichtete Wohngebäude ankommen, da es zur Bestimmung der Grenze zwischen Innen- und Außenbereich auf die vorhandene Bebauung ankommt; der Bebauungszusammenhang endet grundsätzlich an der letzten maßstabsbildenden Bebauung (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2018, § 34 Rn. 19 und 25 m.w.N.). Allerdings kann auch ein Wohngebäude, das zulässigerweise in einer Baulücke im unbeplanten Innenbereich errichtet werden kann, nächstgelegen im Sinne des Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO sein.
Den Bedenken der Klägerin, dass diese Auslegung ein problematisches Wahlrecht zwischen verschiedenen Bezugspunkten für den Mindestabstand bedeutet, ist nicht zu folgen. Vielmehr ist nach Art. 82 Abs. 2 Satz 2 BayBO stets das nächstgelegene Wohngebäude in einem Gebiet nach Art. 82 Abs. 1 BayBO maßgeblich, das entweder bereits zulässigerweise errichtet wurde oder noch errichtet werden kann. Zwar mag es sein, dass bei der Feststellung des nach diesen Vorschriften maßgeblichen nächstgelegenen, noch nicht verwirklichten und zulässigen Wohngebäudes gewisse Vollzugsprobleme auftreten können. Auch im Hinblick darauf genügt die Regelung in Art. 82 Abs. 1 und 2 BayBO jedoch nach der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 9. Mai 2016 – Vf. 14-VII-14 – (juris Rn. 131) dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot, weil sich der Endpunkt des Abstands in Auslegung des Begriffs „zulässigerweise“ unter Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen der §§ 30 bis 35 BauGB und der Baunutzungsverordnung bestimmen lässt.
b) Die streitgegenständlichen Windenergieanlagen sind als sonstige Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich jedenfalls deshalb unzulässig, weil sie die natürliche Eigenart der der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Das Verwaltungsgericht hat dies nachvollziehbar damit begründet (Urteilsabdruck S. 9), dass es sich bei den Anlagenstandorten um landwirtschaftlich genutzte Flächen handelt, die zudem von drei Seiten durch ein Landschaftsschutzgebiet eingerahmt werden. Die Klägerin hat im Übrigen insoweit keine konkreten Gegenargumente vorgetragen.
2. Die Gebührenfestsetzung in Nr. 3 des angefochtenen Bescheids vom 20. Juni 2017 ist teilweise rechtswidrig und verletzt insoweit die Klägerin in ihren Rechten.
a) Die Klägerin kann nicht beanspruchen, dass die Gebühr auf einen Betrag von 3.675,50 Euro reduziert wird.
Sie hat insoweit geltend gemacht, dass die nach Art. 6 BayKG i.V.m. dem Kostenverzeichnis – KVz – zu errechnende Gebühr gemäß Art. 8 Abs. 1 BayKG auf ein Zehntel hätte reduziert werden müssen. Der tatsächliche Prüfungsaufwand der Genehmigungsbehörde habe sich auf Rechtsfragen zu Art. 82 BayBO beschränkt; eine Gebührenreduzierung nur auf ein Viertel würde das Äquivalenzprinzip verletzen.
Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil (Urteilsabdruck S. 10) insoweit zutreffend ausgeführt, das Landratsamt habe die eingereichten Genehmigungsunterlagen auf Vollständigkeit prüfen und den Verwaltungsaufwand hierfür in Ansatz bringen können. Weiter habe das Landratsamt weiteren angefallenen Verwaltungsaufwand nachvollziehbar mit der bauplanungsrechtlichen und naturschutzfachlichen sowie -rechtlichen Prüfung begründet. Die Klägerin hat demgegenüber nur pauschal behauptet, über die Prüfung der Rechtsfragen zu Art. 82 BayBO hinaus habe der Beklagte keinen weiteren Verwaltungsaufwand betrieben. Der vom Landratsamt dargelegte Aufwand wird jedoch durch die vorgelegten Behördenakten dokumentiert. Zudem ist im vorliegenden Fall plausibel, dass bereits die Prüfung der genannten Rechtsfragen relativ aufwändig gewesen ist.
Die Gebühr wurde vorliegend gemäß Art. 8 Abs. 1 KG auf ein Viertel ermäßigt. Die Klägerin bemängelt, durch den ablehnenden Bescheid vom 20. Juni 2017 sei nur geklärt worden, dass die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens nach § 35 BauGB einer Genehmigungserteilung entgegenstehe; weitere Genehmigungsfragen seien nicht geklärt worden. Die Ablehnung eines Antrags im Sinne von Art. 8 Abs. 1 KG wird jedoch oftmals auf nur einen tragenden Grund gestützt. Es ist zudem nicht ersichtlich, welches berechtigte Interesse die Klägerin an der Klärung weiterer Genehmigungsvoraussetzungen haben könnte, wenn feststeht, dass die beantragten Anlagen jedenfalls wegen des Fehlens einer Genehmigungsvoraussetzung immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsfähig sind. Es ist auch im Hinblick auf den immissonsschutzrechtlichen Beschleunigungsgrundsatz (vgl. § 10 Abs. 6a BImSchG) nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt zu diesem Zeitpunkt die Bearbeitung des Genehmigungsantrags hinsichtlich weiterer Genehmigungsvoraussetzungen (§ 6 Abs. 1 BImSchG) vorangetrieben hat. Im Übrigen ist anzumerken, dass die Klägerin insbesondere auch an naturschutzfachlichen Prüfungsschritten mitgewirkt hat. So hat das Landratsamt am 1. Februar 2017 eine Besprechung unter Beteiligung der Klägerin betreffend artenschutzfachliche Fragen durchgeführt. Zum damaligen Zeitpunkt ist die Klägerin offensichtlich noch davon ausgegangen, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung jedenfalls dadurch erlangt werden könnte, dass die ursprünglich vorgesehene Anlagenhöhe „hilfsweise“ reduziert wird. Auf eine mit Schreiben des Landratsamtes Tirschenreuth vom 6. Dezember 2016 (Bl. III 16 f. der Behördenakte) erfolgte Anhörung der Klägerin zu einer beabsichtigten Ablehnung des Genehmigungsantrags hat diese mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 9. Februar 2017 (Bl. III 31 f. der Behördenakte) u.a. mitgeteilt, dass im Falle einer – ggf. möglichst zeitnahen – Ablehnung des ursprünglichen Antrags ein entsprechender „Hilfsantrag“ mit einem Alternativstandort „im Verfahren fortgeführt“ werden könne. Im vorliegenden Zusammenhang ist nicht von Bedeutung, weshalb es im Ergebnis im vorliegenden Verfahren zu keiner Konkretisierung eines solchen Alternativstandorts gekommen ist.
b) Die Berechnung der im angefochtenen Bescheid festgesetzten Gebühr enthält jedoch einen unzutreffenden Kostenansatz, der im Ergebnis deren Ermäßigung auf 6.376,25 Euro erfordert.
Bei der Gebührenkalkulation (vgl. Aktenvermerk vom 10.5.2017, Bl. II 13 der Behördenakte) wurde zu Unrecht die Tarif-Stelle Nr. 8.II.0/1.1.1.1 des Kostenverzeichnisses angewandt; auf dieser Grundlage wurde ein Sockelbetrag von 21.000 Euro zuzüglich eines Erhöhungsbetrags von 6.000 Euro angesetzt. Die vorbezeichnete Tarif-Stelle ist anzuwenden, wenn das jeweilige Genehmigungsverfahren eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 4 Abs. 1 i.V.m. der 4. BImSchV betrifft und eine UVP durchzuführen ist. Im angefochtenen Bescheid wurde zutreffend angenommen, dass die von der Klägerin beantragten zwei Windenergieanlagen immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig waren (§ 4 BImSchG i.V.m. §§ 1 und 2 der 4. BimSchV sowie Nr. 1.6.2 – Verfahrensart V – des Anhangs der 4. BImSchV). Weiter heißt es in den Bescheidsgründen, die abschließende Prüfung, ob das Vorhaben dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG unterliege, könne zum derzeitigen Verfahrensstand nicht beurteilt werden. In Betracht kam hier offensichtlich, dass die streitgegenständlichen Windenergieanlagen zusammen mit zwei weiteren Anlagen, die Gegenstand eines damals anhängigen Genehmigungsantrags der Klägerin waren, eine Windfarm (vgl. § 2 Abs. 5 UVPG) gebildet hätten und somit eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls hätte erforderlich sein können (vgl. Nr. 1.6.3 der Anlage 1 zum UVPG). Allerdings ist vorliegend bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens bereits keine standortbezogenen Vorprüfung durchgeführt worden; erst recht ist nicht festgestellt worden, dass eine UVP durchzuführen gewesen wäre: Nur im Falle einer solchen Feststellung wäre das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt worden (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c) der 4. BImSchV). Insoweit ist rechtlich unerheblich, dass der Beklagte nunmehr meint, er gehe nach einer überschlägigen Prüfung davon aus, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Die Möglichkeit, eine UVP-Pflicht aufgrund einer noch durchzuführenden standortbezogenen Vorprüfung festzustellen, ändert nichts am Ablauf des vorliegenden, abgeschlossenen Genehmigungsverfahrens einschließlich des damit verbundenen Verwaltungsaufwands, der für den Kostenansatz maßgeblich ist.
Demnach unterfällt das vorliegend durchgeführte Genehmigungsverfahren nicht der Tarif-Stelle Nr. 8.II.0/1.1.1.1 des Kostenverzeichnisses; vielmehr ist die Tarif-Stelle Nr. 8.II.0/1.1.2 einschlägig, welche die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 19 BImSchG betrifft. Danach ergibt sich vorliegend ein Sockelbetrag von 11.250 Euro zuzüglich 4.500 Euro (3 ‰ der 2,5 Mio. Euro übersteigenden Investitionskosten von 4 Mio. Euro). Bei einer Gebührenberechnung unter Berücksichtigung der weiteren, unveränderten Kostenansätze des Beklagten und der gewährten Ermäßigung des Gesamtbetrags auf ein Viertel ergibt sich eine geänderte Gebührenhöhe von 6.376,25 Euro.
3. Da der Beklagte nur in geringem Maß unterlegen ist, waren die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 154 Abs. 2, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zur Gänze der Klägerin aufzuerlegen. Da die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts damit in Einklang steht, konnte sie aufrechterhalten bleiben.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO nicht ersichtlich sind.


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