Baurecht

Immissionsschutzrechtliche Genehmigung für Masthähnchenanlage

Aktenzeichen  M 19 K 17.3738

Datum:
22.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 4543
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
UmwRG § 2, § 3, § 6, § 7
BImSchG § 6 Abs. 1 Nr. 2
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201
LPachtVG § 3 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein von einem Vorhabenträger erklärter Teilverzicht hinsichtlich der genehmigten Tierplatzzahl einer Masthähnchenanlage betrifft die Grundkonzeption des Vorhabens und ist im gerichtlichen Verfahren unbeachtlich. (Rn. 26 – 32)
2. Die im Rahmen baurechtlicher Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB maßgebliche Frage des Flächenbedarfs einer landwirtschaftlichen Tierhaltung unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. (Rn. 51)
3. Für die Ermittlung des Flächenbedarfs einer landwirtschaftlichen Tierhaltung sind die essentiellen Bestandteile des Tierfutters anzusetzen, im Falle der Hähnchenmast also auch Soja als Eiweißlieferant. (Rn. 75 – 83)
4. Für den landwirtschaftlichen Betrieb einer Masthähnchenanlage im Außenbereich müssen dem Vorhabenträger, verfügt er über Pachtflächen, diese mit ausreichender Wahrscheinlichkeit für dreißig Jahre zur Verfügung stehen. (Rn. 106)
5. In die für Pachtflächen notwendige „Verfügbarkeitsprognose“ können Pachtverträge nur eingestellt werden, wenn sie eine (Rest-)Laufzeit von mindestens zehn Jahren aufweisen. Verträge mit kürzerer Laufzeit können nur ausnahmsweise berücksichtigt werden. (Rn. 108 – 109)
6. § 7 Abs. 5 UmwRG hindert bei Fehlen der Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB nicht die Aufhebung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. (Rn. 131 – 133)

Tenor

I. Die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung des Landratsamts … vom 10. Juli 2017 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte und die Beigeladenen als Gesamtschuldner tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers jeweils zur Hälfte. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte und die Beigeladenen selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist, soweit sie zulässig ist (A), auch begründet (B).
A.
Die Klage ist nur zum Teil zulässig.
In prozessualer Hinsicht sind dabei die Vorschriften anzuwenden, die im Zeitpunkt der Klageerhebung am 10. August 2017 in Kraft waren. Soweit maßgeblich, ist daher das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der Fassung vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298) anzuwenden.
I. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft. Gegenstand des Verfahrens ist die immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung vom … Juli 2017, ergänzt um die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 2019 angefügte Nebenbestimmung.
Diese Änderungsgenehmigung hat sich durch das Schreiben der Beigeladenen vom 15. März 2019 an das Landratsamt … … weder (teilweise) erledigt noch wurde sie inhaltlich modifiziert. Die Beigeladenen erklären darin, dass sie auf die Rechte aus der Genehmigung verzichten, „soweit diese einen Gesamtbestand von 124.600 Masthähnchenplätzen übersteigt“; „im Übrigen“ werde auf die Genehmigung „nicht verzichtet“. Diese Erklärung stellt nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut (nur) einen Teilverzicht auf die Genehmigung dar, der mangels deren Teilbarkeit unwirksam ist und daher ohne Auswirkung auf das vorliegende gerichtliche Verfahren bleibt. Welche weiteren Wirkungen der Erklärung zukommen, hat nicht das Gericht zu entscheiden.
Es ist allgemein anerkannt, dass ein Genehmigungsinhaber auch bei anlagenbezogenen Genehmigungen berechtigt ist, auf eine ihm verliehene, begünstigende Rechtsposition zu verzichten (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1989 – 4 C 36/86 – juris Rn. 23; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 53 Rn. 30; Ramsauer in Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 53 Rn. 50 ff.). Der Verzicht muss eindeutig und unmissverständlich erklärt werden (Nds. OVG, U.v. 21.8.2018 – 10 LB 34/18 – juris Rn. 40), was hier erfolgt ist. Er wird als einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung mit Zugang bei demjenigen Hoheitsträger, der die Rechtsposition verliehen hat, wirksam (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.2012 – 7 C 15/12 – juris Rn. 26; OVG NW, U.v. 23.6.2016 – 11 A 2206/14 – juris Rn. 33) und führt zum Erlöschen des betroffenen Rechts (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 53 Rn. 29). Einem behördlichen Bescheid, der die Genehmigung entsprechend dem erklärten Verzicht aufhebt oder beschränkt, kommt daher nur deklaratorische Bedeutung zu (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1989 – 4 C 36/86 – juris Rn. 23). Ein Verzicht bewirkt die Erledigung des Bescheids in sonstiger Weise i.S.v. Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG (vgl. nur BVerwG, U.v. 15.12.1989 – 4 C 36/86 – juris Rn. 23).
Der Wirksamkeit des Teilverzichts steht hier allerdings entgegen, dass die Änderungsgenehmigung vom … Juli 2017 nicht rechtlich teilbar ist. Der nur teilweise Verzicht auf eine dem Adressaten durch eine Genehmigung eingeräumte Begünstigung erfordert für seine Wirksamkeit deren Teilbarkeit (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.2010 – 4 B 43/10 – juris Rn. 10 zu einer Baugenehmigung; Nds. OVG, U.v. 21.8.2018 – 10 LB 34/18 – juris Rn. 40 zu einer Waldumwandlungsgenehmigung). Dies bedeutet, dass sich das verbleibende genehmigte Vorhaben nicht als aliud darstellen darf bzw. sich der Verzicht auf einen abgrenzbaren Teil des genehmigten Betriebs einer Anlage beziehen muss (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.2010 – 4 B 43/10 – juris Rn. 10; OVG NW, B.v. 14.9.2006 – 8 A 496/05 – juris Rn. 44; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 43 Rn. 192). Er darf daher nur eine Abänderung bewirken, die modifizierend auf den Regelungsgehalt der ursprünglich erteilten Genehmigung einwirkt. Die Beurteilung der Teilbarkeit hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BVerwG, B.v. 8.11.2010 – 4 B 43/10 – juris Rn. 10).
Die streitgegenständliche Genehmigung betrifft eine gemeinsame Anlage i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) und hat eine Hähnchenmast mit 144.600 Mastplätzen verteilt auf vier Ställe mit genau festgelegten baulichen und technischen Parametern und ebenfalls genau festgelegten Betriebsabläufen zum Inhalt. Sie ist nicht teilbar, weil eine im Wege des Verzichts bewirkte Reduzierung der neu genehmigten Tierplatzzahl um etwa 20% eine wesentliche Veränderung des Vorhabens bewirken und es zu einem aliud machen würde. Die Tierplatzzahl betrifft den Kern der Genehmigung und nicht lediglich einen abgrenzbaren Teil der Anlage. Sie ist Bezugspunkt für die umfassende Zulässigkeitsprüfung in immissionsschutzrechtlicher, naturschutzrechtlicher, wasserrechtlicher, tierschutzrechtlicher und erschließungsmäßiger Hinsicht (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG). Die Ergebnisse für die neu genehmigte Tierplatzzahl lassen sich nicht linear auf den reduzierten Genehmigungsumfang umrechnen; vielmehr verlieren die aufeinander abgestimmten Regelungen des Bescheids ihren Bezugspunkt.
Verdeutlicht werden kann dies bereits an der Größe der Ställe. Nach der unter Nebenbestimmung Nr. 3.3.9 abgebildeten Tabelle verfügen die Ställe MHS 2 bis 5 über eine jeweils genau festgelegte Stallnutzfläche, die sicherstellt, dass die genehmigte Tierzahl mit einer ebenfalls genau festgelegten Besatzdichte (bis 39 kg/m²) gehalten werden kann. Eine Reduzierung der gehaltenen Tiere könnte gegebenenfalls dazu führen, dass die Ställe bei gleicher Besatzdichte überdimensioniert sind. Ob dies mit dem von § 35 BauGB intendierten Schutz des Außenbereichs vereinbar ist, etwa um tierschutzrechtlichen Belangen Rechnung zu tragen, ist eigens von der Genehmigungsbehörde zu prüfen.
Vor diesem Hintergrund kann auch weder ein intuitiv-plausibler „Minus-Gedanke“ noch der Hinweis darauf, dass die Beigeladenen nur eine ohnehin grundsätzlich erlaubte Nutzungsmöglichkeit (Einstellen von weniger Tieren als genehmigt) im Wege des Verzichts verbindlich festzuschreiben versuchen, die Teilbarkeit begründen. Denn die Genehmigung erschöpft sich nicht in der Legalisierung der Haltung einer maximalen Anzahl von Tieren – wie das bei Tierhaltungsgenehmigungen nach Art. 37 Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) der Fall sein kann -, sondern sie erlaubt die Errichtung und den Betrieb der hierfür erforderlichen Anlagen und sichert durch eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Nebenbestimmungen insbesondere die umweltrechtliche Zulässigkeit des Betriebs gerade auf Basis der beantragten und genehmigten Anzahl der Tiere. Es kommt nicht darauf an, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine bau- bzw. immissionsschutzrechtliche Pflicht zur Vollauslastung einer bereits genehmigten und bestandsgeschützten Anlage existieren kann; denn für die Frage der Genehmigungsfähigkeit einer Masthähnchenanlage die Zahl der planmäßig einzustallenden Tiere von wesentlicher Bedeutung. Sie betrifft die Identität der Anlage und nicht nur eine Ausübungsmodalität (vgl. zu letzterem OVG NW, U.v. 9.8.2006 – 8 A 3726/05 – juris Rn. 49 für den Verzicht auf den Betrieb einer Windkraftanlage zur Nachtzeit oberhalb eines bestimmten Schallleistungspegels).
Ein „Minus-Gedanke“ greift auch nicht deshalb Platz, weil der Betrieb mit weniger Tieren auch mit weniger Emissionen verbunden sein wird und die Annahme nahe liegt, dass die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen (unterstellt, sie sind für eine größere Anlagennutzung ausreichend konzipiert) erst recht auch bei Betrieb der Anlage mit geringerer Auslastung ihr Ziel erreichen werden. Auch insoweit bleibt es klärungsbedürftig, ob diese Einschätzung zutrifft oder ob nicht etwa im Bescheid bestimmte Schutzeinrichtungen durch eine dauerhafte Reduktion innerhalb der Ställe entstehender Verunreinigungen in ihrer Effektivität gemindert werden. Die Beantwortung dieser Fragen ist nicht Aufgabe des gerichtlichen Verfahrens, auch nicht unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 5 UmwRG.
II. Der Kläger ist klagebefugt, soweit er andere als tier- und brandschutzrechtliche Rügen erhebt. Die Voraussetzungen des § 2 UmwRG liegen insoweit vor.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dem mit Bescheid vom 24. März 2009 durch das Umweltbundesamt „die Anerkennung zur Einlegung von Rechtsbehelfen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gemäß § 3 UmwRG“ erteilt wurde. Diese Anerkennung gilt nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UmwRG fort.
Die verfahrensgegenständliche Genehmigung vom … Juli 2017 stellt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG einen tauglichen Rechtsbehelfsgegenstand dar. Sie ist eine Zulassungsentscheidung i.S.d. § 2 Abs. 6 Nr. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) über die Zulässigkeit eines Vorhabens, für das nach § 6 UVPG i.V.m. Nr. 7.3.1 (Intensivhaltung oder -aufzucht von Mastgeflügel mit 85.000 oder mehr Plätzen) der Anlage 1 zum UVPG eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung gilt. Zudem liegen wegen Nr. 7.1.3.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV und § 1 Abs. 3 der 4. BImSchV auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG vor.
Der Kläger macht auch geltend, dass eine solche Entscheidung Rechtsvorschriften widerspricht, die für diese von Bedeutung sein können (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG). Er trägt in seinen Schriftsätzen Umstände vor, die die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts und die dadurch bewirkte Verletzung der von ihm rügbaren Rechte zumindest als denkbar erscheinen lassen. Er rügt insbesondere Verstöße gegen immissionsschutzrechtliche, baurechtliche, naturschutzrechtliche, wasserrechtliche und tierschutzrechtliche Vorschriften, die allesamt für die Genehmigung der Masthähnchenanlage von Bedeutung sind.
Der Kläger war auch zur Beteiligung berechtigt i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a UmwRG. Das Beteiligungsrecht ergibt sich aus § 9 UVPG a.F. bzw. § 10 BImSchG.
Überwiegend liegen für die vorgetragenen Rügen des Klägers auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG vor. Er ist durch die geltend gemachten Verstöße in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes berührt. Insbesondere die Rüge der fehlenden baurechtlichen Privilegierung und damit eines Verstoßes gegen § 35 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i.V.m. § 201 BauGB weist einen ausreichenden Zusammenhang zu seiner im Anerkennungsbescheid vom 24. März 2009 in Bezug genommenen und daher maßgeblichen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 UmwRG; BayVGH, B.v. 20.1.2010 – 22 CS 09.2968 – juris Rn. 10) Satzung vom 27. April 2008 und dem dort beschriebenen Aufgabenbereich auf. Soweit er jedoch tier- und brandschutzrechtliche Rügen erhebt, ist er durch die geltend gemachten Verstöße nicht in seinem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt. Es wird insoweit auf die ausführliche Begründung im Beschluss des Gerichts vom 23. März 2018 (S. 16 ff.) verwiesen (§ 117 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog).
III. Die Klagebegründungsfrist nach § 6 UmwRG hat der Kläger gewahrt.
§ 6 UmwRG ist eine prozessuale Präklusionsvorschrift, der zufolge der Kläger als Vereinigung i.S.v. § 4 Abs. 3 Satz 1 UmwRG innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung der Klage dienenden Erklärungen, Tatsachen und Beweismittel anzugeben hat.
Der Kläger hat mit seiner Einbeziehung des umfangreichen Vortrags aus dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes durch Schriftsatz vom 9. und 19. Oktober 2017 Erklärungen, Tatsachen und Beweismittel im Sinne dieser Vorschrift angegeben. Mit Hilfe dieses fristgerecht erfolgten Vortrags hat er den Verfahrensstoff rechtzeitig so festgelegt, dass für das Gericht und die Beteiligten absehbar war, unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten eine Entscheidung angegriffen wird. Dem Regelungsziel der Vorschrift ist damit ausreichend Rechnung getragen (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 86. EL April 2018, § 6 UmwRG Rn. 56). Soweit der Käger in späteren Schriftsätzen Vertiefungen und Präzisierungen bereits fristgerecht thematisierter Komplexe vornimmt, schadet dies dem Sinn und Zweck der Vorschrift nach nicht.
B.
Die Klage ist begründet.
Die Änderungsgenehmigung vom … Juli 2017 verletzt § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 1 und § 201 BauGB (§ 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG – 2.). Sie ist aufzuheben, weil die Verletzung nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (§ 7 Abs. 5 Satz 1 UmwRG – 3.).
1. Den Maßstab für die Erfolgsaussichten der Klage formuliert § 2 Abs. 4 Satz 1 UmwRG, der als Spezialvorschrift § 113 VwGO verdrängt (vgl. Keller, NVwZ 2017, 1080/1082). Hiernach setzt der Erfolg eines (zulässig erhobenen) Rechtsbehelfs nach § 2 Abs. 1 UmwRG voraus, dass die angegriffene Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind.
2. Das Vorhaben der Beigeladenen genügt den Anforderungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB nicht. Es lässt sich nicht mit genügender Sicherheit prognostizieren, dass die Beigeladenen für einen maßgeblichen Zeitraum von 30 Jahren über dem Betrieb zurechenbare Flächen im Umfang von bis zu 320 ha verfügen, um Landwirtschaft in Form der Tierhaltung im genehmigten Umfang zu betreiben.
Nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB ist ein Vorhaben, das – wie hier – unstreitig auf einem Grundstück im Außenbereich errichtet werden soll, nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist sowie das Vorhaben einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. Landwirtschaft ist dabei nach § 201 BauGB insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann.
a) Die Mast von Hähnchen stellt Tierhaltung dar und erfüllt insoweit den Begriff der Landwirtschaft (vgl. nur BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 7 C 6/08 – juris Rn. 19; SächsOVG, B.v. 31.1.2013 – 4 A 122/12 – juris Rn. 7). Die Tierhaltung wird durch die Beigeladenen auch als Betrieb geführt. Die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung ist ebenso gegeben wie ein auf Dauer gedachtes und lebensfähiges Unternehmen, das gewissermaßen für Generationen bestehen wird (zu den Anforderungen im Allgemeinen BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 4 C 9/11 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 20.3.2001 – 20 B 00.2501 – juris Rn. 17, 24). Der Betrieb besteht seit mehreren Jahrzehnten; der Sohn der Beigeladenen ist maßgeblich in den Betrieb eingebunden, wie die mündliche Verhandlung anschaulich gezeigt hat.
An der notwendigen Dauerhaftigkeit des Unternehmens selbst besteht auch unter Berücksichtigung der hohen Pachtquote schon wegen der nicht unerheblichen Eigentumsflächen kein Zweifel. Die hohe Pachtquote ist daher nicht schon beim Betriebsbegriff, sondern erst bei der Bestimmung der nach § 201 BauGB für Futterproduktion notwendigen und dauerhaft verfügbaren Fläche von Relevanz (vgl. auch BayVGH, B.v. 4.1.2015 – 1 CS 04.1598 – juris Rn. 15, 22).
Das Vorhaben dient dem vorhandenen Betrieb, weil es zu ihm in einer räumlich-funktionalen Beziehung steht und – auch äußerlich erkennbar – nach Verwendungszweck und Größe durch den betrieblichen Zweck erschöpfend geprägt wird (vgl. BayVGH, U.v. 26.9.2011 – 1 B 11.550 – juris Rn. 20). Die Pachtflächen der Beigeladenen liegen in einem Radius von maximal 16 km, ganz überwiegend sogar noch näher, um den Betrieb. Das Vorhaben nimmt auch nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche ein. Die von ihm in Anspruch genommene Fläche von mehreren Tausend Quadratmetern fällt im Verhältnis zur unmittelbar der Bodennutzung dienenden Gesamtfläche von rund 390 ha nur geringfügig ins Gewicht.
b) Das Vorhaben der Beigeladenen genügt jedoch nicht den Anforderungen des § 201 BauGB, soweit hiernach das benötigte Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden können muss. Die Ernährung von 144.600 Masthähnchen pro Mastzyklus und damit – bei genehmigten 7,5 Mastzyklen – von 1.084.500 Masthähnchen pro Jahr bedarf insgesamt 16.815 dt Futter, für dessen überwiegende Erzeugung bis zu 320 ha benötigt werden. Über diese Flächen verfügen die Beigeladenen nicht mit der ausreichenden Sicherheit für die voraussichtliche Nutzungsdauer der Anlage.
Die Bestimmung des Umfangs der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB benötigten Fläche zur überwiegenden Erzeugung des Futters muss ihren Ausgangspunkt in der empirischen Ermittlung der Futterzusammensetzung (aa) und des Futterbedarfs in Dezitonnen nehmen (bb), der in gewissem Umfang normativ zu bereinigen ist (cc). Sodann ist zu bestimmen, welche der ermittelten Futterbestandteile für einen zumindest hypothetisch-rechnerischen Anbau durch die Beigeladenen auszuwählen sind (dd) und welche Ertragsstärke (in Dezitonnen pro Hektar) der jeweiligen „Bestandteil-Pflanzen“ maßgeblich ist (ee). Anschließend kann der Flächenbedarf errechnet werden (ff).
Für die in § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB vorausgesetzte Berechnung fehlen normative Vorgaben. Auch allgemein anerkannte Rechtsprechung zu möglichen Berechnungsmethoden existiert nicht. In der Praxis nehmen die Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vielfach akzeptierte Berechnungen für die Genehmigungsbehörden vor. Gleichwohl besteht kein Beurteilungsspielraum zugunsten der Ämter oder der Genehmigungsbehörden. Die Berechnungen unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.
aa) Für die Feststellung der Futterzusammensetzung orientierte sich das Gericht im Beschluss vom 23. März 2018 an Empfehlungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG e.V.) im Merkblatt 406 (2. Aufl., Stand 10/2014), auf das grundsätzlich auch die Genehmigungsbehörde (vgl. S. 47) und das AELF … … (vgl. E-Mail v. 14.12.2016) rekurrierten.
Die in dem Merkblatt 406 (S. 14) empfohlene Beispielrezeptur für Broileralleinfutter differenziert – soweit hier relevant – zwischen verschiedenen Futterarten, dem „Starterfutter“, dem „Mastfutter I“ und dem „Mastfutter II“. Die beiden erstgenannten Futterarten werden in der ersten Mastphase, das „Mastfutter II“ in der zweiten Mastphase verfüttert. Die jeweiligen Futterarten bestehen aus folgenden Komponenten:
Futterzusammensetzung / DLG-Merkblatt
In der mündlichen Verhandlung haben die Beigeladenen ausgeführt, dass sie ein anders zusammengesetztes Futter eines Tierernährungslieferanten verwenden. Dieses bestehe aus folgenden Bestandteilen:
Futterzusammensetzung / Rezeptur der Beigeladenen
Starterfutter
Mastfutter I
Mastfutter II
Mais
36%
31%
33%
Weizen
28%
33%
29%
Soja(produkte)
28%
20%
19%
Andere Bestandteile (nicht näher aufgeschlüsselt)
8%
16%
19%
Sie würden zusätzlich ab etwa dem zehnten Tag dem Futter 10% Weizen aus eigener Produktion beimengen, so dass die vorstehend tabellarisch dargestellten Angaben ab dem 10. Tag (nur) 90% des Futters ausmachten.
Es steht nicht in Zweifel, dass das angegebene Futter so verwendet wird, auch für die Zwecke der Beigeladenen geeignet ist und nicht etwa nur zur „Verbesserung“ der Flächenberechnung vorgetragen wird. Die Eignung des Futters für die kommerzielle Hähnchenmast bestätigt auch der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung als sachverständiger Beistand herangezogene Hochschullehrer für Tierernährung.
Das Gericht rechnet im Weiteren dennoch vorrangig mit den Empfehlungen des DLG-Merkblatts 406, weil mangels näherer Vorgaben im Genehmigungsbescheid die gegenwärtige konkrete Futtergestaltung durch die Beigeladenen nicht von Dauer sein muss, es für die Behörden eines typisierten Beurteilungsmaßstabs für die Durchführung von Genehmigungsverfahren hinsichtlich anderer Masthähnchenanlagen bedarf und überdies die Schonung des Außenbereichs gebietet, im Zweifel unter den für die Hähnchenmast fachlich geeigneten Futtermischungen die flächenintensivere zugrunde zu legen. Gleichwohl wird vergleichend auch das (unmodifizierte) Standardfutter des Lieferanten der Beigeladenen in die Betrachtung einbezogen.
bb) Ein wichtiger Faktor für die Bestimmung des Mengenbedarfs an Futter ist die Futterverwertung. Ziel der Mast ist es, die Tiere innerhalb eines bestimmten Zeitraums auf ein gewünschtes Endgewicht hin zu mästen. Zur Erreichung dieses Ziels bedarf es einer bestimmten Menge Futter, die durch die sogenannte Futterwertung ausgedrückt wird. Diese gibt in der Einheit „1:x“ an, wieviel Kilogramm Futter (x) für die Erzeugung von einem Kilogramm Fleisch benötigt werden.
Das Gericht geht bei seiner Berechnung, wie bereits im Beschluss vom 23. März 2018, von einer differenzierten Betrachtung nach Mastphasen einschließlich der jeweils zugehörigen Futterverwertung aus. Es rechnet daher für die alle Tiere betreffende erste Mastphase mit einer Verwertung von 1:1,57 und für die nurmehr 70% der Tiere betreffende zweite Mastphase mit einer Verwertung von 1:1,67 (vgl. auch E-Mail des AELF v. 14.12.2016). Die Genehmigungsbehörde hat diese Werte des zuständigen Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten aus nicht näher dargelegten Gründen nicht übernommen und demgegenüber mit einer pauschal erhöhten Futterverwertung von 1:1,65 gerechnet.
Pro Mastzyklus dürfen nach dem Inhalt der Genehmigung 144.600 Tiere gehalten werden. Berücksichtigt man eine Verlustquote von 3,5% (= 5.061 Tiere) – hierzu sogleich -, ist der überwiegende Teil von Futter für 139.539 Tiere pro Mastzyklus anzubauen.
Die erste Mastphase (dort werden das „Starterfutter“ und das „Mastfutter I“ verfüttert) durchlaufen alle diese Tiere; in der zweiten Mastphase (Verfütterung von „Mastfutter II“) sind nurmehr 70% der Tiere (= 97.677 Tiere) zu ernähren.
Bei einem durchschnittlichen Gewicht von 1.600 g pro Tier am Ende der ersten Mastphase und einer Futterverwertung von 1:1,57 bedarf es 2.512 g Futter pro Tier, insgesamt (x 139.539 Tiere) damit 3.505,22 dt Futter pro Mastzyklus. Genehmigt wurden 7,5 Mastzyklen im Jahr. Die Zugrundelegung von 7,75 Mastzyklen durch den Beklagten ist angesichts der Nebenbestimmung Nr. 3.3.10 unzutreffend; die sehr vage Formulierung unter Nebenbestimmung Nr. 2.1. „ca. 7 – 8 Mastzyklen pro Stall“ ist insoweit unbeachtlich. Bei 7,5 genehmigten Mastzyklen bedarf es daher für die erste Mastphase 26.289,15 dt Futter pro Jahr.
Bei einem durchschnittlichen Gewicht von 2.200 g pro Tier am Ende der zweiten Mastphase (d.h. bei einer weiteren Gewichtszunahme von 600 g pro Tier) und einer nunmehrigen Futterverwertung von 1:1,67 kg bedarf es 1.002 g Futter pro Tier, insgesamt (x 97.677 Tiere) damit 978,72 dt Futter pro Mastzyklus. Bei 7,5 genehmigten Mastzyklen bedarf es daher insgesamt 7.340,43 dt Futter pro Jahr für die zweite Mastphase.
Der Gesamtfutterbedarf für 7,5 Mastzyklen pro Jahr beträgt somit 33.629,55 dt (= 26.289,15 dt + 7.340,43 dt).
Der hiervon nach § 201 BauGB notwendige „überwiegende“ Teil beträgt 16.815 dt. Der überwiegende Teil ist begrifflich weniger als die verbreitet angenommenen 51%. Es geht um mehr als die Hälfte des gesamten Futters (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2015 – 1 CS 04.1598 – juris Rn. 15; B.v. 6.9.2006 – 1 ZB 05.615 – juris Rn. 10), also 50% plus die kleinste Einheit; da es diese bei Mengen mathematisch nicht gibt, genügt eine geringe Aufrundung der rechnerischen Hälfte von 16.814,775 dt auf 16.815 dt. Der Betrag liegt geringfügig über dem von der Genehmigungsbehörde errechneten Wert. Teilt man diese Fläche zur Vereinfachung der weiteren Berechnung nach den beiden Mastphasen auf, bedarf es für die erste Phase einer Fläche für 13.145 dt und für die zweite Phase einer Fläche für 3.670 dt Futter.
cc) Der errechnete Futterbedarf ist sodann normativ zu bereinigen.
(1) Die in der vorstehenden Rechnung bereits berücksichtigte Korrektur des Futterbedarfs um eine Tierverlustquote von 3,5%, wie sie der Beklagte im Bescheid vom 10. Juli 2017 vornimmt, ist nicht zu beanstanden. Zwar ist bei der Festlegung der zur Ernährung überwiegend benötigten Futtermenge grundsätzlich die Zahl der maximal genehmigten Mastplätze zugrunde zu legen und mit der durchschnittlichen Futtermenge, die jedes Tier während seines Mastzyklus für den Ansatz des durchschnittlich erreichten Gewichts benötigt, zu multiplizieren. Da der Betreiber nach Maßgabe von § 201 BauGB das tatsächlich benötigte Tierfutter erzeugen muss, ist ein pauschaler Abzug von statistisch unvermeidbaren Tierverlusten – also von Tieren, die den Mastzyklus nicht überleben und folglich auch nicht geschlachtet werden – grundsätzlich nicht zulässig.
Allerdings ist dann nichts gegen einen solchen Abzug einzuwenden, wenn die rechnerische Futterverwertung so angepasst wird, dass sie durch Division der Gesamtmenge des während eines Mastzyklus verbrauchten Futters durch die Zahl nur der überlebenden Tiere errechnet wird. In diesem Fall ist der anfallende Futterbedarf der zwischenzeitlich verstorbenen Tiere rechnerisch auf die überlebenden Tiere verteilt und wird für die Feststellung der zu erzeugenden Gesamtfuttermenge berücksichtigt.
Dieser Ansatz liegt den Annahmen des AELF zugrunde (vgl. E-Mail v. 14.12.2016); entsprechend ist oben die erhöhte Futterverwertung zugrunde gelegt worden.
(2) Eine Reduktion der nach obigen Maßgaben berechneten Futtermenge um 8%, wie sie der Beklagte vornimmt, ist unzulässig. Der Bescheid möchte damit dem Umstand Rechnung tragen, dass mindestens 8% der Futterbestandteile (insbesondere Mineralien) durch die Beigeladenen selbst von vornherein nicht angebaut werden können. Eine solche Reduktion ist unzulässig. Sie führt zu einer Privilegierung der Haltung von Tieren, deren Futter in möglichst geringem Umfang durch den Betriebsinhaber anbaubar ist. Außerdem werden diesbezügliche „Berechnungsunsicherheiten“ dadurch aufgefangen, dass die Beigeladenen ohnehin das Futter nur zum „überwiegenden“ Teil erzeugen können müssen.
(3) Folgerichtig ist allerdings – entgegen der Ansicht des Klägers – auch kein pauschaler Abzug für gewöhnliche Lagerverluste des erzeugten Futters vorzunehmen, weil andernfalls die Beigeladenen mehr als einen überwiegenden Teil des Futterbedarfs erzeugen können müssten.
Im Ergebnis wird damit auch nach einer normativen Bereinigung pro Jahr für die erste Phase 13.145 dt Futter und für die zweite Phase 3.670 dt, insgesamt 16.815 dt Futter benötigt.
dd) Nunmehr ist zu bestimmen, welche der Futterbestandteile (Mais, Weizen, Soja oder sonstige Bestandteile) für den zumindest hypothetisch-rechnerischen Anbau durch den Vorhabensträger auszuwählen sind. Dies ist deshalb erforderlich, weil die durchschnittlichen Ertragsstärken (Dezitonnen pro Hektar) erheblich variieren und infolgedessen die Bestimmung der relevanten Futterbestandteile Auswirkungen auf den Flächenbedarf hat.
(1) Für die Berechnung sind alle wesentlichen Futterbestandteile – Mais und Weizen, aber auch Soja – heranzuziehen. Der vom erkennenden Gericht im Beschluss vom 23. März 2018 verfolgte Berechnungsansatz erweist sich insoweit als ergänzungsbedürftig. Die vom Gericht der Berechnung bislang allein zugrundgelegten Pflanzen Mais und Weizen sind im Wesentlichen Energieträger (Kohlenhydrate). Die üblichen Sojabestandteile als Eiweißträger hatte das Gericht indes nicht berücksichtigt. Dies ist allerdings geboten.
Auch zur Bestimmung der maßgeblichen Futterbestandteile gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Das wirft in der Vielzahl der Fälle, in denen die gehaltenen Tiere jedenfalls weit überwiegend mit klassischen, oft regionalen landwirtschaftlichen Anbauprodukten wie Mais, Weizen oder Gras ernährt werden, kaum Schwierigkeiten auf. Anders verhält es sich allerdings, wenn – wie hier – zwecks einer optimierten Fleischerzeugung sogenannte Alleinfuttermischungen zum Einsatz kommen, die aus einer Vielzahl von ihrerseits optimierten Bestandteilen bestehen, die teilweise traditionell nicht regional angebaut werden oder möglicherweise sogar nicht oder allenfalls nur beschränkt angebaut werden können. Namentlich gilt das für Sojaprodukte, die überwiegend importiert werden (zu rückläufigen Tendenzen vgl. die Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten „Weniger Soja-Importe aus Übersee“ v. 12.8.2018, abrufbar unter http://www…bayer n.de/service/presse/pm/2018/197802) und ohnedies nur an besonders geeigneten Standorten in Deutschland und Bayern angebaut werden können (vgl. Schätzl/Maier/ Janssen/Halama/Aigner, Anbaueignung für Sojabohnen in Bayern, in: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Soja-Tagung 2015, S. 84 ff., abrufbar unter https://www…de/mam/cms07/publikationen/daten/schriftenreihe/soja-tagung 2015_lfl-schriftenreihe.pdf).
Die gebotene Auswahl der für die Flächenbedarfsberechnung maßgeblichen Bestandteile muss sich daher vom Sinn und Zweck der landwirtschaftlichen Privilegierung in § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB leiten lassen und mit diesem vereinbar sein. Ausgangspunkt für die Betrachtung ist die unmittelbare Bodenertragsnutzung als Kernelement landwirtschaftlicher Tätigkeit. Daraus ergibt sich, dass derjenige, der seine Tiere ausschließlich auf Basis von zugekauftem Futter ernähren kann, schon nicht das Merkmal der Bodenertragsnutzung erfüllt (BVerwG, U.v. 26.11.1969 – IV C 20.69 – Buchholz 406.11, § 35 Nr. 86) und damit die Errichtung der entsprechenden baulichen (Tierhaltungs-)Anlagen im Außenbereich nicht privilegiert ist. Dies schließt jeweils nicht nur solche Tierhalter vom landwirtschaftlichen Privileg aus, die mangels ausreichender Flächen die gehaltenen Tiere nicht (überwiegend) selbst ernähren können, sondern auch diejenigen Tierhalter, die auf vorhandenen Flächen überhaupt kein Futter für die konkret gehaltenen Tiere erzeugen könnten. Das ist augenfällig für die Haltung von Tieren, die sich im Wesentlichen von Fleisch ernähren – man denke an eine Hundezucht -, gilt aber gleichermaßen für die immerhin denkbare Haltung von exotischen Tieren, deren pflanzliche Lebensgrundlage beispielsweise aus klimatischen Gründen in Mitteleuropa nicht angebaut werden kann. In beiden Fällen steht der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB nicht zu Verfügung.
Hieraus lässt sich ableiten, dass bei Tieren, die mit einer komplexen Futtermischung ernährt werden, zu überprüfen ist, welche Bestandteile des Futters für die Ernährung notwendig und deshalb für eine Berechnung des Flächenbedarfs heranzuziehen sind.
Einerseits bedarf es für die Flächenberechnung keiner exakten Abbildung sämtlicher Futterbestandteile. Das gilt nicht nur für ohnehin nicht anbaubare Futterelemente (soweit sie, wie Mineralien, nur untergeordnete Bedeutung haben), sondern auch für pflanzliche Bestandteile von untergeordneter Bedeutung. Denn es gibt in der Regel keine gesetzliche Vorgaben für ein zu verwendendes Futter; zudem ist insoweit eine – auch von Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) getragene – Gestaltungsfreiheit des Tierhalters zu berücksichtigen.
Andererseits darf sich der Blick nicht allein auf solche Futterbestandteile verengen, die die Tiere für ihr physisches Überleben benötigen. Die für den Betriebsbegriff notwendige Gewinnerzielungsabsicht ist auch hier insoweit zu berücksichtigen, als diejenigen Futterbestandteile bei der Flächenberechnung einbezogen werden müssen, auf die ein „vernünftiger Landwirt“ schon zur Verwirklichung der ökonomischen Ziele seiner Tierhaltung nicht verzichten wird. Für diese Ansicht gibt auch der Wortlaut „überwiegend“ (§ 201 BauGB) einen gewissen Anhalt; immerhin verlangt § 201 nicht, dass (nur) das „überwiegende Futter“ erzeugt werden kann. Die adverbiale Stellung des Wortes „überwiegend“ im Satzbau deutet auf eine grundsätzlich ganzheitliche und nicht bloß exemplarische Betrachtung des Futters und seiner Bestandteile hin. Vor diesem Hintergrund ist für Hähnchenmast entscheidend, dass die Tiere sowohl auf Kohlenhydrate als auch auf eine hohe Proteindichte – und damit auf Eiweißlieferanten – für die gewollte Gewichtszunahme angewiesen sind. Nur mit Kohlenhydraten ernährte Masthähnchen überleben zwar, würden aber – wie die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt haben – am Ende der Mastzeit ein geringeres Gewicht aufweisen als bei Gabe der gängigen Futtermischungen. Wegen des geringeren Fleischansatzes würden sie keine marktgerechten Schlachtkörper entwickeln. Es sei zu erwarten, dass bestimmte Körperteile (Brust, Schenkel) unterentwickelt seien.
Die Berücksichtigung von Soja (oder gegebenenfalls anderer Eiweißpflanzen) für die Flächenberechnung ist außerdem folgerichtiger Ausfluss der Bodenertragsnutzung als Motiv für den gesetzlichen Privilegierungstatbestand. Diesem ist es geschuldet, dass die übliche Verwendung von Importware – wie bei Soja – die Verwirklichung des Privilegierungstatbestands nicht erleichtert, sondern – jedenfalls wenn der Import der dortigen höheren Ertragsstärke pro Hektar geschuldet ist – erschwert. Es ist damit für die Frage der Privilegierung gleichermaßen ohne Belang, ob exotische Tiere mit hierzulande nicht anbaubarem Futter oder ob heimische Tiere – wie Hähnchen – mit Importware ernährt werden sollen. Es ist auch folgerichtig, dass auf diese Weise § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einer fortgesetzten Intensivierung und Optimierung der Tiermast – solange sie nur mit Hilfe andernorts erzeugter Futterbestandteile gelingt – als Landwirtschaft (nicht hingegen als Gewerbebetrieb) Grenzen setzt. Vor diesem Hintergrund ist es ohne Bedeutung, dass gegenwärtig nur wenig (wenn angesichts der „Bayerischen Eiweißinitiative“ auch immer mehr, vgl. Pressemitteilung „Weniger Soja-Importe aus Übersee“ v. 12.8.2018, abrufbar unter http://www…bayern.de/ service/presse/pm/2018/197802) Soja tatsächlich angebaut wird.
Die maßgebliche Relevanz von Eiweißlieferanten wie Soja wird auch nicht dadurch infrage gestellt, dass auch beispielsweise Weizen zu rund 12% aus Eiweiß besteht und insoweit als Eiweißlieferant angesehen werden kann. Die Annahme des Beklagten, dass „der Eiweißertrag auf einem Hektar Fläche über die Weizenproduktion (auf guten Standorten ca. 90 dt/ha Ertrag) mit 12% Eiweißbestandteil im Korn mindestens dem Eiweißertrag (35%) aus der Sojabohne (Ertrag ca. 30 dt/ha) auf einem Hektar Fläche“ (Äußerung des AELF v. 20.2.2019) entspreche, verfängt nicht. Es mag rechnerisch richtig sein, dass die auf einem Hektar Boden mittels Weizenanbau erzeugbare Eiweißmenge (12% von 90 dt/ha = 10,8 dt/ha) wegen des gegenüber des Sojaanbaus etwa dreifach erhöhten Ertragswerts vergleichbar ist (35% von 30 dt/ha = 10,5 dt/ha). Maßgeblich für eine ökonomisch betriebene Hähnchenmast ist jedoch nicht die pro Hektar rechnerisch erzeugbare Eiweißmenge, sondern die Verfügbarkeit von Eiweiß in ausreichender Menge in für ein Masthähnchen konsumierbarer Art und Weise. Unzweifelhaft sind daher nur die verbreitet verfütterten Sojaprodukte mit einem Proteingehalt von etwa 48% (vgl. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Soja – Anbau und Verwertung, 2018, S. 82, abrufbar unter https://ww w.lfl.bayern.de/mam/cms07/publikationen/kooperationen/dateien/soja-anbau-verwen dung_handreichung-unterricht_lfl-kooperation.pdf) für die Hähnchenmast geeignet. Die vom Beklagten vorgebrachte Gleichwertigkeit zwischen (reiner) Weizenernährung einerseits und einer (zusätzlichen) Sojaernährung andererseits besteht nicht.
Vor diesem Hintergrund sind also die wesentlichen Futterbestandteile Mais, Weizen und Soja in die Berechnung einzubeziehen. Die ausgewählten Bestandteile sind für die Flächenberechnung dabei entsprechend ihrem Anteil auf 100% hochzurechnen, also in derjenigen Menge anzusetzen, die nötig ist, um die beantragte bzw. genehmigte Zahl an Tieren allein mit diesen Bestandteilen zu ernähren. Da der Ertrag von Soja pro Hektar erheblich geringer ausfällt als der von Mais und Weizen, übersteigt im Ergebnis der Flächenbedarf der Beigeladenen die im Beschluss vom 23. März 2018 bei summarischer Prüfung angenommene Fläche von 203 ha deutlich und erreicht mit rund 320 ha (DLG-Rezeptur) einen Umfang, dessen Verfügbarkeit für den maßgeblichen Prognosezeitraum von 30 Jahren nicht mehr angenommen werden kann.
(2) Zieht man demnach aus dem oben auszugsweise abgedruckten DLG-Merkblatt 406 die drei essentiellen Futterbestandteile Mais, Weizen und Soja heran, mittelt wegen des ungefähr gleichen Zeitraums, in dem das „Starterfutter“ und das „Mastfutter I“ (erste Phase) verfüttert werden, deren Anteile und rechnet schließlich die Anteile auf 100% hoch, so stellt sich die Zusammensetzung des Futters als Grundlage für die weitere Berechnung wie folgt dar:
Futterzusammensetzung / DLG-Merkblatt
Erste Mastphase
Zweite Mastphase
Starterfutter
Mastfutter I
gemittelt
Mastfutter II
Mais
200 g
22,47%
200 g
25,54%
24,01%
250 g
34,15%
Weizen
321 g
36,07%
331 g
42,27%
39,17%
264 g
36,07%
Soja(produkte)
369 g
41,46%
252 g
32,18%
36,82%
218 g
29,78%
And. Bestandteile
Summe
890 g
100%
783 g
100%
100%
732 g
100%
Unter Zugrundelegung der ermittelten Futtermenge von 13.145 dt für die erste Mastphase und von 3.670 dt für die zweite Mastphase verteilt sich die jeweilige Menge folgendermaßen auf die drei Futterbestandteile:
Futtermenge (dt) / DLG-Merkblatt
Erste Mastphase
Zweite Mastphase
Starterfutter
Mastfutter I
Mastfutter II
Mais
3.156,11
1.253,31
Weizen
5.148,90
1.323,77
Soja(produkte)
4.839,99
1.092,93
Summe
13.145
3.670
(3) Wendet man zu Vergleichszwecken die vorstehende Berechnungsmethode auf die Rezeptur der Beigeladenen an, so ergibt sich folgende Futterzusammensetzung:
Futterzusammensetzung / Rezeptur der Beigeladenen
Erste Mastphase
Zweite Mastphase
Starterfutter
Mastfutter I
gemittelt
Mastfutter II
Mais
36%
39,1%
31%
36,9%
38,0%
33%
40,74%
Weizen
28%
30,4%
33%
39,3%
34,9%
29%
35,80%
Soja(produkte)
28%
30,4%
20%
23,8%
27,1%
19%
23,46%
Andere Bestandteile
8%
16%
19%
Summe
100%
100%
100%
100%
Unter Zugrundelegung der ermittelten Futtermenge für die erste Mastphase von 13.145 dt und für die zweite Mastphase von 3.670 dt verteilt sich die jeweilige Menge folgendermaßen auf die drei Futterbestandteile:
Futtermenge (dt) / Rezeptur der Beigeladenen
Erste Mastphase
Zweite Mastphase
Starterfutter
Mastfutter I
Mastfutter II
Mais
4.995,10
1.495,16
Weizen
4.587,61
1.313,86
Soja(produkte)
3.562,29
860,99
Summe
13.145
3.670
ee) Die Umrechnung des Futterbedarfs in Fläche verlangt abschließend die Bestimmung, welche Ertragsstärke aus welcher Region für jeden der drei Futterbestandteile anzusetzen ist.
Da Landwirtschaft Bodenertragsnutzung ist, ist für die drei zu betrachtenden Pflanzenarten möglichst die Ertragsstärke zugrunde zu legen, die der konkrete Landwirt bei üblicher Bewirtschaftung der ihm zur Verfügung stehenden Flächen erwirtschaften kann. Es genügt dabei, Durchschnittswerte der näheren Region heranzuziehen. Zu betrachten sind wegen der notwendigen Dauerhaftigkeit von Außenbereichsvorhaben langjährige Durchschnittserträge. Der vom Beklagten zugrunde gelegte Fünf-Jahres-Zeitraum ist daher zu kurz.
Im Durchschnitt der letzten (verfügbaren) zehn Jahre (2005 bis 2015) betrug der Ertrag für Weizen im Landkreis … … 74,2 dt pro ha (vgl. die jährlichen Berichte „Ernte der Feldfrüchte und des Grünlandes in Bayern“ des Landesamts für Statistik). Der Ertrag für Mais betrug hiernach 103,27 dt pro ha.
Angesichts des zwar zunehmenden, gleichwohl nicht sehr verbreiteten Sojaanbaus ist insoweit die vorhandene Zahlenbasis weniger differenziert. Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zur Wirtschaftlichkeit der Sojabohne ergeben aber für Südbayern einen mittleren Ertrag von 31,5 dt pro ha (vgl. Schätzl, Wirtschaftlichkeit der Sojabohne, Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, S. 14, Stand: wohl 4.7.2018, abrufbar unter: https://www…de/wp-content/uploads/20 18/07/Schwarzenfeld_Wirtschaftlichkeit-Soja_04.07.2018.pdf). Dieser Wert ist der Berechnung zugrunde zu legen (vereinzelt in speziellen Sortenversuchen erzielte höhere Erträge in Bayern sind noch nicht repräsentativ). Das AELF geht in seinem Schreiben vom 20. Februar 2019 von ca. 30 dt/ha aus; auch die Beigeladenen haben gegen den vom Kläger etwas geringeren Ansatz von 29,3 dt/ha keine Einwände erhoben. Der Bodenbezug der Landwirtschaft lässt es schließlich nicht zu, etwa die in den USA verbreiteten Höchsterträge in die Rechnung einzustellen.
Durchschnittsertrag(dt / ha)
Mais
103,27
Weizen
74,2
Soja(produkte)
31,5
ff) Aus dem ermittelten Gesamtbedarf an Weizen, Mais und Soja (in Dezitonnen) und der Angabe zum Durchschnittsertrag (Dezitonnen pro Hektar) lässt sich der Flächenbedarf für jede der beiden Rezepturen errechnen.
Futtermenge (dt) / DLG-Merkblatt
Durchschnittsertrag (dt pro ha)
Erste Phase (dt)
Flächenbedarf I (ha)
Zweite Phase (dt)
Flächenbedarf II (ha)
Mais
103,27
3.156,11
30,56
1.253,31
12,14
Weizen
74,2
5.148,90
69,39
1.323,77
17,84
Soja
31,5
4.839,99
153,65
1.092,93
34,70
Summe
13.145
253,6
3.670
64,68
Gesamtsumme Flächenbedarf I + II: 318,28 ha
Insgesamt müssen hiernach die Beigeladenen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit für einen ausreichend langen Zeitraum über eine Fläche von 318,28 ha verfügen können.
Legt man zu Vergleichszwecken die Rezeptur der Beigeladenen zugrunde, ergeben sich folgende Beträge:
Futtermenge (dt) / Rezeptur der Beigeladenen
Durchschnittsertrag (dt pro ha)
Erste Phase (dt)
Flächenbedarf I (ha)
Zweite Phase (dt)
Flächenbedarf II (ha)
Mais
103,27
4.995,1
48,37
1.495.16
14,48
Weizen
74,2
4.587,61
61,82
1.313,86
17,71
Soja
31,5
3.562,3
113,09
860,99
27,33
Summe
223,28
59,52
Gesamtsumme Fläche I + II: 282,80 ha
Insgesamt müssen hiernach die Beigeladenen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit für einen ausreichend langen Zeitraum über eine Fläche von 282,8 ha verfügen können.
c) An einer ausreichend großen Futterfläche für den maßgeblichen Zeitraum von 30 Jahren fehlt es, weil sich bei einer zunächst typisierten Prognosebetrachtung (erste und zweite Stufe), die sodann durch eine Einzelfallbetrachtung (dritte Stufe) modifiziert wird, ein Defizit von bis zu rund 70 ha ergibt, das – anders als im Beschluss vom 23. März 2018 angenommen – auch nicht durch eine abschließende Gesamtbetrachtung und -würdigung der Größe des Betriebs geschlossen werden kann.
aa) Als maximal verfügbare Fläche legt das Gericht dabei die Angaben aus den von den Beigeladenen im Schriftsatz vom 15. März 2019 mitgeteilten und für die Pachtflächen in den Anlagen BGL 7 und BLG 8 aufgeschlüsselten Flächen-Tabellen zugrunde. Hiernach verfügen sie derzeit über eine landwirtschaftlich genutzte Gesamtfläche von 391,87 ha; davon sind 348,47 ha Pacht- und 43,4 ha Eigentumsfläche.
Die Berücksichtigung dieses – gegenüber dem Zeitpunkt der Genehmigung – erhöhten Flächenbetrags ist geboten, weil es sich bei der Flächenmehrung um eine nachträgliche Änderung der Sachlage zugunsten der Beigeladenen handelt. Zwar ist bei einer Anfechtungsklage grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung maßgeblich. Wie im Baurecht sind allerdings zu Gunsten der beigeladenen Genehmigungsinhaber nachträgliche Änderungen zur Vermeidung erneuter Genehmigungsverfahren auch im gerichtlichen Verfahren über eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu berücksichtigen (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2019 – 22 CS 18.2310 – juris Rn. 15; U.v. 4.7.2018 – 8 A 47/17 – juris Rn. 44; OVG NW, U.v. 25.2.2015 – 8 A 959/10 – juris Rn. 90; VG Arnsberg, U.v. 17.10.2017 – 4 K 2130/16 – juris Rn. 53 ff.). Dies hat jedenfalls dann zu gelten, soweit – wie hier – nachträgliche Änderungen baurechtliche Aspekte betreffen, die allein wegen des umfassenden Prüfungsmaßstabs in § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG und der Konzentrationswirkung in § 13 BImSchG innerhalb eines immissionsschutzrechtlichen und nicht innerhalb eines baurechtlichen Verfahrens geprüft werden.
bb) Für die Verfügbarkeitsprognose können nicht nur Eigentumsflächen, sondern grundsätzlich auch Pachtflächen berücksichtigt werden. Angesichts der grundsätzlichen Labilität schuldrechtlicher gegenüber dinglichen Rechtspositionen können Pachtflächen als nach § 201 BauGB „zum Betrieb gehörende“ Fläche allerdings nur Berücksichtigung finden, wenn und soweit sie prognostisch dem Betriebsinhaber mit ausreichend hoher Wahrscheinlichkeit für eine ausreichende Dauer zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 4 C 9/11 – juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 14.7.2011 – 14 B 09.2291 – juris Rn. 37). Nur dann lässt sich ein Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich, der grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden soll, rechtfertigen (BVerwG, U.v. 24.8.1979 – IV C 3/77 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 4.1.2015 – 1 CS 04.1598 – juris Rn. 15, 22). Zur Ermittlung der dauerhaft zur Verfügung stehenden Pachtfläche ist eine einzelfallbezogene Prognose notwendig. Eine allgemein gültige Berechnungsformel existiert ebenso wenig (BayVGH, U.v. 14.7.2011 – 14 B 09.2291 – juris Rn. 37) wie eine pauschale Untergrenze (Mindestquote) für das Verhältnis von Eigentumszu Pachtflächen (BayVGH, B.v. 4.1.2015 – 1 CS 04.1598 – juris Rn. 22). Die Rechtsprechung fällt bei der Beantwortung der Frage, welche Pachtflächen im jeweiligen Fall als dauerhaft verfügbar angesehen werden können, sehr heterogen aus (vgl. nur BVerwG, U.v. 13.4.1983 – 4 C 62/78 – juris Rn. 19; OVG RhPf, U.v. 25.2.2015 – 8 A 10945/14 – juris Rn. 37; BayVGH, B.v. 1.6.2012 – 1 ZB 11.189 – juris Rn. 3; U.v. 14.7.2011 – 14 B 09.2291 – juris Rn. 37).
cc) Im vorliegenden Fall sind an die Prognose nach Auffassung des Gerichts eher strenge Anforderungen zu stellen. Das ist zum einen der hohen Pachtquote des Betriebs der Beigeladenen geschuldet (348,47 ha Pachtfläche bilden bei 391,87 ha Gesamtfläche eine Pachtquote von 88,92%), die zudem erheblich über dem bayernweiten Durchschnitt von knapp 52% für Haupterwerbslandwirte liegt (vgl. Agrarbericht Bayern 2018, abrufbar unter: https://www..-2018.bayern.de/landwirtschaft -laendliche-entwicklung/pachtverhaeltnisse.html). Die Prognose der dauerhaften Verfügbarkeit ist tendenziell umso ungünstiger, je umfangreicher die Hinzupacht ist (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.1991 – 4 B 66/91 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 6.9.2006 -1 ZB 05.615 – juris Rn. 10). Zum anderen handelt es sich mit mehreren Tausend Quadratmetern überbauter Fläche um ein den Außenbereich außergewöhnlich belastendes Vorhaben, das nur hinnehmbar ist, wenn die „Flächenprognose“ auf besonders verlässlicher Grundlage erfolgt.
dd) Im vorliegenden Fall ist die notwendige Prognose dadurch erschwert, dass nach Auskunft der Beigeladenen wie des Beklagten in der mündlichen Verhandlung kaum Verträge nach Maßgabe des § 2 Landpachtverkehrsgesetz (LPachtVG) angezeigt wurden. Diese Vorschrift verpflichtet, wenn es sich (wie hier) nicht um Verträge nach § 3 Abs. 1 LPachtVG handelt, vorrangig den Verpächter, den Abschluss eines Landpachtvertrags über eine Pachtfläche von mindestens zwei Hektar (§ 3 Abs. 2 LPachtVG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Bayerisches Agrarstrukturgesetz – BayAgrG) durch Vorlage – oder im Falle eines mündlichen Vertragsabschlusses durch inhaltliche Mitteilung – des Landpachtvertrags der zuständigen Behörde binnen eines Monats anzuzeigen. Zur Anzeige ist jeweils auch der Pächter berechtigt (§ 2 Abs. 1 Satz 3 LPachtVG).
Landpachtverträge sind nach § 585 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Verträge, durch die ein Grundstück mit den seiner Bewirtschaftung dienenden Wohn- oder Wirtschaftsgebäuden (Betrieb) oder ein Grundstück ohne solche Gebäude überwiegend zur Landwirtschaft verpachtet wird. Die im hiesigen Verfahren relevanten Verträge stellen solche Landpachtverträge dar.
Nach § 7 LPachtVG kann binnen eines Monats nach Anzeige des Vertragsabschlusses oder der Vertragsänderung ein Beanstandungsverfahren durchgeführt werden. Das Instrument der Beanstandung dient insbesondere dazu, eine ungesunde Verteilung der Bodennutzung, insbesondere eine ungesunde Anhäufung von land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen, zu verhindern (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LPachtVG). Wird ein Vertrag beanstandet, sind nach § 7 Abs. 2 LPachtVG die Vertragsteile aufzufordern, den Landpachtvertrag oder die Vertragsänderung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufzuheben oder in bestimmter Weise zu ändern. Kommen die Vertragsteile der Aufforderung nicht nach, gilt der Landpachtvertrag oder die Vertragsänderung mit Ablauf der Frist als aufgehoben, sofern nicht vorher ein Vertragsteil einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt hat.
Die vorliegenden Verstöße gegen die Anzeigepflicht sind zwar maßgeblich vom Verpächter zu verantworten, doch hindert dieser Umstand nicht, die nicht angezeigten Verträge als „bemakelt“ zu bewerten. Zum einen kann nach § 2 Abs. 1 Satz 3 LPachtVG der Pächter die Anzeige ebenfalls vornehmen und sollte dies zur Erreichung von Rechtssicherheit auch tun. Zum anderen, und wichtiger, ist die Durchführung eines Beanstandungsverfahrens gegenwärtig jederzeit möglich und es ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich, dass ein solches Verfahren offenkundig ohne Änderungsverlangen beendet werden würde, auch wenn der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zu erkennen gegeben hat, dass ein Vollzug der gesetzlichen Vorgaben des Landpachtvertragsgesetzes jedenfalls in seinem Zuständigkeitsbereich unüblich sei. Da hoheitliche Befugnisse grundsätzlich nicht verwirkt werden können, kann aus der Indifferenz des Beklagten gegenüber dem Vollzug des Landpachtvertragsgesetzes keine für die Beigeladenen positive Schlussfolgerung gezogen werden. Materiell kommt es für ein Beanstandungsverfahren darauf an, ob wegen der Betriebsgröße oder anderer Faktoren eine ungesunde Anhäufung von landwirtschaftlichen Nutzflächen in einer Hand vorliegt. Ob das der Fall ist, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Klar subsumierbare Kriterien fehlen, abstrakte Obergrenzen (etwa für die Betriebsgröße) gibt es nicht. Auch wenn davon auszugehen ist, dass eine Beanstandung allein in Ausnahmefällen in Betracht kommt (vgl. Grimm in Grimm/Norer, Agrarrecht, 4. Aufl. 2015, 3. Kapitel Rn. 124 ff.), kann zumindest angesichts der weit überdurchschnittlichen Größe des Betriebs der Beigeladenen nicht vollends ausgeschlossen werden, dass ein solcher Fall vorliegend gegeben ist. Nur wenn dies offenkundig nicht so wäre, wäre der formale Verstoß gegen das Landpachtvertragsgesetz für die Verfügbarkeitsprognose ohne Belang.
Die Auswirkung der bestehenden Verstöße gegen das Landpachtvertragsgesetz geht allerdings nicht so weit, den Fortbestand der Verträge pauschal als unsicher zu qualifizieren und diese insoweit für eine dreißigjährige Verfügbarkeitsprognose von vornherein auszuschließen. Dies ist schon deshalb nicht der Fall, weil ersichtlich nicht sämtliche Pachtverträge, sondern allenfalls ein „ungesundes Maß“ beanstandet werden könnte. Daher genügt es, den Verstoß im Rahmen der Gesamtbewertung (unten ff) (4)) als Unsicherheitsfaktor zulasten der Beigeladenen zu berücksichtigen.
ee) Vorliegend geht das Gericht für seine Prognose von einem Zeitraum von 30 Jahren aus. Für diesen Prognosezeitraum ist die zu erwartende Nutzungsdauer der Anlage entscheidend (vgl. NdsOVG, U.v. 30.8.1988 – 1 A 164/86 – juris Rn. 31). Für deren Bestimmung zieht das Gericht die steuerrechtlichen Vorgaben für die Absetzung für Abnutzung als wesentlichen Anhaltspunkt heran. Nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) bemisst sich die Absetzung für Abnutzung „nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts“, die für Gebäude bei rund 33 Jahren liegt (vgl. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Für Ställe in Massivbauweise beträgt sie nach Nr. 2.6.20.1 der AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig „Landwirtschaft und Tierzucht“ vom 19. November 1996 25 Jahre (BStBl I 1996, 1416). Angesichts des Grundsatzes der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs orientiert sich das Gericht innerhalb dieses Rahmens am höheren Wert und nimmt eine zu erwartende (Mindest-)Nutzungsdauer von drei Jahrzehnten an.
ff) Auf der Basis dieses maßgeblichen Prognosezeitraums typisiert das Gericht entsprechend dem bisherigen Vorgehen im Beschluss vom 23. März 2018 auch im Hauptsacheverfahren, um angesichts der Vielzahl an Pachtverträgen mit sehr heterogenen (Rest-)Laufzeiten und Wiederholungsintervallen zu einer validen Verfügbarkeitsprognose zu kommen. Es schichtet hierbei den Prognosevorgang in drei Stufen ab: In der ersten Stufe werden die Verträge identifiziert, bei denen allein wegen ausreichend langer (Rest-)Laufzeit von einer weiteren Verfügbarkeit bis zum Ende des maßgeblichen Prognosezeitraums auszugehen ist. Mit Hilfe der Kriterien der zweiten Stufe sollen solche Verträge identifiziert werden, die trotz geringerer (Rest-)Laufzeiten insbesondere wegen ihrer bisherigen Vergangenheit als zukunftsträchtig eingestuft werden können. Auf der dritten Stufe werden in einer wertenden Einzelfallbetrachtung anlässlich von Besonderheiten des jeweiligen Vertrags Korrekturen bzw. Ergänzungen der Ergebnisse der beiden ersten Stufen vorgenommen.
(1) Auf der ersten Stufe geht das Gericht davon aus, dass ein Pachtvertrag die Annahme einer dreißigjährigen Verfügbarkeit tragen kann, wenn seine (Rest-)Laufzeit noch bei mindestens 1/3 der erwartbaren Nutzungsdauer, d.h. bei rund zehn Jahren, liegt. Für solche Verträge erscheint eine Dauerhaftigkeitsprognose gerechtfertigt. Insoweit kommt es auf die bisherige Laufzeit oder bisherige Verlängerungen nicht an. Es können also auch Erstverträge mit dieser Laufzeit berücksichtigt werden.
Die Anforderung einer zehnjährigen Laufzeit ist auch vor dem Hintergrund gewandelter Gepflogenheiten angemessen, wonach Flächen von ihren Eigentümern dem Pachtmarkt heutzutage offenbar nur mehr für kürzere Zeiträume als noch vor wenigen Jahrzehnten zur Verfügung gestellt werden. Der in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Einwand, man würde auf diese Weise etwa Neugründungen landwirtschaftlicher Betriebe auf Pachtbasis über die Maßen erschweren bzw. unmöglich machen, rechtfertigt – seine Richtigkeit in tatsächlicher Hinsicht unterstellt – keine (weitere) Herabsetzung der Prognoseanforderungen. Die gewandelten Gepflogenheiten dürften Folge eines Siedlungsdrucks auf den Außenbereich jedenfalls im Umkreis von Ballungsgebieten und einer dynamischeren und weniger verlässlichen Agrar- und Förderpolitik sein. Wenn dementsprechend Verpächter ihre Flächen nur für kürzere Zeiträume Dritten zur Verfügung stellen wollen, ist dies gegenüber früheren Zeiten mit der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit verbunden, dass im Außenbereich bauliche Anlagen entstehen, denen gerade nicht dauerhafte Freiflächen gegenüberstehen. Das widerspricht der Schutzintention des § 35 BauGB. Im Ergebnis könnte dann infolge bestehenden Bestandsschutzes für die einzelnen Anlagen ohne planerische Entscheidungen der Außenbereich durch immer mehr bauliche Anlagen langfristig verdichtet werden. Er verlöre seine Funktion als Natur- und Erholungsraum. Eine möglicherweise erschwerte Neugründung oder erschwerte Erweiterung von bestehenden Betrieben ist vor diesem Hintergrund notwendige Folge der verstärkten (nicht nur landwirtschaftlichen) Zugriffsinteressen auf den Außenbereich. Am Erfordernis einer Restlaufzeit von mindestens 1/3 der erwartbaren Nutzungsdauer, vorliegend also von rund zehn Jahren, hält das Gericht daher fest.
Maßgeblicher Ausgangspunkt für die Bestimmung der Länge der Restlaufzeit ist für Verträge, die bereits zum Genehmigungszeitpunkt vorlagen, der Zeitpunkt der Genehmigung und nicht derjenige der gerichtlichen Entscheidung. Es besteht kein Grund, den Genehmigungsinhabern die Dauer eines gerichtlichen Verfahrens zum Nachteil gereichen zu lassen. Demgegenüber ist bei Verträgen, die im Genehmigungszeitpunkt noch nicht vorlagen, sondern während des erstinstanzlichen Verfahrens nachgeschoben wurden, der Zeitpunkt des Abschlusses des jeweiligen Vertrags maßgeblich. Dementsprechend genügen alle vorhandenen Verträge den Anforderungen der ersten Stufe, wenn sie eine (Rest-)Laufzeit bis zum Jahr 2017 aufweisen. Neuere Verträge müssen ihrerseits mindestens über zehn Jahre Laufzeit verfügen und daher – werden sie, wie hier, teilweise im Februar 2019 abgeschlossen oder verlängert – jedenfalls bis zum Jahr 2029 verbindlich vereinbart sein.
Die rein prospektive Fixierung auf die Restlaufzeit bei im Genehmigungszeitpunkt vorhandenen Verträgen bzw. die Laufzeit bei nachgeschobenen oder nachträglich verlängerten Verträgen ist zwar mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass für die Abschätzung der Verlängerungswahrscheinlichkeit jedenfalls dann Anhaltspunkte fehlen, wenn der Vertrag in der Vergangenheit noch keine oder nur eine Verlängerung erfahren hat. Allerdings ließe sich diese Unsicherheit nur vermeiden, verlangte man bei „Erstverträgen“ immer eine Laufzeit in der Länge der maßgeblichen Nutzungsdauer. Damit würde jedenfalls beim hier zugrunde gelegten Zeitraum von 30 Jahren im Ergebnis der Abschluss von Pachtverträgen gefordert, die wertungsmäßig bereits mit einer Eigentumsposition vergleichbar scheinen. Außerdem ist vorliegend zu Gunsten der Beigeladenen zu berücksichtigen, dass deren Betrieb schon seit den 1990er Jahren über einen beachtlichen und beständig anwachsenden Pachtflächenbestand verfügt und – das hat die mündliche Verhandlung ergeben – ein Pächterwegfall in der Vergangenheit äußerst selten vorgekommen ist. Der Strukturwandel in der Landwirtschaft hin zu immer größeren Betrieben leistet insoweit einen Beitrag dazu, dass vormalige Eigenbetriebsflächen als Pachtflächen für die Beigeladenen zur Verfügung stehen (vgl. auch Äußerung des AELF v. 20.2.2019). Dieser Umstand rechtfertigt die Annahme, dass Verträge mit einer (Rest-)Laufzeit von 1/3 der notwendigen Verfügbarkeit auch bei einem Erstabschluss in die Prognose einbezogen werden können.
Das Gericht bezieht daher auf der ersten Stufe die ab 2017 bzw. im Zeitpunkt des späteren Vertragsabschlusses noch mindestens zehn Jahre laufenden Pachtverhältnisse in die Prognose ein.
Maßgeblich ist insoweit der aktuelle Flächenbestand des Betriebs, wie ihn die Beigeladenen mit Schriftsatz vom 15. März 2019 mitgeteilt haben. Hiernach haben sie die in der Anlage BGL 7 genannten Verträge allesamt im Februar 2019 für zwölf Jahre abgeschlossen oder verlängert. Diese Verträge sind für die Verfügbarkeitsprognose voll zu berücksichtigen. Stillgelegte und Grünlandflächen sind jedoch aus der Berechnung herauszunehmen; sie stehen schon rechnerisch für einen Futtermittelanbau nicht zur Verfügung. Gleiches gilt für Hopfenflächen, da Hopfen als Dauerkultur langfristig angebaut wird.
Zusätzlich sind die Verträge Nr. 24, 44 und 108 aus der Anlage BGL 8 zu berücksichtigen.
Die Summe der Fläche beträgt damit 201,47 ha. Insoweit ist die Angabe in der dritten Spalte der Tabelle maßgeblich; soweit teilweise die Summe der in Spalte 3 angegebenen Flächenbeträge die der zweiten Spalte übersteigt, wurde der Betrag der zweiten Spalte in die Rechnung eingestellt; insoweit gehen Unstimmigkeiten zu Lasten der Beigeladenen.
Fläche (ha)
BGL 7
200,16
Nr. 24 (BGL 8)
0,33
Nr. 44 (BGL 8)
0,83
Nr. 108 (BGL 8)
0,15
Summe der ersten Stufe
201,47
(2) Einzubeziehen sind auf einer zweiten Stufe auch Verträge mit kürzeren (Rest-)Laufzeiten, wenn ihre bisherige „Vergangenheit“ dies rechtfertigt. Aussagekräftig sind insoweit die bisherige Zahl der Verlängerungen und die Länge der abgelaufenen Vertragsdauer (vgl. VG Magdeburg, U.v. 28.1.1997 – 4 A 402/05 – LKV 1997, 380/ 381 f.). Denn die „Vergangenheit“ eines Vertragsverhältnisses kann die Annahme plausibilisieren, dass ein zukunftsträchtiges Pachtverhältnis vorliegt, weil die Bereitschaft von Verpächter und Pächter zu Vertragsverlängerungen bereits mehrfach dokumentiert wurde. Das Gericht geht daher davon aus, dass auch ein Vertrag mit eher kurzer Gesamt- oder Restlaufzeit bei entsprechend häufigen Verlängerungen eine Dauerhaftigkeitsprognose verlässlich tragen kann. Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – wegen der Vielzahl der Pachtverträge mit insgesamt vielen Verlängerungen eine ausgeprägte Abhängigkeit von einzelnen (Groß-)Verpächtern nicht besteht. Nach Auskunft der Beigeladenen handelt es sich bei den Verpächtern nahezu ausnahmslos um verschiedene natürliche Personen.
Das Gericht setzte in seinem Beschluss vom 23. März 2018 für die Berücksichtigungsfähigkeit auf der zweiten Stufe voraus, dass einerseits eine mindestens zweifache Verlängerung eines Pachtvertrags stattgefunden hat, andererseits die addierte Gesamtlaufzeit des jeweiligen Vertrags insgesamt ebenfalls mindestens zehn Jahre beträgt, der (Alt-)Vertrag also erstmals 2007 oder früher abgeschlossen wurde.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat demgegenüber in seinem Beschluss vom 6. August 2018 (22 CS 18.1097 – juris Rn. 38) zunächst betont, dass es „nicht ohne Weiteres nachvollziehbar“ sei, „dass von in der Vergangenheit erfolgten Vertragsverlängerungen zuverlässig auf langfristige Pachtverhältnisse in der Zukunft geschlossen werden“ könne. Gleichzeitig verschließt er sich aber auch bei kürzer laufenden Verträgen einer Heranziehung vergangener Vertragsperioden nicht. Das ist auch geboten, weil eine Prognose stets Tatsachen aus der Vergangenheit oder Gegenwart als Basis benötigt. Es wäre nicht überzeugend, ein immerhin schon gelebtes Vertragsverhältnis gegenüber einem erstmaligen Zehnjahresvertrag schon immer dann „schlechter“ zu behandeln, wenn das Bestandsverhältnis nicht mehr über zehn Jahre Restlaufzeit verfügt, gleichzeitig aber bereits mehrfach verlängert wurde.
Um gleichwohl den Schutz des Außenbereichs vor baulichen Anlagen bei der Vertragsbetrachtung stärker zu gewichten und die Belastbarkeit der Prognose zu verstärken, erweitert das Gericht den bislang verfolgten retrospektiven Ansatz um einen prospektiven Aspekt. Es ist zu verlangen, dass der Vertrag im Zeitpunkt der Genehmigung bzw. im Zeitpunkt des späteren Vertragsabschlusses wenigstens über eine Restlaufzeit von drei Jahren verfügt (also von 1/3 der Länge, die bei Erstverträgen verlangt wird). Ein- und Zweijahresverträge sind daher ungeachtet der bisherigen Verlängerungsintervalle und -anzahl jedenfalls nicht pauschal berücksichtigungsfähig (zur Einzelbetrachtung sogleich). Weiterhin muss – wie im Beschluss vom 23. März 2018 als Anforderung formuliert – der jeweilige Vertrag eine mindestens zweifache Verlängerung erfahren haben und die addierte Gesamtlaufzeit des jeweiligen Vertrags insgesamt mindestens zehn Jahren betragen. Stillgelegte, Grünland- und Hopfenflächen sind abermals aus der Berechnung herauszunehmen.
Wegen der von den Beigeladenen seit dem Beschluss vom 23. März 2018 vielfach nachträglich auf zwölf Jahre Laufzeit verlängerten Verträge hat sich allerdings ungeachtet der nun vorgenommenen Neuausrichtung der zweiten Stufe deren Relevanz ohnehin stark reduziert.
Im Ergebnis genügt nurmehr der Vertrag Nr. 46 (1,61 ha) den Anforderungen der zweiten Stufe.
(3) Auf einer dritten Stufe ist eine abschließende Einzelfallbetrachtung der Pachtverträge notwendig, um die Gefahr einer allzu formelhaften Bewertung der konkreten Pachtsituation zu vermeiden. Dabei sind auf den bisherigen Stufen bislang unberücksichtigte Verträge teilweise in die Verfügbarkeitsprognose einzubeziehen.
Wegen der sehr hohen Zahl an Vertragsverlängerungen kann im Wege der Einzelfallbetrachtung bei den folgenden Verträgen „nach der Verkehrsauffassung“ (BayVGH, B.v. 6.8.2018 – 22 CS 18.1097 – juris Rn. 38) angenommen werden, dass sie auch in Zukunft für einen geraumen Zeitraum fortbestehen werden. Stillgelegte, Grünland- und Hopfenflächen sind erneut aus der Berechnung herauszunehmen.
Lfd. Nr.
Fläche (ha)
Bemerkung
1
0,22
Vertrag wurde bereits 22x verlängert.
15
0,38
Vertrag wurde bereits 16x verlängert.
34
0,52
Vertrag wurde bereits 17x verlängert.
47
0,62
Vertrag wurde bereits 18x verlängert.
52
0,67
Vertrag wurde bereits 18x verlängert.
55
2,27
Vertrag wurde bereits 17x verlängert.
56
0,73
Vertrag wurde bereits 18x verlängert.
82
0,22
Vertrag wurde bereits 39x verlängert.
99
0,23
Vertrag wurde bereits 23x verlängert.
102
0,86
Vertrag wurde bereits 18x verlängert.
Summe der dritten Stufe
6,72
Ferner sind aus den im Bemerkungsfeld erwähnten Gründen noch folgende Verträge wertungsmäßig in die Prognose einzustellen:
Lfd. Nr.
Fläche (ha)
Bemerkung
10
1,42
Vergleichbarkeit mit Stufe 2; im Genehmigungszeitpunkt zwar nur eine neunjährige Vergangenheit, dafür aber erhöhte Zahl an Wiederholungen
72
0,24
Vergleichbarkeit mit Stufen 1 und 2; im Genehmigungszeitpunkt zwar nur eine neunjährige Laufzeit und nur eine Wiederholung, aber dafür eine zwölfjährige Vergangenheit.
Summe der dritten Stufe
1,66
(4) Die Gesamtsumme der mit Hilfe der drei Stufen bestimmten und berücksichtigungsfähigen Pachtwie Eigentumsfläche beträgt knapp 250 ha.
Summe aller Stufen (ha)
211,46
Eigentumsflächen (ha)
38,19
Stillgelegte, Grünland- und Hopfenflächen abgezogen
Gesamtsumme aller ausreichend lange verfügbaren Flächen (ha)
249,65
Das Defizit beläuft sich damit, bemessen am Bedarf von knapp 320 ha, betragsmäßig auf etwa 70 ha. Das ist schon deshalb als erheblich einstufen, weil in Bayern ein durchschnittlicher landwirtschaftlicher Betrieb nur über 35,3 ha Fläche verfügt (vgl. Bayerischer Agrarbericht 2018, Abschnitt „Betriebstrukturen“, abrufbar unter: https:// www…-2018.bayern.de/landwirtschaft-laendliche-entwicklung/betriebsstru kturen.html; erfasst sind im Bericht nur Betriebe ab einer Größe von 5 ha). Ins Verhältnis gesetzt müssten die Beigeladenen, gemessen am Flächenbedarf für die DLG-Rezeptur, über etwa 28% mehr gesicherte Fläche verfügen.
Selbst wenn man die Eigenrezeptur zugrunde legen würde, betrüge das Defizit immer noch rund 30 ha; die Beigeladenen müssten also über etwa 12% mehr gesicherte Fläche verfügen.
Schon das Defizit von etwa 12% kann nicht durch eine weitere, die vorherigen drei Stufen abschließende Gesamtbetrachtung der Pachtflächenentwicklung des Betriebs der Beigeladenen in ausreichend zuverlässiger Weise behoben werden. Erst recht gilt dies für das Defizit von etwa 28%. Der Betrieb weist erst im Jahr 2017 bzw. im Jahr 2012 erstmals eine Pachtfläche von rund 280 ha (320 ha abzüglich der Eigentumsfläche) bzw. 240 ha (280 ha abzüglich der Eigentumsfläche) auf (vgl. die tabellarische Darstellung im Schriftsatz der Beigeladenen v. 25.1.2019). Außerdem verfügt er gegenwärtig mit seiner knapp 366 ha Gesamtfuttereignungsfläche nur über rund 14% (DLG-Rezeptur) bzw. 30% (Eigenrezeptur) mehr Fläche als insgesamt notwendig. Dass dieser Überschuss für weitere dreißig Jahre bestehen bleibt, lässt sich angesichts einer Pachtquote von rund 88,8% und angesichts des Umstands, dass bei über 35 Verträgen (mit einem Gesamtumfang von rund 50 ha) nur ein sehr kurzes Verlängerungsintervall von einem Jahr vereinbart wurde, nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit beurteilen. Daran ändert auch der Umstand insgesamt seit langem anwachsender Pachtflächen nichts. Hinzutritt, dass offenbar kaum Verträge nach den Vorgaben des Landpachtverkehrsgesetzes angezeigt wurden und daher jedenfalls einzelne von ihnen derzeit latent von behördlicher Beanstandung bedroht sind.
Die Beurteilung fällt schließlich auch nicht anders aus, weil die Verträge nach Angaben der Beigeladenen zum großen Teil über automatische Verlängerungsklauseln verfügen, sich also jederzeit verlängern, solange nicht eine der Vertragsparteien aktiv die Kündigung erklärt, und insoweit ein erneuter Vertragsabschluss entbehrlich ist. Eine normativ relevante Erhöhung der Zukunftsträchtigkeit eines Vertrags ist damit nicht verbunden. Eine solche Klausel erspart gegebenenfalls organisatorischen Aufwand und mag es im Einzelfall auch einem Verpächter psychologisch erschweren, einen Vertrag aufzulösen oder eine Änderung seiner Inhalte, insbesondere hinsichtlich des Pachtzinses, zu fordern. Sicherheit gegenüber einem „wirklichen“ Willenswandel des Verpächters bietet eine solche Klausel indes nicht. Doch dieser Schutz ist gerade notwendig, um einen Vertrag (nach den entwickelten Kriterien) als ausreichend lange verfügbar einzustufen. Dies setzt voraus, dass das Vertragsverhältnis vor Ablauf der vereinbarten langen Laufzeit nur ausnahmsweise (etwa durch außerordentliche Kündigung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage) beendet werden kann; die bloße automatische Verlängerung ist hiermit nicht vergleichbar.
(5) Angesichts dieses Ergebnisses kann letztlich offen bleiben, ob auf der dritten Stufe noch Wertungskorrekturen zu Lasten der Beigeladenen deshalb vorzunehmen wären, weil rechtlich oder zumindest ökonomisch Teile der vorhandenen Flächen dem eigenständigen Betrieb „Biogasanlage“ zuzurechnen sind (vgl. hierzu die aufgeworfenen Fragen des BayVGH, B.v. 6.8.2018 – 22 CS 18.1097 – juris Rn. 37 ff.). Es kommt daher nicht darauf an, ob der jedenfalls nicht unplausible Vortrag der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, jeder der beiden Betriebe sei isoliert ökonomisch tragfähig, durch die vorgelegten Betriebskonzepte und steuerlichen Unterlagen zur Überzeugung des Gerichts wirklich nachgewiesen werden konnte.
3. Der im Fehlen ausreichend lange zur Verfügung stehender Futterflächen gründende Rechtsverstoß kann nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren i.S.v. § 7 Abs. 5 UmwRG behoben werden kann.
Eine Entscheidungsergänzung scheidet aus. Die Konstellation der Ergänzung ist in ihrem Ursprung aus dem Planfeststellungsrecht dadurch charakterisiert, dass die Planung nicht zu beanstanden ist und damit sicher feststeht, dass das Vorhaben verwirklicht werden darf (vgl. Seibert, NVwZ 2018, 97/99). Das Instrument der Entscheidungsergänzung dürfte auf konditionale Zulassungsentscheidungen kaum übertragbar sein, setzt aber jedenfalls eine behördliche Ermessensentscheidung oder eine in den Zulassungstatbestand integrierte (etwa naturschutzrechtliche) Abwägungsentscheidung voraus (vgl. Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 86. EL April 2018, § 7 UmwRG Rn. 96). Hieran fehlt es. Außerdem steht die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gerade in Frage und ist insoweit die Gesamtkonzeption des Vorhabens berührt (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2018 – 22 CS 18.1097 – juris Rn. 49).
Eine wegen Flächenmangels fehlende Privilegierung ist auch keinem ergänzenden Verfahren zugänglich. Ein ergänzendes Verfahren kommt nur in Betracht, wenn der Verstoß nicht von solcher Art und Schwere ist, dass er das Vorhaben in der geplanten Form als Ganzes von vornherein infrage stellt (vgl. Seibert, NVwZ 2018, 97/100; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 86. EL April 2018, § 7 UmwRG Rn. 113). Dies ist indes der Fall, wenn die Privilegierung des Vorhabens in Rede steht (vgl. BayVGH, B.v. 6.8.2018 – 22 CS 18.1097 – juris Rn. 50).
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die unterliegenden Beigeladenen sind an den Kosten zu beteiligen, weil sie einen Antrag gestellt haben. Sie haften dabei nach § 159 Satz 1 VwGO neben dem Beklagten zu gleichen Teilen und nach § 159 Satz 2 VwGO als Gesamtschuldner. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen der Beklagte und die Beigeladenen selbst. Soweit die Klage unzulässig ist, liegt ein Unterlegen nur zu einem geringen Teil i.S.v. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO vor.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
D.
Die Berufung war zuzulassen, weil der Frage der Berechnung des Flächenbedarfs eines landwirtschaftlichen Tierhaltungsbetriebs grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Berechnungsmodalitäten – insbesondere die Notwendigkeit, flächenintensive Eiweißlieferanten anzusetzen – bisher obergerichtlich nicht geklärt sind (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).


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