Baurecht

Kein Anspruch auf Einschreiten nach Trinkwasserverordnung bei Legionellenkontamination

Aktenzeichen  M 26 E 19.3334

Datum:
7.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7964
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TrinkwV § 9 Abs. 8, § 16 Abs. 7
VwGO § 123

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EURO festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin verschiedene Maßnahmen nach der Trinkwasserverordnung.
Die Antragstellerin ist Mieterin einer Wohnung in der A… Straße … in M. im Objekt der WEG A…straße …, … B… Ring … …
Mit orientierender Trinkwasseruntersuchung vom … Januar 2018 wurde in diesem Objekt eine hohe Legionellenkontamination (maximale Keimzahl 2.000 KBE (Koloniebildende Einheiten) /100 ml festgestellt. Eine erste Nachuntersuchung am … März 2018 ergab eine extrem hohe Legionellenkontamination (maximale Keimzahl 10.300 KBE/100 ml) im Warmwassersystem.
Nach Mitteilung dieser Ergebnisse an das zuständige Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) der Antragsgegnerin forderte diese die WEG, vertreten durch die (damalige) Hausverwaltung, die A… … … GmbH, zur unverzüglichen Einleitung von geeigneten Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Verbraucher auf. Daraufhin wurde durch die A… am … April 2018 ein Duschverbot mit Ankündigung des Einsatzes von endständigen Legionellenfiltern und Mitteilung von Verhaltensregeln ausgesprochen.
Auf Schreiben der Antragsgegnerin vom … Mai 2018 legte die A… der Antragsgegnerin eine Gefährdungsanalyse (Datum der Begehung: … April 2018) vor, aus der sich erheblicher Sanierungsbedarf ergibt.
Nachdem eine Aufforderung der Antragsgegnerin vom … August 2018 zur Vorlage eines Sanierungsplans auf der Grundlage der Gefährdungsanalyse ergebnislos geblieben war, forderte die Antragsgegnerin die A… mit Anhörungsschreiben vom … August 2018 unter Fristsetzung bis zum 10. September 2018 u.a. zur Vorlage eines Sanierungsplanes auf. Daraufhin legte die A… einen Maßnahmen- und Sanierungsplan vom … September 2018 mit Benennung bereits umgesetzter, kurzfristig und langfristig umzusetzender Sanierungsmaßnahmen vor. Die Umsetzung der Arbeiten aus dem Maßnahmen- und Sanierungsplan wurde zugesichert.
Nachdem formlose Erkundigungen nach dem Stand der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen erfolglos geblieben waren, forderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom … November 2018 die A… unter Fristsetzung bis zum 3. Dezember 2018 u.a. zur Information darüber auf, welche Maßnahmen zur Mängelbeseitigung bereits umgesetzt wurden und welche noch ausstünden.
Mit Schreiben vom … Dezember 2018 bat die A… um Fristverlängerung bis Ende März/Anfang April 2019, um einer außerordentlichen Eigentümerversammlung ein wirtschaftliches Angebot eines geeigneten Installationsbetriebs unterbreiten zu können. Die meisten Installationsbetriebe hätten keine Kapazitäten frei oder seien zur Ertüchtigung eines so großen Anwesens nicht geeignet.
Sachstandsanfragen durch die Antragsgegnerin bei der A… erfolgten am … März und … März 2019. Hieraus ergab sich, dass der von der Antragsgegnerin gesetzte Termin Ende März zur Beauftragung der Sanierungsarbeiten nicht eingehalten werden könne, weil noch keine Angebote von Sanitärfachfirmen vorlägen.
Mit Anhörungsschreiben vom … April 2019 wurde unter Fristsetzung bis zum 2. Mai 2019 die A… u. a. aufgefordert, zum aktuellen Stand der Umsetzung des Sanierungsplans vom … September 2018 konkret Stellung zu nehmen.
Mit Schreiben vom … Mai 2019 teilte die A… mit, dass die Firma B… … für die Planung und Ausschreibung zur Sanierung des streitgegenständlichen Objekts beauftragt worden sei. Diese teilte der Antragsgegnerin am … Mai 2019 mit, dass der Sanierungsplan vom … September 2018 aus ihrer Sicht hinfällig sei und dass näher beschriebene Maßnahmen durch ein Planungsbüro zu erbringen und auszuschreiben seien. Die Gesamtkosten würden auf ca. 150.000 – 200.000 EUR netto geschätzt. Erfahrungsgemäß sei hier ein Zeitfenster von ca. 3 Monaten für die Planungsleistungen, Angebotseinholung und -auswertung und den notwendigen Eigentümerbeschluss einzuplanen. Weitere ca. 3 Monate dauerten dann schätzungsweise die Umsetzung der Maßnahmen.
Mit diesen Maßnahmen und dem aufgezeigten zeitlichen Rahmen zeigte sich die Antragsgegnerin am … Mai 2019 einverstanden. Am … Juni 2019 informierte die B… die Antragsgegnerin darüber, dass sie in Kenntnis gesetzt werde, wann die notwendige Eigentümerversammlung stattfinde. Aufgrund der Beschlüsse in den Eigentümerversammlungen am … Juli 2019 und am … Oktober 2019 wurden Angebote bezüglich der Sanierungsmaßnahmen angenommen und diese beauftragt.
Von den in der Gefährdungsanalyse vom … April 2018 festgestellten notwendigen Arbeiten wurde lediglich der Rückbau der Be- und Entlüfter an den Strangenden in den Wohnungen nur teilweise durchgeführt. Nach Angaben der Antragsgegnerin wurden alle anderen Arbeiten in den Kalenderwochen 43 bis 48 2019 durchgeführt.
Im Laufe der Jahre 2018 und 2019 wurden in unregelmäßigen Abständen Nachuntersuchungen im betroffenen Objekt durchgeführt, die jeweils hohe, mittlere oder geringe Kontamination des Trinkwassers ergaben. Bei den Entnahmestellen in der Wohnung der Antragstellerin (4. Obergeschoss rechts) ergab sich jeweils keine Überschreitung des technischen Maßnahmewerts. Die letzte bekannte (siebte) Nachuntersuchung am … Dezember 2019 (nach Beginn der Sanierungsmaßnahmen) ergab für das Kaltwasser wiederum eine mittlere Legionellenkontamination (300 KBE/100 ml) und für das Warmwasser eine hohe Kontamination (1.300 KBE/ 100 ml).
In Reaktion hierauf forderte die Antragsgegnerin bei der seit 1. Januar 2020 zuständigen Hausverwaltung C …  KG den Nachweis über die Beauftragung der Überarbeitung der Gefährdungsanalyse, eine Aufstellung weiterer durchzuführende Maßnahmen sowie einen Sanierungsplan in Bezug auf die überarbeitete Gefährdungsanalyse an. Ein Anhörungsschreiben zum Erlass einer zwangsgeldbewehrten Anordnung ist angekündigt.
Nach Aktenlage erstmals im Juni 2018 wandte sich die Antragstellerin direkt an die Antragsgegnerin und wies auf die mangelhaften Zustände und die zögerliche Mängelbeseitigung im betroffenen Anwesen hin. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom … Februar 2019 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass die Verantwortung zur Umsetzung der Maßnahmen der Hausverwaltung obliege. Das RGU forciere und überwache die Umsetzung der erforderlichen Schritte zur Minimierung der Legionellenkontamination durch die Hausverwaltung. Dem RGU sei die Ausführung der im Sanierungsplan vom … September 2018 enthaltenen Maßnahmen zugesichert worden. Die Hausverwaltung habe darüber informiert, dass die Beauftragung einer Fachfirma bislang nachvollziehbar an der Auslastung der Fachbetriebe gescheitert sei.
Mit Schreiben vom 14. Juli 2019 beantragt die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht München:
„die Antragsgegnerin zu verpflichten
1. Einhaltung der Trinkwasserversorgung, inklusive Einhaltung der maximal zulässigen Legionellenwerte.
2. Maßnahmen zur Abwehr einer Legionellengefahr bzw. Durchführung plus Beendigung von Sanierungsmaßnahmen bis spätestens 30.09.2019 im Interesse des vorbeugenden Gesundheitsschutzes durchzuführen: Gesundheitsvorsorge stellt ein hohes Schutzniveau
3. Termine für Sanierungsmaßnahmen
4. Schreiben der Antragsgegnerin an den USL, z.B. Schreiben inklusive zwangsgeldbewährter Anordnung mit letztmaliger Fristverlängerung für die Auftragsvergabe bis zum 31.03.2019
5. aktuelle Nutzerinformation, zum Beispiel Reinigung, Spülung, Duschfilter, Wassertemperatur
6. Herausgabe Legionellen-Einzel-Messergebnisse vom …06.2014
7. Herausgabe Einzelmessergebnisse Probenentnahme vom …03.2019: laut Aushang keine Information Kaltoder Warmwasser
8. Herausgabe Einzelmessergebnisse Probenentnahme vom …05.2019: laut Aushang Kaltwasser:
9. Herausgabe Einzelmessergebnisse Probenentnahme vom …05.2019: laut Aushang Kaltwasser (richtig Warmwasser?)
10. Terminierung Nachuntersuchung, fällig seit …06.2019
11. vollständige Einzelmessergebnisse „Coliforme Bakterien“ Probenentnahme vom …05.2019 Firma E…
12. Herausgabe Messergebnisse dosierte Anlage 2015-2019 Firma F…“
Die WEG-Gemeinschaft und die Vermieterin würden trotz mehrfacher Bitten ihren Informationspflichten nicht nachkommen und seien zu notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht bereit. Gesundheitsvorsorge sei eine wichtige Aufgabe. Maßnahmen zur Abwehr einer Legionellengefahr seien deshalb innerhalb der gesetzlichen Fristen konsequent durchzuführen. Der Einbau von Duschfiltern als kurzfristige Maßnahme sei nicht ausreichend. Das Verwaltungshandeln der Antragsgegnerin sei bislang unzureichend.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Anträge seien zum Teil schon unzulässig, die Landeshauptstadt sei nicht die richtige Antragsgegnerin. Im Übrigen seien die Anträge unbegründet. Der Antragstellerin drohten in Bezug auf den dargestellten Sachverhalt keine wesentlichen Nachteile oder sonstige Gefahren, welche die beantragten Regelungen rechtfertigen könnten. Die Antragstellerin habe die von der A… angeforderten Unterlagen erhalten. Einen Gesprächstermin zur Klärung des Gesamtsachverhaltes habe die Antragstellerin abgelehnt. Aktuell liege eine Erklärung des Bevollmächtigten der A… vor, mit der er glaubhaft die Einhaltung der Verpflichtungen der Trinkwasserverordnung zusichere. Ein weiteres verwaltungsrechtliches Einschreiten des RGU sei daher nicht erforderlich und zudem unverhältnismäßig.
Mit Beschluss vom 23. März 2020 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Anträge nach § 123 VwGO haben keinen Erfolg. Sie sind teilweise bereits unzulässig; soweit sie zulässig sind, sind sie unbegründet.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Fall der sogenannten Sicherungsanordnung). Zur Regelung eines vorläufigen Zustands kann es eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Fall der sogenannten Regelungsanordnung, § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Mit den vorliegenden Anträgen begehrt die Antragstellerin vom Gericht, Regelungsanordnungen zu erlassen, da diese ein Tätigwerden des Antragsgegners zum Inhalt haben und nicht lediglich auf eine Absicherung eines bestehenden Rechtszustandes abzielen.
2. Die Herausgabeanträge (Nrn. 6 bis 9, 11 und 12) sind bereits unzulässig, weil diesbezüglich kein Anordnungsgrund geltend gemacht ist. Eine besondere Dringlichkeit der Herausgabe der (Einzel-)messergebnisse aus der Vergangenheit, die es ausschließt, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Dies gilt insbesondere für den Antrag (Nr. 6) auf Herausgabe der Legionellen-Einzel-Messergebnisse vom …6.2014, weil diese Messung weit in der Vergangenheit liegt. Eine besondere Dringlichkeit kann hier unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vorliegen. Dies gilt aber auch für alle übrigen Herausgabeanträge bezüglich den Messergebnissen aus dem Jahre 2019 (Nrn. 7 bis 9, 11 und 12), da auch hier nicht vorgetragen ist, warum die Herausgabe so eilig ist, dass es ausgeschlossen ist, diese mit einer Hauptsacheklage zu erstreiten. Dies ist auch insofern der Fall, als nach dem Akteninhalt die Antragstellerin durch die Antragsgegnerin die Möglichkeit hatte, solche Ergebnisse bei der Antragsgegnerin einzusehen. Schließlich fehlt es bezüglich der Herausgabeanträge an einer besonderen Dringlichkeit im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit, weil die Antragstellerin, die bereits seit längerer Zeit einen Rechtsstreit vor dem Amtsgericht München gegen ihre Vermieterin führt, auf diesem (zivilrechtlichen) direktem Wege die streitgegenständlichen Herausgabeansprüche schneller und effektiver durchsetzen könnte als gegen die Antragsgegnerin.
Die übrigen Anträge sind im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzziels (§§ 88, 122 Abs. 1 VwGO) so auszulegen, dass die Antragstellerin mit ihnen einheitlich ein Einschreiten der Antragsgegnerin gegen den nach der Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung – TrinkwV -) Verpflichteten im Sinne des Aufgebens bestimmter zielführender, die Gesundheitsgefahren durch Legionellen endgültig beseitigender Maßnahmen nach der TrinkwV (die Antragstellerin nennt hier konkret etwa die Terminierung von Nachuntersuchungen und Sanierungsmaßnahmen und zwangsgeldbewehrten Anordnungen) begehrt. Ihr Vorbringen ergibt, dass sie die bisher getroffenen Maßnahmen für nicht ausreichend für den Gesundheitsschutz erachtet. Damit macht sie der Sache nach einen Anspruch auf eine entsprechende ermessensfehlerfreie Entscheidung der Antragsgegnerin geltend, da der Antragsgegnerin bei der Entscheidung über Maßnahmen jedenfalls hinsichtlich des „Wie“ Ermessen eingeräumt ist (siehe unten unter 3.1.1). Der Antrag Nr. 1 auf „Einhaltung der Trinkwasserverordnung inklusive Einhaltung der maximal zulässigen Legionellenwerte“ als solche gibt keinen zulässigen Inhalt einer einstweiligen Anordnung wieder, weil diese Pflicht den nach der TrinkwV Verpflichteten trifft und die Antragsgegnerin als zuständige Behörde im Interesse des Gesundheitsschutzes nur darauf hinwirken kann und muss, dass jener diesen Zustand herstellt.
Für ein so ausgelegtes Antragsbegehren hat die Antragstellerin einen zur Zulässigkeit einer Regelungsanordnung notwendigen Anordnungsanspruch geltend gemacht. Sie behauptet, selbst als Mieterin einen Anspruch auf Einschreiten der Antragsgegnerin gegen den nach TrinkwV Verpflichteten zu haben. Es erscheint nicht von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass die Antragstellerin als Mieterin einer Wohnung der von Legionellenbefall betroffenen Liegenschaft und Nutzerin des Trinkwasserssystems, mithin als Verbraucherin, aufgrund der Vorschriften der TrinkwV ein subjektives Recht auf Einschreiten gegen die Antragsgegnerin hat. Ein solches Recht kann sich aus den hier für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften des § 9 Abs. 8 i.V.m. § 16 Abs. 7 TrinkwV ergeben. In § 16 Abs. 7 TrinkwV werden bei Legionellenbefall Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher vom Verantwortlichen gefordert und beispielsweise eine Informationspflicht zugunsten betroffenen Verbraucher festgelegt. In § 9 Abs. 8 TrinkwV wird die zuständige Behörde ermächtigt, auf die Einhaltung dieser Pflichten gegenüber dem Verantwortlichen im Interesse des Gesundheitsschutzes notfalls mit hoheitlichen Mitteln hinzuwirken, wobei die mittelbar Begünstigten dieses Handelns der abgrenzbare Personenkreis der Verbraucher und Mieter der betroffenen Anlage sind. Damit dienen diese Normen neben dem Allgemeininteresse am Schutzes der öffentlichen Gesundheit in Bezug auf Trinkwasser zumindest auch dem Schutz eines im Einzelfall von der Allgemeinheit abgrenzbaren Personenkreises und verleiht diesem subjektive öffentliche Rechte auf Einhaltung der genannten Normen auch gegen die Antragsgegnerin im Sinne einer Anspruchsgrundlage für ein Einschreiten gegen den Verantwortlichen.
Außerdem trägt die Antragstellerin implizit vor, dass das Einschreiten der Antragsgegnerin aufgrund der in Betracht kommenden Gesundheitsgefahren durch Legionellen derart eilbedürftig ist, dass mit entsprechenden Maßnahmen nicht bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens zugewartet werden könne. Damit macht sie auch einen Anordnungsgrund geltend.
3. Der Antrag gegen die Antragsgegnerin auf Einschreiten gegen den Unternehmer oder sonstigen Inhaber der Wasserversorgungsanlage ist zulässig, aber unbegründet.
Die Antragstellerin hat bei summarischer Prüfung keinen Anspruch aus § 9 Abs. 8 i.V.m. § 16 Abs. 7 der TrinkwV auf Einschreiten der Antragsgegnerin gegen den Verpflichteten.
3.1. Nach dieser Vorschrift fordert das Gesundheitsamt, wenn ihm bekannt wird, dass der in Anlage 3 Teil II festgelegte technische Maßnahmewert in einer Trinkwasser-Installation überschritten wird, den Unternehmer oder sonstigen Inhaber der verursachenden Wasserversorgungsanlage (im folgenden UsI), der seinen Pflichten nach § 16 Abs. 7 nicht nachkommt, auf, diese Pflichten zu erfüllen (Satz 1). Kommt dieser seinen Pflichten auch nach der Aufforderung durch das Gesundheitsamt nicht fristgemäß und vollständig nach, prüft das Gesundheitsamt, ob und in welchem Zeitraum Maßnahmen zum Gesundheitsschutz erforderlich sind, und ordnet diese gegebenenfalls an (Satz 2). Befugnisse des Gesundheitsamtes aus § 20 bleiben unberührt (Satz 3).
Nach § 16 Abs. 7 TrinkwV hat der UsI bei Bekanntwerden einer Überschreitung des in Anlage 3 Teil II festgelegten technischen Maßnahmenwerts unverzüglich Untersuchungen zur Aufklärung der Ursachen durchzuführen oder durchführen zu lassen, eine Gefährdungsanalyse zu erstellen oder erstellen zu lassen und die Maßnahmen durchzuführen oder durchführen zu lassen, die nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich sind (Satz 1). Der UsI hat dem Gesundheitsamt die von ihm ergriffenen Maßnahmen unverzüglich mitzuteilen (Satz 2). Er hat zu den Maßnahmen Aufzeichnungen zu führen oder führen zu lassen (Satz 3) und sie dem Gesundheitsamt auf Anforderung unverzüglich vorzulegen (Satz 4). Über das Ergebnis der Gefährdungsanalyse und sich möglicherweise daraus ergebende Einschränkungen der Verwendung des Trinkwassers hat der UsI unverzüglich die betroffenen Verbraucher zu informieren.
Nach den eben zitierten Vorschriften ist es Aufgabe und Pflicht des UsI, bei relevantem Legionellenbefall, wie vorliegend, zu handeln und die Maßnahmen zu treffen, die zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher erforderlich sind (vgl. Überschrift des 4. Abschnitts der TrinkwV „Pflichten des Unternehmers und des sonstigen Inhabers einer Wasserversorgungsanlage“. Die im Abschnitt 4 festgelegten Anzeige-, Untersuchungs- und Handlungspflichten, auch die insoweit im vorliegenden Fall einschlägigen Handlungspflichten in § 16 Abs. 7, treffen den UsI und nicht die Antragsgegnerin. Diese wacht vielmehr als insoweit zuständiges Gesundheitsamt über die Einhaltung der Handlungspflichten, die den UsI treffen, und ordnet ihm gegenüber gegebenenfalls Maßnahmen zum Gesundheitsschutz an, wenn sich dies als erforderlich erweist. Hierzu legt § 9 Abs. 8 TrinkwV ein abgestuftes Verfahren fest, wonach bei relevantem Legionellenbefall, wenn der UsI seinen einschlägigen Pflichten nicht nachkommt, er zunächst durch das Gesundheitsamt aufgefordert wird, diese Pflichten zu erfüllen (Satz 1). Fruchtet dies nichts oder nicht fristgemäß oder nicht vollständig, befindet das Gesundheitsamt in einem zweiten Schritt, ob und welche Maßnahmen zum Gesundheitsschutz erforderlich sind, und ordnet diese gegebenenfalls an (Satz 2). Davon unabhängig sind (hier nicht einschlägige) Anordnungen des Gesundheitsamtes nach § 20 TrinkwV möglich.
Damit ist § 9 Abs. 8 TrinkwV eine Eingriffsnorm gegenüber dem UsI, die die zuständige Behörde grundsätzlich im ersten Schritt zum Handeln gegen einen säumigen UsI verpflichtet („fordert auf“ – gebundene Entscheidung). Die Entscheidung, ob nach erfolgloser Aufforderung durch das Gesundheitsamt Maßnahmen zum Gesundheitsschutz zu treffen sind, steht aber nach dem Wortlaut der Vorschrift im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde. Trotz des Fehlens einer auf ein Ermessen eindeutig hinweisenden „Kann“-Formulierung ergibt sich aus der gesetzlichen Formulierung, wonach das Gesundheitsamt prüft, ob überhaupt und in welchem Zeitraum Maßnahmen zum Gesundheitsschutz erforderlich sind, die „gegebenenfalls“ angeordnet werden, dass der Behörde schon hinsichtlich des „Ob“ des Einschreitens ein Ermessen eingeräumt ist. Hinsichtlich Art und Umfang der Maßnahmen – „wie“ des Eingreifens – ist der Behörde ebenfalls Ermessen eingeräumt. Das behördliche Ermessen wird aber jedenfalls dadurch beschränkt, dass es sich um zum Gesundheitsschutz erforderliche Maßnahmen handeln muss. Darüber hinaus sind dem Ermessen hier wie sonst durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt.
3.2 Bei Anwendung dieser Maßstäbe auf den vorliegenden Fall ergibt sich, dass die Antragsgegnerin die WEG, vertreten durch die (damalige) Hausverwaltung, bereits mehrmals aufgefordert hat, die Pflichten nach § 16 Abs. 7 TrinkwV zu erfüllen und, dass dem die WEG bisher nicht vollständig nachgekommen ist. Die dem Gesundheitsschutz nicht entsprechenden Zustände dauern offenbar auch heute noch an, was sich daraus ergibt, dass die aktuellen Beprobungen laut Nutzerinformation der Hausverwaltung eine hohe und mittlere Kontamination ausweisen. Damit hatte die Antragsgegnerin zu prüfen, ob und welche Maßnahmen in welchem Zeitraum zum Gesundheitsschutz erforderlich sind.
Das Gericht kann nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin bei der Betätigung ihres Auswahlermessens gegen die WEG ermessensfehlerhaft gehandelt hat. Wie Sie mit Schreiben vom … August 2019 und vom … Februar 2020 dargelegt hat und wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, hat sie die WEG von Beginn an teils formlos, teils im förmlichen Verwaltungsverfahren, zur Einhaltung der Verpflichtungen nach § 16 Abs. 7 TrinkwV angehalten. Letztlich wurden auf Druck der Antragsgegnerin Beschlüsse der WEG in den Eigentümerversammlungen vom … Juli 2019 und … Oktober 2019 gefasst, mit denen Sanierungsmaßnahmen beauftragt wurden. Entsprechende notwendige Sanierungsmaßnahmen wurden inzwischen durchgeführt und bis auf den Rückbau der Be- und Entlüfter an den Strangenden in den Wohnungen vollständig durchgeführt. Mit Blick auf die Feststellung erneut hoher Legionellenkontamination auch nach Durchführung der Sanierungsmaßnahmen wurde im Januar 2020 eine Überarbeitung der Gefährdungsanalyse gefordert und die WEG wiederum förmlich angehört. Der Antragstellerin ist zwar zuzugeben, dass die WEG bzw. die beauftragte Hausverwaltung von Anfang an bis heute offenbar nur auf entsprechenden Druck durch die Antragsgegnerin (und nicht zuletzt durch die Antragstellerin selbst) gehandelt hat. Im Ergebnis ist aber nicht zu beanstanden, dass es bislang nicht zu zwangsgeldbewehrten Anordnungen gekommen ist, da die WEG letztlich ihren Pflichten jeweils vor Erlass einer zwangsgeldbewehrten Verfügung nachgekommen ist. Die WEG hat in der Vergangenheit insoweit nachvollziehbar auf Schwierigkeiten der Ausschreibung der aufgrund der Größe des zu sanierenden Objekts sehr umfangreichen Arbeiten verwiesen. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass das Handeln der Antragsgegnerin auch der WEG gegenüber unter der Anforderung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes steht. Auch ist zu bedenken, dass der Erlass einer zwangsgeldbewehrten Verfügung letztlich keine Abhilfe für das Problem schaffen würde, da das Zwangsgeld kein geeignetes Druckmittel für die WEG ist, die eher die (höheren) Kosten der Sanierungsmaßnahmen fürchtet. Aktuell ist unklar, weshalb trotz der durchgeführten Sanierungsmaßnahmen weiterhin eine hohe Legionellenbelastung im fraglichen Anwesen besteht. Hier wird die Antragsgegnerin weiterhin gegenüber der WEG zeitnah darauf zu drängen haben, dass diesbezüglich Ursachenforschung betrieben und gegebenenfalls die Beseitigung von Ursachen möglichst zeitnah stattfinden wird. Dass nunmehr, wie von der Antragstellerin aktuell gefordert, eine Ersatzvornahme durch die Antragsgegnerin zwingend erforderlich und die einzige rechtmäßige Handlungsalternative für die Antragsgegnerin ist, ist nicht plausibel dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich.
Vor diesem Hintergrund kommt eine einstweilige Anordnung des Gerichts an die Antragsgegnerin, über die bisher veranlassten hinausgehende Maßnahmen gegen die WEG zu treffen, nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zum Streitwert aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war ebenfalls abzulehnen, §§ 166 VwGO, 114 ff. ZPO, da nach dem dargelegten der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe ergeht kostenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.


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