Baurecht

Keine Duldungsverpflichtung aus Vereinbarung mit Voreigentümer

Aktenzeichen  M 10 K 18.6116

Datum:
13.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 30689
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 905 S. 2,§ 1004
WHG § 93 S. 2
EWS § 19 Abs. 1 S. 2
GG Art. 14 Abs. 1
BayVwVfG Art. 58 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Der Beklagte wird verurteilt, es zu dulden, dass die Klägerin den auf den Grundstücken mit den Flurnummern … und … der Gemarkung … … verlaufenden Abwasserkanal beseitigt.
III. Hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens, im Übrigen der Beklagte.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.
Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde, war das Verfahren gem. § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
Im Übrigen hat die zulässige Klage Erfolg.
Über das Bestehen eines ursprünglich mit der Klage verfolgten Beseitigungsanspruchs der Klägerin gegenüber dem Beklagten ist nach der insoweit erfolgten Klagerücknahme nicht mehr zu entscheiden. Wie die Klägerin durch ihre Klagerücknahme zugestanden hat, ist ein Beseitigungsanspruch entsprechend § 1004 Abs. 1 BGB verjährt. Soweit die Klägerin den ursprünglich als Hilfsantrag angekündigten Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Duldung der Beseitigung des Abwasserkanals durch die Klägerin als unbedingten Klageantrag aufrechterhalten hat, hat die Klage Erfolg.
1. Der Beklagte ist für den geltend gemachten Duldungsanspruch passivlegitimiert.
Der Beklagte ist Anspruchsgegner des klägerischen Anspruchs auf Duldung der Beseitigung des auf den klägerischen Grundstücken befindlichen Abwasserkanals. Auch wenn der Markt … … auf Grundlage seiner Entwässerungssatzung vom 16. Dezember 2011 eine eigene Anlage zur Abwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung betreibt, macht die Klägerin vorliegend richtigerweise einen Anspruch gegenüber dem Beklagten geltend. Zum einen tritt bzw. trat der Beklagte im Zusammenhang mit der ihm nach § 4 Abs. 1 Verbandssatzung übertragenen Aufgabe der Planung, Errichtung, Unterhaltung und des Betriebs seiner Anlagen – wozu auch der streitgegenständliche Abwasserkanal zählt – klar als selbständiger Rechtsträger nach außen auf. Ein sog. „Innenverband“, der ausschließlich im Innenverhältnis zu seinen Mitgliedsgemeinden auftritt, während im Außenverhältnis ausschließlich die jeweilige Mitgliedsgemeinde handelt, liegt nicht vor. Dies zeigt gerade der Umstand, dass der Beklagte im Zuge der Verlegung des Abwasserkanals selbst Vereinbarungen mit den damaligen Eigentümern der streitgegenständlichen Grundstücke abgeschlossen hat. Als sogenannter „actus contrarius“ zur damaligen Verlegung des Abwasserkanals ist nun die Entfernung desselben einzuordnen, weshalb davon auszugehen ist, dass aus § 4 Abs. 1 Verbandssatzung sowohl die Befugnis des Beklagten folgt, überhaupt tätig zu werden, als auch insoweit selbständig im Rechtsverkehr aufzutreten.
2. Die Klägerin hat aus Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 1004 BGB analog einen Anspruch gegen den Beklagten darauf, dass dieser die Beseitigung des Abwasserkanals durch die Klägerin duldet.
Sind auf einem Grundstück fremde Leitungen verlegt, deren Beseitigung der Eigentümer nach § 1004 BGB verlangen konnte, entsteht auch nach Verjährung des Anspruchs nach § 1004 BGB nicht etwa ein Recht des Störers, die Leitungen auf dem Grundstück zu belassen. Der Eigentümer ist vielmehr berechtigt, die verlegten Leitungen von seinem Grundstück zu entfernen; einen damit verbundenen Eingriff in seine Sachen muss der Störer dulden. Die Verjährung des Anspruchs aus § 1004 BGB hat lediglich zur Folge, dass der Grundstückseigentümer die Störung nur auf eigene Kosten beseitigen kann. Die Gefahr, dass das eingetragene Recht infolge der Verjährung des Beseitigungsanspruchs „inhaltslos“ wird, besteht nicht; ebenso wenig wird das Grundstückseigentum faktisch mit einer aus dem Grundbuch nicht ersichtlichen Duldungsdienstbarkeit belastet (BGH, U.v. 28.1.2011 – V ZR 141/10 – juris Rn. 9). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 12.7.2013 – 9 B 12.13 – juris Rn. 4) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – juris Rn.17) ist der Grundstückseigentümer befugt, rechtswidrige Störungen seines Eigentums nach entsprechender Ankündigung (BayVGH, U.v. 8.2.2012 – 4 B 11.175 – juris Rn. 29) auf eigene Kosten zu beseitigen. Dieses Recht folgt bei Eigentumsverletzungen durch hoheitliche Maßnahmen im öffentlichen Recht unmittelbar aus dem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrecht (BayVGH, B.v. 8.3.2019 – 4 CE 18.2597 – juris Rn. 11). Das öffentliche Recht schützt den Eigentümer nicht weniger als das Zivilrecht und gewährt ebenso Abwehransprüche (BVerwG, U.v. 21.9.1984 – 4 C 51.80 – BayVBl 1985, 154).
3. Im Vorhandensein des Abwasserkanals auf den klägerischen Grundstücken ohne Einverständnis der Klägerin liegt eine Eigentumsbeeinträchtigung i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB (BayVGH, U.v. 15.7.2013 – 4 B 12.77 – juris Rn. 17; VG München, U.v. 16.7.2015 – M 10 K 14.4227 – juris Rn. 22; BGH, U.v. 1.2.1994 – VI ZR 229/92 – juris Rn. 19).
4. Die Klägerin ist nicht zur Duldung des Abwasserkanals auf ihren Grundstücken verpflichtet.
Eine Verpflichtung zur Duldung des Abwasserkanals könnte sich aufgrund einer dinglichen Sicherung, einer vertraglichen Vereinbarung oder nach privatrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (vgl. BayVGH, B.v. 8.3.2019 – 4 CE 18.2597 – juris Rn. 12 ff.; U.v. 5.10.2009 – 4 B 08.2877 – juris Rn. 20). Vorliegend ergibt sich aus keinem der genannten Gründe eine Verpflichtung der Klägerin, den streitgegenständlichen Abwasserkanal einschließlich seiner bis an die Oberfläche reichenden Revisionsschächte auf ihren Grundstücken zu dulden.
a) Eine dingliche Sicherung des Abwasserkanals ist im Grundbuch der Gemarkung … … nicht eingetragen, sodass sich aus einer solchen keine Duldungsverpflichtung ergeben kann.
b) Ebenfalls abzulehnen ist eine vertragliche Verpflichtung der Klägerin zur Duldung des Abwasserkanals auf ihren Grundstücken. Die Klägerin hat sich selbst nicht vertraglich zur Duldung verpflichtet. Zudem ergibt sich eine Duldungspflicht nicht aus den Vereinbarungen zwischen dem Beklagten und den damaligen Eigentümern der Grundstücke aus dem Jahr 1977. An die dort durch die Eigentümer erklärten Gestattungen ist die Klägerin nicht gebunden, denn schuldrechtliche Vereinbarungen begründen Rechte und Pflichten grundsätzlich nur für die Vertragsschließenden, nicht für ihre Rechtsnachfolger (BGH, U.v. 10.3.2006 – V ZR 48/05 – juris Rn. 18). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt zu Lasten der Klägerin nicht etwa deshalb, weil in § 4 der Vereinbarungen aus dem Jahr 1977 festgelegt wurde, dass die getroffenen Regelungen auch für eventuelle Rechtsnachfolger gelten würden. Diese Regelungen stellen nach ständiger Rechtsprechung einen unwirksamen Vertrag zu Lasten Dritter dar und begründen keine Pflicht für die Klägerin als damals nicht am Vertrag Beteiligte (ebenfalls zur Verlegung eines Abwasserkanals BGH, a.a.O; U.v. 29.6.2004 – VI ZR 211/03 – juris Rn. 11; U.v. 12.11.1980 – VIII ZR 293/79 – BGHZ 78, 369 – 375; vgl. hierzu auch Art. 58 Abs. 1 BayVwVfG, wonach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, der in die Rechte eines Dritten eingreift, zu seiner Wirksamkeit der schriftlichen Zustimmung des Dritten bedarf).
c) Auch aus § 905 Satz 2 BGB ergibt sich keine Duldungspflicht der Klägerin hinsichtlich des Abwasserkanals. Nach § 905 Satz 2 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat. Zum einen ist nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits davon auszugehen, dass die Vorschrift im vorliegenden wasserrechtlichen Zusammenhang nicht anwendbar ist (so BayVGH, U.v. 29.11.2010 – 4 B 09.2835 – juris Rn. 25). Zum anderen steht, hielte man die Vorschrift für anwendbar, nach der aktuellen Sachlage nicht fest, dass ein Interesse der Klägerin an der Ausschließung der Einwirkung nicht vorliegt. Die Darlegungs- und Beweislast für den Mangel eines Ausschließungsinteresses liegt beim Einwirkenden, also dem Beklagten (Thimet in Wuttig/dies., Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht, 58. AL, Stand: November 2013, Teil II, Frage 9 Nr. 6.2). Dass hinsichtlich des Abwasserkanals einschließlich der beiden Revisionsschächte kein Ausschließungsinteresse der Klägerin besteht, konnte der Beklagte jedoch nicht nachweisen. Die beiden zum Abwasserkanal gehörenden Revisionsschächte auf den Grundstücken der Klägerin reichen bis an die Oberfläche. Ihre freiliegende Abdeckung behindert nach unbestrittenem und plausiblem Vortrag der Klägerin die landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke. Zwar hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußert, dass unter Umständen eine Umgestaltung der Abdeckung der Revisionsschächte möglich wäre, sodass diese für die landwirtschaftliche Nutzung weniger störend sein könnten. Allerdings hat der Beklagte bislang nicht abschließend geklärt, ob eine derartige Umgestaltung technisch möglich wäre. Zudem spricht viel dafür, dass selbst bei einer Umgestaltung noch nicht von einem Entfallen des Ausschließungsinteresses auszugehen wäre, da die Oberseite der Revisionsschächte weiterhin jedenfalls knapp unter der Erdoberfläche verbleiben würde. In jedem Fall besteht aufgrund der derzeitigen Gestaltung aktuell ein Ausschließungsinteresse der Klägerin hinsichtlich der Revisionsschächte. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang eine abweichende Beurteilung hinsichtlich des Abwasserkanals (vgl. zur Möglichkeit einer getrennten Beurteilung von Anlagenteilen VG München, U.v. 16.12.2004 – M 10 K 03.3527 – juris Rn. 45; Thimet, a.a.O.). Die Sohle des Abwasserkanals befindet sich in einer Tiefe von über 3,82 m und er selbst weist eine Höhe von 1,5 m auf, sodass sich eine Überdeckung mit Erdmaterial von über 2,3 m ergibt und es daher jedenfalls möglich erscheint, dass der Abwasserkanal für sich betrachtet die landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke nicht stört. Allerdings sind der Abwasserkanal und seine Revisionsschächte nach Auffassung des Gerichts als Einheit zu betrachten. Die Ausführungen des Beklagten hinsichtlich einer Umgestaltung der Schächte zeigt, dass er auf diese nicht verzichten kann bzw. möchte. Wenn mit dem Vorhandensein des Abwasserkanals aber zwingend das Vorhandensein der Revisionsschächte miteinhergeht, kann der Klägerin ein Interesse an der Entfernung der gesamten Anlage nicht abgesprochen werden.
d) Eine Duldungspflicht der Klägerin ergibt sich auch nicht aus § 19 EWS des Marktes … …
Ob sich aus einer Regelung des Marktes … … überhaupt eine Duldungspflicht hinsichtlich des Abwasserkanals, der vom Beklagten betrieben wird, ergeben kann, kann vorliegend offenbleiben, da jedenfalls die tatbestandlichen Voraussetzungen der Duldungspflicht nicht gegeben sind. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 EWS betrifft die Duldungspflicht nach § 19 Abs. 1 Satz 1 EWS nur Grundstücke, die an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen oder anzuschließen sind, die vom Eigentümer im wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem angeschlossenen oder zum Anschluss vorgesehenen Grundstück genutzt werden oder für die die Möglichkeit der örtlichen Abwasserbeseitigung sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist. Auf die Grundstücke der Klägerin trifft keine der genannten Konstellationen zu. Die Grundstücke sind weder selbst an die Entwässerungsanlage angeschlossen, noch besteht aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Nutzung ein Anschlussbedarf. Außerdem werden sie nach den glaubhaften und unbestrittenen Angaben der Klägerin nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem angeschlossenen oder anzuschließenden Grundstück genutzt. Dafür, dass die Möglichkeit der örtlichen Abwasserbeseitigung für die Grundstücke sonst wirtschaftlich vorteilhaft wäre, ist nichts ersichtlich.
5. Die Beseitigung des Abwasserkanals durch die Klägerin ist auch nicht als unzulässige Rechtsausübung einzuordnen.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann einem Folgenbeseitigungsanspruch der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegengehalten werden, wenn eine Legalisierung des rechtswidrigen Zustands unmittelbar bevorsteht (BayVGH, U.v. 29.11.2010 – 4 B 09.2835 – juris m.w.N.). Dies muss auch für den vorliegend geltend gemachten Anspruch auf Duldung der Beseitigung gelten. In Bezug auf die Beseitigung von Wasserver- oder -entsorgungsleitungen wäre eine unzulässige Rechtsausübung etwa dann anzunehmen, wenn der Eigentümer nach der Beseitigung wiederum durch den Erlass einer Duldungsverpflichtung der zuständigen Behörde nach § 93 des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) die erneute Verlegung der Leitung zu dulden hätte. Nach § 93 Satz 1 WHG kann die zuständige Behörde Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. Nach § 93 Satz 2, § 92 Satz 2 WHG gilt dies nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.
Voraussetzung für den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung ist jedoch, dass der Erlass der Duldungsverfügung unmittelbar bevorsteht. Es genügt bereits nicht, dass die Behörde die Möglichkeit hat, rechtmäßige Zustände herbeizuführen. Vielmehr bedarf es der sicheren Erwartung, dass dem geltend gemachten Anspruch der Einwand der Legalisierung entgegengesetzt wird (BayVGH, a.a.O.).
Dies ist vorliegen nicht der Fall. Auf eine unmittelbar bevorstehende Verpflichtung der Klägerin kann noch nicht geschlossen werden. Zum einen wurde bislang kein entsprechender Antrag des Beklagten bei dem zuständigen Landratsamt gestellt. Ein behördliches Verfahren zum Erlass der Duldungsanordnung wurde also noch nicht eingeleitet. Zum anderen hat der Beklagte im Vorfeld der mündlichen Verhandlung selbst vorgetragen, dass das zuständige Landratsamt, sollte sich ein Unterliegen des Beklagten im vorliegenden Verfahren abzeichnen, gegebenenfalls eine entsprechende wasserrechtliche Duldungsanordnung erlassen würde. Daraus ergibt sich jedoch ebenfalls nicht, dass die zuständige Behörde den vorliegenden Fall eingehend geprüft hätte, eine entsprechende Anordnung für rechtmäßig erachten würde und deren Erlass unmittelbar bevorstünde.
Im Übrigen bestehen nach aktueller Sach- und Rechtslage erhebliche Zweifel daran, dass eine Anordnung nach § 93 WHG einer rechtlichen Prüfung standhalten würde. Dass der über die Grundstücke der Klägerin verlaufende Abwasserkanal als erforderlich i.S.v. § 93 Satz 1 WHG einzuordnen ist, erscheint derzeit unwahrscheinlich. Auch bei ursprünglich rechtmäßig verlegten Leitungen ist für die Frage der Erforderlichkeit der jeweiligen Leitung darauf abzustellen, ob aktuell bei einer fingierten erstmaligen Verlegung die Duldung der von der Behörde bevorzugten Leitungsführung erforderlich ist (vgl. Riedel in Giesberts/Reinhardt, BeckOK Umweltrecht, 55. Edition, Stand: 1.7.2020, § 93 WHG Rn. 8; VG Gießen zum hessischen Landesrecht vor Einführung des § 93 WHG, U.v. 20.06.1997 – 10 E 1236/94 – juris Rn. 24; vgl. OVG LSA, B.v. 27.8.2014 – 2 L 118/13 – juris Rn. 12). Dabei sind auch die Kosten der in Frage kommenden Leitungstrassen bei einer fiktiven Neuverlegung in Relation zu setzen, wobei die Kosten der bereits erfolgten Verlegung der vorhandenen Leitung nicht miteinzubeziehen sind (OVG LSA, a.a.O). Bei einer fingierten erstmaligen Verlegung des Abwasserkanals scheint eine Verlegung in den neben den klägerischen Grundstücken liegenden Straßengrund derzeit klar vorzugswürdig. Zum einen ist nicht davon auszugehen, dass eine fiktive Neuverlegung der Leitung in die klägerischen Grundstücke geringere Kosten verursachen würde, als eine Verlegung im Straßengrund. Zum anderen erscheint eine Verlegung im Straßengrund nach den Angaben des kontaktierten Ingenieurbüros möglich.
III.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich des aufrechterhaltenen Klageantrags folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage sind die Kosten nach § 155 Abs. 2 VwGO der Klägerin aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1, 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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