Baurecht

Keine einstweilige Anordnung zur Abwendung der Stilllegung eines Betriebes zur Behandlung von Abfällen

Aktenzeichen  RN 7 E 16.1964

Datum:
22.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG BImSchG § 20 Abs. 2 S. 1
BayVwZVG BayVwZVG Art. 21 S. 2, Art. 36 Abs. 1 S. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, Abs. 7, § 123 Abs. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Die Erteilung einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) kann im Wege einer einstweiligen Anordnung nicht erreicht werden. Auf eine Duldung des illegalen Betriebs besteht grundsätzlich kein Anspruch. (redaktioneller Leitsatz)
2. Von einer Betriebsstilllegung wegen formeller Illegalität (§ 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG) kann nur dann abgesehen werden, wenn die Genehmigungsfähigkeit evident und ohne ansatzweise Zweifel vorliegt und feststeht, dass die Erteilung der Genehmigung deswegen nur noch eine Formalität ist und alsbald erfolgt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 500.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Unterlassung der Stilllegung ihres Betriebs durch den Antragsgegner.
Der Antragstellerin wurde mit Bescheid des Landratsamts … vom 20. Juli 2004, geändert mit Bescheiden vom 22. Juni 2006, 14. April 2005 und 20. November 2007 die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur zeitweiligen Lagerung und zum sonstigen Behandeln von nicht gefährlichen Abfällen erteilt. In der Anlage werden zu Ballen gepresste PET-Flaschen nach Vorbehandlung zu sog. PET-Flakes (Kunststoffregenerat) gemahlen.
Aufgrund von baulichen und betrieblichen Änderungen weicht der tatsächliche Betrieb der Anlage in weiten Teilen vom genehmigten Zustand ab. Deshalb hat das Landratsamt … mit Bescheid vom 26. Mai 2015 die Stilllegung verschiedener Anlagenteile angeordnet. Nach Ziffer 1 des Bescheids sind elf Hallen bzw. sonstige Anlagen, die in der Ziffer des Bescheidstenors bezeichnet sind und in einem dem Bescheid beigefügten Lageplan gekennzeichnet wurden, spätestens ab dem 19. Juni 2015 stillzulegen. Nach der Begründung des Bescheids sind diese Anlagen ohne die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung errichtet worden. Unter der Ziffer 2 des Bescheidstenors ordnete die Behörde die Stilllegung weiterer Anlagen und Nebeneinrichtungen spätestens ab dem 19. Juni 2015 an. Diese Anlagen seien zwar immissionsschutzrechtlich genehmigt, der derzeitige Betrieb sei aber als wesentliche Änderung anzusehen. Ferner wurde der Sofortvollzug der Verfügungen in Ziffern 1 und 2 angeordnet (Ziffer 3 des Bescheids) und Zwangsgelder angedroht (Ziffer 4 des Bescheids). Ziffer 5 des Bescheids stellt fest, dass die in Ziffern 1 und 2 ausgesprochenen Stilllegungen solange bestehen bleiben, bis die Betreiberin für die unter Ziffer 1 genannten, ohne Genehmigung errichteten und betriebenen, sowie für die unter Ziffer 2 genannten, ohne Genehmigung betriebenen Anlagen einen positiven Genehmigungsbescheid erhält. Durch Änderungsbescheid vom 28. Mai 2015 erklärte das Landratsamt zur Vermeidung von Unklarheiten und Verwechslungen einen modifizierten Lageplan zum Bescheidsinhalt, in dem die Bezeichnung der Hallen den in der Anordnung verwendeten Bezeichnungen angeglichen wurde. Mit Bescheid vom 17. Juni 2015 änderte das Landratsamt die im Bescheid vom 26. Mai 2015 enthaltene Zwangsgeldandrohung dahingehend ab, dass bei Nichtbefolgung der Ziffer 1 des Tenors des Bescheids in Bezug auf jeden der dort genannten Anlagenteile und Nebeneinrichtungen (mit zwei Ausnahmen) ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € fällig werde. Für den Fall der Missachtung von Ziffer 2 des Tenors des Bescheids vom 26. Mai 2015 drohte das Landratsamt Zwangsgelder in einer Höhe an, die – abhängig davon, auf welches der von diesem Bescheidsteil erfassten Objekte sich der Verstoß bezieht – zwischen 500 € und 2.500 € liegt. Im Ergebnis bezieht sich die immissionsschutzrechtliche Stilllegungsanordnung auf folgende Anlagenteile: Halle 4C, Zwischendach Hallen 5/6, westlicher Anbau Halle 5D, Halle 6A, westlicher und östlicher Anbau an Halle 6, Zwischendach Halle 6/7, Halle 7, 3er- und 4er-Silogruppe, westlicher Anbau Halle 9A, Aufstockung Halle 9C, Halle 14, BHKW und Wasseraufbereitung im Obergeschoss Halle 3A, PET-Recyclinganlage „Technikum“ in Halle 4A, zwei Kunststoffmühlen in südwestlicher Ecke Halle 4B, Auswurf Abfallvorsortierung in Halle 4D, PET-Recyclinganlage PET VI in Halle 5D, Sortieranlage für PET VI, Sortieranlage „Binder“, Beschickung PET V, Aluminiumpresse, Beschickung der Silos, Kunststoffmühle für PET VI und Ballistikseparator in Halle 6, PET-Recyclinganlage PET II in Halle 9A, PET-Vorsortierung in Halle 9C.
Mit Bescheid eines anderen Sachgebiets des Landratsamts … vom 1. Juni 2015 ergingen Nutzungsuntersagungen auf baurechtlicher Rechtsgrundlage. Adressat ist eine andere zur Unternehmensgruppe der Antragstellerin gehörende GmbH hinsichtlich der Hallen 8A (Halle und Büro), 8 B, 8C, 8 D, 10 mit Auffahrtsrampe, 11, 12, 13,15,16 und der Sandstrahlhalle auf dem Grundstück Fl.Nr. 138. Der Antragstellerin wurde baurechtlich die Nutzung untersagt bezüglich der Hallen 1C (mit Überdachung), 2 und 2A. Grund für die Anordnungen war im Wesentlichen die formelle Baurechtswidrigkeit und der fehlende Brandschutznachweis.
Die Antragstellerin erhob gegen den immissionsschutzrechtlichen Bescheid vom 26. Mai 2015 Klage zum Verwaltungsgericht Regenburg (Az. RN 7 K 15.836), über die noch nicht entschieden ist.
Ein Antrag der Antragstellerin auf „Anordnung“ der aufschiebenden Wirkung dieser Klage wurde mit Beschuss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Juni 2015 (Az. RN 7 S. 15.912) abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin hiergegen wurde durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen (B.v. 14.9.2015 – Az. 22 CS 15.1509).
Da die Antragstellerin den Betrieb weiterführte, wurden bezüglich des immissionsschutzrechtlichen Bescheids mit Schreiben des Landratsamtes … vom 3. Juli 2015 Zwangsgelder in Höhe von insgesamt 26.500,- € fällig gestellt. Dagegen hat die Antragstellerin am 20. Juli 2015 Klage erhoben (Az. RN 7 K 15.1076). Diese Klage wurde erweitert auf eine erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 6. Juli 2015. Weiter wurde die erneute Fälligstellung von Zwangsgeldern in Höhe von 98.500,- € mit Schreiben vom 21. Juli 2015 einbezogen und eine erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 7. August 2015 und die dazu ergangene Fälligstellung von Zwangsgeldern in Höhe von 207.000,- € mit Schreiben vom 3. September 2015. Über die Klage wurde noch nicht entschieden.
Da die Antragstellerin der Anordnung zur Stilllegung der Anlage weiterhin nicht nachgekommen ist, hat das Landratsamt nach vorheriger Anhörung im Schreiben vom 4. September 2015 mit Bescheid vom 22. Juni 2016 die Anwendung unmittelbaren Zwangs ab dem 8. Juli 2016 angedroht; im Wesentlichen wurde die Unterbrechung der Stromversorgung und Versiegelung von Bereichen angekündigt. Gegen diesen Bescheid ließ die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erheben (Az. RN 7 K 16.1154), über die noch nicht entschieden ist.
Parallel zur Vollstreckung der Nutzungsuntersagungen bzw. Betriebsstilllegung wurden beim Landratsamt Genehmigungsanträge sowohl auf Erteilung von Baugenehmigungen als auch auf eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung gestellt.
Unter dem 7. März 2016 beantragte die Antragstellerin die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die wesentliche Änderung ihrer Anlage. Der Antrag ist in zwei Teile aufgegliedert, die beim Landratsamt als Antrag 1 (Hallen 3 A-C, 4 A-D, 5 A-D, 6, 6A, 7, Boxen 1-3, 3er und 4er-Siloanlage, Freilagerfläche und Stützmauer) und Antrag 2 (Halle 9A inkl. Anbauten, Halle 14, Blockheizkraftwerk und Granulatsilo) geführt werden. Die Prüfung durch das Landratsamt und die Regierung … ergab, dass die Genehmigungsfähigkeit nicht gegeben sei. Mit bestandskräftigem Bescheid des Landratsamtes … vom 20. September 2016 wurde der Antrag der Antragstellerin auf Genehmigung einer wesentlichen Änderung abgelehnt.
Am 25. Juli 2016 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Regensburg, gemäß § 80 Abs. 7 VwGO den Beschluss der Kammer vom 26. Juni 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung der anhängigen Klage hinsichtlich der Ziffern 1 und 2 des Tenors des Bescheides vom 26. Mai 2015 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 28. Mai 2015 wiederherzustellen (Az. RN 7 S. 16.1148). Diesen Abänderungsantrag lehnte die erkennende Kammer mit Beschluss vom 26. Juni 2016 ab.
Im Rahmen einer Besprechung am 15. September 2016 bat die Antragstellerin um eine schrittweise Stilllegung. Dementsprechend wurde zwischen den Beteiligten mit Unterschrift vom 18. und 21. November 2016 eine Vereinbarung zur stufenweisen Betriebsstilllegung abgeschlossen, wonach zunächst bestimmte Anlagen bis 14. Oktober 2016 und dann die restlichen von der Stilllegungsanordnung betroffenen Anlagen bis 31. Dezember 2016 stillgelegt werden. Die Vereinbarung enthält in Ziffern 10, 11, 12 und 13 u.a. folgende Regelung:
„10. Die Behörde verpflichtet sich, bei Einhaltung der unter den Ziffern 1. bis 9. genannten Pflichten durch die Betreiberin von der Anwendung von Zwangsmitteln gemäß Bescheid vom 22.06.2016 (…) abzusehen (…).“
11. Die Betreiberin erkennt an, dass die Behörde Zwangsmittel entsprechend des Bescheids vom 22. Juni 2016 (…) ergreifen kann, sofern die Betreiberin ihren vertraglichen Verpflichtungen gemäß den Ziffern 1. bis 9. nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt (…).
12. (…) Die Parteien sind sich darüber einig, dass diese Vereinbarung unwirksam wird, falls der Bescheid vom 26.05.2015 (…) aufgehoben wird.
13. Von diesem Vertrag abweichende Regelungen sind nur gültig, wenn sie schriftlich zwischen den Parteien vereinbart werden.“
Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016 beantragte die Antragstellerin über ihren neuen Bevollmächtigten beim Antragsgegner entweder den Erlass eines Verwaltungsaktes zum Weiterbetrieb der Anlage über den 31. Dezember 2016 hinaus auf der Grundlage der veränderten Sachlage oder eine vertragliche Änderung zum Weiterbetrieb der Anlage über den 31. Dezember 2016 hinaus auf der Grundlage der Stilllegungsvereinbarung mit der dort enthaltenen Öffnungsklausel des § 13, hilfsweise Vollstreckungsschutz nach Art. 21 VwZVG zu gewähren aufgrund der nach Erlass der zu vollstreckenden Verwaltungsakte entstandenen Gründe der Genehmigungsfähigkeit, die mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden könnten. Die Antragstellerin benötige bis zum Zeitpunkt der Neugenehmigung einen eingeschränkten Betrieb ganztägig in den Hallen 9A/9C sowie von 6:00 Uhr bis 22:00 in Halle 4A. Es wurden Unterlagen eingereicht, auf die die Genehmigungsfähigkeit des Betriebs der Antragstellerin gestützt wurde.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2016 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin zum Schriftsatz vom 9. Dezember 2016 Folgendes mit: Es bestehe keine Möglichkeit, einen Weiterbetrieb über den 31. Dezember 2016 hinzunehmen. Die mit der Stilllegungsvereinbarung getroffene stufenweise Stilllegung der illegal betriebenen Bereiche sei bis dahin abzuschließen. Ansonsten sehe sich das Landratsamt gezwungen, die mit Anordnung vom 26. Mai 2015 verfügte Stilllegung durch die Anwendung des unmittelbaren Zwangs, wie bereits mit Bescheid vom 22. Juni 2016 angedroht, durchzusetzen. Die Argumente für eine materielle Genehmigungsfähigkeit würden nicht durchdringen. Es lägen keine Tatsachen vor, die eine neue rechtliche oder fachliche Bewertung veranlassen würden. Den Anträgen im Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 9. Dezember 2016 wurde nicht stattgegeben.
Am 19. Dezember 2016 hat die Antragstellerin durch ihren Prozessbevollmächtigten um vorliegenden Eilrechtschutz gegen die Betriebsstillegung nach § 123 VwGO beim Verwaltungsgericht Regensburg nachgesucht. Zur Begründung wird Folgendes vorgetragen: Für den Eilantrag bestehe ein Rechtschutzinteresse, da das Anliegen der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016 schon an den Antragsgegner herangetragen worden sei und der Antragsgegner den Anträgen nicht entsprochen habe. Ein Anordnungsgrund liege vor, weil der Antragstellerin ein Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar sei. Die Interessensabwägung falle zu Gunsten der Antragstellerin aus. Es könne davon ausgegangen werden, dass bis Ende März 2017 alle Unterlagen für die Genehmigung des Betriebs der Antragstellerin vorliegen und eine Genehmigung angesichts der erheblichen Fortschritte in den letzten Monaten und der Investitionssumme von ca. 3 Millionen Euro zur Verbesserung der Immissionssituation und des Brandschutzes bald erteilt werden könne. Es müssten somit nur wenige Monate überbrückt werden. Für den Fall der Betriebsstilllegung würde der Betrieb insolvent werden mit der Konsequenz, dass dies auch für die Schwester- und Tochterunternehmen der Antragstellerin passieren dürfte. Dies würde zu einem erheblichen Arbeitsplatzverlust bei der Antragstellerin (270 Arbeitnehmer) ebenso wie bei anderen Betrieben führen. Eine Massenkündigung wegen Betriebsstilllegung hätte existenzgefährdende Wirkung für die betroffenen Familien. Selbst eine periodische Betriebsschließung bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens würde einen Wiedereintritt in den Markt unmöglich machen und zur Insolvenz führen. Die Interessen der Öffentlichkeit stünden einem Weiterbetrieb nicht entgegen. Zwischenzeitlich habe ein von der Antragstellerin beauftragter Sachverständiger, Dr. J., als Brandschutzgutachter eine Unbedenklichkeitsbescheinigung angesichts der durchgeführten Maßnahmen abgegeben. Diese Maßnahmen seien mit Investitionen in Höhe von 1,5 Millionen Euro verbunden gewesen und wären bei einer Stilllegung wirtschaftlich sinnlos. Die in der Unbedenklichkeitsbescheinigung geforderten Maßnahmen seien umgesetzt. Begutachtungen zum Arbeitsschutz seien ebenfalls zwischenzeitlich eingereicht worden. Gefährdungspotentiale für die Umwelt bestünden nicht. Die Antragstellerin nehme nur PET-Einwegflaschen und anders als noch in den Antragsunterlagen dargestellt, keine sog. DSD-Ware an. Damit bestehe kein Geruchsproblem. Die Abfälle seien ungefährlich. Neben dem Anordnungsgrund liege auch ein Anordnungsanspruch vor, da nach summarischer Prüfung überwiegende Erfolgsaussichten für das Hauptsacheverfahren bestünden. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2016 sei beim Antragsgegner beantragt worden, die Weiterführung des Unternehmens auf der Grundlage der bestehenden Verwaltungsakte oder gemäß Art. 60 BayVwVfG durch Ergänzung der Stilllegungsvereinbarung auszusprechen; ferner sei Vollstreckungsschutz nach Art. 21 VwZVG beantragt worden. Die Ablehnung dieser Anträge durch den Antragsgegner sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Die Voraussetzungen eines Verbescheidungsurteils lägen vor, da zumindest eine neue Rechtslage gegeben sei. Nach der Rechtsprechung sei angesichts der existenzgefährdenden Auswirkungen eine Stilllegung ausgeschlossen, wenn der Anlagenbetrieb materiell rechtmäßig sei. Die materielle Rechtmäßigkeit sei angesichts der jetzt beibringbaren Unterlagen gegeben. Bei der Ermessensentscheidung der Behörde sei zu berücksichtigen, dass der Betreiber alles getan habe, um eine Genehmigung zu erlangen. Versäumnisse in der Vergangenheit seien abgestellt worden. Zwischenzeitlich sei auch nachgewiesen, dass die Lärmrichtwerte eingehalten seien. Weitere Messungen seien beabsichtigt, um den Einfluss der Maschinen und Aggregate gegenüber den Störgeräuschen durch Verkehr und andere Gewerbetreibende zu identifizieren. Eine Antwort der Behörde auf die deswegen getätigte Anzeige nach § 15 BImSchG sei bislang nicht erfolgt. Auch bei der Luftreinhaltung sei zwischenzeitlich eine positive Bewertung erfolgt. Es liege nunmehr ein richtiges Referenzgutachten vor, DSD-Ware werde nicht angenommen. Das Abwasserproblem sei gelöst, das Problem der Windverfrachtung mit einfachsten Mitteln (z.B. Windfang) behebbar. Durch die Ablehnung im Schreiben vom 9. Dezember 2016 habe die Behörde aufgrund der vorgelegten Unterlagen ermessensfehlerhaft gehandelt. Insbesondere sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht beachtet worden. Die Vorschläge zur gestuften Umsetzung der öffentlich-rechtlich gebotenen Vorgaben im Rahmen eines gestreckten Verfahrens seien als milderes Mittel nicht gewürdigt worden. Mit der beantragten Entscheidung finde keine Vorwegnahme der Hauptsache statt; diese wäre aber sogar im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG möglich wegen irreparablen Nachteilen und der Berührung existentieller Belange der Antragstellerin. Unabhängig davon sei vom Gericht zu prüfen, ob nicht ein Hängebeschluss oder andere Entscheidungen angesichts des berechtigten Interesses der Antragstellerin am Weiterbetrieb möglich seien.
Der Antragsgegner beantragt,
„1.) den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu verpflichten, die Betriebsstilllegung der … GmbH ihres Betriebs in der Gemeinde … zu unterlassen,
2.) dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,
3.) hilfsweise: Bis zur Entscheidung über diesen Antrag eine Vorsitzendenentscheidung nach § 80 Abs. 8 VwGO zu treffen.“
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die von der Stilllegungsanordnung betroffenen Anlagen und Nebeneinrichtungen seien nach wie vor nicht materiell genehmigungsfähig. Die Aussage im Antragsschriftsatz, nur drei Problembereiche hätten bislang der Genehmigungsfähigkeit im Wege gestanden, welche kurzfristig behebbar seien, sei nicht richtig. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass notwendige Maßnahmen in einem der Themenfelder Auswirkungen auf die anderen Bereiche hätten. So könnten etwa Ertüchtigungen im Bereich Lärmschutz auch Auswirkungen auf die Bereiche Statik und Brandschutz haben. Der Nachweis der Genehmigungsfähigkeit sei angesichts des komplexen Sachverhalts grundsätzlich im Rahmen eines formellen Genehmigungsverfahrens zu erbringen und nicht durch die Vorlage einzelner Stellungnahmen. Gerade dieses Vorgehen habe auch zur Ablehnung der Anträge vom 11. März 2016 geführt. Die Annahme im Antragsschriftsatz, dass bis Ende März 2017 mit der „Vorlage eines Antrags“ zu rechnen sei, sei von der Firma M. GmbH und nicht vom Landratsamt getroffen worden. Da nach Kenntnis der Genehmigungsbehörde die M. GmbH nicht mit der Erstellung von Antragsunterlagen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren betraut sei, sondern neue Sachverständige, welche sich in den Sachverhalt erst einarbeiten müssten, beauftragt worden seien, sei die Einhaltung der Frist Ende März 2017 ohnehin fraglich. Im Übrigen sei nicht die Vorlage von Unterlagen maßgeblich, sondern die sich daraus ergebende Genehmigungsfähigkeit. Die drohende Insolvenz der Antragstellerin bzw. anderer Firmen der … Gruppe sei in die Ermessenserwägungen eingeflossen. Die Antragstellerin habe mehr als eineinhalb Jahre Zeit gehabt, die illegalen Anlagen und Nebeneinrichtungen im Zuge eines Genehmigungsverfahrens in einen legalen Betrieb zu überführen. Eine drohende Insolvenz sei allein dem Verhalten der Antragstellerin anzulasten. Obwohl eine Vereinbarung zur Stilllegung getroffen worden sei, habe die Antragstellerin keine innerbetrieblichen Maßnahmen hierzu getroffen und sei nach dem Zustandekommen der Vereinbarung weitere langfristige Abnahmeverpflichtungen eingegangen, zuletzt mit Vertrag vom 29. November 2016. Das Landratsamt habe kein Vertrauen mehr in Zusagen der Antragstellerin, die in der Vergangenheit wiederholt nicht bzw. nur nach steigendem Druck der Behörde eingehalten worden seien. Dem Vortrag im Schriftsatz der Antragstellerin, wonach im Hinblick auf Brandschutz, Arbeitsschutz, Luftreinhaltung, Lärmschutz, Abwasser und Windverfrachtung eine Genehmigungsfähigkeit gegeben sei, wird durch den Antragsgegner entgegengetreten. Für den Erlass eines Verwaltungsaktes, welcher einen Weiterbetrieb der stillgelegten Anlagen über den 31. Dezember 2016 hinaus verbescheiden solle, werde keine Rechtsgrundlage erkannt. Der Betrieb einer immissionsschutzrechtlichen Anlage erfordere sowohl eine formelle Genehmigung als auch einen materiellen Betrieb in Einklang mit öffentlich-rechtlichen Vorgaben. Der Erlass eines Verwaltungsaktes zum Betrieb über den 31. Dezember 2016 hinaus käme einer Duldung eines sowohl formell als auch materiell illegalen Betriebs gleich. Derzeit liege auch kein Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 oder § 16 BImSchG vor. Die Ablehnung des Antrags vom 11. März 2016 sei bestandskräftig, dieses Verfahren somit abgeschlossen. Das vom Bevollmächtigten der Antragstellerin vorgeschlagene gestreckte Genehmigungsverfahren entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Angesichts des komplexen Sachverhalts und der sich gegenseitig beeinflussenden Bereiche sei ein Genehmigungsverfahren durchzuführen, im Zuge dessen die Betreiberin die Genehmigungsfähigkeit nachzuweisen habe. Die Durchsetzung der Stilllegungsanordnung durch unmittelbaren Zwang sei auch verhältnismäßig. Mildere Mittel, wie die Fälligstellung und Beitreibung mehrerer Zwangsgelder, zuletzt im 6-stelligen Bereich, hätten die Betreiberin nicht zu einer Befolgung der Stilllegungsanordnung bewegen können. Im Übrigen sei die Antragstellerin nicht schutzwürdig, wenn sie den Betrieb ohne erforderliche Genehmigungen und unter Verstoß gegen strafrechtliche Bestimmungen ausweite und sich dadurch einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Betrieben verschaffe. Eine Anzeige für einen Betrieb der zur Nachtzeit stillgelegten Anlagen im Zuge einer Lärmmessung liege der Immissionsschutzbehörde nicht vor. Die Anzeige vom 9. Dezember 2016 bezüglich einer Einschränkung gewisser Anlagen auf die Tageszeit sowie den Betrieb von vier PET-Recyclinganlagen als sog. Technikum-Anlagen werde derzeit vom Landratsamt behandelt. Ein entsprechender negativer Bescheid werde fristgerecht ergehen. Schließlich hält der Antragsgegner die Berücksichtigung der Voraussetzungen des 123 Abs. 5 VwGO für erforderlich.
Die Antragstellerin replizierte dazu mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2016, dass entgegen der Einlassung des Antragsgegners keine Neuverträge abgeschlossen worden seien. Die Behörde bemühe sich, die Genehmigungssituation als ungeheuer komplex darzustellen; insbesondere sei festzustellen, dass die Behörde selbst nur drei Problempunkte als die verbliebenen ausgemacht habe. Der bisher gestellte, wenn auch abgelehnte, Genehmigungsantrag könne als Grundgerüst einer erneuten Antragstellung herangezogen werden. Dieser enthalte zahlreiche Informationen, die die Prüfung der materiellen Genehmigungsfähigkeit ermöglichen würden, wenn der Antragsgegner dies nur wollte. Auf der Grundlage dieser zahlreichen bestehenden Unterlagen würden die drei Problempunkte nachgearbeitet und in wenigen Monaten umfassend mit dem ursprünglichen Genehmigungsantrag zusammengeführt. Das Argument, dass die einzelnen Stellungnahmen aufeinander abgestimmt werden müssten, sei nur als Vorwand der Prüfungsverweigerung anzusehen. Es sei Aufgabe der Behörde, die Zusammenhänge zu prüfen. Im Hinblick auf den Brandschutz liege eine Unbedenklichkeitsbescheinigung eines Prüfsachverständigen vor, die bescheinige, dass keinerlei Gefährdungen im Bereich Brandschutz gegeben seien. Mängel seien dauerhaft beseitigt. Die geforderten engmaschigen Überwachungen könnten weitergeführt werden. Den Arbeitsschutz betreffend habe der Antragsgegner eine durchaus positive Einschätzung getroffen. Warum deswegen in diesem Bereich dennoch nicht von einer Genehmigungsfähigkeit auszugehen sei, erschließe sich nicht. Ohne weitere Ausführungen ziehe sich die Behörde auf die bewährte Methode zurück, dass die einzelnen Sachverständigengutachten und Stellungnahmen wegen der komplexen Vernetzung einer Abstimmung bedürften. Für die Luftreinhaltung gelte dasselbe. Es könne nicht bestritten werden, dass nunmehr eine neue Beurteilungsgrundlage aufgrund des Referenzgutachtens vorliege. Es werde bestritten, dass die Behörde tatsächlich dem Umstand bei ihrer Entscheidung Rechnung getragen habe, dass keine verschmutzte DSD-Ware angenommen und verarbeitet werde. Die Behörde habe keine wesentlichen Argumente, die der Genehmigungsfähigkeit im materiell-rechtlichen Sinne entgegenstünde. Gleiches gelte für den Lärmschutz. Die von der Behörde vorgenommenen Messungen seien entgegen den Vorgaben der TA-Lärm durchgeführt worden, was auch von behördlicher Seite eingeräumt worden sei. Es sei unverständlich, dass sich die Behörde über die jetzt von ihr selbst angeordneten fachkundigen Messungen einfach hinwegsetze. Auch ohne besondere Sachverständigenkunde sei für jeden erkennbar, dass die aktuellen Messungen und Aufzeichnungen der Lärmsituation „A.-hof“ eindeutig und unbestreitbar belegen würden, dass die derzeitig eingeschränkte Betriebsführung keinerlei Ertüchtigung im Bereich des Lärmschutzes mehr bedürften, da die entsprechenden Grenzwerte nicht überschritten würden. Wenn sich die Anlagenbetreiberin, wie geschehen, verpflichte, vorläufig nur den eingeschränkten Betrieb zu führen (also kein Nachtbetrieb), dann würden keine Grenzwerte überschritten und daher sei auch keine Maßnahme zur Ertüchtigung im Bereich des Lärmschutzes erforderlich. Zumindest für die Situation ohne Nachtbetrieb sei damit die Genehmigungsfähigkeit hinreichend dargetan. Zu den Themen Abwasser und Windverfrachtungen gebe es nichts, was eine Erwiderung noch bedürfte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenakten im vorliegenden Verfahren sowie auf die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten in den Verfahren RN 7 K 15.836, RN 7 S. 15.912, RN 7 K 15.1076, RN 7 S. 16.1148 und RN 7 K 16.1154 Bezug genommen.
II.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO die gerichtliche Verpflichtung des Antragsgegners, die mit Bescheiden vom 26. Mai 2015 und 22. Juni 2016 verfügte zwangsweise Stilllegung des Betriebs der Antragstellerin in der Gemeinde … zu unterlassen.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist schon unzulässig, weil unstatthaft.
Gemäß § 123 Abs. 5 VwGO gilt die Vorschrift des § 123 Abs. 1 VwGO nicht für die Fälle des § 80 VwGO, mithin dann, wenn gegen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes im Wege eine Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO oder § 80 Abs. 7 VwGO vorgegangen werden kann, in der Hauptsache damit die Situation der Anfechtungsklage gegeben ist.
So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin hat gegen die Betriebsstilllegung durch Bescheid des Antragsgegners vom 26. Mai 2015 und die Androhung des unmittelbaren Zwangs durch Bescheid des Antragsgegners vom 22. Juni 2016 jeweils Anfechtungsklage erhoben. Möchte die Antragstellerin, wie hier, wegen veränderter Umstände im Wege des Eilrechtschutzes gegen die sofortige Vollziehung der Betriebsstillegung ab 1. Januar 2017 mittels unmittelbaren Zwangs durch den Antragsgegner vorgehen, so kann und muss sie das mithilfe eines Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO betreffend den Bescheid vom 26. Mai 2015 und mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO betreffend den Bescheid vom 22. Juni 2016 tun. Daneben ist gemäß § 123 Abs. 5 VwGO für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO kein Raum. Zweifelfrei ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen der gesetzlichen Sofortvollziehbarkeit der Androhung des unmittelbaren Zwangs (vgl. Art. 21a VwZVG) grundsätzlich möglich. Die grundsätzliche Antragsmöglichkeit nach § 80 Abs. 7 VwGO betreffend die Betriebsstilllegungsverfügung wegen der geltend gemachten neuen Umstände scheitert weder an der gerichtlichen Ablehnung des im Verfahren RN 7 S. 15.912 gestellten Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO und der Beschwerdezurückweisung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof noch an der gerichtlichen Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO im Verfahren RN 7 S. 16.1148. Denn ein (erneuter) Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO wegen veränderter Umstände ist jederzeit möglich, wenn veränderte Umstände im Sinn der Norm geltend gemacht werden können.
Die Betriebsstilllegung nach § 20 Abs. 2 BImSchG ist ein Dauerverwaltungsakt und die Androhung des unmittelbaren Zwangs auf die Zukunft gerichtet, weshalb bei der Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 bzw. Abs. 7 VwGO auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung abzustellen ist. Damit führt der Verweis auf § 80 Abs. 5 und 7 VwGO nicht zu einem Rechtschutznachteil der Antragstellerin. Der nach § 123 Abs. 5 VwGO festgelegte Vorrang eines Verfahrens nach § 80 VwGO greift daher weiterhin.
Es kommt auch kein Vollstreckungsabwehrschutz nach Art. 21, 22 VwZVG und ein darauf abzielender Eilantrag nach § 123 Abs. 1 VwGO in Betracht. Nach Art. 21 Satz 2 VwZVG sind nämlich Einwendungen gegen die Vollstreckung nur dann zulässig, soweit die geltend gemachten Gründe erst nach Erlass des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes entstanden sind und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können. Letzteres liegt gerade nicht vor, nachdem wegen der Anfechtungsklagen Bestandskraft der vorgenannten Bescheide als Dauerverwaltungsakte noch nicht eingetreten ist und grundsätzlich Verfahren nach § 80 Abs. 5 bzw. Abs. 7 VwGO im Hinblick auf die veränderten Umstände angestrengt werden können.
Unabhängig davon fehlt einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO das Rechtschutzbedürfnis. Denn das Ziel des vorliegenden Rechtschutzes, dass die zwangsweise Betriebsstillegung durch den Antragsgegner unterlassen wird, kann einfacher und direkter ohne ein neues Hauptsacheverfahren und einen dieses flankierendes Verfahren nach § 123 VwGO mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 gegen die Androhung des unmittelbaren Zwangs im Bescheid vom 22. Juni 2016 bzw. einem Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO gegen die Betriebsstilllegung im Bescheid vom 26. Mai 2015 erreicht werden, zumal im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO ein Anspruch und damit eine Ermessensreduzierung auf Null glaubhaft gemacht werden muss (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).
2. Aber selbst bei unterstellter Zulässigkeit eines Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO im Hinblick auf das Verpflichtungsbegehren im Schriftsatz der Antragstellerin vom 9. Dezember 2016 wäre dieser unbegründet. Ein Anspruch auf Unterlassen der Betriebseinstellung über den 31. Dezember 2016 hinaus wurde nicht glaubhaft gemacht i.S.d. § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO.
Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass schon nicht klar ist, welche Rechtsgrundlage hierfür heranzuziehen ist. Ein legalisierter Weiterbetrieb kommt nur in Betracht, wenn eine entsprechende Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz vorliegt, was unzweifelhaft nicht gegeben ist. Die Erteilung einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz kann im Wege einer einstweiligen Anordnung des Gerichts unzweifelhaft nicht erreicht werden. Auf eine Duldung des formell illegalen Betriebs besteht grundsätzlich kein Anspruch. Allenfalls dann wäre eine Eilentscheidung im Sinne des hier gestellten Antrags zu erwägen, wenn die verfügte (zwangsweise) Betriebsstilllegung durch nachträgliche Umstände rechtswidrig geworden wäre, weil diese Umstände zu einer evidenten Genehmigungsfähigkeit des Betriebs führen und deshalb eine Ermessenreduzierung auf Null gegeben wäre zur vorübergehenden Duldung des Betriebs (bis zum Abschluss eines Genehmigungsverfahrens).
Hiervon kann aber nicht ausgegangen werden. Anhaltspunkte dafür, dass die zwangsweise Betriebsstilllegung durch veränderte Umstände rechtswidrig geworden ist, bestehen nicht.
Rechtsgrundlage für die Stilllegung des Betriebs der Antragstellerin ist unstreitig § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG, wonach die zuständige Behörde die Betriebsstilllegung anordnen soll, wenn eine Anlage oder die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird.
Voraussetzung für eine Betriebsstilllegung ist somit zunächst die formelle Illegalität. Die formelle Illegalität derjenigen Teile der Fabrik, die von der Stilllegungsanordnung erfasst werden, wurde von gerichtlicher Seite festgestellt (VG Regensburg, B.v. 26.6.2015 – RN 7 S. 15.912; VG Regensburg, B.v. 6.9.2016 – RN 7 S. 16.1148; BayVGH, B.v. 14.9.2016 – 22 CS 15.1509). Auf die dortigen Ausführungen wird Bezug genommen. Veränderte Umstände in diesem Zusammenhang sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.
Bei formeller Illegalität sieht § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG im Wege der Soll-Regelung die Stilllegung der Anlage vor. Das bedeutet, dass nur in atypischen Fällen von der Betriebsstilllegung abgesehen werden kann. Voraussetzung für einen atypischen Fall ist nach der Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.1989 – 7 C 35/87 – juris) die offensichtliche Genehmigungsfähigkeit, da Zweifel zu Lasten des Betreibers der ungenehmigten Anlage gehen. Die Behörde braucht nicht erst umfangreiche und zeitraubende Ermittlungen zur Genehmigungsfähigkeit anzustellen und darf dies nicht bei Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist es nicht so, dass sie die Anlage betreiben darf bis die fehlende Genehmigungsfähigkeit abschließend geklärt ist. Vielmehr entspricht es der Gesetzeslage, die der Soll-Regelung des § 20 Abs. 2 BImSchG zugrunde liegt, dass eine Anlage nur und erst dann betrieben werden darf, wenn die Genehmigungsfähigkeit zuvor abschließend geprüft worden ist. Demzufolge kann von einer Betriebsstilllegung wegen formeller Illegalität nur dann abgesehen werden, wenn die Genehmigungsfähigkeit evident und ohne ansatzweise Zweifel vorliegt und feststeht, dass die Erteilung der Genehmigung deswegen nur noch eine Formalität ist und alsbald erfolgt. Alles andere würde auch zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung desjenigen führen, der vor Errichtung und Betrieb einer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungspflichtigen Anlage den Abschluss des Genehmigungsverfahrens abwartet.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe erging die Betriebsstilllegung zu Recht. Eine evidente Genehmigungsfähigkeit wurde von gerichtlicher Seite (VG Regensburg, B.v. 26.6.2015 – RN 7 S. 15.912; VG Regensburg, B.v. 6.9.2016 – RN 7 S. 16.1148; BayVGH, B.v. 14.9.2016 – 22 CS 15.1509) bislang nicht angenommen. Eine evidente Genehmigungsfähigkeit wird auch mit den seitdem eingereichten neuen Unterlagen oder den seitdem erfolgten Maßnahmen nicht glaubhaft gemacht.
Der evidenten Genehmigungsfähigkeit steht schon entgegen, dass nach der Einlassung in den Schriftsätzen des Bevollmächtigten der Antragstellerin noch Unterlagen bis März 2017 im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren betreffend den stillgelegten Betrieb eingereicht werden sollen. Denn erst wenn alle Genehmigungsunterlagen vorliegen, kann eine abschließende Aussage über die Genehmigungsfähigkeit getroffen werden.
Ferner handelt es sich bei dem Betrieb um ein derart komplexes und sich über längere Zeit hinziehendes Verfahren mit einer Fülle von Akten, dass nicht im Ansatz bei kursorischer Prüfung die Genehmigungsfähigkeit ins Auge springt.
Im Übrigen wird von der Antragsgegnerseite in Frage gestellt, dass sich aufgrund der zuletzt eingereichten Unterlagen eine Genehmigungsfähigkeit ergibt. Das Landratsamt führt hierzu Folgendes aus:
„1. Brandschutz Bezüglich des Brandschutzes ist anzumerken, dass unter sicherheitsrechtlichen Aspekten ein Weiterbetrieb seit mehr als einem Jahr nur bei Umsetzung der Maßgaben einer laufend fortgeschriebenen Unbedenklichkeitsbescheinigung eines Prüfsachverständigen Brandschutz (aktueller Stand vom 29.11.2016) stattfinden kann. Dies ist notwendig, da die Voraussetzungen der Brandschutzkonzepte des Antrags vom 11.03.2016 nach wie vor nicht flächendeckend umgesetzt sind. Inwieweit evtl. notwendige Maßnahmen in den Bereichen Lärmschutz, Luftreinhaltung, Arbeitsschutz etc. zu einer Überarbeitung der Brandschutzkonzepte führen, entzieht sich der Kenntnis der Genehmigungsbehörde. Das aus brandschutztechnischen Anforderungen für den Betrieb notwendige Testat gemäß Art. 62 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 BayBO kann folglich derzeit nicht vorliegen. Die derzeit praktizierte Sicherstellung eines Mindestmaßes an Brandschutz durch eine aufwendig zu überwachende, mit umfangreichen Auflagen versehene Unbedenklichkeitsbescheinigung kann keinesfalls Grundlage für die Erteilung einer dauerhaften Genehmigung sein. Die Maßgaben der in der aktuellen Fassung vorliegenden Unbedenklichkeitsbescheinigung des Dr. J. erscheinen mittlerweile derart komplex, dass das Landratsamt … erhebliche Zweifel an einer zuverlässigen und dauerhaften Umsetzung in einem laufenden Betrieb hat. Dieser Eindruck wird auch dadurch bestätigt, dass bei den letzten Ortseinsichten der Behörde und des Ingenieurbüros K. wiederholt Mängel festgestellt wurden, welche erst nach mehrmaliger Nachkontrolle von der Betreiberin behoben werden konnten (siehe Aktenvermerk vom 02.12.2016 sowie Protokolle vom 9.12., 12.12. und 14.2.2016). Angesichts der am 31.12.2016 abzuschließenden vollständigen Stilllegung räumte das Landesamt … der Betreiberin im Zuge einer engmaschigen Überwachung die Möglichkeit ein, die Mängel zu beheben und die Maßgaben der Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erfüllen. Im Hinblick auf die Tatsache, dass nach wie vor kein Genehmigungsantrag vorliegt und sich derzeit keine seriöse Aussage über Dauer und Erfolg eines Genehmigungsverfahrens treffen lässt, wird das Landratsamt … eine engmaschige Überwachung, wie im November und Dezember 2016 durchgeführt, nicht weiter praktizieren können. Der Betreiberin wurde mehr als ausreichend Zeit eingeräumt, im Zuge eines Genehmigungsverfahrens die gesetzlichen Anforderungen an den Brandschutz zu erfüllen.
2. Arbeitsschutz
Das Gewerbeaufsichtsamt an der Regierung … hat die nun vorgelegte Stellungnahme der Fachkraft für Arbeitssicherheit, Frau A., vom 07.09.2016 vorab gesichtet. Auch wenn diese Stellungnahme durchaus positiv zu werten ist, kann eine abschließende Prüfung der materiellen Genehmigungsfähigkeit bezüglich der Belange des Arbeitsschutzes nicht erfolgen. Hierzu notwendig ist insbesondere noch ein Be- und Entlüftungskonzept, v.a. mit Hinblick auf auftretende Dieselmotor-Emissionen. Da zu erwarten ist, dass dieses Be- und Entlüftungskonzept Auswirkungen auf die Konzepte für Luftreinhaltung, Lärmschutz, Statik und gegebenenfalls Brandschutz haben kann, sind die jeweiligen, aufeinander abgestimmten Stellungnahmen der Fachplaner im Rahmen eines voll umfassenden Antragsverfahrens darzulegen. Ein entsprechender Antrag liegt derzeit nicht vor. Der Nachweis der materiellen Genehmigungsfähigkeit ist durch die Betreiberin nicht erbracht. Die Belange des Arbeitsschutzes sind trotz der neu vorgelegten Unterlagen nicht prüffähig.
3. Luftreinhaltung
Auch in Hinblick auf den Bereich Luftreinhaltung kann, trotz Vorlage eines Protokolls einer Geruchsmessung einer Referenzanlage, Berichtsnummer B. …05 der E. GmbH vom 28.08.2015, nicht von einer Genehmigungsfähigkeit ausgegangen werden. Aussagen zu einer Übertragbarkeit der Geruchsmessung der Referenzanlage auf die Anlage der  … GmbH unterbleiben. Es wird lediglich angeführt, dass die Referenzanlage in der „Art der Materialbearbeitung des Einsatzes der entsprechenden Maschinen und Aggregate sehr ähnlich“ sei. Detaillierte Aussagen, etwa zu Lager- und Durchsatzmengen, Art und Lage vorhandener Geruchsquellen, Abluftführung und -reinigung etc. unterbleiben. Selbst wenn die Messwerte der neu vorgelegten Geruchsmessung ohne weiteres für den Betrieb  … angewendet würden, ist keinesfalls offensichtlich, in welchem Ausmaß sich die geänderten Emissionskenngrößen auf die Immissionen an den maßgeblichen Beurteilungspunkten auswirken. Dass die Firma  … keine sogenannte DSD-Ware sondern ausschließlich PET-Getränkeflaschen aus dem System der D. GmbH einsetzt, war bereits bekannt und wurde in der Geruchsprognose von M. vom 05.07.2016 aufgegriffen. Selbst die neu eingereichte Geruchsmessung kommt am Standort N. auf Geruchsfrachten von über 19 MGE/h. Es ist erkennbar sachwidrig, aufgrund der vorgelegten Unterlagen anzunehmen, dass das Ausgangsmaterial nicht mehr geruchsintensiv wäre. Unberücksichtigt bleiben auch weiterhin vorhandene und legale Vorbelastungen anderer Betriebe im Gewerbegebiet. So tragen allein drei legale Lackiereranlagen sonstiger Betriebe, eine Lackiereranlage der … GmbH, deren nachträgliches baurechtliches Genehmigungsverfahren derzeit betrieben wird, sowie die … GmbH bereits erheblich zur Gesamtbelastung von Geruchsemissionen an den relevanten Beurteilungspunkten bei. Im Wesentlichen entbehren die neu eingereichten Unterlagen allen Anforderungen, welche bereits im Zusammenhang mit dem letztlich abgelehnten Genehmigungsantrag gerügt und im Gesprächsprotokoll der Regierung … vom 08.09.2016 aufgeführt wurden. Aufgrund der derzeit diffusen Quellencharakteristik und der von der M* … GmbH in der Emissionsprognose vom 05.07.2016 prognostizierten Wahrnehmungshäufigkeiten für Geruch an benachbarten Gewerbebetrieben von teilweise mehr als 50% der Jahresstunden ist ersichtlich, dass erhebliche Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu ergreifen sind und auch in einem reduzierten Teilbetrieb nicht offensichtlich von einer Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Angesichts dessen, dass der Umfang der erforderlichen Antragsunterlagen in Bezug auf die Luftreinhaltung im Rahmen des obig genannten Termins an der Regierung … am 08.09.2016 ausführlich besprochen wurden, kann nicht nachvollzogen werden, inwieweit der Bevollmächtigte meint, durch die bloße Vorlage eine Geruchsmessung einer vermeintlichen Referenzanlage die materielle Genehmigungsfähigkeit nachweisen zu können.
4. Lärmschutz
Der Stellungnahme der B. GmbH vom 01.12.2016 liefert keine belastbaren Grundlagen für die Beurteilung einer evtl. Genehmigungsfähigkeit der still zu legenden Anlage. Die Stellungnahme bezieht sich auf die Ergebnisse des von M. durchgeführten Lärmmonitorings. Diese Ergebnisse können jedoch nur als „Anhalt“ für die zu erwartenden Lärmemissionen bei dem derzeitigen reduzierten Betrieb dienen. Eine detaillierte Dokumentation des zum Zeitpunkt der Messungen vorherrschenden Betriebsumfanges liegt nicht vor. Darüber hinaus ist nicht geklärt, ob tieffrequente tonale Anteile im Geräuschspektrum auftreten. Die letzte amtliche Messung der Regierung … vom 31.08.2016 am nächstliegenden Emissionsort „A.-hof“ führte zu dem Ergebnis, dass bei der Terzmittenfrequenz von 25 Hz deutliche Hinweise auf eine Tonhaltigkeit vorliegen, die auch durch den subjektiven Höreindruck vor Ort bestätigt wurden. Die Regierung … hat für die lauteste Stunde der Nacht einen Beurteilungspegel von 51 dB(A), inklusive eines Zuschlags für Tonhaltigkeit von 3 db ermittelt. Dies bedeutet eine erhebliche Überschreitung des gemäß Bebauungsplan „A.-hof“, Deckblatt 5, zulässigen Immissionsrichtwertanteils von 42,2 dB(A). In dem knappen Schreiben der B. GmbH wird weder auf die Problematik „tieffrequente Geräusche“, noch auf notwendige Maßnahmen zur Einhaltung der zulässigen Immissionsrichtwertanteile eingegangen. Sollten nach wie vor tonale tieffrequente Anteile auftreten, wäre bei der Bildung des Beurteilungspegels ein Zuschlag für Tonhaltigkeit zu berücksichtigen. Beim Ansatz eines Zuschlags für Tonhaltigkeit wäre auch durch die vorliegenden Messergebnisse des Lärmmonitorings nicht sichergestellt, dass die zulässigen Immissionsrichtwertanteile eingehalten werden. Sämtliche bisher mit dem Vorhaben befassten Fachplaner gehen von einer Notwendigkeit erheblicher baulicher Ertüchtigungen aus. Dabei ist davon auszugehen, dass diese baulichen Maßnahmen auch Auswirkungen auf weitere Bereiche wie Statik, Brandschutz etc. haben. Deshalb sind die Stellungnahmen der jeweiligen Fachplaner wie bereits mehrfach erwähnt aufeinander abzustimmen. Die Stellungnahme der M. GmbH vom 13.12.2016, Bericht Nr. M., welche der Bevollmächtigte heranzieht, befasst sich ausschließlich mit den baurechtlichen genehmigungspflichtigen Hallen 1C, 2,2 A, 4E. Es erschließt sich dem Landratsamt … nicht, inwieweit hier Aussagen für die immmissionsschutzrechtlichen Anlagen, welche von der Stilllegung betroffen sind, getroffen werden können.
5. Abwasser Eine abschließende Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamts … als zuständige Fachbehörde bezüglich der Abwassersituation liegt nicht vor.
6. Windverfrachtungen
Wie bereits im Ablehnungsbescheid vom 20.09.2016 angeführt hat das Landratsamt … erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der im Antrag vom 11.03.2016 dargelegten Maßnahmen zur Vermeidung von Windverfrachtungen. Zur Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit im Rahmen eines neuen Antrags wird die Immissionsschutzbehörde im Zweifelsfall einen externen Gutachter beauftragen.“
Es liegt auf der Hand, dass aufgrund dieser Einlassungen der Immissionsschutzbehörde von einer evidenten Genehmigungsfähigkeit nicht im Ansatz ausgegangen werden kann. Die umfangreich geforderten Ergänzungen der Antragsunterlagen, insbesondere auch im Hinblick auf das Zusammenspiel der Themenbereiche Brandschutz, Lärmschutz, Statik, Luftreinhaltung und Abwasser, dessen Beurteilung sehr wohl im Aufgabenbereich der Antragstellerin liegt, lassen einen solchen Schluss nicht zu. Es liegt ein sehr komplexer Sachverhalt vor, der eine evidente Genehmigungsfähigkeit hier nicht erkennen lässt. Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin im Schriftsatz vom 21. Dezember 2016 den Einschätzungen der Behörde widerspricht, ist schon nicht erkennbar, ob er dies als technischer Laie tut oder diese Stellungnahme von einem Sachverständigen herrührt. Jedenfalls sind die Ausführungen nicht geeignet, die Einschätzung der Immissionsschutzbehörde derart in Frage zu stellen, dass eine evidente Genehmigungsfähigkeit glaubhaft gemacht wird. Soweit sich die Antragstellerin auf die Einhaltung der Grenzwerte im Bereich „A.-hof“ im Hinblick auf das vorgelegte Gutachten M. GmbH vom Dezember 2016 beruft, fällt die dortige gutachterliche Feststellung auf, dass für eine sachgerechte Beurteilung von tieffrequenten Geräuschimmissionen noch Messungen durchzuführen sind. Damit ist die Genehmigungsfähigkeit in Sachen tieffrequenter Lärm, auch wenn sie anderweitig positiv sein soll, jedenfalls in diesem Bereich noch nicht evident gegeben.
Ist damit die evidente Genehmigungsfähigkeit nicht glaubhaft gemacht, kommt auch ein Anspruch auf Unterlassen der (dann zu Recht erfolgten) Betriebsstillegung nicht in Betracht. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob der Geltendmachung eines solchen Anspruchs die zwischen den Beteiligten im November 2016 geschlossene Vereinbarung entgegensteht, in welcher sich die Antragstellerin zu einer Betriebsstillegung bis 31. Dezember 2016 verpflichtet hat. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin, dass die Betriebsstillegung zur Insolvenz ihres Betriebs und womöglich auch anderer Betriebe sowie zu dem Verlust von Arbeitsplätzen führt. Denn dies ist, wie dargelegt, nicht der Maßstab für eine Betriebsstilllegung nach § 20 Abs. 2 BImSchG. Im Übrigen würde andernfalls der privilegiert, der, ohne zuvor eine Genehmigung einzuholen, einen Betrieb aufnimmt, gegenüber dem, der damit bis zur Genehmigung abwartet.
Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Androhung des unmittelbaren Zwangs durch Bescheid vom 22. Juni 2016 wurden nicht glaubhaft gemacht. Unabhängig davon liegen solche auch nicht vor. Die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung der sofortigen Vollziehbarkeit der Betriebsstilllegung (vgl. Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG) ist im Hinblick auf die Sofortvollzuganordnung in Ziffer 3 des Bescheids vom 26. Mai 2015 gegeben; die Eilanträge hiergegen hatten keinen Erfolg. Der Betriebsstilllegung ist die Antragstellerin unstreitig bislang nicht vollständig nachgekommen (vgl. Art. 19 Abs. 2 VwZVG). Eine Anhörung zur beabsichtigten Androhung ist unstreitig erfolgt. Die vor der Androhung des unmittelbaren Zwangs fällig gestellten Zwangsgelder führten nicht zur Betriebseinstellung, weshalb die Anwendung des unmittelbaren Zwangs in Betracht kam (Art. 34 Abs. 1 VwZVG). Die Erfüllungsfrist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist nicht zu beanstanden, da die Antragstellerin vorher schon genug Zeit zur Befolgung der Betriebsstilllegung hatte und angesichts der Gefahren, die von dem illegalen Betrieb einer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage ausgehen können, auch eine sehr kurze Frist gesetzt werden durfte. Zudem wurde letztlich die Frist ohnehin faktisch bis zur Vereinbarung im November 2016 und dann in der Vereinbarung nochmals verlängert. Im Übrigen dürfte es auf die Rechtmäßigkeit der Androhung des unmittelbaren Zwangs durch Bescheid vom 22. Juni 2016 nicht mehr ankommen, da die Antragstellerin in Ziffer 11 der Vereinbarung der Beteiligten vom November 2016 anerkannt hat, dass die Behörde Zwangsmittel entsprechend des Bescheids vom 22. Juni 2016 ergreifen kann, sofern sie ihren vertraglichen Verpflichtungen gemäß den Ziffern 1. bis 9 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt.
Mangels Anordnungsanspruch auf Unterlassen der (zwangsweisen) Betriebsstilllegung kann es dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsgrund vorliegt. Soweit die Antragstellerseite auf Ermessensfehler und deswegen auf den Erfolg eines Verbescheidungsurteil abstellt, wird verkannt, dass es vorliegend auf einen (glaubhaft zu machenden) Anspruch auf Unterlassung einer Betriebsstilllegung ankommt und nicht, ob das Landratsamt über den Antrag vom 9. Dezember 2016 auf Gewährung des Weiterbetriebs über den 31. Dezember 2016 hinaus ermessensfehlerfrei entschieden hat.
3. Eine Auslegung oder Umdeutung des Antrags nach § 123 Abs. 1 VwGO durch das Gericht in einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO betreffend die Stilllegungsanordnung oder Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO betreffend die Androhung des unmittelbaren Zwangs kommt angesichts des eindeutigen Wortlauts des durch einen Anwalt gestellten Eilantrags und der Zitierung von § 123 VwGO nicht in Betracht. Es ist auch schon nicht klar, ob dies überhaupt Wille der Antragstellerin wäre.
Unabhängig davon wird darauf hingewiesen, dass aufgrund vorstehender Ausführungen des Gerichts solche Anträge keinen Erfolg hätten. Dies gilt auch im Hinblick auf die in Verfahren nach § 80 Abs. 5 bzw. Abs. 7 VwGO vorzunehmenden Interessensabwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung. Denn zum einen konnte sich die Antragstellerin schon seit längerer Zeit auf die Stilllegung einstellen, zum anderen ist mit einem formell illegalen Betrieb einer nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlage, wenn wie hier keine evidente Genehmigungsfähigkeit besteht, grds. auch die Möglichkeit von Gefahren bzw. schädlichen Umwelteinwirkungen gegeben. Zudem würde ein anderes Ergebnis unzulässiger Weise denjenigen privilegieren, der, ohne zuvor eine Genehmigung einzuholen, einen Betrieb aufnimmt, gegenüber dem, der damit bis zur Genehmigung abwartet. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin in der im November 2016 geschlossenen Vereinbarung mit dem Antragsgegner zu einer Betriebsstilllegung bis 31. Dezember 2016 verpflichtet hat.
Der Antrag war demnach abzulehnen mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz unter Berücksichtigung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Bei der Festsetzung der Höhe des Streitwerts ist das Gericht von den von der Antragstellerseite schon im Ausgangsverfahren vorgetragenen Verlusten in Millionenhöhe ausgegangen. Die Annahme eines wirtschaftlichen Interesses von mindestens einer Million Euro scheint daher realistisch. Von diesem Betrag ist im Eilverfahren die Hälfte anzusetzen.


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