Baurecht

Klage auf Baugenehmigung für Dachausbau, Vollgeschoss, Funktionslosigkeit Bebauungsplan, Grundzug der Planung, Nichtgewährung einer Schriftsatzfrist

Aktenzeichen  9 ZB 19.2504

Datum:
20.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 12469
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BauGB § 31 Abs. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 3 K 19.607 2019-11-07 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung, insbesondere zur Erneuerung des Dachstuhls und zum Ausbau des Dachgeschosses zum Vollgeschoss seines Mehrfamilienwohnhauses auf dem Grundstück FlNr. … Gemarkung M* …
Nachdem der Kläger die Sanierung seines Mehrfamilienhauses zunächst im Genehmigungsfreistellungsverfahren betrieb und eine planabweichende Bauausführung festgestellt wurde, stellte er einen entsprechenden Bauantrag und beantragte die Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. M3 „Südlich … I“ der Beigeladenen hinsichtlich der Zahl der festgesetzten Vollgeschosse von zwei auf drei betreffend das Dachgeschoss. Die Beigeladene verweigerte hierzu ihr Einvernehmen und das Landratsamt Erlangen-Höchstadt lehnte den Bauantrag des Klägers mit Bescheid vom 13. Februar 2019 ab. Die Klage des Klägers wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 7. November 2019 ab. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass das Bauvorhaben bauplanungs- und bauordnungsrechtlich nicht genehmigungsfähig sei. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg. Es liegen weder die vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), eine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) oder ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vor.
1. Die Berufung ist nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.
a) Entgegen dem Zulassungsvorbringen sind die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. M3 „Südlich … I“ der Beigeladenen hinsichtlich der Geschosszahl nicht funktionslos geworden.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine bauplanerische Festsetzung wegen Funktionslosigkeit außer Kraft tritt, wenn und soweit erstens die Verhältnisse, auf die sie sich bezieht, in der tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben, der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und zweitens eine bestimmte Offenkundigkeit des Mangels besteht, d.h. die zur Funktionslosigkeit führende Abweichung zwischen planerischer Festsetzung und tatsächlicher Situation in ihrer Erkennbarkeit einen Grad erreicht haben muss, der einem etwa dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 – IV C 39.75 – juris Rn. 35; BayVGH, B.v. 2.2.2021 – 9 ZB 18.1513 – juris Rn. 10 m.w.N.). Es hat sodann unter ausführlicher Würdigung der Gesamtsituation ausgeführt, dass die Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, § 16 Abs. 2 Nr. 3, § 20 Abs. 1 BauNVO nicht obsolet geworden sind. Dies ist nicht ernstlich zweifelhaft.
An das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen. Es genügt nicht schon, daß über längere Zeit von dem Plan abgewichen worden ist und inzwischen Verhältnisse entstanden sind, die den Festsetzungen des Plans nicht entsprechen (vgl. BVerwG, U.v. 3.8.1990 – 7 C 41.89 – juris Rn. 16). Während das Zulassungsvorbringen allein darauf abstellt, dass in der W* …straße knapp ein Drittel der Grundstücke mit einem dritten Vollgeschoss bebaut seien, hat das Verwaltungsgericht demgegenüber zutreffend nicht isolierend auf einzelne Grundstücke, sondern auf die Festsetzung in ihrer ganzen Reichweite sowie deren Bedeutung für den Plan in seiner Gesamtheit abgestellt (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.1977 – IV C 39.75 – juris Rn. 35). Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass selbst bei Betrachtung allein der W* …straße, in der das Grundstück des Klägers liegt, mit fünf Befreiungen nur eine Quote von 29 v.H. vorliege und eine Festsetzung nicht schon dann sinnlos werde, wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 9.10.2003 – 4 B 85.03 – juris Rn. 8). Hinzukommen müsste zudem, dass es offenkundig ist, dass der Bebauungsplan als Instrument der städtebaulichen Steuerung nicht mehr tauglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 27.2.2020 – 2 B 19.2199 – juris Rn. 13). Dies lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen. Dass vorliegend nicht von einem Verlust der städtbaulichen Steuerungsfähigkeit gesprochen werden kann, ist auch unter Berücksichtigung der Topografie nicht ernstlich zweifelhaft.
b) Entgegen dem Zulassungsvorbringen hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung von der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse nach § 31 Abs. 2 BauGB.
Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass die Festsetzungen zur Zahl der Vollgeschosse einen Grundzug der Planung darstellt und der Kläger deshalb keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB habe. Die Grundzüge der Planung ergeben sich aus der den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrundeliegenden und in ihnen zum Ausdruck kommenden planerischen Konzeption (vgl. BVerwG, U.v. 9.8.2018 – 4 C 7.17 – BVerwGE 162, 363; vgl. BayVGH, B.v. 23.2.2021 – 9 ZB 20.12 – juris Rn. 13 m.w.N.). Beim Bebauungsplan manifestieren sich die Grundzüge in den seine Hauptziele umsetzenden Festsetzungen (vgl. BayVGH, B.v. 18.8.2017 – 15 ZB 16.940 – juris Rn. 10). Mit dem Zulassungsvorbringen ist hierbei davon auszugehen, dass allein dem Umstand, dass die Beigeladene im Bebauungsplan mit der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse Mindestfestsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung getroffen hat, noch nicht zwingend zu entnehmen ist, dass es sich hierbei um einen Grundzug der Planung handelt (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2016 – 15 ZB 15.468 – juris Rn. 11). Das Verwaltungsgericht hat einen Grundzug der Planung hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse aber nicht allein aus deren Festsetzung, sondern aus einer Gesamtschau verschiedener Maßfestsetzungen im Bebauungsplan unter Berücksichtigung der vorgefundenen Plansituation sowie insbesondere der Festsetzung einer zwingenden Zahl von zwei Vollgeschossen bei noch unbebauten Grundstücken und einer maximalen Zahl von zwei Vollgeschossen bei schon bestehenden Gebäuden abgeleitet, wodurch eine durchgehende zweigeschossige Bebauung erreicht werden sollte. Dem tritt das Zulassungsvorbringen, das seinerseits keine dieser Auffassung entgegenstehenden Anhaltspunkte benennt, sondern nur die gegenteilige Rechtsauffassung des Klägers wiederholt, nicht substantiiert entgegen.
Auf die im Zulassungsvorbringen angegriffenen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Abstandsflächenrecht kommt es damit mangels bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit des beantragten Vorhabens nicht mehr entscheidungserheblich an.
2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Abgesehen davon, dass sich dem Zulassungsvorbringen über die geltend gemachten ernstlichen Zweifel nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hinaus nichts Substantielles hinsichtlich besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten entnehmen lässt, lassen sich die im Zulassungsantrag aufgeworfenen Fragen, wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, ohne weiteres und mit zweifelsfreiem Ergebnis im Zulassungsverfahren klären. Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht; die unterschiedliche Bewertung des vorliegenden Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und die Beklagte genügt hierfür nicht (vgl. BayVGH, B.v. 28.4.2020 – 9 ZB 18.1493 – juris Rn. 26). Die Rechtssache weist keine entscheidungserheblichen Fragen auf, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereiten, sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren herausheben (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2021 – 9 ZB 18.1513 – juris Rn. 12 m.w.N.). Weder die Frage der Funktionslosigkeit des Bebauungsplans Nr. M3 „Südlich … I“ noch die Bewertung von Grundzügen der Planung sind insoweit geeignet, besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten zu indizieren.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulasen.
Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 4 B 21.16 – juris Rn. 5). Dem genügt das Zulassungsvorbringen, das bereits keine divergierenden Rechtssätze gegenüberstellt, nicht. Entgegen dem Zulassungsvorbringen lässt sich den Entscheidungsgründen – wie oben ausgeführt – auch nicht entnehmen, dass das Verwaltungsgericht allein aus der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse auf einen Grundzug der Planung geschlossen hat.
4. Der Zulassungsantrag kann auch nicht mit Erfolg auf das Vorliegen von Verfahrensmängeln gestützt werden (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
a) Aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht keinen Augenschein durchgeführt hat, ergibt sich kein Verfahrensfehler.
Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht hätte eine Augenscheinnahme der Umgebungsbebauung vornehmen müssen, um feststellen zu können, dass bereits vielfach drei Vollgeschosse errichtet worden seien und der Bebauungsplan deshalb seine Steuerungsfunktion verloren habe. Bei dieser Geltendmachung eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2010 – 8 B 125.09 – juris Rn. 23 und B.v. 3.6.2014 – 2 B 105.12 – juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 15.9.2020 – 9 ZB 18.913 – juris Rn. 5). Das Verwaltungsgericht verletzt dabei seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer sich nicht aufdrängenden Beweiserhebung absieht, die ein Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B.v. 13.5.2004 – 4 B 27.04 – juris Rn. 6). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 7. November 2019 haben weder der Kläger noch sein anwesender anwaltlicher Vertreter einen entsprechenden Beweisantrag gestellt. Der im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 29. Oktober 2019 enthaltene Beweisantrag genügt insoweit nicht (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6). Angesichts der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts musste sich diesem – von seinem materiell-rechtlichen Standpunkt aus (vgl. BVerwG, B.v. 30.12.2016 – 9 BN 2.16 – juris Rn. 4) – auch keine weitere Sachaufklärung aufdrängen, zumal es darüber hinaus die vom Kläger angeführten Beispiele berücksichtigt und bewertet hat. Die vom Kläger angeführte „Befreiungspraxis“ ist im Hinblick darauf, dass das Verwaltungsgericht für den vom Kläger beantragten Ausbau des Dachgeschosses zu einem Vollgeschoss ein Berührtsein der Grundzüge der Planung bejaht hat, schon nicht geeignet, überhaupt einen Anspruch zu begründen (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2019 – 6 C 15.18 – juris Rn. 33). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger mit der Zulassungsbegründung vorgelegten Schreiben des Landratsamts, zumal danach darauf abgestellt wird, dass die ähnlich gelagerten Fälle Befreiungen für Kellergeschosse als drittes Vollgeschoss betreffen, nicht dagegen – wie vom Kläger beabsichtigt – für ein Dachgeschoss.
b) Die auf die Versagung einer Schriftsatzfrist gestützte Rüge einer Gehörsverletzung greift nicht durch.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist in diesem Zusammenhang nur dann verletzt, wenn der Verfahrensbeteiligte infolge der Ablehnung eines Schriftsatznachlasses nicht die Möglichkeit hatte, sich sachgemäß und erschöpfend zu einem bis zur Entscheidung nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zu äußern, den das Gericht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat, und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der der davon betroffene Verfahrensbeteiligte nach dem bis zu diesem Zeitpunkt gegebenen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (vgl. BayVGH, B.v. 12.4.2021 – 8 ZB 21.33 – juris Rn. 36 m.w.N.). So wird das rechtliche Gehör beispielsweise verletzt, wenn ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung von einem Hinweis des Gerichts überrascht wird, zu dem er nicht sofort Stellung nehmen kann (vgl. BVerfG, B.v. 18.8.2010 – 1 BvR 3268/07 – juris Rn. 30), oder wenn sich ein Beteiligter in der mündlichen Verhandlung zu dem Vorbringen eines anderen Beteiligten nicht sachgerecht erklären kann, weil es ihm nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt wurde (vgl. VGH BW, B.v. 25.2.2013 – 2 S 2385/12 – juris Rn. 21).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen kein Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts. Abgesehen davon, dass sich aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 7. November 2019 nicht ergibt, zu welchen erörterten Gesichtspunkten der Klägerbevollmächtigte überhaupt eine Schriftsatzfrist begehrt, zeigt das Zulassungsvorbringen auch keine entscheidungserheblichen Aspekte auf, die eine Schriftsatzfrist rechtfertigten. Das vom Kläger angeführte und vom Verwaltungsgericht wohl erstmals in der mündlichen Verhandlung angesprochene 16-m-Privileg ist nicht entscheidungserheblich, weil dem Anspruch des Klägers – wie oben ausgeführt – bereits aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht stattzugeben ist. Gleiches gilt für die vom Kläger angeführte „Befreiungspraxis“ des Landratsamts (s.o.).
c) Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht hätte auf eine sachdienliche Antragstellung hinwirken müssen, bleibt der Antrag ebenfalls erfolglos.
Unabhängig davon, dass der dahingehende Vortrag erst nach Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfolgte, beinhaltet die in § 86 Abs. 3 VwGO normierte Pflicht keine Beratungs-, sondern Formulierungshilfe (vgl. BVerwG, B.v. 27.6.2007 – 4 B 25.07 – juris Rn. 7). Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der anwaltlich vertretene Kläger, der in der mündlichen Verhandlung über den Klageantrag hinaus keine weiteren Anträge gestellt hat, einer solchen Formulierungshilfe überhaupt bedurfte. Eine Rechtsberatung ist dem Vorsitzenden dabei aufgrund seiner Neutralitätspflicht verboten. Im Übrigen soll die Bestimmung des § 86 Abs. 3 VwGO verhindern, dass die Rechtsverwirklichung der Beteiligten an Unerfahrenheit, Unbeholfenheit oder mangelnden Rechtskenntnissen scheitert (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.1995 – 6 B 39.95 – juris Rn. 9). Sie gilt daher nur eingeschränkt gegenüber anwaltlich vertretenen Klägern, die nicht einmal auf die Möglichkeit der Stellung eines förmlichen Beweisantrags hingewiesen werden müssen (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 86 Rn. 85). Dass dies hier beim Kläger, der anwaltlich vertreten und dessen Bevollmächtigter auch in der mündlichen Verhandlung anwesend war, anders beurteilt werden müsste, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Das Verwaltungsgericht hat zudem weder eine Pflicht, vor der Entscheidung auf seine vorläufige Rechtsauffassung hinzuweisen, noch eine Pflicht mitzuteilen, dass der klägerische Vortrag für nicht schlüssig gehalten wird, die Rechtsauffassung des Klägers nicht geteilt wird oder ein Beweisantrag gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 14.1.2021 – 9 ZB 18.1744 – juris Rn. 18).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da die Beigeladene im Zulassungsverfahren keinen rechtlich die Sache förderlichen Beitrag geleistet hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.2.6 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Sie entspricht der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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