Baurecht

Klage des Nachbarn gegen Baugenehmigung zur Umnutzung eines ehemaligen Lagerhauses zu Wohnzwecken, Erfordernis der sog. Atypik bei Abweichungsentscheidung nach Art. 63 BayBO vom Erfordernis der Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO (offengelassen); Atypik kann sich u.a. aus deutlich atypischem Grenzverlauf und besonderer (städte-)baulicher Situation, insbesondere bei gewachsener, dichter Bestandsbebauung ergeben, Keine Berücksichtigung brandschutzrechtlicher Vorschriften im Rahmen der Prüfung einer Abweichung vom Abstandsflächenrecht; ansonsten drohende und vom Zufall abhängige Ausweitung des Prüfprogrammes im Rahmen des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO., Kein Drittschutz der brandschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 29, 32, 33 BayBO, Kein Drittschutz des Art. 47 BayBO zu den Stellplätzen, aber Betroffenheit im Gebot der Rücksichtnahme denkbar, wenn die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze erfolgt und dies zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn durch Parksuch- und Parkverkehr führt oder wenn eine bestimmungsgemäße Nutzbarkeit seines Grundstückes nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt möglich ist (verneint), Missbräuchliches Berufen auf Abstandsflächenrecht bei eigener Verletzung desselben (§ 242 BGB analog)

Aktenzeichen  AN 17 K 19.00303

Datum:
8.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12018
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 59
BayBO Art. 6
BayBO Art. 63 Abs. 1
BayBO Art. 29
BayBO Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 8
BayBO Art. 47
BGB § 242

 

Leitsatz

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Gründe

Über die Klage konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Der Kläger begehrt ausweislich seines in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2021 gestellten und mit Schriftsatz vom 25. Januar 2022 angepassten Klageantrages die Aufhebung des Baugenehmigungsbescheides vom 11. Januar 2019 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 18. Oktober 2021 (§ 88 VwGO). Die ursprünglich weiter gefasste Antragstellung des anwaltlich nicht vertretenen Klägers im Schriftsatz vom 21. Januar 2020 mit zusätzlichen Verpflichtungsanträgen wird zu seinen Gunsten – andernfalls wäre von einer teilweisen Klagerücknahme auszugehen – als nicht maßgeblich erachtet, sondern gemäß § 103 Abs. 3 VwGO auf den in der mündlichen Verhandlung gestellten und nach dem Verzicht auf weitere mündliche Verhandlung schriftsätzlich ergänzten Antrag abgestellt (Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 103 Rn. 8; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 101 Rn. 11).
Klagegegenstand ist der Baugenehmigungsbescheid vom 11. Januar 2019 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 18. Oktober 2021 in dem ihm durch Auslegung zu entnehmenden Regelungsumfang. Dieser umfasst zum einen die Nutzungsänderung des vormals als Lagerhaus fungierenden Gebäudes auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen (FlNr. … ) hin zu Wohnzwecken und zum anderen den Einbau zweier Wohnungen nach Maßgabe der Bauvorlagen. Insbesondere stellt die Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 keine bloße Tekturgenehmigung im Verhältnis zur Baugenehmigung vom 8. April 2014 dar, mit welcher der damals als Bauherrin auftretenden … GmbH die Nutzungsänderung des bestehenden Lagerhauses zum Wohngebäude und der Einbau einer Wohnung genehmigt worden war. Die damalige Bauherrin hat, legt man die Baukontrolle des Landratsamtes … vom 3. Juli 2017 zu Grunde, von Anfang an planabweichend gebaut und zwei statt einer Wohnung sowie diese mit vollends veränderter Raumaufteilung eingebaut. Dabei handelt es sich nicht mehr um lediglich geringfügige oder kleinere Änderungen des Vorhabens, wie sie für eine Tekturgenehmigung charakteristisch sind (Decker in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 68 Rn. 71). Insofern entspricht das Verhältnis der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 zu der Genehmigung vom 8. April 2014 nicht demjenigen einer Tekturgenehmigung zur ursprünglichen Genehmigung: Von der Tekturgenehmigung kann nämlich nicht eigenständig, sondern nur in Verbindung mit der ursprünglichen Genehmigung Gebrauch gemacht werden (vgl. BayVGH, B.v. 29.8.2016 – 15 ZB 15.2442 – juris Rn. 9; Decker a.a.O. Rn. 73). Eine erheblich planabweichende Ausführung des Bauvorhabens lässt sich somit nicht mehr im Wege einer Tekturgenehmigung legalisieren, vielmehr ist eine eigenständige, neue Baugenehmigung nötig – die den Beigeladenen mit Bescheid vom 11. Januar 2019 auch erteilt wurde. Schließlich spricht gegen die Einordnung der Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 als bloße Tekturgenehmigung zur Baugenehmigung vom 8. April 2014, dass das Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Baukontrolle am 3. Juli 2017 schon vollständig, wenn auch planabweichend, abgeschlossen war (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2007 – 1 CS 07.801 – NJOZ 2009, 433, 435 f.; Decker in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 69 Rn. 28). Davon abgesehen dürfte die Genehmigung vom 8. April 2014, der … GmbH am Folgetag zugegangen, gemäß Art. 69 Abs. 1 BayBO nach Ablauf von vier Jahren, also mit Ablauf des 9. April 2018 erloschen sein, da von ihr so nie Gebrauch gemacht worden ist (hierzu Decker in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 69 Rn. 45), was weiter dafür spricht, in der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 18. Oktober 2021 eine umfassende Genehmigung des Bauvorhabens der Beigeladenen zu sehen. Zu guter Letzt hat auch der Beklagte zu Protokoll der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2021 erklärt, dass die Genehmigung aus dem Jahr 2019 als Genehmigung des Gesamtvorhabens anzusehen und der Brandschutz noch einmal insgesamt geprüft worden sei. Eine ähnliche Ausführung findet sich in der Begründung zum Ergänzungsbescheid vom 18. Oktober 2021: Der Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 liege kein Änderungsverfahren zur Baugenehmigung aus dem Jahr 2014 zugrunde, sondern ein eigenständiges Nutzungsänderungsverfahren, innerhalb dessen erneut über die Abstandsflächen zu entscheiden gewesen sei. Die so erfolgte nachträgliche Präzisierung eines Verwaltungsaktes ist zulässig (BVerwG, B.v. 21.6.2006 – 4 B 32/06 – NVwZ-RR 2006, 589: „versteht sich von selbst“).
Allenfalls ließe sich vertreten, dass die reine Nutzungsänderung von einem Lagerin ein Wohngebäude ohne die bauliche Konkretisierung als abtrennbarer Bestandteil bereits durch die Baugenehmigung aus dem Jahr 2014 erfasst wird, insofern fortwirkt und nicht mehr in den Regelungsgehalt der streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 aufgenommen wurde (vgl. OVG NW, B.v. 13.12.2012 – 2 B 1250/12 – juris Rn. 13; Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 66 Rn. 612: Nutzung eines Bauvorhabens ist von seiner Substanz grds. abtrennbar). Jedoch kann dies im Ergebnis dahinstehen, da, wenn man dies annähme, zuungunsten des Klägers bestandskräftig feststünde, dass die durch die Beigeladenen angestrebte Nutzungsänderung zu einer Wohnnutzung bauplanungsrechtlich zulässig ist. Geht man hingegen wie hier von einer vollständigen Neugenehmigung durch den Baugenehmigungsbescheid vom 11. Januar 2019 aus, ist auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen, die jedoch keine rechtlichen Probleme aufwirft (s.u.).
Die so auszulegende Klage ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage ist unbegründet und damit abzuweisen, weil der den Beigeladenen erteilte Baugenehmigungsbescheid vom 11. Januar 2019 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 18. Oktober 2021 den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Eine Anfechtungsklage hat nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nämlich nur dann Erfolg, wenn die angefochtene Baugenehmigung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Dafür genügt nicht die objektive Verletzung einer Rechtsnorm. Die Rechtsverletzung muss sich aus einer Norm ergeben, die zumindest auch dem Schutz des Nachbarn dient (Schutznormtheorie, s. BayVGH, B.v. 23.6.2017 – 15 ZB 16.920 – BayVBl 2019, 596 Rn. 8). Zudem müssen die als verletzt gerügten Normen Teil des Prüfprogramms im Baugenehmigungsverfahren sein, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO (Dirnberger in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 66 Rn. 537).
Eine Verletzung drittschützender Normen des Prüfprogramms der durch die den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung scheidet aus. Das Prüfprogramm bemisst sich vorliegend nach Art. 59 BayBO (vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren), da das durch die Beigeladenen nunmehr zu Wohnzwecken genutzte und entsprechend umgebaute vormalige Lagerhaus kein Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO ist.
2. Es liegt in bauordnungsrechtlicher Hinsicht kein Verstoß gegen das gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BayBO zu prüfende Abstandsflächenrecht und auch kein Verstoß durch die gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO zum Prüfprogramm gehörenden, durch die Beigeladenen beantragten und vom Beklagten genehmigten Abweichungen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO vor. Brandschutzrechtliche Vorschriften sind, von beantragten Abweichungen abgesehen, nicht Gegenstand des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens.
a) Ein Teil der nördlichen Außenwand des Vorhabengebäudes der Beigeladenen, nämlich soweit sie gegenüber der südlichen Giebelseite der grenzständig stehenden Scheune des Klägers bis zum Abknicken der gemeinsamen Grundstücksgrenze in einem Winkel von etwa 90 Grad Richtung Norden liegt, kann die gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 BayBO erforderliche Abstandsfläche im Ausgangspunkt nicht einhalten. Zwischen dieser und der Grundstücksgrenze des Klägers liegen gemäß der für die streitgegenständliche Baugenehmigung eingereichten Planzeichnungen 3,10 m. Die abstandsflächenrelevante Höhe des Wohngebäudes der Beigeladenen beträgt auf der Nordseite von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut bereits 10,79 m, womit bei einer erforderlichen Tiefe der Abstandsfläche von 0,4 H gemäß Art. 6 Abs. 5 Satz 1 BayBO bereits ohne Berücksichtigung der Traufseite des Daches 3,10 m überschritten wären.
Jedoch wurde den Beigeladenen diesbezüglich durch den Ergänzungsbescheid vom 18. Oktober 2021 eine Abweichung von den Vorschriften des Abstandsflächenrechts gemäß Art. 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO (Ziffer 1.) rechtmäßig erteilt. Einen entsprechenden Antrag enthält das Formblatt zum Baugenehmigungsantrag der Beigeladenen vom 21. Februar 2018 (Blatt 34 der Behördenakte 18/0183). Auch in materieller Hinsicht entspricht die erteilte Abweichung den Vorgaben des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde Abweichungen von den Anforderungen des Art. 6 BayBO zulassen kann, wenn sie unter Berücksichtigung des Zwecks der jeweiligen Anforderung und unter Würdigung der öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange mit den öffentlichen Belangen, insbesondere den Anforderungen des Art. 3 Satz 1 BayBO vereinbar sind. Die umstrittene Frage, ob eine Abweichung vom Abstandsflächenrecht weiterhin eine sog. Atypik voraussetzt, kann hier dahinstehen, da eine solche gegeben wäre (zur Problematik Kraus in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 6 Rn. 74 ff.). Die Zulassung einer Abweichung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtsbehörde, Art. 40 BayVwVfG, das bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO im Falle einer Atypik, so man sie fordert, als intendiertes Ermessen, vergleichbar mit einem „Sollen“, anzusehen ist (BayVGH, B.v. 8.12.2011 – 15 ZB 11.1882 – juris Rn. 15; Dhom/Simon in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 63 Rn. 39 m.w.N.).
Zu berücksichtigender Zweck der Abstandsflächen nach Art. 6 BayBO ist die Belichtung und Belüftung von Gebäuden sowie die Wahrung des sozialen Wohnfriedens (BayVGH, B.v. 6.4.2018 – 15 ZB 17.36 – juris Rn. 23; BayVGH, U.v. 3.12.2014 – 1 B 14.819 – NVwZ-RR 2015, 365 Rn. 17). Berücksichtigen im Sinne des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO meint dabei kein strenges Beachten, sondern unter Lockerung der strengen normativen Bindung vielmehr, dass die Bauaufsichtsbehörde den mit der Norm verfolgten Zwecken so weit wie möglich Rechnung tragen soll. Ein Zurückbleiben hinter dem vom Abstandsflächenrecht angestrebten Schutzniveau ist vertretbar, wenn dessen Einhaltung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht geboten ist (BayVGH, B.v. 17.7.2002 – 15 ZB 99.1625 – juris Rn. 16). Solche liegen hier vor, da der oben beschriebene Abschnitt der nördlichen Außenmauer des Vorhabengebäudes zwar jeweils zwei Fensteröffnungen in Erdgeschoss, erstem Obergeschoss und zweitem Obergeschoss in Blickrichtung zur gemeinsamen Grundstücksgrenze enthält, es sich jedoch bei dem unmittelbar angrenzenden klägerischen Gebäude um die Giebelseite einer (landwirtschaftlichen) Scheune handelt, deren Firsthöhe ausweislich der zur nicht mehr streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 8. April 2014 eingereichten Planzeichnungen über die Fenster im zweites Obergeschoss hinausragt. Insofern ist eine etwa mögliche Einsichtnahme unter dem Belang der Wahrung des sozialen Wohnfriedens von untergeordneter Bedeutung, da der Kläger in der Scheune nicht wohnt. Auch soweit man auf die Einsehbarkeit hinsichtlich des übrigen Grundstücks des Klägers, insbesondere dessen Wohnhaus von den im benannten Wandabschnitt des Gebäudes der Beigeladenen eingebrachten Fenstern abstellt, ist zunächst zu bemerken, dass angesichts der Höhe der klägerischen Scheune allenfalls von einem der Fenster im zweiten Obergeschoss ein Einblick möglich sein dürfte. Zudem befindet sich das Wohnhaus des Klägers Luftlinie gut 20 m (Garten) bzw. 25 m (Außenwand Wohnhaus) entfernt von dem besagten Fenster, was eine Gefährdung des sozialen Wohnfriedens fernliegend erscheinen lässt. Soweit die Einsehbarkeit des landwirtschaftlich genutzten Teils des klägerischen Grundstücks betroffen ist, handelt es sich nicht um einen Belang des sozialen Wohnfriedens. Was schließlich die Belange der Belichtung und Belüftung von klägerischen Gebäuden angeht, so ergibt sich durch die Umnutzung des ehemaligen Lagergebäudes zu einem Wohngebäude und den entsprechenden Umbau keine Erhöhung der Belastung für den Kläger, da das Gebäude auch schon vor Erteilung der streitgegenständlichen Baugenehmigung an seiner jetzigen Position stand und in seiner äußeren Gestalt bis auf die Einbringung von Fenstern auf der Nordseite unverändert bleibt.
Im Übrigen handelt es sich bei den klägerischen Gebäuden und demjenigen der Beigeladenen um eine historisch gewachsene Bestandsbebauung, die wechselseitig die Abstandsflächen nicht einhält (Scheune des Klägers, Vorhabengebäude), was schließlich auch durch den jeweils besonderen Grundstückszuschnitt – insbesondere durch den entlang des Scheunengebäudes nach Norden verlaufenden rechtwinkligen Knick im gemeinsamen Grenzverlauf – bedingt ist.
Darin liegt – wenn man sie noch fordern will – auch die Atypik begründet (Schönfeld in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 21. Ed. 1.2.2022, Art. 6 BayBO Rn. 227 ff. m.w.N. zu den Fallgruppen der Atypik). Diese kann sich nämlich unter anderem auf einen deutlich atypischen Grenzverlauf und eine besondere (städte-)bauliche Situation insbesondere bei gewachsener, dichter Bestandsbebauung stützen (BayVGH, B.v. 21.12.2016 – 9 CS 16. 2278 – juris Rn. 14 f.; BayVGH, U.v. 3.12.2014 – 1 B 14.819 – NVwZ-RR 2015, 365 Rn. 15; BayVGH, B.v. 24.4.2012 – 2 ZB 10.2894 – juris Rn. 5). Dahinter steht der Gedanke, dass der Grundstückseigentümer vorhandene Bausubstanz noch erhalten und sinnvoll nutzen können soll (Dhom/Simon in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 63 Rn. 46), gerade wenn vormals anderweitig genutzte Gebäude in Wohnraum umgewandelt werden. Besonderes Gewicht erhalten diese (richterrechtlichen) Erwägungen durch die jüngst im Rahmen des Gesetzes zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus vom 23. Dezember 2020 (GVBl. 2020, S. 663) eingefügten Art. 46 Abs. 5 BayBO, nach dem u.a. Art. 6 BayBO auf bestehende Bauteile von Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen in bestandsgeschützten Gebäuden, die in Wohnraum umgewandelt werden sollen, keine Anwendung finden und nach Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO, nach dem von den Anforderungen des Art. 6 BayBO Abweichungen insbesondere zugelassen werden sollen (intendiertes Ermessen), wenn ein rechtmäßig errichtetes Gebäude durch ein Wohngebäude gleicher Abmessung und Gestalt ersetzt wird. Ohne dass es hierauf wegen der bereits bejahten Atypik noch ankommt, liegt hier nahe, dass die Voraussetzungen des Art. 63 Abs. 1 Satz 2 BayBO erfüllt sind und auch deshalb das Ermessen in Richtung einer Erteilung der Abweichung intendiert war.
Vor diesem Hintergrund sind die nachbarlichen Belange des Klägers im Sinne des Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO durch den Beklagten adäquat gewürdigt und entsprechend ihres Gewichts in die Abwägung eingestellt worden (vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2007 – 1 CS 07.1340 – NVwZ-RR 2008, 84, 85), wenn sie auch im Ergebnis zu Recht zurückgetreten sind. Der Abweichung entgegenstehende öffentliche Belange, insbesondere aus Art. 3 Satz 1 BayBO herrührend, die das Gewicht hätten, die oben bejahte Atypik und das mit ihr einhergehende intendierte Ermessen aufzuwiegen und eine Ablehnung der Abweichung zu tragen, sind nicht ersichtlich. Anders als der Kläger meint muss die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen der Ermessensentscheidung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO hinsichtlich einer Abweichung von den Erfordernissen des Abstandsflächenrechts auch nicht zusätzlich die Einhaltung der brandschutzrechtlichen Vorschriften prüfen. Diese sind, soweit sie etwa bei beantragten Abweichungen gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO eigenständiger Prüfungsgegenstand im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren sind, unabhängig von einer Abweichungsentscheidung hinsichtlich der Abstandsflächen (Art. 6 BayBO) zu prüfen. So lassen sich zum einen unnötige Doppelprüfungen vermeiden, zum anderen aber auch eine gesetzgeberisch nicht vorgesehene Ausweitung des Prüfprogrammes des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO. Würde man nämlich über das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Belange in Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO das gesamte Bau(-ordnungs-)recht einschließlich der brandschutzrechtlichen Vorschriften in eine abstandsflächenrechtliche Abweichungsentscheidung mit hinein prüfen und so eine Verknüpfung zwischen den Schutzgütern des Abstandsflächenrechts und (beliebigen) sonstigen öffentlichen Belangen schaffen, verwischte man im Ergebnis jegliche Differenzierung zwischen dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO und dem für Sonderbauten einschlägigen Baugenehmigungsverfahren nach Art. 60 BayBO (BayVGH, B.v. 9.2.2015 – 15 ZB 12.1152 – juris Rn. 17; s.a. Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 63 Rn. 15). Überdies würde der Prüfungsumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren andernfalls der Zufälligkeit, ob der Bauherr eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO beantragt hat, preisgegeben werden. Selbst wenn man aber mit der Gegenansicht eine Ausweitung des Prüfungsumfanges im Rahmen der Abweichungsentscheidung hinsichtlich des Abstandsflächenrechts befürworten würde (etwa BayVGH, U.v. 3.12.2014 – 1 B 14.819 – juris Rn. 21; Weinmann in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 21. Ed. 1.2.2022, Art. 63 24 f.) wäre hier kein Ermessensfehler zu Lasten des Klägers erkennbar. Denn zum einen konzediert selbst die Gegenansicht, dass der Nachbar keinen Anspruch darauf habe, dass das Vorhaben in jeder Hinsicht öffentlich-rechtlichen Anforderungen entspreche, sondern lediglich die Belange in die Abwägung einzustellen seien, die durch die die Abweichung auslösende konkrete Maßnahme erstmals oder stärker als bisher beeinträchtigt würden (BayVGH a.a.O.). Der zweite Senat des BayVGH geht sogar davon aus, dass nur eine zum Prüfprogramm der Genehmigungsbehörde gehörende Norm auch zur Rechtswidrigkeit der Abweichungsentscheidung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO führen kann (BayVGH, B.v. 5.12.2011 – 2 CS 11.1902 – juris Rn. 7, was im Ergebnis wieder der hier vertretenen Ansicht entsprechen dürfte). Zum anderen ist keine drittschützende brandschutzrechtliche Norm ersichtlich, in der der Kläger durch das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen verletzt sein könnte. Stellt man zunächst auf die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zum streitgegenständlichen Bescheid vom 11. Januar 2019 explizit beantragten und mit Bescheid vom 11. Januar 2019 genehmigten Abweichungen von den Vorschriften der Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 BayBO (Decken) ab, die gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO Prüfungsgegenstand im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren sind, so fehlt ihnen mangels Außenwirkung der nachbarschützende Charakter (Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 55. Update Oktober 2021, Art. 29 Rn. 17). Doch auch jenseits dessen kann keine Verletzung des Klägers in brandschutzrechtlichen Belangen festgestellt werden. Insbesondere muss die nördliche Außenwand des Wohngebäudes der Beigeladenen gegenüber dem Kläger nicht als öffnungslose Brandwand im Sinne des Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO ausgestaltet sein, da sie 3,10 m von dessen Grundstücksgrenze entfernt liegt und das Erfordernis einer Brandwand als Gebäudeabschlusswand gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayBO erst bei einem Abstand von weniger als 2,50 m ausgelöst wird. Es ist vielmehr umgekehrt so, dass die grenzständige Giebelseite des Scheunengebäudes des Klägers nach heutiger Rechtslage Brandwandqualität (oder eine Wandqualität, die gemäß Art. 28 Abs. 3 Satz 2 BayBO an die Stelle einer Brandwand treten darf) aufweisen und öffnungslos ausgestaltet sein müsste. Soweit im Brandschutznachweis des Dipl-Ing. (FH) … vom 10. März 2014, der erstmals im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zur nicht mehr streitgegenständlichen Baugenehmigung vom 8. April 2014 eingereicht wurde, noch Abweichungen von Art. 32 BayBO (Treppen), Art. 33 BayBO (Notwendige Treppenräume, Ausgänge) beantragt wurden, kann dies hier dahinstehen, da beide Vorschriften nicht dem Nachbarschutz dienen (BayVGH, B.v. 4.7.2018 – 9 ZB 17.1984 – juris Rn. 16; Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 55. Update Oktober 2021, Art. 32 Rn. 13 und Art. 33 Rn. 15).
Von alldem einmal abgesehen ist höchst fraglich, ob sich der Kläger im Ausgangspunkt überhaupt auf die Einhaltung des Abstandsflächenrechts gemäß Art. 6 BayBO berufen kann, wo er doch selbst mit seiner zu den Beigeladenen grenzständig stehenden Scheune keine Abstandsfläche einhält. Denn ein Nachbar kann sich nach Treu und Glauben (entsprechend § 242 BGB) bei der Anfechtung einer Baugenehmigung dann nicht mit Erfolg auf die Verletzung des nachbarschützenden Abstandsflächenrechts berufen, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht den Vorgaben des Art. 6 BayBO in der jeweils aktuellen Fassung gegenüber dem Grundstück des Beigeladenen entspricht und die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und wenn der Ausschluss der Berufungsmöglichkeit auf Art. 6 BayBO nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führt (BayVGH, B.v. 19.4.2021 – 15 C 21.907 – juris Rn. 20).
Dies zugrunde gelegt ist kein Fehler des Beklagten im Sinne des § 114 VwGO bei der Ermessensausübung im Rahmen der Abweichungserteilung ersichtlich.
Im Übrigen, also soweit sie nicht dem Scheunengebäude des Klägers gegenüberliegt, ist die nördliche Außenwand des Vorhabengebäudes mit Bezug auf das klägerische Grundstück abstandsflächenrechtlich unproblematisch, da dessen Grenze wegen des nach dem oben beschriebenen Wandabschnitt rechtwinklig nach Norden abknickenden Grenzverlaufes etwa 20 m entfernt liegt.
b) Wie schon unter 2. a) ausgeführt, ist auch hinsichtlich der durch die Beigeladenen beantragten und durch den Beklagten gewährten Abweichung von den brandschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 29 Abs. 1 und Abs. 2 BayBO, die gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO Prüfungsgegenstand auch des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens sind, keine Rechtsverletzung des Klägers zu erkennen, da Art. 29 BayBO, der die brandschutzrechtlichen Anforderungen an Decken regelt, schon mangels Außenwirkung nicht den Nachbarn schützt (Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, 55. Update Oktober 2021, Art. 29 Rn. 17).
Im Übrigen ist der Brandschutz anders als der Kläger meint nicht Gegenstand des vereinfachten Genehmigungsverfahrens. Da die feststellende Wirkung der Baugenehmigung gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO auf „die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren“ zu prüfenden Vorschriften – hier die in Art. 59 BayBO genannten – beschränkt ist, scheidet eine Verletzung außerhalb dieses Prüfprogrammes liegender drittschützender Normen zu Lasten des klagenden Nachbarn von vornherein aus (Decker in Busse/Kraus, BayBO, 144. EL September 2021, Art. 68 Rn. 27). Dieser Umstand mag für den Kläger schwer nachzuvollziehen sein, jedoch ist er insoweit nicht rechtsschutzlos gestellt. Ihm verbleibt die Möglichkeit die Bauaufsichtsbehörde hinsichtlich etwaiger, außerhalb des im vereinfachten Genehmigungsverfahren beschränkten Prüfprogrammes liegender Mängel, insbesondere des Brandschutzes, zum bauaufsichtlichen Einschreiten aufzufordern bzw. dieses, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür vorliegen und das Ermessen der Behörde auf Null reduziert ist, mit einer Verpflichtungsklage durchzusetzen. Sofern tatsächlich nur die Abstellung brandschutzrechtlicher Mängel gefordert wird, ist auch der Zivilrechtsweg denkbar.
c) Soweit der Kläger die unzureichende tatsächliche Herstellung der erforderlichen Stellplätze durch die Beigeladenen rügt, so ist dies schon keine Frage der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, da es, wenn überhaupt, auf eine Diskrepanz zwischen den rechtlich erforderlichen und den genehmigten Stellplätzen ankommt. Die mangelnde tatsächliche Herstellung erforderlicher und genehmigter Stellplätze rechtfertigt allenfalls ein bauaufsichtliches Einschreiten. Im Übrigen sind auch die in Art. 47 BayBO geregelten Anforderungen an die Stellplätze als Bauordnungsrecht nicht Gegenstand des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO (s.o.) und entfalten davon abgesehen keine nachbarschützende Wirkung. Allenfalls erscheint eine Berücksichtigung bei der Prüfung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes denkbar, die aber im Ergebnis zu keiner Rechtsverletzung des Klägers führt (s.u. unter 3. und Hensel in Spannowsky/Manssen, BeckOK Bauordnungsrecht Bayern, 21. Ed. 1.11.2019, Art. 47 BayBO Rn. 19 f.).
3. Auch ein Verstoß gegen die über Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BayBO zu prüfenden Vorschriften der §§ 29-38 BauGB liegt nicht vor.
a) Hinsichtlich der durch die Beigeladenen angedachten Wohnnutzung gibt es weder nach Aktenlage noch nach dem Vortrag der Beteiligten Anhaltspunkte dafür, dass sie sich ihrer Art nach nicht nach § 34 Abs. 1 oder Abs. 2 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, wobei am ehesten von einem faktischen Dorfgebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 5 BauNVO auszugehen sein dürfte.
b) Auch für eine Verletzung des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und § 34 Abs. 1 BauGB („einfü-gen“) verankerten Rücksichtnahmegebots spricht hier nichts. Das drittschützende Rücksichtnahmegebot wird aktiviert, „wenn in qualifizierter und individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist“ (BVerwG, U.v. 5.12.2013 – 4 C 5/12 – NVwZ 2014, 370 Rn. 21). Die Anforderungen, die das Rücksichtnahmegebot an die Zulässigkeit des Vorhabens stellt, hängen wesentlich von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des durch das Vorhaben Betroffenen ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, desto weniger muss er sich in Rücksichtnahme üben. Es ist also darauf abzustellen, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BayVGH, B.v. 15.10.2019 – 15 ZB 19.1221 – juris Rn. 15; B.v. 5.4.2019 – 15 ZB 18.1525 – BeckRS 2019, 7160 Rn. 9; s.a. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger (EZBK), BauGB, 143. EL August 2021, § 34 Rn. 141).
Eine etwa erdrückende oder abriegelnde Wirkung (BayVGH, B.v. 23.4.2014 – 9 CS 14.222 – juris Rn. 12) des Bauvorhabens der Beigeladenen scheidet schon deswegen aus, weil sich die Abmessungen des Gebäudes durch die genehmigte Nutzungsänderung und die vornehmlich im Inneren stattfindenden Bauarbeiten nicht ändern und insofern keine Eingriffsvertiefung durch die streitgegenständliche Baugenehmigung stattfindet.
Hinsichtlich der Stellplatzfrage ist eine Betroffenheit im Gebot der Rücksichtnahme zwar grundsätzlich denkbar, wenn die Genehmigung eines Vorhabens ohne die erforderlichen Stellplätze erfolgt und dies zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Nachbarn durch Parksuch- und Parkverkehr führt oder wenn eine bestimmungsgemäße Nutzbarkeit seines Grundstückes nicht mehr oder nur sehr eingeschränkt möglich ist (BayVGH, B.v. 9.5.2016 – 2 AS 16.420 – juris Rn. 7). Eine diesbezügliche Verletzung des Klägers ist jedoch aus mehreren Gründen abzulehnen:
Zunächst ist klarzustellen, dass Streitgegenstand dieses Verfahrens nur die Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 18. Oktober 2021 und das durch sie genehmigte Vorhaben auf der FlNr. … – Nutzungsänderung eines bestehenden Lagerhauses zum Wohngebäude – ist. Insofern kann der Kläger mit seinem Vortrag, dass die für ein weiteres Grundstück der Beigeladenen mit der FlNr. …, welches u.a. mit einem Wohngebäude für mehrere Mieter bebaut ist, durch bestandskräftigen Genehmigungsbescheid vom 15. Dezember 2015 geforderten sechs Stellplätze den Mietern tatsächlich nicht zur Verfügung stünden und diese daher in der umliegenden R … straße parkten, schon im Ansatz nicht durchdringen. Die Prüfung des Rücksichtnahmegebotes berechtigt das Gericht nicht dazu, den Streitgegenstand nach Belieben auszuweiten und gleichsam eine streitgegenstandsübergreifende Gesamtbetrachtung aller baurechtlichen Konflikte zwischen Kläger und Beigeladenen in der näheren räumlichen Umgebung vorzunehmen. Insofern bleibt dem Kläger nur, auf bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten hinsichtlich der Stellplatzsituation auf dem weiteren Grundstück der Beigeladenen (FlNr. … ) hinzuwirken.
Aus Perspektive des Rücksichtnahmegebotes rügefähig wäre in diesem Verfahren hingegen nur der Umstand, dass die im Bescheid vom 11. Januar 2019 für das Vorhaben der Beigeladenen geforderten zwei Stellplätze (Ziffer II. 2.) hinter den rechtlichen Anforderungen des Art. 47 BayBO zurückbleiben und es hierdurch zu unzumutbaren Beeinträchtigungen für den Kläger kommt. Jedoch hat der Beklagte gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO, Abs. 2 Satz 1 BayBO i.V.m. § 20 und Ziffer 1.1 der Anlage zur Garagen- und Stellplatzverordnung (GaStellV) zutreffend die Herstellung zweier Stellplätze gefordert und deren räumliche Verortung, wie auf den Bauantragsunterlagen eingezeichnet, genehmigt. Da genau so viele Stellplätze genehmigt wurden wie erforderlich sind, scheidet eine diesbezügliche Verletzung des Klägers im Gebot der Rücksichtnahme aus. Soweit nach dem klägerischen Vortrag zutreffen sollte, dass die Beigeladenen nur einen der zwei geforderten Stellplätze für das streitgegenständliche Vorhaben tatsächlich hergestellt haben, hat dies keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung – diese entspricht nämlich den stellplatzrechtlichen Vorgaben – sondern kann nur ein etwaiges bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten rechtfertigen. Darüber hinaus trägt der Kläger selbst vor, dass die Beeinträchtigung seiner Hofeinfahrt durch die in der R … straße parkenden Pkw der auf einem anderen als dem Vorhabengrundstück wohnenden Mieter (FlNr. … ) der Beigeladenen verursacht werde, weil die Beigeladenen auf diesem Grundstück (FlNr. … ) die vorzuhaltenden Stellplätze selbst nutzen würden, anstatt sie ihren Mietern zur Verfügung zu stellen. Damit räumt der Kläger ein, dass er nicht durch die angefochtene Baugenehmigung vom 11. Januar 2019 und die darin geregelten Stellplatzanforderungen belastet ist, sondern allenfalls durch eine andere, nicht streitgegenständliche Baugenehmigung für das Nachbargrundstück (FlNr. … ).
4. Nach alldem war auch den zahlreichen Beweisanregungen des Klägers mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzugehen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO. Da die Beigeladenen keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen müssen, § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben