Baurecht

Klage von Fischereiberechtigten gegen eine Baugenehmigung

Aktenzeichen  AN 3 S 17.00252

Datum:
13.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 59, Art. 68 Abs. 4
BayFiG BayFiG Art. 1 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1
GG GG Art. 14

 

Leitsatz

Die Prüfung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erstreckt sich nicht auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Vorschriften des Fischereirechts. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.
2. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beigeladene ist Träger der Trinkwasserversorgung der Stadt … und betreibt hierzu im … gelegene Trinkwasserbrunnen.
Zum Schutz dieser Brunnen ist ein Wasserschutzgebiet im Bereich des … festgesetzt.
Innerhalb der Schutzzone für die Fassung II plant die Beigeladene mit ihrem Antrag vom 21. September 2016 die Errichtung einer Zaunanlage entlang der Fassung II des Wasserschutzgebietes zwischen den Flüssen … und … in der Gemarkung … im Bereich der …
Hinsichtlich der genauen Lage wird auf den Übersichtsplan „Zaun“ Bezug genommen.
Die Antragsteller sind als Inhaber des Fischereirechts zu jeweils einem Viertelanteil am …fischwasser von der … an bis unterhalb der … Brücke im Fischereiwassergrundbuch des Amtsgerichts … eingetragen.
Auf den Antrag der Beigeladenen vom 21. September 2016 erteilte das Landratsamt … mit Bescheid vom 19. Januar 2017 die Baugenehmigung für die Errichtung der geplanten Zaunanlage im Bereich der … in der Gemarkung …
Dieser Baugenehmigungsbescheid wurde den Antragstellern jeweils mit Einschreiben (Aufgabe zur Post am 20.1.2017) zugestellt.
Mit dem bei Gericht am 10. Februar 2017 eingegangenen Schreiben erhoben die Antragsteller hiergegen Klagen (AN 3 K 17.00262), über die noch nicht entschieden sind und beantragten gleichzeitig,
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen gemäß § 80 Abs. 5 VwGO.
Das Fischereirecht unterstehe grundsätzlich dem Eigentumsschutz. Durch die Baugenehmigung eines Zaunes werde der Zugang zum Eigentum verwehrt. Die Eigentumsgewährleistung nach Art. 14 GG sei nicht mehr gegeben.
Sie seien entschädigungslos durch Zäune auf einer Strecke von 1500 m von der Gewässernutzung ausgeschlossen worden, was ein enteignungsgleicher Eingriff in ihre Rechte sei. Des Weiteren werde das Bauvorhaben fälschlich entlang der Fassung II des Wasserschutzgebietes beschrieben. Es gebe aber auf den … keine Fassung. Auch verlaufe die Zaunanlage nicht entlang der Fassungen, die sich westlich der … befänden, sondern quer von Ost nach West.
Das hohe Gut des Wasserschutzes liege ihnen sehr am Herzen, schon aus Eigennutz. Deshalb sei es unverständlich, warum ausgebildete Wasserschützer, wie die Angler, die eine Prüfung ablegen müssten, keinen Zutritt bekommen sollten. Bei einer durchschnittlichen Frequentierung von 1 ½ Anglern pro Tag könne man nur annehmen, dass es sich um einen Willkürakt handele, denn eine Gefährdung sei auszuschließen.
Die Maßnahme der Beigeladenen führe zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden, der durch die neuerliche Aktion verschärft werde.
Sie seien immer für einen Interessenausgleich offen, was man von der Beigeladenen nicht behaupten könne. Es sei zwar richtig, dass in der Verordnung der Stadt … für das Wasserschutzgebiet … ein Betretungsverbot ausgesprochen werden könne, aber gemäß § 4 der Verordnung sei eine Ausnahme zum Verbot des § 3 zuzulassen, wenn das Verbot zu einer unbilligen Härte führen würde und das Gemeinwohl der Ausnahme nicht entgegenstehe.
Die Antragsgegnerin legte am 28. Februar 2017 die Bauakten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Die Baugenehmigung verstoße gegen keine Vorschrift, auf deren Einhaltung die Antragsteller sich berufen könnten. Das subjektive Fischereirecht, welches Teil des Eigentumsrechts im Sinne des Art. 14 GG sei, sei durch Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen und dadurch privatrechtlich gesichert.
Baugenehmigungen würden grundsätzlich unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt (Art. 68 Abs. 4 BayBO).
Darüber hinaus sei kein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften, die die Antragsteller schützten, gegeben.
Die Antragsteller erwiderten hierauf in ihrem Schreiben vom 5. März 2017, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Akte des Landratsamtes Fürth (BV-Nr. 457-16) Bezug genommen.
II.
Streitgegenstand vorliegender Anträge ist die Beseitigung der sofortigen Vollziehbarkeit der der Beigeladenen durch den Antragsgegner mit Bescheid vom 19. Januar 2017 erteilten Baugenehmigung für die Zaunanlage im Bereich der …
Die Anträge sind zulässig, jedoch nicht begründet.
In Fällen, in denen die gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Grundsatz nach gegebene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wie vorliegend durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen ist (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB), kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der rechtzeitig erhobenen Klage anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht in einer dem Charakter des summarischen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO entsprechenden Weise die Interessen der Antragstellerseite und des Antragsgegners sowie der Beigeladenen gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl., § 80 Rn. 152), wobei vorrangig die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen sind.
Nach diesen Grundsätzen müssen die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen der Antragsteller ohne Erfolg bleiben.
Nach Überzeugung der Kammer haben die Klagen gegen die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 19. Januar 2017 keine so hinreichende Aussicht auf Erfolg, dass das kraft Gesetzes nach § 212a Abs. 1 BauGB bereits bestehende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung einer Baugenehmigung ausnahmsweise zurücktreten müsste.
Einen Rechtsanspruch auf Aufhebung einer Baugenehmigung haben Nachbarn nicht schon dann, wenn die Baugenehmigung objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr setzt die Aufhebung der Baugenehmigung weiter voraus, dass der Nachbar durch sie zugleich in seinen Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies ist nur dann der Fall, wenn die zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung führende Norm zumindest auch dem Schutze der Nachbarn dient, also drittschützende Wirkung hat (vgl. z.B. BVerwG v. 6.10.1989 – 4 C 40.87 – juris).
Auf Grund der im vorliegenden Verfahren nur vorzunehmenden summarischen Überprüfung ist festzustellen, dass eine Rechtsverletzung der Antragsteller durch die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung aller Voraussicht nach nicht gegeben ist.
Die Antragsteller werden durch den Baugenehmigungsbescheid des Landratsamtes … vom 19. Januar 2017 nicht in Vorschriften des öffentlichen Baurechts, die gerade dem Schutz individueller Interessen dienen, verletzt.
Soweit sich die Antragsteller darauf berufen, dass durch die Errichtung der Zaunanlage in ihr am …fischwasser bestehendes Fischereirecht eingegriffen wird, ist dieser Einwand aus folgenden Gründen nicht durchgreifend:
Nach ihrem Vortrag und auch nach den vorgelegten Grundbuchauszügen steht den Antragstellern jeweils zu einem Viertel das selbständige Fischereirecht im Sinne von Art. 8 Abs. 1 BayFiG im Bereich der …, an die sich die streitgegenständliche Zaunanlage anschließt, zu.
Dennoch können die Antragsteller gegen die bauaufsichtlich genehmigte Errichtung dieser Zaunanlage kein Abwehrrecht aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die dem Schutz dienen, geltend machen.
Bei einem selbständigen Fischereirecht handelt es sich um ein dingliches Nutzungsrecht an einer fremden Sache, nämlich dem Gewässer … Dieses selbständige Fischereirecht nach Art. 8 Abs. 1 BayFiG stellt ein grundstücksgleiches Nutzungsrecht dar, bei dem die gemäß § 200 Abs. 2 BauGB für das Eigentum an Grundstücken beschriebenen Vorschriften entsprechend anzuwenden sind.
Auch unter dem Blickwinkel des Art. 14 GG steht den Antragstellern als Inhaber eines selbständigen Fischereirechts keine umfassende Abwehrbefugnis gegen eine im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO erteilte Baugenehmigung zu.
Zum einen war die Vereinbarkeit eines solchen grundstücksgleichen Nutzungsrechts mit dem genehmigten Vorhaben von der Baugenehmigungsbehörde nicht zu prüfen, weil sich die rechtsfeststellende und gestaltene Natur der Baugenehmigung nur auf das öffentliche Recht bezieht und es nicht Aufgabe des Baugenehmigungsverfahrens ist, über privates Recht zu entscheiden. Die Baugenehmigung ist eine öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitserklärung, was in Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO zum Ausdruck kommt, wonach die Baugenehmigung zu erteilen ist, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Nach dem eingeschränkten Prüfkatalog des Art. 59 BayBO erstreckt sich die Prüfung im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nicht auf die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Vorschriften des Fischereirechts. Insoweit ist auf die Vorschrift des Art. 68 Abs. 4 BayBO zu verweisen, wo ausdrücklich geregelt ist, dass die Baugenehmigung unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt wird. Ein solches privates Recht eines Dritten stellt nämlich das selbständige Fischereirecht nach Art. 8 Abs. 1 BayFiG dar.
Im Übrigen wird durch die Errichtung der Zaunanlage auch nicht unmittelbar in das grundstücksgleiche Nutzungsrecht, das unter dem Schutz des Art. 14 GG steht, eingegriffen.
Auch wenn die streitgegenständliche Zaunanlage es den Antragstellern verwehrt, in einem betroffenen Abschnitt der … ihr Fischereirecht auszuüben, weil die Zaunanlage das Betreten eines Uferbereichs in einem gewissen Abschnitt der … durch die Antragsteller als Angler verhindert, kann es sich allenfalls um einen mittelbaren Eingriff handeln. In dieser Konstellation kann eine Rechtsverletzung nicht wegen schwerer und unzumutbarer Betroffenheit des grundstücksgleichen Grundnutzungsrechts über Art. 14 Abs. 1 GG begründet werden.
Auch das Fischereirecht enthält trotz des Schutzes durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG keine umfassende Gewährleistung der Befugnisse, in einem Gewässer Fische zu hegen, zu fangen und sich anzueignen (vgl. Art. 1 Abs. 1 BayFiG). Das Fischereirecht schützt nur vor solchen Maßnahmen, die einen schweren und unerträglichen Eingriff darstellen oder die das Fischereirecht in ihrer Substanz treffen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Errichtung einer Zaunanlage in einem Trinkwasserschutzgebiet nicht um einen solchen schweren unzumutbaren Eingriff in ein eigentumsähnliches Recht. Die Zaunanlage dient dem Schutz des Trinkwassers, demnach eines höherwertigen Rechtsgutes, dem das Fischereirecht der Antragsteller nicht gleichwertig gegenüber steht. Nachdem den Antragstellern das Fischereirecht an der … auf mehreren Kilometern von der … Brücke in der Stadt … bis zur … auf der Höhe des Ortsteils … der Stadt … zusteht, sind sie auch nicht unbedingt darauf angewiesen, ihr Fischereirecht an dem Uferbereich der … auszuüben, dessen Betreten durch die streitgegenständliche Zaunanlage abgeschnitten wird.
Es ist demnach nicht von einer nachteiligen Einwirkung auf das Fischereirecht der Antragsteller auszugehen.
Sind somit die von den Antragstellern erhobenen Klagen aller Voraussicht nach unbegründet und wurden andererseits auch von den Antragstellern keine Gründe vorgetragen, die derart schwerwiegen würden, dass ausnahmsweise das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung hinter dem privaten Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Rechtsbehelfe zurücktreten müsste, so muss es beim Regelfall der vom Gesetzgeber bereits getroffenen Entscheidung zu Gunsten des öffentlichen Interesses an der sofortigen Verwirklichung eines Bauvorhabens verbleiben.
Die Anträge waren demnach abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwert: § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.


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