Baurecht

Leistungen, Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Neubau, Bauvorhaben, Planungsleistungen, Abnahme, Klage, Pflichtverletzung, Anspruch, Beschaffenheit, Zeitpunkt, Nutzung, Frist, mangelhafte Leistung

Aktenzeichen  13 O 1655/18

Datum:
1.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 53450
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.242.063,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig.
Das Landgericht Regensburg ist gemäß §§ 1 ff. ZPO, 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus den §§ 12, 13 ZPO, da der Beklagte seinen Wohnsitz im Gerichtsbezirk hat.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen durchsetzbaren Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzes. Ein durchsetzbarer Anspruch folgt weder aus den §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB noch unmittelbar aus § 280 Abs. 1 BGB. Denn unabhängig davon, ob man die von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen als Verzögerungsschäden oder als Mangelfolgeschäden im Erfüllungsstadium qualifizieren möchte, kann sich der Beklagte jedenfalls auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 214 Abs. 1 BGB berufen. Inwieweit zunächst ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz in Folge einer Pflichtverletzung des Beklagten entstanden ist, war mithin nicht mehr entscheidungserheblich.
2. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 02.11.2018 die Einrede der Verjährung erhoben.
3. Die Voraussetzungen für das Leistungsverweigerungsrecht des § 214 Abs. 1 BGB sind erfüllt, da etwaige Ansprüche der Klägerin jedenfalls verjährt sind. Die Klägerin stützt ihre Klageforderung darauf, dass die Planungen des Beklagten aufgrund von wiederholter Schlechtleistung erst nach langwierigen Nachbesserungen von Folgeplanern hätten verwendet werden können, wodurch der Klägerin Vermögensschäden im geltend gemachten Umfang entstanden sei.
a) Legt man diesbezüglich die Rechtsauffassung der Klägerin zugrunde, dass die geltend gemachten Mehrkosten und Folgeschäden nicht primär auf einer Verzögerung der Fertigstellung der Planungen, sondern auf einer Schlechtleistung des Beklagten im Erfüllungsstadium beruhen, so wären die mit der Klage geltend gemachten Schadenspositionen als Mangelfolgeschäden zu qualifizieren. Die Ersatzfähigkeit solcher Schäden wäre allein am Maßstab des § 280 Abs. 1 BGB zu messen. Ein solcher Anspruch wäre spätestens am 19.06.2018 und daher vor Klageerhebung verjährt gewesen.
(1) Die Verjährung von Ansprüchen wegen Mangelfolgeschäden aus § 280 Abs. 1 BGB richtet sich auch bei einem Schadenseintritt im Erfüllungsstadium nicht nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 195 ff. BGB, sondern nach dem Gewährleistungsregime des Nacherfüllungsanspruchs, d.h. nach § 634 a BGB. Die Verjährung von Ansprüchen im Erfüllungsstadium, die der Sache nach die Haftung des Unternehmers für Mängel seines Werks betreffen, sind an den Lauf der Gewährleistungsfristen des Nacherfüllungsanspruchs geknüpft (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 19.3.2009 – 9 U 152/08, BeckRS 2010, 26424), weil sich der Erfüllungsanspruch mit Abnahme in einen Nacherfüllungsanspruch umwandelt und alle Ansprüche, die sich auf die vertragswidrige Beschaffenheit des Werks, in welcher Phase auch immer, stützen, in gleicher Frist verjähren (vgl. BeckOGK/Raab-Gaudin, 1.3.2019, § 634 a BGB Rn. 156). § 634 a BGB differenziert in den Absätzen 1 und 2 nur nach unterschiedlichen Werkarten und nicht nach dem Zeitpunkt der Anspruchsentstehung vor oder nach Abnahme. Darum ist § 634 a BGB auf einen Schadensersatzanspruch neben der Leistung anwendbar, selbst wenn die mangelhafte Leistung (Schlechtleistung) vor Abnahme erfolgte (vgl. Müller, NZBau 2015, 337, 340).
(2) Gemessen daran hätte die Verjährungsfrist eines solchen Anspruchs der Klägerin spätestens am 19.06.2013 zu laufen begonnen und wäre am 19.06.2018, mithin vor Klageerhebung, vollendet gewesen. Denn spätestens mit Realisierung der Planungsleistungen des Beklagten durch Umsetzung im Rohbau, der vollständig am 19.06.2013 fertig gestellt wurde, lag eine konkludente Abnahme der Planungsleistungen vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 20.02.2014, VII ZR 26/12) kommt eine konkludente Abnahme von Planungsleistungen in Betracht, wenn das Werk nach den Vorstellungen des Auftraggebers im Wesentlichen mangelfrei fertiggestellt ist und der Auftragnehmer das Verhalten des Auftraggebers als Billigung seiner erbrachten Leistung als im wesentlichen vertragsgerecht verstehen darf. Der Beklagte konnte in Folge der Umsetzung seiner Arbeiten im Baufortschritt des Rohbaus am 19.06.2013 davon ausgehen, dass die Klägerin die Planungen als im wesentlichen vertragsgemäß billigte. Unerheblich ist für eine konkludente Abnahme, ob zuvor erst mehrere Nachbesserungsversuche im Erfüllungsstadium zur praktischen Verwertbarkeit und damit zur Abnahmereife geführt haben. Denn die Motive für eine konkludente Abnahme sind für den Eintritt der Abnahmewirkungen nach der Konzeption des Gesetzes unbeachtlich. Da die Verjährung auch bei einem Verjährungsbeginn bei einer konkludenten Abnahme am 19.06.2013 noch vor Klageerhebung vollendet gewesen wäre, konnte dahingestellt bleiben, ob für die konkludente Abnahme im Einklang mit dem Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 02.06.2020 auf die bereits ein halbes Jahr früher erfolgte Fertigstellung des Untergeschosses abzustellen gewesen wäre. Nichts anderes gilt, wenn man statt auf die tatsächliche Umsetzung der Planungsleistungen auf das Verstreichenlassen einer angemessenen Prüffrist bezüglich der durch den Beklagten auf Rückmeldung des Prüfstatikers hin nochmals überarbeiteten Pläne abstellt. Nicht entscheidungserheblich war nach dem Vorstehenden entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin, ob oder wann es zu einem sog. Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien gekommen war.
b) Qualifiziert man die geltend gemachten Schadenspositionen hingegen als Verzögerungsschäden im Erfüllungsstadium, so würde sich deren Ersatzfähigkeit nach den engeren Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB richten. Die Verjährung eines solchen Anspruchs bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 195 ff. BGB. Die Verjährungsfrist hätte dann mit Anspruchsentstehung und Kenntnis der Klägerin hiervon zu laufen begonnen, wäre jedoch spätestens gemäß § 217 BGB mit Verjährung des Erfüllungsanspruchs verjährt. Der exakte Beginn der Anspruchsentstehung kann dabei dahingestellt bleiben. Selbst wenn der Beklagte durch etwaige Nachbesserungen eine Verjährungshemmung bewirkt hätte, wäre die letzte Handlung des Beklagten die Bearbeitung des Plans „B008d“ im Januar 2013 gewesen, sodass bei einer dreijährigen Regelverjährungsfrist die Verjährung bereits vor der am 07.09.2018 erfolgten Klageerhebung vollendet war.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 2 ZPO.


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