Aktenzeichen 10 O 1280/17
Leitsatz
Auf ein dinglich gesichertes Vorkaufsrecht kann mündlich gegenüber einem Erwerber verzichtet werden, ohne endgültig auf das Vorkaufsrecht als solches zu verzichten. (Rn. 15) (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages.
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig.
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus dem Streitwert. Die örtliche Zuständigkeit beruht auf § 12, 13 ZPO, die Beklagten haben ihren Wohnsitz im hiesigen Bezirk.
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Klägerin, vertreten durch den Gesellschafter Herr Sch., nach Überzeugung des Gerichts zumindest für den Verkauf des streitgegenständlichen Grundstücks an die Beklagten auf das Vorkaufsrecht mündlich verzichtet hat.
Dem Gericht ist im Rahmen der Würdigung der vorliegenden Angaben der Parteien und auch der Zeugen durchaus bewusst, dass diese widersprüchlich sind. Die Gesellschafter der Klägerin, insbesondere auch Herr Sch. haben im Einzelnen bestritten, einen derartigen Verzicht abgegeben zu haben. Herr Sch. wies im Rahmen seiner Anhörung vom 11.12.2017 darauf hin, dass die Klägerin aufgrund der bestehenden Privilegierung des streitgegenständlichen Grundstücks, d. h. einer Nutzung für eine Betriebswohnung ohnehin davon ausgegangen sei, dass ein Verkauf an die Beklagten uninteressant sei. Er führte ebenfalls aus, dass die Klägerin das Grundstück allenfalls zu einem deutlich niedrigeren Preis angekauft hätte, jedoch nicht zu dem Preis von 350.000,00 € zuzüglich eines lebenslangen Wohnrechts für die Eheleute Bl..
Hinsichtlich des Treffens im September 2014 haben sowohl die Gesellschafter der Klägerin als auch die Zeugin B3. geschildert, dass bei diesem Treffen kein Verzicht auf das bestehende Vorkaufsrecht erklärt worden sei. Der Beklagte zu 2 wiederum gab an, es sei sehr wohl auf das Vorkaufsrecht verzichtet worden, der bei dem Gespräch ebenfalls anwesende Vater des Beklagten zu 2, der Zeuge E. B4. bestätigte ebenfalls, dass ein Verzicht auf das Vorkaufsrecht erklärt worden sei.
In diesem Zusammenhang ist auszuführen und zu berücksichtigen, dass die Zeugin B3. ihre Angaben durchaus eher sprunghaft und nicht in sich stringent getätigt hat. Sie war beispielsweise der Ansicht, das Schreiben vom 13.01.2015 sei bereits vor der notariellen Beurkundung an den Beklagten zu 2 übergeben worden, was dieser nicht bestätigt hat. Die Zeugin bestätigte zwar einerseits, ein Verzicht auf das Vorkaufsrecht sei im Rahmen des Treffens im September 2014 kein Thema gewesen, gab jedoch andererseits auch zu, dass sie das Schreiben vom 13.01.2015 (Anlage B 1) initiiert hat. In diesem Zusammenhang stellt sich daher die Frage, warum im Januar 2015 auf Betreiben der Zeugin B3. ein Schreiben mit dem Inhalt erstellt wird, dass die Klägerin das streitgegenständliche Grundstück nicht zu einem Kaufpreis von 350.000,00 € und einem lebenslangen Wohnrecht für die Eheleute Bl. kaufen würde, wenn vorher keinerlei Gespräche in diese Richtung stattgefunden hätten.
Auch die Angaben des Gesellschafters der Klägerin, Herr Leuchten überzeugen in diesem Zusammenhang nicht. Soweit er das Schreiben nicht als Verzicht auf das Vorkaufsrecht versteht, steht dies im Gegensatz zum Wortlaut. Nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont musste das Schreiben, auch wenn es zunächst nicht an die Beklagte übergeben wurde, als Verzicht für diesen Verkauf an die Beklagten gewertet werden. Die Erstellung und Unterzeichnung des Schreibens sind für das Gericht zumindest ein starkes Indiz, dass über einen Verzicht gesprochen wurde. Die Tatsache, dass die Klägerin aufgrund der damals noch bestehenden Privilegierung darüber hinaus davon ausging, dass eine Nutzung durch die Beklagten nicht möglich sein würde, ändert hieran nichts.
Sowohl der Zeuge E. B4. als auch dessen Bruder, der Zeuge M3. B4. berichteten übereinstimmend, dass der Gesellschafter der Klägerin, Herr Sch. im Rahmen eines zweiten Termins etwa eine Woche nach dem ersten Treffen in einem Café in Karlsfeld erneut bestätigt habe, dass die GbR das Grundstück jedenfalls nicht zu einem Preis von 350.000,00 €, sondern zu einem weit unter 200.000,00 € liegenden Preis kaufen würde. Beide Zeugen gaben an, Herr Sch. habe im Rahmen dieses Gespräches gesagt, der Preis, den die Beklagten zu bieten bereit waren, sei uninteressant, die GbR würde den Betrieb derzeit ausbauen und müsse auch Rücksicht auf deren Liquidität nehmen. Auf Frage des Gerichts bestätigte der Gesellschafter der Klägerin Herr Sch. sodann, dass es zutreffend sei, dass die GbR tatsächlich im Jahr 2015 Büroflächen und Wohnungen auf dem eigenen Grundstück gebaut habe.
Das Gericht hat im Rahmen der Würdigung keinesfalls verkannt, dass alle vernommenen Zeugen in gewisser Weise ein Eigeninteresse am Ausgang des Verfahrens haben. Hinsichtlich der Zeugin B3. käme beispielsweise eine Inanspruchnahme durch die Beklagten in Betracht, die im notariellen Vertrag mit den Beklagten unter Ziffer XI. auch geregelt ist. Bei den Zeugen E. und Murat B. handelt es sich um den Vater und den Onkel des Beklagten zu 2 und den Ehemann bzw. Schwager der Beklagten zu 1.
Das Gericht folgt jedoch im vorliegenden Fall den Angaben der Zeugen B4., insbesondere den Angaben des Zeugen M3. B4. Dieser tätigte seine Aussage absolut ruhig und ohne jeden Be- oder Entlastungseifer. Der persönliche Eindruck des Zeugen war sehr gut. Beide Zeugen B4. berichteten zudem über ein Detail, nämlich die Frage der Liquidität der GbR. Seitens des Gesellschafters der GbR, Herrn Sch. wurde dieses Detail auch bestätigt, nämlich der Ausbau des Betriebsgrundstücks und die damit verbundene Frage der Liquidität.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass sich die Beklagten ab dem Jahr 2014 bis etwa Mitte 2016 beim Landratsamt um den Erhalt einer Baugenehmigung und eine Entprivilegierung des streitgegenständlichen Grundstücks bemüht haben, was letztlich auch mithilfe anwaltlicher Beratung erfolgreich war. Den Beklagten war im Rahmen der Verkaufsverhandlungen mit den Eheleuten Bl. bereits ab September 2014 bekannt, dass ein Vorkaufsrecht besteht. Die Frage der Ausübung eines Vorkaufsrechts war daher eine wichtige Vorfrage für das weitere Vorgehen, insbesondere die Bemühungen um eine Entprivilegierung. Es erscheint für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass die Beklagten ohne eine entsprechende Klärung der Frage, ob das Vorkaufsrecht ausgeübt oder darauf verzichtet werden würde, derartige Bemühungen, auch verbunden mit nicht unerheblichen Kosten, zur Entprivilegierung des Grundstücks anstrengen. Den Vortrag der Klägerin unterstellt, hätte diese bereits im September 2014 klar zum Ausdruck gemacht, dass auf die Ausübung des Vorkaufsrechts keineswegs verzichtet werden würde. In diesem Fall hätte es keinerlei Sinn gemacht, das Grundstück mit erheblichen Kosten zu entprivilegieren. Die Beklagten hätten stattdessen ihre Kaufabsicht wohl eingestellt.
Zusammenfassend kommt das Gericht unter Abwägung sämtlicher Unterlagen und Aussagen daher zu dem Ergebnis, dass die Vertreter der GbR im Jahr 2014 gegenüber den Beklagten auf die Ausübung des Vorkaufsrechts für diesen Verkaufsfall, d. h. Verkauf an die Beklagten zu einem Kaufpreis von 350.000,00 € und einem lebenslangen Wohnrecht für die Eheleute Bl. verzichtet haben. Damit verbunden war kein endgültiger Verzicht auf das Vorkaufsrecht. Hintergrund dieses Verzichts dürfte nach Einschätzung des Gerichts gewesen sein, dass die Klägerin im Jahr 2014 noch fest von einer Privilegierung des Grundstücks und damit einer nicht zulässigen Wohnnutzung durch die Beklagten ausgegangen ist und möglicherweise auch die finanziellen Mittel nicht aufbringen konnte oder wollte. Erst im Jahr 2016 nach der Entprivilegierung des Grundstücks und der Genehmigung des Bauantrages wurde das Grundstück für die Klägerin interessant, so dass diese dann ihr Vorkaufsrecht am 21.09.2016 ausgeübt hat.
Nachdem daher ein wirksamer Verzicht hinsichtlich des Verkaufes des Grundstücks vom 28.07.2016, für den die Beklagten darlegungs- und beweisbelastet sind, zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen ist, besteht kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Löschung der eingetragenen Vormerkung.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.