Baurecht

Nachbarklage gegen die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Erweiterung ihres Schweinezuchtbetriebs

Aktenzeichen  22 B 18.2189, 22 B 18.2192

Datum:
7.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 16242
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG § 3, § 6 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 3
VwGO § 128, § 130
TA Luft Nr. 4.8, Anh. 3
UmwRG § 4 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Selbst wenn das Verwaltungsgericht wegen einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung der Befangenheitsanträge nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre, würde ein sich hieraus ergebender Verfahrensmangel angesichts der umfassenden Prüfung des Streitfalls durch das Berufungsgericht  nicht fortwirken. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar. Die Anwendung der GIRL gewährleistet eine grundsätzlich hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Nachbar kann nicht im Rahmen der Prüfung des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) eine objektiv-rechtliche Prüfung des § 35 BauGB verlangen. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein Kläger aufgrund seiner Eigentümerstellung eine Schädigung seines Waldes durch Stickstoffdeposition als eigene Rechtsverletzung i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltend machen kann. (Rn. 61) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 11 K 16.01742, AN 11 K 16.01743 2017-02-08 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Berufungen werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Kläger im Verfahren 22 B 18.2189 gesamtschuldnerisch zu 1/2 und der Kläger im Verfahren 22 B 18.2192 zu 1/2.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen sind nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Auf dem Verwaltungsgericht unterlaufene und eventuelle weitere Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Verfahrens kommt es nicht (mehr) an (1.). Die streitgegenständliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung verletzt keine Rechte der Kläger (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; 2.). Die Kläger können die Aufhebung der Genehmigung auch nicht nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG verlangen (3.).
1. Die Verfahrensfehler, die zur Zulassung der Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geführt haben, sowie eventuelle weitere Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Verfahrens können nicht zu einem Erfolg der Berufungen führen.
1.1 Die Verstöße des Verwaltungsgerichts gegen das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs wurden in der Rechtsmittelinstanz geheilt (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2013 – 11 CS 13.2261 – juris Rn. 26 m.w.N.). Nach 128 VwGO prüft der Verwaltungsgerichtshof im Berufungsverfahren den Streitfall innerhalb des Berufungsantrags im gleichen Umfang wie das Verwaltungsgericht. Er berücksichtigt auch neu vorgebrachte Tatsachen und Beweismittel. Gem. § 130 Abs. 1 VwGO hat der Verwaltungsgerichtshof die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. Die Kläger hatten im Berufungsverfahren ausführlich die Möglichkeit, zu den von ihnen bzw. ihrem Gutachter ausgemachten Mängeln in den dem streitgegenständlichen Genehmigungsbescheid zu Grunde liegenden immissionsschutzfachlichen Gutachten und Untersuchungen vorzutragen; sie haben hiervon auch Gebrauch gemacht. Beklagter und Beigeladene haben hierauf erwidert und z.T. ergänzende Untersuchungen vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sind die von den Klägern geltend gemachten Mängel sowie deren Relevanz für die Rechte der Kläger ausführlich erörtert worden.
1.2 Ob ein weiterer Verfahrensmangel des Verwaltungsgerichts darin liegt, dass es womöglich entgegen § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO seine Urteile erlassen hat, bevor über den in der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsantrag gegen die gesamte Kammer entschieden worden ist, kann offenbleiben. Da das Befangenheitsgesuch gegen die Kammer abgelehnt worden ist, wäre ein Verstoß gegen die sich aus § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 47 Abs. 1 ZPO ergebende Wartepflicht jedenfalls geheilt worden (vgl. BVerwG, B.v. 25.1.2016 – 2 B 34.14 – juris Rn. 16; Meissner/Schenk in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 54 Rn. 54). Die verwaltungsgerichtliche Entscheidung über das Befangenheitsgesuch selbst unterliegt wegen der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung (§ 146 Abs. 2 VwGO) gem. § 173 VwGO i.V.m. § 512 ZPO nicht der Beurteilung durch den Senat (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2020 – 12 ZB 18.706 – juris Rn. 24; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 54 Rn. 28). Anderes würde nur gelten, wenn die fehlerhafte Entscheidung über die Richterablehnung zugleich einen Verstoß gegen die Garantie des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG beinhaltet hätte. Dazu müsste die Entscheidung jedoch auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruhen, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichts rechtfertigt (BVerwG, B.v. 15.5.2008 – 2 B 77.07 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 23.3.2020 – 12 ZB 18.706 – juris Rn. 24). Dass der Ablehnung der Befangenheitsanträge ein derartiger Mangel anhaftet, ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Ablehnung ist damit begründet worden, dass es sich um eine unzulässige Wiederholung des bereits gegen den Kammervorsitzenden gestellten Befangenheitsantrags handele und dass die Entscheidung über diesen Befangenheitsantrag nicht geeignet sei, Zweifel an der Unvoreingenommenheit der daran beteiligten Richter zu wecken. Selbst wenn jedoch das Verwaltungsgericht wegen einer zu Unrecht erfolgten Ablehnung der Befangenheitsanträge nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen wäre, würde ein sich hieraus ergebender Verfahrensmangel angesichts der umfassenden Prüfung des Streitfalls durch das Berufungsgericht (vgl. oben 1.1) nicht fortwirken (vgl. BVerwG, B.v. 17.3.2014 – 2 B 45.13 – juris Rn. 12 m.w.N.).
1.3 Kein Verfahrensmangel ergibt sich daraus, dass das schriftlich abgefasste Urteil nicht von Richterin am Verwaltungsgericht Dr. R* … unterschrieben wurde, sondern vom Kammervorsitzenden ein Verhinderungsvermerk angebracht wurde. Das Verwaltungsgericht hat vorliegend statt der Verkündung des Urteils dessen Zustellung gem. § 116 Abs. 2 VwGO beschlossen. Im Rahmen des § 116 Abs. 2 VwGO ist § 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO entsprechend anwendbar, so dass die Übergabe der – auch von Richterin am Verwaltungsgericht Dr. R* … – unterschriebenen Urteilsformel an die Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen ausreichte (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 116 Rn. 15 m.w.N.). Von dieser Unterzeichnung der Urteilsformel zu unterscheiden ist die nachträgliche Niederlegung von Tatbestand, Entscheidungsgründen und Rechtsmittelbelehrung; diese sind besonders von den Richtern zu unterschreiben (§ 117 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Auf die letztgenannte Unterschrift von Richterin am Verwaltungsgericht Dr. R* … bezieht sich der vom Kammervorsitzenden angebrachte Verhinderungsvermerk gem. § 117 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
2. Der streitgegenständliche Genehmigungsbescheid für das nach § 4 Abs. 1 BImSchG i.V.m § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV, Nr. 7.1.7.1 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige Vorhaben verletzt keine Rechte der Kläger (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er stellt sicher, dass bei den klägerischen Wohnanwesen und dem Waldgrundstück der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen hervorgerufen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Dies gilt sowohl für Gerüche (2.1) als auch – in Bezug auf das Waldgrundstück – für Ammoniakimmissionen (2.2) und Stickstoffdeposition (2.3).
2.1 Zu den schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne von § 3 Abs. 1 BImSchG rechnen auch Geruchsbelästigungen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. etwa BVerwG, B.v. 4.12.2018 – 4 B 3.18 – juris Rn. 6; U.v. 21.12.2011 – 4 C 12.10 – BVerwGE 141, 293 – juris Rn. 22). Ist die Schwelle der Erheblichkeit – wie bei Geruchsimmissionen – nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der speziellen Schutzwürdigkeit des jeweiligen Baugebiets zu bestimmen. Für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Gerüchen darf auch auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) als Orientierungshilfe zurückgegriffen werden (BVerwG, B.v. 4.12.2018 – 4 B 3.18 – a.a.O.; B.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 – juris Rn. 12); dies gilt unabhängig davon, ob sie im jeweiligen Bundesland umgesetzt ist (BVerwG, U.v. 21.12.2011 – 4 C 12.10 – BVerwGE 141, 293 – juris Rn. 22). Die GIRL (hier in der Fassung vom 29.2.2008 mit Ergänzung vom 10.9.2008) stellt hingegen keine Rechtsquelle dar. Sie ist ein technisches Regelwerk, dessen Werte auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Experten beruhen und das insoweit die Bedeutung eines antizipierten generellen Sachverständigengutachtens hat (vgl. BVerwG, B.v. 5.8.2015 – 4 BN 28.15 – juris Rn. 5 m.w.N.). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinne einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case-Szenario“ dar; die Anwendung der GIRL gewährleistet mithin eine grundsätzlich hinreichend verlässliche Prognose und Bewertung von Geruchsbelästigungen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 23.2.2021 – 15 CS 21.403 – juris Rn. 87; B.v. 26.11.2020 – 9 N 17.2367 – juris Rn. 34). Jede schematische oder rechtssatzartige Anwendung der in der GIRL bestimmten Immissionswerte verbietet sich indes; maßgeblich bleibt stets die umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls (BVerwG, B.v. 4.12.2018 – 4 B 3.18 – juris Rn. 6; U.v. 27.6.2017 – 4 C 3.16 – BVerwGE 159, 187 – juris Rn. 12).
Eine solche Prüfung und Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ergibt vorliegend, dass durch die Errichtung und den Betrieb der durch die streitgegenständliche Genehmigung zugelassenen Anlage auf den Wohnanwesen der Kläger (E* … * und *) keine Geruchsimmissionen verursacht werden, die das zumutbare Maß überschreiten. Dies gilt unter Berücksichtigung der GIRL (dazu 2.1.1) sowie weiterer Umstände des vorliegenden Einzelfalls (dazu 2.1.2). 31
2.1.1 Aus den auf der GIRL beruhenden immissionsschutzfachlichen Untersuchungen des Gutachters der Beigeladenen ergeben sich für die Kläger keine unzumutbaren Geruchsimmissionen. Eine Unterschätzung der Geruchsimmissionen bei den Wohnwesen der Kläger in diesen Untersuchungen ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht anzunehmen (2.1.1.1). Die nach der GIRL ermittelten Geruchsimmissionen sind für die Kläger bei der auch insoweit vorzunehmenden Einzelfallprüfung zumutbar (2.1.1.2).
2.1.1.1 Die von den Klägern geltend gemachte Unterschätzung der bei ihnen zu erwartenden Geruchsimmissionen liegt nicht vor; die Untersuchungen des Gutachters der Beigeladenen liegen jedenfalls nunmehr auf der sicheren Seite (vgl. dazu BayVGH, B.v. 4.2.2019 – 22 ZB 18.1347 – juris Rn. 26; B.v. 9.8.2018 – 15 CS 18.1285 – juris Rn. 26; OVG NW, B.v. 2.8.2015 – 8 A 799/14 – juris Rn. 72 ff.). Den Einwänden der Kläger ist zum Teil in den jüngsten Stellungnahmen des Gutachters Rechnung getragen worden (2.1.1.1.1); insofern kann offenbleiben, ob diese Einwände zutrafen. Zum Teil greifen die Einwände in der Sache nicht durch (2.1.1.1.2).
2.1.1.1.1 Nach den jüngsten Stellungnahmen des Gutachters der Beigeladenen vom 23. März 2021 und vom 13. April 2021 ergeben sich beim Anwesen E* … * (Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189) als Geruchs-Gesamtbelastung Geruchsstundenhäufigkeiten von 20%, beim Anwesen E* … * (Kläger des Verfahrens 22 B 18.2192) von 6%. Diese Gesamtbelastung umfasst die Zusatzbelastung durch den gesamten Betrieb der Beigeladenen (Bestand und Erweiterung, vgl. § 1 Abs. 5 der 4. BImSchV) und die Vorbelastung durch andere Tierhaltungsanlagen, insbesondere den landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 (vgl. Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 S. 46; der dort für die Vorbelastung genannte weitere Tierhaltungsbetrieb E* … * wurde später nicht mehr berücksichtigt, nachdem die Kläger des Verfahrens 22 B 21.2189 vorgetragen hatten, dass dieser Betrieb endgültig aufgegeben worden sei; vgl. Schreiben des früheren Klägerbevollmächtigten vom 17.7.2015 S. 9, und nachfolgend Stellungnahme des Gutachters der Beigeladenen vom 7.9.2015). Die sich aus Vor- und Zusatzbelastung ergebende Gesamtbelastung ist nach der GIRL (Nr. 3.1, Nr. 4.6) – vorbehaltlich der stets erforderlichen Einzelfallprüfung (vgl. Nr. 3.1 GIRL a.E.) – maßgebend (vgl. auch BVerwG, U.v. 21.12.2011 – 4 C 12.10 – BVerwGE 141, 293 – juris Rn. 22).
2.1.1.1.1.1 Die Stellungnahmen des Gutachters der Beigeladenen vom 23. März 2021 und vom 13. April 2021 und die dort ausgewiesenen Geruchsstundenhäufigkeiten tragen den Einwänden der Kläger (insbesondere Stellungnahmen ihres Gutachters vom 14.3.2017; für das Berufungszulassungsverfahren ferner vom 31.5.2017 und vom 12.7.2017) dadurch Rechnung, dass eine Abluftgeschwindigkeit von nur noch 7 m/s zu Grunde gelegt und ein fehlender thermischer Impuls simuliert wurde sowie die Güllebehälter als Volumenquellen modelliert wurden (Stellungnahme vom 23.3.2021 S. 1 f.; vgl. dazu Schreiben des Beklagten vom 14.1.2021).
Allerdings liegen die tatsächlichen Abluftgeschwindigkeiten bei den Stallkaminen über den nunmehr zu Grunde gelegten 7 m/s, nämlich entsprechend der ursprünglichen Annahme des Gutachters der Beigeladenen bei 8,36 m/s (Stall 1) bzw. bei 10,07 m/s (Stall 2), wie aus der stündlichen Lüfterleistung und dem Durchmesser der Abluftrohre errechnet werden kann (vgl. E-Mail des Beklagten vom 19.2.2019; zu den tatsächlichen Angaben vgl. Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 S. 65, ferner Anlagen- und Verfahrensbeschreibung S. 5 bzw. S. 8). Angesichts dessen dürften die Nebenbestimmungen des Bescheids betreffend die Mindest-Abluftgeschwindigkeit (insbesondere Nr. 6.3.2.2.3) nicht auf eine Reduzierung der sich aus den genehmigten Antragsunterlagen ergebenden tatsächlichen Abluftgeschwindigkeiten zielen, sondern lediglich dem Umstand Rechnung tragen, dass eine – hier bei der Ausbreitungsberechnung angesetzte – Abgasfahnenüberhöhung eine Abluftgeschwindigkeit von mindestens 7 m/s erfordert (VDI-RL 3783 Bl. 13, Nr. 4.5.3.2, zweiter Aufzählungspunkt). Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da auch die mit einer Abluftgeschwindigkeit von 7 m/s ermittelten Geruchsimmissionen das den Klägern zumutbare Maß nicht überschreiten (vgl. unten 2.1.1.2). Eine nachbarrechtlich relevante Unbestimmtheit des Bescheids besteht daher nicht.
2.1.1.1.1.2 Die in den Stellungnahmen des Gutachters der Beigeladenen vom 23. März 2021 bzw. vom 13. April 2021 ausgewiesene Gesamtbelastung der Geruchsstundenhäufigkeiten von 20% bzw. 6% ist auch nicht deswegen unschlüssig, weil die Gesamtbelastung trotz ungünstigerer Ausbreitungsbedingungen unter derjenigen liegt bzw. mit derjenigen identisch ist, die in der letzten Stellungnahme des Gutachters der Beigeladenen vor Bescheiderlass (Stellungnahme vom 16.12.2015) ausgewiesen worden ist. Beklagter und Beigeladene haben dies in der mündlichen Verhandlung (vgl. Sitzungsprotokoll S. 6) für den Senat plausibel damit erklärt, dass bei den Untersuchungen vor Bescheiderlass der neue Stall für die Ermittlung der Gesamtbelastung doppelt berücksichtigt worden sei. Zudem sind in den jüngsten Stellungnahmen die Beurteilungsflächen an den konkreten Immissionsort (E* … *) angepasst worden, während dieser Immissionsort nach den früheren Untersuchungen von mehreren Beurteilungsflächen mit unterschiedlichen Werten „durchschnitten“ worden war (vgl. Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 Abb. 29). Für den Immissionsort E* … * war eine solche Anpassung nicht geboten, weil sämtliche diesen Immissionsort erfassende Beurteilungsflächen die gleiche Gesamtbelastung auswiesen.
2.1.1.1.2 Eine Unterschätzung der für die klägerischen Wohnanwesen prognostizierten Geruchsimmissionen ist unter Würdigung insbesondere der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse auch nicht im Hinblick auf die Einwände der Kläger zur Berücksichtigung von Gebäuden – insbesondere Verwendbarkeit des von dem Gutachter der Beigeladenen herangezogenen Windfeldmodells TALdia, Auftreten von Luv- und Lee-Verwirbelungen, Ansatz einer Abluftfahnenüberhöhung – anzunehmen.
Gemäß Anhang 3 Abschnitt 10 Satz 1 TA Luft sind Einflüsse von Bebauung auf die Immission im Rechengebiet zu berücksichtigen. Auch nach der vom Gutachter der Beigeladenen hier angewandten VDI-RL 3783 Blatt 13, Nr. 4.5.3.2, dritter Aufzählungspunkt können Gebäude für den Ansatz einer Abgasfahnenüberhöhung als Strömungshindernisse von Relevanz sein (vgl. Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 S. 65; Gutachten vom 25.1.2017 S. 47); der grundsätzlichen Anwendbarkeit dieser Richtlinie haben die Kläger nicht widersprochen. Zwischen den Beteiligten besteht zwar im Hinblick auf die südlich der beiden Ställe gelegenen Lagerhalle in tatsächlicher Hinsicht Uneinigkeit hinsichtlich der in Anhang 3 Abschnitt 10 Satz 2 TA Luft genannten Verhältnisse zwischen Schornstein- und Gebäudehöhe. Selbst wenn jedoch die von den Klägern genannten Höhenverhältnisse zutreffen sollten, sind zur Überzeugung des Senats die Ergebnisse der Berechnungen des Gutachters der Beigeladenen sowohl im Hinblick auf Anhang 3 Abschnitt 10 TA Luft als auch in Bezug auf den Ansatz einer Abgasfahnenüberhöhung nicht zu beanstanden.
2.1.1.1.2.1 In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Landesamts für Umwelt zu den entsprechenden Einwänden des Gutachters der Kläger nachvollziehbar ausgeführt (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7), dass das vom Gutachter der Beigeladenen verwendete Rechenmodell gemäß der VDI-RL 3483 (gemeint offenbar 3783) Blatt 13, Anhang zu 4.9.2., die Anforderungen nach Anhang 3 Abschnitt 10 TA Luft hinreichend genau abbilde und sowohl Luv- als auch Lee-Wirbel berücksichtige. Dies werde durch das AUSTAL2000-Handbuch bestätigt. Zwar solle generell das Verhältnis der Quellhöhe zum First des Gebäudes 1,2 betragen; aber auch für Quellen, bei denen diese Voraussetzung nicht erfüllt sei, sei TALdia in der Lage, die Hindernisse sachgerecht zu berücksichtigen. Weiter nachvollziehbar hat er ausgeführt, dass Luv-Wirbel, die sich unterhalb des 0,6-fachen der Höhe des Hindernisses befinden, in der Regel keine Bedeutung haben, wenn die Mündungen der Emissionsquellen außerhalb des Luftwirbelbereichs liegen. Letzteres ist hier der Fall, da sich die Mündungen der Emissionsquellen auf den Ställen befinden (Kamine), die Luftverwirbelungen jedoch im Bereich der südlich von den Ställen gelegenen Lagerhalle auftreten sollen. In dieses Bild fügt es sich, dass der Gutachter der Kläger von „an den Boden gedrückten Emissionen“ gesprochen hat (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7). Unter diesen Voraussetzungen ist, wie der Vertreter des Landesamts für Umwelt ebenso nachvollziehbar ausgeführt hat, auch der Ansatz einer Abluftfahnenüberhöhung sachgerecht (vgl. Sitzungsprotokoll a.a.O.). Bereits zuvor hatte der Vertreter des Landesamts für Umwelt im Zusammenhang mit dem Ansatz einer Abluftfahnenüberhöhung ausgeführt, dass der Ausbreitungsberechnung im Rahmen des Rechenmodells in der TA Luft ein Windfeldmodell vorgeschaltet sei, das auch Hindernisse bei der Ausbreitung berücksichtige (Sitzungsprotokoll S. 5).
Diesen für den Senat überzeugenden Ausführungen des Vertreters des Landesamts für Umwelt ist der Gutachter der Kläger in der mündlichen Verhandlung letztlich nicht substantiiert und durchgreifend entgegengetreten. Der Vertreter des Landesamts für Umwelt hat auch nochmals bestätigt, dass das Rechenmodell hier sachgerecht angewendet worden sei (Sitzungsprotokoll S. 8). Dass bei dieser Beurteilung die Bedenken der Klägerseite berücksichtigt worden sind, ergibt sich durch seine Aussage, dass die klägerseits genannte Lagerhalle einen Einfluss auf die Immissionsbelastung in E* … habe, weil dadurch in der Ausbreitungsberechnung eine Beeinflussung des Abflusses der Abluft entstehe. Gerade hieraus wird aber deutlich, dass zwar dieses Gebäude bei der Ausbreitungsberechnung zu berücksichtigen war, die Berücksichtigung aber im Rahmen der Untersuchungen des Gutachters der Beigeladenen sachgerecht erfolgt ist.
2.1.1.1.2.2 In diesem Zusammenhang ist weiter Folgendes zu berücksichtigen: Die Gutachter der Beigeladenen haben im Rahmen der Berufungserwiderung der Beigeladenen angeführt (Stellungnahme vom 10.4.2019), dass bei den Entfernungen des hier zu beurteilenden Immissionsortes zu den überströmten Gebäuden keine Effekte der von den Klägern angesprochenen Verwirbelungen auf die Geruchsstundenhäufigkeiten mehr spürbar seien; ein Einfluss könne insoweit nur für den absoluten Nahbereich der Anlage eintreten. Dem sind die Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Diese Aussage lässt sich zudem mit den Erkenntnissen der mündlichen Verhandlung in Übereinstimmung bringen (vgl. oben 2.1.1.1.2.1 zur Lage der Emissionsquellen außerhalb des Luftverwirbelungsbereichs). Des Weiteren liegen hier vorwiegend die Windrichtungen Westen / Südwesten, z.T. auch Nordwesten vor (vgl. Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015, S. 41 f. sowie das diesem vorangestellte amtliche Gutachten des Deutschen Wetterdienstes). Dies haben die Kläger ebenfalls nicht substantiiert in Frage gestellt; der bloße Hinweis (Schriftsatz vom 5.5.2020), nach den Wahrnehmungen der Kläger seien die ungünstigen Windrichtungen unterschätzt worden, reicht nicht aus. Der Gutachter der Kläger hat das Problem der Verwirbelungen jedoch explizit nur für Wind aus Norden angesprochen (vgl. Stellungnahme vom 14.3.2017 S. 4). Dass der Gebäudesituation bei anderen Windrichtungen jedenfalls nicht eine derartige Relevanz zukommt, ergibt sich auch aus den Angaben des Gutachters der Kläger in der mündlichen Verhandlung, wonach sich beim östlich des Vorhabens gelegenen Wald der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 das Problem der Verwirbelungen nicht stelle, weil das vom Gutachter der Beigeladenen verwendete Programm die insoweit maßgeblichen Lee-Wirbel berechnen könne (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7). Ferner hat der Gutachter der Kläger das Problem der in der Flucht zu den klägerischen Wohnanwesen liegenden Halle in seiner Stellungnahme vom 12. April 2021 nur noch in Bezug auf den Stall 1 angeführt, was hinsichtlich der Bebauungssituation ebenfalls gegen einen maßgeblichen Einfluss der gesamten Anlage auf die Grundstücke der Kläger spricht. Schließlich betreffen diese Einwände ausweislich des dieser Stellungnahme beigefügten Luftbilds nicht das Wohnanwesen E* … *.
2.1.1.2 Aus der damit zu Grunde zu legenden Gesamtbelastung von 20% bzw. 6% Geruchsstundenhäufigkeiten gemäß der GIRL ergibt sich bei der gebotenen Einzelfallbetrachtung keine unzumutbare Beeinträchtigung für die Kläger.
Dem steht für das Wohnanwesen E* … * nicht entgegen, dass der in Nr. 3.1 GIRL für ein Dorfgebiet genannte Immissionswert (15%) überschritten wird. Abgesehen davon, dass die GIRL nicht als Grenzwertregelung verstanden werden darf, liegen die Wohnanwesen der Kläger nicht in einem Dorfgebiet, sondern im Außenbereich. Ihre Schutzbedürftigkeit entspricht auch nicht derjenigen eines Dorfgebiets. Am Wohnanwesen E* … * wird ohnehin sogar der für ein Wohngebiet in der GIRL genannte Immissionswert deutlich unterschritten.
2.1.1.2.1 Im Grundsatz lässt sich der GIRL hinsichtlich der Beurteilung der Schutzbedürftigkeit eine Unterscheidung zwischen Dorfgebiet (i.S.d. § 5 BauNVO) und Außenbereich entnehmen (vgl. Auslegungshinweise zu Nr. 3.1 GIRL, Abschnitt „Zuordnung der Immissionswerte“; zur Berücksichtigungsfähigkeit dieser Auslegungshinweise vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2013 – 4 BN 44.13 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 22 ZB 19.115 – juris Rn. 30; B.v. 18.8.2010 – 22 CS 10.1686 – juris Rn. 5). Für die klägerischen Wohnanwesen besteht jedoch weder ein Bebauungsplan, noch liegen diese in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein Bebauungszusammenhang im Sinne von § 34 BauGB gegeben, soweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2018 – 4 B 51.17 – juris Rn. 7 m.w.N.). „Bebauung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist indes nicht jede beliebige bauliche Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Baulichkeiten, die nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen genutzt werden oder in einem weiteren Sinne „Nebenanlagen“ etwa zu einer landwirtschaftlichen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – juris Rn. 15 m.w.N.). Bei den Begriffen „Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen“ und „Hauptanlagen“ handelt es sich allerdings lediglich um Hilfskriterien für die maßstabbildende Kraft von Bauwerken. Letztmaßgeblich bleibt, ob die Bebauung geeignet ist, dem Gebiet im Sinne einer nach der Siedlungsstruktur angemessenen Fortentwicklung ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen (vgl. BVerwG, B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – juris Rn. 9).
Vorliegend besteht ausweislich der in den Gutachten der Beigeladenen enthaltenen Luftbilder und Lagepläne (vgl. insbesondere Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 Abb. 2, 5 und 6) kein Bebauungszusammenhang in dem vorstehend beschriebenen Sinne. Soweit beim Anwesen E* … * neben dem Wohnhaus der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 weitere Gebäude vorhanden sind, sind diese deren landwirtschaftlichem Betrieb zugeordnet; sie verleihen dem Gebiet kein bestimmtes städtebauliches Gepräge (vgl. zu landwirtschaftlich genutzten Baulichkeiten BVerwG, B.v. 2.8.2001 – 4 B 26.01 – juris Rn. 5), jedenfalls kein solches, das über den Charakter eines vereinzelt gelegenen landwirtschaftlichen Betriebs hinausgeht. Hinsichtlich des Anwesens E* … * haben die Kläger, wie ausgeführt, selbst geltend gemacht, dass der dortige landwirtschaftliche Betrieb endgültig aufgegeben worden ist. Eine tatsächlich beendete bauliche Nutzung verliert jedoch ihre den Rahmen mitbestimmende Kraft, wenn sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit der Wiederaufnahme der baulichen Nutzung nicht mehr gerechnet wird; auf die Frage eines fortbestehenden Bestandsschutzes kommt es hingegen nicht an (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2016 – 4 CN 2.16 – BVerwGE 156, 336 – juris Rn. 18; B.v. 24.5.1988 – 4 CB 12.88 – juris Rn. 4). Maßgeblich für die vorliegende Anfechtungsklage ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 11.1.1991 – 7 B 102.90 – juris Rn. 3); Veränderungen zu Gunsten des Genehmigungsinhabers – hier die zunehmende Zeit seit Nutzungsaufgabe mit der Folge, dass eine Wiederaufnahme der Nutzung umso weniger anzunehmen ist – sind allerdings zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 26.9.2019 – 7 C 5.18 – juris Rn. 43). Selbst wenn jedoch die früher landwirtschaftlich genutzte Bebauung E* … * vorliegend noch als für einen möglichen Bebauungszusammenhang maßgeblich berücksichtigt würde, ergäbe sich kein anderes Bild. Denn aus dem weiteren – von seiner gebäudemäßigen Ausdehnung im Vergleich zum klägerischen Betrieb sogar kleineren – landwirtschaftlichen Anwesen ergibt sich keine Bebauung mit einem derartigen Gewicht, dass von einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil ausgegangen werden könnte. Auch unter Berücksichtigung der weiteren Gebäude E* … * und * besteht kein im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Sie liegen etwas bzw. (E* … *) schon deutlich abgesetzt von den – z.T. ehemaligen – landwirtschaftlichen Anwesen; dies verstärkt eher den Eindruck einer vereinzelt gelegenen, losen, ohne Siedlungsstruktur entstandenen Bebauung.
Unabhängig von ihrer Lage im Außenbereich entspricht die Schutzwürdigkeit der klägerischen Wohnanwesen nicht der eines Dorfgebietes und ist auch nicht hieran angenähert. Die, zumal unmittelbare, Umgebung der klägerischen Wohnanwesen ist – worauf später noch zurückzukommen ist – praktisch ausschließlich vom landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger im Verfahren 22 B 18.2189 selbst geprägt. Das dazugehörige Wohnhaus ist dem Betrieb selbst zuzurechnen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Selbst wenn man noch den nach dem Vortrag der Kläger vor Jahren aufgegebenen Betrieb E* … * berücksichtigen würde, ergäbe sich nichts Anderes; vielmehr würde sich dann erst recht das Bild einer praktisch ausschließlich von landwirtschaftlichen Betrieben gekennzeichneten Umgebung ergeben. Für eine mit einem Dorfgebiet auch nur annähernd vergleichbare Schutzbedürftigkeit wäre erforderlich, dass andere als die in § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO genannten landwirtschaftlichen bzw. landwirtschaftsbezogenen Nutzungen (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 2 bis Nr. 9 BauNVO) die bauliche Situation mitprägen oder beeinflussen würden. Dies ist hier nicht der Fall.
Insofern kann offenbleiben, ob einer etwaigen generalisierenden Aussage, dass auch im Außenbereich der in der GIRL für ein Dorfgebiet genannte Immissionswert von 0,15 maßgeblich und eine Erhöhung nur unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls zulässig ist (in diese Richtung OVG NW, U.v. 21.3.2017 – 8 A 1105/15 – juris Rn. 95 und 97) zu folgen ist. Jedenfalls für die vorliegende Bebauungs- und Nutzungssituation ist eine solche Gleichsetzung im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der klägerischen Gebäude nicht sachgerecht.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Auslegungshinweise zur GIRL weitere Differenzierungen zwischen Dorfgebiet und Außenbereich für möglich erachten. So sind nach den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL, erster Aufzählungspunkt, in begründeten Einzelfällen Zwischenwerte zwischen Dorfgebieten und Außenbereich möglich, was zu Werten von bis zu 0,20 am Rand des Dorfgebietes führen kann. Ferner weisen die Auslegungshinweise (zu Nr. 3.1 GIRL, zweiter Aufzählungspunkt) darauf hin, dass im Außenbereich gem. § 35 Abs. 1 BauGB landwirtschaftliche Betriebe ausdrücklich zulässig seien. Gleichzeitig sei das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden. Vor diesem Hintergrund sei es möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen. Auch wenn dieser Wert einerseits nicht regelhaft für den Außenbereich zu Grunde gelegt werden darf, stellt er andererseits keine absolute Obergrenze dar (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2014 – 22 ZB 13.692 – juris Rn. 12; vgl. auch B.v. 8.12.2020 – 22 ZB 19.115 – juris Rn. 29 ff.). Die vorstehenden Erwägungen der GIRL und der zugehörigen Auslegungshinweise beruhen insgesamt auf der – für die Beurteilung der Schutzbedürftigkeit naheliegenden – Überlegung, dass Geruchsbeeinträchtigungen umso eher hinzunehmen sind, als das fragliche Wohnanwesen in der Nähe oder sogar in einer Umgebung liegt, die der Normgeber für geruchsemittierende landwirtschaftliche Betriebe vorgesehen hat, und als in tatsächlicher Hinsicht schon bisher eine Nähe zu einem landwirtschaftlichen Betrieb besteht. Beides ist in Bezug auf die klägerischen Wohnanwesen der Fall. Im Bereich der in der GIRL für eine solche Situation enthaltenen Immissionswerte bewegt sich die Geruchsbelastung des Wohnanwesens der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 ohne weiteres.
2.1.1.2.2 Zudem und insbesondere ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Geruchsimmissionen am Wohnanwesen der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 ganz überwiegend aus ihrer eigenen Tierhaltung herrühren (Eigenbelastung). Dies wird aus der Stellungnahme des Gutachters der Beigeladenen vom 23. März 2021 besonders deutlich, da dabei – wie sich aus der Stellungnahme vom 13. April 2021 ergibt – weitere Vorbelastungen aus Tierhaltungsbetrieben in Roxfeld und Haag nicht in die Betrachtung eingestellt wurden, sich also die dort ausgewiesene Gesamtbelastung von 20% Geruchsstundenhäufigkeiten nur noch aus der Zusatzbelastung des Betriebs der Beigeladenen und der Eigenbelastung durch den klägerischen Betrieb zusammensetzt. Der fehlende Einfluss dieser Tierhaltungsbetriebe auf die Gesamtbelastung der klägerischen Grundstücke ist angesichts ihrer Entfernung von den klägerischen Grundstücken auch nachvollziehbar (vgl. zur Lage dieser Betriebe Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 Abb. 2, 5, 8 und 9; zur Relevanz der Entfernung vgl. ferner Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, Sitzungsprotokoll S. 6 f.). Dies gilt erst recht für noch weiter entfernt gelegene Betriebe wie ein von den Klägern im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Schriftsatz vom 31.1.2017 S. 5) genannter Schweinehaltungsbetrieb in Schlossberg, welcher etwa 2 km in Richtung Osten entfernt liegt. Dass die Geruchsimmissionen wesentlich auf eine Eigenbelastung zurückzuführen sind, erscheint zudem deshalb schlüssig, weil das klägerische Wohnanwesen auf dem Grundstück des landwirtschaftlichen Betriebs selbst in der Nähe zu den Ställen liegt (vgl. Emissionsquellenplan, Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 Abb. 18). Hinsichtlich der Ermittlung der Vorbelastung aus ihrem Betrieb haben die Kläger auch keine Einwände angeführt. Zum Umfang ihrer Tierhaltung haben sie im Genehmigungsverfahren vorgetragen (Schriftsatz des früheren Klägerbevollmächtigten vom 10.11.2015 S. 3 f.). Diesen Vortrag hat der Gutachter der Beigeladenen seinen Untersuchungen zu Grunde gelegt (vgl. Stellungnahme vom 16.12.2015 S. 2 ff.; Stellungnahmen vom 23.3.2021 und vom 13.4.2021 jeweils S. 2). Für die Feststellung, dass vorliegend die Gesamtbelastung ganz überwiegend von der Eigenbelastung des klägerischen Tierhaltungsbetriebs verursacht wird, kommt es schließlich nicht entscheidend darauf an, ob – wie in der Stellungnahme des Gutachters der Beigeladenen vom 23. März 2021 (S. 2) ausgewiesen – für den Vergleich zwischen der Zusatzbelastung aus der Anlage der Beigeladenen und der Gesamtbelastung auf die gewichtete oder die ungewichtete Kenngröße für die Zusatzbelastung abgestellt wird (4% bzw. 3%).
Es kann offenbleiben, ob einem in der Rechtsprechung vertretenen Ansatz zu folgen ist, in die Ermittlung der Vorbelastung sei die Eigenbelastung nicht einzubeziehen, und zwar unabhängig davon, ob die eigenen Tiergerüche mit den von außen einwirkenden Tiergerüchen identisch sind (vgl. OVG NW, U.v. 10.11.2015 – 8 A 1031/15 – juris Rn. 55; vgl. in diesem Zusammenhang auch die vom Gutachter der Beigeladenen zitierte Unterlage „Zweifelsfragen zur GIRL, Stand 08/2017, Nr. 11.4, letzter Absatz, wonach die selbst verursachten Geruchsimmissionen nicht betrachtet werden). Jedenfalls stellt diese erhebliche bzw. sogar deutlich überwiegende Eigenbelastung durch Gerüche bei der gebotenen Einzelfallprüfung einen Umstand dar, der maßgeblich für die Zumutbarkeit der Gesamtbelastung spricht. So führen die Auslegungshinweise zu Nr. 1 GIRL im Abschnitt „Vorgehen im landwirtschaftlichen Bereich“, Unterabschnitt „Betrachtung benachbarter Tierhaltungsanlagen“ zwar aus, dass dann, wenn es sich – was hier der Fall ist – um unterschiedliche Tierarten handelt, deren Geruchsqualitäten sich eindeutig unterscheiden lassen, auch die Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen in die Betrachtung einbezogen werden sollten. Allerdings sei in diesen Fällen davon auszugehen, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liegt, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. Auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei der anzustellenden wertenden Gesamtbetrachtung neben den durch die örtliche Lage geprägten Verhältnissen (bauplanungsrechtliche Einordnung der Umgebung; Vorbelastungen) im Rahmen der einzelfallbezogenen Beurteilung einfließen kann, ob die Schutzwürdigkeit des Betroffenen deswegen herabgesetzt ist, weil eine Vorbelastung des Immissionsortes durch Emissionen hervorgerufen wird, die diesem selbst im Sinne einer Eigenbelastung zuzurechnen sind. In diesem Rahmen ist jedenfalls auch der Weg eröffnet, einer berücksichtigungsfähigen Eigenbelastung durch Anpassung der für den Betroffenen maßgeblichen Immissionswerte, d.h. der Zumutbarkeitsgrenze der Geruchsstundenhäufigkeit, Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2017 – 7 B 2.16 – juris Rn. 6 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 22 ZB 19.115 – juris Rn. 47).
Zudem liegt die Eigenbelastung durch den klägerischen Betrieb in einer Größenordnung, die die Kläger als Gesamtbelastung noch für tragfähig erachten (vgl. Schriftsatz vom 20.4.2021 S. 2). Würde ein solcher Wert als Grenze des Zumutbaren angesehen, würde der klägerische Betrieb der Genehmigungsfähigkeit weiterer geruchsemittierender landwirtschaftlicher Betriebe in der Umgebung – sofern die Zusatzbelastung nicht für irrelevant erachtet würde (vgl. Nr. 3.3 GIRL) – entgegenstehen. Ein solches Ergebnis wäre nicht sachgerecht.
2.1.1.2.3 Die von den Klägern angeführte stärkere Belästigungswirkung des von Schweinen ausgehenden Geruchs vermag nicht zu begründen, dass vorliegend die Zumutbarkeitsgrenze überschritten wäre. Der stärkeren Belästigungswirkung gegenüber Gerüchen aus Rinderhaltung ist bereits durch den tierartspezifischen Gewichtungsfaktor Rechnung getragen worden (vgl. Tabelle 4 zur GIRL; zu deren Heranziehung und der „bayerischen“ Gewichtungsfaktoren für Rinderhaltungen durch den Gutachter der Beigeladenen vgl. Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 Tabelle 4 sowie S. 32 und 79). Ein solch höherer Faktor für die Mastschweinehaltung hat Einfluss auf die Zusatzbelastung durch den Betrieb der Beigeladenen, die aber – wie ausgeführt – vorliegend angesichts der deutlich höheren Eigenbelastung nicht entscheidend ins Gewicht fällt. Dass die Gerüche von unterschiedlichen Tierarten stammen, führt überdies unter Wirkungsgesichtspunkten erst zu einer Berücksichtigung des Wohnhauses der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 (vgl. oben 2.1.1.2.2). Aus dieser Berücksichtigung folgt in der vorliegenden Situation, insbesondere beim hiesigen Vorliegen einer maßgeblichen Eigenbelastung, aber keine Absenkung der Zumutbarkeitsschwelle gegenüber den Klägern, sondern, wie ausgeführt, eine Anhebung.
Vor dem Hintergrund des Vorstehenden ist die nach der GIRL ermittelte Gesamtbelastung an Geruch vorliegend in Bezug auf das Wohnanwesen E* … * als zumutbar anzusehen. Das Wohnanwesen E* … * liegt mit einer Gesamtbelastung von 6% Geruchsstundenhäufigkeit sogar deutlich unterhalb des in der GIRL für ein Wohngebiet genannten Werts. Angesichts seiner Lage im Außenbereich und seiner unmittelbaren Nähe zum landwirtschaftlichen Betrieb der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 spricht für dieses Wohnanwesen erst recht nichts dafür, dass die Geruchsbelastung die Grenze des Zumutbaren überschreiten würde.
2.1.2 Auch jenseits einer Heranziehung der GIRL als Orientierungshilfe ergibt die vorzunehmende Einzelfallprüfung keine für die Kläger unzumutbare Geruchsbelastung.
2.1.2.1 Der Immissionsschwerpunkt der Anlage der Beigeladenen befindet sich über 350 m von den klägerischen Wohnanwesen entfernt (vgl. Stellungnahme des Gutachters der Beigeladenen vom 31.8.2015). Auch liegt die Anlage nicht in Hauptwindrichtung der klägerischen Anwesen (vgl. oben 2.1.1.1.2.2). Die Schutzwürdigkeit der klägerischen Anwesen ist zudem durch die Vorbelastung aus der bereits vor Erteilung der streitgegenständlichen Genehmigung bestehenden Tierhaltungsanlage der Beigeladenen gemindert (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 22 ZB 19.115 – juris Rn. 41 f.). Gerade in Bezug auf den bestehenden Stall 1 besteht auch das vom Gutachter der Kläger genannte Problem der die Abströmung behindernden Lagerhalle (vgl. oben 2.1.1.1.2.2). Im Vergleich zur bestehenden Anlage ergeben sich zudem Verbesserungen der Immissionssituation dadurch, dass die bestehende Güllegrube abgedeckt wird und der Stall 1 mit einer modernen Abluftanlage ausgerüstet wird (vgl. Gutachten vom 25.1.2017 S. 65 f., S. 69). Mag der landwirtschaftliche Betrieb der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 deutlich länger bestehen als der Betrieb der Beigeladenen, musste gleichwohl damit gerechnet werden, dass sich weitere, gerade auch geruchsemittierende Tierhaltungsanlagen im dortigen Außenbereich ansiedeln würden, und zwar auch solche mit anderen Tierarten.
2.1.2.2 Die von den Klägern geäußerten Zweifel an der Privilegierung des landwirtschaftlichen Betriebs der Beigeladenen gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB führen im Rahmen der gebotenen Einzelfallbetrachtung zu keiner anderen Beurteilung. Grundsätzlich hat § 35 BauGB keine allgemein nachbarschützende Funktion (BVerwG, B.v. 3.4.1995 – 4 B 47.95 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 28.7.2017 – 22 ZB 16.2119 – juris Rn. 15); insofern kann der Nachbar auch nicht im Rahmen der Prüfung des Vorliegens schädlicher Umwelteinwirkungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB) eine objektiv-rechtliche Prüfung des § 35 BauGB verlangen. Im Übrigen bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Dass die Beigeladene über gem. § 201 BauGB ausreichende Flächen zur Futtererzeugung verfügt, ist im Genehmigungsverfahren von der zuständigen Fachbehörde geprüft worden; in diesem Zusammenhang sind auch Ausführungen zu den benötigten und den vorhandenen Flächen erfolgt (Stellungnahme des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 30.6.2015). Dafür, dass diese Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, bestehen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger im Berufungsverfahren keine Anhaltspunkte. Auch die Beigeladene hat zum Umfang der ihr zur Verfügung stehenden Flächen sowie zu den Laufzeiten der Pachtverträge Stellung genommen (Schriftsatz vom 30.9.2020 unter 1.). Hiermit haben sich die Kläger nicht substantiiert auseinandergesetzt. Dass der Beigeladenen, insbesondere mit Blick auf von ihr geschlossene Pachtverträge, die für ihre Ertragserzielung benötigte Fläche nicht dauerhaft zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, U.v. 11.10.2012 – 4 C 9.11 – juris Rn. 10), ist mithin nicht erkennbar, zumal die Flächen weit mehr als den nach § 201 BauGB erforderlichen Umfang ausmachen (S. 2 der genannten Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten).
2.2 Beim Waldgrundstück der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 werden durch das genehmigte Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen durch Ammoniak hervorgerufen.
Ob der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme durch die Einwirkung von Ammoniak gewährleistet ist, ist gem. Nr. 4.4.2 TA Luft nach deren Nummer 4.8 zu prüfen. Ob das Grundstück der Kläger derartige empfindliche Pflanzen aufweist oder ein entsprechendes Ökosystem darstellt – Nr. 4.8 nennt in Bezug auf Ammoniak im Gegensatz zu Stickstoffdeposition Wald nicht ausdrücklich als Schutzgut – kann offenbleiben, weil keine solche Schädigung anzunehmen ist.
Nr. 4.8 TA Luft verweist insoweit auf Mindestabstände gem. Anhang 1 Abbildung 4; deren Unterschreitung ergebe einen Anhaltspunkt für das Vorliegen erheblicher Nachteile. Aus Anhang 1, drittletzter Absatz TA Luft lässt sich jedoch folgern, dass bei einer Zusatzbelastung für Ammoniak von bis zu 3 µg/m3 keine Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile auf Grund der Einwirkung von Ammoniak bestehen (vgl. auch OVG NW, U.v. 10.11.2015 – 8 A 1031/15 – juris Rn. 118; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand August 2020, Nr. 4.8 TA Luft Rn. 48). Vorliegend ergibt sich nach den nachvollziehbaren Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung selbst unter Berücksichtigung der von den Klägern gegen die Ausbreitungsberechnung des Gutachters der Beigeladenen geltend gemachten Einwände in Bezug auf Abluftgeschwindigkeit und Temperaturdelta eine Zusatzbelastung für das klägerische Grundstück von lediglich 2 µg/m3 (vgl. Sitzungsprotokoll S. 10 f.). Dieser Wert ist belastbar, denn die weiteren Einwände der Kläger gegen die vom Gutachter der Beigeladenen durchgeführte Ausbreitungsberechnung in Bezug auf die Berücksichtigung von Bebauung greifen nicht durch (vgl. oben 2.1.1.1.2); im Übrigen besteht das Problem der Berücksichtigung von Lee-Wirbeln beim Waldgrundstück der Kläger auch nach Angabe von deren Gutachter nicht (vgl. Sitzungsprotokoll S. 7).
Ferner sind nach Anhang 1, vorletzter Absatz TA Luft Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile auch dann nicht gegeben, wenn die Gesamtbelastung an Ammoniak an keinem Beurteilungspunkt 10 µg/m³ überschreitet. Eine Überschreitung dieses Werts ist für das klägerische Grundstück ebenfalls nicht anzunehmen. Die in der mündlichen Verhandlung mitgeteilte, unter ungünstigeren Ausbreitungsbedingungen ermittelte Zusatzbelastung liegt hinsichtlich ihres absoluten Wertes nicht deutlich über den aus dem Gutachten vom 25. Januar 2017 für das Klägergrundstück ablesbaren Werten (Abb. 16); eine signifikante Erhöhung der Gesamtbelastung (a.a.O., Abb. 17), welche für das klägerische Grundstück weit unterhalb der Schwelle von 10 µg/m³ liegt, ist daher nicht anzunehmen.
2.3 Schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen sind für das Waldgrundstück der Kläger des Verfahrens 22 B 18.2189 auch nicht wegen Stickstoffdeposition (vgl. Nr. 4.8 Abs. 6 f. TA Luft) anzunehmen. 62
2.3.1 Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass die Kläger aufgrund ihrer Eigentümerstellung eine Schädigung ihres Waldes durch Stickstoffdeposition als eigene Rechtsverletzung i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO geltend machen könnten (in diese Richtung auch OVG LSA, U.v. 6.7.2016 – 2 L 84/14 – juris Rn. 261; OVG NW, U.v. 10.11.2015 – 8 A 1031/15 – juris Rn. 116). Auf objektiv-rechtliche Vorschriften des BayWaldG sowie des BNatSchG zum Natur- und Landschaftsschutz können sie sich in diesem Zusammenhang allerdings nicht berufen.
2.3.2 Nach Nr. 4.8 Abs. 6 f. TA Luft soll, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme (z.B. Heide, Moor, Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist, dies ergänzend geprüft werden. Dabei ist unter Berücksichtigung der Belastungsstruktur abzuschätzen, ob die Anlage maßgeblich zur Stickstoffdeposition beiträgt. Als ein Anhaltspunkt gilt die Überschreitung einer Viehdichte von zwei Großvieheinheiten je Hektar Landkreisfläche. Bei dieser Prüfung sind insbesondere die Art des Bodens, die Art der vorhandenen Vegetation und der Grad der Versorgung mit Stickstoff zu berücksichtigen. Ergeben sich Anhaltspunkte für das Vorliegen erheblicher Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen (z.B. Baumschulen, Kulturpflanzen) und Ökosysteme auf Grund der Einwirkung von Ammoniak oder wegen Stickstoffdeposition, soll der Einzelfall geprüft werden.
Nr. 4.8 TA Luft bestimmt also nicht, insbesondere nicht durch Grenzwerte, wann eine Schädigung durch Stickstoffdeposition vorliegt. Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft verlangt zunächst eine ergänzende Prüfung, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Schutz vor erheblichen Nachteilen durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme (u.a. Wald) durch Stickstoffdeposition nicht gewährleistet ist. Diese Prüfung ergibt vorliegend, dass Anhaltspunkte für erhebliche Nachteile durch Schädigung empfindlicher Pflanzen und Ökosysteme i.S.d. Nr. 4.8 Abs. 7 TA Luft auf dem klägerischen Waldgrundstück nicht vorliegen. Einer weitergehenden Einzelfallprüfung gem. Nr. 4.8 Abs. 7 TA Luft bedurfte es daher nicht.
2.3.2.1 Beklagter und Beigeladene haben bei ihrer ergänzenden Prüfung nach Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft auf den „Leitfaden zur Ermittlung und Bewertung von Stickstoffeinträgen“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (Stand 1.3.2012) zurückgegriffen (im Folgenden: LAI-Leitfaden; vgl. Gutachten zur Luftreinhaltung vom 13.3.2015 S. 24; Gutachten vom 25.1.2017 S. 17; s. auch Genehmigungsbescheid, S. 38 f.).
Der LAI-Leitfaden entfaltet zwar nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Bindungswirkung im gerichtlichen Verfahren (BVerwG, U.v. 21.1.2021 – 7 C 9.19 – juris Rn. 21 ff.); eine solche unterstellt auch der Senat nicht. Eine Nichtverwertbarkeit dieses Leitfadens für die hier vorgenommene Prüfung nach Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft lässt sich allerdings dieser sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entnehmen (auf den LAI-Leitfaden Bezug nehmend OVG LSA, B.v. 18.4.2016 – 2 M 89/15 – juris Rn. 44; zu einer Vorgängerfassung OVG NW, B.v. 23.6.2014 – 2 A 104/12 – juris Rn. 92). Dies gilt insbesondere in Bezug auf das dem LAI-Leitfaden (vgl. Abschnitt 6) zu Grunde liegende Critical Load-Konzept (vgl. NdsOVG, U.v. 15.9.2020 – 12 ME 29/20 – juris Rn. 132; OVG Berlin-Bbg, U.v. 23.1.2020 – OVG 11 S 20.18 – juris Rn. 35; OVG LSA, U.v. 8.6.2018 – 2 L 11/16 – juris Rn. 267). 67
In der Rechtsprechung (vgl. NdsOVG, U.v. 15.9.2020 – 12 ME 29/20 – juris Rn. 133 ff.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 4.9.2019 – OVG 11 B 24.16 – juris Rn. 51 ff. [dazu BVerwG, U.v. 21.1.2021 – 7 C 9.19 – juris Rn. 25 ff.]; OVG LSA, U.v. 8.6.2018 – 2 L 11/16 – juris Rn. 140 ff.) wird zwar vertreten, dass der LAI-Leitfaden bei gesetzlich geschützten Biotopen und bei FFH-Gebieten einer Modifizierung in Bezug auf bestimmte dort enthaltene Prüfungsschritte – insbesondere Abschneidekriterium, Ansatz pauschaler Zuschlagsfaktoren – bedarf und dass auch danach zu differenzieren ist, ob der gesetzliche Schutz den Vorsorgegrundsatz mit einschließt. Auf diese Fragen kommt es vorliegend jedoch nicht an. Auf dem klägerischen Grundstück befindet sich weder ein nach § 30 Abs. 2 BNatSchG geschütztes Biotop noch ist das Grundstück Teil eines FFH-Gebiets. Der Abschneidewert von 5 kg N/(ha*a) – vgl. LAI-Leitfaden (Abschnitt 7.2, Nr. 2) – ist in Bezug auf das klägerische Grundstück überschritten; eine weitergehende Prüfung war also erforderlich. Zudem sind die genannten Entscheidungen zu Klagen einer anerkannten Umweltvereinigung ergangen. Eine solche Klage ist unter den in § 2 Abs. 4 UmwRG genannten Voraussetzungen begründet. Einer eigenen Rechtsverletzung i.S.d. § 113 Abs. 1 VwGO bedarf es – anders als bei den Klägern – nicht (§ 2 Abs. 1 UmwRG), so dass in den dort entschiedenen Fällen auch die Vereinbarkeit des LAI-Leitfadens mit nicht drittschützenden Vorschriften des BNatSchG und des BImSchG Gegenstand der Prüfung war. Im Übrigen haben auch die Kläger nicht aufgezeigt, nach welchen Maßstäben die von Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft geforderte Prüfung erfolgen sollte, wenn nicht der LAI-Leitfaden herangezogen wird. In der Berufungsbegründung (S. 8) haben sich die Kläger vielmehr selbst auf den Leitfaden berufen.
2.3.2.2 Nach den nachvollziehbaren Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ergibt sich unter Berücksichtigung der von den Klägern geltend gemachten ungünstigen Ausbreitungsbedingungen (Abluftgeschwindigkeit von nur 7 m/s; kein Ablufttemperaturdelta) an deren Wald eine Zusatzbelastung der Stickstoffdeposition von 10 kg pro Hektar und Jahr (vgl. Sitzungsprotokoll, S. 11). Dieser Wert ist belastbar (vgl. oben 2.2). Das Abschneidekriterium einer Zusatzbelastung von 5 kg N/h*a ist damit überschritten, so dass die Prüfung fortzusetzen ist.
2.3.2.3 Der LAI-Leitfaden geht weiter davon aus, dass erhebliche Nachteile durch Stickstoffeintrag dann auszuschließen sind, wenn der atmosphärische Stickstoffgesamteintrag den so genannten Beurteilungswert (gebildet aus der Multiplikation des ökosystemspezifischen Critical Load-Werts und einem – sich nach Schutzkategorie und Gefährdungsstufe ergebenden – Zuschlagsfaktor) nicht überschreitet (vgl. LAI-Leitfaden Abschnitt 7.2, Nr. 7; zu den einzelnen Schritten Abschnitt 7.2 Nr. 4 bis 6 sowie detailliert Abschnitt 6; hierzu auch OVG LSA, B.v. 18.4.2016 – 2 M 89/15 – juris Rn. 44).
Vorliegend ergibt sich aus den für den Senat ebenfalls schlüssigen Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ein Stickstoff-Gesamteintrag von 26 kg pro Hektar und Jahr. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Datensatz des Umweltbundesamts von 2009 stammt (vgl. S. 41 des Gutachtens vom 25.1.2017) und deshalb die Belastung durch die erst 2011 genehmigte Anlage der Beigeladenen nicht berücksichtigen konnte. Denn der vorstehend genannte Gesamteintrag umfasst die von der gesamten Anlage der Beigeladenen (Bestand und Erweiterung) hervorgerufenen Immissionen (vgl. Gutachten vom 25.1.2017 S. 43 und S. 55).
Diese Gesamtbelastung liegt vorliegend unter dem maßgeblichen Beurteilungswert.
2.3.2.3.1 Der Gutachter der Beigeladenen hat als Ausgangspunkt für die Bestimmung des Beurteilungswerts eine Spanne des Critical Load-Werts zwischen 10 – 20 kg/(ha*a) entsprechend der „Berner Liste“ angenommen (vgl. Gutachten vom 25.1.2017 Tab. 19). Dies ist nicht zu beanstanden. Nach den Angaben der Kläger (Schriftsatz vom 20.4.2021) besteht ihr Wald hauptsächlich aus Fichten, Eichen, Kiefern und Buchen. Die vom Gutachter der Beigeladenen gewählte Spanne erscheint daher mit Blick auf die in Tabelle A.II.1 des LAI-Leitfadens beschriebenen Ökosysteme (dort unter G) sachgerecht. Im Übrigen würde auch die möglicherweise ebenso vertretbare Spanne zwischen 10 und 15 kg/(h*a) nicht zu einer Überschreitung des Beurteilungswerts führen (vgl. unten 2.3.2.3.4).
2.3.2.3.2 Der Ansatz eines Mittelwerts dieser Spanne für einen ökosystemspezifischen Critical Load-Wert ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Nach Abschnitt 7.2 Nr. 3 des LAI-Leitfadens ist ein solcher Mittelwert zu Grunde zu legen, wenn keine fachlichen Gründe dagegensprechen. Solche Gründe sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr erscheint der Ansatz eines Mittelwerts unter Berücksichtigung der Tabelle A.II.2 des LAI-Leitfadens angesichts des von den Klägern selbst geltend gemachten ausreichenden Vorhandenseins von Wasser (vgl. Sitzungsprotokoll S. 10), der Bewirtschaftungsintensität durch die Kläger (vgl. Sitzungsprotokoll S. 4) sowie des Umstands, dass sich die Critical Load-Wertespannen auf ganz Europa beziehen (vgl. Erläuterung zur Tab. A.II.2), sachgerecht. Soweit die Kläger vorgebracht haben, es lägen Schadbilder vor, wie sie typisch für zu hoch mit Ammoniak und Stickstoff belastete Wälder seien, betrifft dies die behauptete Verursachung durch die Anlage der Beigeladenen, nicht die Kriterien für einen ökosystemspezifischen Critical Load-Wert. Schließlich lässt sich auch der Äußerung der zuständigen Fachbehörde im Genehmigungsverfahren zur Frage der Stickstoffdeposition nicht entnehmen, dass der Gutachter der Beigeladenen insoweit von einem unzutreffenden Ansatz ausgegangen wäre (Stellungnahme des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 30. Juni 2015 S. 2 f.).
2.3.2.3.3 Auch der gem. Abschnitt 6.1 bis 6.3 des LAI-Leitfadens unter Berücksichtigung von Schutzkategorie und Gefährdungsstufe zu bestimmende Zuschlagsfaktor von 2,5 ist nicht zu beanstanden. Die Kläger machen insoweit geltend, ihrem Wald sei die höchste Schutzgutfunktion, nämlich die Lebensraumfunktion, zuzuweisen (vgl. Tab. 2 sowie Abschnitt 6.2 des LAI-Leitfadens). Sie berufen sich dafür auf Art. 1 Abs. 1 BayWaldG sowie darauf, dass ihr Grundstück im Naturpark A* … liege (vgl. Verordnung über den Naturpark A* … [ … …] vom 14.9.1995, GVBl S. 692; im Folgenden: Naturpark-VO).
2.3.2.3.3.1 Der Berücksichtigung des Art. 1 Abs. 1 BayWaldG, von Vorschriften des BNatSchG und des BayNatSchG zum Natur- und Landschaftsschutz und der Naturpark-VO steht im Rahmen der vorliegenden Nachbarklagen bereits entgegen, dass dies zu einer unzulässigen „Aufladung“ des Eigentumsrechts der Kläger durch nicht drittschützende Vorschriften führen würde. Soweit auch Menschen – gleich in welcher Weise – von den auf den Schutz von Natur und Landschaft zielenden rechtlichen Vorgaben profitieren, liegt darin ein bloßer Rechtsreflex, der aber nicht zu einer wehrfähigen individuellen Rechtsposition führt (vgl. zu den §§ 32 ff. BNatSchG BVerwG, U.v. 17.2.2021 – 7 C 3.20 – juris Rn. 9). Der Umfang der Schutzansprüche des Nachbarn gegenüber Immissionen wird daher nicht durch objektiv-rechtliche Vorgaben zum Natur- und Landschaftsschutzrecht bestimmt oder erweitert (vgl. zum Lärmschutz OVG NW, U.v. 5.10.2020 – 8 A 894/17 – juris Rn. 159 f.).
2.3.2.3.3.2 Art. 1 Abs. 1 BayWaldG ist für die nach Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft gebotene Prüfung ferner deshalb unergiebig, weil dieser Norm nichts dazu entnommen werden kann, wann durch eine genehmigungsbedürftige Anlage i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG schädliche Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen hervorgerufen werden; die Norm trifft lediglich allgemeine Aussagen zu Bedeutung, Aufgaben und Bewirtschaftung des Waldes. Zudem ist die Betroffenheit eines Waldes als Ökosystem Voraussetzung dafür, dass eine Prüfung nach Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft geboten sein kann; diese Prüfung kann sich daher nicht auf einen Verweis auf die Funktionen des Waldes als Ökosystem und das Gebot nachhaltiger Bewirtschaftung gem. Art. 1 Abs. 1 BayWaldG beschränken.
2.3.2.3.3.3 Auch die Lage des klägerischen Waldgrundstücks im Naturpark A* … führt nicht zu einer Einstufung in eine höhere Schutzkategorie des LAI-Leitfadens. Ein entsprechender Automatismus ist nicht anzunehmen, was sich bereits daraus ergibt, dass Naturparks und Landschaftsschutzgebiete (das klägerische Grundstück fällt in die entsprechende Schutzzone innerhalb des Naturparks, vgl. § 3 Naturpark-VO i.V.m. der dort genannten Anlage bzw. Karte) in der entsprechenden Aufzählung in Abschnitt 6.2, erster Aufzählungspunkt des LAI-Leitfadens nicht genannt werden. Zudem ist in § 4 Naturpark-VO, der die Schutzzwecke der Verordnung bestimmt, eher allgemein davon die Rede, dass etwa die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts der unterschiedlich strukturierten Teillandschaften insgesamt zu erhalten bzw. wiederherzustellen und zu verbessern ist, dass die Vielfalt an wildwachsenden Pflanzen und wildlebenden Tieren sowie deren Lebensgemeinschaften zu sichern ist und dass erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu verhindern sind (§ 4 Abs. 2 Nrn. 1, 5 und 6 Naturpark-VO). Zudem schränkt die Naturpark-VO ihren Schutzanspruch insoweit ein, als von ihren Beschränkungen unter anderem die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung i.S.d. des seinerzeitigen Art. 6 Abs. 2 BayNatSchG, der Bau von land- oder forstwirtschaftlichen Straßen oder Wegen (unter bestimmten Ausgestaltungsbedingungen) sowie die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen innerhalb landwirtschaftlicher Hofstellen sowie von land- oder forstwirtschaftlichen Betriebsgebäuden im Außenbereich ausgenommen sind (§ 8 Nrn. 1, 2 und 8 Naturpark-VO). Aus der Naturpark-VO ergeben sich daher keine zureichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass jedes von ihr erfasste Grundstück der Lebensraumfunktion des LAI-Leitfadens zugeordnet werden müsste. Von der Ausnahme gem. § 8 Nr. 1 Naturpark-VO machen auch die Kläger bei der, wie sich aus der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll S. 4) ergibt, durchaus intensiven Bewirtschaftung ihres Waldes (Holzschlag, Verkauf des Holzes für diverse Zwecke) Gebrauch. Gerade angesichts dieser Nutzung erweist sich die Zuweisung der Produktionsfunktion als gerechtfertigt, denn diese ist für forstwirtschaftlich genutzte Ökosysteme bestimmend bzw. beeinflusst diese maßgeblich (Abschnitt 6.2, Aufzählungspunkt 3 des LAI-Leitfadens). Insoweit ergibt sich für die Kläger auch nichts aus ihrem Hinweis, dass selbst FFH-Gebiete forstwirtschaftlich genutzt werden könnten, ohne ihren Schutzstatus zu verlieren (Sitzungsprotokoll S. 10). Vorliegend geht es nicht um den Schutzstatus als Naturpark und/oder Landschaftsschutzgebiet, sondern um die Einordnung in eine der Schutzkategorien nach dem LAI-Leitfaden. Die durchaus intensive forstwirtschaftliche Nutzung des klägerischen Grundstücks mag zwar von der Naturpark-VO gedeckt sein; ihretwegen kann es aber trotz seiner Lage im Gebiet der Naturpark-VO nicht einer höheren Schutzkategorie nach dem LAI-Leitfaden zugewiesen werden.
2.3.2.3.3.4 Schließlich erscheint ein Zuschlagsfaktor von 2,5 (aufgrund der Gefährdungsstufe „mittel“) mit Blick auf die in Abschnitt 6.3.4 des LAI-Leitfadens für diesen Zuschlagsfaktor genannten Kriterien sachgerecht. Dies gilt insbesondere angesichts der von den Klägern mitgeteilten Baumarten und des Umstands, dass die Kläger auch Wiederaufforstungen vornehmen, was sich auf das Alter der Bäume auswirkt. Auch dass der Wald der Kläger in besonderer Weise windexponiert wäre und bereits durchweg eine stark aufgelockerte Kronenschicht vorläge (vgl. dazu jeweils den 4. und 5. Aufzählungspunkt der in Abschnitt 6.3.4 des LAI-Leitfadens genannten Merkmale), ist weder vorgetragen noch, insbesondere aus den klägerseits vorgelegten Lichtbildern, ersichtlich.
2.3.2.3.4 Damit liegt die Gesamtbelastung des klägerischen Grundstücks mit Stickstoffeinträgen von 26 kg/(ha*a) deutlich unter dem Beurteilungswert (37,5 kg/[ha*a]; vgl. Gutachten vom 25.1.2017 Tab. 19). Eine Unterschreitung des Beurteilungswerts ergäbe sich selbst dann, wenn eine Gefährdungsstufe „hoch“ angenommen oder vom Mittelwert einer Spanne zwischen 10 und 15 kg/(ha*a) ausgegangen würde.
Aus dem Hinweis der Kläger, dass ein Waldökosystem lediglich einen Stickstoffeintrag von 20 kg/(h*a) vertragen könne (Stellungnahme im Berufungszulassungsverfahren vom 31.5.2017 S. 2) ergibt sich nicht, dass ihr Waldgrundstück durch Stickstoffdeposition geschädigt würde. Der allgemeine Critical Load-Wert sagt nichts darüber aus, wann ein einzelnes landwirtschaftliches Vorhaben zu unerträglichen Stickstoffdepositionen für einen benachbarten Wald führt (vgl. NdsOVG, B.v. 27.7.2001 – 1 MB 2587/01 – juris, LS 1). Der Ansatz eines solchen pauschalen Werts würde auch der von Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft für Stickstoffeinträge geforderten Prüfung bei entsprechenden Anhaltspunkten nicht gerecht. Zu berücksichtigen ist insoweit auch die als solche nicht in Zweifel zu ziehende fachliche Aussage aus dem LAI-Leitfaden (Abschnitt 6, 4. Absatz), dass bereits derzeit die Stickstoffeinträge in empfindlichen Ökosystemen großflächig die Critical Loads für Eutrophierung überschreiten. Auch im vorliegenden Fall erreicht bzw. überschreitet die Vorbelastung am klägerischen Grundstück nach dem vom Gutachter der Beigeladenen herangezogenen Datensatz des Umweltbundesamts bereits den ökosystemspezifischen Critical Load-Wert. Würde aber bereits aus der Überschreitung des Critical Load-Werts das Vorliegen schädlicher Umwelteinwirkungen durch Stickstoffeinträge gefolgert, würde damit die Genehmigungsfähigkeit von Stickstoff- oder Stickstoffverbindungen emittierenden Vorhaben ausgeschlossen oder zumindest ganz maßgeblich beeinflusst. Eine solche Entscheidung über die Genehmigungsfähigkeit muss indes dem zuständigen Normgeber vorbehalten bleiben. Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft verlangt als geltendes Recht nur eine ergänzende Prüfung bei entsprechenden Anhaltspunkten, bei der der Grad des Eintrags von Stickstoff lediglich ein Kriterium ist; weder das BImSchG noch die TA Luft geben insoweit verbindliche Grenzwerte vor. Insbesondere bliebe dann außer Acht, dass – wie im vorliegenden Fall – durch die Zulassung einer erweiterten, aber in Bezug auf ihr Emissionsverhalten geänderten Anlage eine Reduzierung der Stickstoffdeposition eintreten kann (siehe LAI-Leitfaden Abschnitt 7.2 Nr. 8).
2.3.3 Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen der Kläger in Bezug auf eine Schädigung ihres Waldes durch die genehmigte Anlage war aus den im Sitzungsprotokoll genannten Gründen nicht zu entsprechen. Ferner ist dazu das Folgende auszuführen:
2.3.3.1 Ein unzulässiger Ausforschungsbeweis liegt vor in Bezug auf Tatsachenbehauptungen, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, die mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt werden, für die tatsächliche Grundlagen jedoch fehlen (vgl. BVerwG, B.v. 25.3.2010 – 9 B 74.09 – juris Rn. 32 m.w.N.). So lag es hier. Die Kläger machen zwar geltend, es lägen Schadbilder vor, wie sie typisch für mit Ammoniak und Stickstoff belastete Wälder seien (Stellungnahme des Gutachters der Kläger vom 12.4.2021 S. 2). Es fehlt jedoch an jeglichem substantiierten Vortrag dazu, dass etwaige Schäden gerade auf die Anlage des Beigeladenen zurückzuführen sein könnten. Allein der Vergleich mit einem anderen, weiter südlich gelegenen Waldstück, das diese Schadbilder nicht aufweise, genügt nicht, zumal die Analyse ihres Gutachters lediglich auf Grund von Lichtbildern erfolgt ist. Die Kläger haben über ihre Kritik an dem Gutachten der Beigeladenen hinaus auch keine substantiierten Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass nach der gem. Nr. 4.8 Abs. 6 TA Luft gebotenen ergänzenden Prüfung Anhaltspunkte für die Schädigung ihres Waldes durch die genehmigte Anlage i.S.d. Nr. 4.8 Abs. 7 TA Luft vorlägen, die eine weitergehende Einzelfallprüfung erfordern würden. Auch insofern bestehen keine, für eine weitere Sachaufklärung aber nötigen, greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass Schäden am klägerischen Wald durch die Anlage der Beigeladenen verursacht würden.
2.3.3.2 Auch der Einwand der Kläger in der mündlichen Verhandlung, bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht zu haben (Schriftsatz des früheren Klägerbevollmächtigten vom 17.7.2015 S. 18), dass auf Grund des Betriebs der bisherigen Anlage 10 bis 15 Kiefern abgestorben seien, macht eine weitere Beweiserhebung nicht notwendig. Auch diesem Schriftsatz lassen sich keine näheren Angaben dazu entnehmen, dass die geltend gemachte Schädigung auf die Anlage der Beigeladenen zurückzuführen sein könnte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich nach den von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen Ausführungen des Gutachters der Beigeladenen (Gutachten vom 25.1.2017 S. 64 f., S. 69) eine Verminderung der Stickstoffeinträge im Vergleich zum Ist-Zustand durch Abdeckung des bestehenden Güllebehälters und durch Installation einer modernen Lüftungsanlage auch am Stall 1 mit entsprechenden Kaminhöhen ergibt (vgl. zu der durchgeführten Erhöhung auch Sitzungsprotokoll S. 8). Dies kommt auch dem Waldgrundstück der Kläger zu Gute.
2.3.3.3 Zur Frage der Stickstoffdeposition liegen dem Senat zudem bereits hinreichende Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren und aus dem erstinstanzlichen Verfahren vor; diese wurden im Laufe des Berufungszulassungs- und Berufungsverfahrens durch den Beklagten und die Beigeladene weiter ergänzt und – namentlich in der mündlichen Verhandlung – erläutert. Angesichts dessen konnte der Senat gem. § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO von der Einholung eines weiteren Gutachtens absehen (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2020 – 7 BN 3.19 – juris).
3. Die Kläger können die Aufhebung der streitgegenständlichen Genehmigung auch nicht wegen eines nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UmwRG beachtlichen Verfahrensfehlers verlangen. Da vorliegend eine Vorprüfung des Einzelfalls erfolgt ist, ob es der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, kommt allenfalls eine nicht den einschlägigen Vorschriften des UVPG entsprechende Vorprüfung in Betracht, § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG. Die von den Klägern – in Bezug auf den Emissionsmassestrom des neuen Stalls für Ammoniak zutreffend – gerügten inhaltlichen bzw. methodischen Fehler in dem dem Genehmigungsbescheid zu Grunde liegenden Gutachten der Beigeladenen stellen jedoch keinen Verfahrensfehler i.S.d. § 4 UmwRG dar (BVerwG, U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – BVerwGE 161, 17 – juris Rn. 28 ff., insbes. Rn. 34 und Rn. 39). Im Übrigen hat der Beklagte bei der Vorprüfung ausweislich der entsprechenden Dokumentation (behördlicher Verfahrensakt Bl. 165) zu Recht nicht die materielle Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens anhand der vorgelegten Gutachten überprüft, sondern auf der Grundlage der von der Beigeladenen vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie eine überschlägige Prüfung (vgl. § 3b Abs. 3 Satz 1, § 3c Satz 1 UVPG in der im Zeitpunkt des Abschlusses der Vorprüfung vom 22.12.2015 geltenden Fassung des UVPG; vgl. nunmehr § 9 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 UVPG) der zu erwartenden Umweltauswirkungen durchgeführt. Mängel in den die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens betreffenden Gutachten können vorliegend auch insoweit keine Mängel der durchgeführten Vorprüfung begründen.
4. Die Berufungen waren daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO zurückzuweisen. Da sich die Beigeladene mit der Stellung von Anträgen einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO), entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten den Klägern aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da ein Zulassungsgrund im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.


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