Baurecht

Nichtigkeit von Werkverträgen bei Verstoß gegen das SchwarzArbG

Aktenzeichen  8 U 63/15

Datum:
29.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 117787
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 2
BGB § 134, § 812, § 817

 

Leitsatz

1. Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG führt zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt (so BGH BeckRS 2015, 11917). Die Beweislast trägt die Partei, die sich auf die Nichtigkeit beruft. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ nach Vertragsschluss, nach der ein Teil des Werklohns ohne Rechnung und Umsatzsteuer bezahlt werden soll, führt zur Nichtigkeit des gesamten Vertragsverhältnisses und nicht nur des Abänderungsvertrages, so dass Gewährleistungsrechte und/oder Werklohnansprüche entfallen (so OLG Stuttgart BeckRS 2016, 00051). (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei einem Verstoß gegen § 1 Abs. 2 SchwarzArbG sind Bereicherungsansprüche nach § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, da auch die in Ausführung der nichtigen Vereinbarung erfolgende Leistungserbringung durch den Unternehmer und Zahlung durch den Besteller gegen das Verbot verstoßen (so BGH BeckRS 2015, 11917). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

91 O 1354/14 2015-05-06 Endurteil LGWUERZBURG LG Würzburg

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 06.05.2015, Az. 91 O 1354/14, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Würzburg sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Dem Kläger steht wegen der behaupteten Mängel weder ein Schadensersatzanspruch noch ein Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns nach erklärtem Rücktritt vom Werkvertrag gem. §§ 634 Nr. 3 und 4, 636, 633, 280, 281, 346 f., 398 BGB zu. Ebenso scheidet ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) aus. Denn der zwischen dem Kläger und der Zeugin A. B. auf der einen und dem Beklagten auf der anderen Seite geschlossene Lieferund Verlegevertrag ist wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig, § 134 BGB.
1.1 § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG enthält das Verbot zum Abschluss eines Werkvertrags, wenn dieser Regelungen enthält, die dazu dienen, dass eine Vertragspartei als Steuerpflichtige ihre sich auf Grund der nach dem Vertrag geschuldeten Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt. Das Verbot führt jedenfalls dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Unternehmer vorsätzlich hiergegen verstößt und der Besteller den Verstoß des Unternehmers kennt und bewusst zum eigenen Vorteil ausnutzt (BGH, Urteil vom 11. Juni 2015, Az.: VII ZR 216/14, Rn. 10, und Urteil vom 01. August 2013, Az.: VII ZR 6/13, Rn. 13, jeweils zitiert nach Juris). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, das die tatsächlichen Voraussetzungen des gesetzlichen Verbots vorliegen, trägt die Partei, die die Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes geltend macht, vorliegend also der Beklagte.
1.2 Der Senat ist nach Anhörung der Parteien sowie Einvernahme der Zeugen A. B. und R. T. davon überzeugt, dass sich die Parteien kurz nach Vertragsschluss und noch vor Durchführung der Arbeiten auf „Schwarzarbeit“ geeinigt haben, tatsächlich ein Teil des Werklohns als „Schwarzgeld“ gezahlt wurde und die Auftraggeber die Vereinbarung zur Zahlung von „Schwarzgeld“ auch zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen wollten. Der Senat folgt den insoweit glaubhaften Angaben des Beklagten und seines Bruders, des Zeugen R. T., denen die Angaben des Klägers und der Zeugin A. B. unvereinbar gegenüber stehen.
(1) Der Beklagte und der bei den streitgegenständlichen Vertragsverhandlungen für diesen handelnde Zeuge R. T. haben von Anfang an unumwunden zugegeben, dass im Zuge der Auftragserteilung eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ als Schwarzgeldabrede erfolgt ist, obwohl dies die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung und der Inanspruchnahme durch Steuerbehörden mit sich bringt. Bei diesen Angaben sind der Beklagte und auch der Zeuge T. trotz der Vorhalte der Klägerseite sowie des Gerichts konstant geblieben. Der Zeuge R. T., der für die kaufmännischen Angelegenheiten einschließlich der Vertragsgestaltung in der Firma T. zuständig war, schilderte detailreich das Zustandekommen der Absprache. Glaubhaft und plausibel hat er dabei darauf hingewiesen, dass er das ursprüngliche Angebot des Klägers und dessen Ehefrau, den gesamten Liefer- und Verlegevertrag ohne Rechnungstellung als Schwarzarbeit abzuwickeln, abgelehnt habe, weil er hierfür zu viel Material benötigte und deshalb zumindest für einen Teilbetrag eine Rechnungstellung erforderlich gewesen sei, um die Materialbewegungen buchhalterisch stimmig zu erfassen.
Die Angaben des Zeugen T. stehen vollständig im Einklang mit den handschriftlichen Eintragungen, die unstreitig er in blauer Farbe auf dem von den Auftraggebern verwahrten Kostenvoranschlag (Anlage K 9) vorgenommen hat. Sie verdeutlichen und belegen die Angaben des Zeugen, wie die Parteien aus den Beträgen des Kostenvoranschlags auf den späteren Barzahlungsbetrag (= 6.400,00 €) und den Rechnungsbetrag von 8.619,57 € gekommen sind. Von dem Nettobetrag aus dem Kostenvoranschlag (= 13.583,51 €) wurde ein Betrag von 7182,98 Euro netto in Abzug gebracht, woraus sich sodann der Nettobetrag von 6.400,53 Euro errechnete; diese Zahl wurde mit dem Zusatz „bar“ versehen.
Über den Betrag von 7182,98 Euro netto wurde tatsächlich eine Rechnung erstellt (für das Mietshaus D. Straße), die diesen Betrag wiederum als Nettobetrag beinhaltet und mit Mehrwertsteuer zu einem Bruttobetrag von 8.619,57 Euro führt (Anlage B 1), der wiederum auf dem Kostenvoranschlag (Anlage K 9) handschriftlich vermerkt ist und zusammen mit dem Barbetrag in Höhe von 6.400,53 Euro den dort als Summe festgestellten Betrag von 15.020,10 Euro ergibt. Dieser Wert weicht nur um 53 Cent von dem ab, was der Kläger und seine Ehefrau insgesamt tatsächlich an Geld gezahlt haben (wollen) und vom Beklagten auch als vereinbarter, wenn auch nicht vollständig geleisteter, Werklohn behauptet wird.
Das Zahlenwerk ist aus sich heraus verständlich und erklärt den Betrag, der am 08.08.2012 für (fingierte) Arbeiten im Objekt D. Straße in Rechnung gestellt und von den Auftraggebern überwiesen wurde. Dass sich der Betrag aus der Rechnung vom 08.08.2012 nicht aus tatsächlich aufgewandtem Material und erbrachter Arbeit ergibt, ist unstreitig. Die in der Rechnung enthaltene Leistungsbeschreibung und das Rechenwerk sind dem vorab vereinbarten Rechnungsbetrag angepasst. Der Einwand des Klägers, der vom Zeugen T. genannte Betrag in Höhe von ca. 8.500 Euro (fiktiver) Materialkosten für eine Teppichverlegung im Anwesen D. Straße sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil nicht erkennbar sei, wie dieser Betrag zustande gekommen sei, und weil sich die Materialkosten nach dem Kostenvoranschlag bereits auf ca. 9.100 Euro belaufen haben, greift nicht durch. Denn die Ermittlung des Betrages der fiktiven Materialkosten fußt auf einer bloßen Schätzung, der keine exakt festgestellte Fläche des im Mietshaus des Klägers zu verlegenden Teppichbodens zugrunde liegt und die im Ergebnis auch nur relativ geringfügig abweicht von dem nach dem Kostenvoranschlag für das Wohnhaus des Klägers in Ansatz gebrachten Wert.
Bei der Einschätzung der Glaubwürdigkeit des Zeugen R. T. übersieht der Senat nicht, dass dieser als in der Firma des Beklagten, des Bruders des Zeugen, für die vertragliche Abwicklung zuständige Person sowohl zumindest mittelbar ein wirtschaftliches als auch ein persönliches Interesse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits hat. Ebenso hat der Zeuge im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben zur Höhe des erhaltenen Barbetrages gemacht, die teilweise jedoch auf einem Missverständnis des anwaltlichen Vertreters des Beklagten beruhen, wie dieser glaubhaft angegeben hat (Bl. 169 d.A.). Gleichwohl folgt der Senat aufgrund der soeben dargestellten plausiblen Erklärungen des Zeugen und auch aufgrund des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks dessen Bekundungen hinsichtlich der getroffenen Schwarzgeldabrede.
Dem Kläger ist auch nicht der Nachweis gelungen, dass die beiden Quittungsvermerke auf dem Kostenvoranschlag ebenfalls vom Zeugen R. T. stammen, was dieser vehement bestreitet. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. M. vom 04.05.2016, bestätigt die Beweisbehauptung der Klägerseite nicht. Eine evidente Übereinstimmung mit den weiteren Eintragungen, die mit in blauer Farbe schreibendem Stift vorgenommen wurden, ist ebenfalls nicht festzustellen. Die Quittungsvermerke können danach von jedermann auf dem in der Hand der Auftraggeberseite befindlichen Kostenvoranschlag (Anlage K 9) aufgebracht worden sein. Der insoweit beweisbelastete Kläger hat ausdrücklich eine Fortsetzung der Beweisaufnahme durch Begutachtung weiteren Schriftmaterials nicht mehr gewünscht, nachdem die Gegenseite umfangreiches Vergleichsmaterial für eine Fortsetzung der Begutachtung angeboten hatte.
(2) Die Angaben der Zeugin A. B. sind dagegen in wesentlichen Teilen nicht glaubwürdig. Sie sind erkennbar nicht nur von dem Bemühen getragen, eine Schwarzgeldvereinbarung in Abrede zu stellen, sondern auch davon, den Kläger vor dem Vorwurf gesetzeswidrigen Handelns zu schützen.
(2.1) Die Zeugin B. hat bekundet, sie habe sich wegen festgestellter Verlegemängel mit dem Beklagten erst im August 2012 auf eine Reduzierung des noch offenen Werklohnanspruchs von ca. 9.900,00 Euro brutto auf ca. 8.600,00 Euro brutto geeinigt. Dies überzeugt nicht, obwohl der Kläger im Termin vom 30.03.2016 eine Rechnung vom 08.08.2012 vorgelegt hat, die den Bruttobetrag von 9.906,27 Euro ausweist, maschinenschriftlich eine Teppichverlegung im Wohnhaus des Klägers zum Gegenstand hat und von Hand ausgebessert wurde auf das Objekt „Miethaus, D. Str. xx, C.“ (Anlage BK 2). Die Beklagtenseite behauptet, diese Rechnung stamme trotz des Erscheinungsbildes nicht von der Firma T..
Ob diese durch den Beklagten unter Beweis gestellte Behauptung der Vorlage einer (wohl) gefälschten Rechnung zutrifft, kann offen bleiben. Denn jedenfalls steht den Angaben der Zeugin B. entgegen, dass der Kläger und die Zeugin die von ihnen unmittelbar nach Abschluss der Verlegearbeiten erkannten Mängel – dies sollen die gequetschten und gestauchten Stellen und die verschnittenen Kanten, jedoch noch nicht der sog. Shading-Befall gewesen sein – vollständig zum Gegenstand des folgenden Beweissicherungsverfahrens gemacht haben. In dem Antrag zur Durchführung des Beweissicherungsverfahrens vom 22.05.2013 wird mit keinem Wort erwähnt, dass sich die Parteien zu bestimmten Mängelpunkten bereits auf einen Werklohnnachlass vereinbart hätten. Auch in der eidesstattlichen Versicherung der Zeugin (Bl. 10 ff. der Akten Az.: 91 OH 1117/13 LG Würzburg) wird lediglich von Nachbesserungsversuchen und deren Scheitern berichtet, nicht aber von einer bereits erfolgten Einigung über eine mangelbedingte Minderung des Werklohns von 16.164,38 Euro auf 15.019,57 Euro.
Hätte es die von der Zeugin behauptete Einigung tatsächlich gegeben, so hätte es, da entsprechende Angaben weder vom Kläger noch von der Zeugin B. gemacht wurden, mehr als nahe gelegen, dass sich jedenfalls der Beklagte hierauf berufen hätte. Ein solcher Hinweis ist aber während des Beweissicherungsverfahrens ebenfalls nicht erfolgt, obwohl von beiden Seiten dort bereits intensiv über das Vorliegen sämtlicher geltend gemachter Mängel gestritten wurde.
(2.2) Die Zeugin B. hat zudem behauptet, sie sei (mit dem Kläger) nach dem Erhalt der Rechnung vom 08.08.2012 davon ausgegangen, der Beklagte werde noch eine Schlussrechnung für die Arbeiten in ihrem Privathaus in der O. Straße stellen. Dem ist nicht zu folgen. Die Rechnung vom 08.08.2012, die tatsächlich nicht ausgeführte Arbeiten im Anwesen des Klägers in der D. Straße betraf, kann nicht als Zwischenrechnung einer auf den Gesamtbetrag von 16.164,38 Euro lautenden Schlussrechnung über Arbeiten in dem Anwesen in der O. Straße vorausgehen. Die später angeforderte Schlussrechnung und die mit Datum vom 08.08.2012 vereinbarungsgemäß vom Beklagten erstellte und von der Zeugin B. entgegengenommene Rechnung schließen einander inhaltlich aus. Die Erstellung der angemahnten Schlussrechnung kann, entgegen dem Bekunden der Zeugin, nicht ernsthaft von den Auftraggebern erwartet worden sein.
Der Senat wertet das Anfordern der Schlussrechnung denn auch als ein dem Prozessverlauf angepasstes taktisches Verhalten, das dazu dienen sollte, von der getroffenen Schwarzgeldabrede abzulenken. Tatsächlich aufgefordert hat der Kläger den Beklagten erst mit Schreiben vom 24.09.2014 (Anlage K 5) und damit mehr als ein Jahr nach Einleitung des Beweissicherungsverfahrens und erst nach Klageerhebung.
(2.3) Nicht überzeugen kann auch die Bekundung der Zeugin B., sie sei aus der oben angesprochenen handschriftlichen Berechnung des Zeugen T. auf ihrem Exemplar des Kostenvoranschlags „nicht schlau geworden“, sie habe „sie nicht recht verstanden.“ Dann hätte es doch auf der Hand gelegen, dass die Zeugin, eine Rechtsanwältin, die dem Senat im Rahmen ihrer Vernehmung durchaus den Eindruck einer geschäftsgewandten Person vermittelt hat, nachgefragt hätte. Der Senat ist überzeugt, dass sie durchaus nachvollziehen konnte, zu welchem Zweck und mit welchem Inhalt die Berechnung vorgenommen wurde; aus der Aufschrift ergibt sich in Zusammenschau mit dem Kostenvoranschlag der unmittelbare Kostenvorteil für die Auftraggeber, die statt des Betrages von 16.164,38 Euro lediglich 15.020,10 Euro zu zahlen hatten.
(3) Damit ist dem Beklagten der Nachweis gelungen, dass die Parteien die Vereinbarung getroffen haben, dass 6.400,00 Euro ohne Rechnung und ohne Mehrwertsteuer in bar gezahlt werden sollten. Demzufolge war es nicht erforderlich, der vom Beklagten erhobenen Behauptung, die Rechnung Anlage BK 2 stamme nicht von der Firma T., durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachzugehen.
(4) Es ist jedoch davon auszugehen, dass es zu dieser „Ohne-Rechnung-Abrede“ erst nach Vertragsschluss gekommen ist.
Unstreitig ging der Kostenvoranschlag vom 03.07.2012 (Anlage K 9) dem Kläger und der Zeugin B. zeitnah zu. Er enthielt trotz der Bezeichnung als Kostenvoranschlag bereits ein verbindliches Angebot, wie unschwer der Formulierung entnommen werden kann: „Wir bitten um eine kurze Auftragsbestätigung, damit die Teppichlieferung auf … terminiert werden kann.“ Die Annahme des Angebots erfolgte mit Telefax vom 05.07.2012 (Anlage K 6), das laut Faxbericht des Klägers am 05.07.2012 um 10:10 Uhr an den Beklagten versendet wurde und den Vermerk „Übertragung OK“ enthielt. In Anbetracht dieser Umstände genügt es nicht, dass der Beklagte lediglich bestritten hat, dieses Telefax erhalten zu haben. Der Zeuge R. T. hat bekundet, er wisse nicht, ob es in der Firma seines Bruders eingegangen sei. Im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hätte der Beklagte sich vielmehr näher dazu äußern müssen, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und ggf. in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses ggf. vorlegen müssen (BGH, Urteil vom 19.02.2014, IV ZR 163/13, Rn. 30, zitiert nach juris). Da er dies nicht getan hat, geht der Senat von einem Vertragsschluss zum genannten Zeitpunkt aus.
Die Schwarzgeldabrede wurde erst im im Anschluss hieran getroffen. Der mit den streitgegenständlichen Verhandlungen befasste Zeuge R. T. hat glaubhaft dargelegt, dass es erst einige Tage nach dem Anruf der Eheleute B., mit dem der Auftrag zur Teppichbodenverlegung im Privathaus erteilt wurde, möglicherweise auch erst nachdem ihn das Fax vom 05.07.2012 erreicht hatte, zu einem Treffen im Haus der der Eheleute B. in der O. Straße zz gekommen sei, bei dem dann die den handschriftlichen Vermerken auf der Anlage K 9 inhaltlich entsprechende „Ohne-Rechnung-Abrede“ getroffen worden sei.
(5) Der aufgrund der Vereinbarung auf Klägerseite zu erzielende wirtschaftliche Vorteil lag auf Klägerseite in der Reduzierung des Zahlbetrags um 1.144,28 Euro sowie in der steuerlichen Absetzbarkeit der angeblichen Aufwendungen für die Wohnungen des Klägers in der D. Straße im Hinblick auf die von ihm erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Dass es sich bei dem Bargeld für den Beklagten um Schwarzgeld handelte, war den Auftraggebern schon aufgrund der Umstände und der Höhe des eigenen erstrebten Vorteils fraglos bewusst.
1.3 Der Umstand, dass sich die „Ohne-Rechnung-Abrede“ nur auf einen Teil des vereinbarten Werklohns bezog und über den anderen Teil lediglich eine vom Inhalt her fingierte Rechnung gestellt werden sollte, führte dennoch zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG. Der vereinbarungsgemäß noch über Rechnung und mit Mehrwertsteuer zu zahlende Teil des Werklohns bezog sich nicht auf eine bestimmte Teilleistung im Verhältnis der Parteien. Die Rechnung zu angeblichen Werkleistungen in dem Anwesen des Klägers in der D. Straße vom 08.08.2012 nennt zwar bestimmte Arbeiten, ist aber inhaltlich vollständig unwahr. Unstreitig waren Arbeiten im dortigen Anwesen weder Teil der Vereinbarung der Parteien, noch wurden solche ausgeführt. Der Zeuge R. T. hat zudem glaubhaft bekundet, dass sich die Teilung des Werklohnbetrages nicht auf Teilarbeiten im Anwesen O. Straße bezogen hat, sondern vielmehr aus der Überlegung heraus erfolgt ist, dass er eine Rechnung zumindest über jenen Betrag benötigte, der die Aufwendungen für den Einkauf des gesamten Materials in etwa abdeckte. Die Abrede erfasste also das gesamte und einheitliche Rechtsgeschäft. Teilnichtigkeit scheidet damit aus (Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 139 Rn. 5 u. 6 m.w.N.).
1.4 Auch der Umstand, dass die Parteien erst nach Vertragsschluss eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ getroffen haben, ändert an der Gesamtnichtigkeit des Vertrags der Parteien nichts.
Treffen die Parteien nach Vertragsschluss und vor oder nach Leistungserbringung eine „OhneRechnung-Abrede“ zur Hinterziehung von Umsatzsteuer, erfasst die Nichtigkeit nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht nur den Abänderungsvertrag, sondern das gesamte geänderte Vertragsverhältnis, so dass aus diesem Vertrag keine Gewährleistungsrechte und / oder Werklohnansprüche mehr hergeleitet werden können (so bereits OLG Stuttgart, Urteil vom 10.11.2015, Az.: 10 U 14/15, Rn. 50 ff.; OLG Köln, Urteil vom 22.04.2015, Az.: 11 U 94/14, Rn. 18; zitiert nach Juris; a.A.: Lorenz NJW 2013, 3132, 3134; Jerger NZBau 2014, 415, 417).
Der Senat schließt sich zu dieser Frage den überzeugenden Ausführungen des Oberlandesgerichts Stuttgart (a.a.O.) an. Danach darf die nachträgliche Abrede nicht isoliert betrachtet und isoliert für nichtig befunden werden. Vielmehr gestaltet auch eine nachträgliche Abrede, einen Teilbetrag ohne Rechnung zu zahlen, den ursprünglich wirksamen Werkvertrag mit dem Inhalt um, den er durch die Abrede gefunden hat; die Parteien wollen den Vertrag in der ursprünglichen Form nicht mehr fortsetzen und haben sich gerade dazu entschlossen, das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot bewusst zu missachten.
Der 10. Senat des Oberlandesgericht Stuttgart hat zur Begründung im Urteil vom 10.11.2015 ausgeführt (a.a.O. Rn. 54):
„Das Gesetz will nicht nur den tatsächlichen Vorgang der Schwarzarbeit eindämmen, sondern im Interesse der wirtschaftlichen Ordnung den zugrunde liegenden Rechtsgeschäften die rechtliche Wirkung nehmen (BGH, Urteil vom 01. August 2013 – VII ZR 6/13 -, BGHZ 198, 141-150, Rn. 17, MünchKommBGB / Armbrüster, 7. Aufl., § 134 Rn. 77). Wer das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot bewusst missachte, solle nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 – VII ZR 241/13 – BGHZ 201, 1 -11, Rn. 27; BGH, Urteil vom 05. Mai 1992 – X ZR 134/90 – BGHZ 118, 182, 193 – juris, Rn. 40). Mit diesem Schutzzweck des Gesetzes wäre es gerade nicht vereinbar, die nachträgliche „Ohne-Rechnung-Abrede“, die das vertragliche Synallagma insgesamt umgestalten soll, isoliert zu betrachten und der vom Gesetzgeber missbilligten Vorgehensweise der Vertragsparteien nur deswegen Wirksamkeit zuzusprechen, weil der Abschluss des Architekten- oder Werkvertrags und die „Ohne-Rechnung-Abrede“ zeitlich auseinanderfallen, die Vertragsparteien sich also erst zu einem späteren Zeitpunkt bewusst für die Illegalität entscheiden.”
Diesen Erwägungen schließt sich der Senat an. Es liefe der gesetzlichen Intention zuwider, wenn allein aus dem Umstand, dass eine Schwarzgeldabrede erst nachträglich getroffen wird, die Nichtigkeit des Werkvertrags gemäß § 134 BGB abgelehnt würde. Dies anders zu sehen, hieße den Weg dazu zu ebnen, ohne nennenswertes Risiko kurz nach dem Vertragsschluss die gesetzeswidrigen Schritte zur „Vertragsoptimierung“ zum beiderseitigen Vorteil zu gehen. Es würden Werkverträge trotz nachgewiesener Schwarzgeldabrede wie solche ohne derartige Abreden behandelt und Werklohn- und Gewährleistungsansprüche „gerettet“ werden. Dieses Ergebnis aber widerspricht gerade dem Normzweck des § 1 Abs. 2 SchwarzArbG.
1.5 Die Folge der Gesamtnichtigkeit des Werkvertrages zwischen den Parteien ist das vollständige Fehlen von Mängelansprüchen. Der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Werkvertrag bzw. die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Mängeln geht damit ins Leere. Ein Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns besteht ebenfalls nicht (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az.: VII ZR 216/14).
2. Es besteht auch kein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der geleisteten Beträge unter dem Gesichtpunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Die Voraussetzungen einer ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sind zwar, weil der von den Parteien geschlossene Werkvertrag aus den oben genannten Gründen nichtig ist, erfüllt, allerdings steht einem Anspruch aus §§ 812, 398 BGB die Vorschrift des § 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB entgegen.
Nach § 817 Satz 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Satz 2 Halbs. 1 dieser Vorschrift schließt die Rückforderung aus, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt. Entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes verstößt nicht nur die § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG widersprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistungserbringung durch den Unternehmer und Zahlung durch den Besteller (vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2015, Az.: VII ZR 216/14, Rn. 15; Urteil vom 10.04.2014, Az.: VII ZR 241/13, Rn. 20 ff., zitiert nach Juris).
§ 817 Satz 2 Halbs. 1 BGB findet Anwendung, wenn der Besteller in Ausführung eines wegen Missachtung eines gesetzlichen Verbots nichtigen Werkvertrags seine Leistung, wie vorliegend festgestellt, erbringt, indem er (teilweise) ohne Rechnung mit Steuerausweis den Werklohn für Schwarzarbeit bezahlt (BGH, Urteil vom 11.06.2015, Rn. 14).
3. Auch der Rechtsgedanke von Treu und Glauben führt im streitgegenständlichen Fall zu keinem anderen Ergebnis.
Von der vereinbarten Schwarzarbeit profitieren sollten nicht nur der Beklagte als Unternehmer, sondern auch der Kläger und seine Ehefrau als Besteller. An eine Korrektur der aufgezeigten Nichtigkeitsfolgen könnte zu denken sein, wenn eine Partei arglistig die Nichtigkeitsfolge herbeigeführt hätte, wenn also etwa ein Unternehmer zur Vermeidung sich abzeichnender Gewährleistungsansprüche kurz vor dem Erhalt der Schlusszahlung bei einem rechtlich unerfahrenen Besteller auf eine „Ohne-Rechnung-Abrede“ hingewirkt hätte. Ein solch treuwidriges Verhalten des Beklagten schildert der Kläger schon nicht.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.
5. Die Revision war zuzulassen, da die Frage, wie sich eine von den Parteien erst nach Vertragsschluss und vor Durchführung der Arbeiten getroffene Schwarzgeldabrede auf den gesamten
4. Vertrag auswirkt, höchstrichterlich noch nicht geklärt ist und grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).


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