Baurecht

Normenkontrollantrag gegen einen einfachen Bebauungsplan, Sondergebiet für „Hotelbetriebe und Anlagen für gesundheitliche Zwecke“, Überplanung von Außenbereichsflächen, Fehlende Erforderlichkeit, Planungsbedürfnis

Aktenzeichen  1 N 19.144

Datum:
2.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 15379
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47
BauGB §§ 1 Abs. 3, 35

 

Leitsatz

Handelt es sich bei einem erheblichen Teil des Plangebiets eines einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 3 BauGB), der nur die Art der baulichen Nutzung regelt, um Außenbereich, ist der Bebauungsplan nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB. Denn das Planungsziel, Baurecht für die vorgesehenen Nutzungen zu schaffen, kann mit dem einfachen Bebauungsplan nicht erreicht werden.

Tenor

I. Der Bebauungsplan „SO Bäderviertel Mitte” vom 30. Januar 2018, bekannt gemacht am 31. Januar 2018, ist unwirksam.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Der am 30. Januar 2018 als Satzung beschlossene und am 31. Januar 2018 bekannt gemachte einfache Bebauungsplan „SO Bäderviertel Mitte“ ist unwirksam.
1. Der Antrag ist zulässig.
1.1. Die Antragstellerinnen sind antragsbefugt. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist im Normenkontrollverfahren jede natürliche oder juristische Person antragsbefugt, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Der Antragsteller muss hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird. Eine solche Rechtsverletzung kommt regelmäßig in Betracht, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet liegenden Grundstücks gegen bauplanerische Festsetzungen wendet, die unmittelbar sein Grundstück betreffen. Denn bei den Festsetzungen eines Bebauungsplans handelt es sich um Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinn des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese muss der Eigentümer nur hinnehmen, wenn der Bebauungsplan rechtmäßig ist (vgl. BVerwG, B.v. 31.1.2018 – 4 BN 17.17 u.a. – BauR 2018, 814).
Damit ist die Antragsbefugnis der Antragstellerinnen als Eigentümerinnen von Grundstücken gegeben, für die der Bebauungsplan die Art der baulichen Nutzung festsetzt.
1.2 Auch fehlt es nicht am Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen für den Normenkontrollantrag im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses als Prozessvoraussetzung ist von Amts wegen in jeder Lage des Prozesses zu prüfen, so dass das Rechtsschutzbedürfnis auch während des Prozesses entfallen kann. Der Stadtrat der Antragsgegnerin hat in der Sitzung am 22. Juni 2021 für das verfahrensgegenständliche Plangebiet die Aufstellungsbeschlüsse für zwei neue (qualifizierte) Bebauungspläne „SO Hotel S* … straße“ und „W* …halle – SO Veranstaltungs- und Tagesstätte“ beschlossen, die den angegriffenen Bebauungsplan ersetzen sollen. Das Rechtschutzinteresse fehlt, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweist, weil der Antragsteller seine Rechtsstellung (aktuell) mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (vgl. BVerwG, B.v. 4.6.2008 – 4 BN 13.08 – BauR 2008, 2031).
Gemessen an diesen Maßgaben kann ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen zwar nicht mit den im Jahr 2021 eingereichten Vorbescheidsanträgen, mit denen sie eine Nutzung für gastronomische Zwecke, für Tagungs- und Seminarzwecke, Wohnnutzung (insb. Errichtung eines Mehrfamilienhauses) und gewerbliche Nutzung anstreben, begründet werden. Denn unabhängig davon, dass die beantragten Vorhaben den Festsetzungen des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplans „SO Bäderviertel Mitte“ widersprechen, stehen ihnen auch die jeweils im Zusammenhang mit der Neuplanung für die in Aufstellung befindlichen Bebauungspläne am 29. Oktober 2021 erlassenen Veränderungssperren entgegen. Allerdings besteht vorliegend ein Rechtsschutzbedürfnis für die Antragstellerinnen (fort), weil die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung über die in Aufstellung befindlichen Bebauungspläne die Nachteile der Planung für die Betroffenen zu berücksichtigen hat. Schränkt sie bestehende Baurechte ein, muss sie diese Tatsache und den möglichen Umfang hierfür zu leistender Entschädigungen in die Abwägung einstellen (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2016 – 4 CN 2.16 – BVerwGE 156, 336). Die Frage der Wirksamkeit des verfahrensgegenständlichen Bebauungsplans „SO Bäderviertel Mitte“ spielt daher insoweit eine maßgebliche Rolle, als die festgesetzten zulässigen Nutzungen, insbesondere Anlagen für Hotelbetriebe, Anlagen für gesundheitliche Zwecke und Tagungsstätten und das damit verbundene Baurecht noch Rechtswirkungen entfalten können (vgl. BVerwG, B.v. 5.6.2003 – 4 BN 19.03 – juris Rn. 1). Denn für den Fall der Wirksamkeit des Bebauungsplans „SO Bäderviertel Mitte“ könnte die Antragsgegnerin von diesen Festsetzungen ausgehen. Die Belange der Antragstellerinnen, die eine Einschränkung ihres Baurechts nach § 34 BauGB geltend machen, wären bei der neu zu treffenden Abwägungsentscheidung nur noch mit einem geringeren Gewicht zu berücksichtigen. Dagegen wäre für den Fall der Unwirksamkeit des Bebauungsplans wieder zu berücksichtigen, dass mit den vorgesehenen Nutzungen Baurecht, soweit dieses nach § 34 BauGB besteht, eingeschränkt wird.
2. Der Normenkontrollantrag hat Erfolg. Dem Bebauungsplan fehlt die städtebauliche Erforderlichkeit. Der einfache Bebauungsplan (§ 30 Abs. 3 BauGB) kann das Hauptziel der Planung, Baurecht für hochwertige Nutzungen im Hotel- und Gesundheitsbereich, die sich räumlich um den bestehenden und zu erhaltenden Komplex der W* …halle anordnen sollen, zu schaffen, aufgrund der teilweise unzutreffenden bauplanungsrechtlichen Einstufung des Plangebiets durch die Antragsgegnerin nicht erreichen (2.1). Dies führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans (2.2).
2.1 Dem Bebauungsplan fehlt die städtebauliche Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB).
Gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Was in diesem Sinn erforderlich ist, bestimmt sich nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Der Gesetzgeber ermächtigt die Gemeinden, diejenige Städtebaupolitik zu betreiben, die ihren städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich sind danach Pläne, die nicht dem wahren Willen der Gemeinde entsprechen, bei denen also zwischen Planungswillen und Planungsinhalt eine Diskrepanz besteht, sowie Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt. In dieser Auslegung wird der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke gesetzt, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Die Frage der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit planerischer Festsetzungen unterliegt der Abwägungskontrolle und darf nicht zum Maßstab der städtebaulichen Rechtfertigung gemacht werden. Die Gemeinde betreibt bereits dann städtebauliche Planung, wenn sie sich im Rahmen ihrer durch Planungsziele konkretisierten eigenen städtebaulichen Entwicklungs- und Ordnungsvorstellungen hält und den Festsetzungen in Bezug auf diese Ziele Förderpotential zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 25.7.2017 – 4 BN 2.17 – juris Rn. 3; U.v. 10.9.2015 – 4 CN 8.14 – BVerwGE 153, 16; U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537; U.v. 27.3.2013 – 4 C 13.11 – BVerwGE 146, 137; U.v. 26.3.2009 – 4 C 21.07 – BVerwGE 133, 310).
Gemessen an diesen Maßstäben ist zwar das von der Antragsgegnerin zur Begründung des Bebauungsplans in den Vordergrund gerückte städtebauliche Ziel, die Grundlage für ein Baurecht für hochwertige Nutzungen im Hotel- und Gesundheitsbereich zu schaffen (§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB) und zu sichern, als solches ein zulässiges und damit auch im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB erforderliches und gerechtfertigtes Planungsziel (vgl. BayVGH, U.v. 2.5.2019 – 1 N 17.521 – juris Rn. 16). Auch der Hinweis der Antragstellerinnen auf eine mangelnde Umsetzbarkeit der Festsetzungen im Plangebiet aufgrund bestehender erheblicher Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Festsetzungen, insbesondere da es an einem wirtschaftlich tragfähigen Gesamtkonzept fehle und nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, dass an dem Standort in der Vergangenheit keine Hotelnutzung ausgeübt worden sei und die festgesetzten Hauptnutzungsarten eine wirtschaftlich tragfähige Grundstücksnutzung nicht zuließen, vermag die städtebauliche Erforderlichkeit der Gesamtplanung nicht in Frage zu stellen. Die Gemeinde besitzt für die Frage der städtebaulichen Erforderlichkeit ein sehr weites planerisches Ermessen. Sie soll gerade bewusst Städtebaupolitik betreiben. Einer konkreten Bedarfsanalyse bedarf es insoweit nicht (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2002 – 4 CN 1.02 – BVerwGE 117, 58; B.v. 14.8.1995 – 4 NB 21.95 – juris Rn.3). Auch ist allein der Wille eines Grundstückseigentümers, die Realisierung einer bestimmten Festsetzung zu verhindern, regelmäßig nicht geeignet, diese Festsetzung außer Kraft treten zu lassen (vgl. BVerwG, U.v. 23.11.2016 – 4 CN 2.16 – BVerwGE 156, 336; B.v. 5.11.2002 – 4 BN 8.02 – BVerwGE 42, 30). Soweit eine derartige Bauleitplanung eine bislang vorhandene Bebaubarkeit eines Grundstücks einschränkt sowie die Frage aufwirft, ob mit der zugelassenen baulichen Nutzung ein wirtschaftlich tragfähiges Gesamtkonzept verwirklicht werden kann, ist dies keine Frage der Erforderlichkeit der Planung, sondern vielmehr eine Frage der Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung (vgl. BVerwG, U.v. 5.5.2015 – 4 CN 4.14 – NVwZ 2015, 1537; B.v. 11.5.1999 – 4 BN 15.99 – NVwZ 1999, 1338). Dafür ist das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB maßgeblich, das im Hinblick auf die gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerbeachtlichkeit und heranzuziehenden Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für die städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.
Dem Bebauungsplan fehlt es jedoch an der städtebaulichen Erforderlichkeit, weil er das Hauptziel der Planung, Baurecht für hochwertige Nutzungen im Hotel- und Gesundheitsbereich, die sich räumlich um den bestehenden und zu erhaltenden Komplex der W* …halle anordnen sollen, zu schaffen, aufgrund der teilweise unzutreffenden bauplanungsrechtlichen Einstufung des Plangebiets durch die Antragsgegnerin nicht erreichen kann. Da der Bebauungsplan keine Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung enthält, handelt es sich um einen einfachen Bebauungsplan (§ 30 Abs. 3 BauGB). Die planungsrechtliche Zulässigkeit von Vorhaben in seinem Geltungsbereich ist somit nicht allein nach den Festsetzungen, sondern nach diesen in Verbindung mit § 34 BauGB oder § 35 BauGB zu beurteilen.
Die Auffassung der Antragsgegnerin, die in Nr. 2.5 der Begründung des Bebauungsplans zum Ausdruck kommt, dass nur das Grundstück des sogenannten H* …parks als Außenbereich (§ 35 BauGB) anzusehen ist, während die weiteren überplanten Grundstücke vollständig zu den im Zusammenhang bebauten Ortsteilen der Stadt gehören, ist unzutreffend. Denn auch weitere überplante Grundstücke befinden sich vollständig bzw. teilweise nicht im Innenbereich nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, sondern im Außenbereich (§ 35 BauGB). Die beabsichtigte Bebauung für hochwertige Nutzungen im Hotel- und Gesundheitsbereich bleibt daher trotz des Bebauungsplans unzulässig.
Die Kriterien für die Abgrenzung des Bebauungszusammenhangs im Sinn von § 34 Abs. 1 BauGB zum Außenbereich (§ 35 BauGB) sind obergerichtlich geklärt. Danach ist ausschlaggebend für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Der Bebauungszusammenhang endet regelmäßig am letzten Baukörper. Örtliche Besonderheiten können es im Einzelfall aber ausnahmsweise rechtfertigen, ihm noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt ein oder mehrere unbebaute Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind oder trotz des Vorhandenseins von Baulichkeiten sonst nicht zur Prägung der Siedlungsstruktur beitragen (vgl. BVerwG, B.v. 8.10.2015 – 4 B 28.15 – ZfBR 2016, 67; U.v. 30.6.2015 – 4 C 5.14 – BVerwGE 152, 275; B.v. 17.1.2005 – 4 B 3.05 – juris Rn. 7; U.v. 12.12.1990 – 4 C 40.87 – NVwZ 1991, 879). Eine unbebaute Fläche ist – als Baulücke – Teil des Bebauungszusammenhangs, wenn sie von der angrenzenden zusammenhängenden Bebauung so stark geprägt wird, dass die Errichtung eines Gebäudes auf dieser Fläche als zwanglose Fortsetzung der vorhandenen Bebauung erscheint. Bebauung im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist nicht jede beliebige Anlage. Den Bebauungszusammenhang selbst herstellen oder zu seiner Entwicklung beitragen können nur Bauwerke, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Baulichkeiten, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinn „Nebenanlagen“ zu einer landwirtschaftlichen, (klein-) gärtnerischen oder sonstigen Hauptnutzung sind, sind in aller Regel keine Bauten, die für sich genommen ein für die Siedlungsstruktur prägendes Element darstellen (vgl. BVerwG, B.v. 16.7.2018 – 4 B 51.17 – NVwZ 2018, 1651; B.v. 5.4.2017 – 4 B 46.16 – ZfBR 2017, 471; U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – BauR 2012, 1626; BayVGH, B.v. 13.5.2020 – 1 ZB 19.1663 – juris Rn. 4; B.v. 31.3.2020 – 1 ZB 19.1961 – juris Rn. 5).
Gemessen an diesen Maßstäben geht der Senat vorliegend nach den örtlichen Gegebenheiten, von denen er sich beim Augenschein einen umfassenden Eindruck verschafft hat, davon aus, dass die Flächen der Grundstücke FlNr. 1278/11 und 1278/12 zwischen der ehemaligen T* …halle auf dem Grundstück FlNr. 1278/3 und dem H* …haus (Grundstück FlNr. 1278/11), das Grundstück FlNr. 1278/9 (ehemaliger Kurpark), das früher als Parkplatz genutzte Grundstück FlNr. 1333/4 und das unbebaute Grundstück FlNr. 1306 nicht mehr durch die umliegende Bebauung geprägt werden. Bei den Flächen der Grundstücke FlNr. 1278/11 und 1278/12 handelt es sich um eine größere Freifläche, die zu dem erdgeschossigen ehemaligen W* …gang führt und dort mit Sträuchern bewachsen ist und auf der sich auch größere Bäume befinden. Südlich daran schließt die L* …promenade an. Anders als das H* …haus, das für verschiedene Verwaltungsstellen und Freiberufler genutzt wird, kommt dem überdachen ehemaligen W* …gang, der stark u.a. mit wildem Wein bewachsen und nach beiden Seiten offen ist, keine prägende Wirkung zu. Es handelt sich vielmehr um einen funktionell selbständigen Anbau bzw. eine Nebenanlage zu der ehemaligen W* …halle. Für die Abgrenzung des Begriffs der Nebenanlage von dem der Hauptanlage können funktionelle und räumliche Gesichtspunkte herangezogen werden (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 4 C 9.16 – BauR 2018, 647). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Nutzung als W* …gang zum Zeitpunkt der Nutzung des Hauptgebäudes als T* …- und W* …halle noch der Hauptnutzung zugerechnet werden konnte. Jedenfalls ist ein funktioneller Zusammenhang mit der Aufgabe dieser Hauptnutzung Anfang 2000 entfallen. Während das Hauptgebäude weiter zeitweise als Veranstaltungsfläche genutzt wurde, dient der ehemalige W* …gang ersichtlich nur noch als überdachte Unterstellfläche für Gartenmöbel und Anhänger. Auch die hinter dem ehemaligen W* …gang in Richtung Norden befindliche Fläche des sogenannten H* …parks (ehemaliger Kurpark) mit einem Pavillon in der Mitte ist nicht einem bestehenden Bebauungszusammenhang zuzurechnen. Der Park, der nach dem Eindruck des Augenscheins nicht mehr intensiv gärtnerisch gepflegt wird und auf dem sich auch mehrere größere Bäume befinden, ist auch zu der östlichen und nördlichen Wohnbebauung ziemlich eingewachsen und lässt die Wohnbebauung nur rudimentär erkennen. Ferner wird auch die große Parkfläche auf dem Grundstück FlNr. 1333/4, die erkennbar nicht mehr als Parkplatz genutzt wird, wird nicht mehr durch die umliegende Bebauung geprägt. Der Asphalt ist bereits schadhaft, zwischen den früheren Stellplatzflächen befindet sich hoher Bewuchs. Zudem ist in der Rechtsprechung geklärt, dass Stellplätze regelmäßig keine Bauten sind, die einen Bebauungszusammenhang begründen oder an seiner Entstehung mitwirken können, weil sie sich dem Beobachter bei einer optischen Bewertung eher als unbebaut darstellen und keine maßstabsbildende Kraft haben (vgl. BVerwG, U.v. 19.4.2012 – 4 C 10.11 – BauR 2012, 1626). Zwar kann ausnahmsweise eine Stellplatzfläche einem bestehenden Bebauungszusammenhang zuzurechnen sein, wenn sie den Eindruck der Geschlossenheit nicht unterbricht (vgl. BVerwG, U.v. 17.6.1993 – 4 C 17.91 – BauR 1994, 81 zu dem Parkplatz eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs). Die große Parkfläche wurde jedoch ganz überwiegend nicht für die Besucher der angrenzenden W* …halle genutzt, sondern stand bis zur Schließung des A* …-Freizeitbads für dessen Besucher zur Verfügung. Auch die teils aufgekieste, teils mit Erde versehene größere Fläche auf dem Grundstück FlNr. 1306, die mit Ausnahme der Zufahrt von hohen Sträuchern und Büschen umgeben ist und im Verhältnis zu den südlich liegenden Grundstücken deutlich tiefer unterhalb einer Hangkante liegt, wird nicht mehr durch die umgebende Bebauung geprägt. Soweit beim Augenschein ein paar Kraftfahrzeuge dort parkten, handelt es sich um eine nicht genehmigte Nutzung der Fläche. Die Fläche wird von der Antragstellerin zu 1 nicht als Parkplatz genutzt. Die Kraftfahrzeuge wurden vielmehr unter Umgehung der eigens dafür eingerichteten Absperrung abgestellt.
Da es sich bei einem erheblichen Teil des Plangebiets um Außenbereich handelt, ist der einfache Bebauungsplan nicht erforderlich im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB. Denn das Planungsziel, Baurecht für hochwertige Nutzungen im Hotel- und Gesundheitsbereich, die sich räumlich um den bestehenden Komplex der W* …halle anordnen sollen, zu schaffen, kann mit einem einfachen Bebauungsplan nicht erreicht werden. Eine Planung, die wegen eines nicht ausräumbaren rechtlichen Hindernisses nicht vollzogen werden kann, kann nicht zu einer geordneten städtebaulichen Entwicklung beitragen und verfehlt damit ihren gestalterischen Auftrag (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.1990 – 4 NB 29.90 – NVwZ 1991, 1074).
Der Umsetzung des Bebauungsplans steht ein solches Hindernis entgegen, da die Bebauung auch in dem Teil des Plangebiets, der planungsrechtlich als Außenbereich einzustufen ist, vorgesehen ist und als sonstiges Vorhaben im Sinn des § 35 Abs. 2 BauGB wegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange unzulässig bleibt. Zwar wird nach § 35 BauGB über die Zulässigkeit von Einzelvorhaben allein auf der Grundlage eines Konditionalprogramms entschieden, das für planerische Erwägungen keinen Platz lässt. Dies gilt auch, soweit das Vorhaben öffentliche Belange im Sinn des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 7 BauGB berührt. Insoweit ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass die öffentlichen Belange, die der Gesetzgeber in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB aufzählt, nur beispielhaften Charakter haben. Zu den nicht benannten öffentlichen Belangen gehört auch das Erfordernis einer förmlichen Planung (vgl. BVerwG, U.v. 1.8.2002 – 4 C 5.01 – BVerwGE 117, 25). Dieser öffentliche Belang hat allerdings eine andere Qualität als die in § 35 Abs. 3 BauGB genannten (vgl. BVerwG, U.v. 26.11.1976 – IV C 69.74 – BayVBl 1977, 104 m.w.N.). Ein derartiges Koodinierungsbedürfnis wird vielfach dann zu bejahen sein, wenn die durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einen in erster Linie planerischen Ausgleich erfordern, der seinerseits Gegenstand einer abwägenden Entscheidung zu sein hat, die nach Maßgabe der §§ 1 ff. BauGB allein in einem Bauleitplanverfahren zu treffen ist (vgl. BVerwG, U.v. 1.8.2002 a.a.O.).
Hiervon ausgehend ist im vorliegenden Fall ein Planungsbedürfnis zu bejahen. Denn die gewollte umfangreiche Bebauung für den Hotel- und Gesundheitsbereich lässt sich mit Rücksicht auf ihren Umfang und ihre Bedeutung für die weitere touristische Ausrichtung nicht ohne vorangehende förmliche Bauleitplanung verwirklichen, insbesondere lässt sich eine Koordinierung nur im Wege einer Abwägung sicherstellen.
Zudem würde eine solche Bebauung auch die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Der Begriff der natürlichen Eigenart der Landschaft umfasst den Schutz des Außenbereichs vor einer wesensfremden Nutzung. Die Nebeneinanderstellung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege mit der Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft in der genannten Vorschrift verdeutlicht, dass letzterer Belang auch dann verletzt sein kann, wenn die für die Bebauung vorgesehene Fläche keine landschaftlichen Besonderheiten aufweist (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2011 – 1 N 08.1708 – juris Rn. 42). Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen sind dadurch gekennzeichnet, dass in ihr die Natur sich über lange Zeit ungehinderter als anderswo hat entwickeln können. Sie sind – jedenfalls teilweise (Grundstück FlNr. 1306) – ein Lebensraum von schützenswerten Biotopen (vgl. Allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vom 27. Juli 2017, Nr. 2.4 Erläuterungen zu 2.2.10) und im Hinblick auf die Gehölzbestände des ehemaligen Parkplatzes (Grundstück FlNr. 1333/4) auch Lebensraum für verschiedene Vogelarten und Kleinsäuger (vgl. Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 17. September 2017). Durch die Bebauung mit einem größeren Hotel oder einem vergleichbaren Gebäude für den Gesundheitsbereich würde diese Eigenart beeinträchtigt. Da es nur auf den tatsächlichen Zustand ankommt, kommt es nicht darauf an, welche Umstände zu ihm geführt haben.
3. Der Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB bewirkt die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit eines Teils eines Bebauungsplans hat nur dann nicht die Gesamtunwirksamkeit zur Folge, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den ungültigen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinn des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2007 – 4 BN 44.07 – juris Rn. 3; BayVGH, U.v. 5.2.2016 – 1 N 11.766 – juris Rn. 16). Eine Teilunwirksamkeit scheidet im vorliegenden Fall jedenfalls deshalb aus, da die Antragsgegnerin einen Bebauungsplan, der die Schaffung von Baurecht für die angestrebten hochwertigen Nutzungen im Hotel- und Gesundheitsbereich nicht ermöglicht, nicht beschlossen hätte. Ausweislich der Begründung diente dieser dazu, die zentralen und für die Stadt wichtigen Nutzungen, insbesondere für die Entwicklung touristischer und gesundheitlicher Nutzungen, dauerhaft und nachhaltig zu sichern, damit sie erhalten bleiben und qualitativ verbessert werden können (vgl. Nr. 3 der Begründung des Bebauungsplans). Ein einfacher Bebauungsplan ohne nähere Regelung für diese Flächen würde daher nicht dem Planungswillen der Antragsgegnerin entsprechen. Die Antragsgegnerin hat das auch erkannt und bereits beschlossen, den verfahrensgegenständlichen Bebauungsplan durch zwei neue, nunmehr qualifizierte Bebauungspläne zu ersetzen.
Die Antragsgegnerin trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterlegene Partei die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO muss die Antragsgegnerin die Ziffer I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise veröffentlichen wie die angefochtene Satzung (§ 10 Abs. 3 BauGB).


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