Baurecht

Nutzungsänderung einer Ladenfläche in ein Wettbüro – Stellplatzbedarf

Aktenzeichen  M 8 K 15.597

Datum:
11.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 47, Art. 59, Art. 64 Abs. 2 S. 1, Art. 81 Abs. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 26 Abs. 2

 

Leitsatz

Der durch eine Nutzungsänderung verursachte Mehrbedarf an Stellplätzen wird durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten Anlage und des genehmigten Altbestands ermittelt. Dabei ist auch im Hinblick auf den Altbestand auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf Nutzungsänderung abzustellen. (redaktioneller Leitsatz)
Der Bauherr ist im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) verpflichtet, richtige, in den Maßen vollständige und genaue sowie nachprüfbare Bauvorlagen einzureichen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Verpflichtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Ablehnung der beantragten Baugenehmigung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Die Klägerin hat kein Anspruch auf die beantragte Baugenehmigung, weil die nach § 47 BayBO i. V. m. der Stellplatzsatzung der Beklagten erforderlichen Kfz-Stellplätze und Fahrradstellplätze nicht nachgewiesen sind. Insoweit kann im vorliegenden Fall die bauplanungsrechtlichen Gebietseinordnung der näheren Umgebung sowie die Frage, ob das beantragte Wettbüro und die Videothek als eine betriebliche Einheit mit einer Gesamtfläche von über 250 m² zu bewerten sind, dahinstehen. Es ist auch nicht entscheidungserheblich, ob der zweite Rettungsweg für das Wettbüro über die Videothek gesichert ist, wenn diese zwei Betriebe keine bauliche Einheit bilden und wie im vorliegenden Fall die Videothek bereits um 19.00 Uhr schließt, wohingegen das Wettbüro bis 23.00 Uhr und auch sonntags geöffnet hat.
1. Das klägerische Vorhaben ist als Nutzungsänderung eines Ladens zu einer Vergnügungsstätte (Wettbüro) gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig.
Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Da das klägerische Vorhaben dem Anwendungsbereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO unterfällt, ist vorliegend die Übereinstimmung des Vorhabens mit den Vorschriften über die Zulässigkeit baulicher Anlagen nach den §§ 29 bis 38 BauGB (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 1 BayBO) sowie die Erfüllung der Anforderungen der Stellplatzsatzung der Beklagten vom 2. Januar 2008 sowie der Fahrradabstellplatzsatzung der Beklagten vom 30. August 2012, bei denen es sich um örtliche Bauvorschriften im Sinne von Art. 81 Abs. 1 BayBO handelt (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 2 BayBO), zu prüfen.
2. Gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO sind bei Änderungen und Nutzungsänderungen von Anlagen Stellplätze in solcher Zahl und Größe herzustellen, dass diese die durch die Änderung zusätzlich zu erwartenden Kraftfahrzeuge aufnehmen können. Der durch eine Nutzungsänderung verursachte Mehrbedarf wird durch einen rechnerischen Vergleich zwischen dem Stellplatzbedarf der geänderten Anlage und des genehmigten Altbestandes ermittelt. Dabei ist bei der rechnerischen Ermittlung des Bedarfs auch im Hinblick auf den Altbestand auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue bayerische Bauordnung, Stand: September 2015, Art. 47 Rn. 64).
Vorliegend soll ein Teil der als Bestand genehmigten Ladenfläche als Wettbüro genutzt werden. Auf der verbleibenden Fläche soll weiterhin eine ladenartige Nutzung (Videothek) betrieben werden.
Die Zahl der notwendigen Stellplätze bemisst sich gemäß § 2 Abs. 1 StPlS nach den Richtwerten der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung. Danach ist bei Läden mit einer Verkaufsnutzfläche bis zu 400 m2 ein Stellplatz je 50 m2 Verkaufsnutzfläche und für Vergnügungsstätten ein Stellplatz je 20 m2 anzurechnende Nutzfläche nachzuweisen (Nrn. 3.1 und 10.1 der Anlage 1 zur Stellplatzsatzung).
2.1 Die vorgelegte Stellplatzberechnung und die Eingabepläne, die als Grundlage der Stellplatzberechnung dienen sollen, sind jedoch in sich widersprüchlich und daher keine geeignete Grundlage für einen Stellplatznachweis. Die Bauvorlagen, als Gesamtheit aller erforderlichen Unterlagen, sind mangelhaft, wenn entweder bestimmte Bauvorlagen oder Unterlagen gänzlich fehlen oder vorgelegte Bauvorlagen inhaltlich unrichtig oder unvollständig sind, so dass von keiner ausreichenden Entscheidungsgrundlage ausgegangen werden kann (Shirvani, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 122. EL Januar 2016, Art. 65 Rn. 171).
2.1.1 Gemäß Art. 64 Abs. 2 Satz 1 BayBO sind mit dem Bauantrag alle für die Beurteilung des Bauvorhabens und die Bearbeitung des Bauantrags erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen.
Der Bauherr ist im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG; vgl. näher Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 24 Rn. 10 a ff. und § 26 Rn. 40 ff.) verpflichtet, richtige, in den Maßen vollständige und genaue sowie nachprüfbare Bauvorlagen einzureichen bzw. der Genehmigungsentscheidung zugrunde zu legen (Gaßner in: Simon/Busse, Bayer. Bauordnung, 121. EL. September 2015 Art. 65 Rn. 80; BayVGH, B. v. 28.11.1975, Nr. 168 I 75, zit. in B. v. 15.11.1976, BayVBl. 1976, 147). Stellt sich bei der Prüfung heraus, dass die Bauvorlagen inhaltlich unrichtige Angaben enthalten bzw. widersprüchlich oder sonst als Entscheidungsgrundlage für die Baugenehmigung ungeeignet sind, darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Stand 116. EL Juli 2014, Art. 64 Rn. 80; VG München, U. v. 24.11.2014 – M 8 K 13.5076 – juris Rn. 21).
2.1.2 Die eingereichte Stellplatzberechnung sowie die Bauvorlagen, die als Grundlage der Stellplatzberechnung dienen sollen, genügen diesen Anforderungen jedoch nicht.
Für den genehmigten Bestand der Ladennutzung wurden im streitgegenständlichen Bauantrag beim Stellplatznachweis eine Fläche von ca. 290 m2 angesetzt und daraus durch Division mit 50 m2 ein anzurechnender Bestand von 5,8 Stellplätze errechnet. Für das beantragte Wettbüro als Vergnügungsstätte ergebe sich bei einer angegebenen Nutzfläche von 49,51 m2 ein neuer Bedarf von 2,4 Stellplätzen, für die im Übrigen Bereich betriebene Videothek mit Verkauf und Verleih bei einer angegebenen Nutzfläche von 162,90 m2 ein neuer Bedarf von 3,3 Stellplätzen. Daraus ergebe sich nach Ansicht der Klagepartei kein Mehrbedarf an Stellplätzen, da aus dem genehmigten Bestand 6 Stellplätze anzurechnen seien und durch die beantragte Nutzungsänderung ein Bedarf von ebenfalls 6 Stellplätzen hervorgerufen werde.
Diese Berechnung ist jedoch offensichtlich in sich widersprüchlich, da für die Berechnung der anrechenbaren Stellplätze aus dem Bestand eine Gesamtfläche von 290 m² zugrunde gelegt wurde und für die Berechnung des Stellplatzbedarfs für die beantragte Nutzungsänderung lediglich eine Gesamtfläche von 266,57 m². Die gesamte Nutzfläche des Wettbüros mit allen Nebenräumen wird in den Planunterlagen mit 83,37 m2, die der neuen Ladennutzung ebenfalls mit allen Nebenräumen mit insgesamt mit 183,20 m2 angegeben. Die Addition dieser beiden Zahlen ergibt nur eine Gesamtfläche von 266,57 m2 und nicht die in der Stellplatzberechnung von der Klagepartei für die ursprüngliche Ladennutzung angegeben Fläche von „ca. 290 m2“. Danach liegt zwischen der ursprünglichen Gesamtfläche von 290 m2, die von der Klägerin als Grundlage für die Berechnung des aus dem Bestand anrechenbaren Stellplatznachweises herangezogen wird, und der Gesamtfläche, die Grundlage für den durch die beantragte Nutzungsänderung erforderlichen Stellplatzbedarf ist, eine Differenz von etwa 24 m2. Aus den Planvorlagen ergibt sich, dass kein Raum übersehen wurde, sondern alle Räume mit Flächenangaben vermaßt sind und diese Angaben denen in der Stellplatzberechnung entsprechen.
Eine Differenz von 24 m2 bei einer angegebenen neuen Gesamtfläche von 266,57 m2 ist nicht geringfügig und kann nicht durch Messungenauigkeiten o.ä. erklärt werden. Es handelt sich um rund 9% der neuen Gesamtfläche. Dazu kommt, dass in der ursprünglichen Baugenehmigung gemäß Bescheid vom 28. April 1972 eine „Ladenfläche 255,34 m2“ und eine Seitenfläche mit „Vorr. Fl. 37,18 m2“ angegeben sind, woraus sich eine Gesamtfläche von 292,52 m2 ergibt, also nochmals rund 2,5 m2 mehr als die in der Stellplatzberechnung der Klagepartei angegebenen „ca. 290 m2“. Der nicht erklärte Flächenverlust bemisst sich auf dieser Grundlage sogar auf 26,5 m2 und damit auf 10% der neuen Gesamtfläche.
Diese Differenzen lassen sich auch nicht durch das Einziehen der zuvor in dem Bestands-Laden nicht vorhandenen Zwischenwände erklären. In der dem Bauantrag beigefügten Planzeichnung ist die Dicke dieser Wände mit 10 bzw. 12 cm zwischen Wettbüro und Videothek bzw. um den Automatenbereich herum vermaßt. Die Zwischenwand zwischen Wettbüro und Ladenfläche ist unter Berücksichtigung der Führung wie auf dem Plan dargestellt rund 17 m lang, die um den Automatenbereich 17,50 m. Bei Annahme von 35 m Gesamtlänge und 12 cm Dicke ergibt das einen Flächenverbrauch von 4,2 m2. Die übrigen Zwischenwände sind bei großzügigem Abgriff etwa 15 m lang und benötigen bei 10 cm Dicke folglich 1,50 m2. Insgesamt nehmen die Zwischenwände daher maximal 5,7 m2 in Anspruch. Die Differenz von 26,5 m2 bzw. mindestens 24 m2 zwischen den Angaben für den Bestand und die neuen Nutzungen vermag das folglich nicht zu erklären. Es verbleiben immer noch rund 20 m2 als Differenz.
Soweit von Seiten der Klagepartei in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, die Differenz beruhe auf der Nichtanrechnung der Fläche, den die sogenannte Verkaufstheke in der Videothek einnehme, vermag das die Widersprüche ebenfalls nicht zu beseitigen. Einmal hätte diese Fläche in den Planzeichnungen vermaßt sein müssen, was nicht der Fall ist. Damit ist es von vornherein unmöglich zu überprüfen, ob die Angabe überhaupt zutreffen kann. Darüber hinaus ist aber auch davon auszugehen, dass diese Theke ebenso wie ein Kassenbereich oder andere zur Abwicklung von Verkäufen bestimmte und erforderliche Flächen Bestandteil der bei der Stellplatzberechnung zugrunde zu legenden Verkaufsfläche ist. Denn auch eine solche Theke dient ganz eindeutig dem Verkauf, erst recht wenn wie hier ein anderweitiger Kassenbereich nicht vorgesehen ist.
Diese Widersprüche begründen erhebliche Zweifel an der dem Bauantrag beigefügten Berechnung der für die neue Nutzung erforderlichen Stellplätze und führen dazu, dass auf der Grundlage dieser Flächenangaben und Planzeichnungen der Stellplatznachweis nicht geführt werden kann. Damit ist es aber auch dem Gericht nicht möglich zu überprüfen, ob die erforderlichen Stellplätze nachgewiesen sind.
Das wiederum ist deshalb von besonderem Gewicht, weil sich grundsätzlich schon durch eine geringe Vergrößerung der Flächen über das angegebene Flächenmaß hinaus die Anzahl der erforderlichen Stellplätzte verändern kann. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf § 2 Abs. 6 StPlS hinzuweisen. Danach ist, wenn sich bei der Ermittlung der Anzahl der notwendigen Stellplätze ein Bruchteil ergibt, ab einer 5 an der ersten Dezimalstelle auf die nächsthöre ganze Zahl aufzurunden. Dies zeigt, dass bereits geringfügige Abweichungen in der der Berechnung zugrundeliegenden Quadratmeterzahl eine Differenz von mindestens 1 Stellplatz ergeben kann. So kann es beispielweise bei einem Wettbüro aufgrund dieser Rundungsregelung einen Unterschied von einem Stellplatz ausmachen, ob die Nutzfläche des Wettbüros 49,5 m² beträgt, so dass ein Stellplatzbedarf von 2,475 ausgelöst wird, der nicht aufzurunden ist oder ob die Nutzfläche des Wettbüros 50,00 m² beträgt und damit einen Stellplatzbedarf von 2,5 auslöst, der gem. § 2 Abs. 6 StPlS auf 3 Stellplätze aufzurunden ist. Ferner würden die vorgelegten Bauvorlagen bei einer zukünftigen Nutzungsänderung als Grundlage für die Berechnung des erforderlichen Stellplatznachweises herangezogen werden und sich die Unbestimmtheit der vorliegenden Stellplatzberechnung in den nachfolgenden Baugenehmigungen perpetuieren bzw. einen ordnungsgemäßen Stellplatznachweis unter Umständen unmöglich machen. An die Richtigkeit der zu genehmigenden Bauvorlagen sind daher entsprechend hohe Anforderungen zu stellen.
2. Hinzu kommt, dass die Stellplatzberechnung auch insoweit unrichtig ist, als der in den Plänen ausgewiesene „Personalraum“ nicht als Nutzfläche des Wettbüros berücksichtigt wurde (vgl. VG München, U. v. 7.3.2016 – M 8 K 15.518).
Nach Anlage 1 zur Stellplatzsatzung der Beklagten ist für Vergnügungsstätten ein Stellplatz je 20 m2 anzurechnende Nutzfläche erforderlich. Der Begriff der „anzurechnenden Nutzfläche“ wird in den Erläuterungen definiert als „Nutzfläche ohne die Flächen für haustechnische Anlagen, ohne die Flächen für die Erschließung des Gebäudes und seiner Räume, wie z. B. Flure, Treppenräume und sonstige Zuwegungen, und ohne die Flächen für Sanitäre Anlagen, Abstellräume und Stellplätze“. Der Satzungsgeber hat damit bestimmt, dass alle Flächen, die wie hier einer bestimmten Nutzung zuzurechnen sind, mit Ausnahme der ausdrücklich als nicht zu berücksichtigend genannten heranzuziehen sind, sofern in der Anlage für eine bestimmte Nutzungsart die „anzurechnende Nutzfläche“ als Maßstab genannt wird. Dies entspricht auch der Bestimmung des § 2 Abs. 5 Satz 2 StPlS. Anders als bei einem Laden (Nrn. 3.1 bis 3.6 der Anlage), bei dem nur die Verkaufsnutzfläche maßgeblich ist, oder bei einer Gaststätte (Nr. 6.1 beide Alternativen), wo die Gastraum- bzw. die Freischankfläche die Berechnungsgrundlage bilden, sind bei Büros (Nrn. 2.1 bis 2.2) und Vergnügungsstätten (Nr. 10.1) sämtliche der Nutzung gewidmeten Flächen außer den ausdrücklich in der Erläuterung als abzuziehen genannten zu berücksichtigen (vgl. VG München, U. v. 7.3.2016 – M 8 K 15.518).
Das bedeutet, dass ein Personalaufenthalts- oder Pausenraum bei der Berechnung der anzurechnenden Nutzfläche einbezogen werden muss. Der Personalraum kann vorliegend zwar auch über die Ladenfläche erreicht werden und könnte daher grundsätzlich auch beim Ladengeschäft zu berücksichtigen sein, aber ausweislich der vorgelegten Bauvorlagen dient die Tür aus dem Personalraum zum Ladengeschäft nur als 2. Rettungsweg, und auch in der eigenen Stellplatzberechnung der Klagepartei wird der Personalraum bei der Berechnung der Stellplätze für das Wettbüro geführt, lediglich bei der anrechenbaren Fläche für den Stellplatzbedarf für das Wettbüro nicht mitgerechnet.
Da der Satzungsgeber jedoch entschieden hat, Personalräume bei einer Vergnügungsstätte als Teil der anzurechnenden Nutzfläche zu behandeln, ist vorliegend der hinter dem Wettbüro situierte „Personalraum“ mit einer angegebener Fläche von 19,51 m2 bei der Stellplatzberechnung mit zu berücksichtigen (vgl. VG München, U. v. 7.3.2016 – M 8 K 15.518). Er kann auch nicht unter dem Begriff des „Abstellraumes“ (Punkt 3 der Erläuterung zur anzurechnenden Nutzfläche in der Stellplatzsatzung) subsumiert werden. Zwar ist es denkbar, kleine Garderoberäume darin einzubeziehen, die ausschließlich zum „Abstellen“ von Schuhwerk, Straßenkleidung und nasser Regenschirme seitens der Mitarbeiter bestimmt sind. Ein beinahe 20 m2 großer offensichtlich auch zum längeren Aufenthalt von Personen bestimmter Raum kann jedenfalls vorliegend nicht mehr als Abstellraum angesehen werden (vgl. VG München, U. v. 7.3.2016 – M 8 K 15.518). Darüber hinaus ist er auf dem Eingabeplan auch als Personal- und nicht als Abstellraum bezeichnet.
Damit bemisst sich der Stellplatzbedarf für das Wettbüro unter Heranziehung der Angaben des Eingabeplans bzw. der Flächenberechnung des Stellplatznachweises nach der Fläche des eigentlichen Wettbüros von 49,51 m2 zuzüglich der 19,51 m2 des Personalraumes, zusammen also 69,02 m2. Nach Nr. 10.1 der Anlage zur Stellplatzsatzung ist ein Stellplatz je 20 m2 erforderlich, also 3,45 und damit zumindest ein Stellplatz mehr als von der Klägerin berechnet.
Auch insoweit sind die Darlegungen der Klagepartei daher nicht geeignet, den erforderlichen Stellplatznachweis zu erbringen.
3. Darüber hinaus fehlt der Nachweis entsprechend der Fahrradstellplatzsatzung der Beklagten über die Herstellung und Bereithaltung von Abstellplätzen für Fahrräder vom 6. August 2012 (FabS – MüABL 2012, S. 281). Eine Berechnung dazu hat die Klägerin nicht vorgelegt. Dies verwundert insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits der Bauantrag der Klägerin vom 7. Mai 2013 u. a. wegen fehlendem Fahrradstellplatznachweis mit Bescheid vom 21. August 2013 (vgl. S. 3) abgelehnt wurde und die Defizite im Bauantrag bezüglich des Stellplatznachweises auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegen diesen Bescheid Gegenstand gewesen sind (vgl. Protokoll vom 10. November 2014 im Verfahren M 8 K 13.3932, S. 17).
4.1 Gemäß § 2 Abs. 2 FabS sind bei Änderungen und Nutzungsänderungen von baulichen Anlagen Fahrradabstellplätze gemäß der Anlage über die Zahl der erforderlichen Fahrradabstellplätze herzustellen und bereit zu halten (§ 2 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 der Satzung). Nach Nr. 3.1 der Anlage ist für einen Laden bis 400 m2 Verkaufsnutzfläche ein Abstellplatz je 75 m2 Verkaufsnutzfläche und gemäß 10.1 der Anlage bei Vergnügungsstätten ein Stellplatz je 20 m2 anzurechnende Nutzfläche herzustellen. Die anzurechnende Nutzfläche ist dabei in gleicher Weise definiert wie in der Stellplatzsatzung für Kraftfahrzeuge.
Eine zuverlässige und rechtlich einwandfreie Berechnung der erforderlichen Fahrradstellplätze ist aber aus den gleichen Gründen wie bei den Kraftfahrzeugstellplätzen nicht möglich (vgl. dazu oben 2.2.2). Die tatsächlich maßgeblichen Flächen sind im Bauantrag und den Planunterlagen nicht eindeutig und widerspruchsfrei angegeben. Die in sich widersprüchlichen und nicht miteinander vereinbaren Flächenangaben machen auch die gesetzmäßige Berechnung der erforderlichen Fahrradstellplätze unmöglich.
4.2 Dazu kommt, dass zwar zeichnerisch auf dem Eingabeplan im Durchgang zum Hof zwei mit handschriftlichen Strichen angedeutete Fahrradstellplätze dargestellt sind, aber an einer Stelle, an der sich nach der Baugenehmigung vom 21. Januar 1976 der damals genehmigte „Güteraufzug mit Überdachung“ befindet, der in die unteren Geschosse führt. Dieser Aufzug wurde ausweislich der in den Akten befindlichen Durchschrift der Bescheinigung über die Abnahme durch den Technischen Überwachungsverein B. vom 14. Juli 1976 auch errichtet. Bestätigt wird dies durch das Schlussabnahmeprotokoll des Baureferats der Beklagten vom 22. Oktober 1976. Fahrradabstellplätze können sich daher dort nicht befinden. Sollte der Aufzug inzwischen demontiert worden sein, so müsste die Klägerin diesen Umstand im Einzelnen darlegen. Das gilt vor allem auch deshalb, weil dieser Aufzug für die Belieferung des von ihr genutzten Ladens errichtet wurde und daher als diesem zugehörig anzusehen ist. Jedenfalls findet sich in den vorgelegten Behördenakten weder ein Antrag auf Genehmigung des Abbruchs noch eine Anzeige über einen genehmigungsfreien Abbruch oder Beseitigung dieser Anlage.
4.3 Darüber hinaus befinden sich die handschriftlich eingezeichneten Fahrradstellplätze in einem Bereich, der durch ein wohl generell versperrtes Tor von der Straße abgeschlossen und für Kunden nicht erreichbar ist. Nach dem Protokoll des Augenscheins vom 10. November 2014 im Verfahren M 8 K 13.3932 war dieser Bereich durch eine Zugangstüre zum Gehweg abgeschlossen und der Zugang zum Hof versperrt. Fahrradstellplätze, die von den Kunden nicht erreicht werden können, erfüllen jedoch nicht die Anforderung der „Bereithaltung“ von Fahrradabstellplätzen nach § 2 Abs. 1 der Fahrradabstellplatzsatzung.
5. Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
6. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf Euro 10.000 festgesetzt (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG -).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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