Baurecht

Planrechtfertigung für Ausbau einer Bundesstraße außerhalb des fernstraßenrechtlichen Bedarfsplans

Aktenzeichen  8 A 14.40011

Datum:
7.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FStrG FStrG § 1 Abs. 1, § 17
FStrAbG FStrAbG § 1 Abs. 2 S. 1
BayVwVfG BayVwVfG Art. 72, Art. 73 Abs. 4
BayWG BayWG Art. 63 Abs. 3 S. 1, 2

 

Leitsatz

1. § 1 Abs. 2 S. 1 FStrAbG normiert keine Ausschlusswirkung des Bedarfsplans, sondern nur eine positive Bindungswirkung zugunsten des darin aufgenommenen Vorhabens. Eine Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 1 FStrG kann nach Maßgabe der konkreten Umstände deshalb auch bei einem von der gesetzlichen Bedarfsplanung abweichenden Vorhaben gegeben sein. (redaktioneller Leitsatz)
2. Hinsichtlich der Expertise des Wasserwirtschaftsamts ist in der ständigen Rechtsprechung des BayVGH anerkannt, dass dessen amtlichen Auskünften und Gutachten entsprechend seiner Stellung als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 S. 1 und 2 BayWG besondere Bedeutung zukommt. Nachdem solche fachbehördlichen Aussagen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen privater Fachinstitute. (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei landwirtschaftlichen Betrieben, die auch ohne Beeinträchtigung durch ein Vorhaben nicht lebensfähig sind, ist eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung regelmäßig zu verneinen. Bei landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben kommt der Einwand der Existenzgefährdung oder -vernichtung nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist im Haupt- wie im Hilfsantrag unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberfranken vom 19. Februar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1.1 Dem auf §§ 17 ff. FStrG i. V. m. Art. 72 ff. BayVwVfG gestützten Planfeststellungsbeschluss fehlt es entgegen klägerischer Auffassung nicht an der Planrechtfertigung.
1.1.1 Hinsichtlich des Abschnitts zwischen dem Anschluss an die K. Straße (B 289 alt) und dem Anschluss der geplanten Neubaustrecke an die Staatsstraße …, der im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes – FStrAbG – i. d. F. des 5. Gesetzes zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes – 5. FStrAbÄndG – BGBl I S. 2574) enthalten ist, ergibt sich die Planrechtfertigung für das planfestgestellte Vorhaben aus der gesetzlichen Bedarfsfeststellung, die auch die gerichtliche Beurteilung der Planrechtfertigung bindet (vgl. nur BVerwG, U. v. 8.1.2014 – 9 A 4.13 – BVerwGE 149, 31 Rn. 31; B. v. 15.7.2005 – 9 VR 39.04 – juris Rn. 5 m. w. N.). Dies wird auch von Klägerseite nicht ernsthaft infrage gestellt.
1.1.2 Das Erfordernis der Planrechtfertigung ist jedoch auch bezogen auf den nicht im Fernstraßenbedarfsplan enthaltenen Ausbauabschnitt westlich des Anschlusses an die K. Straße, für dessen Realisierung die verfahrensgegenständlichen Grundstücke der Klägerin in Anspruch genommen werden sollen, erfüllt, weil sich das Vorhaben auch insoweit als vernünftigerweise geboten erweist (vgl. zu den Anforderungen an die Planrechtfertigung nur BVerwG, B. v. 30.6.2014 – 9 B 6.14 – juris Rn. 10; BayVGH, U. v. 15.5.2015 – 8 A 14.40029 – juris Rn. 47).
Hierbei wird die Planrechtfertigung für den Ausbauabschnitt westlich des Anschlusses an die K. Straße nicht bereits dadurch infrage gestellt, dass dieser Ausbauabschnitt nicht im Fernstraßenbedarfsplan verzeichnet ist. § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG normiert keine Ausschlusswirkung des Bedarfsplans, sondern nur eine positive Bindungswirkung zugunsten des darin aufgenommenen Vorhabens. Eine Planrechtfertigung nach § 1 Abs. 1 FStrG kann nach Maßgabe der konkreten Umstände deshalb auch bei einem von der gesetzlichen Bedarfsplanung abweichenden Vorhaben gegeben sein (vgl. nur BVerwG, U. v. 8.1.2014 – 9 A 4/13 – BVerwGE 149, 31 Rn. 31 m. w. N.). Dies gilt zumal dann, wenn eine nicht im Bedarfsplan enthaltene Planung – wie hier – einen vergleichsweise geringen Umfang hat. In einem solchen Fall ist die Nichterwähnung im Fernstraßenbedarfsplan mit Rücksicht auf § 3 FStrAbG, wonach einzelne Verbesserungsmaßnahmen unberührt bleiben und auf die Ausführung von Bedarfsplanmaßnahmen abzustimmen sind, regelmäßig nicht einmal ein Indiz für einen fehlenden Bedarf (vgl. BVerwG, B. v. 15.7.2005 – 9 VR 39.04 – juris Rn. 5).
Wie im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss in überzeugender Weise ausgeführt, ist das Ausbauvorhaben westlich des Anschlusses an die K. Straße zur Steigerung der Verkehrssicherheit und zur Vermeidung erheblicher Unfallrisiken vernünftigerweise geboten und insoweit planerisch gerechtfertigt. Wie von der Planfeststellungsbehörde im Einzelnen dargelegt (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 44 f. und S. 110 f.), ist der derzeitige Streckenzustand im Ausbaubereich westlich des Anschlusses an die K. Straße unter Gesichtspunkten der Verkehrssicherheit defizitär. So bestehen im Bereich der bestehenden Eisenbahnüberführung einerseits unzureichende Sichtverhältnisse und andererseits eine beschränkte Durchfahrtshöhe (3,70 m). Der derzeit gegebene Kurvenradius ist eng (ca. 100 m) und die Trassierung der Strecke insoweit unbefriedigend. Darüber hinaus fehlt es im Bereich der Einmündung der Gemeindeverbindungsstraße nach G. in die B 289 an einem Linksabbiegestreifen. Insbesondere von den genannten erheblichen Defiziten hat sich der Senat im Rahmen des durchgeführten Ortsaugenscheins auch selbst einen Eindruck verschafft (vgl. Niederschrift vom 5.8.2015, insbesondere S. 5 f.).
Nach der verfahrensgegenständlichen Planfeststellung ist im maßgeblichen Bereich die Errichtung eines neuen, engpassfreien Brückenbauwerks und eine Trassenführung mit einem Kurvenradius von 200 m vorgesehen. Diese Planung entspricht, wie die Beklagtenseite gut nachvollziehbar dargelegt hat, dem Stand der Technik (Mindestradius für Kurven nach der Verwaltungsvorschrift RAS-L: 180 m) und wird den Anforderungen an die Verkehrssicherheit in vollem Umfang gerecht. Dessen ungeachtet wurde der Flächenverbrauch für das Ausbauvorhaben im Rahmen des Möglichen begrenzt (vgl. auch Planfeststellungsbeschluss, S. 111). Hinzu kommt, dass der Ausbau, namentlich die Steigerung der Durchfahrtshöhe im Bereich der im maßgeblichen Streckenabschnitt gelegenen Eisenbahnüberführung, dem weiteren legitimen Planungsziel dient, auch dem Schwerlastverkehr im verfahrensgegenständlichen Bereich eine Benutzung der B 289 zu ermöglichen und auf diese Weise das nachgeordnete Straßennetz und mehrere Ortsdurchfahrten vom Schwerlastverkehr zu entlasten (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 43 f.).
Die im vorliegenden Zusammenhang gestellten klägerischen Beweisanträge waren sämtlich abzulehnen. Soweit die Klägerin beantragt hat, die Unfallstatistik der örtlichen Polizeidienstelle zum örtlichen Unfallgeschehen (B 289 im Abschnitt …, Station … bis …) beizuziehen, liegt – soweit der Antrag nicht ohnedies als bloßer Beweisermittlungsantrag auszulegen ist – eine Beweisbedürftigkeit nicht vor, weil sich dem Senat nach fachplanungsrechtlichen Maßstäben (vgl. hierzu nur BVerwG, U. v.26.4.2007 – 4 C 12.05 – NVwZ 2007, 1074 Rn. 71 m. w. N.) eine diesbezügliche weitere Sachverhaltsaufklärung nicht aufdrängt. Der Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt auf der Grundlage von Aufzeichnungen der Straßenverwaltung (Bayerisches Straßeninformationssystem BAYSIS), die sich auch aus den Unfallmitteilungen der einzelnen Polizeidienststellen speisen, das nicht unerhebliche Verkehrsunfallgeschehen im maßgeblichen Bereich (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 45). Fehler in der Datenbasis hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Für diesbezügliche Defizite ist auch nichts ersichtlich. Dessen ungeachtet käme es auf die Unfallstatistik der örtlichen Polizeidienstelle auch nicht entscheidungstragend an, weil sich aus den Defiziten der bestehenden Streckenführung der Straße unabhängig vom konkreten Unfallgeschehen in der Vergangenheit jedenfalls für die Zukunft erhebliche Verkehrsunfallrisiken ergeben, deren Beseitigung den Straßenausbau in der planfestgestellten Form rechtfertigen.
Soweit die Klägerin weiter beantragt hat, in Bezug auf die Sicherheit und Ungefährlichkeit der bestehenden Straßenführung ein Sachverständigengutachten einzuholen, handelt es sich um ein unzulässiges Ausforschungsbegehren. Die Klägerin tritt den gut nachvollziehbaren Darlegungen des Beklagten zu den Sicherheitsdefiziten der bestehenden Straßenführung ohne hinreichende fachliche Auseinandersetzung lediglich mit einer unsubstanziierten Behauptung entgegen. Dem vom Beweisantragsteller zu beachtenden Substanziierungsgebot (vgl. hierzu nur BVerwG, B. v. 28.5.2013 – 7 B 46/12 – juris Rn. 6 m. w. N.) wird dies nicht gerecht. Darüber hinaus besteht auch keine Beweisbedürftigkeit, weil sich dem Senat nach fachplanungsrechtlichen Maßstäben eine diesbezügliche weitere Sachverhaltsaufklärung nicht aufdrängt. Der Planfeststellungsbeschluss setzt sich ausführlich, fachlich fundiert und gut nachvollziehbar mit der Verkehrssicherheit im maßgeblichen örtlichen Bereich auseinander (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 43 ff. und S. 110 f.). Diesbezügliche Defizite sind für den Senat nicht ersichtlich.
Soweit die Klägerin weiter beantragt hat, ein Sachverständigengutachten zu der Behauptung einzuholen, dass die Verkehrsströme auf der in die B 289 einmündenden „Privat- bzw. Ortsstraße“ (Gemeindeverbindungsstraße nach G.) so gering und vernachlässigbar seien, dass sie auch und gerade unter Sicherheitsaspekten keine Ausdehnung der Ausbaustraße in nordwestlicher Richtung über das Ende der im Bedarfsplan vorgesehenen Ausbaustrecke hinaus erforderlich machten bzw. rechtfertigen könnten, bezieht sich die Klägerin auf eine Rechts- und planerische Wertungsfrage, die dem Tatsachenbeweis nicht zugänglich ist. Darüber hinaus nimmt der Planfeststellungsbeschluss im Rahmen der Planrechtfertigung die Steigerung der Verkehrssicherheit im Bereich der B 289 und (nur) in diesem Zusammenhang auch die Steigerung der Verkehrssicherheit im Einmündungs- bzw. im Verknüpfungsbereich mit der Gemeindeverbindungsstraße nach G. in den Blick (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 44 f.). Insoweit kommt es auf die Verkehrsströme auf der Gemeindeverbindungsstraße nach G. selbst auch in tatsächlicher Hinsicht vorliegend nicht ausschlaggebend an. Vor diesem Hintergrund bleibt es auch ohne entscheidungstragende Bedeutung, dass eine Eisenbahnbrücke im Bereich der Gemeindeverbindungsstraße nach G. nach Angabe der Klägerin nur eine Durchfahrtshöhe von 3,20 m aufweist.
Lediglich klarstellend ist – mit Blick auf den zuletzt zitierten klägerischen Beweisantrag zur einmündenden „Privat- bzw. Ortsstraße“ (Gemeindeverbindungsstraße nach G.) – in straßenrechtlicher Hinsicht darauf hinzuweisen, dass die seitens der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung (vgl. Niederschrift vom 7.6.2016, S. 5) eingeräumte fehlende Widmung des Grundstücks FlNr. 278/2 der Gemarkung P. im Bereich der bestehenden Gemeindeverbindungsstraße nach G. die Rechtmäßigkeit des verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschlusses für die auszubauende Bundesstraße nicht zu berühren vermag. Einen bezogen auf das planfestgestellte Vorhaben relevanten rechtlichen Gesichtspunkt hat auch die Klägerseite nicht aufgezeigt.
Schließlich war auch der Antrag der Klägerin, ein Sachverständigengutachten zu der Behauptung einzuholen, dass die Ausdehnung des Ausbaus der B 289 über das Ende der im Bedarfsplan eindeutig als im vordringlichen Ausbaubedarf stehenden Strecke hinaus unwirtschaftlich sei, weil nur dadurch Kosten für die Verlagerung in der Kreuzung der B 289 mit der Bahnlinie entstünden, abzulehnen. Der Antrag bezieht sich auf eine Rechts- und planerische Wertungsfrage, die dem Tatsachenbeweis nicht zugänglich ist. Die wirtschaftliche und sparsame Verwendung öffentlicher Mittel (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 BHO) stellt einen öffentlichen Belang dar, der im Rahmen der planerischen Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, U. v. 3.3.2011 – 9 A 8.10 – BVerwGE 139, 150 Rn. 98 f.). Dessen ungeachtet fehlt dem Vortrag der Unwirtschaftlichkeit vorliegend auch eine hinreichende, dem Substanziierungsgebot genügende tatsächliche Begründung. Dass durch den von der Klägerin abgelehnten Ausbauabschnitt Kosten entstehen, ist im Übrigen selbstverständlich. Dies macht das Vorhaben nicht per se unwirtschaftlich.
1.2 Die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene fachplanerische Alternativenprüfung leidet entgegen klägerischer Auffassung nicht unter beachtlichen Rechtsfehlern. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Ausbaubereichs westlich des Anschlusses an die K. Straße als auch hinsichtlich des Neubaubereichs zwischen dem Anschluss an die K. Straße (B 289 alt) und dem Anschluss der geplanten Neubaustrecke an die Staatsstraße …
Insbesondere ist das Ausscheiden der Nullvariante für den Ausbaubereich westlich des Anschlusses an die K. Straße (außerhalb des Fernstraßenbedarfsplans), für den die verfahrensgegenständlichen klägerischen Grundstücke herangezogen werden sollen, bedenkenfrei erfolgt. Die von Klägerseite favorisierte Nullvariante würde insbesondere die gebotene Beseitigung der unter Ziff. 1.1.2 aufgezeigten Sicherheitsdefizite der bestehenden Streckenführung bzw. der derzeitigen Situation im Bereich der bestehenden Eisenbahnüberführung nicht ermöglichen und insoweit den planerischen Zielen nicht gerecht werden.
Beim (im Fernstraßenbedarfsplan enthaltenen) planfestgestellten Neubaubereich zwischen dem Anschluss an die K. Straße (B 289 alt) und dem Anschluss der geplanten Neubaustrecke an die Staatsstraße … handelt es sich im Verhältnis zu bereits realisierten Straßenbaumaßnahmen, namentlich die bereits errichtete sog. s… Entlastungsstraße, um einen relativ kleinräumigen Lückenschluss. Bei diesem Lückenschluss ist die von der Planfeststellungsbehörde gewählte Trassenführung durch die bereits bestehenden Anschlüsse sowie zudem durch die bestehende Bundesautobahn A 9 mit der Talbrücke M. weitgehend festgelegt. Defizite bei der Alternativenprüfung sind insoweit auch hinsichtlich der Trassenführung nicht erkennbar. Die Nullvariante hinsichtlich des Neubaubereichs wurde – unbeschadet der gesetzlichen Bedarfsfeststellung für den Neubau – von der Planfeststellungsbehörde im Übrigen auch dahingehend nachvollziehbar ausgeschieden, als für diesen Fall die defizitäre Situation in der Ortsdurchfahrt M. wegen der vorhandenen Bebauung im Wesentlichen unverändert bleiben müsste (vgl. Planfeststellungsbeschluss, S. 50). Für rechtserhebliche Mängel der fachplanerischen Alternativenprüfung ist hiernach insgesamt nichts ersichtlich.
1.3 Die gegen das Vorhaben in wasserwirtschaftlicher Hinsicht vorgebrachten Bedenken, namentlich die Bedenken der Klägerin hinsichtlich der Vernässung bzw. mangelhaften Entwässerung von deren landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, vermögen schon in tatsächlicher Hinsicht nicht durchzugreifen. Die in nicht hinreichend substanziierter Weise vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der ausreichenden Versickerungs- bzw. Abflussmöglichkeit für Regenwasser, die von der Klägerin lediglich behauptet und durch keinerlei sachverständige Untersuchungen untermauert wurden, konnte der Beklagte insbesondere durch fachliche Darlegungen zu den örtlichen Abflussverhältnissen, die auch mit dem zuständigen Wasserwirtschaftsamt abgestimmt worden sind, entkräften. Hinsichtlich der Expertise des Wasserwirtschaftsamts ist in der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anerkannt, dass dessen amtlichen Auskünften und Gutachten entsprechend seiner Stellung als wasserwirtschaftlicher Fachbehörde nach Art. 63 Abs. 3 Satz 1 und 2 BayWG 2010 eine besondere Bedeutung zukommt. Nachdem solche fachbehördlichen Aussagen auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen, haben sie grundsätzlich ein wesentlich größeres Gewicht als Expertisen von privaten Fachinstituten. Für nicht durch Aussagen sachverständiger Personen untermauerte Darlegungen bzw. bloße Behauptungen wasserwirtschaftlicher Art seitens Prozessbeteiligter – wie hier – gilt dies erst recht (vgl. nur BayVGH, B. v. 5.2.2016 – 8 ZB 15.1514 – juris Rn. 9 m. w. N.). Vorliegend wurden die örtlichen hydrologischen Verhältnisse dem Senat zudem im Rahmen des durchgeführten Ortsaugenscheins, bei dem auch ein Vertreter des Wasserwirtschaftsamts für fachliche Erläuterungen zur Verfügung gestanden hat, nachvollziehbar erläutert.
Dessen ungeachtet hat der Beklagte sich dazu bereit erklärt, im Hinblick auf die Einwendungen der Klägerin zur Entwässerungssituation am Dammfuß der Ausbaustrecke der B 289 im Bereich der klägerischen Grundstücke (ohne Inanspruchnahme klägerischer Grundstücke) eine Entwässerungsmulde (Mulden-Rigolen-System) sowie einen Wasserdurchlass (DN 800) zu erstellen und zu unterhalten (vgl. den Schriftsatz des Beklagten vom 16.3.2016, S. 3, sowie das in der mündlichen Verhandlung vom 14.4.2016 übergebene Schreiben des Wasserwirtschaftsamts H. vom 12.4.2016). Die insoweit zugunsten der Klägerin vorgesehenen zusätzlichen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen wurden von Beklagtenseite zudem im Rahmen des Ortsaugenscheins und unter Übergabe eines Lageplans im Einzelnen erläutert (vgl. Niederschrift über den Augenschein vom 5.8.2015, S. 4 f.). Dessen ungeachtet weiter fortbestehende Defizite im Bereich der Entwässerung hat auch die Klägerin nicht behauptet.
1.4 Für einen Abwägungsmangel im verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss namentlich im Hinblick auf eine Existenzgefährdung für den von der Klägerin geführten landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb ist nichts ersichtlich. Zum einen kommt es zulasten des Betriebs der Klägerin lediglich zu einem dauerhaften Flächenverlust von unter 3 Prozent. Zum anderen erscheint der landwirtschaftliche Nebenerwerbsbetrieb der Klägerin ohnedies nicht als dazu geeignet, als nachhaltige Erwerbsquelle zu dienen. Darüber hinaus kommt bei Nebenerwerbsbetrieben der Einwand der Existenzgefährdung oder -vernichtung ohnedies nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 9.9.2014 – 8 A 13.40047 – juris Rn. 18 m. w. N.). Für derartige besondere Umstände ist hier jedoch nichts ersichtlich.
1.4.1 Zulasten des Betriebs der Klägerin kommt es lediglich zu einem dauerhaften Flächenverlust in Höhe von unter 3 Prozent. Auf der Grundlage des seitens der Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Mehrfachantrags 2014, wonach sich die landwirtschaftlich genutzte Fläche im Jahr 2013 auf 48,06 ha und im Jahr 2014 auf 44,97 ha belaufen hat, ergibt sich ein Flächenverlust von 2,67 Prozent (bezogen auf das Jahr 2014). Von der Betriebsfläche der Klägerin werden für das planfestgestellte Vorhaben nämlich lediglich 12.037 m² (1,20 ha) dauerhaft in Anspruch genommen.
Bei einem Abtretungsverlust von – wie hier – weniger als 5 Prozent der Eigentumsflächen oder langfristig gesicherten Pachtflächen eines gesunden landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betriebs kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig auch ohne die Einholung eines landwirtschaftlichen Sachverständigengutachtens davon ausgehen, dass eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung oder -vernichtung nicht eintritt (vgl. BVerwG, U. v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 27 unter Bezugnahme auf BayVGH, U. v. 24.5.2005 – 8 N 04.3217 – VGHE 58, 155/164 m. w. N.). Diese 5-Prozent-Grenze ist im Übrigen auch dann eingehalten, wenn die Abtretungsverluste durch geeignete und vertretbare Angebote von Ersatzland, die der Klägerin vorliegend ungeachtet des Nichterreichens der 5-Prozent-Grenze seitens des Beklagten unterbreitet worden sind, unter dieser Grenze gehalten werden (vgl. BayVGH vom 24.5.2005 VGH n. F. 58, 155/164 f.). Defizite in der Vorgehensweise des Beklagten, der ein landwirtschaftliches Sachverständigengutachten vorliegend nicht eingeholt hat, bestehen insoweit nicht. Für das Vorliegen eines Sonderfalls ist nichts ersichtlich.
1.4.2 Hinzu kommt, dass der Betrieb der Klägerin, der einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb darstellt, nicht als dazu geeignet erscheint, als hinreichend nachhaltige Erwerbsquelle zu dienen. Bei Betrieben, die auch ohne Beeinträchtigung durch das Vorhaben nicht lebensfähig sind, ist eine vorhabenbedingte Existenzgefährdung regelmäßig zu verneinen (vgl. BVerwG, U. v. 14.4.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 28 m. w. N.). Nach eigenen Angaben der Klägerin hat ihr Betrieb für das insoweit offen gelegte Geschäftsjahr vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 einen betrieblichen Verlust von 29.132,40 € und einen steuerlichen Verlust von 19.107,56 € ausgewiesen. Insoweit kann nicht angenommen werden, dass es sich bei dem Nebenerwerbsbetrieb der Klägerin um einen auch längerfristig lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, der eine nachhaltige Einkommensquelle darstellt, die neben dem Arbeitseinkommen relevant ist. Ein derartiger Nebenerwerbsbetrieb genießt in der Abwägung der Planfeststellungsbehörde jedoch nicht das erforderliche Gewicht, um sich gegen die von der Behörde vorliegend angeführten Verkehrs- bzw. Verkehrssicherheitsbelange durchzusetzen. Schließlich kommt bei landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieben der Einwand der Existenzgefährdung oder -vernichtung ohnedies nur bei Vorliegen besonderer Umstände in Betracht (vgl. BayVGH, B. v. 9.9.2014 – 8 A 13.40047 – juris Rn. 18 m. w. N.; vgl. zum Ganzen auch BayVGH, U. v. 24.11.2010 – 8 A 10.40023 – juris Rn. 208 f.). Für derartige besondere Umstände ist hier jedoch nichts ersichtlich.
1.4.3 Nach allem kommt es auf die seitens des Beklagten aufgeworfene Frage, ob und inwieweit Einwendungen der Klägerin mit Blick auf eine fehlende Mitwirkungsbereitschaft der Klägerin im Verwaltungsverfahren hinsichtlich der Frage einer etwaigen Existenzgefährdung ihres landwirtschaftlichen Betriebs mindestens teilweise präkludiert sein könnten (vgl. Art. 73 Abs. 4 BayVwVfG), nicht mehr an.
2. Die Klägerin trägt als unterliegender Teil gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Nachdem die Beigeladene einen Antrag gestellt und damit ein Kostenrisiko übernommen hat (vgl. § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO), entspricht es der Billigkeit, dass die unterlegene Klägerin deren außergerichtliche Kosten trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 ZPO.
4. Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.


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