Baurecht

Prüfungsumfang bei Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Verfahren bei Anbau an ein denkmalgeschütztes Gebäude

Aktenzeichen  AN 9 K 16.01503

Datum:
13.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 14 Abs. 1 S. 1
BayBO BayBO Art. 2 Abs. 3 S. 1, Art. 10, Art. 28, Art. 30, Art. 54 Abs. 5, Art. 59, Art. 62, Art. 68 Abs. 4
DSchG Art. 6 Abs. 1, Abs. 2
BauVorlV § 7, § 8

 

Leitsatz

1 Es gehört nicht zum Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde bei der Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO, das Vorliegen der Voraussetzungen zum Brandschutz und zur Standsicherheit durch ein Bauvorhaben zu prüfen. (Rn. 35) (red. LS Andreas Decker)
2 Der von Art. 59 BayBO vorgegebene Prüfungsumfang ändert sich auch dann nicht, wenn es sich um ein Bauvorhaben handelt, das in der Nähe oder unmittelbar angrenzend an ein Baudenkmal errichtet werden soll. (Rn. 36) (red. LS Andreas Decker)
3 Im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO ist die Prüfung im Hinblick auf Brandschutz, Standsicherheit und Einstufung in die richtige Gebäudeklasse dem Nachweisverfahren gemäß Art. 62 BayBO überantwortet. (Rn. 49 und 50) (red. LS Andreas Decker)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Gegenstand des Verfahrens ist die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für die Aufstockung ihres Wohngebäudes vom 6. Juli 2016. Die vom Kläger als Nachbar erhobene Klage gegen diese Baugenehmigung könnte nur dann erfolgreich sein, wenn die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zumindest auch deshalb rechtswidrig ist, weil sie im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende nachbarschützende Vorschriften verletzt. Eine solche Verletzung prüfpflichtiger nachbarschützender Vorschriften zu Lasten des Klägers durch das Bauvorhaben ist hier aber nicht gegeben.
1. Da es sich bei dem genehmigten Vorhaben unstreitig nicht um einen Sonderbau handelt, findet hier das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO Anwendung, so dass sich der Prüfungsumfang für die Bauaufsichtsbehörde aus Art. 59 Satz 1 BayBO ergibt. Prüfungsgegenstand für die Bauaufsichtsbehörde waren demgemäß nach Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und seine Vereinbarkeit mit einschlägigen örtlichen Bauvorschriften, nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 BayBO, also hier die in Nr. 4 des Bescheids ausgesprochene Abweichung von Art. 6 Abs. 2 BayBO im Hinblick auf die Abstandsflächen nach Norden und Osten sowie die unter Nr. 5 des Bescheids ausgesprochene Abweichung von Art. 28 Abs. 2 BayBO wegen fehlender Brandwand im Osten gegenüber den Anwesen … und …, sowie nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 DSchG die Prüfung nach dem Denkmalschutzrecht, ob das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbildes oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprächen. Nicht Prüfungsgegenstand bei Erteilung der Baugenehmigung war demgegenüber die Einhaltung der Anforderungen an die Standsicherheit und den Brandschutz, welche im hier vorliegenden vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 Satz 2, 62 BayBO durch die Vorlage bautechnischer Nachweise erfolgt, wobei diese bautechnischen Nachweise gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauVorlV spätestens mit der Baubeginnsanzeige vorzulegen sind. Die Einhaltung der Voraussetzungen zur Standsicherheit und zum Brandschutz durch das Bauvorhaben erfolgt demgemäß allein durch die Vorlage der erforderlichen bautechnischen Nachweise, wobei die Bauaufsichtsbehörde nach Art. 62 Abs. 4 Satz 1 BayBO die bautechnischen Nachweise inhaltlich abgesehen von den Fällen des Art. 62 Abs. 3 BayBO, die hier aber nicht einschlägig sind, nicht prüft. Deshalb gehört es nicht zum Prüfungsumfang der Bauaufsichtsbehörde bei der Erteilung einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren, das Vorliegen der Voraussetzungen zum Brandschutz und zur Standsicherheit durch ein Bauvorhaben zu prüfen.
Etwas anderes gilt auch nicht, wenn es sich um ein Bauvorhaben handelt, das in der Nähe oder – wie im vorliegenden Fall – unmittelbar angrenzend an ein Baudenkmal errichtet werden soll. Zwar hat dann die Bauaufsichtsbehörde gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO, 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 DSchG auch die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit den Anforderungen des Denkmalschutzes zu prüfen und kann die Baugenehmigung, die insoweit die erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 DSchG ersetzt, verweigern, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbildes oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustandes sprechen. Dies bedeutet aber nicht, dass sich der Prüfungsumfang für die Bauaufsichtsbehörde bei Erteilung der Baugenehmigung über diese denkmalspezifischen Belange hinaus ändern würde, indem etwa Fragen des Brandschutzes oder der Standsicherheit des Gebäudes Prüfungsgegenstand würden. Denn zum einen ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber das Prüfungsverfahren im Hinblick auf Brandschutz und Standsicherheit dann verändern bzw. den Prüfungsumfang bei Erteilung der Baugenehmigung erweitern wollte, wenn das Bauvorhaben in der Umgebung eines Baudenkmals errichtet werden soll. Darüber hinaus gäbe es auch keinen Grund für ein solches Abweichen vom Prüfungsumfang im Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO, da die gerade auch dem Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Anwohner dienenden materiellen Voraussetzungen der Bayerischen Bauordnung zu Standsicherheit und Brandschutz etwa nach Art. 10 oder 28, 30 BayBO von jedem Vorhaben einzuhalten sind, so dass sich ein besonderer Schutz für Baudenkmäler, der auch verfahrensrechtlich über den jedem Gebäude vom Gesetzgeber zugebilligten Schutz im Hinblick auf mangelhafte Standsicherheit oder mangelhaften Brandschutz eines Bauvorhabens hinausginge, nicht erforderlich erscheint. Wenn ein Nachbar Zweifel daran hat, dass das auf dem Nachbargrundstück geplante Vorhaben hinreichend standsicher ist bzw. die Bestimmungen über den Brandschutz nicht einhält, so kann er dies durch Einsichtnahme in die spätestens mit der Baubeginnsanzeige vorzulegenden Nachweise selbst überprüfen bzw. durch Fachkundige überprüfen lassen und bei erkennbaren Mängeln sich an die Bauaufsichtsbehörde mit dem Antrag auf Einschreiten wenden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 21.4.2009 – 4 C 3/08) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (z.B. U.v. 24.1.2013 – 2 BV 11.1631, B.v. 17.7.2013 – 14 ZB 12.1153, B.v. 4.10.2016 – 9 ZB 14.1946) anerkannten Abwehrrecht eines Denkmaleigentümers gegen ein Bauvorhaben in der Umgebung des Denkmals, das eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit bedingt. Zum einen ist sich die obergerichtliche Rechtsprechung darüber einig, dass das hier maßgebliche Bayerische Denkmalschutzgesetz keinen allgemeinen Drittschutz zu Gunsten des Denkmaleigentümers enthält, anders als etwa das Hessische Landesdenkmalschutzgesetz in § 7 Abs. 1 Satz 2. Auch erfordert nach den genannten Entscheidungen das aus dem Eigentumsgrundrecht erwachsende Abwehrrecht des Denkmaleigentümers, das als Äquivalent zu den Erhaltungspflichten infolge der Denkmaleigenschaft besteht, dass das genehmigte Vorhaben die Denkmalwürdigkeit des benachbarten Anwesens erheblich beeinträchtigt. Denn es ist mit dem verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums nicht vereinbar, dem Eigentümer eines Kulturdenkmals einerseits Pflichten für dessen Erhaltung und Pflege aufzuerlegen, die mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden sein können, ohne ihm andererseits die Möglichkeit zu geben, rechtswidrige Beeinträchtigungen durch Vorhaben in seiner Umgebung, die seine Erhaltungsinvestitionen möglichweise entwerten, abwehren zu können (VGH B.v. 17.7.2013). Dieser besondere Nachbarschutz des Denkmaleigentümers im Hinblick auf die Abwehr möglicher Beeinträchtigungen seines Denkmals durch Bauvorhaben in der Umgebung besteht aber nach Auffassung der Kammer nur insoweit, als dem Denkmaleigentümer nicht andere Abwehrrechte, entweder aus dem zivilrechtlichen Eigentum oder aus der Verletzung nachbarschützender Rechte des Baurechts, zur Verfügung stehen. Denn die genannten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wie des Bundesverwaltungsgerichts betreffen jeweils Fälle, in denen die Wertigkeit und Wirkung eines Baudenkmals durch ein Bauvorhaben in dessen Umgebung beeinträchtigt werden konnte, wobei ein zivilrechtlicher oder baurechtlicher Schutz gegen eine Beeinträchtigung solcher spezifisch denkmalpflegerischen Belange regelmäßig nicht gegeben ist. Aus diesem Grund aber hat die Rechtsprechung hier direkt aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 GG einen entsprechenden Abwehranspruch entwickelt. Ein solches Abwehrrecht des Denkmaleigentümers im Hinblick auf direkte Substanzbeeinträchtigungen seines Denkmals, etwa durch eine Beschädigung seines Gebäudes infolge eines rechtswidrigen Anbaus, ist aber nicht nötig, denn einen solchen rechtswidrigen Eingriff kann dieser zivilrechtlich abwehren, darüber hinaus Risiken und Gefahren für sein Denkmal etwa infolge mangelnder Standsicherheit oder Nichteinhaltung der Brandschutzvorschriften durch das Bauvorhaben unter Berufung auf die entsprechenden materiellen Vorschriften der BayBO durch die Einschaltung der Bauaufsichtsbehörde verhindern. Insbesondere aber kann sich der Kläger hier nicht darauf berufen, dass zum Schutz seines Denkmals vor Beeinträchtigungen durch das Bauvorhaben eine Änderung des Prüfverfahrens nach der bayerischen Bauordnung und damit eine Erweiterung des Prüfungsumfangs im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach Art. 59 Satz 1 BayBO erforderlich wäre, um den unbeeinträchtigten Bestand seines Denkmals zu gewährleisten. Denn die Prüfung der Einhaltung der unverändert für alle Vorhaben geltenden materiellen Bestimmungen der BayBO zu Standsicherheit und Brandschutz durch die jeweils Nachweisberechtigten mit der sich aus Art. 62 BayBO ergebenden Qualifikation wird vom Gesetzgeber gerade als gleichwertig zur Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde angesehen und der im Nachweisverfahren nach § 62 BayBO eventuell bestehende Zeitdruck für den Nachbarn, die Nachweise zu prüfen bzw. prüfen zu lassen, wurde vom Gesetzgeber in Kauf genommen und dem Ziel, Entscheidungen über Baugenehmigungen in Bayern in möglichst kurzer Frist zu ermöglichen, untergeordnet. Die Vorschrift des Art. 59 BayBO i.V.m. Art. 62 BayBO ist eindeutig und abschließend und es besteht kein Erfordernis, hier den materiell wie tatsächlich wirksamen Schutz des klägerischen Anwesens vor einer Beschädigung durch das Bauvorhaben im Hinblick auf Verstöße gegen das Gebot der Standsicherheit oder die Voraussetzungen des materiellen Brandschutzes durch eine Erweiterung des Prüfungsumfangs im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu ergänzen und zu erweitern.
Entsprechendes gilt auch für die Frage, ob die Beigeladenen berechtigt sind, die vorhandene Nordwand des klägerischen Gebäudes in ihr Vorhaben einzubeziehen bzw. an diese anzubauen oder auf diese aufzubauen, da die Baugenehmigung nach Art. 68 Abs. 4 BayBO unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt wird und somit es dem Eigentümer des Nachbargrundstücks obliegt, gegebenenfalls zivilrechtlich unrechtmäßige Eingriffe in sein Eigentum abzuwehren. Da somit jedermann sein Eigentum gegen unrechtmäßige Beeinträchtigungen schützen kann, wenn auch im zivilrechtlichen Verfahren, besteht hier auch keine Notwendigkeit, für Baudenkmäler besondere verfahrensrechtliche Regelungen im Baugenehmigungsverfahren vorzusehen, um bereits vor Erteilung der Baugenehmigung abschließend zu prüfen, etwa in wessen Eigentum die nördliche Gebäudeabschlusswand des klägerischen Anwesens bzw. die südliche Gebäudeabschlusswand des Anwesens der Beigeladenen steht und ob es sich um eine Kommunwand oder um eine Wand im Eigentum einer der Parteien handelt.
2. Eine Verletzung prüfpflichtiger nachbarschützender Vorschriften zu Lasten des Klägers durch das Bauvorhaben liegt hier nicht vor:
Bauplanungsrechtlich bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der hier geplanten Wohnnutzung, nachdem die hier einschlägige einfache Bebauungsplan Nr. … als Art der Nutzung ein allgemeines Wohngebiet festsetzt. Im Übrigen wird auch das Gebäude des Klägers überwiegend wohngenutzt, eine Beeinträchtigung infolge der Art der Nutzung ist hier damit nicht gegeben.
Zum Maß der baulichen Nutzung enthält der Bebauungsplan keine Festsetzungen, so dass die Prüfung hier nach § 34 Abs. 1 BauGB zu erfolgen hat. Danach fügt sich das Bauvorhaben zum einen in die in der Umgebung vorhandene Bebauung ein, dies gilt sowohl hinsichtlich des Bauvolumens, der Geschosszahl, der Dachform und der Dachneigung, da entsprechende Gebäude in der Umgebung bereits vorhanden sind. Dies gilt aber auch hinsichtlich der Errichtung des Gebäudes auf den vier Grundstücksgrenzen, da im hier maßgeblichen Bereich geschlossene Bauweise vorherrscht und insbesondere auch das Wohngebäude des Klägers auf allen vier Seiten auf der Grundstücksgrenze errichtet wurde.
Auch das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme wird hier durch das Bauvorhaben zu Lasten des Grundstücks des Klägers nicht verletzt. Soweit es sich um den Anbau an die nördliche Außenwand des klägerischen Gebäudes handelt, so wird das geplante und genehmigte Gebäude sowohl von der Wand wie von der Firsthöhe niedriger ausfallen als das vorhandene Gebäude des Klägers. Zudem weist das geplante Vorhaben keine Gauben oder Dachaufbauten auf der südlichen Dachseite auf, es liegt auch im Wesentlichen nördlich des klägerischen Anwesens, so dass die Einbuße an Besonnung und Belichtung einerseits an sich sehr gering ausfallen und im Übrigen jedenfalls deutlich geringer als die entsprechende Belastung des Grundstücks der Beigeladenen durch das vorhandene Gebäude des Klägers. Zwar gehören die Abstandsflächen nicht zum Prüfungsumfang im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, allerdings zeigt auch die Prüfung der wechselseitig vom Baugrundstück auf das Grundstück des Klägers und umgekehrt fallenden Abstandsflächen, dass insofern das Grundstück der Beigeladenen vom Grundstück des Klägers erheblich stärker in Anspruch genommen wird als dies durch das Bauvorhaben im Hinblick auf das Anwesen des Klägers geschieht. Zudem besitzt das Gebäude des Klägers mehrere Gauben nahe an der Grundstücksgrenze auf der Nordseite, während das Dach des geplanten Vorhabens nach Süden zu geschlossen ausgeführt werden soll. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf Besonnung und Belichtung und Belüftung oder dem Belang des Wohnfriedens ist durch das Bauvorhaben somit nicht gegeben.
Das Rücksichtnahmegebot wird durch das Bauvorhaben auch nicht im Hinblick auf den Umgebungsschutz des Denkmaleigentümers nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 DSchG verletzt, da eine erhebliche Beeinträchtigung der Denkmalwürdigkeit des klägerischen Anwesens durch das Bauvorhaben hier nicht gegeben ist. Zwar wird unmittelbar an die nördliche Außenwand des Denkmals angebaut und auch die Nordansicht des Denkmals durch das genehmigte Gebäude zu einem erheblichen Teil verdeckt. Allerdings stand historisch an der Stelle, an der das gegenständliche Vorhaben errichtet werden soll, bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg immer ein Gebäude, das vom Volumen und von der Höhe mindestens dem jetzt geplanten Vorhaben entsprochen hat. Zudem ist die nördliche Außenwand des klägerischen Anwesens schlicht und schmucklos sowie ohne Fenster, so dass ein Anbau in der historischen Dimension hier zu keiner relevanten Beeinträchtigung des Denkmals in seiner Wirkung führt. Im Übrigen ist es im eng bebauten Bereich der … Altstadt, insbesondere im hier vorliegenden …, zwangsläufig so, dass auf Grund der Nähe der Gebäude zu einander auch Einzeldenkmäler durch den planungsrechtlich möglichen und am vorliegenden Standort auch städtebaulich gebotenen Anbau eines mehrgeschossigen Gebäudes mit Satteldach in ihrer freien Wirkung zumindest auf einer Seite eingeschränkt werden. Hinzu kommt aber insbesondere die Tatsache, dass das jetzt geplante und genehmigte Bauvorhaben gegenüber dem bestehenden, bestandskräftig genehmigten Bau eine deutliche Verbesserung der Situation sowohl für das Baudenkmal als auch für die Umgebung des Bauvorhabens bedeutet. Die hier vorhandene Lücke stellt städtebaulich einen Missstand dar, die provisorisch wirkende Bauausführung und Überdachung des Bestandsgebäudes beeinträchtigt die Ansicht des Baudenkmals in größerem Umfang als dies durch das genehmigte Vorhaben zu erwarten ist. Zudem hat die zuständige Fachbehörde, die Untere Denkmalschutzbehörde der Beklagten, die Denkmalverträglichkeit des gegenständlichen Vorhabens geprüft und bejaht, wobei die von der Denkmalschutzbehörde geforderten Änderungen in die Baugenehmigung aufgenommen wurden. Damit scheidet eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme auch im Hinblick auf ein eventuelles spezifisch denkmalschutzrechtliches Abwehrrecht hier aus.
Da aber aus der Denkmaleigenschaft weitere nachbarschützende Rechtspositionen nicht ableitbar sind, kann die Klage auch nicht im Hinblick auf die nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 DSchG durchgeführte Prüfung und Einbeziehung der denkmalrechtlichen Anforderungen an das Bauvorhaben erfolgreich sein.
3. Die nach Art. 59 Satz 1 Nr. 2 BayBO prüfpflichtigen, in der Baugenehmigung enthaltenen Abweichungen führen ebenfalls nicht zu einer Rechtsverletzung des Klägers. Soweit in Nr. 4 des angefochtenen Bescheids vom 6. Juli 2016 Abweichung wegen der Lage der Abstandsflächen nach Norden und nach Osten zugelassen wurde, so betrifft dies das klägerische Anwesen weder unmittelbar noch mittelbar, zumal ein Anbaurecht an die an der Grundstücksgrenze vorhandene Wand bauplanungsrechtlich nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO für die Beigeladenen gegeben ist.
Soweit in Nr. 5 des angefochtenen Bescheids Abweichung zugelassen wird wegen der fehlenden Brandwand im Osten gegenüber den Anwesen … und … liegt eine Beeinträchtigung oder Gefährdung des Anwesens des Klägers ebenfalls nicht vor, da nach Süden hin zu seinem Anwesen hin gerade von der erforderlichen Brandwand nicht im Wege der Abweichung abgesehen wurde.
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung, weil diese auf Grund unvollständiger Bauvorlagen zu unbestimmt wäre. Zwar ist anerkannt, dass eine Baugenehmigung aufzuheben ist, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann (VGH, B.v. 28.12.2016 – 9 ZB 14.2853, B.v. 16.4.2015 – 9 ZB 12.205). Ein derartiger Mangel liegt hier aber nicht vor.
In Übereinstimmung mit der Bauaufsichtsbehörde der Beklagten ist die Kammer der Auffassung, dass die hier mit dem Bauantrag vorgelegten und den Genehmigungsstempel tragenden Bauvorlagen jedenfalls im Hinblick auf die Beurteilung einer möglichen Verletzung nachbarschützender Rechte, soweit diese im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens Prüfgegenstand sind, die erforderlichen Unterlagen nach der Bauvorlagenverordnung enthalten. Der nach § 7 BauVorlV vorzulegende Lageplan und Auszug aus dem Katasterwerk wird von der Klägerseite nicht substantiiert angegriffen und entspricht soweit ersichtlich den Erfordernissen, zumal im Hinblick auf prüfpflichtiges nachbarschützendes Baurecht. Aber auch die Bauzeichnungen nach § 8 BauVorlV sind hier ausreichend, um eine mögliche Verletzung nachbarschützender Rechte im Rahmen des Prüfungsumfangs bei der Erteilung der hier gegenständlichen Baugenehmigung hinreichend beurteilen zu können. Denn in den genehmigten Bauvorlagen sind Grundrisse aller Geschosse vorhanden, die die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BauVorlV erforderlichen Angaben ersichtlich enthalten. Auch die Zeichnung „Querschnitt“ entspricht im Hinblick auf die erforderlichen Mindestangaben dem § 8 Abs. 1 Nr. 2 BauVorlV, insbesondere ist dort die Gründung der geplanten baulichen Anlagen sowie die Gründung der nördlichen Außenwand des klägerischen Anwesens (a), der Anschnitt der Geländeoberfläche, die Höhe der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist über der geplanten Geländeoberfläche (e), der Verlauf der Treppen und Rampen mit Steigungsverhältnis (f) sowie Wandhöhe (g), Dachhöhen und Dachneigungen enthalten. Die den Genehmigungsstempel tragenden Planzeichnungen „Ansicht von Osten“ und „Ansicht von Norden“ enthalten die notwendigen Mindestangaben nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 BauVorlV. Auch die Angaben nach § 8 Abs. 3 BauVorlV sind, soweit sie im Hinblick der Beurteilung einer möglichen Verletzung nachbarschützender prüfpflichtiger Rechte erforderlich sind, vorhanden.
Die Einwendungen des Klägers, insbesondere auf Grund der vorgelegten Gutachten und auf Grund der Angaben des Gutachters in der mündlichen Verhandlung, beziehen sich demgegenüber nach Auffassung der Kammer nicht darauf, dass in den genehmigten Bauvorlagen die erforderlichen Angaben fehlen; vielmehr zielen die Angaben der Klägerseite im Wesentlichen darauf ab, die Richtigkeit der in den Bauvorlagen enthaltenen Zeichnungen in Zweifel zu ziehen bzw. darzulegen, dass die Ausführung des Bauvorhabens in der genehmigten Form tatsächlich oder rechtlich nicht möglich wäre. Die Einwendungen der Klägerseite beziehen sich insofern einmal auf die angeblich fehlende Standsicherheit des Bauvorhabens wie auf den unzureichenden Brandschutz. Beide Punkte sind aber bei Erteilung der Baugenehmigung nicht zu prüfen, sondern im hier vorliegenden vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 62 BayBO spätestens bis zur Einreichung der Baubeginnsanzeige durch den entsprechenden fachkundigen Nachweis zu belegen. Aus den genehmigten Bauvorlagen lassen sich nach Auffassung der Kammer, die sich insoweit mit der Auffassung der Bauaufsichtsbehörde deckt, die notwendigen Angaben zum geplanten Vorhaben entnehmen, soweit darüber hinaus Fragen der Standsicherheit oder des Brandschutzes auf Grund der vorgelegten Bauzeichnungen vom Kläger und den von ihm beauftragten Sachverständigen in Zweifel gezogen werden, so ist die Prüfung im Hinblick auf Brandschutz und Standsicherheit gerade nicht dem Baugenehmigungsverfahren, sondern dem Nachweisverfahren vorbehalten. Zu Recht hat der Beklagtenvertreter darauf hingewiesen, dass im Nachweisverfahren eine Änderung der Bauausführung ebenso wie die Erteilung von Abweichungen beantragt werden kann, so dass das Bauvorhaben nicht allein in der jetzt dargestellten Form, sondern gegebenenfalls auch mit tatsächlichen Änderungen oder auf Grund von Abweichungen mit rechtlichen Erleichterungen errichtet werden kann. All dies ist aber ausdrücklich vom Gesetzgeber dem Nachweisverfahren vorbehalten, damit aber nicht Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens, so dass sich auch aus diesen Punkten keine erhöhten Anforderungen an den Inhalt der Bauvorlagen ergeben. Damit war auch die beantragte Beweiserhebung, da nicht zum Prüfungsumfang der Baugenehmigung gehörig, nicht erforderlich, eine Prüfung der Standsicherheit und des Brandschutzes erfolgt hier wie vom Gesetzgeber vorgesehen erst nach Erteilung der Baugenehmigung und vor Baubeginn.
Die Kammer ist auch nicht der Auffassung, dass die genehmigten Bauvorlagen im relevanten Umfang Widersprüche aufweisen, insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben auf Grund sich widersprechender Darstellungen in den Bauvorlagen so nicht errichtet werden könnte. Soweit dies von der Klägerseite ursprünglich behauptet wurde, hat sich nach Auffassung der Kammer insbesondere durch die Befragung des vom Kläger mitgebrachten Sachverständigen ergeben, dass es sich nicht um zeichnerische Widersprüche handelt, die die Funktionsfähigkeit der Bauvorlagen in Frage stellen. Vielmehr hat der Sachverständige Zweifel daran geäußert, ob bei einer Umsetzung des Vorhabens entsprechend der Darstellung die Standsicherheit gewährleistet wäre. Dies aber ist gerade nicht Prüfgegenstand bei der Baugenehmigung, insofern können auch nachbarliche Rechte des Klägers im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nicht beeinträchtigt werden. Soweit der Kläger ausführte, die Darstellungen in den Bauvorlagen wiesen Unterschiede zum vorhandenen Bestand auf, so fehlen nach Auffassung der Kammer Belege dafür, dass dies in einem relevanten Umfang der Fall wäre. Soweit eine Abweichung der dargestellten Geländeoberfläche, insbesondere der Treppenanlage zu dem tatsächlich vorhandenen Gelände gerügt wird, so betragen diese Abweichungen ersichtlich nur wenige Zentimeter und es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich daraus Zweifel an der Umsetzbarkeit des Vorhabens einerseits oder an der Frage einer Beeinträchtigung nachbarschützender prüfpflichtiger Rechte des Klägers andererseits ergeben sollten. Denn ungeachtet davon, ob die Treppenanlage exakt zutreffend oder um einige Zentimeter zu hoch oder zu niedrig dargestellt wurde, würde sich dies im Hinblick auf das klägerische Anwesen nicht auswirken, da sich am Höhenverhältnis zwischen der nördlichen Außenwand des klägerischen Gebäudes und der südlichen Außenwand des Bauvorhabens nichts ändern würde. Im Übrigen wird nicht vorgetragen, dass die Höhenlage der Straße …, die wohl die maßgebliche Höhe für die Einteilung des Gebäudes in die richtige Gebäudeklasse bedingt, nicht zutreffend wäre. Abgesehen davon, dass nach Auffassung der Kammer vieles dafür spricht, dass hier für die Gebäudeklasse im Hinblick auf den Zweck der Einteilung nach der Gebäudehöhe im Sinn des Art. 2 Abs. 3 Satz 2 BayBO die Anleiterbarkeit durch die Feuerwehr ist, so dass mangels einer anderen Zufahrt hier nur die Straße am … in Frage kommt und damit auch Ausgangspunkt für die Feststellung der maßgeblichen Gebäudehöhe zur Bestimmung der Gebäudeklasse sein dürfte, ist hier eine Gebäudeklasse im Bauantrag angegeben wie von der Bauvorlagenverordnung verlangt. Dass diese unzutreffend wäre, ist für die Kammer einerseits nicht ersichtlich, andererseits ist die Prüfung der richtigen Gebäudeklasse ebenfalls im Rahmen des Nachweisverfahrens durch den Nachweisberechtigten durchzuführen und zu bestätigen.
Damit liegt nach Auffassung der Kammer eine Verletzung prüfpflichtiger nachbarschützender Rechte des Klägers durch das Bauvorhaben nicht vor. Die Klage war demgemäß abzuweisen.
5. Die Berufung war hier nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt. Insbesondere geht die Kammer nicht davon aus, dass die Rechtssache hier grundsätzliche Bedeutung hat, da es sich um einen eher untypischen Einzelfall handelt.
6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1 VwGO.
Die Kosten der Beigeladenen waren hier nicht dem Kläger aufzuerlegen, da die Beigeladenen ausdrücklich keinen eigenen Antrag gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen haben, § 162 Abs. 3 VwGO.
Der Streitwert ergibt sich aus § 52 Nr. 1 GKG.


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