Baurecht

Schadensersatz, Erfolgsaussicht, Berufung, Mietvertrag, Rechtsanwaltskosten, Vergleich, Zahlung, Befristung, Verletzung, Vorhaben, Auslegung, Erstattung, Schadenersatz, Zeitpunkt, vorgerichtlicher Anwaltskosten, Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten, rechtliche Grundlage

Aktenzeichen  3 U 2210/21

Datum:
19.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 27743
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 162, § 535, § 542

 

Leitsatz

Zur Abgrenzung von Zweckbefristung und auflösender Bedingung eines Mietvertrags.

Verfahrensgang

17 O 488/21 2021-05-20 Urt LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 20. Mai 2021, Az. 17 O 488/21, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Ansprüche wegen Sanierungsarbeiten, einem deshalb zeitweise errichteten Stützgerüst und einem in diesem Zusammenhang getroffenen gerichtlichen Vergleich.
Die Beklagten sind Eigentümer des Grundstücks N…(Ort), J… straße 34, welches mit einem in der Mitte des 15. Jahrhunderts errichteten Gebäude bebaut ist. Das Gebäude steht u.a. wegen seiner Fachwerkkonstruktion unter Denkmalschutz; in der näheren Umgebung sind im Boden Siedlungsspuren aus dem 13. Jahrhundert anzutreffen. Das dem Kläger gehörende Grundstück J… straße 36 ist infolge kriegsbedingter Zerstörungen seit dem 2. Weltkrieg unbebaut und wurde vom Kläger als Kfz-Abstellplatz entgeltlich vermietet.
Der Kläger hat im Rechtsstreit vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth 12 O 3421/14 Zahlung von Schadenersatz und Nutzungsentschädigung von den Beklagten gefordert, weil sich im Zuge des Abbruchs der vorhandenen Giebelmauer des früher auf seinem Grundstück errichteten Gebäudes zeigte, dass ein Einsturz des Gebäudes der Beklagten drohte, und deshalb auf seinem Grundstück im Dezember 2013 eine externe Stützkonstruktion errichtet werden musste. Die hiesigen Beklagten hatten im später dort hinzuverbundenen Rechtsstreit 12 O 3662/14 vom hiesigen Kläger Beseitigung des Mauerrests und Schadensersatz wegen der angefallenen Kosten der Stützkonstruktion einschließlich der Betonstreifenfundamente begehrt. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2015 schlossen die Parteien einen Vergleich, dass die Beklagten gegen Zahlung von 1.400,00 € auch die Reste der Mauer des Klägers beseitigen und der Kläger den Beklagten ab dem 1. Januar 2016 sein Grundstück zur Durchführung der Renovierungsarbeiten am Grundstück der Beklagten gegen Zahlung von monatlich 550,00 € zur Verfügung stellt.
Mit Schreiben seines nunmehrigen Prozessbevollmächtigten vom 14. September 2017 hat der Kläger die Gestattung der Nutzung widerrufen lassen und Entfernung der Stützkonstruktion bis ein 30. Oktober 2017 sowie Vorlage einer Genehmigung der Bau- und Denkmalschutzbehörde bis zum 30. September 2017 verlangt. Die Beklagten haben die Schlüssel zum Grundstück des Klägers am 31. August 2018 zurückgegeben; inwieweit sie ihrer Pflicht zum Rückbau entsprochen haben, war in erster Instanz zwischen den Parteien streitig. Mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2020 verlangte der Kläger durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten die Vornahme weiterer Beseitigungshandlungen.
Das Landgericht hat die Beklagten im angegriffenen Endurteil verurteilt, die noch vorhandenen Betonfundamente fachgerecht und auf ihre Kosten zu entfernen und die Pflicht der Beklagten zum Ersatz eines deswegen nach dem 1. September 2020 entstehenden Schadens festgestellt. Die Klage auf Zahlung von 13.760,00 € als weitergehende Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. August 2020 hat das Landgericht abgewiesen, da in diesem Zeitraum der Mietvertrag, welcher durch den Vergleich begründet worden sei, ungekündigt fortbestanden habe, so dass er Ersatz wegen vorenthaltungsbedingter Schäden o.Ä. nicht schulde; das dort vereinbarte Entgelt hätten die Beklagten entrichtet. Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.142,14 € könne der Kläger ebenfalls nicht verlangen, weil diese Kosten zu einem Zeitpunkt ausgelöst worden seien, in dem die Rückbauverpflichtung noch nicht verletzt worden sei. Die auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten gerichtete Widerklage hat das Landgericht ebenfalls abgewiesen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger die abgewiesenen Klageanträge weiter. Er wiederholt und vertieft hierzu sein tatsächliches und rechtliches Vorbringen. Das Landgericht habe unter Verletzung von Verfahrensrecht und auch sachlich fehlerhaft die Vergleichsvereinbarung unzutreffend als Mietvertrag qualifiziert; Inhalt des Vergleichs sei lediglich die Pflicht zur endgültigen und fachgerechten Abtragung der Mauerreste gewesen. Selbst wenn ein Mietvertrag gegeben wäre, sei dieser nicht, wie vom Landgericht angenommen, im Hinblick auf die Sanierungsmaßnahmen am Grundstück der Beklagten zweckbefristet, da der Eintritt des Ereignisses als solcher ungewiss sei, sei das Mietverhältnis auf unbefristete Zeit und auflösend bedingt geschlossen. Der Kläger habe daher ordentlich kündigen können. Der Kläger habe auf seine Nachfragen zum Fortgang der Sanierungsbemühungen keine Antwort erhalten, sodass sich für ihn der Eindruck verstärken musste, die Beklagten würden an eine bauliche Wiederherstellung der Standsicherheit der einsturzgefährdeten Giebelwand des Anwesens überhaupt nicht denken.
Die Beklagten verteidigen die angegriffene Entscheidung, soweit sie zu ihren Gunsten ergangen ist. Der gerichtliche Vergleich enthalte ausdrücklich die Regelung, dass den Beklagten das Grundstück zur Durchführung der Renovierungsarbeiten zur Verfügung über die Abbrucharbeiten der Westmauer hinaus gestellt werde. Zweck der Gebrauchsüberlassung sei gewesen, ihnen die notwendigen Sanierungsarbeiten zu ermöglichen. Eine frühere Rückgabe des Grundstücks sei wegen der Einsturzgefahr weder tatsächlich noch rechtlich möglich gewesen. Unerheblich sei, dass die Beklagten eine Verpflichtung zur Renovierung nicht getroffen habe.
II.
Die zulässige Berufung erscheint dem Senat nach einstimmiger Auffassung unbegründet und ohne Erfolgsaussicht.
1. Zutreffend ist der gedankliche Ausgangspunkt des Landgerichts, dass der Kläger für den Zeitraum Januar 2018 bis August 2020 lediglich die (unstreitig bereits von den Beklagten geleistete) Zahlung i.H.v. 550,00 € monatlich verlangen kann, nicht aber weitergehende Ansprüche besitzt, wenn das Mietverhältnis in dieser Zeit fortbestanden hat. Ansprüche aufgrund von § 546 a BGB oder anderen gesetzlich Anspruchsgrundlagen würden voraussetzen, dass das zur Gebrauchsüberlassung berechtigende Rechtsverhältnis, welches die Entgeltansprüche des Klägers abschließend regelte, vor dem 1. Januar 2018 geendet hat. Hieran fehlt es.
2. Das Landgericht hat die Regelung im 3. Absatz der Ziffer II. des gerichtlichen Vergleichs vom 15. Juli 2015 zutreffend als Mietvertrag qualifiziert, der für die notwendige Dauer der Sanierungsarbeiten auf dem Grundstück der Beklagten befristet bestehen sollte.
a. Die Parteien haben mit dieser Regelung einen Mietvertrag geschlossen.
aa) Wie § 535 BGB zeigt, bestehen die charakteristischen Merkmale eines Mietvertrags darin, dass die eine Partei der anderen den Gebrauch einer (unbeweglichen oder beweglichen) Sache auf Zeit gestattet und diese hierfür ein Entgelt zu errichten hat. Vereinbaren die Parteien derartiges, finden auf ihre Abrede grundsätzlich die §§ 535 ff. BGB Anwendung; die Einzelheiten bestimmen sich nach dem (ausdrücklich geäußerten oder anhand der erkennbaren Interessenlage zu erschließenden) Willen der Parteien, soweit die gesetzlichen Bestimmungen ihrer Disposition unterliegen.
bb) Derartige Pflichten haben die Parteien wechselseitig begründet, auch wenn in dem Vergleich nicht die in § 535 BGB enthaltenen Begriffe verwendet wurden, sondern von „zur Verfügung stellen“ und „Nutzungsentschädigung“ die Rede ist. Entscheidend ist, dass die Beklagten die im Eigentum des Klägers stehende Grundstücksfläche für ihre Zwecke nutzen dürften sollten und im Gegenzug eine Geldleistung zu erbringen hatten.
cc) Unerheblich ist, dass nach Darstellung des Klägers dieser Teil der Vereinbarung nur zustande gekommen ist, weil die Beklagten vorgebracht hatten, infolge der Abbrucharbeiten des Klägers habe sich die Erforderlichkeit dieser Notsicherung gezeigt. Die Motive und Hintergründe eines Vertragsschlusses können zwar für dessen Auslegung und Einordnung von Abreden von Bedeutung sein. Relevantes würde sich jedoch daraus nicht ergeben. Insbesondere wollten die Parteien durch die vergleichsweise Regelung ihre Beziehungen ungeachtet der Frage danach, welche Rechte und Pflichten kraft Gesetzes z.B. wegen des Hammerschlag- und Leiterrechts zwischen ihnen bestanden, rechtsgeschäftlich neu regeln. Zu diesem Zweck wurden, was ökonomisch sachgerecht erschien, die Beklagten verpflichtet, Abbrucharbeiten auf dem klägerischen Grundstück vorzunehmen, und eine klare rechtliche Grundlage für die Stützkonstruktion auf diesem Grundstück geschaffen.
dd) Der gerichtliche Vergleich enthält daher in Ziffer I. zwei grundsätzlich verschiedene Regelungsteile, nämlich zum einen die (werkvertraglich einzuordnende) Verpflichtung der Beklagten, die Mauerreste des Klägers gegen eine Kostenbeteiligung i.H.v. 1.400,00 € abzutragen, und zum anderen die (mietvertraglich zu qualifizierende) Verpflichtung des Klägers, den Beklagten die Nutzung seines Grundstücks für die Stützkonstruktion gegen monatliches Entgelt i.H.v. 550,00 € für die Dauer (“zur Durchführung“) der Renovierungsarbeiten zu gestatten.
Die mietvertragliche Überlassungspflicht sollte dabei ausdrücklich die Zeitphase nach dem 1. Januar 2016 erfassen. Dies ergibt sich nicht nur aus den im Vergleich genannten, in sich konsistenten Datumsangaben, und der Differenzierung zwischen Abbrucharbeiten einerseits und „Renovierungsarbeiten am Grundstück der Beklagten“ andererseits, sondern wird besonders deutlich durch das Wort „auch“.
Die Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung für die Zeit der Sanierungsmaßnahmen der Beklagten auf ihrem Grundstück folgt damit unmittelbar aus dem Inhalt dieses Vergleichs, den der Kläger selbst in das Verfahren eingeführt hat. Der beigezogenen Akte 12 O 3421/14 ist Gegenteiliges nicht zu entnehmen; aus ihr ergibt sich lediglich, dass der Vater des Klägers und sodann der Kläger als dessen Rechtsnachfolger finanziellen Ausgleich dafür begehrte, dass er das Grundstück infolge der Stützkonstruktion nicht länger für 550,00 € im Monat an einen Waffenhändler vermieten konnte. Welche abweichenden Bekundungen die Zeugin E…(Name) angesichts der gesicherten Urkundenlage machen können soll, lässt die Berufungsbegründung nicht erkennen.
b) Das Landgericht hat den Mietvertrag auch zutreffend als einen solchen eingeordnet, der auf eine bestimmte Zeit – nämlich für die Dauer der Sanierungsarbeiten am Gebäude der Beklagten – geschlossen ist, sodass eine ordentliche Kündigung durch den Kläger rechtlich ausgeschlossen war (vgl. § 542 Abs. 1 u. 2 BGB).
aa) Ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit i.S.v. § 542 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn das Mietverhältnis nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien bzw. deren zugrundeliegendem Willen nach Ablauf einer bestimmten Zeit ohne weitere Erklärung enden soll. Dies ist der Fall, wenn die Mietzeit entweder auf eine Kalenderzeit festgelegt ist oder zwar eine kalendermäßig bestimmte Zeit fehlt, die Mietzeit aber durch ein im Voraus bestimmtes gewisses Ereignis begrenzt wird (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 542 Rn. 163). Letzteres ist auch gegeben, wenn sich die Mietzeit nach einem von vornherein zeitlich begrenzten Gebrauchszweck des Mieters richtet (Zweckbefristung), z.B. für die Dauer einer Saison, der Messe, eines Semesters (BeckOK BGB/Wiederhold, 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 542 Rn. 5). Ausreichend ist dabei, dass feststeht, dass das bestimmte Ereignis, mit dem der Zweck entfällt, überhaupt eintreten wird (BeckOGK/Mehle, 1.4.2021, BGB § 542 Rn. 109) und damit die Dauer bestimmbar ist (MüKoBGB/Bieber, 8. Aufl. 2020, BGB § 542 Rn. 22). Eine Begrenzung durch ein im Voraus bestimmtes, gewisses Ereignis stellt eine Zeitbestimmung i.S.d. § 163 BGB damit auch dann dar, wenn der genaue Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses noch unsicher ist (so Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 542 Rn. 163: „für die Dauer des Studiums‟: das Mietverhältnis endet dann ohne weiteres mit dem Studienabschluss; Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 542 Rn. 185; Staudinger/Rolfs (2021), § 542 Rn. 140; BeckOK MietR/Bruns, 24. Ed. 1.5.2021, BGB § 542 Rn. 230; dahin neigend auch BeckOGK/Mehle, 1.4.2021, BGB § 542 Rn. 109; ablehnend BeckOK BGB/Wiederhold, 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 542 Rn. 5, da wegen der großen zeitlichen Schwankungsbreite kein bestimmbarer Zeitraum mehr gegeben sei; der Grad der Unsicherheit hinsichtlich des Eintrittszeitpunkts kann aber die formale Bestimmbarkeit nicht in Frage stellen).
Abzugrenzen sind solche Befristungen jedoch von (auflösenden) Bedingungen; bei ihnen ist auch ungewiss, ob das Ereignis überhaupt eintritt. Ob eine Befristung oder eine Bedingung gegeben ist, richtet sich nach den Vorstellungen der Parteien im Einzelfall; maßgeblich ist, ob sich die (beiden) Parteien den Eintritt des Ereignisses als sicher (dann Befristung) oder nur als möglich (dann Bedingung) vorstellen. So liegt eine Befristung vor, wenn der Eintritt des Ereignisses nach den Vorstellungen der Parteien konkret bevorsteht; eine Bedingung ist dagegen z.B. anzunehmen, wenn die Vertragsgestaltung nur deshalb gewählt wird, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Ereignis eintritt und sich dann Folgen ergeben (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 1. April 2009, XII ZR 95/07, NZM 2009, 433, Rn. 12, 17; Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 542 Rn. 165; Blank/Börstinghaus/Blank/Börstinghaus, 6. Aufl. 2020, BGB § 542 Rn. 187; Staudinger/Rolfs (2021), § 542 Rn. 140).
Auflösende Bedingungen führen zwar die Beendigung des Mietverhältnisses ohne Weiteres herbei, doch ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen und damit ordentlich kündbar, sofern nicht aus dem Willen der Parteien hervorgeht, dass eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sein soll (BGH, Urteil vom 1. April 2009, XII ZR 95/07, NZM 2009, 433, Rn. 13 f.).
bb) Der Zeitpunkt, in dem Sanierungsmaßnahmen an einem bestimmten Objekt abgeschlossen sind, ist objektiv feststellbar. Nach Lage der Dinge hatten auch die Parteien konkret diejenigen Sanierungsmaßnahmen vor Augen, die geboten waren, um dem Objekt der Beklagten, insbesondere der Mauer zum Grundstück des Klägers hin, die gebotene eigene Standfestigkeit zu verleihen, nachdem infolge des Abbruchs der Mauer des Klägers deren Instabilität bemerkt wurde. Es spricht auch nichts dafür, dass die Parteien die Möglichkeit erwogen hatten, dass diese Arbeiten niemals abgeschlossen würden. Vielmehr gingen beide, auch wenn eine Verpflichtung der Beklagten nicht begründet wurde, davon aus, dass sich die anstehende Sanierungsmaßnahme einem Ende zuführen lassen werde, jedenfalls dann, wenn sie in der gebotenen Weise betrieben wird.
Dies spricht dafür, dass die Parteien von einem Ereignis ausgegangen sind, dessen genauer Eintrittszeitpunkt zwar nicht abzusehen, mit dessen Eintritt aber sicher zu rechnen war. Damit liegt eine Zeitbestimmung und Zweckbefristung vor.
cc) Die Beklagten hatten auch erkennbar ein essenzielles Interesse daran, sich ein Besitz- und Nutzungsrecht hinsichtlich des Grundstücks des Klägers für die Dauer der anstehenden Sanierungsarbeiten zu sichern. Dies wäre durch ein ordentliches Kündigungsrecht des Klägers (als einziger Beendigungsgrund oder auch nur neben einer auflösenden Bedingung) jedenfalls weitgehend konterkariert worden. Zwar hätten sich die Beklagten für eine Duldungspflicht i.S.v. § 1004 Abs. 2, § 986 Abs. 2 BGB möglicherweise weiter auf gesetzliche Ansprüche wie z.B. ein Hammerschlag- und Leiterrecht, das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis oder Notrechte berufen können; ob und wie weit ein Nutzungsrecht danach besteht, musste aber unsicher erscheinen und es wäre jedenfalls eine erneute Auseinandersetzung mit dem Kläger zu erwarten gewesen, die sie ersichtlich vermeiden wollten.
dd) Für den Kläger brachte eine derartige Zweckbefristung keine entscheidenden Nachteile. Insbesondere erhielt er ein laufzeitabhängiges Entgelt, welches die ihm entstehenden Nachteile jedenfalls teilweise ausglich; die zugesagte Nutzungsentschädigung deckte sich mit der behaupteten entgangenen Miete. Durch die Kopplung der Laufzeit an die Sanierungsarbeiten war auch grundsätzlich sichergestellt, dass die Beklagten sein Grundstück nur so lange nutzen durften, wie dies erforderlich war. Der Kläger war daher zwar mit dem Risiko belastet, wie lange sich aufgrund der Komplexität und des Umfangs der Maßnahme deren Durchführung hinzieht, doch wurde dies durch das Entgelt weitgehend kompensiert. Für den Fall, dass die Beklagten pflichtwidrig die gebotenen Schritte nicht unternehmen oder von der Maßnahme gänzlich Abstand nehmen, wäre demgegenüber die Vereinbarung weggefallen (dazu i.E. noch unten), was ihn davor schützte, insoweit dem Verhalten und Gutdünken der Beklagten ausgeliefert zu sein.
ee) Ohne Erfolg bleibt daher das Vorbringen des Klägers, der gerichtliche Vergleich enthalte gerade keine Verpflichtung der Beklagten, ihr Nachbaranwesen so zu sanieren, dass ihre Mauer ihre eigenständige Standfestigkeit wiedererlangt, und er selbst habe auch nicht wissen können, ob die Beklagten derartiges tatsächlich planten. Auch wenn man dies zugrunde legt, wäre eine Zweckbefristung für ihn keineswegs interessenwidrig. Hätten die Beklagten entsprechende Sanierungsmaßnahmen nie aufgenommen oder abgebrochen, wären die Renovierungsarbeiten damit beendet und es hätte sich der Zweck sogleich erledigt. Das Nutzungsrecht der Beklagten bzw. die Überlassungspflicht des Klägers wäre dann sofort weggefallen, was den Interessen des Klägers in jeder Hinsicht genügt hätte.
ff) Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, es hätte des auf seinem Grundstück errichteten Stützgerüsts überhaupt nicht bedurft bzw. hätte dieses durch eine durchgehende Stützung und Aussteifungen im Innern des Gebäudes ersetzt werden können, nachdem das Gebäude Mitte 2017 geräumt wurde. Der Vergleichsvereinbarung liegt nach objektivem Verständnis die beiderseitige Vorstellung zugrunde, dass die Beklagten die Stützkonstruktion bestehen lassen dürfen, unabhängig davon, ob es Alternativen gibt, solange die Beklagten die Sanierung vorantreiben. Dies folgt sowohl daraus, dass eine entsprechende Einschränkung im Wortlaut weder enthalten noch angedeutet ist, als auch daraus, dass bei Berücksichtigung der objektiven Interessenlage beider Parteien mit der Vereinbarung ein Streit über die Erforderlichkeit und deren Fortbestehen vermieden werden sollte.
c) Soweit die Berufung des Klägers eine Verletzung von Hinweispflichten rügt, zeigt sie nicht auf, welche relevanten Umstände sie vorgetragen hätte, wenn das Gericht seinen Standpunkt früher dargelegt hätte. Die Entscheidung würde daher jedenfalls nicht auf eine Verletzung der Hinweispflicht beruhen.
3. Der durch den nicht widerrufenen Vergleich vom 15. Juli 2015 begründete Mietvertrag endete damit nicht vor dem 31. August 2020.
a. Wie dargestellt, schied eine ordentliche Kündigung aus.
b. Die eigentlichen Sanierungsarbeiten am Gebäude der Beklagten wurden dem Akteninhalt nach im Laufe des Jahres 2020 abgeschlossen. Ausweislich der Fotodokumentation wurde spätestens im Juli 2020 mit dem Rückbau der Stützkonstruktion begonnen.
c. Dem Kläger bleibt zwar der Einwand eröffnet, die Beklagten hätten das Vorhaben nicht mit der gebotenen Zügigkeit und Ernsthaftigkeit vorangetrieben und daher die Nutzungszeit über das hinaus ausgedehnt, was für eine sachdienliche Verwirklichung des Zwecks erforderlich war.
aa) Auf Zeitbestimmungen der hier vorliegenden Art findet § 162 BGB entsprechend Anwendung.
Auch wenn der Gesetzgeber in § 163 BGB nicht auf § 162 BGB verwiesen hat und diese Bestimmung daher bei Zeitbestimmungen grundsätzlich unanwendbar ist, ist dies zu relativieren, soweit auch bei Zeitbestimmungen Manipulationen durch eine Partei denkbar sind, indem sie den Eintritt des Termins beschleunigt (z.B. Mord bei Vereinbarung des Todestages einer Person als Termin; Beispiel nach BeckOGK/Reymann, 1.6.2021, BGB § 163 Rn. 22) oder hinauszögert. Eine solche Situation besteht immer dann, wenn (wie vorliegend) nicht kalendermäßig bestimmte Termine inmitten stehen, sondern als solche gewisse Ereignisse, deren genauer Zeitpunkt aber unsicher blieb (MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2018, BGB § 163 Rn. 6). Abweichend vom Regelfall des § 163 BGB, den der Gesetzgeber bei Schaffung des § 163 BGB vor Augen hatte, ist dann der Eintritt des Termins nicht fest und daher treuwidrig beeinflussbar. In einem derartigen Fall finden die im Bedingungsrecht zu § 162 BGB entwickelten Grundsätze sinngemäß Anwendung; der Eintritt der Befristung ist daher bei gezielter früherer Herbeiführung als nicht geschehen anzusehen (BeckOGK/Reymann, 1.6.2021, BGB § 163 Rn. 22; MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2018, BGB § 163 Rn. 6; BeckOK BGB/Rövekamp, 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 163 Rn. 11). Entsprechendes muss bei einer gezielten Hinauszögerung gelten.
Dies bedeutet, dass ein treuwidriges Verzögern des Fortgangs und Abschlusses der Renovierungsarbeiten eine treuwidrige Beeinflussung des maßgeblichen Beendigungsereignisses i.S.v. § 162 Abs. 1 BGB darstellen würde, sodass sich die Beklagten so behandeln lassen müssten, als hätten sie die Arbeiten straff durchgeführt und früher abgeschlossen.
Ebenso könnte in einem halbherzigen und nachlässigen Betreiben der Maßnahme ein Grund gesehen werden, der zur außerordentlichen Kündigung gem. § 543 Abs. 1 BGB berechtigt.
bb) Darlegungs- und beweisbelastet für eine Situation i.S.d. § 162 BGB ist derjenige, der sich auf die Folgen des Eintretens oder Nichteintretens der Bedingung beruft (MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2018, BGB § 162 Rn. 17). Dies gilt sowohl im Hinblick auf die treuwidrige Beeinflussungshandlung als solche als auch dafür, dass das treuwidrige Verhalten des bedingt Verpflichteten für den Ausfall der Bedingung ursächlich war (BeckOGK/Reymann, 1.6.2021, BGB § 162 Rn. 44; BeckOK BGB/Rövekamp, 58. Ed. 1.5.2021, BGB § 162 Rn. 12; BeckOGK/Reymann, 1.6.2021, BGB § 162 Rn. 44). Eine Vermutung für eine Kausalität einer als treuwidrig bezeichneten Verhaltensweise besteht nicht (MüKoBGB/Westermann, 8. Aufl. 2018, BGB § 162 Rn. 17; BeckOGK/Reymann, 1.6.2021, BGB § 162 Rn. 44; RG, Urteil vom 17. Juni 1907, Rep. I. 495/06, RGZ 66, 222 (223 f.)).
In gleicher Weise trägt der Kündigende die Beweislast für das Vorliegen des Kündigungsgrunds, insbesondere für die tatsächlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 1 S. 2 BGB (MüKoBGB/Bieber, 8. Aufl. 2020, BGB § 543 Rn. 78).
cc) Der nicht darlegungsbelasteten Partei kann zwar eine sog. sekundäre Darlegungslast obliegen, wenn sich die maßgeblichen Umstände nicht in der Sphäre der darlegungsbelasteten Partei befinden und sie selbst die notwendigen Erkenntnisse besitzt. Danach oblag den Beklagten vorliegend, aufzuzeigen, welche Schritte sie unternommen haben, um die Sanierungsarbeiten voranzutreiben, und welche Hindernisse dabei ggf. verzögernd aufgetreten sind.
Dieser prozessualen Last haben sie jedoch entsprochen, indem sie im Schriftsatz vom 19. Februar 2021 den Hergang geschildert und Unterlagen vorgelegt haben.
Die Ausführungen der Beklagten ergeben einen Sachverhalt, bei dem der Senat weder eine treuwidrige Manipulation des Ereignisses noch einen Grund zur außerordentlichen Kündigung annehmen kann. Dabei legt der Senat als allgemeinkundig i.S.v. § 291 ZPO zugrunde, dass Bauvorhaben dann, wenn denkmalschutzrechtliche Belange berührt sind, eine erhebliche Komplexität aufweisen und von langen Prüfungs- und Abstimmungsprozessen mit den Behörden geprägt sind. Es ist daher durchaus plausibel, dass die Stadt Nürnberg im April 2016 zur Rücknahme der nach Vortrag der Beklagten im Dezember 2015 gestellten Bauvoranfrage riet. Eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für Aufgrabungen zwecks statischer Sondagen haben die Beklagten sodann unter dem 4. April 2017 beantragt und am 22. August 2017 erhalten. Eine Ergebnisbesprechung erfolgte im Oktober; hier wurden weitere Schürfe für erforderlich gehalten (Anlage B 9). Die eigentliche Baugenehmigung wurde den Beklagten sodann am 26. Februar 2018 aufgrund ihres Antrags vom 3. November 2017 erteilt. Aufgrund all dieser Aspekte beschreiben die Beklagten somit einen Sachverhalt, der dem üblichen Ablauf derartiger Vorhaben entspricht und deshalb nicht als treuwidriges Verschleppen oder Nichtbetreiben bewertet werden könnte.
dd) Es hätte daher am Kläger gelegen, aufzuzeigen, dass entweder die Angaben der Beklagten nicht zutreffen oder erkennbare Möglichkeiten zur Beschleunigung nicht genutzt wurden. Dies hat der Kläger jedoch nicht unternommen. In das Wissen des angebotenen Sachverständigen Zeugen Dipl.-Ing. St…(Name), dem Verfasser der gutachterlichen Stellungnahme vom 13. Februar 2018, wird erkennbar lediglich die Möglichkeit gestellt, ohne die außen angebrachte Stützkonstruktion auszukommen. Hierauf kommt es aber aus den oben dargestellten Erwägungen nicht an. Das bloße Bestreiten des Vortrags der Beklagten genügt, da der Kläger darlegungs- und beweisbelastet ist, nicht.
d) Das Landgericht ist demnach zutreffend davon ausgegangen, dass das Mietverhältnis nicht vor dem August 2020 geendet hat, und daher Ansprüche auf einen höheren Schadensersatz oder Nutzungsausfall nicht gegeben sind.
4. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Berufung gegen die Abweisung des Anspruchs auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
a. Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass sich ein solcher Anspruch nicht daraus ergeben kann, dass die Beklagten ihre Rückbaupflicht verletzt hätten, insbesondere mit dieser im Verzug waren. Dies folgt aus den entsprechenden Ausführungen, denen sich der Senat angeschlossen hat.
b. Auch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Informationspflichten ist der Anspruch nicht begründet.
aa) Der Senat neigt zwar dem Standpunkt des Klägers zu, dass die Beklagten eine Pflicht traf, ihn jedenfalls auf Nachfrage darüber zu informieren, wie sich die Sanierungsarbeiten, die Genehmigungsverfahren und ihre Planungen aktuell gestalten. Dies ergab sich als Nebenpflicht aus der Vereinbarung vom 15. Juli 2017 (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB), weil dort das Besitzrecht der Beklagten und die Geltungsdauer insgesamt an die Dauer der Sanierungsarbeiten geknüpft waren, und der Vermieter typischerweise ein berechtigtes Interesse hat, zu erfahren oder jedenfalls abschätzen zu können, wie lange er noch an die Vereinbarung gebunden ist, um frühzeitig disponieren zu können. Dem Vortrag des Klägers, seine Anfragen nicht beantwortet zu haben, sind die Beklagten nicht entgegengetreten.
bb) Es fehlt aber an einem durch diese Pflichtverletzung kausal verursachten Schaden. Die vorprozessualen Schreiben vom 14. September 2017, 12. Oktober 2017 und 16. Februar 2018 dienten nicht dazu, einen entsprechenden Auskunftsanspruch durchzusetzen. Den Kern des Schreibens vom 14. September 2017 bildete vielmehr der Widerruf der Nutzungsgestattung und das ultimative Verlangen nach Rückgabe des Grundstücks. Das Schreiben enthält zwar auch die Aufforderung, die Genehmigung vorzulegen, um sich vergewissern zu können, dass die Sanierungsmaßnahmen betrieben werden. Dies stellte jedoch erkennbar nur einen Randaspekt dar, zumal der Kläger von einer Berechtigung zur Kündigung bereits fest ausging, da er sie unabhängig von der Information aussprechen hat lassen. Das Folgeschreiben vom 12. Oktober befasst sich mit Informationspflichten nicht, ebenso das vom 16. Februar 2018. Die Beauftragung des nunmehrigen Klägervertreters erfolgte daher nicht, um in einem von den Beklagten zu vertretenen Informationsdefizit zu begegnen.
Die angegriffene Entscheidung stellt sich daher, soweit den Anträgen des Klägers nicht entsprochen wurde, nicht als unzutreffend dar. Die Berufung des Klägers hat deshalb keinen Erfolg.
Der Senat legt deshalb aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.


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