Baurecht

Schlussrechnung, Werklohnanspruch, Leistungsverzeichnis, Werklohn, Abbrucharbeiten, Pauschalpreisvereinbarung

Aktenzeichen  2 O 1965/18

Datum:
12.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 52421
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 631 Abs. 1, § 640 Abs. 1, § 641, § 313
VOB/B § 2 Abs. 7 Nr. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 634.712,55 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weiteren Werklohnanspruch aus dem Werkvertrag über die Erbringung von Abbruchleistungen hinsichtlich des Ferienparks H. _ (§ 631 Abs. 1 BGB).
Der Vertrag wurde mit Auftragserteilungsschreiben der Beklagten vom 11.01.2017 (Anlage K1) unter Einbeziehung des Leistungsverzeichnisses (Anlage K2) mit der zeitlichen Ausführungsvariante 3 in Anlage K3 geschlossen. Weitere Nachtragsaufträge wurden nicht erteilt, da die von Klägerseite vorgelegten Nachträge 3 – 17 von Beklagtenseite nicht beauftragt wurden und die darin aufgeführten Leistungen zudem bereits in der Pauschalpreisvereinbarung (Anlage K3) beinhaltet sind. Die weiteren, von Beklagtenseite vorgenommenen Kürzungen der Schlussrechnung vom 20.12.2017 (Anlage K6) sind zudem zu Recht erfolgt, so dass diesbezüglich kein weiterer Vergütungsanspruch besteht.
1. Es kann letztlich dahinstehen, ob das von Klägerseite erbrachte Werk wirksam abgenommen wurde und die weitere von der Klägerseite geforderte Vergütung fällig ist (§§ 640 Abs. 1, 641 BGB), da ein Anspruch dem Grunde nach bereits nicht besteht. Wirksam mit einbezogen in das Vertragsverhältnis wurden auch die VOB/B, was sich bereits aus dem Angebotsschreiben der Klägerin an die Beklagte vom 01.12.2016 (Anlage B1), dort Ziffer 5, ergibt. Weiterer Vertragsbestandteil wurde auch die als Anlage B13 vorgelegte Baubeschreibung der Beklagten, da sie Gegenstand der Ausschreibungsunterlagen des Ingenieurbüros St. war, ebenfalls wie das Gutachten über die orientierende Schadstoffuntersuchung der A. GmbH. Dies ergibt sich aus dem Auftragserteilungsschreiben der Beklagten (Anlage K1), dort Ziffer 4. a) Nach Überzeugung der Kammer umfasst die zwischen den Parteien geschlossene Pauschalpreisvereinbarung auch die von Klägerseite zusätzlich als Nachträge 3 – 17 abgerechneten Leistungen. Die Kammer hat dabei keinerlei Zweifel daran, dass die Erbringung der in den Nachtragsangeboten beschriebenen Leistungen auch von Beklagtenseite gewünscht war. Mit der Pauschalpreisvereinbarung sind jedoch alle Einzelleistungen abgegolten, die zum Abbruch des Ferienparks H. gemäß Leistungsverzeichnis der Beklagten erforderlich waren. Welcher Leistungsinhalt konkret von der Klägerin aufgrund des Pauschalpreisvertrages geschuldet war, kann nur durch Auslegung des jeweiligen Vertrages ermittelt werden (Beck OK VOB/B, § 2 Abs. 7 Rd.-Nr. 26). Die Darlegungs- und Beweislast für eine Leistungsänderung im Sinne des § 2 Abs. 7 Nr. 2 VOB/B bei Pauschalpreisverträgen trägt dabei grundsätzlich die Klägerin als Auftragnehmer. Sie muss insbesondere nachweisen, dass es überhaupt eine Leistungsänderung gibt und diese nicht bereits Gegenstand des Pauschalpreisvertrages war (BGH, Urteil vom 15.12.1994 – VII ZR 140/93, NJW-RR 1995, 722).
Vorliegend haben die Parteien einen Detailpauschalpreisvertrag geschlossen, da die klägerseits zu erbringende Bauleistung detailliert in dem Leistungsverzeichnis der Beklagten, vorgelegt als Anlage K2, aufgeführt ist. Geschuldet von Klägerseite wird daher grundsätzlich nur das, was in der Leistungsbeschreibung ausdrücklich benannt ist, so wie sämtliche hierfür nach den Umständen des Einzelfalles geschuldeten Nebenleistungen. Daher schuldet die Klägerin andere als die im Leistungsverzeichnis aufgeführten Leistungen grundsätzlich nicht (OLG Brandenburg, Urteil vom 09.07.2002 – 11 U 187/01, BauR 2003, 716). Zu berücksichtigen bei der Auslegung sind hierbei jedoch sämtliche Unterlagen, die Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung der Parteien wurden, insbesondere auch die als Anlage B13 vorgelegte Baubeschreibung.
b) Grundlage des Vertrages war das Leistungsverzeichnis der Beklagten, auf dessen Grundlage die Klägerin das Pauschalpreisangebot erteilt hat. Mit übersandt und damit auch Gegenstand des Vertrages wurde, was insoweit unstreitig ist, auch die Baubeschreibung und das Gutachten der Fa. A. GmbH. Diese Unterlagen wurden mit dem Anschreiben des Ingenieurbüros Staller vom 10.11.2016 (Anlage K32) an die Klägerin übersandt. Auch in diesem Schreiben des Ingenieurbüros Staller zur Aufforderung einer Angebotsabgabe wurde noch einmal kurz zusammengefasst, was Gegenstand der Beauftragung sein soll: Sämtliche Gebäude und Freiflächen sind in vollem Umfang und Ausdehnung abzubrechen. Sämtliche Materialien der Entrümpelung und Entkernung sind nach Stoffart und Belastung getrennt rückzubauen. Zum Wiedereinbau geeignete mineralische Baustoffe sind zu zerkleinern und im Bereich des Ferienparks zur Geländeauffüllung wieder einzubauen.
Welche Leistungen von dem Leistungsverzeichnis, das beim vorliegend geschlossenem Detailpauschalvertrag den Umfang der geschuldeten Leistungen festlegt, umfasst sind, ist durch Auslegung zu ermitteln.
Mit den streitgegenständlichen Nachträgen 3 – 17 rechnet die Klägerseite vor allem Leistungen zur Schadstoffbeprobung, Entfernung schadstoffbelasteter Baustoffe, sowie deren Separierung ab. Nach Überzeugung der Kammer ist das Leistungsverzeichnis allerdings hier schon seinem Wortlaut nach eindeutig und damit nicht lückenhaft oder erkennbar unvollständig. Hierzu bedarf es auch keines Rückgriffs auf die Baubeschreibung, welche die vertraglichen Pflichten der Parteien nochmals konkretisiert, da bereits das Leistungsverzeichnis diesbezüglich eindeutig ist. Nach Überzeugung der Kammer umfasst dieses sowohl die Beprobung, den Abbau und Separierung, als auch die Entsorgung der Materialien einschließlich der Schadstoffe, welche nicht in dem orientierenden Gutachten der Fa. A. GmbH aufgeführt sind. Das Leistungsverzeichnis (Anlage K2) ist nach den verschiedenen Gebäudetypen getrennt und enthält dabei jeweils in verschiedenen Positionen die durchzuführenden Arbeiten. Danach ist jeweils ein Abbruch vorzunehmen, sowie eine Entkernung, welche auch die Entsorgung mit umfasst. Die im Rahmen der jeweiligen Positionen zur Entkernung enthaltene Leistungsbeschreibung ist dabei eindeutig, so dass es nicht einmal auf die von Klägerseite hinsichtlich ihrer Wirksamkeit angezweifelten Komplettierungsklausel „die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, maßgebend sind ausschließlich die besichtigten Verhältnisse vor Ort“ ankommt.
So betrifft Ziffer 1.2.20 des Leistungsverzeichnisses die Entkernung von Bungalows. Dabei ist auf Seite 12 des Leistungsverzeichnisses ausdrücklich beinhaltet: „… Weiterhin die schadstoffbelastungsabhängige Separierung der Bauteile … nach der Analytik der Voruntersuchung … . Die Deponierungs- und Verwertungsgebühren sind in den Pauschalpreis mit einzurechnen.“ Daraus ergibt sich nach Auffassung der Kammer unzweifelhaft, dass von dem Leistungsverzeichnis sowohl die Trennung der verschiedenen Bauteile je nach Schadstoffbelastung als auch deren Entsorgung enthalten ist. Die selbe Regelung findet sich für einen anderen Bungalowtyp auf Seite 14 des Leistungsverzeichnisses und ist in der Folge für sämtliche Bungalows gleich gefasst. Klargestellt wird auch jeweils, wie beispielhaft auf Seiten 25 – 27 des Leistungsverzeichnisses geregelt, dass sämtliche mineralischen Bauteile in das Eigentum des Auftragsnehmers, das heißt, der Klägerin zu übernehmen sind und entsprechend den geltenden Vorschriften und gesetzlichen Regelungen abtransportieren und zu entsorgen sind. Im Gegenzug dazu ist bei Position 1.2.10 auf Seite 11 des Leistungsverzeichnisses beispielhaft zur Entrümpelung geregelt, dass Metalle und Schrott zu trennen sind und im Eigentum des Auftraggebers, d. h. der Beklagten verbleiben. Daraus wird deutlich, dass für den Abbruchschutt letztlich die Klägerin verantwortlich ist.
Unter Ziffer 1.2.280 auf Seite 28 des Leistungsverzeichnisses ist eine Zulage für den Wiedereinbau des Abbruchmaterials enthalten. Entgegen der Auffassung der Klägerseite setzt diese Position im Zusammenhang mit den vorhergehenden Positionen zur Separierung und Entsorgung gerade nicht voraus, dass das restliche Material nicht schadstoffbelastet ist, da auch in dieser Position ausdrücklich geregelt ist, dass nur das zum Wiedereinbau geeignete mineralische Abbruchmaterial wieder eingebaut werden soll. Im Übrigen verbleibt es bei der Entsorgungsverpflichtung der Klägerin.
Eine gleichlautende Regelung für das Hauptgebäude findet sich in Ziffer 1.3.180 auf Seite 39 des Leistungsverzeichnisses, wo geregelt ist, dass sämtliche nicht zur Geländeauffüllung zu verwendenden Baustoffe von den mineralischen Stoffen zu trennen sind und in das Eigentum des Auftragnehmers übergehen. Die Stoffe sind von der Baustelle zu entfernen und einer ordnungsgemäßen Verwertung zuzuführen. Die Weiterverwendung der Stoffe ist zu dokumentieren. Auch dies ist damit vom Leistungsverzeichnis umfasst.
Auch für den Abbruch der Betriebsleiterwohnungen regelt Ziffer 1.4.20 auf Seite 42 des Leistungsverzeichnisses die schadstoffbelastungsabhängige Separierung der Bauteile, sowie die Deponierungs- und Verwertungsgebühren. Dasselbe gilt unter Ziffer 1.5.20 auf Seite 50/51 des Leistungsverzeichnisses für das ehemalige Lagergebäude wobei hier auch jeweils, wie z.B. unter Ziffer 1.5.40 angeführt, Zulagen für extrem schadstoffbelastetes A-4 Holz einzuberechnen sind.
Für die Wirtschaftsgebäude findet sich dieselbe Regelung unter 1.6.20 auf Seite 59 des Leistungsverzeichnisses, ebenso wie für die Garagen unter Ziffer 1.7.20 auf Seite 67 des Leistungsverzeichnisses. Auch für die Außenanlagen ist unter Ziffer 1.8.10 auf Seite 70 des Leistungsverzeichnisses deutlich geregelt, dass sämtliche nicht zur Geländeauffüllung zu verwendenden Baustoffe von den mineralischen Stoffen zu trennen sind und in das Eigentum des Auftragnehmers übergehen. Die Stoffe sind von der Baustelle zu entfernen und einer ordnungsgemäßen Verwertung zuzuführen.
c) Dass das orientierende Schadstoffuntersuchungsgutachten der Fa. A. GmbH (Anlage K31), welches Gegenstand der Ausschreibungsunterlagen war, nicht abschließend sämtliche in der Ferienanlage aus den 1960er Jahren aufzufindenden schadstoffhaltigen Baustoffe enthält, war den Vertretern der Klägerin nach Überzeugung der Kammer bekannt. Bereits aus dem Wortlaut „orientierende Schadstoffuntersuchung“, sowie aus den Ausführungen auf Seite 4 Ziffer 2 des Gutachtens zu der Vorgehensweise des Sachverständigen ist erkennbar, dass dieser keine vollumfängliche Untersuchung auf sämtliche, in den Baumaterialien aufzufindenden Schadstoffe durchgeführt hat und dass das Gutachten lediglich der groben Orientierung dient. Der Umstand, dass daher beispielsweise unter Ziffer 1.2.100 des Leistungsverzeichnisses eine gesonderte Zulagepositionen im Leistungsverzeichnis für Schadstoffentsorgung, wie hier Asbest, enthalten ist und auf die orientierende Schadstoffuntersuchung Bezug genommen wird, führt noch nicht dazu, dass das Fehlen derartiger Zulagen bei anderen Gebäuden bzw. hinsichtlich weiterer Schadstoffe nicht vom Leistungsverzeichnis umfasst ist. Wie bereits vorstehend ausgeführt, ist bei den jeweiligen Gebäuden unter der Position „Entkernung“ dem Wortlaut des Leistungsverzeichnisses nach auch die Separierung und ordnungsgemäße Verwertung der Baustoffe umfasst, auch wenn unbekannte Schadstoffe enthalten sind.
Unabhängig von dem Umstand, dass die Beprobung der vorhandenen Abbruchsubstanz bereits zur, vom Leistungsverzeichnis ausdrücklich geforderten ordnungsgemäßen Entsorgung des Abbruchgutes gehört, ist in der ebenfalls zum Vertragsgegenstand gewordenen Baubeschreibung (Anlage B13) unter Seite 2 ausdrücklich geregelt, dass „für sämtliche anfallende Abfallarten vom Auftragnehmer eine abfallrechtliche Deklarationsanalytik nach DepV. zu erstellen ist.“ … „Die Probeentnahme und Deklarationsanalyse hat auf Kosten des Auftragenehmers zu erfolgen“. Auch in der Baubeschreibung wird auf Seite 13 nochmals gesondert darauf hingewiesen, dass Bauteile und Baustoffe, die nicht wiederverwendet werden können, beim Rückbau zu trennen und entsprechend der gültigen Gesetze, Verordnungen und Richtlinien zu entsorgen sind. Die Baubeschreibung wurde, was unstreitig ist, mit den Ausschreibungsunterlagen übersandt und war den zuständigen Mitarbeitern der Klägerin auch bekannt, wie der Zeuge M. in der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2019 bestätigte.
Der Zeuge M. war Bauleiter der Klägerin bei dem streitgegenständlichen Abbruchvorhaben. Er gab an, dass auch für ihn klar war, dass das Gutachten der Fa. A. GmbH nur orientierend sein sollte, und nicht alle Schadstoffe umfasste. Ihm sei bekannt gewesen, dass bei derartigen Baustellen immer noch etwas hinzukomme, gemeint sind weitere Schadstoffe. Dies bestätigt auch der mit der Kalkulation des Pauschalangebotes von Klägerseite beauftragte Zeuge D. S. Nach seiner Aussage sollte das Gutachten A. nur so umfassend sein, wie es untersucht wurde und es könne immer noch ein versteckter Schadstoff da sein. Seiner Aussage zufolge hat die Klägerin täglich Erfahrungen mit dem Abbruch auch von Häusern aus den 60er Jahren. Darin können nach Angaben des Zeugen S. auch teerhaltige Anstriche vorhanden sein.
Der Klägerin als zertifiziertes und auf dem Fachgebiet erfahrenes Abbruchunternehmen war es daher durchaus bekannt, dass bei derartigen Abbruchvorhaben verdeckte Schadstoffe auftauchen können, bzw. dass sogar damit gerechnet werden muss. Wenn dies trotz der entsprechenden Leistungsbeschreibung im Leistungsverzeichnis im klägerischen Angebot nicht einkalkuliert wurde, so hat sich damit das Risiko, welches die Klägerin durch den Abschluss eines Pauschalpreisvertrages übernommen hat, realisiert. Da dieses Risiko der Klägerin bekannt war, kommt daher nicht unter Berufung auf § 2 Abs. 7 VOB/B i.V. m. den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) eine Anpassung des Vertrages in Betracht, da die Klägerin das Risiko von schadstoffbelasteten Bauteilen bewusst übernommen hat. Zudem hat die Klägerin mit dem als Anlage K2 vorgelegten Nachweis der Ortsbesichtigung bestätigt, dass sie die Gelegenheit hatte, die örtlichen Gegebenheiten zu untersuchen. Nach den Angaben der Zeugen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.01.2019 haben die Mitarbeiter der Klägerin allerdings nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nähere Untersuchungen vorzunehmen.
Bei dem Bieter-Gespräch am 15.12.2016 auf der Baustelle wäre, wie die Zeugin Su. L. als für das streitgegenständliche Bauvorhaben zuständige Mitarbeiterin des Beklagten bestätigte, eine Untersuchung repräsentativ nach Bauweise ausgewählter Gebäude möglich gewesen, auch wenn ein Teil der Gebäude noch bewohnt war. Der bei diesem Termin ebenfalls anwesende Mitarbeiter der Beklagten, der Zeuge M., hat von dieser Möglichkeit jedoch nicht Gebrauch gemacht. Einigkeit besteht zwischen den Zeugen, dass bei diesem Termin auch das Gutachten der Fa. A. GmbH Gesprächsgegenstand war.
Entgegen der Angaben des Zeugen M. ist die Kammer allerdings nicht davon überzeugt, dass bereits bei dem Bieter-Gespräch am 15.12.2016 thematisiert wurde, dass unbekannte Schadstoffe über Nachträge abgerechnet werden sollen. Wer konkret von den anwesenden Vertretern der Beklagten eine derartige Zusage getroffen haben soll, konnte der Zeuge M. nicht angeben. Der Zeuge S. als weiterer Mitarbeiter der Klägerin gab an, dass von Seiten des Sachverständigen von der A. GmbH, Herrn S., gesagt worden sei, dass eventuelle Mehrbelastungen auftauchen könnten. An eine konkrete Person, die aber zugesagt haben soll, dass Mehrbelastungen gesondert über Nachträge berechnet werden können, konnte sich der Zeuge S2. dagegen nicht erinnern. Alleine der Umstand, dass möglicherweise der Gutachter Herr S. von der Fa. A. eine derartige Äußerung getätigt haben könnte, wie der Zeuge S. andeutet, führt noch nicht dazu, dass eine verbindliche Zusage von Beklagtenseite vorliegt, da es sich bei dem Sachverständigen um einen Dritten handelt.
Deutlich stellte auch der Zeuge S. klar, dass Grundlage des Pauschalpreises das Leistungsverzeichnis der Beklagten war, welches, wie bereits ausgeführt, auch die nachträglich abgerechneten Leistungen mit umfasst. Dass allerdings bereits beim Bieter-Gespräch am 15.12.2016 vor Abgabe des Angebots schon über Nachträge, welche nicht von der Pauschale umfasst sind, gesprochen worden sein soll, erscheint der Kammer nicht überzeugend. Mit dem Pauschalvertrag sollte gerade das Risiko für die Beklagte hinsichtlich einer Kostensteigerung vermieden werden. Wäre damals bereits über Nachträge gesprochen worden, hätten diese zum einen bereits in die Pauschale eingerechnet werden müssen, um eine Vergleichbarkeit der Angebote herzustellen und zum anderen wäre es nicht üblich, wie die Mitarbeiterin der Beklagten, die Zeugin L. und der Mitarbeiter des Ingenieurbüros, der Zeuge K., bestätigen, dass bei Bieter-Gesprächen bereits über eventuelle Nachträge gesprochen wird. Dies würde aus Sicht des Bieters, hier der Klägerin, auch nicht zweckmäßig sein, da ein Bieter, der bereits vor Erteilung des Zuschlages über Nachträge spricht, seine Chancen auf den Auftrag minimieren würde. Ziel für die Beklagte war es, durch den Pauschalvertrag eine Kontrolle über die Kosten zu haben.
2. Unabhängig von dem Umstand, dass die in den Nachtragsangeboten aufgeführten Leistungen bereits von der Pauschalpreisvereinbarung umfasst waren, wurden sie auch jedenfalls nicht gesondert beauftragt. Nach Angaben des Zeugen M. wurden lediglich die nicht streitgegenständlichen Nachträge 1 und 2 schriftlich beauftragt, schriftliche Auftragserteilungen ab Nachtrag 3 liegen nicht vor. Diesbezüglich beruft sich die Klägerseite darauf, dass diese von den auf der Baustelle anwesenden Mitarbeitern der Beklagten, Herr H. und Frau L., mündlich bzw. konkludent beauftragt worden sein sollen.
Die Zeugenvernehmungen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.01.2019 haben jedoch nicht ergeben, dass hier eine ausdrückliche Auftragserteilung erfolgte. Der Bauleiter der Klägerin, der Zeuge M., gab vielmehr an, dass die Nachträge vom Ingenieurbüro St. an die Beklagte weitergeleitet worden seien, als Rückmeldung jedoch immer nur gesagt worden sei, dass hier noch etwas kommen würde und dies mit dem Geschäftsführer der Komplementär GmbH der Beklagten, Herrn A., noch besprochen werden müsse. Es sei allerdings dann keine Rückmeldung mehr gekommen. Auch auf eine Behinderungsanzeige an die Beklagte hin sei keine Rückmeldung gekommen, vielmehr seien sie von der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau L., immer wieder vertröstet worden. Es sei auf der Baustelle nicht darüber gesprochen worden, wer berechtigt sei, für die Beklagte Aufträge zu erteilen.
Aus den Angaben der Zeugen M. und S. ergibt sich, dass die beiden Mitarbeiter der Klägerin lediglich davon ausgegangen sind, dass zumindest der Zeuge H. „etwas zu Sagen habe“. Über eine konkrete Vertretungsbefugnis wurde jedoch nie gesprochen. Anhaltspunkte für eine Anscheinsvollmacht der Mitarbeiter der Beklagten, Frau L. und Herr H., gibt es ebenfalls nicht. Im Gegenteil haben die Mitarbeiter der Beklagten, Herr M.t und Herr S., allein aus dem Umstand, dass Herr H. zu Verhandlungen berechtigt war, geschlossen, dass er auch eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht hat. Letztlich überzeugt von einer derartigen Vertretungsmacht waren die Mitarbeiter der Klägerin allerdings nicht, da sie von Seiten der Mitarbeiter der Beklagten immer wieder vertröstet wurden, aber eine wirkliche Rückmeldung in Richtung einer Auftragserteilung nicht geschildert werden konnte.
Auch aus den Jour-Fixe-Protokollen (Anlage K11) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Vielmehr ist daraus nur ersichtlich, dass in dem Besprechungstermin vom 16.05.2017 zwar die Nachtragsangebote Gegenstand waren und vom Auftraggeber, der Beklagten, zur Kenntnis genommen werden. Die Klägerin wurde zu einer Detailkalkulation aufgefordert, um die Arbeiten vor Beginn freigeben zu können. Damit wird deutlich, dass in diesen Jour-Fixe-Terminen gerade noch keine Beauftragung erfolgen sollte, zumal kein vertretungsberechtigter Mitarbeiter der Beklagten anwesend war. Es wurde lediglich vereinbart, dass eventuelle Nachträge schriftlich auszuarbeiten sind, um sie anschließend freigeben zu können, nachdem sie geprüft wurden.
Auch die Zeugen Su. L. und Günther H. bestätigen, dass es keine mündlichen Nachtragsaufträge gab. Um Verzögerungen aufgrund des dichten Zeitplans auf der Baustelle zu vermeiden, haben die beiden Mitarbeiter der Beklagten die Mitarbeiter der Klägerin zwar immer wieder vertröstet, um das Klima auf der Baustelle nicht zu verschlechtern und einen Stillstand zu vermeiden. Es wurde jedoch stets klargestellt, dass Nachtragsangebote erst von Herrn A. beauftragt werden können.
In dem Umstand, dass die Klägerseite auf der Baustelle immer wieder vertröstet wurde, liegt keine konkludente Anordnung der Arbeiten durch die Mitarbeiter der Beklagten. Zum einen fehlte es an der erforderlichen Vertretungsmacht, zum anderen hat die Klägerin mit den Arbeiten, wie der Zeuge M. angab, einfach weitergemacht, obwohl von Seiten von Frau L. lediglich rückgemeldet wurde, dass sie das schon hinbekommen würde. Eine konkludente Anordnung der Arbeiten als Nachträge liegt darin nicht. Hinzu kommt, dass nach Schilderung des Zeugen K. vom Ingenieurbüro St. die Klägerseite immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass Nachträge zwar geprüft werden, die Beauftragung aber nur durch Herrn A. erfolgen könne. Es sei auch vor Ort noch unklar gewesen, ob die darin aufgeführten Arbeiten nicht vom Pauschalvertrag umfasst seien. Teilweise seien die Nachtragsangebote erst nach Ausführung der Arbeiten durch die Klägerin übersandt worden. Der Zeuge H. gab an, dass trotz Drucks von Seiten des Bauleiters der Klägerin, Herrn M., dieser immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass Nachträge nicht beauftragt werden können. Trotzdem sei die Baustelle von Klägerseite nicht eingestellt worden. Aus diesem Verhalten kann die Klägerseite daher keine konkludente Beauftragung der Arbeiten ableiten.
Darüber hinaus ist in der Baubeschreibung, welche Vertragsgegenstand wurde (Anlage B13) unter Ziffer 7 zu Nachträgen ausdrücklich geregelt: „Nachtragsangebote (Preisvereinbarung) sind dem Auftraggeber vor Ausführungsbeginn anzumelden, vorzulegen und von diesem genehmigen zu lassen. Sie müssen eine genaue Leistungsbeschreibung, die voraussichtlichen Mengen und eine prüffähige Aufgliederung des geforderten Einheitspreises enthalten. Nach Genehmigung durch den Auftraggeber werden sie Bestandteil des Bauvertrages.“ Wie vorstehend ausgeführt, wurden diese vertraglich vorgesehenen Abläufe von Klägerseite vor Ausführung der Arbeiten nicht eingehalten. Damit findet, zusätzlich zu dem Umstand, dass die ausgeführten Leistungen bereits von der Pauschalsumme umfasst sind und daher nicht gesondert zu beauftragen waren, jedenfalls § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B Anwendung, wonach diese Leistungen nicht vergütet werden.
3. Soweit die Beklagte im Übrigen Kürzungen der als Anlage K6 vorgelegten Schlussrechnung über die bereits vorgenannten Nachträge hinweg vorgenommen hat, sind diese Kürzungen nach Überzeugung der Kammer berechtigt.
a) Die Regieleistungen wurden zu Recht gekürzt, da die Klägerin höhere Stundensätze abgerechnet hat, als sie vom Leistungsverzeichnis und von der vertraglichen Vereinbarung (Anlage K2) umfasst sind. Unter Position 02.03.0010 wurde ein Bagger CAT 336 abgerechnet, welcher wesentlich größer ist als der Bagger, der im Angebot enthalten war. Nach Angaben des Zeugen K. wäre der Bagger mit der vereinbarten kleineren Größe ebenfalls ausreichend gewesen. Die Klägerin hatte allerdings einen größeren Bagger vor Ort und es wäre unrentabel gewesen, einen anderen Bagger anzutransportieren. Die Abrechnung eines größeren Baggers war daher von der vertraglichen Vereinbarung nicht umfasst und nicht beauftragt.
Die weitere Kürzung bei den Facharbeiterstunden unter Position 02.03.0020 war ebenso berechtigt, da die Vergütung entgegen der Vorbemerkung zu Ziffer 1.9 des Leistungsverzeichnisses zu hoch angesetzt war. Abgerechnet wurde der Zeuge H. als geschulter Aufsichtsführer bei Asbestarbeiten, obwohl es sich bei ihm um einen Polier handelt. Zudem sind die Regieberichte, wie der Zeuge K. angab, diesbezüglich nicht nachvollziehbar, da dieser Arbeiter danach 25 Stunden am Tag hätte arbeiten müssen. Daher ist die Vergütung zu Recht entsprechend der vertraglichen Vereinbarung im Leistungsverzeichnis gekürzt.
Die weitere Position 02.03.0030 – Regiearbeiten für die Erstellung des Fledermausschutzes, 02.03.0040 – Schutzausrüstung, 02.03.0050 – Kosten für die Big-Packs und 02.03.0060 – Nachweis Asbestentsorgung, wurden von der Klägerin doppelt abgerechnet. Dies ergibt sich aus der als Anlage B17 vorgelegten Zusammenstellung der Regieberichte und der Aussage des Zeugen K..
b) Der Bauzaun wurde mit Nachtrag 18 zu hoch abgerechnet. Es wurde, wie aus der E-Mail des Zeugen K. (Anlage K29) ersichtlich ist, vereinbart, dass die Mietgebühr bis 20.11.2017 bezahlt wird, um eine durchgehende Sicherung der Baustelle zwischen Abschluss der Arbeiten der Klägerin und der Fa. S., welche im Anschluss die Erschließungsarbeiten durchführen sollte, sicherzustellen. Der Umstand, dass die Klägerin den Bauzaun dann trotzdem erst am 23.11.2017 abgebaut hat, führt nicht dazu, dass ihr für diese Tage ein weiteres Entgelt zusteht, da dies vertraglich nicht vereinbart war und es der Klägerin auch möglich gewesen wäre, den Bauzaun zeitgerecht am 20.11.2017 abzubauen.
c) Soweit die Entsorgung von mineralischen Abbruchmaterialien, in der Anlage K7 unter „Entsorgung Haufwerk Z. „enthalten, von der Fa. S. ausgeführt wurde, handelt es sich hierbei um Arbeiten, die, wie bereits dargestellt, vom Pauschalangebot umfasst waren (Entsorgung Abbruchmaterial). Da die Klägerin diese Arbeiten jedoch nicht mehr ausführte und stattdessen den verunreinigten Bauschutt liegen ließ, war die Beklagte berechtigt, den zur Entsorgung anfallenden Betrag von der Rechnung einzubehalten. Nach Angaben des Zeugen K. wurde die Klägerin zuvor zweimal zur Entsorgung dieses Materials aufgefordert, ist dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen.
4. Damit hat die Klägerin keinen weiteren Anspruch aus dem Vertrag über den Abbruch des Ferienparks H., so dass die Klage insgesamt abzuweisen war.
Eine weitere Schriftsatzfrist zum letzten Schriftsatz der Beklagtenseite vom 06.12.2018, eingegangen beim Klägervertreter am 11.12.2018 war nicht mehr zu gewähren, und daher zurückzuweisen, da die Voraussetzungen des § 283 ZPO nicht vorliegen. Der Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 06.12.2018 enthält kein neues Vorbringen, sondern beschäftigt sich lediglich mit der Auslegung des Leistungsverzeichnisses im Detail. Zu dem Vorbringen, welches bereits in der Klageerwiderung enthalten war, werden darin Zeugen benannt, die in der mündlichen Verhandlung vom 15.01.2019 vernommen wurden und zu deren Aussagen dem Klägervertreter auch eine Schriftsatzfrist zum Ergebnis der Beweisaufnahme gewährt wurde. Da der Schriftsatz des Beklagtenvertreters über vier Wochen vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung zugegangen ist, ist dieser auch rechtzeitig zugegangen, auch wenn dazwischen zwei Wochen Weihnachtsferien lagen (§ 282 Abs. 2 ZPO). Es ist zudem nicht ersichtlich, weshalb sich der Klägervertreter nicht rechtzeitig äußern konnte, zumal Gelegenheit auch binnen der Frist zur Stellungnahme auf die Beweisaufnahme bestanden hätte.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.


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