Baurecht

Sicherheitsrechtliche Anordnung zur Sicherung einer grenzständigen baufälligen Stützmauer

Aktenzeichen  10 ZB 14.2380

Datum:
4.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2016, 749
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3
LStVG LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3, Art. 9 Abs. 2
BayBO BayBO Art. 54 Abs. 2 S.  1
BGB BGB § 909, § 912

 

Leitsatz

1. Sicherheitsrechtliche Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers zur Sicherung einer grenzständigen, baufälligen Stützmauer. (amtlicher Leitsatz)
2 Die bauordnungsrechtliche Generalklausel schließt die Anwendbarkeit der sicherheitsrechtlichen Generalklausel nicht aus, wenn mit einer auf allgemeine Gefahrenabwehr gerichteten Maßnahme der Schutz eines bestimmten Personenkreises bezweckt ist und es nicht um eine Bekämpfung von Bauordnungsrecht widersprechenden Zuständen durch Abriss- oder Sanierungsanordnungen geht. (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft über ein unmittelbar am Fuß einer Stützmauer befindliches Grundstück kann im Interesse einer schnellen und effektiven Gefahrenabwehr ermessenfehlerfrei als (alleiniger) Zustandsstörer auf Beseitigung des sicherheitsgefährdenden Zustands der Stützmauer in Anspruch genommen werden, und zwar unabhängig von einer zivilrechtlichen Verpflichtung und einer unbeabsichtigten teilweisen Überbauung eines fremden Grundstücks. (redaktioneller Leitsatz)
4 Für die sicherheitsrechtliche Verantwortlichkeit eines solchen Grundstückseigentümers spricht insbesondere, wenn sein Rechtsvorgänger die Stützmauer ausschließlich mit dem Ziel errichtet hat, die Nutzbarkeit seines Hanggrundstücks zu verbessern. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 K 13.1069 2014-09-23 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 21. Mai 2013 weiter, mit dem sie als Eigentümerin der Hanggrundstücke FlNr. 30 und 32 Gemarkung B. A. verpflichtet worden war, durch geeignete Maßnahmen den sicher-heitsgefährdenden Zustand der schadhaften und einsturzgefährdeten Mauer entlang der vorbezeichneten Grundstücke zum Grundstück FlNr. 58/13 zu beseitigen, das im Eigentum des Beklagten steht.
Auf dem letztgenannten Grundstück verläuft oberhalb der Stützmauer ein für den Fußgängerverkehr gewidmeter beschränkt-öffentlicher Weg‚ der im Frühjahr 2013 vom Beklagten gesperrt wurde. Auf den unterliegenden Grundstücken betreibt die Klägerin eine Seniorenresidenz und wohnt dort. Die Mauer wurde von ihrem Rechtsvorgänger in den Jahren zwischen 1954 und 1960 errichtet‚ zu einem Zeitpunkt‚ als der oberhalb verlaufende Fußgängerweg bereits vorhanden war. Nach dem angefochtenen Bescheid habe der Rechtsvorgänger der Klägerin zur Herstellung einer nutzbaren Gartenfläche den bestehenden natürlichen Hang- und Felsenbereich abgraben und zur Stützung des Hangs die streitgegenständliche Mauer errichten lassen. Eine im Jahr 2011 vorgenommene Vermessung des Grenzverlaufs ergab‚ dass die Stützmauer über etwa die Hälfte ihrer Länge die Grenze zum Wegegrundstück FlNr. 58/13 des Beklagten geringfügig überschreitet. Nach der Kostenschätzung eines Ingenieurbüros vom 20. Juni 2011 belaufen sich die Kosten für eine Sanierung der Stützmauer auf mehr als 43.000‚- Euro und diejenigen der Sanierung des Fußweges auf mindestens weitere 30.000‚- Euro.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124 Abs. 4 Satz 4‚ Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Es bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) noch liegt der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 3; VwGO; 2.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden dann, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.
1.1 Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist zunächst nicht deswegen ernstlich zweifelhaft‚ weil es die Heranziehung von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG durch den Beklagten als Ermächtigungsnorm bejaht hat. Die bauordnungsrechtliche Generalklausel des Art. 54 Abs. 2 Satz 1‚ 2 BayBO‚ nach der die Bauaufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen zur Wahrnehmung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften treffen können‚ schließt hier die Anwendung der sicherheitsrechtlichen Generalklausel nicht aus.
Es ist bereits fraglich‚ ob sich die Klägerin mit den entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu in einer Art und Weise auseinandergesetzt hat‚ die dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gerecht wird; danach muss sich die Zulassungsbegründung mit dem angefochtenen Urteil substanziell auseinandersetzen und dabei auf die im angefochtenen Urteil verwendete Argumentation eingehen (vgl. Happ in Eyermann‚ VwGO‚ 14. Aufl. 2014‚ § 124a Rn. 59 ff.). Daran dürfte es im vorliegenden Fall schon deshalb fehlen‚ weil sich die Zulassungsbegründung nicht mit dem vom Verwaltungsgericht dargestellten Verhältnis der beiden Subsidiaritätsklauseln – Art. 7 Abs. 2 Halbsatz 1 LStVG für die sicherheitsrechtliche Befugnisnorm einerseits, Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO für die bauordnungsrechtliche Aufgabenzuweisung andererseits – beschäftigt. Die Klägerin setzt sich insbesondere nicht mit dem in diesem Zusammenhang entscheidenden Argument des angefochtenen Urteils auseinander‚ dass die Anwendbarkeit des Landestraf- und Verordnungsgesetzes im vorliegenden Fall wegen der Zielrichtung der auf allgemeine Gefahrenabwehr gerichteten Maßnahme eröffnet ist, mit der der Schutz eines bestimmten Personenkreises bezweckt ist und der es nicht um eine Bekämpfung von dem Bauordnungsrecht widersprechenden Zuständen durch Abriss- oder Sanierungsanordnungen geht (vgl. für Maßnahmen zur Herbeiführung oder Erhaltung der Standsicherheit und für Hangsanierung: Molodovsky, BayBO, Stand: Oktober 2015, Art. 54 Rn. 34 m. w. N.). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte gerade keine seinen Aufgabenbereich überschreitende bauordnungsrechtliche Verfügung erlassen, sondern beabsichtigt, vor allem konkrete Gefahren durch herabfallende Mauerteile von den Nutzern der beiden Grundstücke abzuwehren. Gegenüber der Argumentation im angefochtenen Urteil geht der Vortrag, das Eingreifen der zuständigen Bauaufsichtsbehörde auf der Grundlage von Art. 54 Abs. 2 BayBO sei „sachnäher und spezialgesetzlich vorrangig“, ins Leere. Ebensowenig kann nachvollzogen werden, warum der Beklagte durch die Sperrung des Fußweges unter sicherheitsrechtlichen Aspekten bereits alles seinerseits Notwendige getan haben und die Abwehr von Gefahren für die unterliegenden Grundstücke nicht mehr in seine gemäß Art. 6, 7 Abs. 2 LStVG eröffnete Zuständigkeit fallen sollte.
1.2 Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist auch nicht deshalb ernstlich zweifelhaft‚ weil der Beklagte im Rahmen der nach Ermessensausübung vorzunehmenden Störerauswahl (Art. 9 Abs. 2 LStVG, Art. 40 BayVwVfG) nur auf die Klägerin als Zu-standsstörerin zurückgegriffen hat und seine Verantwortlichkeit als Eigentümer des Wegegrundstücks für den die Allgemeinheit gefährdenden Zustand der Mauer nicht hinreichend berücksichtigt hat.
Die Klägerin meint‚ die marode „Grenzmauer“ stehe zumindest im Bereich des Grundstücks FlNr. 32 zum Teil im Eigentum des Beklagten und damit nicht nur in ihrer Unterhaltungspflicht‚ sondern zugleich auch in der des Beklagten; die Sanierung des Bauwerks könne daher nicht von ihr allein verlangt werden. Dies folge aus den §§ 921‚ 922 BGB‚ wonach gemeinschaftlich benutzte‚ dem Vorteil beider Grundstück dienende Grenzanlagen von den Nachbarn zu gleichen Teilen unterhalten werden müssten. Dagegen sei § 912 BGB auf den vorliegenden Fall schon deswegen nicht anwendbar‚ weil er sich nur auf Gebäude und nicht auf eine Mauer beziehe und auch die vom Verwaltungsgericht bejahte analoge Anwendung ausscheide. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht übersehen‚ dass auf der Mauer der Druck des ansteigenden Geländes laste und ihre Standfestigkeit auch durch die langjährige Benutzung des Fußwegs beeinträchtigt worden sei.
Mit diesem Vorbringen vermag die Klägerin keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer sicherheitsrechtlichen Heranziehung als Zustandsstörerin aufzuzeigen. Es kann dabei dahinstehen, ob die vom Verwaltungsgericht angenommene analoge Anwendung von § 912 BGB, der die zivilrechtlichen Rechtsfolgen eines entschuldigten Überbaus durch ein „Gebäude“ regelt, auf eine einfache Stützmauer zulässig ist (vgl. hierzu: BGH‚ U. v. 27.3.2015 – IV ZR 216/13 – juris Rn. 27 ff.: bejaht für die Ufermauer der Spree in Berlin; Staudinger/Roth‚ BGB‚ Stand: 2016 § 912 Rn. 2‚ 6 bis 8). Ebensowenig kommt es im Hinblick auf die Frage nach der sicherheitsrechtlichen Verantwortlichkeit für die hier unstreitig vorliegende Gefahrenlage i. S. v. Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG darauf an, ob die Stützmauer als in der Unterhaltungspflicht beider Parteien stehende „Grenzanlage“ im Sinne der § 921‚ 922 BGB angesehen werden kann, wie die Klägerin meint, weil sie eine Abtrennung „zum Vorteil beider Grundstücke“ vornimmt. Denn auch diese Vorschriften regeln nur das nachbarrechtliche Rechtsverhältnis.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht die Klägerin als Zustandsverantwortliche nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG angesehen, nachdem keine andere Person als vorrangig zu verpflichtender Handlungsstörer nach Art. 9 Abs. 1 LStVG in Betracht kommt (vgl. UA, S. 16, 3.3). Nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG sind die wegen des Zustands einer Sache (bewegliche Sache oder Grundstück) notwendigen Maßnahmen gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt zu richten, also gegen die Person, die aufgrund eines tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses die Möglichkeit der unmittelbaren Einwirkung auf die Sache besitzt (vgl. 9.4 Vollz. B.ek. zu Art. 9 LStVG; Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art 9 Rn. 38, 47). Unter den Begriff des Zustands einer Sache fällt dabei deren Beschaffenheit, etwa auch die Baufälligkeit eines Bauwerks, wobei nicht erforderlich ist, dass die Gefahr von einer dauerhaften Eigenschaft der Sache ausgeht; vielmehr reicht auch eine nur vorübergehende Eigenschaft (z. B. gelockerter Fels, vgl. Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz, 4. Aufl. 2014, Art. 8 Rn. 2). Ob diejenige Person, die aufgrund ihrer Inhaberschaft der tatsächlichen Gewalt zur effektiven Gefahrenabwehr in der Lage ist, zugleich auch einer entsprechenden zivilrechtlichen Verpflichtung unterliegt, ist im maßgeblichen Interesse der Effektivität der Gefahrenabwehr ohne Bedeutung. Die Zustandsstörerhaftung des Inhabers der tatsächlichen Gewalt ist jedoch auf die Fälle beschränkt, in denen die Sache die ursächliche Quelle der Gefahren ist und diese unmittelbar mit dem Zustand der Sache in Verbindung stehen (Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, a. a. O., Art. 9 Rn. 41, 42).
Unter Anlegung der dargestellten Maßstäbe konnte die Klägerin als (alleinige) Zustandsstörerin nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 StVG zur Beseitigung des gefahrenträchtigen Zustands verpflichtet werden. Sie ist Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft über die beiden unmittelbar am Fuß der Stützmauer befindlichen Grundstücke, an deren Rückseite sich die Mauer erhebt. Dass ein Teil der Mauer offenbar unbeabsichtigt auf dem Grundstück des Beklagten errichtet wurde‚ ist im Hinblick auf die sicherheitsrechtliche Störerhaftung ohne Bedeutung. Selbst wenn die Mauer – unter der Annahme der von der Klägerin vorgetragenen, nach §§ 93, 94 BGB lotrecht vorzunehmenden realen Teilung – zu einem geringen Teil im Eigentum der Beklagten stehen sollte, könnte dieser Umstand allenfalls eine Rolle spielen, wenn es um eine Instandsetzungsanordnung nach bauordnungsrechtlichen Grundsätzen ginge (vgl. OVG Hamburg, U. v. 26.1.1984 – Bf II 46/81 – BRS 42, Nr. 210 für eine baufällige grenzüberschreitende Mauer); im vorliegenden Fall geht es aber um eine Anordnung der allgemeinen Sicherheitsbehörde zur Abwehr konkreter Gefahren im Sinn von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG, denen möglichst schnell und effektiv begegnet werden muss. Neben diesem im (allgemeinen) Sicherheitsrecht entscheidenden Gesichtspunkt spricht für die sicherheitsrechtliche (Zustands-)Verantwortlichkeit der Klägerin zudem, dass die Stützmauer von ihrem Rechtsvorgänger offenbar in den späten 1950er Jahren ausschließlich zu dem Zweck errichtet wurde, auf den stark abfallenden Hanggrundstücken eine (waagerechte) Gartenfläche mittels Abgrabungen und durch Entfernung der dortigen Felsformationen herzustellen, um so die Hanggrundstücke überhaupt erst nutzen zu können. Für das höher gelegene Wegegrundstück des Beklagten hat die Terrassierung keine unmittelbaren Vorteile gebracht; der dort verlaufende Gehweg bestand – wenn auch noch nicht in gewidmeter Form – tatsächlich schon viel länger als die Stützmauer. Daraus ergibt sich, dass die Gefahrenlage unmittelbar grundstücksbezogen und damit der Sphäre und Verantwortlichkeit gerade des jeweiligen Besitzers/Eigentümers zuzurechnen ist.
Auch vor dem Hintergrund der aus dem Rechtsgedanken des § 909 BGB folgenden Wertung bestehen im Übrigen keine Bedenken gegenüber der Inanspruchnahme der Klägerin als Zustandsstörerin. Nach dieser nachbarrechtlichen Vorschrift darf ein Grundstück nicht in einer Weise vertieft werden, dass der Boden des Nachbargrundstücks die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, dass für eine genügende anderweitige Befestigung gesorgt ist (vgl. zum Anschneiden eines Hangfußes: BGH‚ U. v. 28.1.1972 – V ZR 20/70 – juris Rn. 10). Wie sich aus der Untersuchung des Ingenieurbüros H. vom 25. Mai 2011 und der angefügten Fotodokumentation ergibt‚ hat der oberhalb der Stützmauer auf dem Grundstück des Beklagten verlaufende Gehweg als Folge der Veränderung der Hanggestaltung und des baufälligen Zustands der Stützmauer bereits teilweise seinen Halt verloren.
Bei seiner Würdigung hat das Verwaltungsgericht auch nicht übersehen‚ dass durch den Weg und vor allem den weiter oberhalb liegenden Hang und seinen Bewuchs ständig ein gewisser Druck auf die Mauer ausgeübt wurde und wird (vgl. UA‚ S. 17); es hat diesen Umstand angesichts der dargestellten, in der sicherheitsrechtlichen Verantwortung und Interessenssphäre der Klägerin liegenden Umstände jedoch zu Recht in den Hintergrund gerückt.
Nach alldem konnte das Verwaltungsgericht offenlassen‚ ob die Klägerin nicht schon als Verhaltensstörerin nach Art. 9 Abs. 1 LStVG zu Sicherungsmaßnahmen verpflichtet werden konnte. Auch wenn einiges für die Richtigkeit dieser von der Beklag-ten vertretenen Auffassung spricht, weil der Klägerin vorgeworfen werden kann‚ in der Vergangenheit eine ausreichende Unterhaltung der Mauer versäumt zu haben, braucht diese Frage wegen der nach Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG zutreffend angenommenen Zustandsverantwortlichkeit nicht geklärt zu werden.
1.3 Die Klägerin trägt weiter vor‚ das Urteil sei auch deswegen ernstlich zweifelhaft‚ weil das Verwaltungsgericht nicht die fehlerhafte Ermessensausübung im angefoch-tenen Bescheid erkannt habe; insbesondere habe der Beklagte seine eigene Unterhaltungspflicht nicht gewürdigt‚ nicht abgewogen‚ dass der Zustand der Mauer im Bereich des Grundstück FlNr. 30 wesentlich besser und dort kaum instandhaltungsbedürftig sei‚ und nicht erkannt, dass der Überbau in Kenntnis des Beklagten und auch zur Abstützung des Fußwegs erfolgt sei, so dass der Zustand der Mauer zugleich durch den öffentlichen Fußgängerverkehr beeinträchtigt werde. Es sei ermessensfehlerhaft‚ der Klägerin allein die Kosten für die notwendige Sanierung der Mauer aufzuerlegen.
Auch dieses Vorbringen zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils auf. Der Bescheid lässt erkennen‚ dass sich der Beklagte der Notwendigkeit einer Ermessensentscheidung gemäß Art. 40 BayVwVfG bewusst war‚ auch wenn der Begriff „Ermessen“ in den Gründen nicht aufscheint. Denn sie enthalten jedenfalls ausreichende und im Ergebnis rechtlich tragfähige Überlegungen zur Auswahl des Adressaten (Störerauswahl; vgl. dazu oben) und zu den der Klägerin im Einzelnen überlassenen Handlungsmöglichkeiten (Sicherung‚ Neuerrichtung‚ Sanierung der Mauer etc.).
Die Klägerin übersieht auch an dieser Stelle‚ dass sie mit dem angegriffenen Bescheid nicht unmittelbar zur Tragung der Kosten einer (umfassenden) Sanierung der Stützmauer verpflichtet wurde, sondern vielmehr dazu‚ den sicherheitsgefährdenden Zustand durch herabfallende Fels- oder Mauerteile im Bereich ihrer beiden Grundstücke „durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen“. Wie die Klägerin dieser Verpflichtung zur nachhaltigen Abwehr der aktuellen Gefahren nachkommt, ob etwa im Wege vorläufiger Stütz- und Sicherungsmaßnahmen oder einer teilweisen oder umfassenden Sanierung der Mauer‚ bleibt zunächst ihr überlassen. Darüber hinausgehende Ermessenserwägungen etwa im Hinblick auf eine künftige Wiedereröffnung des Fußgängerwegs auf dem Grundstück des Beklagten oder auf die Frage bestehender zivil- oder straßen- und wegerechtlicher Unterhaltungspflichten waren nicht geboten; der Bescheid beschränkt sich vielmehr entsprechend des durch die Eingriffsbefugnis in Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG vorgegebenen rechtlichen Rahmens auf die unmittelbare Abwehr der den Nutzern der Grundstücke der Klägerin drohenden Gefahren.
Das angefochtene Urteil begegnet im Hinblick auf die Prüfung der Ermessens-ausübung des Beklagten auch nicht deshalb durchgreifenden rechtlichen Bedenken‚ weil im Bescheid nicht zwischen dem unterschiedlichen Grad der Baufälligkeit der Mauer je nach Grundstück (FlNr. 30 und 32) differenziert wird. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt‚ dass sich die gesamte Mauer in einem desolaten Zustand befindet‚ von dem für die Nutzer der beiden tieferliegenden Grundstücke Gefahren ausgehen‚ denen durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen begegnet werden muss. Eine Differenzierung zwischen den beiden Grundstücksbereichen kann von der Klägerin ggf. bei der konkreten Durchführung der (allgemein) geforderten Gefahrenbeseitigung ohne Verstoß gegen den angefochtenen Bescheid vorgenommen werden; die Anordnung eröffnet der Klägerin insoweit zu Recht einen gewissen Spielraum.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Die von der Klägerin in diesem Zusammenhang formulierte Rechtsfrage‚ es sei zu klären‚ ob § 912 BGB analog auf Grenzmauern‚ die teils auf privatem, teils auf öffentlichem Grund stünden, mit der Folge angewendet werden könne, dass die Instandhaltung allein durch den Privaten zu leisten sei‚ stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die formulierte Rechtsfrage ist schon deswegen nicht entscheidungserheblich, weil mit dem angefochtenen Bescheid nicht die Instandhaltung der Mauer verlangt wird und vor allem § 912 BGB im Rahmen der Frage der Störerauswahl keine Rolle spielt (s. o. 1.2).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG. Als Streitwert war der Regelstreitwert in Höhe von 5000 Euro und nicht der für eine Instandsetzung der Mauer erforderliche Aufwand anzusetzen, weil Streitgegenstand die nach Wahl der Klägerin zu treffenden Sicherungsmaßnahmen sind, deren Kosten daher zum derzeitigen Zeitpunkt nicht näher beziffert werden können.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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