Baurecht

Streitwert bei Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts

Aktenzeichen  14 C 17.947

Datum:
28.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 122977
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 2
BayNatSchG Art. 39 Abs. 8 S. 1
BGB § 464 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Der Streitwert bei einer Anfechtungsklage des Verkäufers gegen einen Vorkaufsrechtsausübungsbescheid ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an Nr. 9.6.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Höhe der Preisdifferenz, mindestens in Höhe des Auffangwerts (vgl. § 52 Abs. 2 GKG) festzusetzen (Verweis auf BayVGH BeckRS 2016, 47033). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Preisdifferenz im Sinne der Nr. 9.6.2 des Streitwertkatalogs 2013 ergibt sich nur dann, wenn der Vorkaufsberechtigte den zu zahlenden Kaufpreis gemäß Art. 39 Abs. 8 S. 1 BayNatSchG – und damit abweichend von § 464 Abs. 2 BGB, wonach die zwischen Verkäufer und Käufer vereinbarten Bedingungen maßgebend sind – nach dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Kaufs bestimmt, weil der im notariellen Vertrag vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich überschreitet (sog. limitiertes Vorkaufsrecht). (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 16.1039 2017-02-16 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 16. Februar 2017 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert zutreffend auf 5.000 Euro festgesetzt.
Nach § 52 Abs. 1 GKG ist – soweit nichts anderes bestimmt ist – der Streitwert in verwaltungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nach der sich aus dem (Klage) Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg, Az. Au 2 K 16.1039, hat der Kläger den an ihn gerichteten Bescheid des Landratsamts Unterallgäu vom 15. Juni 2016 über die Ausübung des Vorkaufsrechts an den Grundstücken FlNr. 754, 755, 756, 757 und 769 der Gemarkung B* … angefochten. Diese Grundstücke, allesamt Grünland oder landwirtschaftliche Flächen mit einer Gesamtfläche von 17.210 m², hatte der Kläger zusammen mit 70 weiteren Grundstücken – darunter landwirtschaftliche Wohn- und Wirtschaftsflächen von rd. 5.656 m² sowie Wald- und Verkehrsflächen von rd. 23.000 m² – mit notariellem Vertrag vom 19. April 2016 an die Beigeladene zu 1 zu einem Gesamtkaufpreis von 2 Millionen Euro veräußert.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 3.5.2016 – 14 B 15.205 – BayVBl 2016, 846) ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 1 GKG bei einer Anfechtungsklage des Verkäufers gegen einen Vorkaufsrechtsausübungsbescheid in Anlehnung an Nr. 9.6.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ-Beilage 2013, 57) in Höhe der Preisdifferenz, mindestens in Höhe des Auffangwerts (vgl. § 52 Abs. 2 GKG) festzusetzen. Eine Preisdifferenz im Sinne der Nr. 9.6.2 des Streitwertkatalogs 2013 ergibt sich jedoch nur dann, wenn der Vorkaufsberechtigte den zu zahlenden Kaufpreis gemäß Art. 39 Abs. 8 Satz 1 BayNatSchG – und damit abweichend von § 464 Abs. 2 BGB, wonach die zwischen Verkäufer und Käufer vereinbarten Bedingungen maßgebend sind –nach dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Kaufs bestimmt, weil der im notariellen Vertrag vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich überschreitet (sog. limitiertes Vorkaufsrecht). Ein limitiertes Vorkaufsrecht nach Art. 39 Abs. 8 Satz 1 BayNatSchG hat der Beklagte jedoch nicht ausgeübt. Denn die Herabsetzung des Kaufpreises auf den Verkehrswert hätte zusammen mit der Ausübung des Vorkaufsrechts (Art. 39 Abs. 7 Satz 1 BayNatSchG) durch Verwaltungsakt erfolgen müssen. Eine Preislimitierung nach Art. 39 Abs. 8 Satz 1 BayNatSchG enthält der Vorkaufsrechtsausübungsbescheid vom 15. Juni 2016 jedoch nicht. Vielmehr hat der Beklagte lediglich auf Anfrage des Verwaltungsgerichts Augsburgs diesem mit Schreiben des Landratsamts Unterallgäu vom 26. Juli 2016 mitgeteilt, der Streitwert sei „über den geschätzten Wert der fünf Grundstücke (Bodenrichtwert Landwirtschaft B* … 4,40 €/m² x 17.210 m²) mit 75.724 € ermittelt worden“. Hierin liegt keine Preislimitierung im Sinn des Art. 39 Abs. 8 Satz 1 BayNatSchG, ungeachtet dessen, dass der Betrag von 75.724 Euro in Anbetracht der Gesamtgröße der verkauften Flächen eher einem höheren als einem geringeren Kaufpreis für die fünf Grundstücke entsprechen dürfte. Mangels Preisdifferenz hat das Verwaltungsgericht daher den Streitwert zutreffend auf 5.000 Euro festgesetzt.
Ungeachtet dessen, dass vorliegend kein limitiertes Vorkaufsrecht vorliegt, kann der von den Bevollmächtigten des Klägers ermittelte Streitwert von 1.924.276 Euro bereits deshalb nicht zutreffend sein, weil die Bevollmächtigten bei ihrer Berechnung außer Acht gelassen haben, dass der im notariellen Kaufvertrag vom 19. April 2016 genannte Kaufpreis von 2 Millionen Euro nicht nur die fünf Grundstücke betraf, die Gegenstand des Vorkaufsrechtsausübungsbescheids sind, sondern der Gesamtpreis für alle veräußerten Grundstücke war.
Einer Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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